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gesprochen und würde auch ohne Zweifel große objektive Wahrs heit haben, wenn der Verfasser am Eingang seines Raisonnes ments nur wenige Worte noch gesagt und etwa so begonnen hatte: Die Weiber, mit denen ich Bekanntschaft ges macht" u. s. w.

Wenden wir uns nun zu einem Autor, dessen Zeugniß wegen seiner vieljährigen genauen Bekanntschaft mit dem Leben der Bewohner Hindostans gewiß höher zu schaßen ist, als die Guck Pasten Berichte anderer Reisenden. Der Abbé Dubois, von dem wir die bekannten Briefe und die,,Beschreibung der Sitten und Gebrauche des Indischen Volkes" haben, war in der ersten Zeit feines dortigen Aufenthalts nahe daran, in den Ton des großen Haufens der Reisebeschreiber einzustimmen; aber bald fielen ihm die Schuppen von den Augen, und er schrieb, wie folgt: 3 glaube dreist behaupten zu können, daß Europäer nur selten zu einem gültigen Urtheil über das weibliche Geschlecht in diesem Lande berechtigt find; denn es wird ihnen schwer, wo nicht uns möglich, mit achtungswürdigen Frauen nähere Bekanntschaft zu Enüpfen. Ihre ganze Erfahrung in diesem Punkte gründet sich auf ihren verbrecherischen Umgang mit Buhldirnen, die gewöhns lich aus den niedrigsten Kasten sind, oder anderen ungebildeten Weibspersonen." Der Abbé hatte, wie er selbst sagt, das feltene Glück, mit Frauen aus respektabeln Kasten,,auf dem Fuße våters licher Vertraulichkeit" umzugehen, und er spricht seine Uebers zeugung dahin aus, daß,,die vornehmeren Hindustanischen Frauen im Allgemeinen und verheirathete Frauen insbesondere den Ins dividuen ihres Geschlechts in viel aufgeklärteren Ländern als Muster der Keuschheit und ehelichen Treue empfohlen werden Fönnten." Diese Hyperbel wollen wir dem ehrlichen Abbé, der die Frauen Indiens vielleicht besser als seine eigenen Landss manninnen kannte, gern zu Gute halten. Er fährt fort:,,Ich will nicht gerade behaupten, daß die Indische Frau aller Schwachen ihres Geschlechts ermangele. Hier, wie anderwärts, liebt sie Pug und Gepränge, ist eigensinnig, reizbar, rac süchtig, launisch, plauderhaft, santisch und zu Klatschereien ges neigt. Hier scheint der Herr Abbé aber mehr an seine eigenen Landsmanninnen insbesondere, als an die Frauen überhaupt ges dacht zu haben.

und zeigen wir dem Leser aus einigen Beispielen, wie Indische Lassen wir nun die Zeugnisse der Reisenden auf sich beruhen Frauen sich benommen haben, deren Handlungsweise durch eine seltsame Fügung des Schicksals den Blicken Europäischer Beobs achter offen vorlag.

Ein junger Britischer Künstler, der vor ungefähr funfzig Jahren in Hindostan wanderte, fühlte sich an einem schönen Morgen bewogen, dem schrecklichen Schauspiel ein junge Verbrennung beizuwohnen. Die bezaubernd schöne junge Frau hatte, der Sitte gemäß, den holaftoß schon dreimal umgangen und stand eben mit heiterer Miene auf der Stufe zu ihrem Flammens Bett, ihren Freundinnen ein adrtliches Lebewohl aus winkend. Der Engländer stürzte aus dem Haufen der Gaffer hervor, und ehe noch die Brahmanen von seinem Vorfaß etwas merkten, hatte er das Opfer schon gerettet. Durch die Berührung eines Franken befleckt, konnte die junge Frau nicht mehr geopfert werden. Wenige Monate nach dieser Begebenheit führte der. junge Mann die von ihm Gerettete als seine Braut zum Altares und nun wollen wir dem Leser mittheilen, was ihr Landsmann, Mirsa Ebn Talib Chan, der mehrere Jahre später England bes suchte, von ihr urtheilt. Vor Allem muß der Leser wissen, daß Mirsa Ebn Talib ein Muselmann war und also gewiß nicht eben großen Beruf fühlte, ein Weib aus Hinduschem Stamme unverdienter Weise zu lobelleibt:,,Während meines Aufenthalts in London war ich so glücklich, mit einigen Hindus stanischen, an Englander verheiratheten Damen bekannt zu wers den. Die Ausgezeichnetste unter ihnen war Mistreß 1. Man fagt allgemein, fie fey eine vornehme junge Witwe gewes fen, die ihr jeßiger Mann vom Scheiterhaufen befreite und, nachdem sie Chrifin geworden, heirathete. Sie ist sehr schön und liebenswürdig und mit Englands Sprache und Sitten so innig vertraut, daß es mich einige Mühe kostete, fie als meine Landsmannin zu erkennen. Sie stellte mir ihre Kinder vor, die 16 bis 18 Jahre alt sind und ganz wie junge Europäer sich aus: nehmen."

Dieses Beispiel einer achtungswürdigen Indischen Frau, die unter 50 Millionen ihrer Landsmanninnen gleichsam aufs Gerathes wohl aufgegriffen war, mag für unzählige andere Beispiele stehen, deren Authentizität wir verbürgen könnten.

Es fen fern von uns, die in Hindostan angefeffenen Euros påer eines lockeren und fittenlosen Lebenswandels zu beschuldigen; aber so viel wird Niemand leugnen können, daß ihre Begriffe von Sittlichkeit weniger streng find, als man fie in Alt England unter den mittleren Ständen antrifft; auch darf uns dies nicht Wunder nehmen, wenn wir ihre Stellung ins Auge faffen und den Einfluß des Klima's nicht zu gering anschlagen. Diese Unters suchung ist jedoch unserem Gegenstande fremd; wir wollen eigent lich darthun, daß, wenn die sittliche Schlaffheit, deren man 3n diens Frauen so gern bezüchtigt, bei den niedrigen Kasten, mit welchen die Europäer Umgang gepflogen, wirklich anzutreffen ist, wenigstens ein Theil ihrer Verderbtheit von dem bösen Beispiel der Europder sich herschreibt. Da nun moralische Revolutionen nicht die Geburten eines Tages oder einer fürzeren Periode sind,

so muß die Verantwortung hauptsächlich auf früheren Generas
tionen ruhen.
Schon die ältesten Europdischen Reisenden sprechen mit wahrer
Empörung von den schamlosen Erzessen, welche Abendländer auf
ihren Wanderungen im Often begehen. Terry, welcher im Jahre
1615 nach Indien ging, war vielleicht der scharfsinnigste Reis
sende seiner Zeit; seine Beobachtungen find anmuthig und unters
haltend, seine Raisonnements geistvoll und seine Folgerungen
richtig, während seine Erzählung den Stempel der unbestech
lichsten Treue trägt ein um fo råhmenswertheres Verdienst,
als es bei den damaligen Reisenden sehr selten anzutreffen ift.
Dieser Mann erzählt uns folgende Begebenheit, von der er auf
seiner Reise nach Indien am Kap der guten Hoffnung Zeuge
gewesen. In der Bai fanden wir ein Holländisches Schiff,
dessen Bestimmung nach Bantam lautete. Dasselbe brachte ein
Pleines nach Angola bestimmtes Portugiesisches Schiff mit, welches
zehn Portugiesische Mädchen, die in der erwähnten Kolonie fich
verheirathen sollten, am Bord hatte. Die Mädchen waren Alle
recht hübsch und in seidene Stoffe gekleidet; aber die Galanterie
der Holländer ging fo weit, daß sie nicht bloß die ganze werths
volle Befrachtung des Schiffes, sondern auch allen Schmuck, den
jene Mädchen am Leibe trugen, wegnahmen und sie dann in
ihrem lecken, schlechtbemannten und fast aller Lebensmittel bes
raubten Schiffe der Willkür des Oceans preisgaben." Die
brutale Rohheit dieses Betragens mußte in einem Zeitalter, wo
der Geist der Chevalerie noch nicht untergegangen war, doppelt
empörend seyn.
(Schluß folge.).

Mannigfaltiges.

Deutsches Sprach Element in Belgien. Wir haben bereits vor einiger Zeit der Bemühungen gedacht, die man sich jest in Belgien giebt, die alte Flamandische Sprache wieder zu Ehren zu bringen und ihr eine literarische Eristens nicht bloß in der Gegenwart, sondern auch zu einer Zeit zu vindiziren, wo die benachbarten Stämme und Völker noch wenig dafür gethan hatten, ihre Sprache auch in Schriftdenkmalen zu begründen und ein uns sehr nahe liegendes Interesse: die Sprache, der sie ges zu hinterlassen. Es ware unrecht, wenn man in Deutschland jenen Bemühungen keine Aufmerksamkeit schenkte, denn sie haben widmet sind, deren Laute dort, wiewohl im Munde eines gangen Volkes lebend, doch von der glatten Politur des Französischen täglich mehr verdrängt werden, ist Deutsch; Deutsch sind auch die Regeln und Abstammungen, auf welche diese Sprache zurücks zuführen die jest unter den Auspisien des Königs Leopold gegrün dete Kommission bemüht ist. Ein Mitglied diefer Kommisston, Herr J. F. Willems in Gent, hat bereits im Jahre 1837 eine Zeitschrift in Flamandischer Sprache gegründet, die es sich zur Aufgabe macht, dem Deutschen Element in Belgien sein altes Recht wieder zu verschaffen und es wenigstens gleichzustellen mit dem Franzöfifchen, dessen überwiegenden Einfluß der Wallonische Theil der Bevölkerung durchgefeßt hat. Jene Zeitschrift führt den Titel,,Belgisches Museum für Niederdeutsche Sprache und Literatur, so wie für die Geschichte des Vaterlandes."*) Herr Willems geht darin so weit, nicht bloß die Identität des Flamáns difchen und des Holländischen als unbezweifelt hinzustellen, fons dern auch zu behaupten, daß das Plattdeutsche, welches von Lüttich bis nach Köln am Rhein, so wie von den Ufern der Ems, an den Nord und Ostsee: Kasten durch ganz Hannover und Mecklenburg, bis nach Pommern und Danzig hin gesprochen werde, fein anderes Idiom sen, als das ,,Nederduitsche". Jeder Flamander würde sich in diesen Gegenden durch seine Mutters sprache, wenn er fie nur nach einer gewissen feststehenden Orthos. graphie ausspreche, verständlich machen. Der Brabanter und Der Limburger, den man fragt, welche Sprache er verstehe, antwortet auch immer ganz einfach:,, Ich spreche Deutsch. Mit einem Hinblick auf den großen Landstrich, den das erectus verbim Gegensage zu der feit Luther über gans zu hoffen, daß die sprachs Deutschland verbreiteten Hochdeutschen Schriftsprache, cinnimmt, lichen Bemühungen der Flamander auch außerhalb ihres Pleinen Ländchens Anklang und Unterstügung finden würden. Vor allen Dingen aber fen es nothwendig, fich über die Orthographie zu einigen, die zuerst ein gewisser des Roches verdarb, der unter der Regierung Maria Theresiens die Schreibung des Antwerper Diesem sen ner Dialekts in Belgische Schulen einführte. entgegen zu arbeiten, indem man sich wieder der Schreibung der in den Jahren 1653, 1696 und 1777 in Antwerpen gedruckten Flamandischen Bibeln bediene. Zwar werde darauf eingewandt, man nähere sich dadurch allzu sehr dem Holländischen; aber warum sollen wir eine solche Annäherung vermeiden?" fragt Herr Willems.,,Haben doch die Holländer selbst erst aus den Regeln ges schöpft, die früher von Belgischen Sprach und Schriftkundigen aufgestellt worden. Auch denke ich, ist es kein Verbrechen, dahin zu arbeiten, daß sich die Flamändische Literatur mit der unser rer nordischen Nachbarn aussöhne; denn sonst hatten auch die Wallonen ein solches begangen, als fie die Sprache des Französ fischen Volkes in Belgien adoptirten."

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Nord-Amerika.

Eine Fahrt von Havre nach New-York.

(Aus den Briefen eines jungen Deutschen.)

New York, 22. Juli 1839. Seit vierzehn Tagen befinde ich mich in dem großen Empos rium der nördlichen Hälfte der Neuen Welt, in der eigentlichen Hauptstadt der Vereinigten Staaten; denn wer denkt in Europa nicht zuerst an New York, wenn von Nord-Amerika die Rede ist? Hierher strömt fast Alles zusammen, was von Europa kömmt, und was die Union dorthin sendet. Hier münden die größten Communicationslinien des inneren Landes. Der Fremde, der hier landet, empfängt sogleich den großartigsten Eindruck von der Macht und dem Reichthum dieses jugendlichen Staatenbundes. Und will er so recht mitten hinein lommen, so muß er seine Wohnung in Broadway nehmen, auf dem Breiten Wege, der belebtesten und wahrhaft majestätischen Straße von New York. Hier logire ich jest, in einem Französischen Hotel, und betrachte dies raiche, hastige Treiben als müßiger Zuschauer. Gewiß haben diejenigen, welche mich in Gedanken auf meiner Reise begleiten, schon ausgerechnet, daß ich spätestens Mitte Juli in Charleston, dem Orte meiner Bestimmung, angelangt seyn müsse; unvorhers gesehene Umstände aber halten mich wider meinen Willen noch hier zurück, und so kann ich denn einstweilen nichts Besseres thun, als meinen Freunden in der Heimath eine Schilderung von meiner Reise machen, auf der ich ein Ereigniß erlebte, welches gewiß zu den seltensten gehört, die auf einer Seefahrt vorkommen. Ich glaube aber fast, daß die drückende Hiße, die hier schon seit meiner Ankunft herrscht, — zwischen 23 und 26 Grad Reaumur abwechselnd, mir nicht gestatten wird, meine Erzählung in Einem Zuge zu beendigen. Bei einer Reisebeschreibung kann ohnehin eine etwas dejultorische Form immer erlaubt werden, und so will ich denn die einzelnen Bilder in bunter Abwechselung wiedergeben, wie sie vor mir aufsteigen und wie mir eine günstige Stunde fömmt.

Mein Brief von Havre ist, glaube ich, noch später von da abgegangen, als ich selbst, der ich bis zum 1. Juni dors vers weilte. Ich hatte einen Plaß in der ersten Kajüte des Pakets schiffs,,die Herzogin von Orleans" genommen, welches an dies fem Tage zwischen 12 und 1 Uhr Mittags die Anker lichtete. Auf der Jetée, einer Promenade, die eine Strecke ins Meer hineingeht, winkte mir der leßte Bekannte den Abschied zu, und bald sah ich Europa's Küsten immer mehr und mehr sich vers lieren. Die Trennung von Europa stimmte mich nicht traurig, vielmehr machte der Gedanke einen erhabenen Eindruck auf mich, einen ganzen Weltheil hinter mir zu lassen, einen Welttheil, auf welchem Millionen von Menschen leben und sterben, ohne dessen Gränzen gesehen zu haben. Welttheil! Erst jest habe ich den Begriff dieses Wortes recht gefaßt; diese gewaltige Ländermasse ist für mich jeßt nur ein Theil der Welt, während Manchem die Landschaft, ja die Stadt selbst, in welcher er geboren, schon die ganze Welt zu seyn scheint.

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Die Passage ist theuer genug; fie kostet volle 200 Thaler Breußisch Courant; indeß lebt man dafür auch so angenehm und bequem, wie man es auf einem Schiffe wohl nicht erwartet. Auf den Englischen Dampfböten beträgt der Preis noch mins destens 50 Thaler mehr, wofür man freilich den Vortheil hat, nur halb so lange unterweges zu seyn. Kaum hatten die Matro fen unter ganz eigenthümlichen Gesängen die Segel aufgespannt, und kaum war die Küste vor unseren Augen verschwunden, ich hatte noch nicht Zeit gehabt, die Einrichtungen des Schiffs mir ans zusehen, fo befand ich mich schon in einem Zustande, der mich fast Alles vergessen ließ, es war die Seekrankheit! Auf einen unbetheiligten Beschauer müßte der Anblick eines solchen Schiffes einen gar wunderlichen Eindruck machen: wenn er sche, wie von beiden Seiten des Fahrzeuges so zwanzig bis dreißig Menschen die Köpfe über Bord halten und mit bleichen Gesichtern wieder von fich geben, was sie eben noch mit großem Appetit gegessen. Da ich Erleichterung hoffte, wenn ich mich zu Bett legte, so stieg ich hinunter in mein Zimmer (cabane), wo ich meinen Stubens genoijen, einen jungen Französischen Kaufmann, 1ɖon auf jeinem Lager vorfand..

26. Juli.

Ehe ich weiter erzähle, wie es mir in meiner Seekrankheit erging, will ich vorher mein Zimmer beschreiben. Die Kajüte nimmt auf dem Pakeiboot die halbe Länge des Fahrzeuges ein; unfer Schiff aber ist ein Dreimaster von wenigstens 150 Fuß Lange. Am Ende der Kajüte, die hinten vom Steuerruder anfängt, also in der Mitte des Schiffs, ist noch eine besondere Abtheilung ges macht, von der Größe eines kleinen zweifenstrigen Zimmers und sehr elegant eingerichtet, mitten ein Tisch und an den Seiten Sopha's. Man nennt diese Abtheilung chambre des dames, weil für den Fall, daß viel Damen mitreisen, dieselben sich hier aufhalten. Zu dem anderen, größeren Theile der Kajute befindet sich, der ganzen Länge nach, eine Tafel, an welcher gespeist wird. An den beiden Seiten dieser Kajüte sind nun die besonderen Zims mer oder Schlafgemächer der Passagiere, jedes von dem anderen durch eine Wand getrennt und mit einer Thür nach der Kajüte versehen. Wer zum erstenmal in die Kajüte eines solchen Pakets boots tritt, muß über die Pracht und Eleganz erstaunen. Der Fußboden ist durchgehends mit Teppichen belegt, und die ganzen Wände, welche durch die Eingänge in die besonderen Gemacher gebildet werden, sind mit verschiedenen der feinsten Hölzer ausges legt, wie sie Amerika nur liefern kann. Jedes fleine Zimmer hat ein Fenster mit Jalousieen; die Thürklinken sind von Glas mit einer silbernen Platte, auf welcher die Nummer des Zimmers angebracht ist.

Jest die Beschreibung der kleinen Zimmer: ein solches hat freilich nur etwa 5 Fuß im Quadrat, ist aber sehr bequem einges richtet und mindestens 8 Fuß hoch. Alles ist hier niets und nagels fest, wie im ganzen Schiffe, weil sonst beim Schwanken des legs teren die Gegenstände hin und her rutschen würden. Der Fuss boden hat ebenfalls einen Teppich; die Wände sind mit weißer Delfarbe angestrichen, und das Licht fällt von oben herein, wo man zwei kleine langliche Spalten mit dickem geschliffenen Glase ausgelegt hat. Das Zimmer ist nichtsdestoweniger ganz hell. Es hat einen Tisch mit zwei Schublasten, in welchen sich das Waschbecken und dergleichen befindet. Ueber dem Tisch ist ein Spiegel. An der Wand des Schiffes sind die beiden Betten, zwei Kasten, einer über dem anderen befestigt. In diesen lastens ähnlichen Betten liegen zwei Matrazen, einige Decken und ein Kopfkissen, Alles sehr gut und stets höchst reinlich; auch haben beide Beuten kleine Gardinen, und die feinen Hölzer fehlen hier ebenfalls nicht. Ich war der Einzige, der mit Jemand zusam men logiren mußte, weil die übrigen Zimmer schon alle beseßt waren. Sind viel Passagiere, so werden immer zwei in ein Zimmer logirt. Mein Kamerad hatte das untere Bett in Beschlag genoms men, und ich mußte daher in das obere klettern, was bei dem Schwanken des Schiffs einige Virtuosität erforderte.

Ein

Glücklich in mein Bett gelangt, hatte ich Muße, meinen unglücklichen Kazenjammer abzuwarten, denn weiter ist die Sees frankheit nichts, und zwar noch dazu ohne Kopfschmerz. Musensohn aber hat eine zu vielseitige Bildung erlitten, als daß ihm dies etwas Neues seyn sollte, und die Ohren zartfühlender Leser will ich hier nicht weiter mit einer näheren Schilderung dieses Leidens belästigen. Zur Bedienung hatten wir Schwarze oder vielmehr gens de couleur, Farbige, gewöhnlicher Mulatten genannt. Es war Mittagszeit, man brachte uns Suppe, bald aber remittirten wir dieselbe. Nach einigen Stunden hatten wir Ruhe, und den anderen Tag, einen Sonntag, war uns ganz wohl. Ich as mit Appetit, dachte dabei viel an Deutschland und hätte lieber eine Landpartie gemacht, als hier so abgeschieden auf dem Schiffe zu liegen. Tages darauf, als wir den Thee einges nommen hatten hier wird Morgens und Abends Thee getruns und uns ganz behaglich fühlten, glaubten wir die Sees krankheit überstanden zu haben und erhoben uns von unserem Lager. Aber die folgende Stunde fand uns schon wieder im Bett und in dem alten Zustande. Die Schwarzen, wenn wir sie fragten, wie lange denn die Geschichte daure, antworteten uns immer, übermorgen sen Alles vorbei; dies sagten sie jeden neuen Tag, und jeden Uebermorgen fahen wir uns getduscht. Von uns 13 Passas gieren der Kajute waren indeß nur drei lange Zeit feetrant, und von diesen dreien war ich noch der gesundeste. Ich hatte mir herausfallulirt, daß man, um die Seekrankheit zu vermeiden, im Het bierben müsse, uno legte mich daher, wenn ich einmal aufs gestanden war und mich unbehaglich fühlte, fogleich nieder

fen

Mein Stubengenoffe, der länger aufblieb, war dafür nachher feefrank, während ich mit frohem Muthe mein Morgens und Abendbrod genoß. So hatte ich Tage, wo mir ganz wohl war und wo ich die Seekrankheit überwunden zu haben glaubte. Dies kam aber mehr daher, weil wir wenig Wind hatten; an Tagen, wo der Wind heftig blies und das Schiff stark schaufelte, ging das Lied wieder von vorn an. So blieb es bis zum zwölften Lage, und ich hatte nach gerade darauf verzichtet, am Bord ges fund zu seyn: da heißt es, heute sen sehr schönes Wetter; ich fleide mich an und bleibe auf, ohne die geringste Anwandlung zu verspüren. Zum erstenmal nahm ich an diesem Tage das Diner an der Tafel ein. Indeß wurde ich nochmals krank und hütete wieder aus Furcht mehrere Tage das Bett, indem ich es borzog, auf meinem Lager zu bleiben und gejund zu seyn, als außer dem Bett mich unbehaglich zu fühlen. So war ich in den Zustand gerathen, in welchem sich Menschen befinden, von denen man sagt, sie seven Jahr aus Jahr ein frank. Doch kann ich jest aus eigener Erfahrung bestätigen, daß dies bei der Sees frankheit wohl meist die eigene Schuld des Kranken ist; denn Leute, die dabei so viel als möglich auf dem Verdeck bleiben und fich nicht legen, find gewöhnlich in einigen Tagen von dem Uebel befreit, während ich aus Bequemlichkeit lieber im Bett lag und daher, wenn ich aufstand, des Aufbleibens ungewohnt, mich kran? fühlte. Am siebzehnten Tage war ich den ganzen Tag auf und to auch die folgenden; obgleich mir auch da anfangs nicht ganz wohl zu Muthe war, fühlte ich mich doch von Tag zu Tage besser, und der Seekrankheit folgte eine vollkommene Gesundheit mit einem wahren Löwenappetit, welchen ich, aus langer Weile und durch eine sehr gut beseßte Tafel aufgemuntert, auch ohne Zurückhaltung in vollem Maße befriedigte.

Da ich nun gerade auf das Kaputel vom Essen gekommen bin, so wäre es wohl an der Zeit, die Art zu schildern, auf welche wir am Bord genährt worden sind; ich will dies aber noch ein wenig versparen und gelegentlich beibringen, da es doch alle Tage so ziemlich dasselbe war. Dagegen mag hier die Erzahlung eines Ereignisses folgen, welches wir nur einmal auf der Reise erlebten und das beinahe dasselbe geworden wäre, was man nur einmal im Leben erfährt, und zwar am Ende der Lebensreise: der Tod. Diesmal war es aber nicht der Tod fels ber, sondern nur seine gute Freundin: die Lebensgefahr. Doch ich eile lieber ohne viele Andeutungen in medias res.

Am 17. Juni also hatte ich die Seekrankheit glücklich übers standen und fing an, mich wie alle andere Passagiere zu verhals ten. Am 19:en, Morgens nach 8 Uhr, man hatte zum Aufstehen geklingelt, denn um 9 Uhr wurde das Frühstück eingenoms men, also zwischen 8 und 9 Uhr, lag ich noch im Bett und wendete mich, wie man zu sagen pflegt, zum leßtenmale_um, halb wachend, halb träumend, als plöglich ein heftiger Krach geschah, auf welchen bald neue Stöße folgten, so daß ich, etwas unsanft im Bett gerüttelt, zur völligen Besinnung kam. Die Stöße, von Krachen begleitet, währten fort, und über uns auf dem Verdeck entstand ein Larmen und Geschrei, als stcken Alle am Spieße; man hdrte hin und her laufen und schreien, dazwischen Kommandoworte, das Rollen der Leitern mit Rädern und andes res Getöse. Alles deutete auf etwas Außergewöhnliches; ich hörte, wie Einer nach dem Anderen aus der Kajůte die Treppe hinauflief aufs Verdeck, und noch zweifelnd, ob man nur die Segel anders richte oder dergleichen, lam mir doch nach gerade der Gedanke an eine Gefahr: wie, wenn das Schiff auf eine Klippe gerannt wäre! Da ich jedoch wußte, daß wir auf offenem Meere waren, so wollte ich mich schon wieder beruhigen und auf den Larm nicht achten. Jeßt steigt aber ein Passagier, ein Franzose, der mit seiner Frau und Lochter die Reise machte, die Treppe herunter, und indem seine Gattin ihn angstlich fragt, was denn sen, höre ich ihn hastig sagen: O mon dieu, nous sommes perdus, le navire sombre! Daß wir verloren feyn sollten, hatte ich ihn verstanden, aber der Grund blieb mir unklar, denn ich wußte damals noch nicht, was sombrer hieß 3ch richtete mich auf, um von meinem Stubenkameraden Aufschluß zu ers halten, der mir indeß nur durch seine Geberden wurde, denn er sprang aus dem Bett, fuhr in die Kleider und sprach ganz uns aufammenhangend, nur darauf bedacht, so bald als möglich die Kajüte zu verlassen. Der Lårm nnd das Krachen währten immer fort. Jeßt machte auch ich mich aus dem Bett, und im Nu war ich angekleider. Während ich rasch vor dem Spiegel meine Kras vatte umlegte, um nicht unordentlich auf dem Verdeck zu erscheis nen, dachte ich ganz ernstlich an den Tod und warf mir die Frage auf: Sollst du wirklich jest sterben? Es ist ein ganz eigen Ding, der Lod, und noch dazu so plöglich, aber ich kann doch fagen, daß ich bei weitem nicht das Gefühl hatte, wie man es gewohn lich schildert; ich war auf Alles gefaßt, verlor aber die Hoffnung noch nicht, und in dem Moment, wo ich aufs Verdeck stieg, um au sehen, ob ich verloren sen oder nicht, dachte ich mehr an meine Berwandten und Freunde, als an mich selb&. (Fortseßung folgt.)

O ft in die n.

Die Frauen der Hindus.

(Schluß.)

Gleich bei seiner Ankunft in Jndien findet derselbe Reisende Veranlassung genug, die fträfliche Aufführung der Europier, im

Die Wärme und Offenheit, womit er dies thut, laffen uns an der Wahrheit seiner Berichte keinen Zweifel. Er schreibt:,,Es muß jeden fühlenden Menschen bitter tränken, daß viele Naturs finder und ungläubige Heiden mehr Treue und Wahrhaftigkeit, mehr Rechtlichkeit und Ehrbarkeit, mehr Menschenliebe und Barms herzigkeit beißen, als eine Menge von Damen, die sich zur Lehre Jesu bekennen."

Ju-der Periode von 1660 bis 1700 haben verschiedene Reises beschreiber des abscheulichen Lebenswandels gedacht, den die Euros pder in Ostindien zu führen pflegten; besonders reich an bettűs benden Beispieten dieser Art find: Souza's Geschichte der Portus giesen in Indien die Reifen der Jesuiten, des Herbert, Bers nier und Lavernier und Hamilton's Neue Beschreibung von Ostindien. Der leßtgenannte Autor erzählt uns unter Anderem eine Begebenheit, die jeden Menschenfreund mit Grauen erfüllen muß. Senhor Thoma Pereyra, ein Portugiesischer Abenteurer, erwarb sich durch seine Schlauheit und Gefügigkeit die Gunst des Königs von Pegu in solchem Grade, daß dieser ihn zu seinem ersten Feldherrn machte. Er hatte seine Pracht: Elephanten und eine eigene Leibgarde, die ebenfalls aus Portugiesen bestand. Als dieser glückliche Emporkömmling eines Tages auf einem großen Elephanten in Gala von Hofe kam und seinem eigenen Palaste suri, hörte er im Hause eines Bürgers Musik. Die Tochier dieses Bürgers, ein sehr schönes Mädchen, war selbigen Morgen einem Jüngling aus der Nachbarschaft angetraut wors den. Der General verweilte vor dem Hause und ließ den Aels tern sagen, sie möchten ihm die Braut vorstellen. Beide Aeltern fühlten sich sehr geehrt und beeiferten sich, seinem Wunsche nach. zukommen; kaum aber hatte das Mädchen die Schwelle ihrer Wohnung überschritten, als Pereyra, von wilder Last entbrannt, fie ergreifen und nach seinem Haufe schleppen ließ. Der unglücks liche Bräutigam nahm sich aus Verzweiflung das Leben; die troftlofen Aeltern aber zerrien ihre Kleider und tiefen heulend und wehklagend durch die Straßen bis zum Palaste des Königs und flehten ihre Götter und Mubürger an, den Böjewicht zu bes ftrafen. Ganze Haufen Volkes versammelten sich und erhoben ein Zetergeschrei, das bis zu den Ohren des Königs drang. Dies fer schickte sogleich einen Boten, um die Ursache des Tumultes zu erfahren, und forderte, sobald er von dem Vorfall unterrichtet war, den General zur Rechenschaft. Pereyra, der die Frucht seiner Frevelthat ungestört genießen wollte, entschuldigte sich mit Unpaßlichkeit. Der König gerieth über diese Ausflucht in Wuth: er befahl sämmtlichen Bürgern, die Waffen zu ergreifen und jeden Portugiesen ohne Gnade niederzustoßen, und sein Befehl wurde so schleunig vollstreckt, daß in wenigen Stunden fast kein Portas giese mehr am Leben war. Der ruchlose Pereyra wurde lebens dig ergriffen und, an die Hinterfüße eines Elephanten gefesselt, durch die Straßen geschleift, bis kein Fleisch mehr an seinen Knochen war. Drei Mann von seiner Leibwache, die sich zus fällig in den Vorstädten am Fluffe befanden, entfamen bei nachts licher Weile in einem kleinen Boote. Sie schifften die westliche Saste entlang, bis sie Malakka erreichten.

Auch Tennant, der im vorigen Jahrhundert nach Indien reifte, war Zeuge von der sträflichen und schamlosen Aufführung der Europaer im Osten. Er sagt: Ueberall fand ich in ihren Sitten eine Mischung von Habsucht, Grausamkeit und ungezůs gelier Sinnenluft. Die Meisten hatten sieben bis acht Konkubinen, die sie mit tyrannischer Strenge zur Arbeit anhielten, um den Ers trag dieser Arbeit zu verpraffen. Der Abbé Dubois urtheilt im Ganzen, wie Terry und Tennant; aber sein Raisonnement is nicht frei von Vorurtheilen, sein politischer Eifer verleitet ihn zu mancher Ungerechtigkeit, und wir möchten ihn daher nicht gern au unferem Verbündeten machen. Nur Eine Stelle seines Buches erlauben wir uns hier anzuführen, weil wir im Voraus übers zeugt find, daß ihre Wahrheit jedem unparteiischen Leser einleuch; ten wird. ,,Wenn Du einem verständigen Hindu von unserer höheren Moralität und Civilisation Etwas vorfagst, so mache Dich darauf gefaßt, daß er Dir folgende Fragen stellen wird: rühmt Euch Eurer moralischen Ueberlegenheit; wie soll ich aber damit in Einklang bringen, daß in Euren Hauptstädten Paris und London, wie Zhr selbst in Euren Zeitschriften freimüthig eins gesteht, gegen 40,000 öffentliche Buhldirnen leben? Erlundige Dich einmal in Kalkutta, Madras und Bomban, ob die moras lische Entartung unter der dicht gedrängten Bevölkerung dieser großen Städte auch nur in gleichem Make um sich gegriffen hat und dann laffe uns weiter von der Sache reden."

3hr

So viel liegt flar am Tage, daß der ftliche Werth des weiblichen Geschlechts in Ostindien da, wo Europder sich nieders gelaffen haben, am tiefsten gesunken ist; und mit Recht können Re ausrufen: Vae nobis iniseris, ad quos Paganorum vitia transierunt! (Asiatic Journal.)

Türkei.

Die Rafa's in der Türkei.

Vierter Artikel.

Die Griechen.

Zwischen den Mufelmännern und den Armenischen oder jabischen Raja's haben wir hinsichtlich der Religion und der Sitten manche Berührungspunkte wahrgenommen; zwischen den Muselmannern und Griechen werden sich dagegen nur Verschie

haben eine bequeme Wohnung, ein g haben eine bequeme Wohnung, ein gutes Bett, Wein; Gemüse and oft auch Fleisch.

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rungen mit dem alten Hellas, durch ihre Sympathieen mit dem Abendlande verknüpft sind, haben von den Hellenischen Republiken die Poesie und die Beweglichkeit, vom Osts Römischen Kaiserthum die Schlauheit und den Aberglauben, von Europa das Streben nach Fortschritt überkommen. Sie haben traurige Zeiten durch lebt und der Barbarei, die sie von allen Seiten umgab, widers standen; sie haben ihre Nationalität inmitten einer mächtigen Nation bewahrt und können jest vielleicht Europa bei der Reors ganisation des Dsmanischen Reichs behülflich seyn. Die Grie chen verdanken ihre Vorrechte theils der muselmannischen Dulds famkeit, theils ibrem eigenen Verstande. Die Erhaltung ihrer Nationalität ist die Frucht der unbeugfamen Strenge ihrer relis giösen Einrichtungen und des patriotischen Sinnes ihrer Geistlichs feit. Diese hat sich freilich dem nachtheiligen Einfluß einer mehrs hunderjährigen Knechtschaft nicht entziehen können und viele Laster angenommen, aber ihre Schattenseiten treten in den hins tergrund, wenn man bedenkt, daß sie vier Jahrhunderte hindurch ihren unglücklichen Landsleuten Worte des Croftes gespendet und einen rühmlichen Antheil an der Befreiung des Vaterlandes ges nommen hat. Man hat vielleicht die Unbeugfamkeit verdammen Pönnen, welche einen abtrúnnigen Griechen zurückwies, wenn er wieder reuig an die Thüren der Kirchen klopfte und wieder in die Gemeinschaft der Christen aufgenommen zu werden wünschte, aber ohne dieje Strenge würde es fest Peine Griechen mehr in der Türkei geben.

210Als die Türken triumphirend in Konstantinopel einsogen und ihre Macht über alle Länder ausbreiteten, welche der Griechischen Kirche unterworfen waren, ehrten fie die Religion der Besiegten und ließen diesen fast alle Kirchen. Nicht nur gestatteten sie dens felben die freie Ausübung ihrer Religion, nicht nur überließen fie den aus der Mitte der Griechen gewählten städtischen Behörden die Anordnung der inneren Angelegenheiten, sondern sie übertrus gen auch den Griechen aus den vornehmeren Familien nichtige Stellen in der Diplomatie und in der Verwaltung. Die Griechen waren allerdings geschickter zur Führung der Geschäfte als ihre Herren. Da sie von Jugend auf in die Geheimnisse der Diplos matie eingeweiht wurden, da sie ferner in den alten und neuen Sprachen bewandert waren, so mußte ihre Stimme bei den Bes rathungen ein großes Gewicht haben, und die Türken, welche beffer mit dem Schwerte als mit der Feder umzugehen wußten, überließen gern den edlen Fanarioten die Leitung der Verwaltung und der Beziehungen zu den fremden Machten. Die vornehmen Fanariotischen Familien übten von jeher dadurch einen großen Eins fluß, daß aus ihnen die ersten Dolmetscher und die Gesandtschaftss Secretaire gewählt wurden. Der aristokratische Sinn war unter den Griechen tief eingewurzelt, und erst seit 1821 hat die Masse der Nation wieder Bedeutung erhalten. Früher waren die Reichen allein gebilder, und das Volk schmachtete in der tiefsten Unwissenheit. Selbst die städtischen Behörden waren nur ein Werkzeug der Uns terdrückung, weil die mächtigen Familien es durchzusehen wußten, daß die Archonten nur aus ihnen gewählt wurden. Vermöge des Schußes, den ihnen die Türkische Regierung verlieb, drückten fie dann das Volk auf die unerhörteße Weise. Als Beispiet kann der frühere Zustand von Chios dienen. Diese Insel war eine Apanage der Mutter des Sultans und erfreute sich in Folge deffen vieler Begünstigungen. Die Insel gewährte feinen großen Ers trag, aber die Einwohner waren sehr reich; die ältesten Söhne der Familien ließen sich gewöhnlich in den bedeutendsten Städten des Osmanischen Reichs nieder und errichteten daselbst Comp: toire; nach Jahren überließen sie dann diese ihren jüngeren Brus dern und lehrten, mit Reichthümern beladen, in ihr Vaterland zus ruck, wo sie sich verheiratheten. Es gab auf der Insel vier oder fünf Familien, welche, vermöge ihres alten Ursprungs, die hohe Aristokratie bildeten; diese gingen nur Ehen unter einander ein und blickten auf alle Andere mit Geringschäßung nieder. Die Griechen von Chios unterhielten in Konstantinopel und in den anderen Städten des Reichs Deputirte, welche beauftragt waren, das Betragen der jungen daselbst wohnenden Chioten zu übers wachen. Regte sich in diesen ein Freiheitsgedanke, so brachen ihre Landsleute augenblicklich alle Verbindung mit ihnen ab. Wollte ein junger Chiote eine Frau heirathen, die nicht von der Insel gebürtig war, so ließen ihn die Deputirten festnehmen und schickten ihn gefeffelt nach Chios. Nach der Griechischen Revolu. tion verlor die Oligarchie ihre Macht.

Es ist schon angemerkt worden, daß der oligarchische Geist seit der Griechischen Revolution sehr herabgestimmt worden ist. Zwei Ursachen haben vorzüglich diese Umwandlung bewirkt. Zuerst das Herablemmen der vornehmen Familien, welche vors zugsweise unter der Verfolgung der Türken zu leiden hatten, und dann die Verbreitung des Unterrichts durch die Eröffnung vieler neuen Schulen in den Städten und auf den Dörfern. Alljährlich versammeln sich die Griechen zu Ostern in den Kirchen der Städte und Dörfer, um die Abgeordneten zu wählen, welche sie bei den Türkischen Behörden repräsentiren und die Kirchengüter und die Hospizien verwalten. Nimmt man etwa die Wahlen zu Konstantinopel aus, fo zeigen die Griechen sonst hierbei einen großen Unabhängigkeitsfinn. In diesen Versammlungen kann man die ganze unruhige Beweglichkeit des Nationals Chas rafters fennen lernen. Ich wohnte einer Sigung bei, wo einer der austretenden Abgeordneten wegen seiner zu großen Unters würfigkeit gegen die Lückische Regierung getadelt werden sollte. Als ich diese Menschen ihre Beschwerden mit so vieler Energie, mit so vieler Beredsamkeit auseinanderseßen hörte, da wurde es mir klar, wie dieser bevorrechtete Volksstamm so viele Revolutionen hatte durchmachen, so viel Etend ertragen fönnen, obne unterzugehen. Der lebhafte und poetische Charakter der Griechen tritt auch bei ihren Festen und religiösen Feierlichkeiten hervor. Ihre Ges fange und Tanze haben einen ganz nationalen Ausdruck. Ihre Heiterkeit durchbricht alle Feffeln. Man sollte kaum glauben, daß dieses Volk einer fremden Tyrannei unterworfen ist, wenn man fröhliche Gruppen auf den Straßen Weins und Liebeslieder fingen hört. Jedes Dorf steht unter dem Schuße eines heiligen, und wenn dessen Fest gefeiert wird, so stromen Laufende von Griechen aus allen Gegenden herbei. Man betet, man fingt, man tangt, und die Türkische Behörde mischt sich nur in so we weit ein, als es zur Aufrechthaltung der Ordnung erforderlich ist.

Eines der schönsten Schauspiele, welches ich je gesehen habe, wurde in der Metropolitan Kirche des heiligen horinius zu Smyrna in der Nacht vor Ostern veranstaltet. Wehr als 5000 Gldus bige jedes Geschlechts und jedes Alters drängten fich vor den Thüren der Kirche und füllten den glänzend erleuchteten Hof. Drei Stuns den nach Mitternacht trat die Geistlichkeit, mit ihrem glänzendsten Schmucke angethan und unter Anstimmung des Tedeums, aus den Thüren der Kirche. Tiefes Schweigen wurde von der Menge beobachtet, und alle Augen richteten sich nach der Tribune, auf welcher der Erzbischof, umgeben von der Geistlichkeit, stand. Plöglich sprach der Bischof mit lauter Stimme die Worte: Christos anesti" (Christus ist auferstanden). Hierauf zunderen alle Anwesenden Kerzen an, schroenkten fie in der Luft und widers holten begeistert die Worte: Christos anesti". Die Ceremonie dauerte noch eine Viertelstunde, worauf sich die Menge in die Straßen ergoß, nicht mehr traurig und schweigend, wie fie geloms men war, sondern fröhlich und freudig; die Freunde stürzten sich in die Armez Einer rief:,,Christos anesti", und der Andere ants wortete:,,alitina anesti" (er ist in Wahrheit auferstanden).

Die Grichischen Frauen sind sehr fleißige Kirchengångerinnen. Sie dürfen nur die vergitterten Gaterieen besuchen, wo sie nicht gesehen werden können. Daraus darf man indeß nicht schließen, daß die Griechischen Frauen sich dem Anblick der Manner entres hen, sondern sie erfreuen sich derfelben Freiheit wie die Euros päischen Frauen und bilden durch ihre Anmuth und sprudelnde Heiterkeit die Zierde der Gesellschaften. Vor der Revolution wurden allein die reichen Mädchen unterrichtet; die Fanariotinnen machten sich mit der alten Griechischen Sprache und Literatur bekanntz in den anderen Siddten lernten die Frauen nur Reus griechisch lesen und schreiben. Aber seit einigen Jahren lernen fie auch das Französische, und durch die Bemühungen protestans tischer Missionäre find in den Städten und Dörfern viele Schus len errichtet worden, in welchen die Elemente einer guten Erstes hung gelehrt werden. Der Fanatismus und die Unduldsamkeit haben die Griechische Geistlichkeit verleitet, diese Schulen zu vers bieten, aber der Anstoß ist gegeben, und die Gemeinden haben schon angefangen, öffentliche Schulen zu gründen, bei welchen die von den Protestanten eingerichteten als Muster gedient haben. Es ist zu hoffen, daß die Griechischen Frauen, je mehr fie der Wohlthaten der Bildung theilhaftig werden, auch desto mehr ihren Männern die Achtung einzuflösen wissen werden, welche diese ihnen in der Regel jest nicht bezeigen; mit der Zeit werden. fie gewiß eine würdigere Stellung in der Familie einnehmen. Ungeachtet ihnen viele Freiheit gelaffen ist, würde man dennoch sehr irren, wenn man glaubte, daß sie mit den Männern auf gleichem Fuße ständen. Der Beweis vom Gegentheile liegt darin, daß ibre Männer fie unter dem geringfügigsten Vorwande vers stoßen können, z. B. wenn sie einen übelriechenden Arbem baben.

Die Griechen sind sehr bildungsfähig und zeigen in Allem, was sie unternehmen, eine bewunderungswürdige Thätigkeit. Da fie máßig, gefchickt und unternehmend find, so haben sie Glück im Handel. Der Vorwurf der Unredlichkeit, den man ihnen macht, ist nicht unbegründet. Die Griechen verdanken ihre Reich thumer nicht nur dem Handel, sondern auch dem Ackerbau und den Seefahrten. Die Griechischen Matrosen sind dußerst mäßig, und da die ganze Mannschaft, vom Capitain bis zum Schiffes jungen herab, einen verhältnismäßigen Antheil am Gewinne hat, Die Poeste, welche die Feste der Griechen verschönert, tritt fo entfalten alle einen außerordentlichen Eifer und eine große auch in den religiösen Ceremonien hervor. Die Hochzeit wird Thätigkeit. Indes komme die Blüthe der Griechischen Marine nicht in der Kirche, fondern im Haufe der Braut gefeiert. Dort der Türkei wenig zu Gute, denn wunderbar genug die wird ein Altar errichtet, auf welchem Kerzen, Bilder, Weihrauch Schiffe unter Türkischer Flagge haben in den Türkischen Hafen stehen. Die Braut ist sehr geschmackvoll gekleidet; fie trägt Blus mehr als alle andere su zahlen, und die Griechen schiffen daher men in ihrem Gürtel, und ihr Haar if mit einer Menge von gewöhnlich unter fremder Flagge. Auch der Ackerbau ist für die Goldfchnüren umwunden, welche auf ihre Bruft niederfallen Griechen eine große Quelle des Reichthums, um so mehr, als fie wahrend der ganzen Ceremonie Reben ihr zwei Freundinnen aur fast alle Grundbefißer find. Seit einiger Zeit sind sie zibar vier Seite, dem Gatten ein Freund. Nach den blichen Gebeten len Plackereien ausgefeßt, und die Habjucht der Statthalter vers spricht der Hauptpriester der Gemeinde die Trauungsformel, wo schlingt einen bedeutenden Theil der Einfünfte, aber dennoch hat rauf die Brautleute Ringe wechseln. Die Vachen bekränzen der Griechische Bauer ein sehr glückliches Loos. Alle Bauern dann ihr Haupt mir zwei Blumengewinden, welche nach einiger

Zeit von den Neuverehelichten ausgetauscht werden, zum Zeichen, daß das Leben der beiden Gatten von nun an in einander aufs geht. Sodann werden Kerzen angezündet, Weihrauch verbrannt, und die Priester stimmen eine hymne an, wobei sie dreimal den Altar umschreiten. Ferner werfen die Anwesenden Zuckerwerk zu den Füßen der Gatten, es werden Erfrischungen herumgereicht, und die Neuvermählte theilt unter die Jünglinge und Jungs frauen Goldschnüre aus.

Die Griechen taufen ihre Kinder wenige Tage nach der Ges burt; stürben sie vorher, so, glauben sie, würden ihnen die Thore des Paradieses verschlossen. Bei der Taufe wird das Kind ins Wasser getaucht; nachher wird es mit geweihtem Del auf der Stirn, dem Munde, den Augen, den Öhren, der Nase, den Händen und den Füßen gesalbi.

Die Religion, welche das Kind mit so vieler Feierlichkeit in ihren Schoß aufnimmt, entfaltet eine nicht geringere Pracht, wenn fie den Menschen am Rande des Grabes empfängt. Mit Blumen geschmückt, ruht der Todte in einer offenen Bahre; er ist mit seinen besten Kleidern angethan und sein Gesicht nicht verhüllt. Die Bahre wird von den Freunden des Verstorbenen getragen; eine Menge Priester ziehen vorauf und singen Hymnen. Der Sarg wird zuerst nach der Kirche gebracht und dort eine Messe gelesen; hierauf umringen ihn die Verwandten und Freunde, "küssen die Stirn des Verstorbenen und tragen ihn nach dem Grabe. Die Todtenmesse ist sehr schön; sie mag deshalb mitgetheilt werden: ,,Kommet, Brüder, kommet, Brüder, und laßt uns dem Todten einen lesten Kuß geben, indem wir Gott danken. hat die Aeltern verlassen; er ist auf dem Wege zum Grabe und fragt nicht mehr nach der Eitelkeit der Erde und dem Gelüste des Fleisches. Wo find jeßt die Verwandten und Verbrüderten? Wir And getrennt! ach! wir sind getrennt. Bitten wir Gott, daß er ihn zu seiner Ruhe eingehen läßt."

Er

,,Welche Trennung, o Bruder! welche Trauer! welche Klas gen ob der Veränderung! Auf, umarmen wir ihn, der vor kurzem noch bei uns war. Er ist dem Grabe verfallen, er ruht unter einem Steine, seine Wohnung ist in der Finsterniß, er schlum mert bei den Todten, wir sind getrennt. Bitten wir Gott, daß er ihn zu seiner Ruhe eingehen läßt."

,,Alle Uebel und alle eitlen Freuden der Welt sind zu Ende; warum hat der Geist seine Zelle verlassen? Ist der Thon schwarz geworden oder das Gefäß zerbrochen? Er ist stumm, fühllos, todt, unbeweglich. Indem er dem Grabe anheimfällt, bitten wir Gott, daß er ihn får immer zu seiner Ruhe eingehen läßt."

Unser Leben ist in der That wie eine Blume, wie ein, Dunst, wie ein Morgenthau. Sehen wir aufmerksam in das Grab. Wo ist die Anmuth des Körpers? Wo die Jugend? Wo die Augen und die Schönheit des Fleisches? Alles ist vertrocknet wie das Gras des Feldes, Alles hingeschwunden. Kommet doch und weinet zu den Füßen Chrifti."

,,Kommet doch, o Söhne Adam's! Sehet den, der nach unses rem Bilde geformt war, der Erde übergeben. Alle seine Anmuth ist verschwunden; sie ist im Sarge zerfloffen, fle dient den Würmern sur Speise, fie ist in Finsterniß begraben. Jest sind wir getrennt; bitten wir Gott, daß er ihn zu seiner Ruhe eingehen läßt."

Die Griechen find größtentheils sehr abergläubisch; sie glau ben an Zauberei und nehmen gern zu Herenmeistern ihre Zus flucht. Die unterste Volksklasse ist wild und rachsüchtig; die Reliquien hält sie in hohen Ehren. Diese kraftigen Seelen bes dürfen einer Anregung, und eben so glühend wie sie nach dem Besiße einer Reliquie streben, eben so hißig verfolgen sie auch den Gegenstand ihrer Rache, deren Erfüllung fie für eine heilige Pflicht halten. Ich erinnere mich eines Junglings, dessen Bruder in einem Streite getödtet wurde. Er föhnte sich mit dem Mörs der aus und schwur, ihm zu verzeihen; er wurde sogar scheinbar dessen Freund. Ein Jahr lang brütete er Rache. Als endlich der Jahrestag des Mordes gekommen war, da führte er den Mörder in eine Schenke, und als die Stunde schlug, in welcher sein Bruder getödtet worden war, stieß er den Dolch in das Herz seines Mörders.

Die Griechen glauben, daß die Armenier verdammt sind. Von den Katholiken und Protestanten haben sie diese Meinung nicht. Ihre Kirche nimmt größtentheils die Lehre von der Gnade an, wie sie Johannes Cassianus, der Schüler des Johannes Chryfoftomus, gelehrt hat; es ist eine semi-pelagianische Lehre. Sie glauben, daß der erste Anstoß zum Guten vom freien Willen ausgeht, den die Gnade dann erleuchtet. Den Papst verabscheuen die Griechen; ferner leugnen sie das Fegefeuer und erkennen nur die Bibel und die sieben ersten Konsilien an. Sie behaupten, daß der heilige Geist nicht vom Vater und Sohne, sondern blog vom Vater ausgeht. Sie nehmen das Abendmahl unter beiderlei Gestalten. Bildsäulen nehmen sie in ihre Kirchen und Hduser nicht auf, weil sie glauben, daß dies dem zweiten Gebote zuwider fen. Dagegen stehen die Bilder bei ihnen in großer Verehrung. Sie verehren die Heiligen und besonders die Jungfrau. Die Griechische Geistlichkeit ist im Allgemeinen sehr fanas tisch, und sie erhält das Volk im tiefften Aberglauben, um es desto besser leiten zu können. In Budscha, einem Dorfe bei Smyrna, habe ich gesehen, daß Griechische Priester einen Jungs ling in den Bann thaten, weil er eine Katholikin geheirathet hatte. Den Ladenbesißern war verboten worden, ihm etwas zu verkaufen, und da diese hier sämmtlich Griechen sind, so war der

unglückliche Jüngling gezwungen, alle Tage fein Brod bei den Europäischen Familien zu erbetteln.

Das Haupt der Griechischen Kirche ist der Patriarch in Konstantinopel; er wird von zwölf Erzbischöfen und Bischöfen erwählt und bedarf der Bestätigung der Pforte. Von der Geists lichkeit und den Griechen erhält er kostbare Geschenke, und wenn er sein Amt aufgiebt, bewahrt er den Titel Er Patriarch. Es giebt noch zwei andere Patriarchen im Türkischen Reiche, den zu Jerusalem und den zu Kahira. Man zählt fast 120 Erzs bischöfe und Bischöfe. Die Geistlichkeit zerfällt in zwei Klaffen, die Mönche und die Laienbrüder. Den ersteren verbleiben alle hohe geistliche Aemter; diese können auch nach ihrer Verheis rathung noch die Aufnahme erhalten, aber sie dürfen auf teine Beförderung Anspruch machen, und wenn sie ihre Frauen durch den Tod verlieren, ist es ihnen untersagt, eine zweite Ehe einzus gehen. Dieses Verbot wird auf folgende Weise motivirt: Die Griechische Kirche gestattet ihren Glaubensgenossen nur, sich dreis mal zu verheirathen, und diese Vorschrift_wenden die Priester auch auf ihr Verhältniß an. Die erste Ehe des Priesters ist diejenige, welche er bei seiner Ordination zum Diatonus mit Christus eingeht, die zweite seine Weihe sum Priester und die dritte die Ablegung der Mönchsgelübde. Stirbt seine Frau, so kann er also nicht noch eine vierte Ehe eingehen.

Im Griechischen Ritus sind drei Messen täglich verordnet; die beiden ersten werden Morgens um 4 und um 7 Uhr, die dritte um 12 Uhr gehalten. Alle Gebete werden in Altgriechischer Sprache verrichtet. Die Priester müssen täglich vierzig Kyrie Eleison's hersagen und einmal wöchentlich die Pfalmen abbeten. Verheirathete Priester dürfen an den Tagen, wo sie ihren Frauen beigewohnt haben, nicht die Messe lesen.

Hiermit mag diese Betrachtung der Sitten und Einrichtuns geu der Raja's abgebrochen werden. Sie hatte keinen anderen Zweck, als den eigenthümlichen Charakter einer jeden dieser Völs Ferschaften hervorzuheben, die Berührungspunkte zwischen ihnen und den Muselmannern aufzuzeigen, so wie auf die Hauptvers schiedenheiten aufmerksam zu machen, welche sie gegenseitig von einander trennen. `So viel ist sicher, daß, wenn alle Raja's dens selben religiösen Glauben hätten und unter dem Einflusse dessels ben Prinzips standen, sie eine festgeschlossene Masse seyn würden, welche einen Staat im Staate bilden und die Grundpfeiler der Osmanischen Herrschaft untergraben könnte. Aber der religiöse Haß, welcher die Griechen, die katholischen und schismatischen Armenier und die Juden scheidet, bedingt nicht nur die Obers herrschaft der Muselmanner, sondern läßt sie sogar als vortheils haft erscheinen. Wollte die Türkische Regierung die Anfordes rungen der Zeit berücksichtigen und den Raja's bürgerliche und politische Freiheit zugestehen, so würden dieselben ein mächtiger Hebel zur Wiedergeburt und Wohlfahrt des Türkischen Reiches feyn. Dr. V. Morpurgo.

Mannigfaltige 8.

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Aus Danemark. Unter den jüngeren Dänischen Dich tern, die den Fußstapfen Baggefen's und Dehlenschläger's folgs ten und namentlich die altnordischen Stoffe, mit denen uns die verdienstvolle gelehrte Gesellschaft in Kopenhagen stets vertrauter macht, auf poetische Weise zu benußen verstanden, wird mit Auss zeichnung der Name Henrik Hers genannt. Zuerst war er anonym als Verfasser von Briefen eines Verstorbenen" aufge: treten, die jedoch keine Nachahmung der Episteln von Muskau waren, sondern sich als Briefe des verstorbenen Dichters Bagge: fen über die neuesten Erscheinungen der Dänischen Literatur dars stellen. Diese Briefe machten so viel Aufsehen und gefielen in Danemark so allgemein, daß der König dem jungen Verfasser, nachdem er ermittelt worden war, ein Reisestipendium bewilligte, das ihn in den Stand seßte, Deutschland und Italien zu besuchen. Nach seinem Vaterlande zurückgekehrt, hat er demnächst einen Cyllus von Dichtungen nach Thorwaldsenfchen Basreliefs:,,Amors Genießtreiche" und endlich eine Sammlung kleiner Lustspiele ers scheinen lassen. Als seine gelungenste Arbeit wird indessen eine romantische Tragödie genannt, die den Titel führt:,,Das Haus des Svend Dyring" und deren Stoff den altnordischen Volksgefangen (kiempeviser) entlehnt ist. Man hat dieses Trauerspiel bereits mit glücklichem Erfolg auf die Kopenhagener Bühne gebracht, und namentlich sollen die darin eingestreuten Lieder und Chöre von großem Effekt seyn. Eine Deutsche Ueberseßung desselben ist so eben in Hamburg und Kiel von einem Ungenannten erschienen. Unterricht in Frankreich. Die Anzahl der Französ fischen Unterrichts Anstalten hat sich in den lezten Jahren sehr vermehrt; dieselben sollen sich jeßt auf etwa 400,000 belaufen, und die Zahl derjenigen, die darin Unterricht erhalten, wird auf vier Millionen berechnet. So groß nun diese Zahl auch scheint, und so sehr sie die effektive Anzahl der Lernenden in der That übers steigen mag, denn der Ueberschlag ist ein sehr summarischer und wahrscheinlich nur der runden Summe wegen in dieser Weise angegeben, fo erreicht sie doch nicht das Verhältniß der Lernens den sa der Bevölkerung, das in Preußen stattfindet. Während hier nämlich schon ein Lernender auf fechs bis fleben Seelen (3 auf 20) lommt, würde in Frankreich höchstens Einer auf Acht zu rechnen senu. In Rußland zählt man, den legten amis lichen Berichten zufolge, einen Lernenden auf 43 Seelen.

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