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Wieso die Frau zu dieser Liebe kommt, und wieso dieses dreieinsame Schlußergebnis entsteht: das scheinen mir die zwei wunden Punkte des Dramas.

Der Gatte wird, banal gesprochen, grundlos eifer süchtig, nachdem alle drei, der Architekt, der Historiker und seine Frau, lange friedlich mit einander ausgekommen find. Er behauptet seiner Frau gegenüber, daß sie den anderen liebe. Nach kurzer Zeit vergleiche Galeotto liebt sie ihn wirklich. Es ist gewiß möglich, daß sie ihn nach kurzer Zeit liebt; aber unmöglich nach so furzer Zeit wie es hier geschieht. Im Beginn der großen Unter redung liebt Susanne ihren Mann noch; am Ende der Unterredung weiß sie nicht mehr, ob sie ihn liebt; gleich darauf liebt sie den andern. Solche Entwicklungen vollziehen sich nicht in einem Nachmittag. Die Abwendung von dem einen Mann mag begreiflich sein, die sofortige Liebe zu dem andern ist es nicht.

Und auch die Abwendung vom Mann ist nicht in diesem Umfang begreiflich; das ist die zweite Schwäche. Zwar sett Susanna außerordentlich prompt (ach, zu prompt!) die Gründe auseinander, sie hätte den Mann troß seiner Verdächtigung noch lieben können, wenn er gelobt hätte, wenn er nicht weich und zerknirscht gewesen wäre, wenn er gearbeitet hätte, wenn er nicht blos auf der Lauer gelegen hätte. Weil aber von allem das Gegenteil der Fall war, liebt sie ihn nicht mehr. Und sie erflärt, nicht fürder mit ihm leben zu können; und geht! Hier frag ich einen Menschen, ob der Verfasser je aus der Beobachtung des Lebens zu dieser Wendung gefommen wäre, wenn er nicht aus der Beobachtung Ibsens zu ihr gekommen wäre. Daß die Frau gegen den Mann wegen seines Verhaltens verstimmt wird, ist glaublich. Daß fie in diesem Maße verstimmt wird, ist übertrieben; daß sie gleich stante pede, ohne nur eine Nacht gewartet zu haben, in die Welt zieht, ist grober Unfug. Selbst die Begründung mit einer überstandenen dreifach stärkeren Seelenkrisis hätte nicht genügt, ihn zu vertuschen. Was der Nora, einem kapriziösen, ganz eigen gearteten Geschöpf, recht ist, soll nun jeder Susanne billig sein.

Aber das Stück ist doch in vielen Partien ein kluges und vornehmes Werk. Das Seelische wird ohne Monologe geschickt zum Ausdruck gebracht. Die Kontrastcharakteristik der beiden Männer ist vortrefflich. Besonders fein aber ist eine frühere Schuld des Manns in die Handlung hineingezogen. Er hat mit einer ver heirateten Hamburgerin einst ein ehebrecherisches Verhältnis gehabt. Jest erscheint sein eignes Eheunglück als Sühne. Aber es besteht nicht blos dieser ethische Zusammenhang, der im Leben nicht regelrecht vorkommt; nur bei Wilden bruch geht ein Marlowe zugrunde, weil ihn ein alter Edelmann verflucht. Sondern der ethische Zusammenhang ist gleichzeitig kausal: der Sünder weiß aus eigner Erfahrung, wie ein Ehemann eingelullt werden kann, er hat selbst gegen einen Ehemann gesündigt und deshalb wird er mistrauisch und zerstört durch das Mistrauen sein Glück. Was ich an dem Werk vermisse, find bunte, lebendige, genrehafte Züge, wie sie aus der Fülle eines Dichters quellen. Dreyer ist etwas dürr. Er ist ein Mathematikus; ein Abstrakter. Ich glaube, er wird sehr richtige Dramen schreiben.

Anton Rubinsteins „Christus“.

Von

Ernst Otto Wodnager.

Bremen, 26. Mai 1895. Die Verwirklichung einer eigenartigen Idee ist in diesen Tagen im bremer Stadttheater zum ersten Male an die Oeffentlichkeit getreten. Anton Rubinstein, den verstorbenen Meister der Tasten und fruchtbaren Kom. ponisten, hatte der beispiellose Erfolg der Wagnerfestspiele in Bayreuth nicht schläfen lassen, und er ruhte nicht, ehe es ihm gelungen war, eine, wie er glaubte, dem Bühnenweihfestspiel verwante Spezialität zu finden, die „geistliche Oper". Zunächst arbeitete er mehrere seiner Oratorien bühnenmäßig um, so den „Turmbau zu Babel", dann schrieb er einige neue Werke von vornherein unter dem Gesichtspunkt der Bühnenmöglichkeit. Sein Wunsch und Lieblingsgedanke war die Errichtung eines besonderen Festspielhauses, das als „Kirche der Kunst" dem neuen Kunstgenre Heimstätte zu werden bestimmt wäre. Die Idee schien sich eben verwirklichen zu wollen, als dem Leben des Komponisten ein jäher Herzschlag plößlich ein Ziel sette. Der dichterische Mitarbeiter an seinem „Christus", Prof. Dr. Heinrich Bulthaupt in Bremen, hat das Verdienst, die begonnenen Vorbereitungen glücklich zu Ende geführt und damit ein interessantes künstlerisches Experiment zur Ausführung gebracht zit haben.

Wenngleich es nahezu komisch wirkt, zu behaupten, die Ausstattung und Beseßung stelle Anforderungen, wie selbst Wagner fie nie gestellt habe, muß man doch zugeben, daß die Inszenirung eine schwierige und ungewöhnliche Aufgabe war, deren glückliche Lösung unter allen Umständen das gröfte Intereffe für sich in Anspruch nehmen darf, wenn auch der Wunsch des Tondichters nach einem besonderen Festhaus - wol nicht nur vorläufig erfüllt geblieben ist.

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Am 25. Mai fand in dem ausverkauften Stadttheater die erste Bühnenaufführung des Christus" statt, nachdem die Musik schon in verschiedenen Städten ganz oder teilweise konzertmäßig, aber allerdings mit jedesmaligem Miserfolg, zur Wiedergabe gelangt war. Das Theater hatte eigens für die Aufführungen eine eigenartige und würdige dekorative Ausschmückung erhalten, indem das ganze Innere des Zuschauerraums mit rotbraunen Draperien ausgeschlagen wurde, freilich in einer etwas zu stumpfen Nüance und außerdem sehr zum Nachteil der Akustik des Raumes. Die Bulthauptsche Dichtung faßt in geschickter, teilweise recht wirksamer Weise den bekannten Inhalt der evangelischen Ueberlieferungen zusammen, ohne freilich den Mangel an Bühnenhandlung in ausreichendem Maße verdecken zu können. Das Werk gliedert sich in sieben Vorgänge, die ein Prolog und ein Epilog umrahmen. Ersterer stellt die bekannten Weihnachtsvorgänge dar. Dann folgen die Versuchung, die Taufe, die Bergpredigt mit der wunderbaren Speisung und einer Totenerweckung. Ferner die Tempelreinigung in geschickter Kombination mit dem Verrat des Judas, dann das Abendmal, Gethsemane, die Pilatushandlung und die Kreuzigung. Der Epilog gibt eine unflare, unverständliche und wirkungslose Allegorie der Ausbreitung des Christentums.

Es läßt sich nicht bestreiten, daß das Werk, das sich in der Diftion ziemlich eng an das neue Testament anlehnt, rein stofflich schon einen tieferen Eindruck erzwingt, daß die szenische Realisation der heiligen Geschichte eine teilweise wirklich packende, erschütternde Wirkung hervor ruft, die nur der Epilog sehr wesentlich beeinträchtigt. Leider ist von Seiten des Komponisten nur sehr wenig

geschehen, diesen tiefen Eindruck der Handlung noch zu steigern; im Gegenteil bringt er es vielfach gradezu fertig, die Wirkung des Stoffes fast ganz zu paralysiren.

Was an der Musik zuerst und am intensivsten auffällt, das ist das wirklich peinlich ängstliche Bemühen, allen den technischen Errungenschaften aus dem Wege zu gehen, durch die man in unserer Zeit äußerliche oder see lische Vorgänge wirklich charakteristisch und überzeugend in Tönen darzustellen vermag. Die Musik ist von Anfang bis Ende altmodisch, veraltet. Dabei spricht aber nicht ein mal eine künstlerische Persönlichkeit aus ihr. Brahms schreibt ja z. B. auch mit veralteter Technik, aber er ist doch zweifellos eine Persönlichkeit, und als solche beweist fich der Komponist des „Christus" nicht in einem einzigen Takte des endlosen Werkes.

Wo man heutzutage ausdrucksvoll deklamiren würde, da findet sich bei Rubinstein nur ganz konventionelles, steifes, geistloses Rezitativ. Am störendsten wirkt das an zwei Höhenpunkten des Werkes, nämlich in den Seligpreisungen der Bergpredigt und bei dem Abendmal. Bei leßterem wird der Eindruck umsomehr beeinträchtigt, als die Textworte, die bei Rubinstein zur hohlen, nichtssagenden musikalischen Phrase werden, schon einmal mit wunderbarem, tief innigem Ausdruck, wenngleich ohne Technik und Hilfs, mittel moderner Deklamation als Rezitative in Musik gesetzt sind, in Bachs Matthäuspassion. Von der Polyphonie, die etwa auf der Höhe der Technik einer Straußschen Operette steht, will ich lieber kein Wort verlieren, es müßte, gemäß dem,,de mortuis nil, nisi bene", sehr scharf ausfallen.

Aber das schlimmste und besonders nach dem Schaffen cines Wagner unverzeihlichste ist die einfach stümperhäfte Behandlung der Instrumentation; Lärm ist an sehr zahlreichen Stellen der Partitur zu konstatiren, aber eine wirklich kraftvoll instrumentirte Stelle ist in dem ganzen Werke nicht zu finden; ebenso entbehrt die Orchester- | behandlung jeglicher Charakteristik, häufig sogar des rein sinnlichen Wolflangs; sie ist durchaus charakterlos und❘ schleimig; vieles wirkt sogar direkt naiv und mit komischer Unbeholfenheit, so die Art der Anwendung, die die Becken finden. Manche Stellen sind indes nicht ohne einen gewissen absolut musikalischen Reiz, beispielsweise der Aufzug des maurischen Königs im Prolog, deffen Melodik, obwol von völlig konventionellem „Lokalkolorit“, doch sehr hübsch wirkt. Ebenfalls rein in melodischer Hinsicht ist auch die Einleitung des dritten Vorgangs mit dem Hornmotiv, das dann den Seligpreisungen zur thematischen Grundlage dient, gar nicht übel. Auch der Hosiannachor des Volkes ist recht hübsch, während kurz vorher der Chor des Volkes, wie es Magdalenen von des Heilandes Füßen verjagen will, gradezu komisch wirkt.

Nicht nur wirksam, sondern auch ergreifend schön ist die Szene der verzweifelnden Mutter an der Leiche | ihres Sohnes, den der Heiland dann zum Leben erweckt. Die Judasszenen, die begreiflicher Weise dichterisch die gelungensten und lebendigsten der ganzen Oper find, bilden auch musikalisch gewisse Höhepunkte.

Der Ensemblesaß, der den Schluß der Abendmals szene bildet, könnte musikalisch vollständig von Meyerbeer herrühren. Es läßt sich jedoch nicht leugnen, daß dieser Ensemblesaß großen Effekt erzielt. Bei der Generalprobe erfolgte dennoch, troßdem jede Beifallsäußerung verboten war, eine spontane Beifallssalve, und selbst bei der ersten Aufführung regten sich an dieser Stelle einige Hände.

Auch die Gethsemaneszene enthält manche Schönheiten und eine sehr effektvolle Judasszene, die ihrer Wirkung um so sicherer ist, als der sie einleitende Schluß der Gefangennehmung musikalisch einen unbeschreiblich albernen Eindruck macht.

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Im sechsten Vorgang findet sich ein stimmungsvoller Klagechor der Frauen. Ungeheuer drollig ganz abgesehen von ihrer Läppischkeit im Vergleich mit der Matthäuspassion ist - die Stelle der Losbittung des Barrabas. Bárrabasbara. Básbarrabas - gib uns frei!" brüllt da der ganze Chor in scharfem Rhythmus.

Musikalisch teilweise schön ist dann die Szene mit Maria, während die Kreuztragung, mit der der Vorgang schließt, von überwältigender Wirkung ist.

Die Kreuzigung ist ohne vorherige Benachrichtigung des Publikums gestrichen. Der Grund ist, wenn man nicht grade gefürchtet hat, das Publikum werde vor der Szene drei Freuze machen, ein rein äußerlicher: das mangel. hafte Funktioniren eines zur Leitung der vier Chöre hinter der Szene bestimmten elektrischen Dirigirapparates. Eine Streichung aus irgend welchen sachlichen Gründen wäre auch unter allen Umständen unverzeihlich gewesen, da, wenn eine neue Kunstgattung die Feuerprobe bestehen soll, jede Art von Konzessionen unbedingt ausgeschlossen sein muß.

Ein Orchestermitglied gab allerdings im Gespräch als Grund der Streichung an: „weil die Szene nischt wert sei". Dazu bildet die Bemerkung des offiziellen Leitfadens von Herm. Starcke in Dresden ein Seitenstück, die behauptet, Rubinstein seße in diesem Vorgang „häufig das Geniale über das künstlerisch Einheitliche".

Jedenfalls wenn der von dem Herrn Kollegen behauptete Grund der Streichung wirklich maßgebend gewesen wäre, hätte man fonsequenter Weise beinahe das ganze Werk streichen müssen. Denn viel wert ist eigentlich so gut wie gar nichts in der Oper, und Herm. Starckes Einführung in die Musik hat häufig einen Stich ins un. freiwillig Komische.

Der Epilog ist dichterisch, wie schon erwähnt, total misglückt; musikalisch erinnert er in Melodik, Harmonik und Modulation ganz auffallend an die stilistischen Eigentümlichkeiten Felix Mendelssohns.

Ueber die Aufführung, die dies sonderbare Opus 117 seines Komponisten im bremer Stadttheater unter Oberleitung des breslauer Direktors Dr. Th. Löwe gefunden, läßt sich im wesentlichen nur Gutes sagen, zumal, wenn man in Berechnung bringt, daß die Leitung bis zum lezten Augenblick mit den grösten Schwierigkeiten zu kämpfen hatte. Noch in letter Stunde wurden mehrfache Neubesetzungen notwendig und am Tage der Generalprobe wußten mehrere Darsteller von Hauptrollen noch nicht in welcher Rolle sie photographirt werden würden. - Die bedeutendsten Leistungen boten die Herren Raimund von Zurmühlen als Christus und Herr Kammersänger Fromada aus Stuttgart als Judas.

Beide waren gesanglich auf der Höhe ihrer Aufgabe ; schauspielerisch kam dem ersteren besonders sein Mangel an Routine, dem Darsteller des Judas dagegen grade seine große Bühnengewantheit zu statten. Der Darsteller des Christus würde seine Rolle durch die leiseste theatralische Nüance verderben, so daß man nicht glücklicher wählen fonnte, als indem man die Rolle einem intelligenten, fünstlerisch geschmackvollen Konzertfänger anvertraute, während andererseits der Judas eben einen vortrefflichen und gewiegten Darsteller vorausseßt, um überhaupt wirken zu können. Herr Somer, der in der Hauptprobe den Judas sang, verdarb die Partie durch Outrage der Darstellung vollständig.

Ebenfalls hervorragend waren Frl. Mulder als Maria Magdalena und Frau Jduna Walther-Choinanes als Maria; ferner verdienen die Herren Johannes Elmblad (Satan, bezw. indischer König), Ludwig Piechler (Täufer), sowie Herr Dr. D. Briesemeister als Jünger Johannes und Frl.

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Sedlmair als trauernde Mutter rühmendste Anerkennung.

Die Chöre, die sich ganz aus bremer Dilettanten zu sammenseßten, waren gesanglich, von kleinen Premieren unsicherheiten abgesehen, vortrefflich stndirt und über raschten darstellerisch durch die Intelligenz und Lebendigfeit ihres Spiels, das nur selten durch kleine Steifheiten oder auch durch Uebereifer daran erinnerte, daß man Dilettanten vor sich hatte.

Der Regie pasfirte, obwol fie in des Dichters Händen lag, mancher Schuiter. Am störendsten war mir die Anachronistik des Epilogs: Paulus erschien in an sich ausgezeichneter Maske als Greis, während die Jünger noch sämtlich ebenso wie vor dem Tode ihres Meisters aussahen.

Es ist nicht zu leugnen, daß die bremer Aufführung einen starken Eindruck gemacht, zum Teil selbst auf solche, die, wie meine Wenigkeit, für den Stimmungswert des Stoffes nur noch eine gewisse atavistische Empfänglichkeit besigen. So wenig musikalische Eigenart die Oper auf weist, in der Gesamtwirkung ist sie doch apart, so daß man für die mühsame Verwirklichung der Idee dankbar sein darf. Bum größten Teil ist indes der anscheinende Erfolg der Aufführung weniger auf Rechnung des Kunst genres als des Lokalpatriotismus zu sehen, ähnlich wie bei den Dilettantenaufführungen Herrigscher Volksschauspiele im wormser Festspielhause oder auch anderwärts, wobei immer das Moment der verwantschaftlichen Beziehungen zwischen Darstellern und Zuschauern einen wesentlichen Faktor des Erfolges bildete.

Die berliner Kunstausstellung.

Von

Sugo Ernst Schmidt.

II.

Ber Salon der Champs-Elysées. Die Amerikaner.

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Von den französischen Bildern, die nicht aus dem Lager der Société nationale des Beaux-Arts" fommen, vermögen nur sehr wenige stärkeres Interesse zu erregen. Die akademisch-langweiligen Stüßen der Kunst vom Salon der Champs-Elysées wußten was sie taten, als sie von einer kollektiven Beschickung unserer Ausstellung Abstand nahmen: so blieb ihnen ein gemeinsamer Miserfolg erspart. Aber unter eigener Verantwortlichkeit" haben viele dieser Maler Bilder zu uns gesandt, und da die böse Ausstellungsvorsehung" alle jene getrennt marschirenden Brüder dennoch zur Schlacht zusammenführte, wirkt dieser Saal der französischen Künstler nächst dem düsseldorfer und den berliner Sälen als der mäßigste der ganzen Ausstellung. Damit trösten wir uns, und weil geteilter Schmerz halber Schmerz ist, tragen wir unser Schicksal leicht.

Von Bouguereau nicht zu sprechen fällt mir ebenso wenig schwer, wie von der Uebertretung des Gebois Christi" des Camille Danger oder dem „modernen Garten der Hesperiden" von Gourguet zu schweigen. Mehr oder weniger bewundere ich alle diese Bilder auf dieselbe Weise. Die „Jägerin“, die „jagende Diana“, die jagende Artemis", die Herodias" mit dem Haupte des Johannes und die „Herodias ohne“, und die ganze unglückselige Maffe dieser akademisch-bleichsüchtigen, klassi zistischen Treibhausgewächse, sie haben meine ganze Liebe.

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Amüsant aber und sich dem Auge durch seine enorme Größe noch besonders empfehlend ist Fernand Le Quesne, der einen Wildbach symbolisch darstellte und das Stürzen, Ueberschäumen der ans Gerölle klatschenden, braufenden und Bäume entwurzelnden Wasser durch nackte, ausge wachsene ungefähr 25 jährige Frauenzimmer also ein offenbar etwas angejährter Wildbach) ist gemeint, denn sonst hätte wol der Maler beffer durch Putten der Darstellung eines Gebirgsbaches entsprochen - verförperte. Er kam auf diese Weise zu den komischsten Situationen, die man sich nur irgend denken kann, und es ist von überwältigendem Humor, wie diese ungezählten Mädchenleiber das Wort ist viel zu schön für diese Gestalten den Giesbach hinunterfausen. Bald stößt sich solch eine Nymphe ein Bein kaput, bald bekommt eine einen Stoß an einen „edlen" Teil, eine andere dreht sich um einen Baum herum, und ich glaube, sie will ihn ausreißen kurz und gut das Bild ist von einer so herzerfrischenden unfreiwilligen Komik, daß man schon bis zur Friederike Kempner gehen muß, um ähnliche genußreiche Stunden zu verleben. Der Wildbach ist, wie schon angedeutet, lebensgroß, und er brauft von Höhen herab, die schier über dem schirmenden Glasdach des Hauses zu liegen scheinen. Aber ernst gesprochen: was soll man sagen, daß ein Maler an ein so total verfehltes Problem eine solche Unsumme von Mühe und Arbeit wenden konnte, ohue durch Zweifel in der Vollendung gestört zu werden! Das ist unbegreiflich. Unbegreiflich? Was sage ich, er ist ja ein Akademifer!

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Dieselten Bedenken hat man auch vor dem Blutbade zu Nesles unter Karl dem Kühnen" von Ferdinand Roybet, die Arbeit dieses Kolossalbildes war auch einer besseren Sache würdig. Natürlich darf man nicht Roybet mit Le Quesne in einem Atem nennen, da geschähe Roybet viel Unrecht. Sein Bild ist jenem in jeder Beziehung überlegen; es ist von ungleich größerer Kraft und von großen malerischen Qualitäten. Nur die innere geistige Größe, die große Auffaffung fehlt. Denn diese Darstellung des Mordes und der grausamsten Schlächterei, ist nichts weniger als ein Bild des Entsehens geworden; es läßt kalt, vollkommen kalt, und die barbarische Niedermegelung der Einwohner von Nesles in ihrem Dome, wohin sie sich vor Karl dem Kühnen und seinen Treuen geflüchtet haben, hat Roybet wol historisch - doch was liegt daran? aber nicht fünstlerisch macht voll gestaltet. Er bringt uns dies Geschehnis menschlich nicht näher, als ein Geschichtsschreiber mit einem halben Dußend Zeilen vermag. Er erschüttert nicht, bestürmt nicht das Gemüt, und trog der Riesengröße wirkt das Bild nicht stärker als eine Illustration.

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Im übrigen die alten oft gesehenen Motive. Der große Munckacsy ist mit zwei sehr mäßigen Bildern vertreten: einer ungarischen Wirtshausszene, und einem Interieur mit fostümirten Figuren, die einer Erzählung zuhören, beide ohne besondere Eigenschaften und ziemlich mittelmäßig. Von Boldini intereffiren zwei Porträts, die Fürstin Poniatowska" und ein Familienbildnis", durch charakteristische Zeichnung besonders der Herr auf dem Familienbildnis ist lebensvoll gefaßt und flotten, malerischen Vortrag. Ein weiblicher Akt von Bréauté, ein paar stimmungsvolle Landschaften von Lagarde und das etwas vulgärnaturalistische Bild „Feldarbeit" von Princeteau, das ist ungefähr das beste, was die Maler von den Champs Elysées gesandt haben.

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Nachdrücklicher konnte die Richtigkeit der Bestrebungen der Société des Beaux-Arts, der münchener Sezession und der freien Vereinigungen nicht bestätigt werden als durch diese gemeinsame Ausstellung mit den alten konservativen Richtungen. Wenn das auch nicht mehr für

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Paris und München notwendig war, so ist doch solch eine
Ueberschau für Berlin noch jezt heilsam. Denn nirgends
in der Welt wird so zäh an den alten Ueberlieferungen,
mögen sie noch so verkehrt und unbrauchbar für die Be-
dürfnisse einer neuen Zeit sein, festgehalten wie bei uns.
Den stärksten Gegensaß zu diesem Geist der Schwere
bilden die an allen Evolutionen teilnehmenden Amerikaner.
Sie haben die „Freiheit in der Bewegung“, die für die
Kunst das tägliche Brot ist, auf ihre Fahnen geschrieben,
und es gibt keinen Weg, den sie nicht gegangen, und keine
Strömung, der sie nicht gefolgt wären. Den größten Ein.
fluß übte auf sie die moderne französische Malerei, und
noch heut steht die amerikanische künstlerische Tätigkeit
zum größten Teil in diesem Zeichen. Aber auch englische |
Einflüsse find wahrzunehmen, und in jüngster Zeit haben
besonders noch die Schotten die Entwickelung der Künstler
der Vereinigten Staaten nicht unwesentlich mitbestimmt.
Die intereffanteste und ohne Zweifel poetischste Individus
alität ist unter ihnen der fast vollständig zum Pariser
gewordene Alexander Harrison. Er ist der tiefste,
reichste dieser Maler, und die ihnen allen eigene etwas
harte, seelenlose Auffassung hat er überwunden. Von
Harrison enthält die Ausstellung viele Bilder, zum gröften
Teil Landschaften, von denen das räumlich gröste auch das
bedeutendste ist und „Arkadien“ heißt Obwol für Berlin
neu, liegt die Entstehung dieses Bildes um fast zehn |
Jahre zurück; es stellt nackte Mädchen dar, die im
Sonnenschein auf grüner Wiese unter Buchen träumen
und ein arkadisches Dasein führen. Obwol das Bild im
Ton zu grün ist, monoton grün, ohne die spielenden
Nuancen und den farbigen Reichtum, den Harrison jetzt
seinen Arbeiten zu geben weiß, ist es doch ein schönes,
stimmungsvolles Werk. Zwar nicht in Arkadien glaubt
man zu sein, dazu ist die Welt des Bildes zu real ge-
staltet, aber seine irdische Schönheit entzückt, auch wenn
man nur an eine Szene mit Mädchen denkt, die aus dem
Wasser gestiegen sind und nun auf sonniger Wiese
sich ihres Lebens freuen. Ueberhaupt hat Harrison |
uns nur mit älteren Sachen beglückt, denn nicht ein
Bild von seiner Hand ist in der Ausstellung, welches
schon den virtuosen Glanz besäße, der ihm jezt zu eigen.
Aber da Berlin das Stieffind der Internationalität ist,
müssen wir zufrieden sein und bis auf nächstes Jahr,
das Jahr des Heils, hoffen, da alle unsere Träume in
Erfüllung gehen sollen.

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hin, durch eine in jeder Beziehung verfeinerte, vergeistigte Kunst zu verwöhnt, um an dieser rohen, wenn auch sicheren Niederschrift aller Trivialitäten der Natur, noch Freude haben zu können. Die Amerikaner find bis jetzt feine Voranschreitenden, keine Führer, und nur durch das schnelle Besizergreifen von den neuen Ideen sind sie zu modernen Künstlertypen geworden. So wie ihre naturalistischen Produktionen durchaus keinen Vergleich mit Werken der westeuropäischen Kunst aushalten, ebenso wenig können sich die Jüngsten mit ihren Vorbildern, den Schotten, vergleichen. Wenn schon die Echotten oft nur rein malerisch interessant zu wirken vermögen, und außer fühnem Vortrag und koloristischen Vorzügen inhaltlich oft nichts bieten, lassen die ähnlich strebenden Amerikaner noch viel mehr__zu wünschen übrig. Am deutlichsten ist dies zu beobachten an zwei Bildern von Humphrey Johnston, einem „Mädchen an der Ciderpreffe" und einem Bilde,,am Brunnen", die beide ohne alles gegenständliche Interesse nur in Tonschöne und farbig flimmernder Fleckwirkung brilliren.

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Im Porträt steht Sargent mit einem Frauenbildnis in blaßrotem Kostüm auf den Schultern der Engländer. Die glatte, charakterlose Malerei, die so trefflich mit dieser Salondame und ihrem „süßen“ Lächeln harmionirt, fällt inmitten der rücksichtslos vorschreitenden amerikanischen Künstler durch seine langweilige Abgeschliffenheit ebenso heraus wie die hyper-sensationellen, fast plakatartig auffälligen Malereien von William Dannat. In seinen spanischen Sängerinnen" Sängerinnen eines Café chantant, in einer Reihe sißend, mit hellen Kleidern und schwarzen Haaren auf_hellem Hintergrund erreicht er bei lebendigster Auffassung eine Wirkung, die, für die Straße und die Reklamesäulen berechnet, wol nötig sein mag, aber in geschlossenem, gedämpftem Licht grell wie Janitscharenmusik tönt. Janitscharenmusik tönt. Seine übrigen Arbeiten, die alle an dieser schreienden, effektvollen und dabei so harten Malerei leiden, vermögen ebenso wenig dauernd zu féffeln; aber wenn der Künstler nur Aufsehen erregen wollte, dann hat er sein Ziel erreicht hat er sein Ziel erreichter wird am meisten bestaunt. Unter den anderen Arbeiten der Amerikaner fällt Rolshoven mit zwei sehr interessanten Frauenbildnissen, Alexander mit nicht üblen Porträts, Bridgman mit feingestimmten Bildern aus Algier, und besonders noch Stewart mit seiner vielbewunderten „Taufe“ auf. Stewart gehört zu den zahmen, zu den „soliden“ Malern, und man Die Amerikaner spalten sich in zwei Lager mit ganz kann die Bewunderung, die ihm gezollt wird, verstehen, wenn von einander verschiedenen Bestrebungen. Die einen man bedenkt, daß er novellistisch so viel bietet. Mich wollen, auf den Schultern der französischen Naturalisten mutet seine „Taufe“ fast wie eine Novelle von Heinz Tovote stehend, rücksichtslos die Wirklichkeit darstellen, wie Mac an; oberflächlich, zwar nicht ohne Sentiment, gleitet er Even, Walter Gay, Sprague Pearce, Gari Pearce, Gari spielend über die Tiefen und an den Tiefen des Lebens Melchers, und die andern streben, den Spuren der vorbei und amüsirt das Publikum. Diese vornehme, Schotten folgend, ganz in Tonschöne aufzugehen und nach etwas noch leidende Mutter, die mit stillem Glück“ der einer farbigen Auffassung der Natur, wie Rolshoven, Taufe ihres Jüngsten zusieht, der elegante Salon, in dem Johnston. Unter den Künstlern der ersten Gruppe ist die Schar der Verwanten versammelt ist und mit so Gari Melchers der intimste. Er ist mit einem Damen verschiedenen Gefühlen dieser Zeremonie beiwohnt, der bildnis, nicht ohne Anmut, und mit einem Bilde die würdige Priester und der zarte Taufling das alles Predigt", von großer Schlichtheit und Innerlichkeit, ver- versett in eine behagliche Stimmung und ist wenig auftreten. Im großen und ganzen ist diese Kunstanschauung regend. Stewart ist ein Maler von dem üblichen langheut eine überwundene, und besonders die Kraßheit und weiligen Können und ohne Modernität. Unter den Brutalität, wie sie in Walter Gays Im vollen Chor" Amerikanern gehört er zu denen, die gewirkt haben und zu Tage tritt - Mädchen, die in einem hellen nüchternen die nun von den rücksichtsloseren, mutigeren, alles neue Raum fingen, in den ebenso nüchternen Heren von Mac faptivirenden Jüngsten verdrängt werden. Und das ist Even und der langweiligen, aber technisch tüchtigen kein Fehler. Kein Kulturvolk steht noch so sehr an der Schafhürde von Pearce, dünft uns entseßlich. Schwelle der Entwickelung wie die Amerikaner. Nirgends Freilich ihr Können ist von großer Bravour und empfindet man die fünstlerische Unkultur und das Fehlen es find wenig Stücke auf der ganzen Ausstellung, einer längeren, erzieherischen Vergangenheit so stark wie die mit diesen Bildern in technischer Beziehung bei ihnen. Sie verraten, troß der Fähigkeit, sich die verglichen werden können. Aber wir sind durch die letzten neuen Ideen schnell anzueignen, eine Unbildung des GeJahre, durch die Bestrebungen auf tiefe, seelische Wirkungenschmacks, der dem eines über Nacht reich gewordenen

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„Gründers" gleicht. Vielleicht mit einziger Ausnahme Harrisons, der ganz in der westlichen Kultur aufgegangen ist und dessen Modernität nicht der Tiefe ermangelt, die nur als Inkarnation der Kultur von Jahrhunderten zu denken ist, scheinen die Amerikaner wie in der Luft zu schweben. Keine Kunst hat so wenig nationale Eigentüm lichkeiten wie die ihrige, und da sie nicht in ihrer Heimat Wurzeln getrieben hat, dünki sie uns wie hingeholt, wie ein aufgepfropftes Edelreis, von dem man noch nicht weiß, ob es auf dem fremden Boden gedeihen und eigene Früchte tragen wird.

Noch einmal Homer.

Bon

Julius Shulk.

Einem belesenen und geistreichen Manne steigt der Gedanke auf, ein großer, gemeinsamer Irrtum beherrsche alle Gelehrten seines Fachs. Das Hirn glüht ihm von Einfällen, feine Finger zucken danach, die verrostete Uhr der Wissenschaft wieder in richtigen Gang zu bringen. Er träumt und wälzt ein Buch nach dem andern und träumt wieder. Er findet in seinen Folianten alle möglichen Winke und Wegweiser, auf die niemand bisher achtete; denn er ist fleißig und scharffichtig; er verknüpft feine Fakten zu schlauen Folgerungen denn er ist ein Denker; er belebt manche dürre Einfilbigkeit längst ver= gangener Tage mit psychologischer Fantasie; denn er hat Geist. Aber leider sammelt, formt und schichtet er seine Bausteine stets bei bengalischer Beleuchtung; bei einem Feuerwerk, das er sich in seinem unruhigen Kopfe angezündet hat; er sieht wol vieles Einzelne grell und genau; aber alles in künstlichem, gefälschtem Licht. Er ift deshalb dreifach unkritisch: zunächst weiß er gut über lieferte, sichere Tatsachen nicht von ungewissen und daher unbrauchbaren Zufallsnotizen zu unterscheiden. Frgend ein Talmi-Anekdötchen stellt er neben eine echte Urkunde; dadurch entwertet er dann auch diese lettere; denn dem zusammengeschleppten Berg von Wahrheit, Möglichkeit und Täuschung sieht niemand mehr an, daß im verwaschenen Grau auch wirkliche Goldklumpen stecken. Zum Zweiten ist ein solcher Autor untritisch in der Verwendung selbst des echten Metalls; er gießt und hämmert geschickt; macht aber aus Silber Gewehre und aus Eisen Schmuckfachen. Und wo er drittens Schlüffe übereinandertürmt, da verläßt ihn jede Vorsicht. Nicht als wäre die einzelne Folgerung unlogisch: denken kann der Mann ja! Er vergißt nur, daß auch der beste Schluß- besonders in historischen Dingen - unsicher bleibt; weil von hundert Vorausseßungen, die ein gewisses Resultat ergäben, uns regelmäßig blos fünfzig, vollends etwa für die Zeiten des grauen Altertums höchstens fünf zur Verfügung stehen. Unser Gelehrter nun gipfelt einen seiner gewagten Syllogismen über den andern und zwar im Stil der umgekehrten Pyramide. Von tausend wolgehauenen, aber nicht unbedingt festen Steinen soll einer ins Wackeln geraten: so kracht die ganze Geschichte zusammen.

Wir haben solcher Naturen viele an der Arbeit ge= sehen. Ich möchte Lombroso nennen, der mit unzähligen Schädelmessungen und Faksimilis ein Nichts beweist,

*) Homeros der Blinde von Chios und seine Werke. Von A. F. R. Knötel. Leipzig, Grunow.

irgend ein schaumflüchtiges Aperçu; dann etwa den großen Spiritisten Du Prel, in deffen feinen Argumentationen immer wieder die gänzliche Urteilslosigkeit dem Material gegenüber auffällt; Schliemann gehörte dahin, der unter dem Lächeln der Kenner seine großartigen Entdeckungen stets so laienhaft, fast kindlich zu deuten pflegte. Von den eigentlichen Forschern werden diese Männer gewöhn lich schief angesehen; der Fachgelehrte verlangt in erster Linie Klarheit, Nüchternheit, Kritik, ein wenig Geist allerhöchstens ganz zum Schluffe. Ob der geniale Dilettant" unters Volk dringt, hängt von seinem Gegenstand, seiner Schreibweise, seinem Glück ab. Findet er kein Publifum, so pflegt er einsam und bitter zu werden; er spürt, daß stärkere Geisteskräfte in ihm arbeiten, als in vielen zünftigen Forschern; er ist sich bewust, fleißig_und_beLesen zu sein; es kommt ihm leicht vor, als wäre seine Originalität allein an seinen Miserfolgen schuld. „Man will ihn nicht aufkommen lassen" . . .

Zu diesen Dilettanen höheren Stils gehört, wenn ich nicht irre, auch A. Knötel, der Verfasser des vorliegenden Buches. Sein Studium sind die ältgriechischen Sagen; er lernte die Methode, auszufunden, wie Götterdienste durch die Welt zogen: Priestertraditionen von Geden Weg erraten, den ein Kultus nahm. Nun sind Kulte burt und Wanderungen eines Gottes oder Heros laffen meist bestimmten engbegrenzten Völkerschaften eigen; fiegt also nicht alle Notizen über Herkunft und Geschick der ein Volk über das andre, so triumphirt der Gott. Warum Olympier und Olympiersöhne sammeln, Religionsgeschichte und Volkskunde verbinden, orientalische Ueberlieferungen geschichte konstruiren, in der jeder Mythus, einst als werthinzufügen: und auf diese Weise eine griechische Vorlos abgetan, nun umgeformt und neuverwertet, wieder seinen Play fände? Vielleicht bringen wir es so weit, selbst chronologisches Wissen in die graue Vergessenheit hineinfunkeln zu lassen?

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Nur dürfen wir nicht zufällige Namensanklänge für Wortverwantschaft halten und darauf Schlüsse bauen. Wenn Trito etwa „Waffer" hieß, so kann ein See sehr wol Tritons („Laach“ gleich Tritogeneia („Meergeborene") genannt sein, ohne „Achensee") und Pallas zudaß der Kult der Tritonen oder Athenes mit den libyschen Gestaden jenes Sees das geringste zu tun hat. -Priesterliche Identifikationen müssen uns nicht imponiren. guten Römer sahen in Wotan ihren Merkur und den griechischen Hermes; brauchen die drei Götter deshalb_urverwant zu sein? Die Griechen nannten den ägyptischen Ra „Zeus Ammon" und erblickten ihren Götterboten in dem Thot des Nillandes; brauchen wir ihnen diese Spielereien nachzumachen? Im Glauben an verwirrte Küsterlegenden und beliebige spätalexandrinische Gelehrtenfantasien geht nötel bis an die Grenzen möglicher Naivetät. So, rechnung des trojanischen Krieges einläßt oder gar von wenn er sich allen Ernstes auf die alte abgetane Zeitdem affyrischen Perseus" fabelt, der nach Semeronios den letzten König aus dem Hause des Ninos und der inos" der sicher nie gelebt hat,,1976 (1) v. Ch. ausSemiramis vom Trone gestoßen" habe. Da die Aera des reichend gesichert ist (sic), so fommt Perseus schon aus allgemeinen Gründen um 1800 v. Chr. zu stehen.“ „Dieser afsyrische Perseus nun, der nicht blos ganz Vorderasien, sondern auch Aegypten und ganz Nordafrika bis nach Spanien hinein eroberte und mit seinen Völkern überschwemmte, war ein Safe, ein wilder Barbar, der den kann nicht dafür, so steht auf S. 106/107 zu lesen, Krummsäbel führte (sic!), Köpfe abschlug.' Ich wenn ich nicht toll geworden bin und das Lesen verlernt habe. Wir sind alle einig, daß die alte Natursymbolik, die in den Volkssagen blos nach Frühlingsgöttern,

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