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Vorläufige Notiz über eine neuerworbene

chinesische Sammlung.

Der Wunsch, das chinesische Volksthum in seinen Sitten und Bräuchen einem der grösseren Culturcentren Chinas möglichst eingehend zu studieren, brachte im Frühjahr 1897, nachdem mir der erbetene Urlaub bereit willigst ertheilt worden war, den Entschluss zur Reife, eine längere Studienreise nach Ostasien zu unternehmen. Die leichte Erreichbarkeit Pekings, meine verhältnissmässig genügende Vertrautheit mit dem dortigen Dialekt sowie endlich der Umstand, dass merkwürdigerweise gerade in Peking auf dem mich speziell interessierenden Gebiete der Volkskunde bisher sehr wenig gethan worden war, veranlassten mich zu der Wahl dieses Ortes, die ich denn auch keineswegs zu bereuen hatte.

Der Vergleich der Pekinger Sitten und Bräuche mit dem, was wir durch Gray, Doolittle und de Groot über Canton, Fuchou und Amoy wissen, zeigt, wie bedeutend trotz der scheinbar starren Gleichartigkeit der chinesischen Cultur ihre localen Differenzen sind, deren Erforschung in erster Linie für den Ethnographen von der grössten Wichtigkeit ist. Es ist daher mit Freuden zu begrüssen, dass vor wenigen Monaten ein vielversprechender junger finländischer Gelehrter, Herr Mag. Lund, im Auftrage der Helsingforser Finnisch-ugrischen Gesellschaft eine dreijährige Studienreise nach China angetreten hat, um gerade auf diesem bisher vernachlässigten Gebiete thätig zu sein.

SO

Selbstverständlich hatte ich mich erboten, für das hiesige K. Museum für Völkerkunde zu sammeln und habe auch für die, mir für diesen Zweck zur Verfügung gestellten, höchst bescheidenen Mittel zu erreichen gesucht, soviel in meinen Kräften stand. Da eine ausführliche Bearbeitung meiner Sammlung demnächst in den „Veröffentlichungen aus dem K. Museum für Völkerkunde" erscheinen soll, beschränke ich mich hier auf einen flüchtigen Ueberblick.

Die Sammlung setzt sich aus folgenden Gruppen zusammen:

1. Hochzeitsbräuche: Verlobungsgeschenke, Brautschmuck und Braut

aussteuer (letztere in Modellen).

2. Auf das man-yüeh, die Vollendung des ersten Monats, bezügliche Geschenke.

3. Todtenbräuche (vergl. meine Abhandlung: „Pekinger Todtenbräuche" im 4. Bande des Journal of the Peking Oriental Society): Gegenstände, die durch sung-san und sung-shêng verbrannt werden, die Opferpyramide h'u-shi, die bei Leichenzügen verwendeten Hellebarden, Banner etc., während das Modell eines hsing-t'ai mit zugehörigem Libationsgeräth, die üblichen Condolenzgeschenke, ein Papierschiff, h'ui-h'o-ch'uan, das am 60. Tage nach dem Tode, an dem die abgeschiedene Seele den durch die Unterwelt fliessenden H'ui-h'o überschreitet, verbrannt wird; dazu zwei Brücken, die ebenfalls über den genannten Fluss führen und gleichzeitig mit dem Schiffe verbrannt werden.

4. Fa-ch'uan, ein Papierschiff, auf dem sich der Ti-tsang-wang p'u-sa, die zehn Höllenkönige und sonstige Höllengötter befinden und das am 15. Tage des siebenten Monats, dem Allerseelentage, verbrannt wird. 5. Eine Gruppe von Gegenständen, die bei dem Kung-niang-niang, d. h. bei dem den Pockengöttinnen dargebrachten Opfer verbrannt werden. 6. Eine Gruppe von 90 auf Seide gemalten bildlichen Darstellungen von Volksgöttern und Dämonen.

7. Eine Gruppe der in Peking üblichen Neujahrsdecorationen.

8. Eine Gruppe von 15 Tafeln, enthaltend die in Peking üblichen Aushängeschilder (auch auf diesem Gebiete scheint die locale Verschiedenheit sehr weit zu gehen).

9. Eine Sammlung von ca. 200 Stickmustern aus Peking und Shanghai. 10. Sechs Gruppen von Thonfiguren, gewisse Pekinger Gauklervereine darstellend.

11. Sechzehn Gruppen von Thonfiguren, Scenen aus verschiedenen Schauspielen darstellend.

12. Eine grosse Anzahl von Bilderbogen aus Shanghai, meist Darstellungen von Theaterscenen.

13. Eine Anzahl meist älterer Handwaffen, in Peking gekauft. 14. Eine Gruppe von Gegenständen kunstgewerblichen Charakters: Bronzen, Lack, Porzellan, geschnitzte Pfirsichkerne.

Dazu kommen noch folgende Gruppen, die erst vor Kurzem nachträglich eingetroffen sind:

15. Modell eines Ahnentempels aus Canton.

16. Zwei lebensgrosse Modellfiguren in Hochzeitskleidung aus Canton. 17. Eine Sammlung von Volksgöttern (ziemlich roh geschnitzte vergoldete Holzfiguren) ebendaher.

18. Eine vollständige Sammlung von Hellebarden, wie sie vor den staatlichen Behörden aufgestellt zu sein pflegen, ebendaher.

19. Eine Gruppe von ca. 50 meist mythologischen Figuren aus glasiertem Thon, ebendaher.

20. Eine Gruppe von Zinngefässen als Probe der Zinnindustrie von Swatou.

21. Durch gütige Vermittelung des Herrn Consul Streich in Swatou eine reiche Sammlung silberner Schmuckgegenstände der Hakkers.

In Kyōto habe ich ein grosses, ausnehmend schönes gesticktes Tempelbild, das die Bodhisattvas Fugen (Samantabhadra) und Monju (Mañjuçri) darstellt, erworben. Desgleichen habe ich Photographien von einer Anzahl altjapanischer buddhistischer Skulpturen, die in dem dortigen Museum aufbewahrt werden, anfertigen lassen. An diese schliesst sich noch eine Sammlung älterer Photographien nach buddhistischen Skulpturen aus dem Museum zu Nara an, die dem Museum von mir übergeben worden ist.

Die auf die Pekinger Volksbräuche bezügliche Sammlung ist in der Aufstellung begriffen und wird bereits in kürzester Zeit dem Publicum zugänglich sein.

W. Grube.

Bhrikuti.

In den,,Notulen van de algemeene en Bestuursvergaderingen van het Bataviaasch Genotschap XXXI, 1893, Batavia 1894, bespricht Dr. Brandes S. 61 die Devanagarî-Inschriften einer Reihe von Steinfiguren, welche schon R. H. Friederich (Verhandelingen von het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschappen XXVI, 1854-57, Over Inscriptien van Java en Sumatra; Inscriptien van Malang 16 f.) besprochen und deren Lesungen er abgebildet hatte. Brandes verbessert die Lesung einer dieser Inschriften, welche Friederich „Dhurdjdjatî" gelesen hatte, in das richtige Bhrikutî, spricht aber dabei seine Verwunderung aus, dass, während die übrigen Figuren (Amitabha, Pânduravâsini, Akshobhya, Locanâ, Ratnasambhava, Amoghapâça, Hayagrîva, Sudhanakumâra) zweifellos buddhistisch sind, Bhrikuti bis jetzt nur als Jaina-Gottheit bekannt sei. Er verweist dabei auf das Boehtlingk-Roth'sche SanskritWörterbuch, welches in der That Bhrikuti und Bhrikutî (vgl. auch die Artikel Bhrakuti, Bhrukuti, Bhrûkuti, Bhrukuti) neben seiner gewöhnlichen Bedeutung nur als Name einer Jaina-Göttin aufführt. Für das genannte Wörterbuch hat A. Schiefner die buddhistischen SanskritWerke ausgezogen und, wie Berichterstatter aus Erfahrung weiss, sind die herangezogenen Texte sehr ausgiebig benutzt. Unter diesen Werken ist aber auch der Kâlacakratantrarâja, in welchem Bhrikutî V, 15 erwähnt wird; wahrscheinlich hat nun Schiefner das Wort als Beinamen aufgefasst und nicht als eigene Göttin und desshalb ausgelassen. Diese Ablösung besonderer Eigenschaften einer Göttin als besondere Person, und das Auflösen wiederum einer neuen Person zu einer Variante einer bekannteren Göttin schildert vortrefflich Godefroy de Blonay, Matériaux pour servir à l'histoire de la déesse buddhique Târâ, Paris 1895, Bibliothèque de l'école des hautes études 107, S. 64.

Die Bhrikuti ist als buddhistische Göttin wohlbekannt: am bekanntesten wohl in ihrer Fleisch werdung als die Nepâlesische Gemahlin Khri btsun des Begründers des Buddhathums in Tibet: Srong-btsan-sgam-po; vgl. Schlagintweit, die Könige von Tibet, Abh. der bayr. Acad. I (cl. X. Bd. III. Abt. 839 [48]), Huth, Geschichte des Buddhismus in der Mongolei II, 8; L, A. Waddell, The Buddhism of Tibet or Lamaism

20, 23 (vgl. 359); Ders. Journal of the Asiatic Society of Bengal 1894 S. 66; Godefroy de Blonay loc. cit. S. 2, Note 2. In dieser Form wird sie mit Târâ (der,,grünen") unmittelbar identificirt. Für Java fällt nun diese Bildung fort, von Interesse ist aber, dass sie eine Form der Târâ genannt werden kann: in der That finden wir unter den Beinamen dieser Göttin auch eine Form Bhrikutîtârâ; vgl. L. A. Waddell, The Indian Buddhist Cult of Avalokita and his consort Târâ, Journal of the Royal Asiatic Society 1894, 51 ff. Dort wird sie S. 85 (vgl. ders. Lamaism S. 359) unter No. 14 aufgeführt und mit ihrem tibetischen Namen bezeichnet, Khro-gnyer-g, yo-bahi sgrol-ma,,Târâ of the frowning brows". Waddell sagt ferner:,,Diese Târâ ist dunkel indigo-farbig; sie hat drei Gesichter, welche alle verzerrt und runzelig sind. Sie isst menschliche Eingeweide. Sie hat vier (? sechs) Hände. Attribute: In den rechten Händen hat sie einen eisernen Haken und einen Stock ("rod"), links hält sie einen Schädel, eine Fangschlinge und einen (abgeschlagenen) Kopf Brahmâ's (Tib. Tshangs-mgo). Ihre Köpfe sind geschmückt mit einer Krone mit einigen menschlichen Schädeln, ihr Leib ist gekleidet in ein Tigerfell und umgürtet mit Schlangen". (vgl. auch S. 73 No. 14). Aus den sechs Attributen geht zunächst hervor, dass die Göttin sechs Arme haben muss; die Zahl vier scheint L. A. Waddell eingesetzt zu haben mit Rücksicht auf die Darstellungen einer Bhrikuti, welche er selbst auf seinen Tafeln II unter 1, b, III unter d giebt und dort seinen Gewährsmännern folgend Bhrikutîtârâ nennt.

Bevor ich auf diese Darstellungen eingehe, möchte ich noch darauf hinweisen, dass die Abbildung No. 1, welche ich dem öfter citirten Buche,,die fünfhundert Götter von Nar-thang" entnehme (vgl. Veröffentl. aus d. kgl. Mus. f. Völkerkunde I, 2, 1890 S. 63 No. 67; S. 83 No. 192) genau mit WaddellsBeschreibung übereinstimmt. Auch der tibetische Name ist derselbe, sie wird darin ausdrücklich als eine Form der Târâ (T. Sgrol-ma)

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bezeichnet.

Abb. No. 1.

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