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„Mein Herr", sprach Marcel, als er in das geraumigfte Zimmer eines der unscheinbarsten Häuser trat,,,ich dürfte Ihnen wohl nicht ganz unbekannt seyn. Ich bin General Marcel. Fraulein von Souland, die ich einst von einem gräßlichen Tode errettete und die mir theurer ist, als mein Leben, sagt mir, daß Sie mit ihr versprochen sind; für mich ist Alles, was sie sagt, ein Befehl, jogar dieses traurige Wort, welches meine liebsten Hoffnungen ganz vernichtet. Hier steh' ich vor Ihnen, Sie um Entscheidung in dieser Sache zu bitten; denn ich würde eine länger dauernde Ungewißheit nicht ertragen können.“

"Herr"", sprach der begünstigte Liebhaber, Ihre Ges schichte, die so wunderbar und so innig mit der meiner Cousine verknüpft ist, war mir schon längere Zeit bekannt Ihre edle Freimüthigkeit zwingt mich, ganz aufrichtig zu reden. Ich habe Ihre ganze Korrespondeng mit meiner Braut gelesen; sie konsuls tirte mich bei jedem Briefe, der an sie bestimmt war, und ich hatte oft Gelegenheit, die edle Uneigenudgigkeit Ihrer Neigung au bewundern. Was Sie heute gethau, beweist, wie richtig meine Meinung von Ihnen gewejen."

,,Wohl", versezte der General; „ünter solchen Umständen muß Ihnen daran gelegen seyn, Ihre Hochzeit baldmöglichst zu feiern warum haben Sie so lange damit gesogert!"

The meine Braut Sie wieder geschen und Ihnen über Alles Auftiarung gegeben hatte, fählte sie sich nicht frei genug, einen so entscheidenden Schritt zu thun. Sie wollte durchaus erst Ihre Einwilligung haben. Sind Sie bereit, General, Ihre edels müthigen Handlungen mit diesem Segen zu krönen?!!

"Ja", sprach Marcel tief bewegt;,,allein es muß gleich ges schehen. Ich habe Fassung gewonnen. Begleiten Sie mich

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8 Fraulein von Souland - mein Opfer ist gebracht, allein ich Panir nicht dabei verweilen. Kommen Sie - lassen Sie es heute geschehen hören Sie ihr Jawort in meinem Beisenn.!!

Sie gingen mit einander nach der Wohnung des Frauleins; das Verlobniß wurde erneuert, und es fehlte nur noch die hoch, zeitliche Weihe, um das Glück des jungen Paares vollständig zu machen. In weniger als einer Woche fährte Marcel das Fraus lein von Souland zum Traus Altar. Er blieb ruhig und gefaßt; kein Seelenkampf wurde in ihm bemerklich, bis die Trauung vollzogen war.

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Sie werden glücklich seyn", sprach er mit klopfendem Hers zen und feuchrem Auge, als die Neuvermählten ihm gegenübers, Banden. Sie müssen glücklich seyn dies ist meine liebste Hoffnung, mein angelegentlichster Wunsch. Ich habe Sie,. Madame, mit dem Manne Ihrer Wahl vereinigt gesehen leben Sie wohl, und denken Sie zuweilen an den unglücklichen Marcel."

Herr und Frau von Cassan — denn Fraulein von Souland war jest Frau von Caffan geworden stürzten ihrem edeln Wohls thater weinend in die Arme. Er umarmte sie drtlich; allein der Anblick ihres Glückes kostete ihm zu viel. Er ging wieder aur Armee.

Eilf Jahre verflossen seit dieser edlen Aufopferung und fchmerzlichen Trennung eilf Jahre friegerischer Thätigkeit.. eilf Jahre friegerischer Thätigkeit. Marcel focht im Westen und Norden bei Austerlig und vor Saragossa bei Wien und an der Moskwa. Er wurde Divis flons General und erhielt den Titel eines Grafen. Sein Brief: wechsel mit Frau von Caffan erlitt in dieser Periode, wie man fich denken kann, große Unterbrechungen; allein die wenigen Briefe, die er empfing, machten ihm Freude, weil sie von dem ehelichen Glücke des Paares und von der dankbaren. Gesinnung des Mannes zeugten.

Aber die ganze Herrlichkeit des Grafen Marcel und feines Gebieters sollte durch Wellington's gewaltigen Arm zertrummert werden; das Britische Heer besiegte, unaufhaltsam vordringend, die erlesensten und lampfge besten Streiter des Usurpators, und die Niederlagen der Französischen Truppen folgten einander Schlag auf Schlag. Ausländische Krieger überflutheten den lange jungs frdulich gebliebenen Boden Frankreiche,

Alle dieje Wechsel des Glückes beunruhigten Herrn und Mas dame Cassan nur in so weit, als Graf Marcel dabei betheiligt feyn konnte. Sie hatte geschaudert bei den Gefahren, die er auf Ruslands Schneefeldern und über den Fluthen der Berefina bes stehen müssen; allein sie fürchtete noch weit mehr die Wirkung, welche der Sturz des Kaisers, der ihn geehrt und ausgezeichnet, auf sein Gemith haben mußte.

Der auf Usurpation gegründete Raiserihron stürzte; aber Graf Marcel war Einer von den streng gewissenhaften, unbeugs famen Anbangern Napoleon's, die sich fühn an das Wrak seiner Donoftie scullammerten. Er verließ Fontainebleau nicht cher, bis fein Kaijer mehr in Frankreich war.

Wdhrend der eilf Jahre, die seit dem Tage verstrichen, an welchem Mareet jenes edle Opfer gebracht, war eine große Vers anderung in ihm vorgegangen. Die Liebe erfüllte jem hers nicht mehr; obgleich feine Freundschaft und Hochachtung für Madame Caffan so tief und innig blieben, wie vordem. Auch fein Ehrgeiz hatte eine andere Richtung genommen. Er fühlte die Annäherung des Alters und die Nachwirkungen vieler empfangenen Wunden er wurde ernst und gedankenvoll und baid wendete sich sein Geist einer anderen der polisischen Sphäre zu.

Das Glück verließ ihn auch in dem neuen Berufe nicht: und um die Zeit der Thronentfagung Napoleon's war Graf Marcel so hoch gestellt afs ein Unterthan es nur seyn lane. Wie dem Sturze des Ujurpators verlor Marcel seine neue Würde; und

von jest an waren Herr und Madame Cassan die einzigen Wer fen, an denen er noch Intereffe nahm. Was aber für ihn ein Gegenstand tiefen Schmerzes war die poliasche Umwälzung

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in Frankreich mußte dies nicht seine Freunde, als echte Royas listen, mit jauchzender Freude erfüllen? Nein", sprach er zu sich selbst,,,es sen fern von mir, daß ich die Ruhe und das Glück des würdigen Paares mit eigenem Trübfinn und Mikmuth störe!“ Er beschloß, sie nicht wieder zu besuchen und nicht mehr an fè zu schreiben.

Die Stille, welche auf die Rückkehr der Bourbonen folgre, wurde, wie Jedermann weiß, durch das Mißvergnügen des Mis litairs und durch Bonaparte's Entweichung von Elba gar bald unterbrochen. Man kann sich leicht denken, daß Graf Marcel, den der Er Kaiser so hoher Gunft gewürdigt hatte, sich beeilte, die Rückkehr seiner Adler an Frankreichs Küsten zu begrüßen.

Noch vor Bonaparte's Entweichung war Herr von Cassan, der Gemahl des ehemaligen Fräulein von Souland, nach Paris berufen worden, und hatte zur Belohnung für Alles, was er im Dienste der Königlichen Sache erlitten, ein nicht unwichtiges Amt erhalten. Unterdeß kamen die hundert Tage — ihnen folgte der glorreiche Triumph Wellington's bei Waterloo und die Vers bannung des Generals Bonaparte. Welches Schicksal drohte aber dem Grafen Marcel, der gleich seinem Gebieter verwändet und überwunden wurde? Man beschuldigte ihn der Theilnahme an einer geheimen Verschwörung, die wir hier nicht weiter zu beleuchten brauchen, deren Folgen aber Frankreich lange zu bes flagen hätte.

Sobald Frau von Cassan erfuhr, daß ihr Beschüßer, er, deni sie Leben und Besizthum verdankte, in Gefahr schwebte, sagte ihr Herz ihr, wie sie handein sollte. Herr von Cassan bekleidete sein verantwortliches Amt in Paris; seine Gattin aber wohnte auf dem Lande, mit der Erziehung ihrer Kinder beschäftigt. Sie rik f von dem trauten Kreise los und fuhr mit Erica's Post nach der Hauptstadt. Als ihr Mann sie erblickte, errieth er gleich den Beweggrund ihrer plöglichen Ankunft.

,,General Marcel", sagte er, „ist schwer angeklagt - Du bist gekommen, um ihn zu befreien. Ich will Dir Hülfe lei sten; aber ich sage Dir, daß es mit ihn nicht besser steht, als init Nen oder Labédoyère. Er hat bittere persönliche Feinde an der jeßigen Regierung. Ich brauche Dir nicht erst zu verfichern, daß er wenigstens auf Einen Freund rechnen kann.

Frau von Cassan konnte auf diese großmüthige Aeußerung nur mit einem Händedrack antworten. Sie beschloß, keine Zeit zu verlieren, um den Aufenthalt des Freundes zu entdecken. Dies war jedoch keine leichte Aufgabe. Bei Marcel's alten Waffent gefährten wurde sie mit Kälte angehört; und erkundigte sie sich nach Mitteln, die einen guten Erfolg wahrscheinlich machen könu ten, so erhielt sie keine Antwort. Endlich, als sie schon nähe daran war, an der Möglichkeit des Gelingens zu verzweifeln, entdeckte ihr einer der früheren Adjutanten des Generals, der seinem Chef noch mit Liebe anhing und an der Lauterkeit ihrer Absichten keine Zweifel hegre, den Namen der Person, welche, troy aller Wachsamkeit der Polizei, den Muth gehabt hatte, dem Angeschuldigten ein Asyl zu gestatten. Nur mit großer Behuts samkeit und Vorsicht gelangte Frau von Cassan an den bezeiche netén Ort.

Sobald der Graf sie zur Thår der Dachstube, in welcher ér versteckt war, hereintreten jah, fuhr er von seinem drmlichen Las ger empor, stürzte ihr entgegen und rief mit freudeftrahlendem Antlig: Jegt kann das Schickjal mir nichts mehr anhaben! 3 kümmere mich um nichts mehr Sie haben mich niche vertassen, und ich bin befriedigt.“

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,,,,Ach!" rief Frau von Caffant,,,,was habe ich denn für Sie gethan? Ich bin nicht durch Flammen und Gefalt hierher gekominen habe nicht dem Tode getrost, um Ihr Leben zu retten, wie Sie an jenem verhängnisvollen Tage für mich ges than. Ich komme mar, am, wo möglich, eine alle Schuld abzus tragen. Werden Sie wohl Ihr Leben derjenigen anvertrauen, die Ihnen das eigene Lebeu verdanke - „Güttger Engel", sprach der General, auf die Kniee fallend;,,Ihrer schwesterlichen Gorge Ihrem Eifer Ihrer Einsicht vertraue ich mich von ganjem Herzen.“ So folgen Sie mir → noch in diesen Augenblick in der nachsten Stunde kann es schöngu, spåte seyn Fouches Schergen kennen schon ihren Aufenthalt." —,,We. foll ich aber hingehen?" fagte der General, die Entschlossenhets seiner Freundin bewundernd. Zu uns in meines Gatten Haus einstweilen, und dann mit uns auf unseren friedlichen Lands fil da werden Sie sicher seyn. Ney, Labédoyère und die Uebrigen, welche an den neuesten Ereignissen Theil genommen, erivarien ihr Urtheil. Ich will Sie von einem schmählichen Tode retion -es meine Pflicht, mein Recht - Sie gehören mir an, denn Sie sind unglücklich!"***

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Die Equipage ihres Garten, die in der anfoßenden Srafe wartere, förderte fie Beide nach dessen Wohnang. Da Herr von Caffan dem Hamie der Bourbonen unsweideutig ergeben war, id hatte sein politischer Gegner in seinem Haufe nichts zu befürcis ten, bis er ihn mit giger Gelegenheit nach der Vendee mits nehmen konnte. Der Verfchworne vom 20. März begleitete feine heidenmüthige Beschüßerin und ihren Gatten nach ihrem Landsige.

Marcel gewann seine verlorene Heiderich im Krehe der edelsten Freunde allmålig wieder. Er wohnte hier unter dem Namen eines entfernten Verwandten der Frau von Cassan, der viele Jahre emigrirt gewefen. Sein Name wurde nacharals in die Amnestie mit eingeschlossen, die der König aus freien Stücken

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Wollte man eine Märtyrer - Geschichte der Presse entwerfen, so wurde diese Zeit reiche Beiträge dazu liefern. Wir wollen indeß nur die Blätter derselben aufschlagen, um einige Proben daraus zu geben.

1),,Actes des Apôtres", herausgegeben von Pelletier, Champes mes, Lauraigais, Rivarol, Regnier, d'Auvorme, Béville, Langlois, Bergasse und Anderen; sie beginnen 1789 und wurden im Oktober 1791 zu Grabe getragen, in Gemäßheit cires Königlichen Befehls. Der Prospektus zeigt das Motto:

Quid domini facient, cum talia audent fures?
Liberté, gaité, démocratie royale.

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Die erste Lieferung ist datirt vom Jahre 0 der Freiheit und bes titelt: Die,,Actes des Apôtres, begonnen am Tage der Todten und beendigt am Tage der Reinigung." Das Werk besteht aus 10 Bänden und 11 Nummern, im Ganzen 311 Nummern. In Nummer 28, S. 13 heißt es: „Ludwig war vor einem halben Jahre Herr von 24,000,000 Unterthanen, und jest ist er der einzige Unterthan von 24,000,000 Königen. Jest fragt es sich nur, wie diese Nation von Potentaten die Gränzen von so vielen Reichen abstecken wird, und wie der Unterthan so vielen Königen gehorchen foll?"

2) Actions Héroïques", von Léonard Bourdon und Thibeaus deau, im zweiten Jahre der Republik, 5 Nummern.

3) ,,A Deux Liards, à deux liards mon journal!"... Bes gann am 1. Oktober 1791 und hörte am 11. August 1792 auf. Mit Nummer drei nahm es den Titel an:,,le Babillard national, journal à deux liards". Mit Nummer zehn erscheint wieder der frühere Titel. Im Ganzen zählte es 7 Monate von 30 Nummern und einen von 27. Es beginnt folgendermaßen:,,Wir sollen wenige Zeilen genügen, um mich mit den Arbeiten der Nationals Versammlung bekannt zu machen. Sie hat ihr Debut auf dem Theater der Reitbahn gemacht, am 1. Oktober 1791, im dritten Jahre der Empörung, in gemeiner Sprache im Jahre 1791; fodann hat sie ihre Vollmachten in zwei Tagen geprüft, dreimal geschworen, den König, die National Garde, das Publikum ges Höhnt, die Minister geschmäht und 150,000 Fr. gewonnen. Die Versammlung hat darauf verzichtet, ehrenwerth und gechrt zu feyn. Es ist erfreulich, zu sehen, daß sie sich selbst Gerechtigkeit widerfahren läßt. Unsere Revolutionnaire sind stolz darauf, daß die Welt sich so weit für sie interessirt, daß sie Alle gehängt zu sehen wünscht."

4),,L'Aristocratie enchainée et surveillée par le peuple". Der Titel sagt wohl genug.

3) Le Défenseur de la Constitution", von Max. Robespierre; 12 Hefte, vom 1. Juni bis zum 10. August 1792. Das Journal wurde dann fortgeseßt bis zum 15. März in 22 Lieferungen unter dem Titel: Briefe Mar. Robespierre's, Mitglied des Franző, fischen National Konvents, an seine Kommittenten“.

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6) Déjeuner patriotique du Peuple", vom 20. Januar bis jum 3. April 1791.

7),,Le Démocrite Français", von Madame Reyneri, vom 8. Ventose bis zum 8. Prairial des Jahres VII; 88 Nummern.

8) „Echo du Palais Royal" oder „Courrier des Cafés"; 1790. Motto: In nova fert animus. Probe: In den leßten Tagen hat man in der Nähe des Louvre ein dußerst gefährliches wildes Thier entdeckt. Die Naturforscher behaupten, es sen daffelbe, was die Alten Ministerium nannten. Es hat eine verführerische Stimme und einen verschlungenen Gang; Alles, was es anfaßt, wird in Gift verwandelt; obgleich seine Gestalt anziehend ist, flößt sie doch Schrecken ein. Diejenigen, die es verschlingen will, fucht es einzuschläfern, und wenn es sie betäubt sieht, zerfleischt es fle. Seit einigen Monaten richtet es große Verwüstungen au. Man hat bemerkt, daß es eine entschiedene Vorliebe für junge Früchte hat, besonders für einen Baum, der aus Neu England hierher verpflanzt ist. Dieser seltene Baum hat die kostbare Eigenschaft, eingerostete politische Uebel auszurotten u. f. w."

9),,Journal de la Liberté de la Presse", von Baboeuf, vom 17. Fructidor des Jahres II bis zum 5. Floréal des Jahres IV; *) S. Nr. 70 des „Magazins“.

43 Nummern. In der leßten Nummer heißt es:,,Alles ist ers schöpft; das Schreckens System gegen das Vo.k ist an der Tagest ordnung. Es ist nicht inehr gestattet, zu sprechen; es ist nicht mehr gestattet, u lejen; es ist nicht mehr gestattet, zu denken. Es ist nicht mehr vergónnt, zu sagen, daß man leider; es ist nicht mehr vergönnt, 81 wiederholen, daß wir unter der Herrs schaft der schreckichsten Tyrannen leben. Es ist nicht mehr ers laubt, seinen Schmerz auszudrücken, wenn unsere Henker uns zerfleischen, wenn sie ståckweise uniere zuckenden Glieder zers reißen; es ist nicht mehr erlaubt, dieje Barbaren um weniger schreckliche Qualen zu bitten, um weniger ausgesuchte Wartern, um einen milderen und rajcheren Tod." Es ist nicht mehr ers laubt, zu sagen, daß die Konstantinopolitanische Gejeßgebung, im Vergleich mit den Verordnungen unserer machihabenden Senas toren, gemäßigt und milde ist u. f. œ.“

10),,Journal de la Savonette Républicaine", von Labenette, wie der Titel sagt, zum Gebrauch unwissender Deputirten und solcher, die das Vaterland verrathen wollen. Es erschien Ende 1792 und 1793; 18 Nummern. Probe:,,Meiner Treu, ich halte es nicht mehr aus! Heißt das nicht, auf eine schmachvolle Weije mit unserer Leichtgläubigkeit spielen? Die Armee unter Dumous riez, welche 12,000 Mann aus sechs Dörfern verjagt hat, war also unsichtbar? Eine solche Kriegführung ist mir nie vorgekoms men. Der Lump dringt nur darum in das feindliche Land und läßt keine Garnison hinter sich, weil er unsere Truppen zwischen zwei Feuer bringen und durch seine Riedertage den fremden Truppen Gelegenheit geben will, auf Paris vorzubringen, in das ihnen die Hungersnoch und die Entführung des Königs nach diesem schrecklichen Schlage Eingang verschaffen müssen." 11),,Journal de Louis XVI. et de son peuple" oder „le Défenseur de l'Autel, du Trône et de la Patrie"; 9 Binde. Angefangen im Jahre 1790 und eingegangen mit dem Schlusse der fonstituirenden Versammlung. Diese Zeitschrift ist kaum noch aufzufinden. Sie ist ganz im Geiste ihres Motto's: Ein ein siger Gott, ein einziger König", gehalten.

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12),,La lanterne de Diogène", Jahr XII, drei Nummern. Probe: Von Freiheit der Presse kann nur dann die Rede seyn, wenn man denjenigen, welche die Macht in Handen haben, unges straft mißfallen darf. Sonst ist sie eine Chimare."

13) Journal des Amis", von Claude Fauchet, Bischof von Calvados, vom 1. Januar bis zum 15. Juni 1793; 2 Bände. Diese Zeitschrift, die jest felten aufzutreiben ist, begann während der Zeit des schrecklichen Kampfes zwischen der Gironde und der Partei, die am 31. Mai 1793 triumphirte. Man finder in ders felben werthvolle Nachweise.

(Schluß folgt.)

Mannigfaltiges.

Janin's Schriften. Die neueste Sammlung von Jules Janin's Bagatellen ist unter dem Titel „Karatomben" (Les Catacombes) erschienen, vermuthlich nur, damit sich die Leser über die Wahl des Titels, der in der That nicht die entfernteste Beziehung zum Inhalt hat, die Köpfe zerbrechen. Auf feine eigene Lebensbeschreibung folgt unmittelbar die des berüchtigten Marquis von Sade, eines Urenkeis der von Petrarka gefeierten Laura von Sade, der nicht bloß dieser Ahnfrau, sondern auch des Namens Mensch überhaupt unwürdig war. Die Verworfens heit dieses Schriftstellers, der es sich zur Aufgabe gesezt hatte, durch seine schmußigen Schriften ganz Frankreich, und besonders das weibliche Geschlecht, eben so zu entsittlichen, wie er und feine Genossen es bereits waren, wird zwar von Janin auf vers diente Weise gebrandmarkt, doch klebt selbst an dieser Darstellung noch immer Etwas von der ekelhaften Brutalität des Gegens Landes, und wir möchten uns um keinen Preis entschließen, fie für die Leser des „Magazins“ in unsere keusche Deutsche Mutters fprache zu übertragen. Um nicht immer als leichtfertiger Feuilles tonist zu erscheinen, giebt uns Herr Janin in diesen Bändchen auch von seinen klassischen GymnasialsStudien eine Probe, indem er Martial, Petronius und Apulejus zum Gegenstande einer geistreichen Phantasie macht. Nebenbei wird auch über Beets hoven, Albrecht Dürer und Holbein man sieht, Janin ist mit einemmale ein Verehrer der Deutschen Kunst geworden über Marie Antoinette und die früh verstorbene Herzogin Marie von Württemberg, über Alfred Johannot und George Sand, kurzum über Alles und noch einige andere Dinge gesprochen. In Belgien sollen bereits drei verschiedene Nachdrucker damit bes schäftigt fenn, diese Katakomben", jeder auf seine Weise, recht tüchtig auszubeuten.

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Philosophisches. In Paris ist so eben eine „lathor lische Philosophie der Geschichte" (Philosophie catholique de l'histoire) vom Baron Aler. Guiraud erschienen. Der Revue de Paris zufolge, hätte der Verf. in den biblischen Sagen die histor rische Formel aller Doktrinen aufgefunden, welche die Wissens schaft anerkennt. Auch eine eigene Kosmogonie foll der Verf. aufstellen, doch wird sowohl hierüber, als über jene mysteriöse historische Formel", in der uns vorliegenden Anzeige nichts Raberes gefagt.

Nummern. Pränumerations-Preis 221 Sgr. († Thlr.) vierteljährlich, 3 Thlr. für das ganze Jahr, ohne Er höhung, in allen - Theilen der Preußischen Monarchie.

No 73.

M a ga z in

für die

Beiblatt der Allg. Dr. Staats Zeitung in Berlin in der Expedition (Friedrichs-Straße Nr. 72); in der Provinz so wie im Auslande bei den Wohllöbl. Post- Aemtern,

Literatur des Auslandes.

Berlin, Mittwoch den 19. Juni

Frankreich.

Geschichtliche Gegensätze unserer Zeit.

Bon terminier.

Die Größe unserer Zeit ist eine unbestreitbare Thatsache, aber eine ungewöhnliche, denn fie beruht auf einem Widerspruche. Der Glaube und der Zweifel theilen sich in die Gegenwart, und fie Pampfen um die Herrschaft in dem Menschen und in der Welt der Erscheinungen. Der Glaube ruht auf dem Grunde der Dinge; der Zweifel fällt über die Form und die Mittel her. So glaubt in der politischen Welt die Gesellschaft an ihre Zukunft und ihre Kraft; und das Bewußtseyn, welches sie über sich selbst erlangt hat, laßt die Furcht nicht aufkommen, daß fie eines ges waltsamen Todes sterben oder langsam hinsiechen werde. Wird aber die Frage nach der besten gesellschaftlichen Verfassung, in welcher sich dieses unzerstörbare Leben manifestiren soll, aufges worfen, so tritt der Zweifel ein. Wir, die wir so viele Reihen individueller Charaktere und gesellschaftlicher Gestaltungen auf einander haben folgen sehen, wir scheinen kaum noch an die Menschen und die Institutionen zu glauben; ohne Vertrauen laffen wir sie gewähren und sich fortbilden, wie wir sie ohne Ueberraschung fallen sehen.

Bemerkenswerth ist es, daß wir Alle über die Grundgefeße einig, über die daraus abzuleitenden Folgerungen sehr verfchies dener Ansicht sind. Wer bestreitet, daß die Französische Gesells schaft wesentlich demokratisch ist? Welcher Schriftsteller, welcher Publisist hat nicht anerkannt, daß die Demokratie die hervors springendste Erscheinung von allen ist, in deren Mitte wir leben? Aber wie dußert sich diese Demokratie? Muß ihr Fortschritt bes schleunigt oder gehemmt werden? Muß nicht ihr Umfichgreifen nach der Entwickelung ihres Geistes geregelt, ihre Macht nach der Summe ihrer Kenntnisse und Einsichten abgemessen werden? Ueber alle Fragen der Zeit, der Form, der Wege und Mittel sind wir um so verschiedenerer Ansicht, als wir im Grunde Alle dies felbe Ueberzeugung nähren. Unsere Meinungsverschiedenheit ers scheint um so großer, als die Unterschiede geringer sind, und unsere Leidenschaften sind oft um so entbrannter, als die Fragen geringfügiger, die Schattirungen unmerklicher find. Indes giebt es Augenblicke, wo der Geist, wieder zu der Ruhe gelangend, welche die unerläßliche Bedingung des Begriffs der Wahrheit ist, das Unbegründete dieser Zwistigkeiten und Befehdungen erkennt, wo er begreift, daß der Entwickelung der Gesellschaft, wie der Natur, ewige Geseze vorgeschrieben sind, welche weder zurückges drängt noch beschleunigt werden können, und daß die menschliche Thätigkeit, welche im Einklange mit diesen Gefeßen so mächtig und so edel erscheint, ihre Würde und ihre Macht verliert, wenn fie gegen dieselben anzulämpfen versucht.

Es giebt noch einen Grund, welcher beim Anblick unserer politischen Kämpfe und Zuckungen auf die Lippe des Denkers ein Lächeln des Zweifels und des unglaubens lockt; es ist dies das Bewußtseyn des Fortschritts selbst, welchen die Menschheit durch die Uebung ihrer geistigen und physischen Kräfte erstrebt, dieses Fortschritts, der auch die moralischen Schwierigkeiten, die uns beengen, auf eine siegreiche Weise lösen muß. Wenn man bes denkt, daß in Zukunft die Unterschiede, welche die verschiedenen Theile desselben Standes, welche die Völker und die beiden Halblugeln von einander scheiden, nach einem nicht zu berech nenden Verhältnisse abnehmen müssen, daß diese Umgestaltung eine immer wachsende Steigerung der Bevölkerung und der Pros duction herbeiführen muß, so kömmt man dahin, die Gegenwart als einen Durchgangspunkt, als einen Uebergang, dessen Folgen man sich gefallen lassen muß, aber für den man sich eben nicht fehr begeistern wird, zu betrachten. Unstreitig muß man diese Stimmung des Geistes und diese Aufforderung zur Gleichgültig Peit und Trägheit bekämpfen, aber wir können ihr Daseyn nicht hindern und sie nicht abhalten, auf unser Gefühl und unsere Vers nunft einzustürmen.

Die Aufgabe der Vernunft ist es also jeßt, fich zwischen der Gleichgültigkeit und dem Fanatismus, zwischen der Entmuthigung und der Ueberspanntheit einen Weg zu bahnen. Die Wissenschaft, eine allseitige Würdigung der Vergangenheit wie der Elemente, welche die Gesellschaft bilden, eine lebhafte Vorahnung der zus

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1839.

künftigen Größe des Menschengeschlechts können für die Fragen der Gegenwart eine ungerechte Geringschäßung einflößen, gegen die man sich waffnen muß. Der Mensch ist nicht da, um sich von den Fragen, die feine Zeit bewegen, auszuschließen, um sich den Sorgen und Geschäften zu entziehen. Auf der anderen Seite müssen unwissenheit, unreife Ansichten, falsche Anschauungen leidenschaftliche Erbitterung erzeugen, die nur mit der Unwissens heit selbst aufgehoben werden kann, durch Berichtigung der Vors urtheile, durch weitere Verbreitung des Unterrichts. Die Gleichs gültigkeit in politischer Beziehung muß also durch die Uebung der Vernunft selbst bekämpft werden, und denen, die da wissen, muß gesagt werden, daß sie auch wollen müssen; diejenigen, dieda nicht wissen, müssen belehrt werden, denn der politische Fanas tismus wird durch das Licht verscheucht.

Man darf sich weder verwundern noch feufsen, wenn man in den Reihen des Volkes, in die das Licht noch nicht gedrungen ist, ungerechte Anklagen gegen gewisse gesellschaftliche Einrich tungen, gegen gewiffe Regierungsformen vernimmt. Das VolkTM beschuldigt nur, weil es nicht genug weiß; man unterrichte es besser, und es wird anfangen, gerecht zu werden. Man klåre es auf und zeige ihm auf eine einfache Weise, was im Leben des Menschen und der Gesellschaften nothwendig, was möglich ist; man laffe es mit Handen greifen, daß sein Glück oder Uns glück nicht von dieser oder jener gesellschaftlichen Einrichtung abhängt, daß die Bedingungen der Arbeit, der Wohlstand der Arbeiter, der Reichthum der Nation aus höheren Ursachen her fließen als aus dem Getriebe der Parteien, und daß die frieds lichen Fortschritte der Gesellschaft mehr Glück verbreiten, als ihre Zerwürfnisse und ihr Umsturs. In dem allgemeinen Zuge der Welt, Alles einer vernünftigen Erörterung zu unterwerfen, darf man keine halbe Maßregeln ergreifen, noch da einen Haltpunkt machen wollen, wo es nicht angeht. Da man angefangen hat, sich an die Vernunft des Volks zu wenden, so muß man diese Vernunft auch würdig behandeln, glauben, daß sie Alles begrei fen kann, und zwar nicht bloß die groben Thatsachen, sondern auch die feineren und weniger augenfälligen Wahrheiten, wenn fie nur im Grunde klar find. Glaubt man z. B., daß es sehr schwer seyn würde, ungebildeten, aber geradfinnigen Menschen begreiflich zu machen, wie weit die Kraft gewiffer politischer Formen reicht, und wo ihre Ohnmacht beginni? Was man vers nünftiger Weise von ihnen erwarten kann, und was sie unfähig. find, zu leisten? Wollte man leugnen, daß diese Unterscheidungen von der Vernunft des Volkes gefaßt werden könnten, so würde man die Staatswissenschaft zur Unthätigkeit verdammen, und durch eine traurige, aber nothwendige Konsequenz würde man zu dem Schluffe gelangen, daß es besser sen, wenn das Volk gar nichts, als wenn es halb wisse, und daß es im Geschick des menschlichen Geschlechts liege, auf den Widersinn hinauszukom men. Dieser Fall kann aber nicht eintreten, und die Wissenschaft wird über den politischen Fanatismus triumphiren, wie sie über den religiösen den Sieg davongetragen hat. Wie hat es der Menschengeist angefangen, um das Ansehen der Vernunft im Reiche der Ideen und der religiösen Leidenschaften wieder auf zurichten? Als der chriftliche Glaube die modernen Nationen, so zu sagen, aufgesdugt und ihnen die ersten Begriffe der Sittlich feit beigebracht hatte, blieb er eine Zeit lang im Besiße einer absoluten Herrschaft; es war die Folge und der Preis seiner Wohlthaten, daß man ihn eine Zeit lang als die einzige und heilige Quelle der möglichen Neigungen und Gedanken des Menschengeschlechts hinnahm. Allmålig fand man indeß Zeugs niffe eines früheren Lebens, Spuren einer Geschichte, welche nicht den Stempel des Evangeliums trug, Bruchstücke, welche keine Aehnlichkeit mit dem christlichen Urbilde boten. Zugleich stiegen neue Gedanken in einzelnen Menschen auf, und die Eigens thümlichkeit des modernen Denkens erzeugte sich in dem Augens blicke, wo die weltliche Majestät des Alterthums wieder aus dem Grabe erstieg. Anfangs erkannte man weder das gemeinschafts liche Band noch die besondere Bedeutung beider Bewegungen; aber dieselben gingen immer fort, und das war das Wesentliche. Spdter fing man an, aus den Arbeiten der neueren Philosophieund der Gelehrsamkeit den Schluß zu ziehen, daß das Denten nicht vom christlichen Glauben abhänge, und daß die Wahrheit, sowohl die metaphysische als die moralische, auf welcher das Le ben des Menschen und der Völker ruht, eine selbstständige sey.

Manche Kampfe find geliefert worden, um uns in den Besig dieses Anfangs Resultates zu seßen; aber wir haben es erreicht, und in Frankreich sind wir vom religiösen wie vom antireligiösen Fanatismus befreit. Wer wollte feßt noch gegen die Religion eifern, da diese, ohne Einfluß auf die Politik und auf das burs gerliche Gefeß, der glücklichen Verpflichtung unterworfen ist, nicht über die Spendung der himmlischen Segnungen hinauszugehen? Wann hat man bei den Philosophen eine unparteiischere, wohls wollendere Würdigung des Christenthums gefunden? Sie begreis fen am besten die Verdienste und den Geist desselben, und wenn fie auch nicht an dessen absolute Wahrheit glauben, so laffen sie ihm wenigstens volle Gerechtigkeit widerfahren. Was jest einem Angriffe auf das Christenthum ähnlich sieht, findet keinen Anklang mehr, weil jest die Religion nur noch einen wohlthätigen Einfluß hat. Sie erzieht die Kinder des Volkes, tröstet die Armen, heilt die franken und wunden Seelen. Warum sollte man sie in der Erfüllung dieser frommen Pflichten stören? Es giebt indeß noch andere Bedürfnisse, deren Befriedigung die Gesellschaft sucht; fie fordert eine kräftige Nahrung für die gebildeten Geister und für die neuen Generationen, welche zum Genusse, zum Gebrauche des Lebens heranwachsen; für die Zweifel und Besorgnisse, welche dasselbe erfüllen, will sie eine vernünftige Erklärung, eine bes friedigende Lösung. Diese Aufgabe fällt unstreitig der Philosophie zu, welche nicht mehr die Religion zu bekämpfen, sondern sich selbst zu organisiren hat. Alle Bestrebungen unseres Jahrhuns derts find rationalistisch; der Rationalismus ist überall, in unseren politischen und bürgerlichen Gesezen, in unseren staatswissenschafts lichen Theorieen, in der Staats: Verwaltung, in der Richtung unseres Denkens und unserer Sitten, in der Literatur. Nur ist derselbe mehr noch der Macht und dem Instinkte nach, als im klaren Bewußtseyn und in allgemein anerkannter Weise vorhan den. Es kommt also darauf an, alle zerstreute Elemente desselben zu sammeln, fie einander zur Seite zu stellen und diejenigen za entwickeln, welche noch nicht deutlich und bestimmt genug hervor, getreten sind, um daraus einen mächtigen Organismus zu bilden, der fest durch seine zusammenhaltende Kraft, beweglich durch einen ins Unendliche möglichen Fortschritt seyn würde. Das moderne Denken muß also in Gemeinschaft mit dem christlichen Glauben an dem Werke der Gesellschaft arbeiten; es darf nicht vergessen, daß es im Geiste der alten Philosophie lag, die Staatss Religion als symbolische Form der Ideen selbst gelten zu lassen. Sokrates beauftragte Kriton vor seinem Tode, dem Aeskulap einen Hahn zu opfern. Seneka brachte dem befreienden Jupiter eine Libation dar, als er sich die Adern öffnete. Diese Reprd sentanten der Philosophie schienen den Göttern keine Vorwürfe machen zu wollen, und durch diese Achtung vor den Altaren legs ten sie ein glänzendes Zeugniß der Allmacht des Gedankens ab.

Gewiß wird die Zeit kommen, wo die Arbeiten der neueren Philosophie umgestaltend auf den Glauben einwirken werden, aber man darf der Zeit nicht vorgreifen. Im vergangenen Jahr hundert ging die Philosophie zum nothwendigen Angriff über, iest muß sie sich neben die Religion hinstellen, und später wird fie auf diese einen unvermeidlichen Einfluß üben. Wenn der Mensch die Früchte seiner Arbeit pflücken will, so darf er sich weder in Erinnerungen an die Vergangenheit, noch in eitlem Sehnen nach einer fernen Zukunft verzehren. An die Gegens wart muß man sich halten, wenn man ihr etwas abringen will; auf diese muß man seine ganze Thatkraft übertragen, um desto mächtigere Resultate zu erzielen. In diesem Entschluffe liegt das Unterpfand des Sieges; so entgeht man der Niederlage und bes hauptet das Terrain, welches geschickte Anstrengungen erobert haben. Will man nun mit Unparteilichkeit den sittlichen Zustand Frankreichs prüfen, so wird man erkennen, daß es zugleich fatho lisch und rationalistisch ist, daß es den Kultus und das Raisonnes ment, die Traditionen der Kirche und die Ironie des philos sophischen Zweifels liebt. Wir Alle find Zöglinge der Profa Bossuet's und Voltaire's, und im Grunde ein raisonnirendes Voll. Diefe rationalistische Natur, welche unsere Nationals Eigenthümlichkeit bildet, will in ihrer Tiefe erforscht, in ihren Grundlagen erkannt seyn.

In der Literatur zeigt sich dieselbe Theilung zwischen dem Zweifel und dem Glauben. Wir glauben an den Zauber des Schönen, und ein unwiderstehlicher Zug treibt uns.an, demselben nachzuforschen; aber wir schwanken unsicher auf dem Wege hin und her, der zu demselben führt. Was ist aus den Theorieen und dem Fanatismus geworden, mit dem sich der neuerungs füchtige Romantizismus waffnete? Alle Formen, alle Kunststücke, aus denen man eine neue Kunstreligion bilden wollte, sind in Rauch aufgegangen, und es ist nichts geblieben, als die unvers gängliche Liebe des Schönen. Der Grund ist kein anderer, als das Mode Launen nie zur dauernden Herrschaft gelangen. Als fich gegen Ende des sechzehnten Jahrhunderts die Englische Ros mantit zu einer so schönen Blüthe entfaltete, war fie die naturs liche Frucht des Bodens; der Deutsche Geist erzeugte sie mit naiver Kraft; die historischen Verhältnisse riefen ihr Erscheinen hervor. Daher wurde auch Shakespeare der Englischen Literatur,

hervor. Da Vechen, eine unerschöpfliche Quelle, ein

ewiges Vorbild. Wenn die Deutsche Romantik nicht, wie die Englische Muse, den unschdßbaren Vortheil der Initiative hatte, fo war ihre Entwickelung, obschon derselben das Siegel der metaphysischen Reflerion aufgedrückt wurde, nicht weniger natur lich. In Frankreich ist der Romantisismus erst nach drei Literaturs Perioden, die durch Montaigne, Corneille und Rouffeau bezeich

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wüchsiges, sondern etwas Zufälliges, Gemachtes. Er war gleichs fam eine Uebergangsstufe, auf welcher die Tragil und das Groteste sich verjången und auffrischen zu können glaubten. Es ist hier indeß nur von den Theorieen und den theoretischen Ansprüchen, nicht von den glänzenden Productionen einiger Geister ersten Ranges die Rede. Diese Productionen bleiben und nehmen einen Plaz neben den Meisterwerken der drei früheren Perioden ein; aber das System, welches eine neue Literatur unter uns aus der Erde stampfen wollte, ist vom Schauplaß abgetreten.

Frankreichs geringster Ruhm wird es nicht seyn, daß in unferem Jahrhundert einige Zweige seiner Literatur in einem bis dahin unbekannten Glanze strahlten. In der Dde, der Elegie, der philosophischen wie der religiösen, im Epos ist Herrliches geleistet worden, Größeres, als man bisher dem Französischen Geifte zugetraut hatte. Aber an diesen Ruhm_hat das System wenig Ansprüche, und das Publikum ist davon so überzeugt, daß es einem klasischen Meisterwerke seinen vollen Beifall schenken würde, wenn ein solches erschiene. Wir haben nicht die Liebe zum Schönen verloren, sondern es ist nur vom Aberglauben der Form befreit worden, wie wir Gott der Hålle der menschlichen Vorstellungen entkleiden, wie wir das gesellschaftliche Glück von den politichen Formalitäten unterscheiden.

Die Theilung zwischen dem Glauben und dem Zweifel ist darum so sehr hervorzuheben, weil sie den Gang der Begeben heiten und das Handeln der Menschen erklärt. Da der Glaubé der Individuen an die Gesammtheit der Realität geknüpft ist, nicht an eine einzelne Erscheinung, so nimmt derselbe andere Gestalten an und schlägt verschiedene Wege ein, um zu demselben Ziele zu gelangen. Wenn die Menschen glauben, daß die Ver hältnisse neue Pflichten bedingen, daß ein gesellschaftliches Ele ment mehr als ein anderes der Unterstigung und Befestigung bedarf, so werfen sie sich auch auf das, was ihnen als das Roth; wendigste erscheint, ohne die Gefahr zu achten. Montesquieu schildert uns Karl den Großen, wie derselbe unaufhörlich sein weites Reich durchzog und überall Hand anlegte, wo etwas zus sammenzustürzen drohte. Es giebt keinen nur halbwege kräftigen Geist, der nicht der Wirklichkeit gegenüber dieselbe in ihrer Ges fammtheit zu umfassen strebte und nicht dahin eilte, wo das Ins teresse der Gesellschaft feine Energie und seine Aufopferung zu erfordern scheint. Was folgt aber daraus? Da die Thaten des Menschen nur auf einander folgen und feine Kraft_beschränkt ist, da man nicht eine Sache erfaffen kann, ohne nicht wenigstens augenblicklich eine andere zu verabsẩumen, so werden Einige glauben, Andere zu glauben scheinen, daß die Aufopferung der Vergangenheit die Bedingung neuer Thaten ist, und daß man keinen neuen Weg einschlagen kann, ohne den alten abzubrechen. Dieser Uebelstand ist unvermeidlich, und diejenigen, welche sich der Deffentlichkeit der That und des Gedankens weihen, müssen ihn tragen. Sie werden nicht vergessen, daß die Wichtigkeit der Ideen und ihrer Repräsentanten nach der Lebhaftigkeit der Erörs terungen abgemessen werden muß, welche sie veranlassen, und daß in unserer Zeit die Verleumdung einer der gewöhnlichsten Begleiter des Ruhmes ist. Die granzenlose Verbreitung von halben Kenntnissen unter der Menge, das heilige Recht Aller, zu schreiben, machen die Aufgabe des Denkers zu einer sehr schwies rigen, und man könnte die Freiheit der Preffe bitten, nicht die Freiheit des Gedankens zu ersticken. Aber diese Uebelstände wollen getragen seyn, und an die Stelle des Glaubensmuthes, der die Geister im Mittelalter befeuerte, muß der geistige Muth treten. (Schluß folgt.)

Die Presse während der Revolutionszeit.

(Schluß.)

14),,Le Publiciste Parisien" - ,,l'Ami du Peuple", von Marat. Wie der Titel sagt, eine politische, freie und unpars teiische Zeitschrift, von einer Gesellschaft von Patrioten herauss gegeben und von Marat redigirt. Sie erschien zuerst am 12ten September 1789 mit dem Motto: Vitam impendere vero. Mit der sechsten Nummer nahm sie den Namen,,Ami du Peuple", oder,le Publiciste Parisien" an. Diese Zeitschrift wurde verschie dentlich nachgedruckt. 3m,,Ami du Peuple" erschien Marat's Portrait von ihm selbst entworfen. Man findet hier ein langes Verzeichniß seiner moralischen Eigenschaften und Tugenden wie derer seiner Familie; er stellt sich als Opfer der Willkür, der Eifersucht der gelehrten Körperschaften, der Akademieen, des hofes, der Großen hin, er, der rechtliche Mann, dessen Absichten immer rein gewesen sind, der sein ganzes Leben nur über das Glück des Volks nachgesonnen hat und deffen Thaten ihm unvers diente Verfolgungen zugezogen haben.

15),,Duchesne", von Hebert, 7 hefte; angefangen im Jahre 1791. Dieses Journal zeichnet sich gegen das andere Père Duchesne" dadurch aus, daß es am Ende jeder Nummer zwei Defen zeigt, von denen einer gewöhnlich umgestürzt ist; dies ist der wahre Père Duchesne. Es hat viele Nachahmer gefunden. Auszüge aus dieser Zeitschrift dürften kaum nöthig seyn, und man_wird uns für unsere Zurückhaltung Dank wissen.

16),,La Lanterne magique nationale", von Mirabeau dem Jüngeren; 1790, vier Nummern. Nummer 1, Seite 1 heißt es: Da ist sie, meine Herren und Damen, die laterne magica! Sie werden sehen, was Sie nie gesehen haben, was die Mors genröthe der Freiheit allein ans Licht fördern fonnte: nämlich

Aristokraten, die von der Nation behandelt werden, wie einft der Teufel vom heiligen Michael. Sie werden sehen die friegss muthigen Bürger, die Helden der Bastille, die leichten Truppen der Vorstädte Saints Antoine und Saints Marcel, die Jäger der Barrièren, die in Sapeurs umgewandelten Kapuziner, die Damen der Nation und die entschleierten Nonnen, überhaupt die ganze patriotische Armee, und den berühmten Kopfabschneider, und das Châtelet, und die Laterne und alle Wunder der Revolution; mit einem Worte, Sie werden sehen, was Sie sehen werden; das Sehen kostet nichts; wer nicht zufrieden ist, bekömmt das Geld zurück u. s. w."

Wir kommen jest zu einem Schriftsteller, dessen Name, troß Allem, immer nur mit Ehrfurcht ausgesprochen worden ist; es ist Camille Desmoulins, dieser reine, enthusiastische, gefühlvolle Jungs ling. Er war einer der thdtigsten Führer der Pariser Insurrection und segte sich an die Spige der einzigen ehrenvollen Volkserhes bung, der Erstürmung der Bastille. Am 12. Juli war das Gerücht verbreitet, Necker, der damalige Abgott, sen vom Hofe und von Versailles verbannt. Damals war das Palais Royal das polis tische Forum der Hauptstadt und Frankreichs; in einem Augens blic war es von Studenten und Bürgern aller Klassen gefüllt, welche dies wichtige Ereigniß auf verschiedene Weise deuteten. Plößlich stürzt ein junger Mensch aus der Menge hervor, besteigt einen Tisch und_haranguirt_das Volk. Das war Camille Dess moulins' erstes Auftreten. Das interessante Bruchstück, welches hier folgt, ist dem Briefe entnommen, welchen Camille Dess moulins wenige Tage vor seinem Tode an seine Frau schrieb. Dasselbe lautet:

Im Gefängnisse des Lurembourg, am 2. April um fünf Uhr Morgens.

,,Der wohlthätige Schlaf hat mein Leiden unterbrochen. Wenn man schläft, ist man frei; man empfindet seine Gefangens schaft nicht; der Himmel erbarmt sich meiner. Vor einem Augens blicke sah ich Dich im Traume; ich umarmte Dich, Horace und Daronne, aber unser Kleiner hatte ein Auge durch einen Fluß verloren, und der Schmerz darüber erweckte mich. Das Gefäng nis umfing mich wieder. Es war ziemlich dunkel, und da ic) weder Dich sehen, noch Deine Antworten hören konnte, denn Du und Deine Mutter, Ihr sprachet mit mir, so stand ich auf, um mich mit Dir zu unterhalten und um Dir zu schreiben. Als ich aber mein Fenster öffnete, schlugen die schrecklichen Eisenståbe, die Ries gel, welche mich von Dir trennen, alle meine Seelenstärke nieder. I zerfloß in Thränen, oder besser, ich schluchzte laut auf, indem ich in meinem Grabe schrie: Lucilie! Lucilie! o, meine theure Lucilie! wo bist Du?. Gestern Abend empfand ich eine dhnliche Bewegung, und mein Herz brach zusammen, als ich im Garten Deine Mutter bemerkte. Maschinenmäßig stürzte ich gegen die Eisengitter; ich faltete die Hände, um ihr Mitleid anzuflehen, ihrer, die, wie ich überzeugt bin, im Innern erseufzt. Gestern erkannte ich ihren Schmerz an ihrem Taschentuche und an dem Schleier, den sie niederfallen ließ, da sie dies Schauspiel nicht ertragen konnte. Wenn Ihr kommi, bitte sie doch, mit Dir etwas näher sa rücken, damit ich Euch besser sehen kann. Es ist keine Gefahr damit verbunden, wie ich glaube. Meine Brille taugt nichts, und ich wünschte, daß Du mir eine ähnliche kauftest, wie ich vor einem halben Jahre hatte, keine filberne, sondern eine von Stahl mit zwei Bügeln, welche sich an den Kopf anlegt. Du magst Nummer 15 fördern. Aber vor Allem beschwöre ich Dich bei unserer ewigen Liebe, schicke mir Dein Portrait. Der Maler möge sich meiner erbarmen, der ich nur leide, weil ich mit Anderen zu viel Mitleid gehabt habe. In dem Grausen meines Gefängnisses wird der Tag, an welchem ich Dein Pors trait erhalte, für mich ein Tag der Wonne und des Entzückens senn. Unterdeß schicke mir eine Haarlocke, damit ich sie auf mein Hers lege. Meine theure Lucilie! ich bin jest wieder wie in der Zeit unserer ersten Liebe, wo Jemand mir schon interessant schien, wenn er nur von Dir fam. Als gestern der Bürger, der Dir meinen Brief brachte, zurückkehrte, war meine Frage: Du haft sie also gesehen?" wie ich sonst zum Abbé Landreville fagte, und ich betrachtete ihn, als wenn an seinen Kleidern, an seiner Person etwas von Deiner Gegenwart, etwas von Dir haftete. Er ist eine_mitleidige Seele, weil er Dir meinen Brief überges ben hat. Ich werde ihn, allem Anschein nach, Morgens und Abends sehen. Dieser Bote unserer Schmerzen wird mir so theuer, wie sonst vielleicht der Bote unserer Freuden. In meinem Zimmer habe ich eine Spalte entdeckt, ich habe mein Ohr anges legt, ich habe einen Seufzer gehört; ich wagte einige Worte und hörte die Stimme eines Kranken, welcher litt. Er fragte nach meinem Namen, und ich nannte ihn.

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,,, mein Gott!" rief er, auf sein Bett zurücksinkend, aus, und ich erkannte die Stimme Fabre's d'Eglantine.,,Ja, ich bin Fabre, sagte er; aber Du hier? Also ist es zur Contres Revolus tion gekommen. Wir wagen indeß nicht, mit einander zu spres chen, aus Furcht, diesen schwachen Trost zu verlieren und getrennt zu werden; er hat ein heizbares Zimmer, und auch mein Zim mer würde ganz ertraglich seyn, wenn ein Gefängniß es senn Fönnte. Du, theure Freundin, weißt nicht, was es heißt, einges kertert zu seyn, ohne zu wissen, weshalb, ohne zur Untersuchung gezogen zu werden, ohne eine Zeitung zu haben. Das heißt le ben und todt zu gleicher Zeit seyn, das heißt existiren, um zu fühlen, daß man in einem Sarge ift. Man sagt, die Unschuld fen ruhig, muthig; aber, meine theure Lucilie, oft ist meine Uns schuld gebeugt wie die eines Gatten, eines Vaters, eines Soh nes. Wenn mich Pitt oder Coburg so hart behandelten! aber

meine Kollegen! aber Robespierre, der meinen Verhaftsbefehl unterzeichnet hat! aber die Republik, für die ich so viel gethan habe! Das ist der Preis, den ich für so viele Tugenden und Opfer empfange. Als ich hierher fam, fab ich Héraults Séchelles, Simon, Ferrour, Chaumette, Antonelle; sie sind weniger unglücks lich. Mich, der ich mich seit fünf Jahren dem Haß und der Ges fahr für die Republik geweiht hatte, mich, der ich meine Armuth während der Revolution bewahrt habe, der ich Niemandes Vers zeihung anzuflehen habe, als Deine, meine theure Lolotte, und die ich auch erhalten habe, weil Du weißt, daß mein Herz, tros meiner Schwächen, Deiner nicht unwerth ist, mich werfen die Menschen, welche sich meine Freunde nannten, welche sich Res publikaner nennen, ins Gefängniß, als wenn ich ein Verschwörer wäre. Sokrates trank den Schierling, aber er hatte zum wenigs sten den Trost, seine Frau und seine Freunde zu sehen. Wie viel ichlimmer bin ich daran! Der größte Verbrecher würde zu hart gestraft seyn, wenn er einer Lucilie anders als durch den Tod ents riffen würde. Aber ein Verbrecher wdre nie Dein Gatte gewors den, und Du hast mich nur geliebt, weil ich immer nur für das Glück meiner Mitbürger wirkte. Man ruft mich So eben haben mich die Kommissarien des Revolutions Gerichtes verhört. Sie haben mir nur die Frage vorgelegt, ob ich gegen die Repus blik konspirirt hatte. Welcher Hohn! Ich sehe, welches Schickjal mich erwartet. Lebe wohl, meine Lucilie, meine theure Lolotte, mein armes Schäfchen; sage meinem Vater Lebewohl. An mir siehst Du ein Beispiel der Grausamkeit und Undankbarkeit der Menschen. Meine lesten Augenblicke werden Dich_nicht entehren. Du siehst, daß meine Furcht begründet, meine Ahnung richtig war. Ich habe eine durch ihre Tugenden himmlische Frau geheirathet; ich bin ein guter Gatte, ein guter Sohn gewesen; ich würde ein guter Vater geworden seyn. Ich nehme die Achtung und das Beileid aller wahren Republikaner, aller Menschen, ich nehme die Tugend und die Freiheit mit mir. Ich sterbe im vierunds dreißighten Jahre, aber es ist keine gewöhnliche Erscheinung, feit fünf Jahren so viele Abgründe überschritten zu haben und noch zu leben. Ruhig stüße ich mein Haupt auf das Kissen meiner zu zahlreichen Schriften, welche indeß alle dieselbe Philanthropic, den Wunsch, meine Mitbürger glücklich zu machen, athmen. Ich sehe wohl, daß die Macht fast alle Menschen trunken macht, und das Alle wie Dionys von Syrakus sagen:,,Die Tyrannei ist eine schöne Grabschrift." Aber tröste Dich, traurende Witwe! Die Grabschrift Deines Camille ist ruhmwürdiger; es ist die des Brutus und Cato. D, meine theure Lucilie, ich war geboren, Verse zu machen, der Vertheidiger der Unglücklichen zu seyn, Dich glücklich zu machen. Ich hatte eine Republik geträumt, welche allgemein geliebt worden wäre. Ich wollte nicht glauben, daß die Menschen so roh und so ungerecht seyen. Wie hätte ich glauben können, daß einige Scherze gegen Kollegen, welche mich) herausgefordert hatten, das Andenken an meine Dienste tilgen würden? Ich weiß, daß ich als Opfer dieser Scherze und meis ner Freundschaft für Danton falle. Ich danke meinen Mördern, daß sie mich mit ihm und Philippeaur sterben lassen, und da unsere Kollegen uns feig verlassen und ihr Ohr Verleumdungen geliehen haben, so kann ich sagen, daß wir als Opfer unseres Muthes, die Verräther zu entlarven, und unserer Wahrheitsliebe fallen. Wir können das Zeugniß mit uns in das Grab nehmen, daß wir als die lehten Republikaner sterben Verzeihe, theure Freundin, mein wahrhaftes Leben, welches ich verlor, als man uns trennte, wenn ich mich mit meinem Andenken beschäftige. Ich sollte mich vielmehr bemühen, es Dich vergessen zu lassen, meine Lucilie! mein Täubchen! Ich beschwöre Dich, rufe mich nicht mit Deinem Geschrei; es würde mir das Herz zerreißen. Lebe für meinen Horace, sprich mit ihm. Du magst ihm sagen, was er nicht hören kann, wie sehr ich ihn geliebt haben würde. Ungeachtet meiner Hinrichtung glaube ich, daß es einen Gott giebt. Mein Blut wird meine Schwächen, die Fehler der Mensch, lichkeit auslöschen, und, was ich Gutes habe, meine Tugenden, meine Freiheitsliebe wird Gott belohnen. Ich werde Dich einst fehen, o Lucilie! o Aennchen! Bei meiner Gefühlsempfänglich; feit kann der Tod, der mich vom Anblick so vieler Schrecken bes freit, fein großes Unglück seyn.“

17),,Journal de la Ville et des Provinces" oder „,,le Modérateur", von Herrn von Fontanes, vom 1. Oktober 1789 bis zum 10. August 1792; 5 Bande. Am 18. April 1790 kam es in die Hände von Herrn von Charmois und nahm das Motto an: Deo, patriae et regi. Probe:,,Die Constitution ist kaum ins Leben getreten, und schon sprechen Viele ihre Unzufriedenheit aus, daß es noch Mißbrauche giebt. In unserem armen Frankreich geht man nun einmal von einem Aeußersten zum anderen. Und wenn auch die Constitution, als vortrefflich anerkannt wäre, könnten die Mißbrauche doch bestehen. Alle überspannte Ansichten entsprins gen daraus, daß man immer die Mißbräuche mit den Dingen verwechselt hat. Die Revolution war nur dadurch nothwendig geworden, daß die Mißbrduche so sehr an die Stelle der Regies rung getreten waren, daß man sie für die Regierung hielt. Die jeßigen Unzufriedenen verabscheuen die Constitution nur darum, weil sie die Anarchie, die aus ihrer Nichtausführung hervorgeht, für die Constitution selbst halten."

Zur Vervollständigung dieser Anführungen wäre noch hinzuzus fügen, daß Herr Deschiens zahlreiche Notizen über die Revolus tionspresse gesammelt hat. Er hat die Journale aller Meinungen, aller Parteien in 5052 Kartons und Bänden gesammelt. Die Zahl aller Zeitschriften, welche unter verschiedenen Namen ers schienen find, beläuft sich auf ungefähr 1800 von 1789 bis 1829,

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