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1795.

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Dies Schauspiel wird im sechsten Hefte fortgesezt; aber noch nicht geschlossen; ein etwas unbequemer Umstand bey Werken dieser Art, für die lieber der Raum eines ganzen Hefts gewährt werden sollte. Es ist zu unangenehm, bey erregtem Interesse für ein Schauspiel auf einmal abbrechen, und Monate lang auf die neue Anknüpfung des Fadens harren zu müssen. Eine glückliche Probe von einer Uebersehung Virgils in achtzeiligen Stanzen: Die Seefahrt von Troja nach Karthago, aus dem dritten Buche der Aeneis, verdiente ganz ausgeführt zu werden. Man hätte wirklich mehr Abänderung des ganzen Charakters dieser Epopöe durch diese Aenderung und Modernisirung ihrer Form erwarten sollen, als Rec. zu seinem Vergnügen an dieser Probe wahrgenommen hat. Die Uebersetzung des Platonischen Gastmahls wird in diesem Stücke geschlossen, welches zulezt noch die Minneköniginn und die schwarzen Schwestern, Bruchstücke aus einer abentheuerlichen Geschichte, enthält, mit phantasiereicher Wärme erzählt.

Neue allgemeine deutsche Bibliothek, Kiel, 1795, 19. Band, 1. Stück, pag. 260-261.

Neue Thalia, herausgegeben von Schiller. Dritter Band, welcher das erste bis dritte Stück enthält. Leipzig, bei Göschen. 1793. 394 Seiten in 8.

Der Inhalt des ersten Hefts: I. Reise auf den Montonvert zu dem Eismeer und zu der Quelle des Arveiron in den Savoyer Alpen; im August 1792; eine interessante Schilderung großer und auffallender Naturscenen. Aus dem zwölften Stücke der älteren Thalia erinnert man sich vielleicht noch mit Vergnügen eines Dialogs: Minner und seine Freunde, dieser wird hier fortgesezt, aber noch nicht geendigt. Der Abschied des Leonidas, von seiner Gattin und seinen Kindern, aus dem ersten Buche dieses Gedichts von Glover, nach der neuesten Londoner Ausgabe, in zehnfilbige Jamben von W. Fink übersetzt. Ferner, der Anfang des ersten Gesanges von Ariost's rasendem Roland, gleichfalls in das Silbenmaaß des Originals,

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in achtzeilige gereimte Stanzen, überseßt und mit D. unterzeichnet. 1795. Hier sind die beyden ersten Stanzen zur Probe:

Von Frauen sing' ich euch, von Rittern und von Schlachten,
Von. Edelfitte, von der Liebe Glück und Quaal,

Von Thaten, die erstaunen machten,

Zur Zeit, als Mauren ohne Zahl,

Bewaffnet durch die Wuth, die Agramant durchglühte,

Auf Gallien den wilden Sturm gethan,

Zu rächen den erschlagenen Trojan
An Kaiser Karls verwüstetem Gebiete.

Auch will ich euch von Roland Dinge melden,
Die man in Reim und Profa nie gehört,
Wie Liebe den Verständigsten der Helden
In einen Rasenden und Thoren umgekehrt

Wenn die, die mir dasselbe Schicksal zugetheilet,
Die unermüdet, Tag vor Tag,

An meinem dünnen Wiße feilet,

Mir anders so viel läßt, daß ich es enden mag.

Zwey schöne elegische Gedichte, deren lezteres wohl den Vorzug verdienet, machen den Schluß dieses Stücks.

Im zweyten Stücke dieses Jahrgangs findet man: 1) Den Einsiedler, an die Fürstin von Dessau gerichtet. 2) eine schäßbare ästhetische Abhandlung über Anmuth und Würde. 3) über Schönheit; ein Fragment an Ida. 4) Nachruf an Seume.

Den Anfang des dritten Stücks macht ein Brief über eine im Junius 1793 gemachte Reise auf den Vesuv; dann ein erzählendes Gedicht, der Wilde, von Seume; ferner, Schwärmeregen und ernsthafte Launen aus dem Tagebuch eines einsamen Wanderers. Die Reise geht hier von Jena nach Heidelberg, und soll noch fortgesezt werden. Der Verf. hat sich R. unterzeichnet. Ein Gedicht über Gefühl. Die Aussichten des verklärten Kleists in die Schöpfung; oder achter und neunter Gesang der Borussias, von Hrn. Prediger Jenisch in Berlin. Zuleht noch der Anfang einer Abhandlung vom

1795. Erhabenen, zur weitern Ausführung einiger Kantischer Ideen, mit S. unterschrieben.

Str.

Neue allgemeine deutsche Bibliothek, Kiel, 1795, 19. Band,

2. Stück, pag. 261-263.

An Herrn M**
Vierter Brief.

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So oft mir ein neuer Meßkatalog in die Hände fällt, erinnere ich mich der prophetischen Worte, welche Sie kurz vor unserer Trennung aussprachen: Es werde mit der Litteratur unseres Vaterlandes bald dahin gelangen, daß sie weder ihre Gebrechen, noch eine Heilung derselben ertragen könne. *) Damals schienen mir Ihre Besorgnisse ungegründet. Ich sah nur die Blüthe der deutschen Schriftstellerey, und ich hoffte, daß sich das Unkraut schon von selbst verliehren würde. Ich rechnete Ihnen die Menge vortreflicher Köpfe unseres Vaterlandes vor, und suchte Ihnen zu beweisen, daß die Schriften derselben in kurzer Zeit den guten Geschmack so allgemein verbreiten müßten, daß dadurch der Vertrieb der schlechten, ja selbst der mittelmäßigen Produkte unmöglich gemacht werden würde. Die schlechten Schriftsteller werden gezwungen seyn, zu schweigen, seßte ich hinzu, wenn sich niemand mehr finden wird, der ihr Geschwät anhören will; sie werden ihre Hände zu nüßlichern und angemessenern Beschäftigungen darbieten; die Anzahl der Bücher wird sich vermindern, und das Gute wird leichter zu bemerken seyn, wenn es nicht von so vielem Mittelgute umgeben ist. Dieses wird den Wetteifer der guten Köpfe noch mehr beleben; sie werden ihren Eifer noch reichlicher belohnt, und sich in den Stand gesezt sehn, mit größerer Muße und Ruhe an der Vollendung ihres Geistes und ihrer Werke zu arbeiten. Diese Werke werden Meisterstücke seyn. An ihnen werden fähige Köpfe die Regeln der Kunst und des Geschmackes lernen; durch sie wird in empfänglichen Gemüthern der Funke des Genies geweckt werden; und bald wird es auf dem Gebiete der Wissenschaften und Künste keine Gegend mehr geben, die nicht von Deutschen mit Erfolg bearbeitet und angebaut wäre.

Das Lächeln, mit welchem Sie diese Tirade beantworteten, 1795. hat sich seitdem meiner Einbildungskraft oft wieder dargestellt, aber nie ohne eine kleine Schamröthe auf meiner Stirn hervor zu treiben. Ich war damals um zehn Jahre jünger, und meine Einbildungskraft nahm einen leichten und jugendlichen Flug. Ich träumte gern, und träumte jederzeit angenehm. Ich habe mich tausendmal betrogen. Aber was schadet es? Auch täuschende Träume sind nicht ohne Genuß.

Das, was ich hoffte, ist freylich nicht in Erfüllung gegangen. Die Anzahl der mittelmäßigen und schlechten Schriften hat sich auf eine unglaubliche Weise vermehrt; diese Vermehrung hat selbst die bessern Schriftsteller zu einer gewissen Vielschreiberey fortgeriffen, und wer nach Celebrität strebte, mußte wenigstens dafür sorgen, daß sein Name in den gelehrten Jahrbüchern recht oft genannt würde. Die Produkte der einen Messe werden von den Produkten der nächstfolgenden verschlungen; und die unaufhaltsame, immer verstärkte Fluth reißt wahrscheinlich manches gute und geistreiche Buch mit sich fort, das, kaum entstanden, schon von dem Wirbel ergriffen und in den Abgrund der Vergessenheit hinabgezogen wird.

Die guten Schriftsteller sind demnach fast wieder in dem. nemlichen Falle, in welchem sie zu den Zeiten der weichenden Barbareh gewesen sind. So wie damals mancher glückliche und große Gedanke zur Erde fiel, weil niemand war, der ihn auffing, und manches geistreiche Werk erst lange nach dem Tode seines Verfassers Leser und Bewunderer fand, weil der Verkehr so gering und der empfänglichen Gemüther so wenige waren; so verschwindet auch jezt manches Gute und Große, aus einem ganz entgegengesetzten Grunde und unter ganz veränderten Umständen. So berühren sich die äußersten Enden auch in diesem Falle. Wie damals, so bedarf es auch jezt keines gemeinen Muthes, ein Werk, auf welches der Fleiß vieler Tage und Nächte gewendet, bey welchem vielleicht Gesundheit und Kräfte zugesezt worden sind, mitten auf den weiten Ocean zu schleudern, und es der Regierung des Zufalls zu überlassen, ob es ein günstiger Wind in den Hafen der Unsterblichkeit führen soll. Würde es also wohl ein Wunder seyn, wenn die bessern Köpfe der Nation ihre Kräfte sparten und mit einem geringern Aufwand von Zeit und Geist, ihre Talente in ein sicheres Capital verwandelten, ohne

1795. fich weiter um die Spiele des Zufalls und den unsichern Gewinn einer oft allzuspäten Bewunderung zu kümmern? Auch breitet sich in der That diese Denkungsart täglich weiter aus. Man fängt an, das Urtheil des Publikums gering zu achten; der Gedanke an die Nachwelt wird lächerlich gemacht; und man bemüht fich, gegen die Stimme seiner eigenen Beurtheilungskraft taub zu werden. Würden diese Gesinnungen allgemein, so wäre es um die Litteratur und alle ihre Vortheile gethan. Aber dafür, glaube ich, hat der Himmel zum Besten der Menschheit gesorgt. Der göttliche Funke in der Brust der Menschen wird nie ganz verlöschen; und, wie tief wir auch in Eigennuß und Verderbniß hinabsinken mögen, so wird es doch noch edle Geister geben, die sich aus dieser Niedrigkeit erheben, und ihren Flug durch die Aussicht in die Gefilde der Unsterblichkeit stärken.

Diese Hoffnungen, welche auf den Glauben an die Würde der menschlichen Natur gegründet sind, kann ich Ihnen getrost äußern, weil ich in meinem Innersten überzeugt bin, daß Sie dieselben so wenig als den Grund, auf welchem sie ruhen, aufgeben werden. Was aber an mir liegt, diesen Glauben in Ihnen zu erhalten und zu stärken, will ich nicht unterlassen anzuwenden. Und noch brauche ich, dem Himmel sey Dank, nicht verlegen und ängstlich nach den Mitteln dazu umher zu sehn. Ich bemerke noch eine nahmhafte Anzahl von Schriftstellern, welche mit Achtung gegen das Publikum, und was noch mehr sagen will, mit Achtung gegen sich selbst, das Feld der Wissenschaften bearbeiten. Manche derselben haben es sogar versucht, Eroberungen in solchen Gegenden desselben zu machen, die wir bisher nur mit einem unglücklichen oder höchst zweifelhaften Erfolge betreten hatten.

Eine Gegend dieser Art war das Gebiet der Geschichte. Sie wißen, wie ich dieses meynen kann. Die Verdienste unserer großen Geschichtsforscher wird noch die Nachwelt dankbar verehren; aber sie streuten erst den Saamen aus, von welchem wir bisher noch keine oder doch nur sehr sparsame Früchte zu sehn betamen. Diese Früchte fangen nun doch allmählich zu reifen an. Die Philosophie und der Geschmack bemächtigen sich der formlosen Massen, welche der Fleiß der vorigen Zeiten aufgehäuft hat. Man sucht nicht mehr blos das Wissen zu vermehren, ohne das Denken zu befördern. Man wählt höhere

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