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Sammelergebnisse allerlei Gedankenverkörperungen, unter denen eine Fülle derjenigen Ideenkeime zu schwellen scheinen, wie sie sich bei höchsten der Culturvölker in den beiden Hemisphären, unter den begünstigteren Bedingungen dieser, zu vollerem Schwunge entfaltet hatten, bei Assyrer, Aegypter, Mayas u. s. w., unter derartigen Reminiscenzen, die unwillkührlich bald an die einen, bald an die anderen, wenn nicht an alle miteinander, erweckt wurden, je nachdem der Blick auf dieses oder das, der glücklich noch im letzten Augenblicke aus dem bevorstehenden Untergange geretteten Stücke fallen mochte.

Klar genug trat es entgegen (schon aus einem Ueberblick dessen, was ausserdem zur Vergleichung vorlag), dass in diesen Schnitzwerken der dem Volke einwohnende Kunstsinn vorwiegend zum Ausdruck gekommen, dass in ihnen die gesammte Denkthätigkeit (soweit überhaupt bereits zur freien Selbstschöpfung gelangt) ihre hauptsächliche Verkörperung gesucht, dass wir hier also die mythologische Spiegelung des Makrokosmos im Mikrokosmos vor uns hätten, (in jenen für Sammlungen verschaffbaren Abdrücken, wie sie eben einst in ethnologischen Museen sich zu proclamiren haben werden), und doppelt werthvoll in diesem Falle, weil, wie bereits erwähnt, aus noch ungetrübter Quelle erlangt, in durchaus eigenartiger Originalität characteristischen Typus'.

Da es sich also um das Religiöse handelte, suchte man, nach gewohnter (und allerdings naheliegender) Schablone, zunächst die Götter, zumal die Magistral-Praecepte und Recepte ethnologischer Handbücher für Polynesien bereits einen ganzen Götterhimmel wohnlich hergerichtet hatten, mit allen Bequemlichkeiten nach classischen Vorbildern.

So reich sich indessen auch die Kategorie der Tempelverzierungen erwies, so kam man doch über diese nur wenig hinaus, und seit den durch factische Beobachtungen mit den Reinigungs-Ceremonien 12) hergestellten Beziehungen, springt gewissermassen ein zündender Funke auf, durch den sich allerlei in gährender Mutterlauge bisher schon schwankende Disjecta membra 13) für einen der in der Ethnologie leitenden Primär-Gedanken krystallinisch zusammenordnen.

Es ergiebt sich also für die ethnische Psychologie eine ElementarCombination, die sich auf der ganzen Erde, in allen Continenten, wiederholt und wiederholend wiederkehrt, in Dutzenden, in Hunderten (und bei fortgehender Materialbeschaffung, soviel dafür noch Zeit, später wahrscheinlich in unzähligen) Beispielen, in vollster Uebereinstimmung unter localen 14) Modificationen (wie von selbst gegeben) bis ins einzelnste Detail, und um bei monotoner Identität nicht durch gleichlautende Repetitionen zu belästigen, könnte es genügen, als auf drei Grundpfeiler (zwischen denen sich ein sogleich die ganze Oberfläche des Globus überspannendes Dreieck ziehen liesse), auf drei Localitäten zu verweisen, die der Koloschen, wie mit Erman's 15) treuer Genauigkeit überliefert, (hoch im Norden nördlicher Hemisphäre), die der Loango

Küste 16) (als selbst gesehen), und dann (in südlicher Hemisphäre) Neu-Irland.

Und für den auf dem objectiven Standpunkt Stellung Nehmenden, (sobald die Sachen also aus der ihnen natürlichen Perspective betrachtet werden), ergiebt sich bald, dass Alles genau so sein muss, wie man es findet, dass es gar nicht anders weder zu erwarten, noch erwartet werden könnte. Alles Seiende ist vernünftig, wenn eben vernünftig angesehen (wenn Vernunft hineingetragen). Je enger der Horizont des Gedankenganges, deste fester zeigen sich die Glieder desselben ineinandergekettet, desto logischer geschlossen für den dadurch Gebundenen, obwohl für den Aussenstehenden natürlich desto absurder (und wenn ein Höherstehender nothwendig so, für ihn).

>Nihil facile reperiatur mulierum profluvio magis monstrificum<, heisst es bei Plinius, und nun folgt eine Aufzählung 17), zwei Capitel in zwei Bücher hindurch, über das Grauenhafte der Gefahren 18), mit welchem aus dem angeführten Grunde die ganze Natur bedroht ist, die Menschheit, in allen Beschäftigungen des täglichen Lebens, ja in ihrer Existenz überhaupt. Das geht aus den Worten selbst hervor: >>Die Fruchtkörner verlieren ihre Keimkraft«, »die Setzlinge sterben ab«, »die Gartenpflanzen verdorren«, »die Früchte fallen von den Bäumen«, »der Glanz der Spiegel wird matt«, »das Eisen wird bröckelig«, »das Elfenbein schwärzt sich«, »das Erz setzt Rost an«, >>Papier wird fleckig«, »Rasirmesser werden stumpf«, »Hunde werden wüthend«, »die Bienen ergreifen die Flucht« u. s. w. 19). Hiermit wohl schon genug, um zu erklären, dass die Naturvölker, auch wenn sie genügsamer gedacht 20) haben mögen, als der hochgebildete Römer zur Prachtperiode der Kaiserzeit, doch aus Selbstvertheidigung bereits sich genöthigt gesehen haben müssen, die Menstruirende mit jeder Art emblematischer Symbole, soviel deren ihre Phantasie nur erzeugen konnte, zu umgeben, als abwehrende Fetische (in Stelle von sol άлorqoлαιoí oder Averrunci). Ja die Aleuten thun noch ein Uebriges, indem sie der Menstruirenden einen breitkrämpigen Hut aufsetzen, (die Delawaren ihr den Kopf verhüllen) 21), da sie ausser dem die Erde vergiftenden Pesthauch, auch dem Himmel sogar schaden könnte, durch den Blick, der besonders in solch kritischen Perioden ein »böser« zu nennen sein wird, (und wie gerade dieser »böse Blick« wieder ein dominirendes Moment in der Vorstellungsweise eines Volkes werden mag, das ist mit der, der Ethnologie noch ebenfalls zur rechten Zeit ermöglichten, Rettung an der Nordwestküste Amerikas vor Augen getreten).

Welche bedeutsame Rolle im Leben der Naturvölker, wie Alles mit den Altersstufen 22) und deren Einfluss auf die socialen 23) Gebräuche Verknüpfte, vornehmlich die Menstruationsperiode, (wie daneben die Jünglingsweihe mit den so vielgestaltigen, und dennoch überall innerlich gleichartigen Geheimgebräuchen zur Feier der Neu

geburt in der Pubertät 24), bei Quojas, Basutos, Alfuren, Australier u. s. w.) nothwendig spielen musste, hatte den mit Ansammlung des Materiales beschäftigten Ethnologen nicht verborgen bleiben können, und so gelangte man nicht nur auf die vielfachen Ueberbleibsel im Volksglauben 25), sondern, neben populären Religionsdeutungen 26), auch auf die nachzitternden Schattenbilder im Alterthume, die sich unter der später verdeckenden Culturschicht (ungeachtet naheliegender Ausschweifungen) 27) hier und da noch schwach erkennen lassen, in Betreff (orientalischer) Reinigungen 28) nicht nur im Allgemeinen, sondern beim genaueren Anschluss an römische Juno 29) sowohl wie Diana, und deren Seitenbild bei den Griechen. Als abgeschlossen 30) hiessen die Jungfrauen (s. Becker) xaranλɛíoro (bei Callim.) oder dalaμενόμεναι und φρουρούμεναι (bei Aristaean).

Als άoxzo (für die Pentaeteris hindurch) wurden beim brauronischen 31) Fest (mit dem Ziegenopfer der Hieropöen) die Mädchen der Artemis geweiht, in buntestgestickten Festkleidern (mit emblematischen Symbolen als abwehrende Fetische).

Dass derartige Auszeichnung im Festgepränge neidisch macht, hat nichts auffälliges, und am Altar der brauronischen Artemis (als Orthia oder Orthosia) wurden (in Sparta) Knaben blutig gegeisselt (um dem Blutfluss der Mädchen zu entsprechen). Zum solchgestaltigen Gedankengang der Naturvölker (oder in prähistorischen Zeiten) könnte sich aus dem der Kinder die entsprechenden Belege entnehmen lassen (in fliegenden Blättern oft genug, und leicht gefunden).

Der Schutz, den die Papua gegen das Drohende des feindlich Bösen in ihren Tempelverzierungen gesucht haben, manifestirt sich unter den auf der ganzen Erde für diesen Zweck identischen Formen, nun auch bei ihnen: in den Masken (wie sich ihre Ueberbleibsel manchmal noch auf der Bühne erhalten) und grausigen Ausstaffirungen jeder Art, in phallischen Symbolen geschlechtlicher Darstellungen, in fletschend grinsenden Gorgonenhäuptern, ausgestreckten Zungen (wie auch auf den Haui der Maori), in Hauerzähnen (zum Seelenfressen bei doppeltem Scheitel in der facies cornuta), und all' derartig stereotyp wiederkehrenden Emblemen mehr, besonders aber auch in einem der hervortretendsten derselben, in der Breitung des Flügelschutzes, dem, wie die Aegypter 32) die Sonne (im »winged globe«)33), so der Papua den Halbmond 34) eingefügt haben, während bei den Assyrern 35) zugleich in der Hand der Mittelfigur ein Pfeil gezückt liegt, (wie auf dem Bogen Apollos als Apotropaios), und dann die Papua wieder den. Kampf des Vogels mit der Schlange 36), der (wie in Garuda's Feindschaft gegen die Naga) alle Continente durchschreitet, zur Verwerthung bringen, und dabei ferner noch auf Uebereinstimmung mit den Azteken gefallen sind, in der Auffassung, unter welcher der Vogel mit der Schlange im Schnabel auf dem mexicanischen Wappen zu sehen.

Als das Charakteristischste der Philosophie, ἡ τῶν ἀρχῶν καὶ airior decontexń (bei Aristoteles), bestimmt Schwegler, »dass sie nicht die Erforschung und Darstellung eines empirisch Gegebenen zum Gegenstand und Zweck hat, wie z. B. die Naturwissenschaft und die Geschichtswissenschaft, sondern vielmehr über die Erfahrung hinausschreitet zur Erforschung der letzten Gründe des realen Seins und Geschehens«<, wofür das Gesetzliche aber nur in den Ergebnissen des thatsächlich Verständlichen hervortreten kann, wie es in inductiver Behandlung der Psychologie, auf Grund des in der Ethnologie beschafften Materiales 37), zur Aufgabe gestellt ist. »Der Jurist z. B. setzt ohne weiteres voraus, dass es Eigenthum giebt« (»der Physiker wendet die Kategorien von Ursache und Wirkung an, aber untersucht. sie nicht«), >>erst die Philosophie stellt Untersuchungen über diese Begriffe und Voraussetzungen an«, wird damit aber nur dann zu einem befriedigenden Ziele gelangen, wenn sie neben der Deduction fortan auch der Induction, welche (s. Gassendi) die Deduction bereits voraussetzt, ihren vollberechtigten Platz (in genetischer Methode) einräumt (wie er jetzt, bei geographischer Ueberschau des Globus, für die Vergleichung aller in der verschiedentlichen Vielfachheit der anthropologischen Provinzen typischen Gedanken-Manifestationen erforderlich wird).

Wenn die Räthselfragen der Existenz herantreten, wie soll der Mensch sie lösen? Nur innerhalb eines Ganzen lässt sich die Werthgrösse des Theils bestimmen. Die Persönlichkeit versteht sich innerhalb der Familien nach den Verwandtschaftsabstufungen, innerhalb staatlicher Gesellschaft nach rechtlicher oder socialer Stellung, wie also innerhalb des Universums? das als unendliches unüberschaubar bleibt, ehe die Leitungen eines unendlichen Calcüls psychologisch gefunden. Versuchen wir zunächst wenigstens den Menschen innerhalb der Abrundung des Globus zu verstehen, eben durch die Ethnologie.

Der Ausgangspunkt ist in der Induction überall dort zu nehmen, wo ein deutlich umschrieben Gegebenes als auffassbar sich vorliegend zeigt, um bei den, unter Relationen möglichen, Gleichungen, nun je nach der Durchbildung der Rechenoperationen zur Lösung höherer Grade vorzuschreiten, und schliesslich vielleicht auch zu unendlichen Reihen.

Dort dagegen, nach bisheriger Vorgehungsweise der Philosophie, im Voraus einen beliebigen Anfang zu statuiren, muss kategorisch abgewiesen bleiben, und insofern zeigen die dahin wieder überleitenden Theorien der Descendenz, einen (nach der glänzend hervorgetretenen Reform im zuerst grundlegenden Werke, desto beklagenswertheren) Abfall von der ächt naturwissenschaftlichen Methode, ein ebenso rathloses Umherirren, wie früher, in dem πρόβλημα περὶ τοῦ ᾠοῦ καὶ τῆς ὄρνιθος, ὁπότερον γένοιτο πρότερον αὐτῶν (Plut.). Betreffs des Menschen handelt es sich nicht um unbestimmte Betrachtungen über seinen Zusammenhang mit anderen Thierklassen, oder gar

mit

den Atomen nebularer Urmaterien, sondern der Ausgang ist zunächst dort zu setzen, wo klar und deutlich die Materialien der Untersuchung vorliegen, in der Wechselwirkung des menschlichen (wie zoologischen oder botanischen) Organismus mit seiner jedesmalig geographischen Provinz, (der anthropologischen für die physische Erscheinung, und der ethnologischen für die psychische). Im langsam vorsichtigen Aufbau mag dann später vielleicht auch das gesammte Terrain des Uebersinnlichen erobert werden, um so in der That eine naturwissenschaftliche Weltanschauung herzustellen, aber wenn bereits die philosophische, welche dadurch (mit dem Beginn am andern Ende) ersetzt werden soll, Jahrtausende zur Erreichung ihrer jetzigen Form verlangt hatte, so lässt sich nicht erwarten, dass die, eine Unmasse weiterer Details ausserdem zu verwenden gezwungene, Weltanschauung der Naturwissenschaft sich von heute auf morgen, oder etwa in ein paar Decennien, bereits fertig stellen lasse.

Das empirische Inductionsverfahren hat in der Ethik mehr selbst noch als in der Physik seine Verwendung zu finden (nach Harms), aber die Geschichte ist keine Natur«, während der psychologische Process, gleich jedem andern, im Natürlichen wurzelt, und bei gesellschaftlicher Erweiterung im Völkergedanken dann eben die Geschichtsentwickelung erfüllt.

Einmengung fremdartiger Elemente in naturgemässe Entwicklung muss sich stets dadurch strafen, dass früher oder später eine mehr weniger gewaltsame Ausscheidung verlangt wird. Die zeitgemässe Wiedererweckung classischer Bildung ward anfangs, von de Cues, Agricola u. s. w., im Sinne volksthümlicher Entwicklung fortgeführt, die sich indess in ihrer religiösen Richtung mit einer kirchlichen Dictatur hatte belasten lassen, mit der zu brechen die Zeit gleichfalls verlangt. Und in solchem Bruche dann, wurde momentan der germanische Geist selbst negirt, weil darin involvirt, indem, temporär, auf anderem Boden erwachsene Denk- und Gesinnungsweise, die griechische, -trotz Mirandola's Protest, dass »nicht über die Mutter der Andromache oder über die Söhne der Niobe, sondern über die tieferen Gründe göttlicher und menschlicher Dinge discutirt werde«, und (im Gegensatz zum deutschen Recht) die römische. Erst die naturgeschichtlich ethnologische Anschauung wird neben der national eigenen Entwicklung jede andere zur vollberechtigten Geltung bringen, unter richtig gesetzmässigen Verhältnissen.

>>Es ist eine Art allgemeiner Mode, besonders unter den Naturforschern unserer Zeit geworden, die Nüchternheit und die Vorsicht anzugreifen, die sich mit der Beobachtung und Einregistrirung der reinen Thatsachen begnügt und sich von allen weitergehenden theoretischen Untersuchungen fern hält, aber neben ihrer »Scheu davor, auch nur im Geringsten über das erfahrungsmässig Gegebene und die

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