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dentenzahl an der kleinen Universität, so daß in einem Jahre eintausendfünfhundert Schüler feinen Hörsaal füllten. Von seinen VorLesungen giebt Miß Brightwell folgende Schilderung:

Luft sah, ja wenn wir wacker lärmten. Seine einzige Besorgnis na wir könnten uns nicht genug unterhalten. Diese Tage, diese Stunte werden nie in meinem Gedächtniß erlöschen und jede Erinnera daran thut meinem Herzen wohl!"

,,Er las über Naturgeschichte, die Heil-Eigenschaften der Pflanzen, außerdem über Diätetik und andere Gegenstände. Sein Vortrag war Linné starb, einundsiebzig Jahr alt, am 10. Januar 1778. G ein Muster von Popularität: eindringlich, belehrend und unterhaltend. Europa betrauerte seinen Verlust und der König von Schweden nahe Einer seiner Zuhörer sagt von ihm: "Die Wissenschaft floß mit in seiner Rede an die Stände Bezug auf seinen Tod und befz. eigener Anmuth von seinen Lippen; er sprach mit einer Ueberzeugung eine Denkmünze zu prägen. Aber seltsam genug ließen es der Kön und einer Klarheit, die ihm die Tiefe seines Wissens und sein glühen- und die Nation zu, daß ein junger Engländer, Sir James Edwar der Eifer verliehen; es war unmöglich, ihn zu hören, ohne gefesselt und Smith, die Bibliothek und das Museum des großen Todter von seiner Begeisterung angesteckt zu werden."" Die Ergebniffe die- 1029 Pfund Sterling an sich kaufte. Diese Erwerbschaft vermific ses seines persönlichen Einflusses lagen auch am Tage. Die gewöhn die Gründung der Linnéischen Gesellschaft zu London, vie aus d liche Zahl der Hochschüler vor ihm war 500 nach seinem Tode Welttheilen die Naturforscher anzieht, da sie die Original-Pflang ging fie auf dieselbe Ziffer herab —; sie stieg unter ihm auf 1000, und Thiere befißt, die in den auf einander folgenden Ausgaben ta und im Jahre 1750, während seines Rektorates, auf 1500. Der Ruhm,,Systema Naturae Linnaei” namentlich aufgeführt find. der Universität verbreitete sich über Europa, ja bis nach Amerifa, und Jünglinge aus allen Ländern strömten dahin. Linné führte seine

England.

Studenten in Feld und Wald, um sie durch lebendige Anschauung Der britische Verein zur Förderung der Wissenschaften, 158.

mit den Naturkindern vertraut zu machen. Während der SommerVorlesungen machte er an ihrer Spiße zweimal in der Woche Ausflüge und war oft von nahe an zweihundert derselben begleitet. Sie gingen in einzelnen Abtheilungen, um verschiedene Striche der Umgegend zu durchsuchen, und so oft Einer eine feltene oder auffallende Pflanze, oder sonst eine Naturmerkwürdigkeit entdeckte, wurde in ein Horn oder eine Trompete gestoßen; die ganze Schaar sammelte fich dann auf dieses Zeichen um den Meister, und lauschte seinen Erklärungen oder Bemerkungen. Nachdem die Nachbarschaft vom frühen Morgen bis zum späten Abend durchsucht war, kehrten sie, von ihrem Lehrer geführt, die Hüte mit Blumen geschmückt, unter Paukenund Trompetenschall durch die Stadt in den botanischen Garten zurück. Diese Blumenjagden erweckten ein so allgemeines Interesse, daß nicht selten Fremde und angesehene Personen aus Stockholm herbeikamen, um Linné und seine Jünglinsschaar zu begleiten."

In späteren Jahren kaufte er ein kleines Grundstück, auf das er sich zurückzog, um in Gesellschaft seiner Frau, seiner Freunde und feiner alten Schüler ein Stillleben zu genießen. Ueber seine Persönlichkeit und seinen Charakter äußert sein weiblicher Biograph:

„Er war, nach seiner eigenen Beschreibung, etwas unter gewöhnlichem Wuchs, von kräftiger, gedrungener Gestalt. Er ging ein wenig gebückt; eine Gewohnheit, die er von der häufigen Stellung bei der Untersuchung der Pflanzen und anderer Gegenstände annahm. Sein großer Kopf saß stark nach hinten im Nacken. Er hatte eine Warze auf der einen Wange. Sein Haar war dunkelbraun, im Alter silberweiß, wo auch seine Stirn sehr gefurcht und runzlig wurde. Seine Augen waren braun, glänzend und durchdringend und sein Gesicht überaus scharf. Sein ebenso scharfes Gehör faßte rasch den leisesten, nur nicht musikalischen Ton, wie er überhaupt an der Musik keinen Gefallen hatte. Er war lebhaften Temperaments; schnell empfänglich für Freude, Sorge und Zorn, nur war der lettere rasch verflogen; allem Streit war er so abgeneigt, daß er niemals auf die zahlreichen Angriffe seiner wissenschaftlichen Gegner antworten mochte. Voll Kraft und Muth in seinen früheren Jahren, behielt er durch das ganze Leben eine rasche und gewandte Beweglichkeit. In seinen Gewohnheiten beobachtete er die strengste Mäßigkeit und Regel. Niemals verschob er etwas, was er jetzt zu thun hatte, und was er im Gedächtniß zu bewahren wünschte, schrieb er sofort nieder. Er hatte nie eine Vorlesung ausgesezt; durch eine strenge Sparsamkeit mit seiner Zeit, durch regelmäßige und genaue Eintheilung der Stunden vollendete er Arbeiten, die als Zeugnisse seiner Talente, seines Scharffinnes und seines Fleißes ewig dauern werden".

Fabricius, einer seiner ausgezeichnetsten Schüler, hat ein ergreifendes Bild von dem Leben hinterlassen, das der große Denker auf seinem Sommersiß führte:

"Im Sommer begleiteten wir ihn aufs Land. Da führten wir ein weit genußreicheres Leben. Wir wohnten dann in einer Meierei, etwa eine Viertel Meile von seinem Landhause zu Hammarby. Er stand früh, meist um 4 Uhr auf. Um sechs Uhr kam er zu uns, weil sein Haus im Bau begriffen war, frühstückte mit uns und hielt uns beliebig lange Vorträge über die natürlichen Bedeutungen der Pflanzen, meist bis 10 Uhr. Dann trieben wir uns in den benachbarten Felsen umber, deren Erzeugnisse uns reiche Unterhaltung boten. Nachmittag gingen wir in seinen Garten und Abends spielten wir in Gesellschaft der Damen Schwedisch-Trisett. Mitunter verbrachte die ganze Familie den ganzen Tag bei uns in der Meierei, dann hielten wir einen Bauer, der auf einem Geigen ähnlichen Instrumente spielte, zu dem wir in der Scheune tanzten. War auch die Gesellschaft klein und die Tänze mehr als ländlich, so ging es doch lustig her. Linné fah dann, feine Pfeife rauchend, dem Tanze zu. Bisweilen, doch selten, machte er einen polnischen Tanz mit, in welchem er uns junge Leute alle überbot. Er ergößte sich höchlich, wenn er uns in rechter

(Fortsegung.)

Nachdem der Redner die Begriffe Affinität und Analogie dak bestimmt hat, daß jene auf eine tiefinnerliche, diese auf eine entfen tere Aehnlichkeit hinweist, fährt er fort: Das Studium der homelogen Theile in einem einzelnen System von Organen, den Knöchen, hat hauptsächlich zu der Erkenntniß des Planes oder zu dem Urtypus der ursprünglichen Thiergruppe, der Wirbelthiere, geführt. Der nächste wichtige Schritt wird sein, die homologen Theile des Nerven-, Muskel-, Athmungs- und Gefäß-Systems, und dann die Verdauungs-, Ausscheidungs- und Zeugungs-Organe in derselben primären Gruppe, oder in demselben ursprünglichen Gebiete zu bestimmen. Es erscheint wichtiger, die Uebereinstimmungen in den Theilen einer Thiergruppe, die nach demselben allgemeinen Plan konstruirt ist, festzustellen, alé die Bezeichnungen der Theile solcher Thiere, deren Bau ein erwiesen ganz anderer Organisationsplan zum Grunde liegt, spekulativ zu be trachten. Was in Bezug auf die homologen Theile bei den Wittels thieren ausgeführt und sich als ersprießlich ergeben hatte, wurde 'aut bei den Gelenkthieren und Mollusken befolgt... Die Homologie zwischen den Gerippentheilen der Gelenkthiere und der Molluste stellte sich indeß als sehr gering heraus. Die Organe, die man be den Insekten und Krustaceen Kinnladen, Arme, Schenkel, Flügel Floffen nennt, find den entsprechenden, ebenso genannten Organen be den Wirbelthieren nur analog. Schwierig ist die Lösung der Frogen, zu denen der Gang der homologistischen Forschungen den phiế sophischen Beobachter unwiderstehlich hinführt; z. B.: haben die Nerven, die Muskeln, die Verdauungs-, Blutumlaufs- und ZeugungsOrganismen in den zwei Primärprovinzen des Thierreichs mehr als Functionsähnlichkeit? Sind die Homologieen ganzer Systeme nach Function und Struktur, oder vielmehr nach Plan und Verlauf ihrer Bildung im Embryo zu beurtheilen? Ist aber auch die Embryologie als Prüfftein der Homologie überschäßt worden, so hat doch das Str dium der thierischen Entwickelung Höchst überraschende und interessant Thatsachen zu Tage gefördert.

In Bezug auf organische Zeugung überhaupt, stellte John Hanter zuerst den Sag auf: Die Fortpflanzung der Gewächse beruht auf zwei Prinzipien: 1) jeder Theil einer Pflanze ist ein Ganzes, so daß sie, so lange sie in unterschiedene Theile trennbar ist, sich zu vervielfältigen fähig ist; 2) einige Theile werden wieder reproduzirende Organe, bringen fruchtbaren Samen hervor." Das erstere Prinzip wirkt, wie Hunter ferner bemerkt, in manchen Thieren, die ihre Gattung durch Augen und Schnittlinge fortseßen; doch mit dem Unterschied, daß es im Thierreich nur bei den unvollkommenen Ordnungen herrscht, bei den Pflanzen dagegen durch alle Schichten sich geltend macht.

Betreffs der alten, sich noch aus Aegypten herschreibenden Hypothese einer generatio aequivoca, die auf die Thatsache fußt, daß in Fleisch, Hirn, Drüsen der höheren Thierordnungen sich parasitische Thierchen entwickeln, neigt sich Owen, mit Hinweisung auf seine „Hunterian Lectures" zu Harvey's Ariom:,, Omne vivum ab ovo".

Unter den glänzendsten Errungenschaften der neuesten Zeit auf diesem Gebiete der Physiologie bezeichnet er die Entdeckungen Kuchenmeister's und von Siebold's. Seitdem, sagt er, man die Entdeckung gemacht, daß sich Gewächse und Thiere auf zwei Wegen fortpflanzen und daß die aus Augen entwickelten Individuen Samen oder Eier hervorbringen, aus welchen auch Jndividuen entspringen können, die wiederum Augen zu treiben fähig find; seitdem diese abwechselnde Zeugungsart in den Fällen, wo die augentreibenden von den eierlegenden Individuen sich sehr in der Form unterscheiden, Forscher, wie Chamiffo und Sars, beobachtet haben, ist dieser Gegenstand systematifirt und verallgemeinert und zugleich der Versuch gemacht worden, das Prinzip zu erklären. Ju von Siebold's neulicher Abhandlung:

,,Wahre Parthenogenesis bei Schmetterlingen und Bienen", wird in höchst interessanter Art die jungfräuliche Zeugung der Drohnen bewiesen. Durch die genauesten mikroskopischen Untersuchungen und Erperimente bestätigte er das Ergebniß, zu dem der Bienenmeister. Dzierzon auf praktischem Wege gelangt ist: daß nämlich die Bienen Eier, die aus schließlich dem mütterlichen Einfluß unterliegen, nur männliche Bienen, dagegen dieselben Eier, wenn sie vom männlichen Samen befruchtet werden, weibliche oder Arbeitsbienen hervorbringen... Die Hydrozoen pflanzen sich, wie die Gewächse, durch Augen oder Samen fort, der im Keimbeutel" enthalten ist; dieser, analog der Pflanzenblüthe bricht aus der Oberfläche hervor. Die erste Bekanntschaft mit diesen Wundern erregte die Hoffnung, daß wir auf dem Punkte stehen, in das Geheimniß des Ursprunges der verschiedenen Thiergattungen zu dringen; allein so weit sich die Beobachtung bis jezt erstreckt hat, ist der Kreis der Verwandlungen endlich geschlossen. Und da Ein wesent licher Schritt in der Reihe der befruchtete Same oder das Ei ist, so gilt das Harveysche Ariom: omne vivum ab ovo, für alle Organismen, welche die unzweideutigen Merkmale der Thiere und Pflanzen an sich tragen....

Die Formverwandlungen, denen der Repräsentant in den nach einanderfolgenden ohne Begattung sich fortpflanzenden Individuen unterliegt, heißen: die „Metagenese" dieser Gattung; die Formverwandlungen dagegen, die der Repräsentant einer Gattung in einem einzelnen Individuum erfährt, heißen die „Metamorphose“. Praktisch indeß ist diese Bezeichnung auf die Zustände beschränkt worden, in welchen das Individuum während gewisser Phasen der Verwandlung, frei und thätig ist, wie, z. B. der Käfer als Raupe, der Frosch als Larve. Mit Bezug auf einige als wesentliche angenommene Unterschiede bei der Metamorphose der Insekten wird angeführt, daß die geradflügeligen Insekten, bevor sie das Ei verlassen, durch alle Stadien gehen, die denen entsprechen, welche die kopf- und fußlose Made des Zweiflüglers, die sechsfüßige Larve des Lauffäfers, und die sechsfüßige, mit Fühlhörnern versehene Larve des Delkäfers zurückLegen. Herr Andrew Murray hat neulich, zur Bestätigung dieser Anficht, einige Thatsachen bekannt gemacht.` Hinter den Ohren eines ihm aus Afrika zugeschickten hölzernen Gözenbildes hatte eine Schabe ihre Eier abgelegt. Es war später von den Eingeborenen mit roher Farbe überstrichen und die Eier völlig bedeckt worden. Ein Insekt hätte nicht auskriechen können, ohne durch die Schale und die Farbenschicht zu brechen; beide aber waren unverlegt. In den Eierschalen entdeckte er nun: 1) eine raupenähnliche Larve im Ei; 2) ein Kokon im Ei, enthaltend das ungeflügelte, unvollkommen entwickelte Insekt; 3) das unbeflügelte, unvollkommen entwickelte Insekt im Ei, von dem Kokon befreit und bereif zum Auskriechen.

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Der Redner weist nun hin auf die täglich neu entdeckten Wunder des Mikroskops, dieses unentbehrlichen Werkzeuges bei embryonischen und histologischen Untersuchungen. Es offenbart und eine dem unbewaffneten Auge unsichtbare Welt zahlloser Thierchen. Wir wissen jest, daß der sogenannte rothe Schnee in den Nord- und AlpenRegionen ein mikroskopischer, einzelliger Organismus ist, der auf der Schneefläche vegetirt. Die Wolken einer ftaubartigen Masse in deu nordamerikanischen Urwäldern sind, wie sich nun ergeben hat, nichts anderes, als die befruchtende Pflanzensubstanz, der sogenante „Blumenstaub", und man nannte fie: Blumenstaubregen. Daneste unter such te mikroskopisch einen ähnlichen Staub der bei Shanghai aus den Wolken fiel und fand, daß er aus dem Samen einer Konferven-Art, wah rscheinlich des ,,Trichodesmium erythraeum" besteht; er vegertirt in dem chinesischen Meer, dem er seine Farbe mittheilt. Schiffe in der Nähe der Kap-Verdischen Inseln wurden mit diesem Staubregen" bedeckt, der unter Ehrenberg's Mikroskop kleine Organismen, besonders „Diatomaceen" zeigte. Ein auf einem Schiffsdeck fünf» hundert Meilen von der afrikanischen Küßte gesammeltes Exemplar enthielt zahlreiche Gattungen von Süßwasser- und Meerdiatomen, die mit den südamerikanischen Formen dieser Organismen eine enge Verwandtschaft haben. In einem Aufsaß der Berliner Abhandlungen" führt Ehrenberg zahlreiche Beispiele anderer Art an; allein hier, wie in anderen Beobachtungen des unermüdlichen Mikroskopikers, sind die gezogenen Schlüffe vielleicht nicht so befriedigend, wie die wohlbeobachteten Prämiffen. Er spekulirt über die sich selbst entwickelnde Kraft der Organismen und der Atmosphäre; stellt die Behauptung auf, diese Staubregen feien weder auf mineralische Stoffe der Erdoberfläche, noch auf wirbelnde Staubmaffen im Raume, noch auf bloße atmosphärische Strömungen, fondern auf irgend ein allgemeines, mit der Atmosphäre unseres Planeten verbundenes Gesetz zurückzuführen; diesem Gefeße gemäß, ist in ihr eine „Selbstentwickelung" lebendiger Organismen vorhanden, und diese Organismen, vermuthet er, stehen in einiger Beziehung zu den periodischen Meteorsteinregen. Die Anwalte der fortschreitenden Entwickelung mögen darin den ersten Schritt in der Reihe aufsteigender Verwandlungen freudig begrüßen. Den unbefangenen Beobachter indeß wird die überraschende Hypothese des

Berliner Professors anfpornen, die atmosphärischen Organismen anhaltender und regelmäßiger zu untersuchen. Einige Untersuchungen jüngster Zeit haben klar bewiesen, daß die Staubregen aus einer Quelle kommen, die Ehrenberg geleugnet hat. Von der Wolke ungreifbaren rothen Staubes, die nach der graphischen Beschreibung Murray's, des englischen Gesandten in Persien, die Luft in Bagdad verdunkelte und die Einwohner mit panischem Schrecken erfüllte, brachte Prof. Duckett, ein erfahrener Mikroskopifer, Einiges unter das Glas, und konnte blos unorganische Theilchen, wie feinen Quarzsand, ohne Spur von Diatomaceen, oder von sonst organischen Substanzen, entdecken. Hier ist also noch ein großes Feld mit der lohnenden Aussicht auf interessante Ergebnisse für mikroskopische Beobachtung.

Beobachtungen der Pflanzencharaktere haben die Erkenntniß der natürlichen Gruppen oder Familien des Pflanzenreiches und eine klare wissenschaftliche Uebersicht dieses großen Naturgebietes angebahnt. Diese Phase der Botanik befähigt uns zu ferneren und ersprießlicheren Generalisationen; unter Anderem zeigt sie uns die Verhältnisse der Pflanzen zu ihren Dertlichkeiten. Das Totale dieser Verhältnisse, die geographische Eintheilung der Pflanzen, beruht auf der vorläufigen Annahme, daß jede Gattung nur Einmal zeitlich und räumlich in's Dasein getreten oder erschaffen worden, und daß ihre gegenwärtige Verbreitung das Ergebniß ihres eigenen Reproductionsgesehes, unter dem begünstigenden oder beschränkenden Einfluß äußerer Umstände, sei. Diese Umstände sind hauptsächlich Temperatur und Feuchtigkeit, die durch die Entfernung von der Wärmequelle und durch die Richtung der Sonnenstrahlen bedingt und von der Höhe über dem Wasserspiegel oder von dem Grad der Luftverdünnung modifizirt find. Der Breitengrad und das Höhenmaß werden ferner modifizirt durch die Luft- und Meerströmungen, welche die Vertheilung der von ihnen eingeschluckten Wärme beeinfluffen. So erzeugen weite Strecken trockenen Landes trockene und extreme Temperaturen, während große Ausdehnungen des Meeres feuchte und gleichmäßige Temperaturen erzeugen. Der Ackerbau wirkt, unmittelbar und mittelbar, auf die geographische Vertheilung der Pflanzen, er verbreitet sie über eine weitere Fläche von gleichmäßigem Klima, vermehrt ihre Production und steigert ihre Fähigkeit, die verschiedenen klimatischen Einflüsse auszuhalten; er bewirkt aber auch örtliche Modificationen des Klima's. Gewisse Pflanzengattungen verlangen zu ihrer Gesundheit mehr absonderliche, andere mehr allgemeine physische Bedingungen, denen gemäß der Umfang ihrer Ausbreitung wechselt. So sind die Pflanzen eines gemäßigten Klima's weiter über die Erdfläche verbreitet, weil sie sich auch auf den hochgelegenen Länderzügen der tropischen Zone heimisch fühlen. Noch ein Gefeß, daß sich auf die Ur-Erscheinung oder Erschaffung der Pflanzen bezieht, hat unter ähnlichen physischen Bedingungen in den verschiedenen Gegenden des Erdkreises verschiedene Arten hervorgebracht. So unterscheiden sich die Pflanzen auf den Höhen Süd-Amerika's von denen auf den Gebirgen Asiens in der Art, meist sogar in der Gattung, so die des gemäßigten Striches Nord-Amerika's von denen desselben europäischen Klima's. Die Kakteen der heißen Regionen Meriko's sind in dem ähnlichen Klima Afrika's durch die Euphorbiaceen_vertreten. Nach den eigenthümlichen, charakteristischen Pflanzenformen, hat man die Erdfläche in 25 Regionen 'getheilt. Der Gründer der Geographie der Pflanzen ist der große Botaniker Robert Brown. (Schluß folgt.)

Schweiz.

Der Luzerner Löwe.

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Das 6., 7. und 8. Heft der militärischen Zeitschrift für Kunst, Wissenschaft und Geschichte des Krieges"") enthält aus derselben Feder (General-Lieutenant v. Webern), aus welcher der kürzlich von uns erwähnte Artikel über das Dappenthal gefloffen war eine Frage, die seitdem auch anderwärts in Nord- und Süd-Deutschland viel zur Sprache gekommen — eine sehr lesenswerthe, hiftorische Abhandlung über,,die Schweizer unter den Bourbons in Frankreich". Wir entlehnen diesem Auffage, in welchem es sich um die Verherrlichung kriegerischer Treue und Tapferkeit handelt, nachstehende Notiz über das bekannte Löwen-Denkmal von Luzern:

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,,Wer jemals in seinem Leben das in seinen ewigen und ruhigen Eisbergen so wunder- und bedeutungsvolle, für die fremden Wanderer aller Zeichen, Zeiten, Ziele und Zungen so anziehende und anregende Schweizerland besucht hat, sei es nun in statistischer oder geognoftischer, in artistischer oder merkanitilischer, sei es endlich in schillernd-romantischer oder taktisch-strategischer Absicht, den fragen wir, ob er sich nicht noch des eigenthümlich-günstigen Eindruckes erinnere, den der Eintritt in die Stadt Luzern und ihre nächste Umgebung in ihm hervorrief? So sehr wir auch fannen, dachten und fragten, wir konnten uns damals im Jahre 1816 oder 1817 - keine Rechenschaft

Berlin, E. S. Mittler u. Sohn. 1858.

darüber geben. Luzern, unweit des Vierwaldstätter See's, an den es fich fanft schmiegt, in der Nähe des Einflusses des Emmen in die Reuß, mit deren bedeckter, in Holbein's Art holzbemalter Brücke, liegt unendlich reizend und romantisch; aber Zürich und Zug und Biel und Bern vielleicht noch mehr, gewiß nicht minder. Es muß daher doch wohl noch etwas Anderes sein. So ist es vielleicht der 5700 Fuß hohe nahe, wetterwendische und wetterverkündende Wächter Pilatus oder der etwas fernere, minder hohe, aber defto gaftlichere und dankbarere Rigi mit der herrlichsten Rundschau auf die drei sich einander überhöhenden und umkränzenden grünen, grauen und weißen Gebirgswände? Wahrscheinlich wird dies dazu beitragen, aber gewiß ist es nicht gerade das. Dann wohl die hohle Gaffe, durch die kome men muß, wer sich von Küßnach naht, oder gar das Schlacht- und Leichenfeld der Heldenväter, das von Sempach hier herüber winkt? Wir glauben, dem Gefühle der Anziehungskraft, die damals Luzern auf uns übte, beinahe schon Worte geben zu können, denn eine geschichtlich-kriegerische Erinnerung, eine Andacht, eine Erhebung, wie man bei großen Bau- und Denkmälern, wie man sie im Kölner oder Freiburger Dom empfindet, weht und heimelt uns hier an. Als wir vier Jahre später Luzern zum zweiten Male besuchten, ward uns die Sache klar und unser gutes Soldatenherz freudig bewegt und erregt. Hier bei Luzern, und nirgend anderswo, konnte und durfte das ihrem Könige und Kriegsherrn bis zum Tode treu und tapfer gebliebenen Schweizer-Märtyrern gewidmete und errichtete Helden-Denkmal stehen. Dem Obersten Pfyffer gebührt das Verdienst, die erste Anregung dazu gegeben zu haben, - aber wie weit war diese noch von der endlichen Ausführung entfernt! Dem gesammten Schweizer-Volk gebührt das Verdienst beharrlicher Ausdauer und uneigennüßigen Gemeinsinnes in dem Anspruch, die erforderlichen Geldmittel nur von und aus Schweizer-Händen zu nehmen und jede fremde Beisteuer abzuweisen. Man wandte sich an Thorwaldsen in Rom um Entwurf und Modell; er kam bald darauf selbst nach der Schweiz und wählte und bestimmte eine auf Kartätschenschußweite von der Stadt Luzern entfernte, in einem ftillen Thale sich thurmhoch und horizontal erhebende Felswand, an die er mit kräftiger, kunstgerechter Hand einen Riesen-Löwen zeichnete, zur Stelle und Stellung, zum Stoff und Sockel des unvergänglichen Schweizer-Denkmals. Wahrlich, hätte Thorwaldsen nichts Anderes geschaffen, als die weiten Umriffe dieses mächtigen Luzerner Steinbildes, er würde nichtsdestoweniger von der Nachwelt als vollendeter Meister erkannt und verehrt werden, er würde in der Geschichte der Kunst seinen Namen unsterblich gemacht haben.

Im Jahre 1820 war am Felfen von Luzern bereits Alles in voller Arbeit, eine Vorhalle und ein mehrstöckiges Gerüst von Holz, auf das man auf Leitern gelangte, erbaut, und Lukas Ahorn, der in der Schule Thorwaldsen's gebildete Meister aus Konstanz, klopfte, hämmerte, meißelte freudig hier mit seinen Gesellen den ganzen Tag. Wir machten damals seine nähere Bekanntschaft, sowie auch die des alten, dem Pariser Blutbade entronnenen SchweizerGardisten Keller, und erfreuten uns deren so, daß wir nach Rückkehr in die Heimat einem freundlichen Bekannten, einem so begabten jungen Dichter, als rüftigen Fußwanderer, der schon längst zu einer Alpenreise entschloffen war, gar sehr zuredeten, einen längeren Aufenthalt, als wohl gewöhnlich von Touristen geschieht, in Luzern zu nehmen, um sich ganz des dortigen geschichtlichen Geistes Wirken, Wehen und Walten theilhaftig zu machen. Es hat ihn wahrlich nicht gereut und uns abermals bewiesen, wie seltsam die Vorsehung zur Beförderung edler Werke ihre Menschen führt. Der erfreute Dichter schreibt später hierüber:")

„Als ich nach Luzern kam, eilte ich sogleich, das noch in Arbeit ftehende und deshalb durch einen Vorbau verdeckte merkwürdige Denk mal zu besuchen. Erwartungsvoll stieg ich die Treppen hinauf und fand, da gerade Mittagszeit die übrigen Arbeiter abgerufen hatte, den Meister Lukas Ahorn noch allein in der Grotte bei seinem Löwen, deffen Kopf und Bruft vollendet aus dem Felsen vordrang und durch das Riesige, ja Ungeheure der Formen mich mit einem fast graufenhaften Gefühle überraschte. Es entging mir nicht, wie sich der Künstler, ein schöner, rüftiger Mann von etwa dreißig Jahren, an diesem Eindruck erfreute; doch als ich ihn vor Tausenden glücklich pries, eine solche beneidenswerthe Gelegenheit gefunden zu haben zur sicheren Verewigung seines Namens, verbreitete sich eine kummervolle Wehmuth über das offene, eben noch so heitere Gesicht, und der edle Meister vertraute mir Folgendes:

""Je höher ich diesen glücklichen Zufall zu schägen weiß, desto tiefer erschüttert mich die Gefahr, der Nachwelt nur ein Bruchstück über

*) Gedichte von August Schumacher (jekt Geheimer Kammerrath in Pyrmont). Arolsen, Speyersche Buchhandlung, 1832. G. 357 ff.

liefern zu können. Das Denkmal ist nämlich auf Unterzeichnung a gefangen; jeßt aber ist das Geld bereits zu Ende, der Eifer for den Gegenstand durch allerlei Einreden erfaltet und daher zu eine neuen Beifteuer gar keine Hoffnung vorhanden. Sieben Monate hab ich raftlos gearbeitet; noch eine gleiche Frist, dann wäre mein Lie fertig und ich ein glücklicher Mensch geworden.""

,,Lukas hatte Thränen in den Augen, und mit einem framme Händedruck verließ ich ihn. Allein mich wollte sein Bild und sen Schmerz auf dem Wege durch die Schweiz nicht verlassen, so weniz, wie ein sehnliches Verlangen und eine geheime Ahnung, hier helfen zu können.

"So entstand das Gedicht:,,Der Luzerner Löwe", welches it Lausanne aus an den Rath von Luzern fandte und darauf sogleic sehr verbindliches Dankschreiben, wie auch nach mehreren Wochen die Nachricht erhielt, daß für die Mittel zur Vollendung der Arbeit tes Denkmals gesorgt sei.

,,Als ich im Jahre 1821 nach Deutschland zurückkehrte, schide mir der Rath von Luzern mehrere gedruckte Exemplare meines Edichts, mit der frohen Kunde: der Löwe sei vollendet. Nie haben Verse einen willkommneren Lohn gebracht." —

Erst im Jahre 1837 waren wir zum dritten Male auf unsc militärischen Wallfahrt durch die Schweiz in Luzern und entzückt a dem Meisterwerk, würdig der Todten und würdig der Lebenden. Haushoch von der Erde ist in dem Felsen eine Vertiefung v 26 Fuß Höhe und 44 Fuß Breite gehauen, welche den Löwen, 18 Ju hoch und 30 Fuß lang, aus demselben Fels gearbeitet, zeigt, wie er, von einem Pfeil in der linken Seite tödtlich getroffen, über Waffentrümmer hinabstürzt und noch sterbend den französischen Lilien-Schild mit seinem Leibe deckt.

Schließen wir mit des Dichters Worten:

دو

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- Neubauten und Restaurationen in Florenz. 3m Lon boner Athenaeum befindet sich eine Korrespondenz aus Florenz von November, worin über den Mangel an geistigem Leben in diesen Hauptstadt starke Klage geführt wird. Nicht blos die Zeit der Me diceer, sondern auch die Leopold's II., des nachmaligen deutschen Kaisers, welcher Toskana wieder zu einem blühenden Lande gemacht, if spurlos verschwunden. Bei einer Bevölkerung von zwei Millionen, werden jezt auf Beförderung des öffentlichen Unterrichts nur etwa 125,000 Thaler jährlich verwendet, während die 16,000 Mann ftarte Armee des Großherzogs ungefähr zwei Millionen Thaler jährlich koftet Die „, Communità" (der Gemeinderath) von Florenz thut allerdings viel für die Verschönerung der Hauptstadt und für die Erhaltung de Baudenkmäler, doch die sonstige Liberalität der Regierung für fok Zwecke wird jezt gänzlich vermißt. Der neue Lung' Arno“, wie z Fortsezung dieses prachtvollen Quai am Arno genannt wird, mit så nen schönen Brücken, seinen imposanten Palästen und malerischen Endpunkten (die Vallombrosanischen Berge auf der einen und das sonnige Val d'Arno an der anderen Seite), entspricht ganz dem grøken Rufe der Schönheit von Florenz, das, was diesen Quai betrifft, nicht seines gleichen in Europa hat. Giotto's berühmter San MicheleThurm, den dieser Meister der mittelalterlichen Kunst ursprünglich als Getraidemagazin für den Kriegsbedarf erbaut hatte, ist mit seinen Bogen-Nischen und seinen Marmor- und Bronze-Statuen der Schußheiligen aller Jnnungen und Zünfte, sowie mit seinem reichen Schmuckwerk an Blumen- und Fruchtstücken, in Medaillons des Bildhauers Luca della Robbia, auf das Würdigste restaurirt. Auch werden einzelne, unvollendet gebliebene Theile dieser Verzierungen fortdauernd neu gearbeitet. Ebenso wird jezt der herrliche Dom von Florenz eine schöne Marmor-Façade erhalten, die ihm an der westlichen Seite biss her gefehlt hat. Es haben zur Auföringung der Kosten dieses Baues freiwillige Subscriptionen im Lande stattgefunden, an deren Spiße der Erbgroßherzog steht, und deren Einzahlungen im Laufe von sechs Jahren nach und nach erfolgen. In der Subscriptions-Aufforderung ist unter Anderem (wie der Korrespondent des Athenaeum berichtet) angedeutet, daß man sich nicht, wie bei anderen Dombauten, an die Hülfe von Juden und Protestanten" wenden wolle. Ein neues Börsengebäude wird übrigens gleichzeitig erbaut, so daß die dort ausgeschlossenen Wohlthäter hier sich betheiligen können. Seltsam genug, wollen die,,Filodrammatici" von Florenz auf dem Vorplage der Börse dem Lustspiel-Dichter Goldoni eine Statue errichten..

Böhendlich erscheinen 3 Nummern. Breie jährlich 3 Tblr. 10 gr., balbjährlich 1 Iblr. 20 Sgt. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Glatt ini Jalande portofrei und in Berlinssrei ins Haus geliefert wird.

No 146.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin ba Beit ų. Comv., Jägerstraße Kr. 25, und beim Spediteur Neumann, Niederwallfir. Nr. 21), fowie von allen 'tönigl. Boft-Uemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

Belgien.

Berlin, Dienstag den 7. Dezember.

Das geistige Eigenthumsrecht und der Kongreß zu Brüffel. Unser leßter Artikel über den italiänischen Buchhandel beschäftigte fich namentlich mit den Erwartungen und Hoffnungen, welche italiänische Fortschrittsmänner an den jüngst gehaltenen Kongreß von Brüffel knüpften, wo bekanntlich die Frage des literarischen Eigenthumes zur Verhandlung gebracht wurde. Die Ausschreibung dieses Kongresses scheint in Italien ein weit lebhafteres und allgemeineres Interesse her vorgerufen zu haben, als bei uns, wenn wir nach den paar dürren und knappen Notizen urtheilen dürfen, die in den öffentlichen Blättern herumschwammen. Natürlich genug! Die Italiäner suchen nach Heilung der tiefliegenden Schäden, der gänzlichen Unordnuug, án denen ihr Buchhandel und geistiges Verkehrsleben krankt; dazu hat der Reiz eines Kongresses, eines Parlamentes, etwas Verführerisches, namentlich für die Angehörigen derjenigen Staaten, bei denen die Deffent lichkeit der Tribüne nicht stattfindet. Auch ist nicht zu verkennen, daß die Unbekanntschaft dieses phantafiereichen und lebhaften Volkes mit der. groben und nackten Prosa, nach welcher im kühlen und mannigfach durchtriebenen Norden alle Dinge bemeffen werden, sie über ihr eigentliches Können und Wollen täuscht und ihnen Hoffnungen und Erwartungen vorspiegelt, die sich auf diesem Wege nicht verwirklichen können. Die Italiäner begeistern¡sich für diese proprietà intellettuale, fie glauben an die belgisch-französische Floskel, von einer hierdurch angebahnten Verbrüderung aller civilifirten Nationen, wie es scheint, mit voller Unschuld.

Wie die Zustände des Buchhandels und Verlagswesens in Italien jezt beschaffen sind, ist nicht abzusehen, wie ihnen aus einem solchen allgemein gewährleisteten geistigen Eigenthumsrechte ein Vortheil erwachsen könne. Um hier mitkonkurriren zu können, müßte eben Italien auf einer anderen Stufe ftehen; denn Konkurrenz ist hier wie da, wie bei Einzelnen so bei ganzen Nationen: die Stärkeren erdrücken die Schwächeren, und in Geldsachen hört die Gemüthlichkeit auf. Glauben die Italiäner, daß französische und belgische Verleger und Literaten diese Sache aus bloßer Begeisterung für die Verbrüderung aller Nationen angeregt?

Industrie-Schriftsteller, Industrie-Künstler, Industrie-Musiker wollen größeren und gesicherteren Erwerb, eine Phalanx gut fituirter Verleger u. f. w. will Kapitalschuß. Das ist des Pudels Kern. Wir haben durchaus nichts dagegen, und finden das nach menschlicher Weise ganz in der Ordnung, weil wir recht gut wiffen, daß der Eigennuß das Haupttriebrad der Welt und der Vater alles materiellen Fortschrittes ist. Diese Herren sehen das Ding prosaisch und geschäftsmäßig an, wie es sein muß in einem soliden Hause, und wenn ein hübsches Etikett darauf geklebt wird, so versteht sich das ebenso von selbst, wie bei der Fleckseife oder der Bartpomade mit ihren rothen und goldenen Arabesken und ihrer französisch-vornehmen Benennung. Wenn die italiänischen Buchhändler selbst den ausgezeichnetften Schriftstellern kein Honorar zahlen, wenn sie eingestandener maßen nur durch Subscriptionen und temporär zusammengetretene Vereine mühsam in den Stand gefeßt werden können, ihre Werke zu veröffentlichen, was können sie von einem internationalen geistigen Eigenthumsrechte für Vortheile ziehen? Was nügt mir das Recht, wenn ich kein Geld dafür erhalte?! Andere, beffer fituirte Herren, namentlich die Pariser Romanschreiber u. f. w., wünschen eben deshalb, weil fie Geld bekommen, das Recht anerkannt; denn auf diese Weise würden sie noch mehr Geld bekommen. Wenn das internationale Eigen thumsrecht: anerkannt ist, dann kann z. B. nicht mehr Herr...ini in Neapel, oder Herr...ucci in Livorno ein beliebtes Theaterstück, einen französischen Roman so ungenirt nachbrucken, wie bisher. Den genannten Herren bringt es also Schaden; seinen Landsleuten aber, die ihr Geld nach Frankreich schicken, keinen Rußen. Zuleßt läßt man aber doch am liebsten seine Landsleute leben.: Dder wollen die ita liänischen Autoren fortan ihre Verleger im Auslande, etwa in Paris,

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1858.

Mit der Honorar

Brüffel, Leipzig suchen? Da würden das Nifiko der Verleger, die Schwierigkeit des Vertriebes nach Italien u. f. w. doch manche Hinderniffe in den Weg legen. Wie gesagt, so weit wir, aus der Ferne und nur nach den Aussagen der Einheimischen urtheilend, die Sache überblicken können, kann den Italiänern, wenn sie praktischen Verstand haben, gar nichts daran gelegen sein, schon jest in irgend welchen internationalen Verband dieser Art einzutreten. Wenn sie es vor der Hand dahin bringen, in Italien selbst beffere Zustände herbeizuführen, namentlich aber den einzelnen Autor und Verleger vor Nachdruck zu sichern, so ist schon viel gewonnen. Wenn der Nachdruck unterdrückt werden kann, durch gefeßliche Mittel und gleichförmige Polizei der verschiedenen Staaten, so werden sich auch allmählich Verleger finden, die etwas daran wagen, die Honorar zahlen 2c. zahlung ergiebt sich dann das geistige Eigenthumsrecht. Denn der. Preis literarischer und künstlerischer Werke ist ein rein imaginärer, der durch die Umstände bestimmt wird. Der Werth eines Buches, Kunstwerkes u. dgl. hängt weit mehr, als jeder andere Gegenstand, von Verhältniffen und Konjunkturen, namentlich von dem Geschmacke des Publikums, ab, und danach bemißt sich natürlich auch der Werth des Rechtes, der faktisch in vielen Fällen unter Null sein kann, selbst bei den größten inneren Vorzügen. Die Geschichte von verhungerten Genies, von verkannten Künstlern, von der Unverständigkeit des Publikums ist so alt, als Menschen zurückdenken können. Es scheint uns aber ungerechtfertigt, zu glauben und zu erwarten, daß die staatliche Gewährleistung eines allgemeinen geistigen Eigenthumsrechtes hierin besonders viel ändern und etwa einen bestimmten Werth des Preiswürdigen herbeiführen werde. Dieses Recht ist vorläufig nur für die jenigen, die bereits im Befiße sind, für gelesene Schriftsteller, gefeierte Künstler und wohlhabende Geschäftsleute, nicht aber für verlegerlose Literaten, arme Maler und Musiker, welche leicht in eine noch schlimmere Lage kommen können, weil die Kafte der Privilegirten sie erdrückt oder ausschließt. Welchen Werth man auch der Verbrüderung aller Buch- und Kunsthändler beilegen mag, für die Italiäner scheint es vortheilhafter, wenn sie zuerst im Kleinen anfangen und in ihrem Lande, vielleicht erst in einem Staate, eine feste Ordnung be-. gründen. Wenn die italiänischen Verleger und Buchhändler erst eine solide Körperschaft bilden, ist der Anschluß an das Ausland und an das internationale Schußrecht eine leichte Sache.

Die Italiäner waren auf dem Kongreffe, der bekanntlich Ende September stattfand, überaus zahlreich vertreten: alle die Akademieen und Akademiechen, die einen Namen und keinen haben, hatten ihre Abgeordneten geschickt, nätürlich mit Ausnahme des Königreichs Neapel; ob auch des Kirchenstaates, wissen wir nicht. Da waren Abgeordnete der Georgophilen und der Akademie della Crusca in Florenz, Abgeordnete der Akademie der Wissenschaften von Turin, der Ligurischen. von Genua, des Athenäums von Venedig, der Kunstakademieen von Pa-i dua, Verona, Mantua, Vicenza, Bergamo. Außerdem hatte die fardinische Regierung den Baron Jaquemond, die parmesanische den Ritter Martini hingeschickt. Der Berichterstatter des Crepuscolo scheint von der glänzenden Aufnahme der Fremden in Brüssel sehr erbaut zu sein, obgleich eigentliche Feste, Bankette und Theatervorstellungen nicht stattfanden. Der König selbst wohnte einer der Sigungen bei, während der Minister Rogier, als Ehrenpräsident, bei keiner derselben fehlte. Die Zirkel von Brüffel waren allen Kongreß-Mitgliedern geöffnet und die artistisch-literarische Gesellschaft gab ihnen zu Ehren eine prächtige musikalische Soirée, auf welcher Herr von Brouckère, der. Bürgermeister von Brüffel, die Honneurs machte. Ebenso vereinigte. sie ein Abendbrod beim Minister des Innern, und am 29. September fand ein festliches Bankett statt,,,wo unter den Loaften und Lebehochs die Brüderlichkeit der von so verschiedenen Nationen Zusammengekommenen verkittet wurde, und wo man die Proclamation des Prin-. zips feierte, das aus: langen und verwirrten Debatten hervortrat.( Die offiziellen Abgeordneten der verschiedenen Staaten wurden ferner: zu einem Frühstück beim Könige eingeladen u. f. w.

Der Kongreß selbst wurde, wie das Ausschreiben bestimmt hatte,

am 27ften eröffnet und mehr als dreihundert Mitglieder wohnten der Sigung bei. Das Comité, welches die Vorarbeiten gemacht und eine Tagesordnung entworfen, wurde in seinen Functionen bestätigt, und Herr Charles Faider eröffnete als Präsident die Sigung mit einer war. men Ansprache, worin er die Absicht des Kongreffes nochmals auseinanderseßte und die Gerechtigkeit und Nothwendigkeit des Prinzipes erwies, das hier festgestellt werden sollte. Der Secretair Romberg erstattete hierauf Bericht über die Arbeiten des Comité's und die geschehenen Mittheilungen. Hierauf theilte sich der Kongreß, gemäß dem Programm, in fünf Sectionen, und die Sonderberathungen nahmen ihren Anfang. Ehe die allgemeine Versammlung sich trennte, schlug Jemand als Gegenstand der Berathung für die zweite Sizung die Frage vor: „Von welcher Natur sind die Rechte des Autors?" Sie wurde abgelehnt. Allerdings ist sie etwas philosophisch, aber sie scheint doch gerade den Haupt- und Knotenpunkt zu enthalten. Es wäre (fagt unser italiänischer Berichterstatter) um so vortheilhafter gewesen, diese Frage zu lösen, als das Programm des Comité's, auf dessen Spuren der Kongres wandeln sollte, nicht das geordnetfte und vollständigste war, und, wie es in der That geschah, zu Mißverständnissen und Widersprüchen Anlaß geben konnte, ja öfter sogar zu Abschweifungen und Declamationen, die nicht geeignet waren, zu einem praktischen Resultate zu führen. Es war dies der große Uebelstand des Kongresses, ein Uebelstand übrigens, der fast unvermeidlich sein mußte bei einer Zusammenkunft von Personen, so verschieden, so entgegengesezt an Meinungen und Intereffen, verschieden an Vaterland und Sprache und zur Behandlung eines Gegenstandes zusammengekommen. der noch nicht hinlänglich bekannt und durchdacht ist, um eine regelrechte Besprechung zu ermöglichen. Jeder der Anwesenden, und es waren deren, wie gesagt, Hunderte, brachte dort die Frucht seiner Forschungen und seiner Ueberzeugungen zu Markt, und suchte sie, wenn nicht geltend zu machen, so doch zur Kenntniß der Anderen zu bringen; besonders hatte jeder der Abgeordneten der verschiedenen hier vertretenen Staaten im Namen seines Landes zu sprechen und den Zustand der betreffen den Gefeßgebung hinsichtlich des geistigen Eigenthumes aus einander zu sehen.

,,Und doch wurde durch diese Abgeordneten viel kostbare Zeit verloren, indem sie erzählten, was die Kongreß- Mitglieder: bereits wuß ten oder wissen sollten, und gern die Gelegenheit ergriffen, einige Redensarten zu machen, um Beifallsbezeigungen zu erwecken. Es verstand sich eben in den Bedingungen des Mandates von selbst, daß der Abgeordnete einer Regierung seine Gegenwart in den Sigungen bemerklich und seinen Absendern Ehre machen sollte. Man kann sich denken, daß Keiner darauf Verzicht leisten wollte. Aber was wichtig gewesen wäre, d. h. wenn sie irgend welche besondere Mittheilung oder neue Vorschläge gemacht und die Aufmerksamkeit des Kongresses auf einen in der Gesetzgebung weniger berücksichtigten Punkt gelenkt hätten, das wurde von Niemanden gethan."

Unser Italiäner führt dann mehrere Beispiele an, wo einige seiner Landsleute mit wichtigen Vorschlägen nicht zu Worte kommen konnten; z. B. der Abgeordnete von Parma, Ritter Martini, der die Aufmerksamkeit auf die seit kurzem so emporkommende Vervielfältigung von Bildern durch Photographie lenken wollte, aber sich begnügen mußte, seinen Vorschlag im Moniteur einrücken zu lassen. Auch scheinen die Musiker auf dem Kongreffe nur eine sehr sekundäre Berückfichtigung erfahren zu haben, was für die Italiäner um so unangenehmer sein mußte, als gerade dieser Industriezweig, der Verlag musikalischer Werke, in Italien eine höhere Stelle einnimmt, als der Buchhandel. Es befanden sich mehrere der größeren Musikverleger aus Mailand auf dem Kongresse. Nicht viel beffer scheint es den bildenden Künstlern und Kunsthändlern ergangen zu sein; der eigent liche Buchhandel wog durchaus vor und die Intereffen der Maler, Bildhauer und Musiker fanden zu wenig Verständniß bei der Mehrzahl der Versammelten. (Fortseßung folgt.)

England.

Der britische Verein zur Förderung der Wissenschaften, 1858. (Schluß.)

Im Meere ist das organische Leben in der Thierform entwickelter und mannigfaltiger, als in der Pflanzenform. Beobachtungen der Seethiere und ihrer Dertlichkeiten haben, darauf hingeleitet, auch hier, analog der Pflanzenwelt, die geographische Vertheilung auf ein Gesetz zurückzuführen. Edward Forbes hat nach der perpendikulären Richtung fünf Zonen der Tiefe aufgestellt: 1) die littorale (mit dem Ufer in gleicher Höhe);:: 2) die circumlittorale (unterhalb der vorigen) 3) die mediane (in gleichen Abständen von dem Spiegel und dem Grunde); 4) die inframediane (unter der vorigen); 5) die abyffale (die auf tiefstem Meeresgrund). Freilich bleibt hier der Beobachtung und dem Studium noch ein großes Feld, bevor man zu einer gesicherten und vollkommenen Theorie gelangt; indeß sind die auf dem Wege dahin

schon gewonnenen Ergebnisse von schäßbarem praktischem Werthe. Ein Schaalthier, eine Seeneffel, deren Beziehungen zur Tiefe erkannt sind, bieten dem Seefahrer eine wichtige Kunde oder Warnung. Der Geologe erhält damit einen Schlüssel zur Bestimmung der Seetiefe.

Die Geologie hat den Kreis der Roß- und Elephantenfamilien in den vorgeschichtlichen Perioden sehr erweitert. Eine Art des Rosses, das den amerikanischen Eingeborenen beim Erscheinen der spanischen Eroberer als etwas Niegeschautes in Schrecken seßte, war ein Zeitgenoß des Megatheriums und des Megalonyr in Süd- und NordAmerika und erlosch anscheinend mit diesen Arten zugleich vor der Periode der Menschenbildung. Die Elephanten hängen in Bezug auf ihre Nahrung von den Bäumen ab, die eine Art findet nun ihre Subsistenzmittel in den reichen Waldungen des tropischen Asiens, die andere in denen des tropischen Afrika's. Warum, dürfte man hier fragen, hätte nicht eine dritte Art von der bei weitem üppigeren Vegetation im tropischen Amerika leben können? Die Geologie sagt uns, daß mindestens zwei Elephantenfamilien (Mastodon Audium und M. Humboldtii) gemeinschaftlich mit den Megatherien ihren Unterhalt aus dieser reichen Quelle gezogen haben. Wir dürfen weiter schließen, daß die großen ununterbrochenen Wälder und die Abwesenheit tödtlicher Feinde die Hauptursachen waren, daß das Elephantengeschlecht über die ganze Erde verbreitet war... Noch wichtigere und unerwartetere Thatsachen hat die Geologie in Bezug auf die Beutelthiere zu Tage gefördert. In den tertiären Ablagerungen Frankreichs und Englands fand man Beutelthierfossilien von der amerikanischen Gattung Didelphys. Ueberreste von Beutelthieren, die mit der auftralischen Gattung Hypsipromnus verwandt sind, fanden sich in den oberen Dolithen der Insel Purbeck, sowie Vertreter der australischen Gattungen Myrmicobius und Dasyurus in den unteren Dolithen von Stonefield und Orfordshire. Es könnte demnach scheinen, daß je tiefer wir in die Erde dringen oder je weiter wir in die Zeit zurückgehen, desto vollständiger sieht sich der Thierstaat von dem gegenwärtigen Geseß der geographischen Vertheilung befreit. Wenn das gegenwärtige Geseß der geographischen Vertheilung von der gegenwärtigen Gestalt und Lage der Festländer und Inseln abhängi: welch eine Umwandlung des geographischen Charakters muß die Erdoberfläche erfahren haben, seitdem der,,Stonefield-Schiefer“ in der heutigen Grafschaft Orfordshire abgelagert worden!

Diese und ähnliche Betrachtungen über die Modificationen der. geographischen Vertheilung der eigenthümlichen Thier-Formen und Gruppen müffen uns bei der. Bestimmung der ursprünglichen ontologischen Eintheilung der Erdoberfläche sehr behutsam machen. Einige der jüngsten Beiträge zu diesem höchst interessanten Zweig der Naturgeschichte waren das Ergebniß der Forschungen, ob und wie viel unterschiedene Schöpfungen von Pflanzen und Thieren stattgefunden haben.. Doch möchte hier zu erinnern sein, daß die Entdeckung zweier Erdtheile, deren Faunen und Floren beziehungsweise verschieden sind, keinesweges die erforderliche sichere Grundlage für den Schluß auf unterschiedene Schöpfungsakte darbietet. unterschiedene Schöpfungsakte darbietet. Ein solcher: Schluß steht noch in Verbindung mit der Idee des geschichtlichen Datums der Schöpfungsakte; er seht voraus, daß der Theil des so botanisch und zoologisch durchforschten Erdtheiles eine besondere und ursprüngliche Schöpfung gewesen sei, daß deffen geographische Gränzen und Phyfiognomie noch immer in der Hauptsache so sind, wie sie von dent Werde-Wort hervorgerufen waren. Allein die Geologie hat bewiesen, daß dies keinesweges bei denjenigen Partieen der trockenen Erdfläche der Fall sei, die jest Festland und Inseln heißen. Es hat vielmehr Perioden gegeben, in welchen die Verhältnisse von Land und See stets gewechselt haben.

Schon hat man einen Anfang gemacht, in den geologischen Karten die Richtungen und Gestalten der untergesunkenen Strecken, die einst Jufeln zu Kontinenten verbanden, zu verzeichnen und die allmählich fortschreitenden Veränderungen der Erdoberfläche zur Anschauung zu bringen. Diese Erscheinungen erschüttern unsere Zuversicht auf den Schluß, daß das Apteryx auf Neuseeland und das rothe Haselhuhn (Tetrao scoticus) in England unterschiedene Schöpfungen auf und für diese beiden Inseln waren. Es ist ferner stets zu bedenken, daß der Zoologe unter dem Worte,,Schöpfung“ einen „,ihm unbekannten Prozeß“ versteht. Die sekundären Ursachen, die da wirks ten nachdem die Erde aufgehen ließ Gras und Kraut, das sich bes same, ein Jegliches nach seiner Art“, und nachdem „das Wasser fich erregte mit webenden und lebendigen Thieren", bie hat die Wissen schaft noch bis jeht nicht festgestellt. Und angenommen, Beides, die Thatsache und der Gesammtprozeß der sogenannten „generatio spontanea" eines Baumes oder eines Fisches wären wissenschaftlich bewiesen, so würden wir immer den Gedanken festhalten müssen, daß der Prozeß hervorgegangen und angeordnet ist von einer allweisen und allmächtigen ersten Ursache aller Dinge. Mit der „unterschiedenen Schöpfung" drückt demnach der Geologe nichts weit aus, als fein Nichtwiffen der Beziehung zwischen dem Tetrao scoticus und de

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