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Vorwort.

Mit jedem Tage tritt die Unfruchtbarkeit der bis jetzt, sowohl in der Wissenschaft, als auch in der Tagespresse noch vorherrschenden scholastisch - dogmatischen Behandlung der politischen und socialen Fragen immer klarer und schlagender hervor. Die Haltlosigkeit dieser Methode ist im Gebiete der Naturwissenschaft schon seit Jahrhunderten anerkannt und von dem grossen englischen Philosophen Bacon am Schluss des sechzehnten Jahrhunderts unumstösslich dargelegt worden. Teberzeugung von der gleichen Haltlosigkeit, ja Schädlichkeit dieser Methode im Gebiete der Socialwissenschaft hat den Autor bewogen, sich dieser Arbeit zu widmen.

Die

Die menschliche Gesellschaft ist, gleich den Naturorganismen, ein reales Wesen, ist nichts mehr, als eine Fortsetzung der Natur, ist nur ein höherer Ausdruck derselben Kräfte, die allen Naturerscheinungen zu Grunde liegen, das ist die Aufgabe, das ist die Thesis, die der Autor durchzuführen und zu beweisen sich gestellt hat.

Und wenn der Verfasser dabei sich nicht gescheut hat, die letzten Errungenschaften der Naturwissenschaft, namentlich der Biologie und Anthropologie auch auf die Socialwissenschaft anzuwenden und bis in ihre äussersten Consequenzen zu verfolgen, so glaubt er, damit nicht nur der oberflächlich materialistischen Weltanschauung keinen neuen Vorschub, sondern im Gegentheil der ideellen Weltanschauung einen besonderen Dienst geleistet zu haben. Denn durch Zusammenstellung des socialen Lebens mit der Entwickelung der Naturkräfte tritt gerade jenes Gebiet hervor, das einzig und allein als Einigungspunkt für die bis jetzt feindlich, ja unversöhnlich sich gegenüberstehenden materialistischen und spiritualistischen Weltanschauungen dienen kann.

Es wird wohl einige Zeit verfliessen, ehe die in scholastischen Formen und Anschauungen erstarrten Verfechter der dogmatischen Gesellschaftslehre sich gewöhnen werden, den socialen Organismus als reales Wesen zu betrachten. Nichts ist schwerer, als von einmal eingetretenen Bahnen, besonders im geistigen Gebiete, abzugehen, und um so schwerer, je einseitiger, falscher und schiefer die einmal eingeschlagenen Richtungen sich erweisen.

Doch wird und muss die Wahrheit früh oder spät siegreich sich Bahn brechen.

Und wie die Anwendung der empirischen Methode im Gebiete der Naturwissenschaft herrliche Früchte zum Wohl der Menschheit und zur Beförderung der höheren Kultur getragen hat, so wird auch die Verwendung derselben Methode für die menschliche Ge

sellschaft, hoffentlich in naher Zukunft, gleich reichliche Früchte tragen und nicht minder den Fortschritt des Menschengeschlechts befördern helfen.

Das Werk, das hiemit dem lesenden Publikum zur Prüfung vorgelegt wird, ist zu rein wissenschaftlichem Zweck abgefasst. Die die Gegenwart beschäftigenden socialen Fragen sind in diesem ersten Theil nur insofern berührt, als sie in den Bereich allgemein wissenschaftlicher Betrachtung fallen, und nur vom wissenschaftlichen Standpunkte aus beleuchtet.

Von

Parteigeist und von einseitiger Tendenziosität, diesen unversöhnlichen Feinden jeder wissenschaftlichen Forschung, hat der Verfasser gesucht sich möglichst fern zu halten.

Die in diesem Theil dargelegten Principe werden dem Autor in der Folge als Basis und Ausgangspunkt für die Lösung derjenigen praktisch-socialen Fragen dienen, von welchen die Gemüther und Leidenschaften der gegenwärtigen Generation so mächtig ergriffen sind.

Wenn diese Arbeit nicht den erhofften Nutzen mit sich bringt, wenn sie nicht dazu beiträgt, das Gebiet der Socialwissenschaft zu erweitern und fester zu begründen, so kann die Ursache nur in der Unzulänglichkeit der Kräfte des Autors und der ihm zu Gebote stehenden Mittel liegen, nicht aber in der Mangelhaftigkeit der Methode und der Haltlosigkeit der Principien, auf die er sich stützte und auf denen, seiner innersten Ueberzeugung nach, das ganze Gebäude der socialen Wissenschaft einzig und allein dauerhaft aufgeführt werden kann.

Einwendungen und Vervollständigungen, zumal wenn sie sich auf genügende Thatsachen, Realitäten, stützen, selbst von entgegengesetzten Standpunkten aus, wird der Verfasser, bei seiner parteilosen, gänzlich nur wissenschaftlichem Interesse gewidmeten Auffassung und Darstellung des Gegenstandes mit Dank beherzigen und nach Kräften verwerthen.

P. L.

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