Billeder på siden
PDF
ePub

Ration erst ein verhältnißmäßig kleines Plätzchen erobert. Aber sie wird sich darin ausdehnen, denn ihre Erfolge fordern die Beachtung und ihre Ausgaben die Sympathie des deutschen Volkes heraus.

Anmeldungen zur Mitgliedschaft nimmt jede Bezirksverwaltung und jeder Vertreter, sowie das Büreau der Gesellschaft (Haus Schütting - Bremen) entgegen.

Im Anschluß an obigen kurzen Bericht des Generalsecretariats erlauben auch wir uns, wiederholt auf die segensreichen Bestrebungen der

„Deutschen Gesellschaft zur Rettung Schissbrüchiger" aufmerksam zu machen. „Leider ist," wie der Abgeordnete Dr. Friedrich Kapp in seinem Aussake über den „Schiffbruch des Dampfer Deutschland" im Februarhest der „Deutschen Rundschau" 1876 mittheilte,

„das Interesse an den Bestrebungen der deutschen Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger im deutschen Binnenlande vielfach ein außerordentlich schwaches. Um Mitglied derselben zu werden, und dadurch über ihre gesammte Thätigkeit stets unterrichtet zu bleiben, bedarf es nur des geringen Opfers eines Jahresbeitrages von 1 Mark 50 Pfennigen und doch hat die Reichshauptstadt nur 58 Mitglieder, Breslau 27, Frankfurt a. M. 21 und München 11. In Städten wie Düsseldorf, trok seiner 80,000 Einw., hat die deutsche Gesellschaft keinen einzigen Theilnehmer auszuweisen, während in den Küstenbezirken, vor Alem in Bremen (derzeitiger Vorort) und Hamburg mit bez. 1640 und 842 Mitgliedern und regelmäßig sehr bedeutenden außerordentlichen Einnahmen, ein sehr reges Interesse für diese menschenfreundlichen Bestrebungen herrscht. Auch die süddeutschen Hauptstädte Stuttgart, München und Darmstadt, sowie einige größere rheinische Pläke, wie Barmen, Elberfeld und Crefeld, beschämen die zuerst genannten Städte durch eine große Anzahl von Freunden des deutschen Rettungswesens; ja in der Schweiz haben Zürich und St. Gallen mehr Mitglieder, als die deutsche Reichshauptstadt Berlin!

Die deutsche Gesellschaft, deren regelmäßige jährliche Ausgaben sich auf weit über 100,000 Mark belaufen, kann selbstredend nur dann ihre Aufgabe vollständig erfüllen, wenn sie auch aus dem deutschen Binnenlande regelmäßige Beiträge erhält, wenn sie in ihren gemeinnützigen Bestrebungen auf die werkthätige Theilnahme der ganzen Nation rechnen kann. In solchen außer= ordentlichen Fällen kann nicht der Staat, sondern nur der öffentliche werkthätige Geist der Nation nachhaltige Linderung der geschlagenen Wunden schaffen. Zugleich aber erfüllt er damit eine Pflicht der internationalen Dankbarkeit, indem er zugleich den fremden, an unseren Küsten scheiternden Seeleuten die hilfreiche Hand entgegenstreckt, welche das Ausland unseren Landsleuten in den fernsten Meeren schon so oft gereicht hat."

Zwar hat sich seitdem die Mitgliederzahl nicht unbedeutend gehoben, in Berlin beispielsweise von 58 (!) auf ca. 500, aber dennoch ist sie in Anbetracht der segensreichen Wirksamkeit der Gesellschaft und in Rücksicht auf die Zahl der seit Bestehen der Gesellschaft geretteten Personen, sowie im Hinblick auf den geringen MinimalJahresbeitrag von Mark 1,50 noch immer eine kleine zu nennen.

Wir erlauben uns daher, alle unsere Leser und Abonnenten eindringlichst zum Beitritt auszufordern, und erklären uns gleichzeitig zur Annahme und Weiterbesörderung von Beitrittserklärungen und Gaben bereit.

Berlin, im Juli 1877.

W., Lükowstr. 2.

Expedition u. Redaction der „Deutschen Rundschau". (Gebrüder Paetel.)

Verlag von Gebrüder Paetel in Berlin. Druck der Pierer'schen Hosbuchdruckerei in Altenburg.
Für die Nedaction verantwortlich: Emil Paetel in Berlin.
Unberechtigter Nachdruck aus dem Inhalt dieser Zeitschrift untersagt. Uebersetzungsrecht vorbehalten

Deutsche Rundschau.

Herausgegeben

bon

Julius Rodenberg.

Dritter Bahrgang. Heft 12. September 1877.

Berlin.

Verlag von Gebrüder Paetel.

Alexandrien, Ferd. Hoffmann. - Amsterdam, Seyffardt'sche Buchhandlung. - Athen, Karl Wilberg.
Basel, Chr. Meyri. Bern, Huber & Co. Brüssel, C. Muquardt's Hofbuchhandlung. - Budapest,
Rari O. Stolp. Buenos Aires, S. Jacobsen & Co. Bukarest, Sotschek & Co. Caracas
(Venezuela), Alfred Rothe. Chriftiania, Albert Cammermeher. - Cincinnati, Philipp K. Theobald. -
Conftantinopel, Chr. Roth. Dorpat, Theodor Hoppe. E. J. Karow's Universitäts- Buchhandlung.
Florenz, . Loescher's Buchhandlung. - Kopenhagen, Andr. Fred. Hoest & Sohn.
Wilhelm Brior's
Hofbuchhandlung. - Lima, E. Niemeyer & Inghirami.
Liverpool, Charles Scholl. London, A. Siegle.
Trübner & Co.
Luzern, Doleschal's Buchhandlung.
Lyon, H. Georg. - Mailand, Wrico Hoeplt.
Mitau, Fr. Lucas. Montevideo, Jacobsen & Söderstedt.
Moskau, J. Deubner. Edmund Kunth.
Alexander Lang. Sutthoff'sche Buchhandlung (B. Post). - Neapel, Detken & Rocholl. Ulrico Hoepli.
New-York, Gustav E. Stechert. E. Steiger. - Odessa, Emil Berndt's Buchhandlung. J. Deubner. Paris,
Haar & Steinert. Sandoz & Fischbacher. F. Vieweg. Petersburg, August Deubner. Carl Rider.
2. Schmizdorff's Hofbuchhandlung. - Philadelphia, E. Schaefer & Koradi. - Pisa, Ulrico Hoepli. - Porto-
Alegre, Ter Brüggen & Co. - Riga, J. Deubner. N. Kymmel. - Rio de Janeiro, E. & Q. Laemmert. - Nom,
Loescher & Co. - Rotterdam, van Hengel & Geltjes. San Francisco, J. B. Solly & Co. - Stockholm,
Samson & Wallin. Tanunda (Süd-Australien), F. Basedow. - Tiflis, G. Baerenstamm. Valparaiso,
E. Niemeyer & Inghirami. — Warschau, E. Wende & Co. - Wien, Wilhelm Braumüller & Sohn. Faesy &
Frid. - Deddo, Q. Ahrens & Co. - Zürich, 6. M. Ebel.

Inhalts-Verzeichnik.

September 1877.

I. Ernst Wichert, Eine Geige. Novelle

Seite 347

II. M. Carriere, Der Mechanismus der Natur und die

[merged small][merged small][ocr errors][merged small][merged small]

IV. Heinrich von Grandt, Berlin vor, unter und nach dem

Ministerium Pfuel (Juli bis October 1848). Aus seinen
bisher unveröffentlichten Denkwürdigkeiten. V. IX. .

426

V. I. von Hartmann, Der russisch-türkische Krieg. Von

[blocks in formation]

VII. Angelo de Gubernatis, Ueber den Roman der Gegenwart

[blocks in formation]

IX. Ein Brief des Hauptmanns Karl Ludwig von Anebel an den Geheimsecretär Friedr. Joh. Justin Bertuch in Weimar. Mit Anmerkungen von Geh. Rath Dr. A. Schöll

X. Geschichte des Deutschen Buchhandels

XI. Literarische Notizen

[ocr errors]

XII. Literarische Neuigkeiten

509

515

517

520

523

526

Line Geige.

Novelle
bon

Ernst Wichert.

Das Gespräch kam - ich weiß nicht mehr wie, und es ist auch gleichgiltig - auf berühmte Geigen. Die „Sachverständigen" der kleinen Gesellschaft machten ihre Bemerkungen über die Stellung des Stimmstockes und über die Dicke des Steges mit viel Wichtigkeit; einzelne waren geneigt, an das Kunstgeheimniß der großen Violinbauer des vorigen Jahrhunderts zu glauben; ein „Keker" behauptete mit mehr Muth als Glück, es beruhe da sehr viel auf Einbildung, und die geschickte Hand des Spielers sei es von jeher gewesen, die das Instrument adelte. Darauf folgte von allen Seiten Widerspruch; man erinnerte an unbestreitbare" Thatsachen, erzählte bezügliche Anekdoten und Geschichten. Sie waren so unterhaltend, daß bald der eigentliche Streitpunkt in Vergessenheit kam.

"

Der alte, längst pensionirte Major v. S., dessen Haar wir Jüngeren nur schneeweiß gesehen zu haben meinten, dessen frische Gesichtsfarbe aber ebenso dauerhaft schien, hatte aufmerksam zugehört, sich jedoch bisher wenig beim Gespräch betheiligt. Nun äußerte er halblaut zu seinem Nachbar, er könnte wol auch eine solche „Geigengeschichte" erzählen, die jedenfalls den Vorzug hätte wahr zu sein, da sie ihm selbst passirt wäre. Natürlich schlug der Nachbar sofort an's Glas und bat um das Wort für den Herrn Major. Der ließ sich denn auch nicht lange bitten und begann:

Versteht mich nicht falsch, Kinder. Unter einer Geschichte verstehe ich nichts, als ein schlichtes Erlebniß, das ich gerade so vortrage, wie es sich mir ereignet hat. Ob ein Novellist es für seine Zwecke brauchen könnte, weiß ich nicht; jedenfalls müßte er mancherlei Lücken ausfüllen, die ich offen lasse, da ich nur von dem sprechen kann, was ich mit Augen gesehen und mit Ohren gehört habe. Ist Eure eigene Phantasie freundlich genug, da nachzuhelfen, so gönne ich ihr gern den breitesten Spielraum.

Deutsche Rundschau. III, 12.

23

Als junger Officier verbrachte ich einige sehr angenehme Jahre in Wien. Ich war unserer Gesandtschaft attachirt, verfügte nach dem Tode meines Vaters über ein ganz ansehnliches und unabhängiges Vermögen, und es fehlte mir nicht an Lebenslust, von den gesellschaftlichen Vortheilen meiner Stellung und von einer vollen Börse den splendidesten Gebrauch zu machen.

Es war noch das alte Wien des ersten Decenniums nach den Befreiungskriegen: das Wien des guten Kaiser Franz und seines großmächtigen Ministers Metternich, das Wien mit der hohen Stadtmauer und den prächtigen Basteien, auf denen man unter schattigen Bäumen promenirte, und den ländlichen Vorstädten ringsum, das Wien der Rubini, Lablache und Pasta, der Nestroy und Scholz, das Wien, dem der Wurstelprater noch urwüchsig angehörte. Man lebte da sehr gemüthlich und sehr gut, ich glaube auch sehr billig; aber man lebte damals in der ganzen Welt sehr billig und war zufriedener und anspruchsloser.

Ich hatte sehr wenig zu thun, wenn von einer geordneten Thätigkeit überhaupt die Rede sein konnte. Zu bestimmter Zeit eine Aufwartung zu machen, einer Parade beizuwohnen, einen Brief zu schreiben, einen officiellen Ball oder einen musikalischen Thee zu besuchen, darauf ungefähr beschränkten sich meine Pflichten. Es blieb mir zu viel freie Zeit, um des Nachdenkens überhoben zu sein, wie sie mit etwas Nützlichem auszufüllen wäre. Mit etwas Nüzlichem, das natürlich aber auch amüsant sein müßte! So entdeckte ich meine Ausgabe, als Anhängsel einer Gesandtschast mich mit dem Local, auf das ich angewiesen war, und besonders mit dem Volkscharakter möglichst vertraut zu machen. Diese „Studien" konnten mir ja dienlich werden, wenn ich zur diplomatischen Carriere förmlich überginge, woran ich mitunter dachte.

Wie das anzufangen, darüber bestand bei mir nicht der mindeste Zweifel. Ich meinte, vor Allem mich viel auf den Straßen umhertreiben und an den Orten verkehren zu müssen, die dem Volk die beliebtesten Lustbarkeiten boten. So war's ganz in der Ordnung, daß ich oft meinen Mittagstisch wechselte, aus einem Café in's andere wanderte, Abends in den Possentheatern mitlachte, oder wol auch dem noch immer recht munteren Kasperle einen Besuch abstattete, und später in den unzähligen Vergnügungslocalen diesseits und jenseits der Mauer, in denen bis spät in die Nacht hinein musicirt zu werden pflegte, meine Entdeckungsreisen anstellte. Es versteht sich von selbst, daß der Officierrock dabei meist zu Hause blieb, nicht weil er die Wiener, sondern weil er mich genirte.

Es hatte seinen guten Grund, Kinder, daß ich eine dieser lustigen Wirthschaften längere Zeit für geeignet hielt, meine Studie zu bereichern, sodaß ich denn selten einen Abend vorüberließ, ohne dort für ein Stündchen einzusprechen. Ihr lacht, könnt Euch schon Alles denken -! Nun - selbstverständlich war's etwas Weibliches, das mich an den Ort fesselte, der sonst wenig Annehmlichkeiten bot. Der Saal war geräumig, aber nicht hoch, und dazu stets mit Tabaksqualm erfüllt. Der Philister brachte damals noch seine lange Pfeife mit, oder hatte sie als Stammgast beim Wirth deponirt. An den einfachen Holztischen saßen dichtgedrängt die Familien, denn auch den ehrsamen Hand

« ForrigeFortsæt »