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Ng No 138.

für die

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Literatur des Auslande s.

Nord-Amerika.

Dr. Kane's

Berlin, Sonnabend den 17. November

Bericht über seine Entdeckungen in der Polar-Region. *) Die leßte der Expeditionen zur Aufsuchung Sir John Franklin's ist im vorigen Monat glücklich zurückgekehrt. Dr. Kane, der sie befehligte, hatte am 31. Mai 1853 auf der Brigg „Advance“ mit einer kleinen, aber auserwählten Mannschaft den Hafen von New-York verlaffen. Der offizielle Bericht, welchen er dem amerikanischen Marine-Secretair über das Ergebniß derselben überschickte, lautet folgendermaßen:

,,Unsere kleine Gesellschaft ist gesund und wohlbehalten zurück. gekehrt. Wir erreichten die dänische Niederlassung Upernavik am 6. Auguft nach einer beschwerlichen Reise von 1300 Meilen. Während dieser Reise, die wir abwechselnd in Böten auf dem Wasser und in Schlitten über das Eis machten, ernährten wir uns ausschließlich von der Beute unserer Flinten. Wir brachten 84 Tage unter freiem Himmel zu, bevor wir den genannten Hafen erreichten.

„Ich habe die Ehre, Ihnen hiermit einen in der Eil entworfenen Umriß unserer Operationen und der Ergebnisse derselben vorzulegen, dem bald ausführlichere Mittheilungen folgen sollen. Meine früheren Depeschen meldeten dem Departement unsere Ankunft in den nörd lichen Niederlassungen von Grönland. Von da steuerte ich quer durch die Melville-Bai und erreichte am 5. August 1853 Smith-Sund ohne den geringsten Unfall. Ich fand Kap Hatherton, wo ich ein Wahrzeichen zu errichten beabsichtigte, durch die weiter vorragende Spiße der Littleton-Insel vom Sund ausgeschlossen, und wählte daher den leßteren Ort für mein Cairn (ein kegelförmiger Steinhaufen), auf den ich eine Flagge befestigte und Depeschen deponirte. Gegen Norden zeigte sich ein schwimmendes Eisfeld von der schwersten Art; an einzelnen Stellen waren die Schollen zu 60 Fuß hohen Barrikaden aufgethürmt. Meine Versuche, durch dieses Feld zu dringen, blieben fruchtlos; ich wurde zurückgetrieben und beinahe ganz vom Treibeis eingeschlossen. Ich entschloß mich daher, da mir kein anderer Ausweg zur Fortsetzung der Aufsuchung blieb, die Küste entlang, wo die ftarke Ebbe und Fluth (die hier 12 bis 16 Fuß steigt und fällt) einen schmalen eisfreien Kanal gebildet hatte, die Durchfahrt zu versuchen. Bevor ich diesen gewagten Schritt that, ließ ich an einer großen Bucht unter 78° 26' nördl. Br. einen Vorrath von Lebensmitteln und ein Rettungsboot sorgfältig verbergen.

,,Der außerordentlich starke Bau der „Advance" machte es möglich, diese gefahrvolle Fahrt zu überstehen. Obschon das Fahrzeug zur Ebbezeit immer auf den Grund zu liegen kam und durch den starken Druck des Eises von außen zweimal umschlug, kam es doch ohne ernstliche Beschädigung davon. Nachdem wir uns einen Monat lang unaufhörlich so fortgearbeitet hatten, jeden Tag durch einen kleinen Fortschritt zu neuen Anstrengungen angefeuert, umschloß uns endlich das neue Eis so fest, daß ein weiteres Vordringen zur Unmöglichkeit wurde. Mit Schwierigkeit fanden wir am inneren Ende einer Bai, die sich unter 78° 54′ nördl. Br. von der Küste einbiegt, einen Zufluchtsort für den Winter. Am 10. September schleppten wir unsere hart mitgenommene kleine Brigg in diese Bai. Dieser Plaz bildete den Mittelpunkt, von dem die Erforschungszüge meiner Gesellschaft ausgingen.

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,,Der Winter war von bisher unerhörter Strenge. Whisky be gann schon im November zu frieren, und das Quecksilber blieb beinahe vier Monate lang fest. Nach den eilf Weingeift-Thermometern, deren wir uns bedienten, sank die Temperatur auf sechzig bis fünfundfiebzig Grad noch nicht reduzirt und die mittlere Jahrestemperatur war 5,2 Grad Fahrenheit, die niedrigste, welche bis jezt aufgezeichnet wurde. Diese außerordentliche Kälte und die hundertzwanzig Tage lange Abwesenheit der Sonne erzeugte eine unbekannte, aber tödtliche Form von Starrkrampf (Tetanus). Dr. Hayes, der Chirurg der Expedition, hatte durch seine Anstrengungen den Skorbut glücklich bekämpft; diese fürchterliche Neigung zu tonischen Krämpfen vereitelte

*) Nach der „, Neuen Zeit" von New-York.

1855.

jedoch unsere vereinten Bemühungen. Das Uebel ergriff auch unsere Hunde, von denen siebenundfunfzig daran zu Grunde gingen; meine Schlitten-Organisation wurde dadurch vollständig aufgelöst.

„Die Erforschungs-Operationen wurden unter außerordentlichen Strapazen und Entbehrungen ausgeführt. Bis zum 24. November arbeiteten wir mit unseren Schlitten und begannen im März unsere Fahrten aufs neue. Viele dieser Fahrten wurden in der Dunkelheit und bei einer Temperatur von funfzig Grad unter Null gemacht. Die frühere Winterfahrt hatte ich persönlich geleitet, aber mit Hülfe eines Gespannes von zwei Hunden und durch die eifrige Mitwirkung meiner Offiziere waren wir in den Stand gefeßt, die einzelnen Partieen abzulösen, wenn sie erschöpft waren. In dieser Weise wurde die Durchsuchung der Gegend bis zum 12. Juli fortgefeßt. Man glaubt, daß keine der früheren Expeditionspartieen so lange im Felde war. Die Herren Brooks, M'Geary, Bonsall, Hayes und Morton haben nach einander zu dem allgemeinen Resultat beigetragen. Die Mannschaft arbeitete mit Ausdauer und Treue.

"Ich gebe hiermit eine kurze Beschreibung der Erforschungen unserer Gesellschaft.

,,Smith's Sund wurde seiner ganzen Länge nach untersucht und vermessen. Er läuft gegen Nordosten in einen Golf aus, deffen langer Durchmesser 110 Meilen ist. Die grönländische Küfte wurde bis an die nördliche Fronte verfolgt, die beinahe gerade von Osten nach Westen läuft (O. 17° N.). Vom weiteren Vordringen gegen das Atlantische Meer hielt uns ein Gletscher ab, der jeder zukünftigen Erforschung eine unübersteigliche Schranke entgegenseßt. Diese staunenswerthe Eismasse erhebt sich unter dem 60° westl. L. Er fällt in die Richtung der Are der Halbinsel und ist wahrscheinlich das einzige Hinderniß der Lostrennung Grönlands vom Kontinent (?). Er erhebt sich 300 Fuß in senkrechter Front, und seine Basis wurde auf eine Strecke von 80 Meilen in einem einzigen ungebrochenen Abhange verfolgt. Dieser Gletscher erstreckt sich in fast gerader Richtung nach Norden und hält durch ein eisiges Band die kontinentalen Massen von Grönland und Amerika zusammen. Das Vorhandensein dieses Gletschers erklärt den Charakter des oberen Smith-Sundes, der beständigemit Eis bedeckt ist, das häufige Vorkommen von Eisbergen daselbst und dk Strenge des dortigen Klimas. Das Schauspiel, welches er darbietet, ist eines von der erhabensten Schönheit. Das Land, in welches sich dieser Gletscher nach Norden zu verliert, wurde ,,Washington" genannt, und der Bai, welche es von Grönland trennt, habe ich den Namen des Herrn Peabody beigelegt.

,,Ein großer Kanal, der an der westlichen Krümmung der Peabody-Bai (80° 12′ nördl. Br.) beginnt, bildet die interessanteste geographische Entdeckung, die wir auf unserer Reise machten. Dieser Kanal dehnt sich nordwärts in eine offene eisfreie Fläche aus, die einen bedeutenden Reichthum an animalischem Leben zeigt und alle Charaktere eines offenen Polarmeeres trägt. Eine eisfreie Oberfläche von 3000 Quadrat-Meilen mit einem gleichfalls freien nördlichen Horizont wurde von verschiedenen Erhöhungen aus gesehen, und ein Nordwind von 52 ftündiger Dauer brachte kein Treibeis in diese Wasserfläche.

,,Mit schmerzlichen Gefühle melde ich dem Departement, daß ich nicht im Stande war, diese Gewäffer zu befahren. Eine 125 Meilen lange Eismaffe, deren Oberfläche so uneben ist, daß man kein Boot darüber transportiren kann, trennt sie von der nächsten füdlichen Zufahrt. Meine persönlichen Anstrengungen im April und Mai, eines der kleinsten Kautschuf-Böte dem Kanal auf 90 Meilen in die Nähe zu bringen, schlugen fehl. Meine Begleiter, so wie ich selbst, waren erschöpft; vier derselben mußten sich die Zehen abnehmen lassen, die erfroren waren; faft Alle litten am Skorbut, und die Jahreszeit war so weit vorgerückt, daß eine neue Reise unmöglich war. Nördlich vom 81° 17' wurden die Ufer des Kanals fteil und so uneben, daß man sie auch mit dem Schlitten nicht mehr passiren konnte. William Morton, der mit einem Eskimo und einem von Hunden gezogenen Schlitten diese Stelle erreicht hatte, drang zu Fuße weiter vor, bis ein mauerähnliches Vorgebirge, das von einer heftigen Brandung befpült war, seinem Fortschritte ein unübersteigliches Hinderniß darbot.

„An den westlichen Küsten dieses Meeres hatte ich vorzüglich Spuren der wackeren Märtyrer zu finden gehofft, deren Aufsuchung diese Expedition bezweckte. Die verdienstvollen Bemühungen Dr. Rae's die ich erst jest erfuhr würden der Fahrt einen rein geographi schen Werth gegeben haben. Wenn ich den Zustand meiner Gesellschaft genau überlege, so muß ich das Fehlschlagen unserer Einschiffung für eine Fügung der Vorsehung halten.

·

,,Das Land, welches nördlich und westlich von diesem Meere bespült wird, wurde bis 82° 30′ nördl. Br. und 76° westl. L. aufgenommen. Es ist das nächste Land am Nordpol, das bis jest entdeckt wurde, und trägt den Namen des verehrten Herrn Grinnell,

„Als die Jahreszeit weiter vorrückte, wurde es uns zur Gewiß heit, daß unsere Brigg nicht wieder frei werde. In unserem eigentliches Hafen zeigten sich nur wenige Spuren vom Aufbrechen des Eises, und an den Sund dehnte sich eine ununterbrochene Eisfläche hin. Es war bereits zu spät, um in den Böten einen Ausweg zu suchen, es gebrach uns an Brennmaterial, und unsere Lebensmittel waren wohl reichlich, aber nicht geeignet, uns vor dem Skorbut zu schüßen. Unter solchen Umständen machte ich mich mit fünf Freiwilligen auf den Weg, um, wo möglich, die Mündung des Lancaster-Sunds zu erreichen, wo ich mit den britischen Expeditionen zusammenzutreffen und dann meinen Gefährten Unterstüßung bringen zu können hoffte. Auf diesem Wege kreuzten wir die nördlichste Route von William Baffin; da wir aber fanden, daß sich von Jones-Sund bis zur Hakluyt-Insel eine festgeschlossene Eismasse erstreckte, kehrten wir wieder um und erreich ten mit großer Anstrengung unsere Brigg.

Im zweiten Winter hatten wir außerordentlich schwere Prüfungen auszuhalten. Wir waren genöthigt, das Leben der Eskimos zu führen, uns unter Moosdecken zu vergraben, Lampen zu brennen und das rohe Fleisch von Wallroffen und Bären zu effen. Einmal waren alle Mitglieder der Expedition, Herrn Bonsall und mich selbst ausgenommen, am Skorbut krank und nicht im Stande, von der Bank auf zustehen. Unsere Rettung haben wir allein der systematisch organisirten Jagd und den Hunden zu verdanken, mit deren Hülfe wir uns von den Eskimos, deren nächste Niederlassung siebzig Meilen von unserem Hafen entfernt war, Wallroßfleisch verschafften. Mit diesen Eskimos - einer höchst interessanten Race - schloffen wir ein werthvolles Bündniß, theilten uns gegenseitig von unseren Vorräthen mit und halfen einander in jeder Beziehung freundlich aus. Man durfte ihnen nie ganz trauen, aber durch ein aus Güte und Strenge gemischtes Benehmen verschafften wir uns von ihrer Seite sehr wesentliche Dienste.

"Ich habe den Verlust von dreien meiner Kameraden zu melden. Zwei dieser braven Leute, die in der Erfüllung ihrer Pflichten umkamen, der Zimmermann Christian Ohlsen und Jefferson Baker, starben am Starrkrampf, der Dritte, Peter Schubert, an einem Absceß, der durch die Amputation eines seiner Füße erzeugt wurde. Herr Ohlsen war mein persönlicher Freund und Rathgeber; er hatte während meiner Abwesenheit auf den Schlittentouren den Befehl über die Brigg

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fährten mit bewunderungswürdigem Heldenmuth. Ich würde ungerecht gegen sie sein, wenn ich unterließe, ihre Anhänglichkeit zu mir selbst und ihr wackeres Betragen in Zeiten der Entbehrung und Gefahr anzuerkennen.

,,Die gegenwärtige Saison gilt für beinahe eben so streng als die vorhergehenden. Das Eis hat im Norden eine furchtbare Ausdehnung, und es ist eine wunderbare Fügung, daß das neue Aufsuchungsgeschwader dem Einfrieren entging. Das rasche Vorrücken des Winters hatte es schon mit einer Decke von neuem Eise umgeben, und ohne die Gewalt des Dampfers und die außerordentlichen Anstrengungen Capitain Hartstein's wäre es unvermeidlich festgefroren. Nicht allein der Smith-, sondern auch der Jones- und Lancaster-Sund waren von undurchdringlichen Eisfeldern gesperrt, allein troß dieser Hindernisse gelang es dem Geschwader, durch Forcirung des mittleren Eises die Baffins-Bai ganz zu umschiffen und die dänischen Niederlassungen zu erreichen."

Der moderne Spiritualismus in Amerika und Europa.
(Schluß.)

G.H. v. Schubert, welcher früher den Aussagen der Somnambulen vertraute, bereut es, auf das Vogelgeschrei phantastischer Visionen, auf die Orakelsprüche unserer modernen Pythien und Kassandren mit abergläubiger Hingebung geachtet und die Gefahren nicht erkannt zu haben, die unseren Forschungen im Nachtgebiete der magischen Zustände und Erscheinungen auf jedem Schritte begegnen. Er warnt vor der Stimme des wahrsagenden Geistes, die, wie aus Merlin's Grabe, sich aus dem Holze des Tisches vernehmen läßt, und die nicht durch hörbare Worte, aber durch Schrift und Zeichen dem Fragenden Antwort ertheilt Echt mittelalterlich ist es ihm, nicht das Echo der eigenen Seele, welches die Orakelsprüche ertheilt, sondern ein fremder Geist, der mit dem Menschen sein Spiel treibt. Wären aber auch die Geister, die aus den Tischen sprechen, wahrhaftere Bezeugungs-Geister, welche, wie die wahrsagende Magd zu Philippi dem Paulo, dem Menschen allenthalben nachfolgten und entgegenträten, wo er mit den Kräften seiner inneren Natur in ihr heimatliches Element hinaustritt; so müßte, meint er, uns dennoch ihr Zeugniß, wie dem Apostel, ein wehethuendes sein, denn es käme aus einer Quelle, deren Wasser für unseren Geist kein Waffer des Lebens, sondern voll betäubender, schädlicher Kräfte sei.

So ist es mit dem Beweise des Ueberirdischen der Erscheinung aus dem Inhalte ihrer Mittheilungen sehr mißlich, und jener Lug und Trug, welcher die Wahrheit bei weitem überwiegt, wahrlich nicht geeignet, uns die Ueberzeugung aufzudringen, sie könnten nur einem Reiche des Lichtes" ihre Entstehung verdanken. Es wurde auch von den Geistern weder eine wichtige Entdeckung gemacht, noch ein NaturGefeß verrathen, noch etwas tief Verborgenes erforscht, und als Luther auf die Wartburg gebracht worden war und Katholiken und Lutheraner gleich eifrig danach strebten, den Aufenthalts-Ort des räthselhaft Verschwundenen zu erforschen, blieben, wie Lercheimer erzählt, alle gefragten Geister stumm, oder logen. Selbst die Fälle, wo die vermeintlichen Geister etwas verrathen haben sollen, was sie allein ge

In der Ueberzeugung, daß uns ein dritter Winter das Leben kosten würde und wir zu vollständig vom Eise eingeschlossen waren, als daß uns eine Expedition vom Sunde aus noch diesen Sommer befreien könnte, gab ich die Advance" am 7. Mai auf und begann einen Zug nach Süden. Die Kranken vier an der Zahl den von unserem Hundeschlitten gefahren. Ich mußte meine naturhisto-wußt, Thaten, die sie verrichtet, und wo die aufgefundenen Gegenstände rische Sammlung preisgeben, rettete aber die Dokumente ber Expedition. Die Organisation dieses Zuges wurde reiflich überlegt und so einge, richtet, daß wir auf dem Eise wie auf dem Wasser vorwärts kommen konnten. Die Transportmittel bestanden aus Böten, die wir auf ein Schlittengestell befestigten, und aus kleineren Schlitten, die bei schwierigen Stellen aushelfen mußten. Mit Ausnahme verminderter Rationen von pulverisirtem Brod und Talg hatten wir keine Nahrung als die Beute unserer Jagd. Eine kleine Reserve von Borden's Fleisch-Zwieback wurde für außerordentliche Fälle aufbewahrt. Unsere Kleider bestanden ausschließlich aus Pelzwerk, und an den Füßen trugen wir Filzschuhe.

„Die größte Auftrengung kostete uns der Weg über den ausgedehnten Eisgürtel, der zwischen der Brigg und dem nächsten füdlichen Gewäffer lag. Obschon dieser Gürtel in gerader Linie nur einundachtzig Meilen breit war, so war der Transport über die rauhen Eismassen doch so schwierig, daß er uns einunddreißig Tage harter Arbeit und einen Weg von dreihundertsechzehn Meilen kostete. Vom Kap Alexander an fegten wir die Reife in den Böten fort, hatten aber gelegentlich am Fuße von Gletschern kurze Strecken auf dem Eise zurückzulegen. Am Kap York errichtete ich ein „,Cairn" mit einem Wimpel und Depeschen zur Information von Fahrzeugen, welche die Melville-Bai durchkreuzen, und schiffte mich dann, nachdem ich mein unbenußtes Boot zum Verbrennen zertrümmert hatte, nach den nordgrön ländischen Niederlassungen ein. Am 6. Auguft (wie schon oben bemerkt) trafen wir ohne Unfall in bester Gesundheit und Stimmung in Upernavik ein. Während dieser ganzen Reise benahmen sich meine Ge

den Beweis für die Wahrheit der Aussage liefern sollen, Geschichten, die wir ebenfalls zweitausend Jahre zurück verfolgen können, haben für die Existenz der Geister kein Gewicht. Oft genug zeigte sich bei näherer Nachforschung die ganze Aussage der Geister als Trug, und mir sind selbst zwei Geisterspuke der neuesten Zeit bekannt, wo in beiden die von dem Geiste erzählte Geschichte kein wahres Wort enthielt. Aber auch da, wo die nach der Angabe des Geistes aufgefundenen Papiere oder Knochen den unumstößlichen Beweis der Wahrheit der Geister-Aussage liefern sollten, führt uns ein einfacher Weg auf eine natürliche psychologische Deutung des Problems. Wie im Schlafe ein unklarer Sinnenreiz eine ganze Reihe von Traumbildern hervorruft, so werden auch die unklaren, nicht ins Bewußtsein gelangenden Reizungen des inneren Sinnes die Veranlassung zur Schaffung einer Reihe von Phantasie-Bildern, welche in gewissen Fällen eben so deutlich außer uns empfunden werden, wie im lebhaften Traume. Daß aber z. B. vergrabene Knochen, Leichname, auf gewiffe Menschen einen Eindruck machen, zeigt uns die bekannte Geschichte in Pfeffel's Garten zu Colmar, der Versuche des Herrn v. Reichenbach nicht zu gedenken.

Aber die Geister sagen es doch selbst, daß sie die Seelen Verstorbener seien, daß sie um uns herumschweben, von uns genöthigt erscheinen, uns als Schußgeister dienen. Das Zeugniß in der eigenen Sache will nun aber nicht viel bedeuten. So wenig es für uns ein Beweis für die wirkliche Existenz Brahma's ist, daß Tausende von, Brahminen in ihren Verzückungen Brahma gesehen haben, und er sich ihnen als solcher offenbart hat; so wenig wir deshalb glauben, es existire Apoll, weil er jenem Römer aufträgt, eine Ode auf ihn zu

sind es, sagen wir, diese Erscheinungen, welche man, da fie durch eine physische Wirkung im Diesseits nicht erklärbar schienen, seit Jahrtausenden nur auf transfcendentem Wege erklären zu können glaubte, obschon es bei weitem weniger denkbar ist, daß immaterielle Geister in fremder Materie Veränderungen hervorrufen, als das psychische mit der Materie verbundene Kräfte auf andere Materie und ihre Kräfte wirken sollen. wirken sollen. Es wäre dieses Klopfen und Pochen, dieses Werfen, dieses Zerschlagen der Löpfe und Fensterscheiben, das Umwerfen von Tischen und Stühlen, daß Lauten von Glocken, das Spielen musikalischer Instrumente doch eine gar zu profaische und lächerliche Art für ätherische Wesen, und wenn ein sehr geachteter amerikanischer Schriftfteller meint, es geschehen jene Manifestationen nur deshalb, um den Menschen den Beweis für die Wahrheit einer zweiten Existenz zu liefern: so müssen wir gestehen, daß wir uns von einem Geisterreiche doch ganz anderer Mittheilungen versehen würden, wenn es darauf ankäme, einen Beweis feiner Existenz zu liefern, als jene täppischen Neckereien. Wenn aber viele Vertreter exakter Wissenschaft die Wahr

dichten, und ihm selbst den Anfang diktirt, oder die Nymphe Egeria, weil Numa Pompilius von ihr belehrt wird; so wenig wir deshalb an die persönliche Existenz des Teufels glauben, weil Luther mit ihm manche Kämpfe bestanden, aus denen er mit sichtbaren Spuren an seinem Leibe hervorgegangen, und Tausende von Menschen mit der höllischen Majestät verkehrt: eben so wenig haben wir Grund, deshalb an die Realität der Geister zu glauben, weil sie sich für solche aus geben. Räumt man einer Erscheinung Realität ein, so hat man keinen Grund, fie der anderen abzusprechen; sind unsere modernen Geister die Seelen Verstorbenen, so ist auch der Teufel eine Wahrheit, so ist auch die Blocksbergfarth, der Vampyrismus und die Lykanthropie eine Wahrheit. Die Geister sind aber überall nur da, wo man an fie glaubt. Zeugniß gegen Zeugniß! Meine Somnambulen haben mir ihre Erscheinungen von Geistern als Produkte ihres eigenen Seelenlebens bezeichnet, und bei meinen sehr gelungenen trapezomantischen Versuchen hat sich nie etwas Geisterhaftes eingemengt, so wenig wie bei denen des Grafen Szapary. Hier bezeichnete sich der Sprecher als Geist, dort als Naturkraft, am dritten Orte als Nervenfluidum, am_heit der Erscheinung leugnen, weil sie ihren Naturgefeßen zu widervierten als Magnetismus, am fünften als Feuer.

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Die Geister sind ja aber auch gesehen worden, und jene Tausende verbürgter Geschichten, wo Personen im Momente des Todes ihren Angehörigen und Freunden, oft gleichzeitig mehreren, erschienen, laffen doch an der Existenz einer Geisterwelt keinen Zweifel! Nichts ist im Gegentheil mehr geeignet, den Beweis zu liefern, daß alle Visionen subjektive find, als eben die Erscheinung Verstorbener. Bald erscheint der Geist als Wölkchen, bald als Wolke, bald dunkel, bald hell, bald dicht, bald durchsichtig, meist hat er zierliche Toilette gemacht, nach Zeitalter und Herkommen verschieden. Antike Geister erscheinen mit Waffen und Schmuck ihrer Zeit, die Geister des Mittelalters meist als Mönch oder Nonne, oder in der Tracht ihrer Zeit, und die modernen in weißen Sterbelaken oder in ihren Alltagskleidern. Ja, wenn Marsilius Ficinus, laut gemachtem Vertrage, dem Michael Mercatus in seiner Todesstunde erscheint und ihm zuruft: O Michael, Michael, vera sunt illa! so erregt es doch unser gerechtes Bedenken, daß der Geist zu Pferde einhersprengt. Wie kömmt es, daß nicht ein Geist aussieht wie der andere? Wäre das Bild unseres sterbenden Freundes, wie es vor unser leibliches Auge tritt, wirklich eine Realität, woher die Kleidung, die Waffen, die Pferde? Wenn daher Ennemoser alle Geister-Erscheinungen für subjektive Gebilde hält, aber meint: Wenn die Gestalt eines Abwesenden in wichtigen Momenten einem Anderen leibhaft erscheint, und zwar in dem Zustande, worin fich jener eben befindet, wohin z. B. das nicht seltene Erscheinen von Sterbenden gehört, so hat das Phantasiebild objektive Wahrheit"; so ist das eine arge Jnkonsequenz. Wenn dagegen Lillpopp behauptet, daß das in plastischen Formen thätige Gefühls-Vermögen den Eindruck von einem wirklichen Geiste objektivire und ihn unter der höchst möglichen Form darstelle, und da dies die menschliche Gestalt sei, so erschienen auch Gott und die Engel uns in menschlicher Gestalt; so muß ich entgegnen, daß ich zwar an eine Wechselwirkung menschlicher Geister im Erdenleben glaube und auch die Erscheinungen der Seelen im Momente des Todes dadurch erkläre, aber nirgends einen Beweis dafür finden kann, daß jene geistige Wechselwirkung über das „Diesseits" hinausgehe. Selbst das gleichzeitige Schauen Mehrerer wird uns kein Beweis für die Objektivität der Erscheinung, da bei allen Ekstasen eine Uebertragung gleicher Seelenstimmungen stattfindet. Man hat weit mehr Ursache, sich darüber zu wundern, daß im Hause der Frau Hauff unter Kerner's Leitung sich ein Mensch den magischen Einflüssen entziehen konnte, als daß einige der Geisterseherin Nahestehende mit anfingen, Geister zu sehen.

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Mehr als alles Andere soll aber jenes zauberische Einwirken auf frembe Materien den Beweis für ein uns umschwebendes Geisterreich liefern. Da sind es jene Bewegungen von Gegenständen ohne sicht baren Anstoß, wie sie von je her hier und da beobachtet wurden, wie fie das Mittelalter bei seinen Besefjenen und Heiligen, Kerner bei seiner Frau Hauff wahrnahm und die amerikanischen Spiritualisten in ihren Zirkeln sich oft wiederholen fahen; jene unheimlichen Löne, das Pochen, das seit Hiob als Geifterklopfen galt, das Werfen, Schlür fen, Heulen, Raffeln, das sich seit Arthemidorus bis in die neueste Zeit in manchen Gebäuden wohl hören, aber nicht ergründen ließ, welches Luther auf der Wartburg, den Pfarrherrn Stipß zu Torgau, den Archidiaconus Günther zu Naumburg, als er noch in Ungarn war, und die Humboldtschen Aeltern in Tegel beunruhigte; jene sichtbaren Spuren, welche die Geister an den Körpern der von ihnen Gequälten hinter ließen, wie bei Luther und dem Profeffor Schuppert in Gießen; jene Schriftproben, die, ohne sichtbare Hülfe auf das Papier hingeworfen, an das mene mene tekel upharsin erinnern; jenes Schweben der Men schen über der Erde und ihr Erheben in die Luft, wie es bei Heiligen, Beseffenen und Heren öfter vorkam, wie es Kerner beobachtete, und wie es auch bei den amerikanischen Spiritualisten öfter gesehen wurde, dieser Prototyp alles Fliegens, aller Himmel- und Höllenfahrten; da

sprechen scheint, so mögen sie doch bedenken, daß der Mensch, ihrer eigenen Ansicht nach, die Combination aller telluren Kräfte ist, deren Resultat eben die Herstellung des sichtbaren Organismus und des mit ihm eng verbundenen selbstbewußten Geistes ist; bedenken, daß jede Kraft dadurch sich als solche dokumentirt, daß sie auf fremde Materie hinauswirkt (Anziehung und Abstoßung) und daß, wenn zwei Kräfte kombinirt werden, jede die andere abändert (Schwere und Magnetismus, Elektrizität und Magnetismus, Licht und Chemismus), ja, wenn zwei Kräfte (Materien) zusammen wirken, ein vollkommen Neues und Drittes entsteht, was mit beiden Elementen nichts mehr gemein hat (chemischer Prozeß), endlich bedenken, daß der Menschengeist keine blos ungreifbare Idealität, sondern eben die reale Kraft-Aeußerung des Organismus selbst, bei jeder Wirkung seiner Materie betheiligt, fich nie ruhend verhalten kann, daß er durch jede materielle Thätigkeit in Mitleidenschaft versezt wird, daß er, wie jede andere Kraft, polarisch thätig sein muß: dann werden sie viele Anknüpfungspunkte für eine phyfische Erklärung jener bisher unerklärten Phänomene erhalten. Wenn wir dieselben aber auch nicht bis in ihre feinste Regung verfolgen können, so wenig, als wir wissen, wie der Wille auf den Muskel wirkt, so ist doch die Möglichkeit für ihre naturgemäße Deutung gefunden und der Weg für das Experiment angebahnt.

Die Geister, welche heute mit uns aus den somnambulen Tischen reden, die Geister, welche sich klopfend vernehmen laffen und Zeichen thun, sind keine anderen, als die sich früher aus den Orakeln und Sybillen, später aus den Verzückten und Beseffenen hören ließen, heutzutage aus den Somnambulen und Clairvoyanten sprechen und leider auch zu ihrer Zeit Tausende unglücklicher Opfer zum Scheiterhaufen führten; überall aber war es der eigene Geist, welcher aus seiner Tiefe Manches hervorholte, was einmal als Wahrheit erprobt, das andere Mal als neckender Trug verbannt wurde. Nie aber waren es Boten aus einem jenseitigen Geisterreiche, welche, unter dem Anscheine des Ernstes und der anständigen Zucht ihren lügenhaften Scherz und Trug mit den Seelen der Menschen treiben“ und „ießt in schmeichelnder, schönthuender Weise nicht mehr das äußerlich leibliche, sondern das geistige Verderben des Menschen suchen." Wer dieser inneren Stimme Glauben schenkt, der wird sich nur allzu oft täuschen, aber von,,Zaubereisünden" ist deshalb nicht die Rede, denn das Reich des Teufels und der Dämonen ist längst verschwunden, um nie wieder zu erstehen; von dem aber, der dem Grunde dieser Erscheinungen in der Tiefe des eigenen Geistes nachspürt, wird man mit Moses nicht sagen dürfen, daß er dem Herrn ein Gräuel" fei, und unsere Modernen werden von ihm mit Unrecht behaupten, daß er „umnebelten Geistes" sei. Denn der dämonische Scherz, welchen die Klopfgeister mit uns treiben, ist kein Zeichen, daß die Mächte der Finsterniß, bereit zum Hervorbrechen, uns nahen, und daß dem Menschengeschlechte eine Nacht hereinzubrechen drohe,,,in deren Dunkel ein Reich der kräftigen Frrthümer, der falschen Wunder und der dämonischen Mächte zur Erscheinung käme, deren Werk die Gräuel der Unsauberkeit, des Menschenmordes und des allgemeinen Elends sei“: nein! die Klopfarbeit ist die Arbeit des eigenen Geistes, welche uns zu einer ungeahnten Tiefe der eigenen inneren Natur hinführt und uns Kräfte ahnen läßt, mit denen wir unbewußt hinauswirken auf die uns umgebende Natur, Kräfte, deren nähere Kenntniß uns Aufklärungen verspricht über eine Reihe von Erscheinungen, die man nicht hinwegdisputiren konnte und an die man doch nur scheuen Blickes herantrat, weil man fürchtete, fie mit einer vernünftigen Naturforschung nicht bewältigen zu können. Jest sinken die Schranken, welche unseren Forschungen Gränzen zu seßen schienen, und während wir uns überzeugen, daß Alles das, was man von je für „jenseitig" gehalten hat, eine genügende Erklärung im Diesseits findet, verschwindet aller Aberglaube; und während die Erscheinung und die Prophetie Sache des Experiments wird, gestaltet fich die Theorie der Geisterkunde" zu einem Kapitel

der Psychologie um. In der alten Wildniß des Aberglaubens erblüht jezt die Blume der unsterblichen Vernunft, und mit der Ergründung der physischen Weltordnung tritt uns auch die moralische Weltordnung in ein neues Licht. Mit rasender Eil nähert sich die Welt einer Zeit des Ueberganges. Das Alte ist vergangen, und es ftrebt Alles neu zu werden, aber in dem Strudel sich überstürzender Neuerungen verliere der Mensch sich selbst nicht aus den Augen, denn nur dann, wenn er sein eigenstes Ich zu ergründen ftrebt, kann er unbefangen und klaren Blickes aus sich herausschauen.

Man hat den Spiritualismus sich selbst überlassen. Die Führer der exakten Wissenschaften, zu stolz, um zu prüfen, im Hochgefühle des bereits Erkannten und Durchforschten, leugneten Erscheinungen, die sich im ersten Augenblicke den physischen Gesezen zu entziehen schienen und die sich etwas unbequem an sie herandrängten; Andere glaubten die Sache abgemacht, wenn sie von Sinnestäuschungen, Leichtgläubigkeit und Aberglauben sprachen; noch Andere scheuten sich vor der Anerkennung der Phänomene, welche zu Folgerungen zu führen schienen, die sie einzugestehen nicht wagten, und die Feigheit der Wissenschaft, und fast diese allein, nöthigte das Volk, nach dem Uebernatürlichen zu greifen.

Die ultima Thule menschlichen Wissens ist noch nicht erreicht; die Kräfte, welche die Natur-Wissenschaften bis jest erkennen, sind nicht die einzigen, und der Mensch, welcher in seinem Organismus eine Wesenheit für sich bildet und noch manche Kräfte birgt, die außer halb der Elektrizität und des chemischen Prozesses liegen, ist sich selbst in seinem Wollen und Glauben, in seinem Empfinden und Wirken noch ein Räthsel. Vergleichen wir aber die Fabeln der Vergangenheit mit der Gegenwart, benugen wir die Ergebnisse der exakten Wissenschaften zu Analogieen auf verwandtem Gebiete; so ergiebt sich das, was früher für übernatürlich gehalten wurde, als eine nothwendige Erscheinung in der Kette psychischen Wirkens. Und ist nicht das innere Seelenleben des Forschens werth? verdient der, der sich mit redlichem Streben in diese Gebiete wagt, den Hohn und Spott, mit dem man ihn züchtigt? Wahrlich, es giebt noch Sachen, die den Menschen näher angehen, als der elektrische Telegraph um die Erde und das große eiserne Dampfschiff, die Brücke über das Weltmeer, Sachen, die die ganze eine Hälfte seines Wesens, seine Nachtseite, berühren, und zu diesen gehören auch jene Erscheinungen, welche, so weit die Geschichte reicht, sich bei allen Völkern, bei allen Religionen, in allen Welttheilen wiederholen, auf die Entwickelung der Menschheit den entschiedensten Einfluß übten, und die der moderne Spiritualismus als Beweise für seinen Glauben auch neuerdings wieder auszubeuten bestrebt ist. Dr. Schindler.

Portugal.

türlich dieses Zeichen für sich in Anspruch nimmt. Wollte aber die Nüancirung angedeutet werden, so konnte, wie das dumpfe o ganz richtig durch schwedische å ausgedrückt wurde, ein entsprechendes Zeichen e, wo o mit einfließt, und è, wo a mit gehört wird, gewählt werden. Warum das v durch f und das sch durch sh ausgedrückt wurde, ist nicht klar. Das st, wie in bist, hätte wohl, wie es der Schwabe spricht, in scht verwandelt werden und dadurch die Aehnlichkeit der beiden Dialekte für das Ohr veranschaulicht werden können. Der Portugiese spricht nämlich st und sp gerade so breit scht und schp, wie der Schwabe, und zwar nicht etwa nur in den niederen, sondern in den höchsten Ständen die von der Häßlichkeit der Sprache des Camoens durchbrungen, mit Vorliebe französisch sprechen. Auch die Nasentöne õi (port. õe), ai, o (port. om), au (port. ão), è (port. em) find beiden Dialekten gemein. Aber darum klingt es doch nicht weniger abenteuerlich, wenn der Herr Ueberseßer ein zartes Sonett des Bocage also wiedergiebt: Sios ist dor morgo-gruos fom jungo summor, Süß ist der Morgengruß des jungen Sommers, Wann sich im goldno dau od bluomo griosot, Wenn sich im goldnen Than, die Blumen grüßen. Wann mit gebletshor ibbord sand-benk fliosot Wenn mit Geplätscher über die Sandbänke fließen De woiche wello wi' im kindor-schlummor; Die weichen Wellen wie im Kinderschlummer Wann unter dousod feggol ist kõi stummor, Wenn unter tansend Vögeln ist kein stummer, Ous dousod kello liodor sich orgiosot, Aus tausend Kehlen Lieder sich ergießen, Od lercho flattrig ouf zom himmol shiosot, Die Lerchen flatternd auf zum Himmel schießen Und 'dnachtigal kund duot iorn liobos-kummor; Und die Nachtigall kund thut ihren Liebeskummer; Sios ist, wann blå fom silber-falbo mâu Süß ist, wenn blau vom filberfalben Mond Ståt mêr und himmol goistorhaft beluichtot, Steht Meer und Himmel geisterhaft beleuchtet, Där's iodom liobos-priostor a hot dau; Der es jedem Liebespriester angethan hat; Doch all dui herrlichkoit ist wunzig klõi, Doch all die Herrlichkeit ist winzig klein, Denk î, wio sios sich ôist ior aug gofuichtot. Denk' ich, wie süß sich einst ihr Aug' gefeuchtet, Wo zeofach's lebbo mior lebendig shôi,

Wo zehenfach das Leben mir lebendig schien.

Die Uebersehung selbst ist sehr getreu, wie sich aus den drei katalonischen Sonetten ergiebt, denen der Urtert beigedruckt ist.

Aber wenn die Mühe auch zu bewundern ist, womit sich der Herr

Sechzig portugiefische Sonette, in oberschwäbischer Uebersehung, Ueberseßer dieser Grille gewidmet hat, so wird sich doch schwerlich Je

von Jovialis.

Es sieht in der That etwas wunderlich aus, Sonette im Dialekt, eine strenge Kunstform im Bauernjargon vor sich zu sehen, einen por tugiesischen Kavalier in den Kittel eines Schwarzwälders gesteckt! Ist das zu etwas Anderem, als einer lustigen Maskerade, erlaubt? Wenn der Herr Ueberseger nur wenigstens einem portugiesischen Bauern den Rock des schwäbischen angezogen hätte, das wäre vielleicht nicht so übel gewesen; hat ja doch der Portugiese dasselbe Gesicht - will heißen den ähnlichen Jargon, wie der Schwabe! - Mit anderen Worten, zu einer Uebersehung im Dialekt sollte ein passender Stoff gewählt, das Erhabene nicht mit der Zunge der Naivetät, das Feine nicht mit der der Derbheit verdolmetscht werden. Dieser Stoff kann entweder ein Dialektgedicht in der fremden Sprache, oder wenigstens ein der Dialektsphäre verwandtes Gedicht sein. Beim Portugiesischen, welches selbst als Dialekt des Spanischen gelten darf, obwohl die Portugiesen dies nicht zugeben wollen, war dann nur die Wahl eines passenden The. mas geboten.

Daß man sich bei Anwendung des Dialekts, wie der Herr Ueber. feßer in der Vorrede sagt, aktiv und produktiv verhalten müsse, versteht sich, es giebt ja keine Akademie des Dialekts. Wir haben auch gegen die grammatikalische Behandlung nichts einzuwenden, wohl aber gegen die orthographische, wogegen fich der Herr Ueberseßer freilich schon in der Vorrede verwahrt. Allein eine solche Verwahrung kann bei einem so kühnen Umgehen mit den Vokalen nicht gelten. Das e wird ohne Weiteres zu einem o gemacht und dadurch dem ehrlichen schwarzwälder Dialekte wenigstens für das Auge ein ganz fremdartiges füdländisches Aussehen verliehen; während doch der Laut, der dadurch bezeichnet werden soll, zwischen e, ä und o schwebt, in weitaus den meisten Fällen sich aber auf die Seite des e neigt, also auch ganz na

mand des Lächelns erwehren können, wenn er diese kuriose Romanisirung des Schwäbischen zu Gesichte bekömmt.

Den Dialekt als Uebersegungssprache in seine Ehre einzusehen, mag verdienstlich sein, aber dann dürfte sein Plag am Heerd, in der Werkstätte des fremden Volkes und nicht auf deffen Throne fein.

Mannigfaltiges.

- Dr. Gnüge's Gefeße der französischen Sprache. Der lebhafte Verkehr, in welchem die civilisirten Nationen Europa's unter einander stehen, macht das Studium der betreffenden Sprachen für Viele zum Bedürfniß, und es ist deshalb kein Wunder, wenn bei der Menge von Sprachlehrern und Gelehrten eine verhältnißmäßig große Anzahl von Büchern fort und fort erscheinen, welche demselben abzuhelfen mehr oder minder geeignet sind. Da sich die Speculation gerade dieses Zweiges besonders bemächtigt hat, und es oft schwer ist, aus der Masse etwas Besseres hervorzuheben, so ist es erfreulich, Werken zu begegnen, die auf höhere Geltung Anspruch machen können. Ein solches liegt uns vor: „Die Gefeße der französischen Sprache, nebst Uebungen zur Anwendung derselben, von Dr. C. F. Gnüge".") Wir können dasselbe als Frucht dreißigjähriger Erfahrung, wie uns der Verfasser im Vorworte belehrt, und als tiefgedachtes Werk eines denkenden Lehrers, namentlich als praktisches Schulbuch, Allen empfehlen, denen es um eine mehr als oberflächliche Aneignung des Französischen zu thun ist. Sie werden eine Menge neuer und feiner Beobachtungen, die in anderen Lehrbüchern gänzlich fehlen, namentlich aber einen so systematischen Lehrgang finden, daß das Studium bedeutend erleichtert werden muß.

*) Erfurt, Kaysersche Buchhandlung, 1855.

Wöchentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 Sgr., halbfährlich 1 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Julande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 139.

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Literatur des des Auslandes.

England.

Berlin, Dienstag den 20. November

Literatur-Briefe aus England.

Eilfter Monats-Bericht. 1855.

London, Mittelpunkt alles festen Landes und der Meere. Die Mauserung Londons in Bartwuchs, Physiognomie, Kopfbedeckung, Kopf, Kunst, Baustyl, Lebensund Anschauungsweise. Revue der neuesten Prachtbauten und WeltverkehrsGeschäftslokale. Das Reisen der Engländer. Reise-Literatur. Ruffell Bartlett's Reise durch Teras, Neu - Mexiko, Chihuahua u. f. w. C. Holden's Buch über die Natal - Kolonie. Rom und Neapel vom Capitain Chamier. Panama und die Isthmus - Eisenbahn. Die Moskitoküste und die lezten Spu ren der Berliner Moskito-Kolonie. Philosophische Literatur. Die Sinne und der Geift. — Bain-Levi's Natur- und göttliches Recht. - Prinzipien der Pfy Locke's Schriften. Die Engländer keine Philosophen. Die praktische Philosophie der Engländer in den Naturwissenschaften. Die British Association in Dublin und ihre dreihundert naturwissenschaftlichen Vorträge. Elemente der psychologischen Medizin von Dr. Noble. Varley's ,,elektro-telegraphischer Ueberseßer". Wheatstone's Erperiment mit gleichzeitigen entgegengesezten Telegraphirungen. Die pflügende Windmühle von Grosley. Molesworth's literarische Verdienste. Macaulay's neuer Band. Geschichte der Diplomatie von dem „Roving Englishman". Die neue Lesehalle im Britischen Museum.

chologie von Herbert Spencer.

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London, Anfangs November. London ist der Mittelpunkt der Erdoberfläche. Die physische Geographie findet, wenn sie die Erdkugel in zwei Hälften so zerschneidet, daß die eine die möglichst größte Masse festen Landes enthält, im Mittelpunkte dieser einen Hemisphäre gerade London. Das ist merkwürdig genug. Noch merkwürdiger wird diese Lage, wenn man sich überzeugt, daß London auch der Mittelpunkt aller Meere geworden. Dies gilt freilich nicht sowohl geographisch, als faktisch und merkantil. London mit seinen Eisenbahn-Vorstädten (d. h. Southampton, Liverpool, Plymouth, Portsmouth, Dover u. f. w.) ist die Central-Omnibus station für alle Häfen und Länder der Erde. Man kann fast jederzeit nach jedem Punkte der Welt absegeln oder dampfen. Rechnet man hinzu, daß London zugleich der Mittelpunkt des Groß- und Kleinhandels im ganzen Königreiche ist, so hat man alle Gründe beisammen, welche das ungeheure Leben, das allseitige Wachsthum, die fabelhafte Größe und Zunahme der Groß- und Kleingeschäfte, das immerwährende Zuftrömen von materiellen und ideellen frischen Kräften erklären. Alle Gründe, aber den hauptsächlichsten habe ich doch vergessen: das in geometrischen Porportionen zunehmende Wachsthum des Welthandels in Ausdehnung, Masse und Geschwindigkeit. Dies kömmt London noch ganz besonders von allen Welttheilen her, ohne deffen besonderes Zuthun, zu Gute. Jedes große Geschäft, jedes mit dem Weltverkehr zusammenhängende Unternehmen, jede große praktische Erfindung muß fich nach London wenden, sich hier etabliren oder vertreten laffen, mag die Sache entstehen, wo sie will! Deshalb geht auch London als Hauptstadt eines bestimmten Landes immer sichtbarer zu Grunde, um den neuen Adam des Central-Bureaus für alle Länder anzuziehen. In der großen Ausstellung von 1851 begrüßte es den ersten Tempel dieser neuen Mission und hat sich seitdem immer durchgreifender in dieser Richtung entwickelt. Ich habe diesen Entwickelungsgang Tag für Lag ohne Ausnahme mit angesehen und bin seit dem Mai 1851 nicht vierundzwanzig Stunden lang aus deffen Bereiche herausgekommen, da die kleinen Ausflüge von zwanzig, dreißig und vierzig Meilen nie darüber hinaus lagen. Die magnetische Atmosphäre Londons reicht noch viel weiter.

Wo ist dieses englische London von 1851 geblieben? Allerdings hat es noch seine Legionen von Straßen und Millionen von Leuten auf zuweisen; aber hier ist eben Vieles nicht mehr, oder es bleibt, wie es ist, d.h.es verkömmt. Wo Leben ist, wo es wächst, wo es gedeiht, nimmt Alles eine gescheidtere, schönere, bedeutungsvollere Physiognomie an und läßt fich innen und außen reformiren. Es war immer eine Art Schwäche von mir, die Engländer, wegen der tornisterblonden Backenbart-Stlaverei in ihrer Physiognomie, besonders geschmacklos und stockenglisch zu finden. Ich haßte sie deshalb, nachdem ich gesehen, wie einzelne

1855.

bärtige Foreigners wegen ihrer Gesichts-Urwälder verhöhnt, sogar mißhandelt wurden. Nach der großen Ausstellung legte sich die Wuth, es trat eine immer größere Toleranz in Sachen des Rafirmessers, der Vatermörder und des Hutes ein. Später verbreiteten sich dunkle Gerüchte, daß ein jeder geborene Engländer im Scherze die Drohung ausgesprochen, den Backenbart unten zusammenwachsen zu lassen. Tollkühne Aerzte sprengten die Lehre aus, daß der Schnurrbart ein natürlicher Respirator, der Kinnbart gut gegen Zahnschmerzen sei. Später erfuhr Punch, daß einige Engländer schon zuweilen vor dem Früh stück vergäßen, die Oberlippen zu mähen. Er kämpfte mit Muth und Wig gegen die drohende Gefahr Monate lang, aber vergebens. Die Agitation für den Bart, auf Gesundheitsregeln, ästhetische Gründe, auf Prinz Albert und Napoleon, auf das böse Beispiel von Juden, Polen und Franzosen, endlich auf den Mangel an Wasch- und warmem Rafirwasser in der Krim geftüßt, erkämpfte einen schweren, aber entscheidenden Sieg. Die altkonservativen Backenbart-Anhänger wurden als,,whiskered slaves of money-making" gleichsam gebrandmarkt. Erst die Künstler, besonders die Maler, dann auch Bildhauer, Mufiker, Lithographen, Holzschneider, traten mit Haaren auf den Zähnen auf. Studenten mit ihren „Büchschen“, ihrem schwarzen Priestermantel, ohne welchen nie einer ausgehen darf, mit ihrer schauderhaften Kappe auf dem Kopfe, follen sogar in Cambridge eine Verschwörung gegen die Tonsur der Oberlippe gestiftet haben. Aber da dort Alles herrscht, nur keine Studir- und Kleiderfreiheit, unterlagen fie. Ein Schnurrbart zwischen Büchschen, Priestermantel und Mönchskappe wäre auch ein Gräuel gewesen. Aber in London war,,Old-England" verloren. Alles, was einigermaßen unabhängig ist, trägt Haare auf den Zähnen. Sogar Ladendiener und Laufburschen erscheinen zuweilen mehrere Tage ohne geglättete Oberlippen, um zu probiren, ob sie bei dem Brodherrn damit durchkommen. Um mit einem Male das Unerhörteste mitzutheilen, brauche ich nur zu sagen, wie ich alte Bekannte neulich in der königlichen Mutter-Akademie der schönen Künfte, Marlborough-House, wo seit Jahren Profeffor Semper's Schnurrbart die einzige Ausnahme gewesen war, zunächst als völlig Unbekannte wiederfand. Schon statt des bekannten Keepers fand ich einen Gesichts-Urwald, aus welchem nur Augen, Nase und Stirn hervorragfen, wie Gebirgsspißen mit Schnee bedeckt über die Vegetationslinie hinaus. Ich fragte nach dem drawing-master. Das unbekannte Gesicht antwortete mir mit der bekannten Stimme des alten Keepers und führte mich in das Zimmer des alten drawing-master, den ich zunächst auch nur an der freundlichen Stimme wieder erkannte, so sehr war sein bekanntes und liebenswürdiges Gesicht im Barte verschwunden. Als ich mich näher umsah, fand ich Alles in ähnlicher Weise radikal reformirt. Herren, die Jahre lang vor mir mit unwandelbarem Backenbarte gewandelt, traten wie Gestalten aus dem ersten Buch Mosis vor meinen erstaunten Blicken auf. Selbst viele Schüler trugen schon schwache Anmaßungen von Schnurrbart (einige mit doppelt so viel Wichse) zur Schau. Die Herren wollten sich gar nicht wieder zufrieden geben vor Lachen, als ich auf die kolossale Diana unter dem Säulengange aufmerksam machte, der man in ihrer kühn ausschreitenden Stellung ebenfalls ein Bärtchen angemalt hatte, um sie hinter dem neuen Zeitgeiste nicht zurückzulaffen.

Ich weiß es recht gut, diese Betrachtungsweise hat ihre gute Portion Trivialität. Aber sollte gar nichts dahinter stecken? Man denke an die Wuth, mit der noch vor wenigen Jahren Jeder, der seinen Schnurrbart nicht perpendikulär an den Ohren herab trug, verspottet ward. Und nun die ganze Königliche Akademie in einem Zustande, als wäre unter allen Beamten und Lehrern zusammen kein einziges Rasirmeffer! Der Bart wächst nicht blos von außen, sondern wurzelt in der Haut und Gesinnung.

Und der englische Hut? Früher gab es eine einzige Form von Stulpstiefel auf das hinten gescheitelte, mit Ohrlappen versehene Haar, und einzelne Sonderlinge mit einem Kopfe und einem Hute für sich (z. B. Sir Joseph Parton mit einem weißen) wurden zum Sprüchworte. Jeßt giebt es in jedem Laden ganze aufgebaute Obelisten von geschmeidigen, breitkrämpigen Filzhüten, die jede Form an

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