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Die lange Regierung Johann's von Hinsberg (1419-1456) ist besonders merkwürdig durch die Städte Ordnung, welche dieser Fürst im Jahre 1424 erließ, und die in Bezug auf die Polizei und die neuen Wahlformen von der höchsten Wichtigkeit war. Gleich in den ersten Tagen seiner Thronbesteigung hatte derselbe den Gerichtshof der Zweiundzwanzig wiederhergestellt; später, als die Verschwörung Wathieu's von Atin das Bedürfniß einer pers manenten Wachtmannschaft fühlbar machte, beschloß man, aus jedem der 32 Gewerke eine Compagnie von zehn Männern auss zumdhlen und dieselben mit der Aufrechterhaltung der Ruhe und Ordnung zu beauftragen. Bei Tumulten wurden diese von den Bürgermeistern_auf die Violette (das Rathhaus) berufen und mußten dessen Zugänge vertheidigen. Auch bei Hinrichtungen auf dem Marktplaße mußten die 32 Compagnieen mit ihren Bannern unter die Waffen treten.

Hier ist der Ort, jenes berühmten Allianss Traktats zu erwchs nen, der im Jahre 1435 zwischen der Stadt Lüttich und den guten Städten des Landes geschlossen wurde, ein denkwürdiges, bei den späteren politischen Unruhen so oft in Erinnerung gebrachtes und aufgefrischtes Monument.,,Wir schwören“, so sagten die Ab geordneten,,,durch Waffengewalt oder auf andere Weise unsere Gefeße, unsere Freibriefe, unsere Rechte und unsere Privilegien aufrecht zu erhalten und geltend zu machen; wir versprechen, uns einander gegen jedweden Bedränger Hülfe zu leisten und kein Bändniß ohne die Einwilligung Aller abzuschließen; und sollie es sich ereignen, was Gott verhüte, daß unser sehr lieber und gefürchteter Herr und Fürst oder seine Nachfolger, das Kapitel von Lüttich, die niedere Geistlichkeit oder die Delegaten Rom's über einen von uns, um unserer Freiheiten willen, das Interdikt oder den Bann verhängten, so müssen wir uns Einer mit dem Anderen, als gute Brüder, dagegen vertheidigen und treu vers bunden bleiben."

Bedenkt man den damaligen Einfluß der Geistlichkeit und die Wirkung, welche in jener Zeit ein Bannspruch machte, so muß man gestehen, daß das Mittelalter uns wenige Dokumente von so merkwürdiger Kraft darbietet, wie das eben genannte.

Während des Zeitraums von Heinrich von Geldern bis auf Johann von Hinsberg fehlte es Lüttich nicht an literarischem Glanz. Der Domber Hochem hat uns eine gedringt und unpars teiisch geschriebene Geschichte seiner Zeit hinterlassen. Zu besons derem Ruhm aber gereichte der Lütticher Kirche Herr Jean Le Beau de la Cange, ebenfalls Domherr von St. Lambertus, dessen Werke leider verloren gegangen sind. Aus ihm hat Froissart den ganzen Anfang feiner unsterblichen Chroniken geschöpft. Jacques de Hemricourt ist ein Name, den Alle Pennen, die sich mit der mittelalterlichen Geschichte Lüttich's beschäftigt haben. Auch der Name Jean des Pres d'Outremeuse ist heutzutage, Dank den neueren Forschungen, nicht mehr unbekannt; er ist Lunich's vorzüglichster Chronikschreiber, Lunich's Froissart. Alle diese Schriftsteller haben die glänzenden Waffenthaten der alten Lütticher in naivem, lebendigem Sint geschildert; aber wenig Geschichten aus jener Zeit sind so malerisch und anziehend ges schrieben, wie die Chroniken des Leßtgenannten. Endlich ist aus derselben Periode noch Johann von Stavelot zu erwähnen, der das Werk Johann's von Ultramaas fortfeßte. Bis jetzt ist von allen diesen Chroniken erst sehr wenig im Druck erschienen, von denen des Leßteren noch gar nichts; sie stehen noch, mit Staub bedeckt, in den Schränken der Burgundischen Bibliothek. Pönnten hier auch noch noch andere Namen angeführt werden, wie Jean le Prêtre, Cornelius Zantfliet, Jean du Vieur Bosquet und to fort, doch wir eilen zu der stürmischen, ereignisreichen Regierung Ludwig's von Bourbon, zu der unheilvollen Epoche der leßten Kampfe mit dem Hause Burgund, zur Plünderung Lüttich's durch Karl den Kühnen. (J. d. L.)

Franfr e ich.

Der 27., 28. und 29. Juli 1830 in Paris.

(Fortseßung.)

Wenden wir uns nun für einen Augenblick von diesem traurigen Konflikte ab zu der Thätigkeit der Behörden und der Deputirten.

Die Polizeis Präfektur, deren Gewalt durch die Verseßung der Hauptstadt in den Belagerungszustand aufgehört hatte, ber fand sich in völliger Unordnung. Der Kriminals Jurishof fah feine Sigungen unterbrochen. Das Handels Tribunal der Seine falle in Folge eines heftigen Vortrages des Anwaltes Merilhou ein berühmtes Urtheil in dem Prozesse zwischen dem Herausgeber des Courriers und dem Drucker dieses Journals, der ihm seinen Dienst verweigerte. Dieses Urtheil erklärte, daß die Ordonnanz vom 25. Juft, in Bezug auf die Preffe, weder für den König, noch für die Burger verbindlich sen, weil sie nur mit Verlegung des Ges seges vom 28. Juli 1828 erlaffen__worden. Seguier dagegen, erster Präsident des Königlichen Gerichtshofes, hatte seinerseits Rich geweigert, von der Ordonnanz, welche Paris in Belage: rungszustand erklärte, eine Abschrift zu nehmen. Die Energie der Magistratur wuchs mit der Intensiicht der Volksbewegung in gleichem Verhältnisse.

Als die Minister die Bedeutsamkeit der Gefahren sahen, welche offenbar den Thron bedrohten, schloffen sie sich früh Morgens dem Generalstabe des Marschalls an. Eine der ersten Maß regeln, welche der Fürst Polignac hier ergriff, betraf die Festneh

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hielt. Das waren der General Lafayette, Laffitte, der General Gérard, Mauguin, Salverte, Audry de Puiraveau und einige Andere. Den Befehl, fich dieser Personen zu bemächtigen, übers gab man dem Oberst der Gendarmerie. Wir werden bald sehen, welche Umstände die Ausführung dieses Befehls verhinderten.

Die su Paris gegenwärtigen Deputirten versammelten fich bei Audry de Puiraveau. Noch zwei neue Mitglieder waren zur Versammlung hinzugekommen, die in diefer bedeutungsvollen Lage eine wichtige Rolle spielen follten: der General Lafayette und Laffitte. Mauguin forderte die Hülfe seiner Kollegen für die fich vorbereitende Revolution; Lafayette unterstüßte ihn, der schon mit einigen Häuptern der Insurrection in Verbindung stand; er ging noch weiter und wollte schon eine provisorische Regies rung einsehen. Diese heftigen Vorschläge fanden an Charles Dupin, Guizot, Laffitte und Sebastiani eben so lebhaften Widerspruch, fie schlugen vielmehr vor, mit dem Hofe zu unterhandeln, um so der Volksbewegung Herr zu werden. Guizot hatte einen Protestations Entwurf gemacht, welcher nach einigen Modificas tionen angenommen wurde. Dieser bezeichnete die Ordonnanzen vom 25. Juli und die Auflösung einer noch nicht konstituirten Kammer als illegal. In dieser Versammlung, deren Berathung oft durch das draußen wogende Gerdusch und durch die hereins dringenden Neuigkeiten unterbrochen wurde, stellte C. Périer die Nothwendigkeit vor, dem Blutvergießen Einhalt zu thun. Er schlug zu diesem Zwecke eine Deputation an den Herzog von Raguja vor, ein Vorschlag, welcher fast einstimmig angenommen wurde. Als Mitglieder dieser Deputation wurden Laffitte, C. Périer, der General Graf Lobau, der General Gérard und Maus guin erwählt. Höchst ungern sah Lafayette diesen Schritt zum Frieden und bat die Deputation, in strengem Tone mit dem Marschall_zu reden und ihn für alles Blut verantwortlich zu machen, das vergossen würde. Eben so Audry de Puiraveau, der an das Volk 200-300 Flinten und 1800 Bajonnette vertheilt und zur Errichtung von Barrikaden alle Wagen seines Fahrs Etablissements geopfert hatte. Selbst unter der Deputation wünschte Niemand, mit Ausnahme von Périer, aufrichtig einen glücklichen Erfolg ihrer Mission. Denn Gérard, von Lobau und Mauguin hatten für die Regierung der Bourbons nie Sympas thie gefühlt; Laffitte lächelte bei dem Gedanken, seine Lieblings: Idee realiurt zu sehen, er verhehlte selbst seine Hoffnungen nicht. ,,Wir fangen mit einem Drama an", fagte er seinen Kollegen, dessen Ausgang das Königthum des Herzogs von Orleans ist." An diesen hatte er schon früh einen sicheren Boten gesandt, ihm die Versammlung der Deputirten gemeldet und geraihen:,,Miss trauen Sie den Fåden von St. Cloud", ein Rath, welcher der politischen Umsicht Karl's X. zu viel Ehre erwies, indem dieser nicht einmal wußte, wo damals der Herzog von Orleans sið aufhielt.

Die Deputation wurde eben in das Zimmer des Marschalls geführt, als Arago dasselbe verließ, der jenen für die Volks: sache zu stimmen versucht hatte. Als Präsident seßte Laffitte aus einander,,,daß der Kampf durch seine Verlängerung zu großem Unglücke, selbst zu einer Revolution führen müßte; es sen daher das nächste Bedürfniß, den König zu Konzessionen zu bewegen, welche die Gemüther beschwichtigten." Der Marschall antwortete,,,daß die Unruhen seit dem Morgen allerdings das Ansehen einer wahrhaften Rebellion gewonnen hatten; aber die Soldaten hatten, auf allen Punkten angegriffen, sich vertheidigen müssen; wenn die Pariser ihre Feindseligkeiten endigten, so würde die Armee auch die ihrigen enden; vor Allem aber sey die Rücks lehr der Hauptstadt zum Gehorsam nöthig." ,,Wenn die Rechte des Volkes verlegt sind", antwortete Laffitte,,,so ist man nicht mehr berechtigt, Gehorsam zu fordern; meine Kollegen und ich fönnen uns nur auf die vorläufige Bedingung der Veränderung des Ministeriums und des Widerrufes der Ordonnanzen verpflich ten, die Hauptstadt zur Ordnung zurückzubringen." Ich habe keine Vollmacht", erwiederte der Marschall, zu unterhandeln; aber wenn Sie für die Beendigung des Gewehrfeuers bürgen wollen, so biete ich Ihnen gern an, mich zur Unterstüßung Ihrer Reclamationen mit Ihnen nach St. Cloud zu begeben. Uebrigens bin ich mit Ihnen über die Beschwerden des Volkes einverstanden; aber mir muß die militairische Ehre über Alles geben. Da einmal das Schicksal mir diesen traurigen Oberbes fehl anvertraut hat, muß ich mich dessen auch bis zu Ende ents ledigen." Der Herzog von Ragusa forderte die Generale Gérard und Lobau zur Erklärung auf, ob sie an seiner Stelle nicht so handeln würden, wie er; sie aber schwiegen. Er bot darauf den Deputirten an, sie zur mündlichen Unterredung mit dem Fürsten Polignac zusammenzubringen; auf ihre Einwilligung ging er in das Zimmer, in welchem die Minister versammelt waren, tehrte jedoch bald zurück mit der Antwort des Fürsten Polignac: dieser halte die vorgeschlagene Konferens für unnüß.

Nach der Rückkehr der Deputirten theilte der Marshall dem Fürsten Polignac mit, daß drei von den Deputirten unter der Bahl derer waren, deren Festnehmung die Minister anbefohlen hatten; aber er habe geglaubt, diese Gewaltthätigkeit an Mans nern nicht ausüben zu dürfen, welche im Vertrauen zu seiner Ehre ohne eine Garantie zu ihm gefommen waren. Diese edels müthige Bemerkung fand keinen Widerspruch. In demselben Augenblicke verlaudete ein Adjutant des Marschalls, daß ein Linienposten nach Ueberlieferung seiner Waffen zum Volle übers gegangen ware; da rief der Fürst:,, Run, man muß auch auf die Truppen schießen!"

richte ab, welche sich bei Herrn Gérard versammelt hatten. Die militairischen Ereignisse batten sich seit dem Morgen, ein wenig verandert. Auf mehreren Punkten begannen die Insurgenten entmuthigt zu weichen. Die Deputirten Versammlung, weniger zahlreich, nahm ziemlich lalt den Bericht der Kommissarien auf. Herr Baude versuchte vergebens, den General Gérard zu beftim, men, sich an die Spiße der Bewegung zu stellen. Aus Zartges fühl weigerte fich dieser aber, etwas vor der Antwort des Hofes zu unternehmen. Lafayette freilich erbot sich, den Befehl der Ins furrection zu übernehmen, aber sein Vorschlag fand keinen Beifall. Mochte die Niedergeschlagenheit seiner Kollegen in Folge einer natürlichen Reaction feine Energie erhöht, mochte der fruchtlose Ausgang der Unterhandlungen auf sein Gemüth einen ungünstigen Eindruck gemacht haben, Cafimir Périer schien in dieser Konfes rens am meisten geneigt, den Volkswiderstand zu unterstüßen. Er behauptete, daß die Deputirten sich in Zukunft den Vorwurf zu machen hatten, die Pariser Bevölkerung in ihrem Konflikte mit den Königlichen Truppen verlassen zu haben, und versprach dem Herrn Baude die Stüße seines Namens und seines Kredits. Inzwischen brachten zwei Journalisten, Audra und Barbarour, in die Versamlung ihre gedruckte Protestation, aus welcher fie auf ihre eigene Verantwortung gewisse Ausdrücke von Ergebens heit und Treue gegen den König weggelassen hatten. Hinsichtlich dieser Protestation schlug Guizot vor, zu den Namen der Unters zeichneten die Namen der Deputirten hinzuzufügen, welche durch eine gleiche energische und liberale Meinung bekannt waren. Zur Annahme dieses Vorschlages trug Laffitte durch ein Wort bei, welches den wahrhaften Charakter des Kampfes und das Schwanken der Lage deutlich genug bezeichnete:,,Wenn wir besiegt find, so werden fie uns Lügen strafen; wenn wir Sieger find, so gleicht Nichts dem Eifer, unterzeichnet zu haben." Eins undsechzig Namen wurden unter die Proteftation gefeßt. Der Name des Alteren Dupin, welcher dieser Versammlung nicht beis wohnte, wurde durch ein einstimmiges Mißfallen seiner Kollegen weggelassen. Am folgenden Tage publizirte der Temps diese Protestation mit den Unterschriften. Sie lautet also: Die Uns terzeichneten, welche durch die unten erwähnten Bezirks Versamm lungen, und in Folge der Königlichen Ördonnanz vom ... und der conftitutionnellen Charte wie den Wahlgefeßen gemäß erwählt find und fich gegenwärtig zu Paris befinden, betrachten sich durch ihre Pflicht und ihre Ehre als durchaus verbunden, gegen die Maßregeln zu protestiren, welche die Räthe der Krone für den Umsturs des legalen Wahls Systems und den Ruin der Freiheit der Preffe ergriffen haben."

,,Die erwähnten Maßregeln, welche in den Ordonnanzen vom 25sten ausgesprochen sind, streben, nach dem Urtheile der Unterzeichneten, den constitutionnellen Rechten der Pairs Kammer, den öffentlichen Rechten der Franzosen, den Urtheilen der Ges richtshöfe geradezu entgegen und find im Stande, den Staat in eine Verwirrung zu feßen, welche den Frieden der Gegenwart und die Sicherheit der Zukunft auf gleiche Weise kompromittirt.“

,,Demnach protestiren die Unterzeichneten, ihrem Eide uns verleßlich treu, einstimmig, nicht nur gegen die erwehnten Maßs regein, sondern gegen alle Akte, welche aus ihnen hervorgehen fönnten."

,,Da nun einerseits die Deputirten-Kammer noch nicht lonktis tuirt gewesen ist, mithin nicht gefeßmäßig hat aufgelöst werden Pönnen; andererseits der Versuch, nach einem neuen und willkürs lichen Wahl-Modus eine andere Kammer zu bilden, in formellem Widerspruche mit der constitutionnellen Charte und den von den Wählern erworbenen Rechten steht: so erklären die Unterzeichnes ten, daß fie fich fiets als gefeßmäßig gewählte Deputirte der Wahls Bezirke betrachten, deren Stimmen fie erhalten haben, und daß fie nur durch solche Wahlen erseßt werden können, welche nach den geseßlichen Prinzipien und Formen vorgenom men find."

,,Und wenn die Unterzeichneten die Rechte nicht wirklich auss üben und sich der Pflichten nicht entledigen, welche ihnen ihre gefeßliche Wahl auferlegt, so And fie daran nur durch eine mates rielle Gewalt verhindert worden."

,,Morgen oder übermorgen werden zu Paris viele Deputirte erwartet."

Folgen die Unterschriften, unter denen besonders Sebastiani, Cafimir Périer, Guizor, Graf von Lobau, Gérard (der General), Laffitte (Jacques), Charles Dupin, General Lafayette, Georges Lafayette, Ternaur, Benjamin Constant.

Nehmen wir wieder den Faden der militairischen Ereig niffe auf.

Der General Saint, Chamans, welcher die erste Kolonne unter den Befehlen des Marschalls führte, lam im Schloffe Eau an; er hatte in der Straße St. Denis ein ziemlich lebhaftes Ges wehrfeuer unterhalten. Einige Tirailleurs, welche am Thore standen, wurden nur durch die Artillerie zum Weichen gebracht. Die Kolonne feste bis zum Plage der Bastille, auf welchem fle einige Compagnieen aur Beobachtung zurückließ, ihren Marsch fort, begab sich darauf in die Straße der Vorstadt St. Antoine, welche durch unendlich viele Barrikaden vertheidigt war. von ihnen war mit einer dreifarbigen Fabne geschmückt, welche ein unerschrockener Sergeant inmitten eines lebhaften Feuers an sich rik. Als dieses aufgehört hatte, tamen die Eins wohner aus ihren Hdufern maffenweise bervor und mengten sich unter die Soldaten. Diese günstigere Stimmung benußte der General St. Chamans, forderte jene auf, in Ordnung zurückzus gehen und ihre Beschäftigungen wieder zu beginnen. Eine Frau

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und fein Brod hätten. Der

rief ihm su, daß fle feine fefe Unglüdlichen alles Gelb, bas

General vertheilte unter

er bei fich hatte. Der Ruf von einigen Perfonen:,,Es lebe der König!" wurde durch den vielfachen Ruf ersticht: es lebe die Charte! Nieder mit den Ministern!!!

Als der General gegen 5 Uhr noch keinen Befehl vom Genes ralstabe erhalten hatte und fand, daß die Communicationen nicht frei waren, marschirte er nach den Tuilerieen, ohne eine Vers bindung mit dem Plaße des Stadthauses berstellen zu können. Als er die Vorstadt St. Antoine verließ, wurde er noch burd ein mörderisches Feuer empfangen, das vielen Küraffieren seiner Kolonne um so gefährlicher war, als es mit einem Hagel von regnete. Der General konnte das Boulevard nicht erreichen, welches er bis zum Plaße der Bastille beherrschen sollte, eben so wenig die Vorstadt St. Antoine, welche er beobachten follte.

Nicht weniger blutig, noch weniger reich an Ereignissen war der Marsch der zweiten und dritten Kolonne. Jene haue

den ihr bestimmten Plaß Stadthauses eingenommen, fonnte

aber mit den Tuilerieen keine Verbindung herstellen. Diefelbe Kolonne seichnete sich durch eine bewundernswürdige Standhafs tigkeit aus; drei Viertelstunden hielt sie sich an der schwebenden Brücke de la Grève, obwohl sie von Patronen ganz entblößt war. Hier rückte auch ein junger Mann mit einer dreifarbigen Fahne muthig bis zur Mitte der Brücke vor und wandte sich mit den Worten an seine Begleiter: Folgt mir, meine Freunde, und wenn ich sterbe, so erinnert Euch, daß ich mich Arcole nenne.". Ein anderer Jufurgent bemerkte, wie das Binte brei fars Kavallerie flüchtete; in diesem Moment ergreift dreifars bige Fahne, seßt ein Knie auf die Erde und ruft:,,Seht, wie man für das Vaterland stirbt!" Er verschwand, unter den Füßen der Pferde zertreten. Die dritte Kolonne unter dem General Quinsonnas sollte sich nach dem Markte des Innocens begeben. Ein Bataillon sollte bis zum Thore St. Denis seine Bewegungen erstrecken, ein anderes bis zum Plage Châtes let; beide Bataillone sollten dann an den Ort ihrer Stationen zurücklommen. Fast ohne Widerstand gelangte der General Quinfonnas zum Markte des Innocens und behauptete sich hier gegen die Angriffe der Insurgenten. Jedoch die Operation, die Straße St. Denis rein zu halten, vollzog fich nur unter Hindernissen. Eine Fluth von Wurfmaterial aus den Senkern

der Hauser lichtete die Reihen dieses schwachen Corps, das flo in einer der bevölkertsten Straßen der Hauptstadt befand und mehr als dreißig Barrikaden vor sich fand. Vom Thore St. Denis konnte dieses Bataillon die Straße St. Denis nicht wieder gewinnen, da alle Barrikaden neu hergestellt waren; durch die dußeren Boulevards erreichte es die Elyseischen Felder, hatte aber zur Ausführung seines gefährlichen Unternehmens mehr als acht Stunden gebraucht.

Der General Quinsonnas, welcher mit dem übrigen Theile seiner Kolonne auf dem Markte des Innocens zurückgeblieben war, fab sich von Infurgenten und den Barrikaden umgeben, ohne Communication mit den Tuilerieen. Seine Lage ist sehr kritisch. Von dieser benachrichtigt, schickt ihm der Herzog von Ragusa eine Compagnie und ein Schweizer Bataillon. Beide Corps versuchen lebhafte und blutige Angriffe in den Straßen des Pronuires, Mandar und Montmartre. Mitten durch ein uns sichtbares Feuer mußte man sich eine Bahn eröffnen. Fast an hundert Menschen vom Schweizer Bataillon würden Pampfune fähig gemacht; fünfundzwanzig empfingen tödtliche Wunden; wei Capitaine wurden schwer verwundet. Jene Compagnie kann in Folge ihres Verlustes von zwei Offizieren und achtundzwanzig Soldaten ihren Marsch nicht fortfeßen; das Schweizer Bataillon erreicht endlich den General Quinsonnas, der seine gefährliche Stellung verläßt. Auf seinem Marsche muß er einmal mit Kas nonenschüssen die Insurgirten aus einander treiben.

Die vierte und fünfte Kolonne führte ihren Auftrag mit weniger Schwierigkeiten aus.

Nach seiner Konferenz mit den Deputirten des Louvre und der Bank hielt es der Marschall für nöthig, in Perfon, mit einer starken Begleitung, die Posten des Louvre und der Bank zu bee fuchen. In den Straßen Coq und Croix-des-Petits-Champs hatte er selbst eine Art Kampf zu bestehen.

Ein Detaschement von den Linientruppen befreite ihn. Aber nach dem geringen Resultate, welches sie hervorbrachten, kann man vermuthen, daß die Soldaten in die Luft geschoffen oder daß ihre Patronen keine Kugeln hatten. Diese leßte Vers muthung hat später viel Wahrscheinlichkeit gewonnen in Folge mehrerer Erfidrungen, die man beim Prozesse der Minister hörte.

Während dieser Bewegungen in der Hauptstadt erschütterten verschiedene Rathschläge, welche nach St. Cloud gelangten, laum die Sorglosigkeit, in welche der König sich eingewiegt hatte. Herr Weyler de Navas, militairischer Unters Intendant des Königs lichen Hauses, war nicht ohne Hindernisse bis zum Monarchen durchgedrungen und hatte ihm mit Energie die Lage der Haupts ftadt und die Gefahren vorgestellt, welche seinen Thron bedrohten. Aber die Mahnungen dieses treuen Dieners brachten keinen Ers folg hervor; eben so wenig die des General Vincent. Gegen drei Uhr schrieb der Herzog von Ragusa an Karl X., um ihm von der Lage der Dinge Rechenschaft zu geben und ihn von dem Schritte der Deputirten zu benachrichtigen. Er bat den König, ohne 3b gerung die Vorschläge anzunehmen, welche ihm gemacht seyen Diese Depesche mußte ein lebhafter und freimüthiger Pole, der Oberst Komierowski, Adjutant des Marschalls, überbringen.

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ve and in 156 felt vid poisig mind Gewiffe kraftige Naturen bestßen auch eine Art von Zuvers ficht für Dinge, welche geschehen müffen; durch Hinders niffe können ihnen diese geschehen müffen; durch Hinders Dinge zwar als schwierig, niemals aber at als unmöglich erscheinen.

a sidi and 1100 splo Gedermann ist dasjenige, was er ist, mit seinen Tugenden, Lastern, Leidenschaften, Haaren, Augen und Zähnen: Turs, er hat seine eigene Rolle. Die meisten Leute wollen jedoch durch aus die Tugenden, Laster, Leidenschaften, Haare, Augen und 3dhne eines Anderen haben. Alle Welt will sich einer und ders felben Sache bemächtigen, während doch Jeder sein besonderes Leben zu leben hat. heutzutage will Jedermann in Frankreich Regierung fenn, und das ist gerade so lächerlich, als wenn es in einer Stadt Jedermann einfiele, Schuhmacher werden zu wollen.

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Souvenirs de Genève, complément des mémoires d'un prisonnier d'état.
Von A. Andryane. 2 Bde. 16 Fr.
Essai sur la litérature italienne.
Du crédit et de la circulation.

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1

Von Mad. d'Aubigny. 6 Fr.
Von A. Cieszkowski. 6 Fr.

Mannigfaltige 8.

Portugiesische Geschichtsforschungen. Die Ges schichte von Portugal, intereffant besonders in der Zeit der großen Welt und Länder Entdeckungen, aber noch lange nicht in dem Maße bearbeitet und gekannt, wie sie es verdient, hat in Franks reich wieder Stoff zu einem historischen Versuche geliefert, der jedoch eben so wie die in demselben Lande bereits früher erschienenen Bearbeitungen der Portugiesischen Geschichte, dem, Gegenstande ganz entspricht. Vertot und La Clède haben jeder eine Arbeit geliefert, die so gut wie in Vergessenheit gerathen ist. Gegenwärtig haben die Herren Chaumeil de Stella und Aug. de Santeu zusammen einen ,,Essai sur l'histoire du Portugal" in zwei Bånden herausgegeben. Man wird jedoch auf die ungenu gende Art der Auffassung schon aus dem Umstande schließen köns nen, daß der erste Band dieses Werkes den ganzen Zeitraum der Portugiesischen Geschichte bis zum Jahre 1707 umfaßt, während mehr als die Hälfte des zweiten Bandes der Regierung Dom Miguels gewidmet ist. Die Geschichte der Französisch-Englischen Feldzuge in Portugal ist natürlich mit großer Parteinahme für die Waffen des Kaiserreichs geschrieben; indeffen würde man diefes den Französischen Verfassern gern verzeihen, wenn fie nur überall ihre Quellen angeführt hatten. Eine Bürgschaft für die Rich tigkeit der Erzählung ist nirgends, auch nicht in dem dlteren historische Schriftsteller von dem Fehler früherer Gelehrten, die Theile der Geschichte, zu finden. Ueberhaupt scheinen neuere ihre Werke mit Citaten so überluden, daß man oft den Wald vor Bäumen nicht fah, sehr gern in das andere Extrem zu vers fallen und gar nichts zu citiren. Das mag aus mancher Rücks ficht bequem senn, aber den Zweck, den die Herren dabei meistens im Auge haben, erreichen sie doch nicht.

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Up Theologische Schriften in Frankreich. Von Littré, Mitglied des Institutes, ist der erste Band einer Französischen Ueberseßung des Lebens Jesu" von Strauß herausgegeben worden. Franzöfifche Journale bemerken, daß sich der Uebers feber zwar mit großer Treue an das Original gehalten, aber doch damit eine Klarheit der Darstellung verbunden habe, wie fle in dem Deutschen Werke zuweilen vermißt werde." Die Revue des deux mondes bemerkt ferner, es fen ein Beweis von der ernsten Richtung, welche die Französische Lesewelt zu nehmen beginne, daß Werke, wie einerseits die von Strauß und Sals vador, und andererseits die von Gerbet und Montalembert, ein so bedeutendes Publikum finden.

vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Erhöhung, in allen Theilen der Preußischen Monarchic.

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No 111.

für die

Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohlöbl. Post - Aemtern.

Literatur des Auslandes.

China.

Berlin, Montag den 16. September

Erlebnisse eines Französischen Missionairs in Canton. *) Am 21. April erfuhren wir, daß der Vice König der Provinz Canton am folgenden Tage uns Audiens geben wollte. Um sechs Uhr in der Frühe weckte mich ein brüllendes Rufen vor der Thür der Faktorei. Es waren die Ausrufer des Mandarins, der uns begleiten follte und der bereits mit den Dolmetschern angekommen war. Dem läßtigen Zureden dieser Leute nachgebend, stiegen wir schon vor acht Uhr in unsere Sanf ten, und die Träger förderten uns mit erstaunlicher Schnelligkeit nach dem Palaste. Als wir angelangt waren, führte man uns durch einen Pleinen mit Laternen geschmückten Hof in einen Saal. In diesem Saale stand ein großes mit einem sehr schlechten Teps pich überdecktes Gößenbild, und daneben ein Tisch, vor welchem ein rother Teppich lag. Rings um den Tisch hatte man zwei große Tabourets und vier mächtige hölzerne Armsessel mit kleinen rothen Polstern gefeßt. Alsbald erschienen mehrere fubalterne Würdenträger, die uns allerlei neugierige Fragen stellten. Einer von ihnen fagte, er habe in Peking einige Missionaire kennen gelernt, und bat uns, ihnen seinen Gruß zu vermelden, falls wir fie sprechen sollten.

Um halb zehn Uhr stellten sich mehrere von den Hong Kaufs leuten ein, deren Chef uns bei Seite führte und uns vorstellte, daß wir vor dem Vice König ein Knie beugen müßten, wie auch die leßten Portugiesischen Missionaire gethan_hätten. Wir fagten weder Ja noch Nein, waren jedoch fest entschlossen, unser Kompliment nur auf Französische Weise zu machen. Endlich um halb Zwölf wurde uns angekündigt, daß Seine Excellens unferer wartete. Sogleich entfernten sich die Hong Kaufleute. Drei Dolmetscher geleiteten uns bis zur Thur, und einer verließ in unserer Gesellschaft den Saal, während man drei Kanonen abs feuerte. Wir famen in einen Hof, in dessen Witte eine schöne Allee war; za beiden Seiten dieser Allee standen zwei Reihen Soldaten aufgepflanzt. Wir betraten diese Allee nicht, sondern schritten durch einen der beiden Seitengänge bis zu einem sehr hohen Vordache, unter welchem der Vice König saß. Zwei bis drei Stufen tiefer als er hatten die subalternen Mandarinen und noch tiefer die Dienerschaft Plaz genommen. Der Vice König war sehr einfach gekleidet und saß auf einem gewöhnlichen Seffel. Der Dolmetsch stellte uns ihm in einer Entfernung von zehn bis zwölf Schritten gegenüber. Wir machten unsere Europdische Verbeugung; der Dolmetsch aber warf sich nieder, mit der Stirn an den Boden schlagend. Wir antworteten stehend auf mehrere Fragen, die unsere Namen, unser Alter, die neuesten Nachrichten aus Europa u. dergl. betrafen. Nachdem vier bis fünf Minuten verstrichen waren, führte man uns an die Seite und hieß uns auf breiten, aber dünnen Kissen Play nehmen. Um nicht wie Barbaren zu fißen, hätten wir die Beine unterschlagen müssen; allein wir hatten dies nicht gelernt und kamen wegen unserer ungeschickten Positur in ziemliche Verlegenheit. Sobald wir faßen, reichte man dem Vice König und jedem von uns, nicht aber den Mandarinen, kleine Porzellan Lassen, die eine Art von dånnem Milchbrei ́ mit Zucker enthielten, der mir sehr gut mundete. Seine Ercellenz fragte uns noch mancherlei, z. B. ob wir in der Astronomie bewandert seyen u. dergl. Wir verstanden alle seine Fragen, besaßen aber nicht Uebung genug, um Chine: fiich antworten zu können, und mußten uns also der Englischen Sprache bedienen. Als die Zeit der Audienz abgelaufen war, entfernten wir uns unter Verbeugungen, und sogleich erfolgte eine neue Salve aus drei Kanonen.

Am 2. Mai wurde uns offiziell angezeigt, daß unsere Abreise in acht Tagen vor sich gehen sollte. Der Mandarin, welcher uns als Begleiter zugeordnet war, machte seine Aufwartung, und wir bewirtheten ihn mit allerlei Europäischen Leckerbissen, die ihm ganz wohl behagten. Er nippte etwas von dem Liqueur, den man ihm vorgefeßt hatte, nahm dann unsere Gläser, eines um das andere, mischte den darin befindlichen Liqueur mit dem feinigen und lud uns ein, zum Zeichen der herzlichen Eintracht, die ftets zwischen uns bestehen sollte, diese Mischung gemeins

*) Aus einer noch ungedruckten schriftlichen Mittheilung an einen anderen Missionair, datirt vom 4. April 1806.

1839.

schaftlich zu trinken. Bei dieser Gelegenheit lernte ich zum ersten Male eine fonderbare Methode, die Schnupftücher zu sparen, Pennen. Chinesen, die Taback schnupfen, führen außer dem weißen Taschentuch, das an ihrem Gürtel hängt, noch ein kleines farbiges, das man immer gefaltet läßt und beim Gebrauche nur ein wenig öffnet. Auch unser Gast hatte solch ein unsauberes Tuch mitgebracht; aber mochte es nun zu schmußig seyn, oder mochte er es schonen wollen genug, er fehrte sich von Zeit zu Beit gegen seinen Portefeuille Träger, der das Signal verstand und ihm jedes Mal ein Stück Papier, als Substitut des Taschentuchs, reichte. Wenn die Mandarinen ausgehen, jo haben re unter ihrem ansehnlichen Gefolge immer einen Bedienten, der ein großes Portefeuille unterm Arm trägt und, wenn der Herr irgendwo eins kehrt, hinter seinem Stuhle sieht, jedes Winkes gewärtig.

Der zu unserer Abreise nach Peking angesezte Termin vers strich, und erst gegen Ende des Monats ließ der Vice-König bei uns anfragen, ob wir reisefertig seyen und an welchem Lage wir abreisen könnten? Der Chef der Hong-Kaufleute, welcher die Antwort überbringen follte, langte unaufgefordert seinen Kalender hervor, um zu sehen, was für ein Tag der glücklichste wäre, und empfahl uns dann sehr lebhaft den 10. Juni. Wir gaben ihm zu verstehen, daß wir von Glücks und Unglücks Tagen wenig Notiz nahmen und am liebsten so bald als möglich abreisen wurs den, gleich viel, an welchem Tage. Obschon man aber so großes Vertrauen auf den 10. Juni seyte, so würde die Behörde doch noch eine Zeitlang gezögert haben, hatte nicht ein unvorhers gesehenes Ereignis fie bestimmt, unsere Abreise zu beschleunigen.

Ich benußte unseren langen Aufenthalt zu einigen Exkursionen in der Stadt und ihren Umgebungen. Der Gedanke, manchen Ort besuchen zu können, dem andere Europäer faum nahen durf ten, machte diese Ausflüge noch interessanter Obschon ich aber von Kopf bis zu Füßen in Chinesischem Kostum steckte und wirks liche Chinesen zu Begleitern hatte, so wurde ich doch überall gleich erkannt und mit dem Zurufe,,Fanskuei“ (ausländischer Teus fel) begrüßt. Dieses Epithet ist den Chinesen so zur Gewohnheit geworden, daß sie sich oft ganz arglos desselben bedienen. Auf zweien meiner Spaziergänge gelangte id) unbehindert in die Stadt. Das dritte Mal versuchte ich, von einer anderen Seite hineinzukommen, aber dieses Mal umdrängte mich ein larmender Volkshaufe und machte mich zum Gefangenen. Vergebens bes deutete ich dem Haufen, daß ich gern bereit sen, wieder umzus Tehren. Ich mußte auf der Hauptwache bleiben, die nahe am Thor ist, bis man den Statthalter der Proving von meinem Arens tate in Kenntniß gefeßt hatte. Der Statthalter befahl dem Båre germeister, deshalb eine Untersuchung anzustellen, und dieser kam mit seinem ganzen Gefolge an den Ort, wo ich als Arrestant verweilte. Nicht ohne Mähe Effneten ihm seine Trabanten eine Gaffe durch die Menge neugieriger Gaffer. Man guckte aus allen Fenstern und kletterte bis auf die Dächer, um den Fanskuei in seiner Chinesischen Kleidung zu sehen.

Der Herr Bürgermeister von Canton überzeugte sich bald, daß mein Verbrechen nicht groß war; doch ermahnte er mich nachdrücklich, es nicht wieder zu begehen. Er befahl einem Offi zier und einigen Soldaten, mich nach den Faktoreien zu bringen und den Chef der Hong Kaufleute von dem Vorfall zu unterrich); ten, damit er und seine Gilde hinfähro ein wachsameres Auge auf mich hätten.

Dieses kleine und nicht eben angenehme Abenteuer hatte wes nigstens die gute Wirkung, daß man am nächsten Tage einen Mans darin zu unserem Begleiter nach Peking ernannte. Dieser Tag wac der 7. Juni; aber die Abreise ging doch erst am 19ten vor sich. Da ich auf meinen zwei ersten Ausflügen nach Canton ganz ungenirt und unangefochten herumschlendern konnte, so entging mir keine der wenigen Merkwürdigkeiten dieser Hauptstadt, die sich von der Straße aus beobachten lassen. So bemerkte i im zweiten Stock eines Hauses, dessen Façade einer großen Straße zugefehrt war, eine Wasser Uhr, die ich aber leider nicht genau beschreiben kann, da es mir nicht erlaubt war, das Haus zu bes treten. Ich sah_nur das Wasser aus einem größeren Gefäße in ein darunter befindliches kleineres Gefdß tröpfeln. Der obere Behälter war von Thon und der untere von Eisen; in dem legs teren zeigte ein Maßstab die Stunden an. Das ansehnlichste Ges baude ist ein großer die ganze Stadt beherrschender Tempel, in dem ich eine Zeitlang ausruhte. Die sogenannten Paldste der

höheren Magistrats Personen unterscheiden sich von den Privats bdufern fast nur durch ihre langere Fronte und ihre großen mit Mauern eingefchloffenen und mit hohen Bdumen bepflanzten Vorhöfe. Einige Straßen fand ich breit und schön, die meisten aber eng und unansehnlich. Ueberall sieht man sogenannte Ehrens Pforten, dem Andenken verdienstvoller Individuen geweiht: diese Denkmäler machen einen angenehmen, aber durchaus nicht groß, artigen Eindruck.

Obschon die Europder nur einige Straßen in der Nachbar, schaft der Faktoreien besuchen dürfen, so hatte ich doch schon lange vor Anlegung des Chinesischen Kostüms mit Herrn Dumas zel mehrere Male die ganze Vorstadt durchwandert. Eines Tas ges wagten wir uns auch in die dftliche Vorstadt, welche von dem Viertel, wo die Faktoreien liegen, abgesondert und ziemlich entfernt liegt. Wir gingen über eine halbe Stunde langs der Stadtmauer und gelangten ohne Hinderniß auf das freie Feld." Von diesem Erfolge ermuthigt, verließen wir die Mauern, um auf den Hügeln und in den Dörfern der Umgegend zu lustwans deln. Alle Hügel fanden wir mit Grabern bedeckt. Wir begeg neten vielen wohlgekleideten Personen, die zum Theil in Sanften getragen wurden. Anfangs nahm uns dies Wunder, da wir wuf ten, daß die Chinesen soust nicht gern spazieren gehen; allein man sagte uns, dieser Tag sen dem Andenken der Abgeschiedenen gewidmet, und diejenigen, denen wir begegneten, gingen, um den Manen ihrer Weltern und Vorfahren zu huldigen.

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Wir hielten uns auf unserem Spaziergang ungefähr eine halbe Meile von der Stadtmauer entfernt. An der Nordseite Canton's begegneten wir einem hinkenden jungen Mann, der auf uns zutrat und in gebrochenem Englisch zu uns sagte: Ihr habt den Weg nach den Faktoreien verloren; send ohne Furcht, ich will Euch dahin bringen. Er ging neben uns her und wie derholte öfter die Worte: Send ohne Furcht." Bald darauf erschien ein anderer junger Mensch, den der Erstere ein paar Augenblicke bei Seite nahm; sie sprachen Etwas mit einander und folgten dann hinter uns her. Ich argwöhnte eine schlimme Absicht, und dieser Argwohn erwies sich bald als gegründet; denn der neu Angekommene tastete von Zeit zu Zeit an unsere Rocks taschen. Wir dachten an Mittel, diese unheimlichen Begleiter los zu werden. Ein kleiner Kompak, den ich unbemerkt aus meiner Tasche zog, überzeugte mich, daß wir in einer den Faktos reien fast entgegengeseßten Richtung gingen. Gewih wollten diese Gauner uns nach irgend einem bekannten Hause führen und mit Hilfe einiger Spießgesellen rein auspländern ein Schicks sal, das schon mehrere Europäer in der Umgegend von Canton getroffen hat. Wir faßten ein Herz und kehrten um, troß des Rufens und Gestikulirens unserer unwillkommenen Begleiter. Zum Glücke hatten diese weder Stöcke noch andere Waffen bei fich, und in ihrer Miene lag zu wenig Entschlossenheit, als daß wir nöthig gehabt hätten, sie zu fürchten, so lange sie nur ihrer zwei waren. Wir schlugen den ersten Seitenpfad ein, der nach der Stadt zu führen schien; da dieser Pfad aber durch den Hof einer Meierei ging, so eilten die Spizbuben uns voran, um die Leute zu bereden, daß sie uns nicht passiren ließen. Allein zum Glücke fanden sie keinen ihres Gleichen. Man begnügte sich, uns zuzurufen, daß hier kein Durchgang sey. Wir thaten, als hörten wir nicht, feßten unseren Weg fort und fanden uns bald in einem recht hübschen und wohlbevölkerten Flecken, dessen leßte Häufer von der nordwestlichen Vorstadt nicht weit ablagen. Die beiden Taugenichtse waren uns bis in den Flecken gefolgt. Da fie ihre Hoffnung getäuscht fahen, so näherte sich Einer von ihnen Herrn Dumazel von hinten, riß ihm seinen Sonnenschirm aus der Hand und suchte dann mit seinem Kameraden eilig das Weite. Wir gelangten bald in die Vorstadt, die wir ganz ruhig durchschritten, da wir uns in einem bekannten Stadtviertel befanden. In einer Zeit von sechs Stunden hatten wir die ganze Stadt umgangen.

Obschon ich fast alle Stadttheile von Canton, innerhalb und außerhalb der Mauern, besucht habe, so kann ich doch die Bes völkerung dieser großen Stadt nicht einmal aufs Ungefähr abs schäßen. Da die Chinesen sehr gedrängt wohnen, so versteht es fich, daß ein kleiner Raum oft sehr viele Individuen beherbergen mus; aber die Angabe, daß Canton zwei Millionen Seelen afhle, ist doch, meiner Ueberzeugung nach, sehr übertrieben. Die Stadt innerhalb der Mauern hat keinen bedeutenden Umfang gewiß könnte man sie in weniger als zwei Stunden bequem umgehen und in diesem Areale befinden sich noch ein kleiner Berg und ansehnliche Grundstücke. I lann ihre Bevölkerung nur höchstens auf 300,000 Menschen anschlagen. Diejenige Vors stadt, an deren Ende die Europäischen Faktoreien liegen, ist zwar ohne Zweifel bevölkerter, und außerdem dürfen die Tausende von Schiffer und Fischer Familien, welche in ihren Kähnen auf dem La ho leben und sterben, nicht unberücksichtigt bleiben; aber bei allem dem ist es mir am wahrscheinlichsten, daß Canton Land, und Waffer: Bewohner zusammengerechnet nicht über Eine Million Seelen zählt.

Frankreich.

Der 27., 28. und 29. Juli 1830 in Paris.,
(Fortseßung.)

In dieser Residenz (St. Cloud) war die frühere Sorgloßigs feit einer düsteren Ahnung gewichen. Seiner Gewohnheit nach, spielte der König seine Partie Whist; aber der Kanonendonner

Nacht auf einem Balkon zuzubringen, mit schmerzlichem Blicke nach Paris sehend. Frühzeitig zog er sich in fein Zimmer zurück. In der Nacht brachte ein verkleideter Offizier dem General Talon den Befehl, sich nach den Tuilerieen zu ziehen. Dieser Rückzug war wegen der Artillerie und der sechzig Mann Vers wundeten, die man dem Volle nicht überlassen wollte, mit Schwierigkeiten verbunden. Doch gegen Mitternacht geschah der Rückzug in guter Ordnung; die Verwundeten legte man auf die Schultern ihrer Kameraden. Auf ihrem Marsche fand diese Kos lonne ein Bataillon auf dem Plaße des Pantheon, das seine Waffen den Insurgenten überliefert hatte.

"Obwohl außerst ermüdet, fanden die Truppen im Hauptquars tier keine zubereiteten Speisen. Eine Zufuhr an Lebensmitteln war den Morgen durch die Pariser geraubt worden. Mit Mühe verschafften sich einige Corps unzureichende Rationen an Brod; die übrigen warteten bis zum folgenden Tage. Wein Vorrdthe, welche sich in den Gewölben des Schlosses fanden, wurden an diese kleine Armee vertheilt. Einige Chefs versuchten ihre mos ralische Haltung zu stäßen, indem sie die baldige Ankunft des Königs und des Dauphins ankündigten, aber die Täuschung verschwand bald vor einer tiefen Niedergeschlagenheit, die mit energischen Erclamationen sich paarte. Diese Summung der Ges müther hätte der Herzog von Ragusa durch seine Gegenwart wie durch Worte wieder heben können, aber er erschien nicht. Mehrere Generale hatten sich seit dem Morgen zum Marschall begeben, um ihre Dienste für die Sache des Königs anzubieten; aber sie konnten bei ihm keinen Zutritt erhalten.

Nach einem vollen Tage von Kampfen und Entbehrungen hatte die Garnison für ihre Ergebenheit noch keinen Lohn empfans gen. Um dreis bis vierhundert Menschen höchstens geschwächt, hatten sie auf keinem Punkte eine entschiedene Niederlage ers litten; aber die Insurgenten hatten ihre Kraft kennen gelernt: auf ihrer Seite war der moralische Vortheil. In diesem beklas genswerthen Konflikte hatte die Französische Bravour auf beiden Seiten ihre Wunder produzir: hier eine gährende Uners schrockenheit, die in der Zahl und in Verschanzungen oft ihren Schuß fand, dort ein noch seltenerer Heroismus der Geduld und der Langmuth. Außer einigen einzelnen Exzessen wurde die Stimme der Humanität inmitten des Bürgerkrieges nicht vers Fannt. Ueberall hatten die Truppen, selbst in den Stadtvier teln, welche in die Insurrection am meisten verwickelt waren, Beweise von Theilnahme und Wohlwollen erhalten; überall wurden die Truppen mit einer Sorgfalt gepflegt, die sich um das Lager, dem sie angehörten, nicht fümmerte. Ebenfalls zeich nete sich das Volk an diesem Tage durch seine Uneigennügigkeit aus; das Privat- Eigenthum_wie die öffentlichen Kassen wurden heilig respektirt. Ohne Zweifel mochte ein Anflug einer höheren Politik an dieser Stimmung der Gemüther seinen Antheil haben; aber nichtsdestoweniger bietet sie bei einer Menge, welche ges wissermaßen sich selbst überlassen ist, ein sociales Phänomen, das die Aufmerksamkeit des Historikers verdient. Das Begehren einiger Kaufleute nach der Wiederherstellung der Nationalgarde hatten der Fürst Polignac und der Herzog von Ragusa einer Hauptstadt abgeschlagen, die im Aufstande sich befand; aber die Weisheit oder die Gewandtheit der Bürger erseßte sie auf allen Punkten.

Die Deputirten waren bis zur Zahl zehn oder zwölf bei Audry de Puiraveau versammelt, dessen Haus gleichsam ein Centrum militairijcher Operationen geworden war. Die wachsende Volksaufregung und die Dauer eines immer noch nicht entschies denen Kampfes hatten in vielen Gemüthern eine große Unruhe erzeugt. Man fing ernstlich an, einen glücklichen Erfolg der Volksjache zu bezweifeln. Mehrere Journalisten, welche die Pros testation vom 26sten unterzeichnet hatten, namentlich Thiers und Mignet, hatten die Flucht ergriffen. Und jene Stimmung bes herrichte die Versammlung. Unter dem Einflusse einer tiefen Niedergeschlagenheit pflegte man der Berathung. Ein Jeder ftrebie, sich zurückzuziehen und feine Person in Sicherheit zu brins gen. Zuweilen freilich hörte man noch einige energische Worte von Mauguin, Laborde, Bépard, Puiraveau. Diese schlugen den Deputirten vor, ihr Kostüm anzulegen, die dreifarbige Kos karde aufzustecken und sich unerschrockenen Muthes in die Reihen des Volks zu stellen. Nicht minder ungeduldig, am Kampfe uns mittelbaren Antheil zu nehmen, zeigte sich der General Lafayette, dessen Muth in dem Maße wuchs, in welchem der seiner Kolles gen abnahm; er erklärie sich bereit, den Posten einzunehmen, welchen man ihm anweisen würde. Aber diese Vorschläge wurs den mit einem gewissen Entseßen zurückgewiesen. Einige Mits glieder der Versammlung, die mit Recht über das Hinschleppen der Volkssache unruhig waren, hatten unter den Insurgenten ein Schreiben zirkuliren lassen, in welchem sie empfahlen, kein Zeichen, Peine Fahne aufzustecken. Laffitte, den das verlangerie Stills schweigen des Hofes allmdlig zur Partei der Insurrection hins übergezogen hatte, schalt über das Herumtappen im Finstern, das nur ihre persönliche Sicherheit kompromittiren könnte, und redete zum ersten Male von der Berufung des Herzogs von Orleans an die Spise der Regierung. Jedoch diese Infinuation hatte, obs wohl mit aller Behutsamkeit ausgesprochen, keinen Erfolg. Alls malig fand sich die Versammlung bis auf fünf Mitglieder vers mindert. Aber außerhalb der parlamentarischen Konferenzen hatte die revolutionnaire Sache an diesem Abend einen wichtigen Schritt vorwärts gethan; denn einige Führer der Rebellion hatten, entweder um den Aufstand zu beschleunigen, oder um das Volk einer ungewiffen Lage su entreißen, durch Anschläge

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