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für Sifferatur.

Berausgegeben von Otto Heumann Hafer.
Redaktion: Berlin Charlottenburg II, Carmerstraße 10.
Expedition: Berlin SW., Sriedrichstraße 202.

Union Deutsche Verlags-Gesellschaft Berlin u. Stuttgart.

Erscheint jeden Sonnabend. Preis 4 Mart vierteljährlich. Bestellungen werden von jeder Buchhandlung, jedem postamt (Nr. 3589 der Postzeitungsliste), sowie vom Verlage des magazin" entgegengenommen. Anzeigen 40 Pfg. die viergespaltene Nonpareillezeile Preis der Einzelnummer: 40 Pfg. &

64. Jahrgang.

Berlin, den 25. Mai 1895.

Nr. 21.

Auszugsweiser Nachdruck sämtlicher Artikel, außer den novellistischen und dramatischen, unter genauer Quellenangabe gestattet Unbefugter Machbruck wird auf Grund der Gesetze und Verträge verfolgt.

Inhalt:

Litteratur, Bissenschaft und öffentliches Leben.

Ernst von Wolzogen: Von der münchner Dichtelei. Sp. 641.
Erich Schmidt: Eine Biographie Gottfried Kellers. Sp. 647.
Arnold Srankenstein: Der König Cophetua. Sp. 660.
Gabriele d'Annunzio: L'Ummilido. Sp. 667.
Alfred Kerr: Wendlandts „Alt-Berlin." Sp. 670.
Litterarische Chronik. Sp. 670.

Justk.

C. d. M.: Der Tannhäuser in Paris. Sp. 654.
Paul Moos: Reinhold Beckers Frauenlob." Sp. 661.
Litterarische Anzeigen. Sp. 671.

Von der münchner Dichtelei.")

Von

Ernst von Bolzogen.

München, Mitte Mai.

Dichtelei? Ja allerdings, so etwas findet man in feinem Wörterbuche, und selbst wenn man in München die ganze Türkenstraße heruntergeht bis zur Kunstakademie, wird man das Wort auf keinem Wirtshausschild entdecken. Und doch ist es die Bezeichnung für eine Weinwirtschaft in jener Straße, den Eingeweihten nur bekannt und auch nur für solche an gewiffen Abenden zugänglich. Dort hatte sich am 19. März dieses Jahres eine überaus zahlreiche Herrengesellschaft zusammengefunden, um den 71. Geburtstag des lapferen Kriegshelden, jugendfrischen Sängers und liebevollen Schilderers des bayrischen Waldes, des Obersten a. D. Heinrich v. Reder zu feiern. Es war wol fast das gesamte junge und jüngste Dichtervolk zugegen, und von älteren Herren alles, was hier halbwegs zum neuen Kurs sich hält. fich hält. Dazu auch verwante Seelen aus dem Malervolk, Einheimische, zum Teil im Gebirgskostüm, die dem Urbajuvaren Reder echt bayrisch

*) Der münchener Kunstbriefe fünftes Stück.

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kommen wollten, sowie zahlreiche Vertreter der kunstbeflissenen Fremdenkolonie. Otto Erich Hartleben war, auf der Durchreise begriffen, auch dabei, und der kam grades Wegs von der Eberhard Treubier-Feier in Berlin. Ich wüßte nicht, was bezeichnender wäre für das Algemeinbefinden des lebenskräftigen Poetengeschlechts in der einen wie in der andern Stadt, als die Gegenüberstellung jener Treubier-Feier in Berlin und unsrer münchner Reder-Feier. Dort ehrt man allerdings seine namhaften Künstler in einer weit lauteren und kostspieligeren Weise als hier. Schwerlich geht ein plausibles Jubiläum oder ein höherer Geburtstag unbemerkt an der Oeffentlichkeit vorüber. Stets findet sich für solche Gelegenheiten ein pflichteifriges Komitee und einige Hundert Festgäste, welche sechs Mark pro Kuvert ohne Wein und eine neue Toilette für die Frau Gemalin zu opfern bereit sind; womit aber nicht etwa bewiesen wird, daß man dort selbst materielle Opfer nicht scheue, um die Geistesheroen unter den Mitbürgern zu ehren, sondern vielmehr nur, daß der Eitelkeitsmarkt daselbst in höherer Blüte steht. Es gibt in der Weltstadt eben gar so zahlreiche lebendig Verstorbene, welche mit Begierde jede Gelegenheit ergreifen, durch gefällige Zeitungsberichterstatter sich ihr Dasein wieder einmal bestätigen zu lassen. Da wird der Erpapst einer längst abgetanen Epoche ausgegraben, um die feinsinnige“ und „formvollendete" Festrede zu halten; irgend ein in- und auswendig verfetteter Lyriker, für den kaum noch die ältesten Mädchen schwärmen könnten, muß den Toast auf die Damen ausbringen; ein unglücklicher alter Litteraturklown muß seine Lenden mit Brennesseln peitschen, um die Tischkarte_humoristisch zu erklären und so ein wie alle Mal. Die Hauptsache aber ist, daß möglichst zahlreiche Träger bekannter Namen in den Festberichten der Morgenblätter aufgeführt werden können. Dazu kommt noch, als stattliche contribuens plebs, das eitle Volk der Unzünftigen, welches dadurch, daß es überall mitißt, wo Namen effen, sich selber einen Namen zu er effen hofft. Es war wahrhaftig ein guter Wit, daß sich eine Schar wirklicher Könner, Kenner und Gönner lebendiger Dichtkunst den kostbaren Jubilarpoeten von Hans Schliepmanns Guaden erfand, um sich den Ekel vor dem eitlen Pathos jener Augftjubiläen für Verschollene und Zweckeffen für Verschellende einmal gründlich von der Seele zu ulken.

Wie anders hier! Der einundsiebzigjährige Oberst v. Reder ist kein Name, der auf dem Eitelkeitsmarkte Klang hätte, nur eine Persönlichkeit. Seine frische

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gesunde, Vaganten-, Kriegs- und Liebeslyrik siammt zum dernen Bestrebungen bildet, besteht aus freidenfenden, grösten Teil aus den fünfziger Jahren, und was der unabhängigen Männern und Frauen der wirklich guten, alte Herr seither noch gedichtet und gemalt, kann nach weil intelligentesten Gesellschaft. Und das genügt vollForm und Inhalt durchaus nicht als charakteristisch kommen, um den Künstler am Ort davon zu überzeugen, modern gelten; aber er ist eine echte Künstleruatur, ein | daß er nicht nur für sich und seine Fachgenossen arbeite. Mann, der sich heute noch mit dem Feuer eines Jüng- Dieser Umstand und dazu der eigentüniliche Charakter lings begeistern und entrüsten kann: und darum ist er Münchens als eines Mitteldinges zwischen Großstadt und der Jugend so wert, darum bedurfte es nur des Winkes Gebirgsbierdorf brachten es zuwege, daß gerade jest wieder einiger näheren Freunde, um alle münchner Modernen in unserer Zeit einer kraftvollen Renaissance, in unserer zur Feier seines 71. Geburtstages um ihn zu scharen Zeit der starken Wechselwirkung zwischen den verschiedenen und man feierte nicht in Frac oder full dress jacket, Künsten unser gutes München eine so große Anziehungsnicht mit feierlichen Ansprachen und gequältem Wig, fraft gerade auf Maler und Dichter vom besten modernen sondern sozusagen in Hemdärmeln, in glücklichster Faschings- Schlage ausübt. In behaglicher Zurückgezogenheit hausen laune, indem man dem alten Herrn zeigte, was Künstler- | hier, ruhig und rüstig weiterschaffend, wenig oder gar nicht blut und echter, ungezwungener Humor an genialischer belästigt von etwaigem Bereatgeschrei und sonstiger unehrLustigkeit hervorzubringen vermögen. Die Kneip-Zeitung erbietiger Kaßenmusik der undankbaren Jugend, die ge3. B. stellte als Ganzes eine köstliche Parodie auf den treuen Wächter und Verfechter früherer Kunstideale: Paul Pan" dar. Die malerischen Beiträge bestanden teils Heyse, Hermann Lingg, Wilhelm Herz, Georg in vortrefflichen Karrikaturen der bekanntesten Mitglieder Ebers, Karl v. Heigel, Wilhelm Jensen, und zu der münchner Moderne, teils in fantastischen Kom- ihrem engeren Kreise gehören Künstler wie Lenbach, positionen von höchstem künstlerischen Reiz, und unter Defregger, Dieß, Löfft, Gelehrte wie Riehl, der den litterarischen war kaum einer, in welchem nicht Sat jüngstverstorbene Carrière u. a. mi. Dann wären als für Saß ein Schlager gewesen wäre. Fast allen Teil Poeten, die nicht so ohne weiteres in einer Partei unternehmern des Festes wurden gereimt und ungereimt die zubringen sind und schon darum eine Art vermittelnder grösten Bosheiten ins Gesicht gesagt, aber mit einer so Stellung zwischen den Alten und den Jungen einnehmen, derben Gemütlichkeit und mit so treffendem Wiß, daß zu erwähnen: Max Haushofer, Richard Voß, Ludjeder, der sich hätte beleidigt fühlen wollen, sich selber wig Ganghofer, Walter Siegfried, Reinhard als Dummkopf entlarvt hätte. Besonders eine Nietzsche- v. Seydlik, Auton von Perfall, Wilhelmine von Parodie unter dem verheißungsvollen Titel: „Das Ueber- Hillern, Wilhelm Weigand, Aloys Wohlmuth mensch" ist mir als ein Bravourstück geistvollen, über- und noch eine ganze Anzahl von fruchtbaren Feuilleton mütigen Wißes in der Erinnerung haften geblieben. Sie Romanciers beiderlei Geschlechts. Bon ausgesprochen stammte aus der Feder Josef Ruederers, der, als ober- Modernen leben hier: M. G. Conrad und Gattin, ländischer Holzknecht verkleidet, überhaupt die Seele des Oskar Panizza, Julius Schaumberger, Ludwig ganzen Festes war und gleich von vornherein die rechte Scharf, Josef Ruederer, Anna Croissant-Rust, Stimmung hervorzauberte durch die Schnadahüpfeln, die Erust Rosmer (Elsa Bernstein), zu denen sich als erer im Verein mit dem Gastwirt der Dichtelei", der freulichster Fremdenzuzug Helene Böhlau, Ludwig selber Maler, Sänger und Zitherspieler in einer Person Fulda, Mar Halbe, Franz Held, Juliane Déry, ist, zum Vortrag brachte. Uebelnehmen gilt nicht", war Hans Olden und Wilhelm Hegeler gesellten. Und die Losung und: „zwidre fade Lappen" werden hinaus- im Schatten dieser guten Namen sproßt und treibt es geschmissen! Das greise Geburtstagskind toastete auf den frisch und kräftig von annoch namenlosen Schößlingen, fröhlichen Umsturz aller Duckmäuserei, Dummheit und welche jugendfroh dem Lichte zustreben. Die legtgenannte Dickhäuterei. Gruppe bildet auch so ungefähr das Stammpublikum der Dichtelei“, und zahlreiche meist jüngere Maler, sowie einige wenige Schauspieler und andere Künstler und Kunstfreunde gliedern sich ihr an. Es ist sehr viel wert, für den Schaffenden wie für den Genießenden, dieses Unterfichsein der hiesigen Künstlerschaft: das Philister- und Banaufentum steht weit abseits und stört uns unsere Kreise nicht. Umso bequemer können wir es studiren, wenn wir es gebrauchen. Auch uns selber lernen wir weit intimer kennen und zwar nicht nur unsere künftlerischen Bestrebungen, sondern auch unser menschliches Teil. Darum fommen wir einander hier auch weit liebenswürdiger vor, als die Herren Kollegen in der Weltstadt, die überall Klique, Brotneid, Schadenfreude wittern. Auch die Tageszeitungen stören uns den gesunden Schlaf nicht durch Furcht vor boshaften Kritiken oder Indiskretionen litterarischer Reporter. Die „Neuesten Nachrichten", das einzige hiesige Blatt, das mit seinen Kunstanschauungen auf modernem Boden zu stehen vorgibt, scheint sich grundsäßlich mit in München lebenden Schriftstellern nicht zu befaffen. So stört denn nichts die Intimität des Schaffens und auch des Genießens, und Mar Halbe, der jüngst erst Zugezogene, konnte für seine Idee eines Intimen Theaters" auch wol nicht leicht einen günstigeren Boden finden, als gerade hier.

Solche echt künstlerische Ungebundenheit, die ein Wort oder Zötlein zu viel" nicht scheut, aber dafür desto unbarmherziger das feierliche Gebahren hohler Köpfe, die eitle Ueberhebung kleiner und großer Gößen von Pöbels Gnaden verhöhnt, ist eben nur hier denkbar, wo die Künstler sich so ganz unter sich fühlen, wie das hier selbst bei Veranstaltungen vor einer größeren Oeffentlichfeit noch immer einigermaßen der Fall ist. Es gibt hier keine Parvenü-Gesellschaft, welche ihren funkelnagelneuen Salons dadurch Glanz zu verleihen suchte, daß sie Künstler von Ruf in ihre Gesellschaft zu ziehen bestrebt wäre. Es gibt keine Zeitungen, welche sich mit dem hier lebenden Künstlervolk aller Art anders befaßten, als indem sie über etwa hier an die Oeffentlichkeit gelangende Werke berichten. Und die Aristokratie als solche verhält sich der lebendigen Kunst gegenüber im allgemeinen hier just so stumpffinnig wie überall. Infolgedessen existirt jener verderbliche Eitelkeitsmarkt nicht, durch den in Berlin jo leicht künstlerische Nullen sich eine gewisse Geltung zu erschleichen, Scheingrößen mit diplomatischem Talent ihr Dasein ungebührlich lange zu fristen wissen. Künstler untereinander pflegen sich nicht zu schmeicheln; hat einer was Tüchtiges geleistet, dann merkt er es den Kollegen schon an, auch wenn sie nicht gleich von Lob überfließen. Der Neid, ja die Wut der Ueberflügelten wirkt auch herzerhebend! Das kleine Publikum von etlichen hundert Köpfen, welches hier die treue Gefolgschaft aller mo

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Am 30. April ist dies „intime Theater" ins Leben getreten. In der Wohnung des Fräuleins Juliane Déry, einer stark und eigenartig begabten Ungarin, die

mit ihren Dramen „D' Schand“ und besonders dem jüngsten „Die sieben mageren Kühe“, sowie in einigen originellen Novellen, wie z. B. „Russen in Paris" vollgiltige Talentproben abgelegt hat, wurden Strindbergs „Gläubiger" aufgeführt vor einem Publikum von etwa vierzig Köpfen, und zwar lauter guten Köpfen, Kunstgenossen, Kennern und Liebhabern. Die Darsteller hießen: Mar Halbe, Juliane Déry und Julius Schaum berger. Man spielte einfach im Zimmer, ungeschminkt und ohne Strich! Unter den Zuschauern war wol faum einer, der Strindbergs Werk eine besondere Sympathie entgegenbrachte. Die meisten fanden es wol frankhaft verzerrt, efelhaft und obendrein langweilig, wie ich auch; troßdem folgten wir alle mit gespanntester Aufmerk samkeit der haarspalterischen, verrückt genialen Dialektik des weitschweifigen Dialoges. Und eben weil der szenische Apparat, die künstliche Distanz, das Guckkastenmäßige des Theaters ganz fehlten, wurden wir gezwungen zu glauben, daß lebendige Menschen mitten unter uns ihr Innerstes erschlössen. Daß Halbe westpreußisches, Schaumberger münchnerisches und Fräulein Déry ungarisches Deutsch sprachen, erhöhte eher den Eindruck der Wirklichkeit, als daß es ihn störte. Die Persönlichkeiten der Darsteller deckten sich vortrefflich mit den Gestalten des Dichters; und da obendrein Fräulein Déry und besonders Mar Halbe eine starke Begabung für die ungefünftelte Dar fiellung jener frankhaften, seelisch verzwickten DecadenceMenschen an den Tag legten, so war die Illusion in der Tat eine fast vollkommene. Intime dramatische Kunst, Künstlern von Künstlern vermittelt das ist das Programm des intimen Theaters, und der erste Versuch fonnte nicht besser glücken. Demnächst steht uns eine Aufführung in einem stillen, lauschigen Garten bevor und der Mond, sowie die etwa vorhandenen Nachtigallen sollen zur Mitwirkung herangezogen werden, um Georg Büchners fantastische Posse Leonce und Lena“ für eine schöne Nacht von den Toten zu erwecken.

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verständlich aus der einfachen Handlung ergebend Kampf eines Dorfschullehrers mit seinem Pfarrer aber gerade sie zeugt von bewustem technischen Können. und ist so ausgesprochen dramatisch, daß ich sofort in Josef Ruederer den geborenen Dramatiker, den Nachfolger und Vollender Anzengrubers entdeckt zu haben glaubte. Der lette Rest von Sentimentalität, von konventionellem Theateraufput, welcher unserem gegen dergleichen Fälschungen so empfindlich gewordenen Geschmack die älplerischen Dramen und Romane nachgerade gänzlich zu verekeln drohte, ist bei Ruederer getilgt. Er hats beffer getroffen im Leben wie Anzengruber. Als einziger Sohn reicher Eltern, mit einer gründlichen, vielseitigen Bildung ausgerüstet, weit umhergekommen, in zufriednem, behaglichem Haus- und Ehestand, nur seiner Kunst lebend, können die | Versuchungen der Not, Bildungsmängel und Gewöhnung an eine geschmacklose Umgebung, über die Anzengrubers Genie nur in feltnen Momenten höchsten Aufschwungs zu triumphiren vermochte, seinem glücklicheren Strebensgenoffen nichts anhaben. Ruederer besißt für die Spezialität der Banerngeschichte nicht nur die erforderliche genaue Kenntnis der Verhältnisse und des Dialekts, sondern auch die Fähigkeit, unter den Bauern sich ganz wie ein Bauer zu geben. Es steht ihm das so natürlich, daß die Leute in ihm nicht den maskirten Stadtherrn sehen. Er ist mit seiner ganzen Seele daheim in den Bergen und darum versteht er die Freuden und Leiden der Gebirgler, läßt sich nicht erschrecken durch äußerlich rohes Gebahren und nicht täuschen durch gaunerische Biedermeierei. Er fennt auch den bösen Feind des Volks, den Ultramontanismus, mit allen seinen Schlichen und Kniffen und hat den Mut, ihm mit den rechten Waffen zu" Leibe zu gehen. Das erste Drama Ruederers ist inzwischen auch im Druck erschienen. Es heißt die „Die Fahnenweihe" (München, Rübinverlag). Aber das hat nicht gehalten, was ich mir von seinem Verfasser versprach. Zwar ist die Charakteristik der PerZu den intimen Freuden eines münchner Poeten sonen vorzüglich, aber als Bühnenwerk scheint mir das Ganze darf ich wol auch die litterarischen Atelierbesuche rechnen. verfehlt. Vielleicht, daß das große historische Drama, Wir lernen einander hier, wie gesagt, auch als Menschen,,Der Schmied von Kochel", welches Rüderer jezt unter kennen, verstehen und schäßen. Weit lieber möchte ich dem Magazin" von solchen Besuchen berichten, als von den herzlich unbedeutenden Ergebnissen meines immer Es liegt mir ganz besonders am Herzen, den Lesern seltener werdenden Theaterbesuches zum Beispiel. Wie des Magazins zum Schluß noch etwas von Madame al anders lernt man die Werke eines Dichters verstehen, Raschid Bey zu erzählen, welche unter ihrem Mädchenwenn man ihm menschlich näher tritt! Man durchschaut namen Helene Böhlau dem Publikum der besten bellevor allen Dingen einmal sehr bald die Poseure, die bloßen tristischen Blätter wol schon hinreichend bekannt ist, mir Macher, die ihr bischen angeborenes Talent und ihre er- aber grade in unsern engern litterarischen Kreisen durchaus worbene Geschicklichkeit dazu verwenden, wirkliche Künstler noch nicht gebührend gewürdigt zu werden scheint. Ich durch Nachahmung auszubeuten; und streng von ihnen fenne Helene Böhlau seit dem Jahre 80. Das wunderscheiden lernt man die geborenen Künstler, bei welchen liche, etwas eckige und verschlossene junge Mädchen von das Dichten und Trachten unmittelbar aus ihrem mensch damals habe ich hier wiedergefunden als reife Frau, die lichen Wesen hervorquillt. Einen solchen echten Künstler durch schwere Schicksale und harte Kämpfe gegen die habe ich hier in Josef Ruederer kennen gelernt. Sein ganze Waffengewalt der Welt, in welche sie hineingeboren Erstlingswerk, der Roman Ein Verrückter, Kampf und war, sich die Freiheit ihrer Persönlichkeit erstritten hat. Ende eines Lehrers“ (München, E. Albert & Co.) hatte Und sie ist eine Persönlichkeit im modernsten Sinne, frei mir zum ersten Mal_den neuen Namen vor Augen ge- von Vorurteilen, losgelöst von jeder Schablone, stark und führt. Mit erregter Spannung las ich den mäßigen Band kühn auf sich selbst stehend und dennoch ohne jeden Beiin einem Hinsißen durch. Tieferschüttert legte ich ihn aus geschmack jener komisch aufdringlichen Koketterie emanzider Hand und sagte mir: Hier ist scharfer Blick pirten Damentums, ganz Weib mit ihrer schönen Herzensfür die Wirklichkeit, echte Mitleidskraft, Unerschrockenwärme. Pose, Pathos, Geistreichelei sind ihr absolut heit und ein ganz ursprüngliches Darstellungs- fremd, aber was sie auszeichnet vor der großen Menge talent in glücklichster Weise vereinigt. Der Realismus der gut schreibender Frauen und Männer, das ist der goldne Schilderung und der Diktion_lassen auch für einen durch Humor, der ihr auch in den schwersten Kämpfen ihres die peinliche Gewissenhaftigkeit unserer naturalistischen Lebens treu geblieben ist und ihr ihre Menschenliebe und Schule verwöhnten Geschmack nichts zu wünschen übrig, | die herrliche Kinderfreude an heimlichen Entdeckungsfahrten aber man wird verschont von den endlosen und nur zu in der kleinen Welt der Alltäglichkeit bewahrt hat. Nie oft zwecklosen Weitläufigkeiten der Konsequenten. Die führt sie ihre Eitelkeit in dem oberflächlichen GesellschaftsKomposition erscheint durchaus ungesucht, sich wie selbst-treiben spazieren. Aber sie versteht es, sich Freunde zu

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der Feder hat und welches die bekannte sendlinger Bauernschlacht behandelt, ein glücklicherer Wurf wird.

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erwerben und diese bis auf den legten Gemütstropfen | ganzen Wollen und Können vor Mit- und Nachwelt hinauszuquetschen. Ihr bescheidnes Heim in einem Garten zupflanzen, in den Arm. Goethe hat nach den ersten haus der unscheinbaren Blütenstraße, das der erfinderische siegreichen Anläufen diese Scheu, als Lyriker zumal, lange Kunstgeschmack und die Handfertigkeit ihres Gatten zu walten laffen, später aber, da er sich selbst immer einem fantastisch anheimelnden, orientalisch bunten Schlupf-| historischer wurde, durch die tiefe Generalbeichte Aus winkel für absonderliche Geister ausgestaltet hat, eignet meinem Leben“ und was enger und ferner dazu gehört, sich vortrefflich zum Stelldichein für die kleine Schar ver- durch eigene Veröffentlichung aus den Briefschäßen, durch wanter Seelen, welche al Raschids und seiner Gattin Errichtung eines großen Hausarchivs dafür gesorgt, daß Eigenart magisch anzieht. Hier wird Sanskrit getrieben sein Werden, Wirken und Streben für sich und im Zuund aus dem tiefen Brunnen brahminischer und budd- | sammenhang mit der Vorzeit wie mit deutschen und aushistischer Weisheit getrunken. Hier werden Geister zumländischen Zeitgenossen nach allen Seiten hin urkundlich Sprechen gebracht, und herzlich ausgelacht, wenn sie Un- erhalten bleibe. Gar oft schüttelt der Dichter zu allerlei sinn schwaben. Hier entstehen in der Schreinerwerkstatt Vivisektionsversuchen und dem Bemühen der Forscher, in des Beys fantastische Möbel von eigenartigster dekorativer | das Geheimnis seines Wesens und Schaffens einzudringen, Wirkung, und hier entstehen auch zwischen Küche und unmutig oder ironisch den Kopf, und gewiß bleibt jede Kinderstube, in welcher seit acht Wochen erst ein kleiner solche Arbeit, die der poetischen Fantasietätigkeit nachspürt Haireddin ben Omar strampelt, Helene Böhlaus Romane. und eine Persönlichkeit zu analyfiren strebt, ein Stückwerk. Sie gab mir erst fürzlich einen davon zu lesen, welcher Sie unterdrücken, statt sie zu verfeinern, aber möchte nur, im Jahrgang 93/94 von Vom Fels zum Meer" er- wer sich am liebsten beim subjektiven Genuß zeitloser, ortschienen ist und den Titel „Der Rangirbahnhof" führt. loser, namenloser Denkmäler der Künfte bescheiden würde. Ich glaube nicht, daß sehr viele Leser dieses Familien- Warum fühlt sich der Dichter gedrängt, uns in Gestalt blattes ein Bewustsein davon gehabt haben werden, welch von autobiographischen Darstellungen, Reflexionen, Ereine echte Perle deutscher Kunst sie in diesem köstlichen läuterungen oder nachgelassenen Materialien eigener und Werke vorgesett bekamen. Der Rangirbahnhof“ ist fremder Hand die Schlüffel seiner inneren Gemächer zu ein Roman, welcher vollkommen auf der Höhe überreichen, als weil er über das losgelöste Werk hinaus der besten Werke der Ebner-Eschenbach steht, erkannt und auch nach den unterwegs abgestreiften einer der interessantesten Beiträge zur Psychologie der Schlangenhäuten beurteilt werden möchte? Künstlerseele, die unsere Litteratur aufzuweisen hat; ganz und gar modern in der Art, Menschen und Dinge zu sehen, und mit seinem warmen Humor, seiner reizenden Symbolik und seinem manchmal etwas goethisch anmutenden Stil der meisterhafte Ausdruck einer durchaus eigen artigen, zu fünstlerischer und menschlicher Reife durchgedrungenen Persönlichkeit.

Mit dem Hinweis auf dies köstliche Werk will ich für heute meinen Bericht aus der münchner Dichtelei schließen; und ich denke, man wird mirs draußen glauben, daß ein ernsthaft Schaffender sichs wol sein laffen kann in einer Luft, wo so mancherlei seltne Früchte gedeihen!

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Gottfried Keller hat manchmal gegen die Litterarhistoriker gewettert und in grimmen Stunden wol auch irgend eine harmlose Erkundigung misdeutet, als wolle der Frager seinen Eckermann spielen, aber er hat sich doch wiederum vor manchem aus der Zunft, den er nicht im Verdacht feuilletonistischer Enthüllungen haben fonnte, aufgeknöpft. Und derselbe Mann, der eine gescheite und liebevolle, aber die Fassungen nach Philologenart als A und B säuberlich vergleichende Anzeige seines Romans mit dem Fluch erwiderte: Verdorren soll die Hand. die den alten grünen Heinrich ans Licht zieht!", ließ sich doch nicht blos zu einer Umrißzeichnung seines Lebens herbei, sondern hob auch, so lächerlich und verhaßt ihm aller em pfindsame Züs Bünzlin-Kram im Reliquienschränfchen war, mit strengem Ordnungsfinu jedes Blatt von seiner Kinderzeit her auf. Nichts hat er zerstört, nicht die Schularbeiten des Knaben, die Korrespondenzen des Jünglings, und in diesem Archiv selbst allerlei Papiere fortbestehen laffen, die ihm unter den Zeugnissen vergangener Zeiten peinlich, ja unerträglich sein mußten und wo kein überlegener Humor hinspielte, wie über jene kostbare Nachahmung der Emilia Galotti“ oder das biedere Ritterstück mit seinen leisen Spuren genrehaften Lebens. Die Beschwerde eines berliner Dichterlings an Varnhagen, daß deffen Hausfreund, der Herr Keller, ihn auf offener Straße überfallen und durchgeprügelt habe, ist so wenig deu Flammen geweiht worden als die schnackischen Zuschriften eines in Ungarn lebenden verdrehten Frauenzimmers, das aus Gedichten Kellers erschlossen hatte, er sei der längst verschollene Vater ihres unehelichen Töchterleins, und auch die Feder dieses illegitimen Sprößlings in Bewegung sette ein ganz Seldwhlischer Vorwurf, von Keller, wie es scheint, feiner Seele verraten und doch zu den Akten gelegt. Tagebücher aus der zweiten züricher Zeit, alle Briefwechsel, Skizzen, Fragmente liegen treu bewahrt vor. Der Alte hat sie nicht verbrannt, sondern der Stadtbibliothek vererbt, nicht auf daß nun jede Zeile als posthumer Schat gedruckt werde, aber gewiß nicht nur, um einen neuen Riegel vor sein Archiv zu legen.

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Profeffor Jakob Bächtold, der seine vortreffliche Geschichte der deutsch-schweizerischen Litteratur leider nicht bis zur Gegenwart herunter- oder in unserm Fall herauf

führen will, hat in demselben Verlag, wo Kellers Dich | tungen ihre rechte Urstend gefunden haben, rasch einen Band von zerstreuten Auffäßen und von Bruchstücken mit mancher Beigabe dargebracht und sich dann der nur von einem Landsmanne zu lösenden schönen Pflicht unterzogen, als Mitverwalter der Keller-Stiftung die erste große auf den ganzen Nachlaß gegründete und auf drei Bände berechnete Lebensgeschichte auszuarbeiten. Zwei liegen vor, der erste schon in zweiter Ausgabe.

Ich habe neulich irgendwo sehr diktatorische Säße, wie sie heute ja besonders unter dem jungen Kriegsvolk beliebt sind, gelesen über die rechte Art und Kunst de Biographie, als ob es nur Eine Methode und Einen Heilsweg gäbe, und nicht, auch demselben Menschen gegen über, verschiedene Darstellungsweisen erlaubt und ersprießlich wären. Am besten gewiß, fie zu vereinigen oder wenigstens in Tauschverkehr zu bringen. Es steht hier ebenso wie beim Porträt. Ich möchte die realistische Abbildung Goethes nicht missen, weil ich ihn in einem Marmor typifirt und vergeistigt besite. Nicht blos in großen Konturs, auch im kleinen Pinselstrich liegt Charakteristik. Eine aufs Allgemeine gerichtete Darstellung kann leicht gewalttätig oder verschwommen, eine sehr detail reiche braucht deshalb nicht zur kleinlichen, geistlosen zu werden. Goethe hatte recht, als er Winckelmanns Dasein in einer Reihe großartiger, prägnanter, ins Unendliche weisender Kapitel monumental entfaltete; Justi hatte recht, als er, der mächtigen Wegweiser wahrlich nicht vergessend, die ganze Lebens und Bildungsreise des römischen Altmärkers vergegenwärtigte, mochte er auch unter den Kardinälen und Gelehrten Italiens ein wenig zu lang Halt machen. In den unwiederbringlichen Stunden, die uns das Haus Helmholz gewährte, habe ich manchmal auch an die Methoden der Biographie gedacht, wenn der große Gelehrte und der große Mensch leibhaft dastand und hier eine vollendete Photographie, da ein Lenbachsches Porträt, dort Adolf Hildebrands Büste, gleichsam die drei von Goethe unterschiedenen Arten des Stils, betrachten und mit dem lebendigen Urbilde vergleichen ließ.

Meister Gottfried selbst hielt große Stücke aufs verweilende charakteristische Beschreiben, wie er denn A. Freh erzählt das und ich habe den gleichen Vorsat aus Kellers Munde gehört - einen Anti-Laokoon entwerfen wollte. Als er z. B. seinem Freunde Schnyder einen Nachruf widmete, lieferte er keinen historischen Be richt, sondern erging fich in ein paar köstlichen Schilderungen gemeinsamer Erlebnisse. Ein Jubiläum Vischers feierte er, statt von verbundener Poeterei und Philosophic zu sprechen, durch ein meisterlich gezeichnetes Momentbild, das den Aesthetiker als einen ganzen, tapferen Mann hinstellte. Aber er rühmte wiederum „Uhlands Leben“ von seiner Witwe, dies in den eigenen Zutaten so farblose und magere, dafür an brieflichen Zeugnissen des zurückhalten den Schwaben selbst so reiche Buch, als Muster ́ einer Biographie, nicht blos, weil die prunklose Gabe der Sprödigkeit Uhlands entsprach. Wie die Dinge liegen, fonte Bächtold keineswegs darauf ausgehen, ein frei kom ponirtes biographisches Kunstwerk zu schaffen, sondern ei mußte zwischen einer Lebensbeschreibung und einer Samm lung von Briefen, Tagebüchern, und verwanten Nachlaß stücken vermitteln, ohne nach übler, z. B. in Forsters Life of Dickens" so störender Manier bloße Baumaterialien haufenweise nebeneinander zu schichten. So ergab sich ein annalistisches Verfahren, eine Gliederung nach den Lebensstationen Zürich, München, Zürich, Heidel berg, Berlin und wieder Zürich, dergestalt, daß der lezte, längste, Lebensabschnitt daheim durch die Ernennung Kellers zum Staatsschreiber, dann aber durch die späte Wiederaufnahme dichterischer Produktion zerteilt wird.

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Eine eindringliche Bildungsgeschichte und Charakteristik der Werke ausschließend, schickt Bächtold jedem Teil ein längeres Vorwort voraus, das mehrmals zu breite Zitate und einzelne Rosinen vor dem Kuchen bringt, aber kraft einer nur dem Schweizer erreichbaren Umsicht auf Grund eigener Forschung und glücklich erbetener Beihilfe noch lebender Genossen alles Persönliche und Deriliche klar beleuchtet. So danken wir ihm gleich an der Schwelle eine ausgezeichnete Vergegenwärtigung der Eltern Kellers und treten alsbald in den bunten Bereich des „Grünen Heinrich“, um mit einer Fülle und Sicherheit, die in der ganzen Weltlitteratur einzig sein dürfte, die erlebten Grundlagen dieses Romans zu erfaffen und zu prüfen, wie weit eine den Stimmungen, Tatsachen, Personen genauer entsprechende Aufnahme, wie weit eine freiere Umbildung oder Erfindung gewaltet hat. Denn die ganze Kindheit und Jünglingszeit Gottfried Heinrichs und das ganze münchner Elend tut sich auf; die Notlage des ausgewanderten Malers wol in zu reichlich mitgeteilten Briefen an die Mutter. Misverstchen aber kann nur der diese meist ungebärdigen, schweigsamen Blätter, der nicht weiß, daß eine Scham der Seele gerade den Nächsten gegenüber den Mund verschließt. In Berlin wiederholt sich die Stockung und löst sich nur einmal in Versen auf. Es ist nicht meine Absicht, Bächtolds Gaben zu registriren. Ich will nur einige Linien durch das Buch ziehen und voran der ferngefunden Tüchtigkeit gedenken, die uns auch aus den krausesten und verwegensten Gebilden des Dichters anschaut und aus allem Geröll dieses lange Jahre hindurch so vielverschlungenen Erdenwallens empordringt, deren Kraft von keiner inneren Bedrängnis und keiner äußeren Not versehrt werden konnte. Wie stark mußte diese Natur sein, um_troß scheinbarem Verliegen allen langsam nagenden Sorgen und manchem rüttelnden Unwetter Stand zu halten. Als Halbwaise ohne feste Zucht aufgewachsen, von einem kläglichen Banausen und einem irrsinnigen Künstler verbildet, in München ohne Leitung und dem Untergang nah, in Heidelberg ein bemooster Student, der eigentlich nach der naiven Meinung hochmögender Gönner auf einer Orientreise hätte Eindrücke" sammeln sollen, vorher in „verlorenen Jahren“ als schmollender Pankraz bei Mutter und Schwester, dann in Berlin mit dem Abschluß des ungefügen Romans und neuen Plänen ringend, aber zugleich um die gemeinsten Lebensbedürfnisse, endlich, schon ein ausgewachsener Mann, wiederum subsistenzlos daheim, mochte er vielen für ein verbummeltes Genie gelten, weil gewiß unter Tausenden kaum Einer heil aus solchem Frrsal aufgetaucht wäre. Er aber ward troß alledem ein musterhafter Beamter und blieb im stillen seines ureigenen Schaffens Herr. Er hat, um effen zu können, bairische Fahnenstangen blauweiß anstreichen müssen wie sein Heinrich, der arme Kunstmaler". In Berlin warf demselben Mann, der eben Kleinodien deutscher Dichtung faßte, ein Bäckerweib den Groschen vor die Füße, weil es falsche Münze war und sie in dem hungrigen Kunden einen Schelm sah. Sich für einen Salon, wo er dann meist wie ein fnurren der Bär auf den kurzen Beinen herumstand, schicklich auszurüsten, bereitete ihm die gröste Schwierigkeit, und das einzige präsentable Hemd mußte wegen seines seltsamen Schnittes für eine Art schweizerischer Nationaltracht gelten. Er träumt von einer Reform der deutschen Bühne, eigenen Dramen, einem der Lokalpoffe entsteigenden berliner Aristophanes, aber seine Armut verschließt ihm den Zugang zur Theater kaffe, Stolz und Scham die Benutzung von Freikarten. Immer wieder zwingt ihn bittre Verlegenheit, in Briefe an den ihm von Heidelberg her treu zugetanen Hettner Anliegen um einen Vorschuß oder einen Aufschub einzuschalten, denn die Staatsstipendien sind versiegt und

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