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und ächzen, das von den Wipfeln der Bäume herunterschauert, sind die bangmahnenden Vorboten seines nahen Ausbruchs; ähnlich verkündet die von dem Trauerhause hallende Klage den heranziehenden Leichenzug:

,,Banges stöhnen, wie vorm nahen Sturme,

Hallet her vom öden Trauerhaus

Totentöne fallen von des Stiftes Turme

Einen Jüngling trägt man hier heraus"

(Elegie auf Weckerlin, V. 1 ff. G. I, p. 178). Und mit dem ausbrechenden Winde und seiner schnell vernichtenden Kraft wird dann auch der erbarmungslose Tod selbst verglichen, wie der Dichter seine Laura warnt:

,,Aus einander bläst der Tod geschwind
Dieses Lächeln, wie der Wind

Regenbogenfarbigtes Geschäume"

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(Melancholie an Laura, V. 60 ff. G. I, p. 297).* Doch während es vor des Todes Allgewalt keine Rettung, kein entrinnen gibt, während dieser grossmächtigste Czar alles Fleisches" ** einen jeden zu finden weiss und ebenso die blühende Jugend wie das morsche Alter seinem ewigen Reiche einverleibt, gehört der Sturm zu den schnellen Herschern, die kurz regieren“, und mit Hinweis darauf tröstet Tell die über die Gewalttaten der Vögte verzweifelnden Schweizer:

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„Wenn sich der Föhn erhebt aus seinen Schlünden, Löscht man die Feuer aus, die Schiffe suchen

Eilends den Hafen, und der mächtge Geist

Geht ohne Schaden, spurlos über die Erde.

Ein jeder lebe still bei sich daheim,

Dem friedlichen gewährt man gern den Frieden"

(Tell 1, 3. G. XIV, p. 292). Wer sich jedoch der Wut des Sturmes nicht entziehen kann oder will, der wird unwiderstehlich von

• Vergl. hiermit die Versinnlichung des vergänglichen in dem Siegesfeste V. 149 ff. (G. XI, p. 395):

,,Rauch ist alles ird'sche Wesen,

Wie des Dampfes Säule weht,
Schwinden alle Erdengrössen";

in dem „Tanze“ dagegen versinnlicht der vom Winde bewegte Rauch die leichte Beweglichkeit des Tänzers, s. später unter „Woge":

* Vergl. die erste Vorrede zur Anthologie: „Meinem Principal, dem Tod zugeschrieben" (G. I, p. 200).

ihm in seinen Wirbel gerissen, und hierauf bezieht sich der Vergleich, mit dem es bei der Explosion der Scheldebrücke von Alexander von Parma heisst: „es hob ihn auf, wie ein Sturmwind" (Belager. v. Antwerpen, G. IX, p. 61). Dieselbe Gewalt wird aber nicht bloss physischen, sondern auch ethischen Mächten zugeschrieben; so heisst es von dem streben der Würtemberger die Scharte von Reutlingen bei Döffingen wider

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(Graf Eberhard der Greiner von Würtemberg, V. 36 ff. G. I, p. 345), und der erste Jäger rühmt von dem Leben im Heere Wallensteins:

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(W. L. 6. Auftr. G. XII, p. 27). Auch Wallenstein selbst vergleicht sein unstetes Kriegerleben mit dem Winde, indem er den Gefreiten an die Beschwerden erinnert, die sie zusammen auf den langjährigen Feldzügen ertragen haben:

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Ein ruheloser Marsch war unser Leben,

Und wie des Windes sausen heimatlos
Durchstürmten wir die kriegbewegte Erde"

(W. T. 3, 15. G. XII, p. 301). Verwandt damit ist der Vergleich des Gesanges in Bezug auf das geheimnisvolle seines Ursprungs mit dem Sturmwinde:

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Wie in den Lüften der Sturmwind saust,

Man weiss nicht von wannen er kommt und braust, (Wie der Quell aus verborgenen Tiefen),

So des Sängers Lied aus dem innern schallt"

(Graf v. Habsb. V. 44 ff. G. XI, p. 383).

Aber an dem

Winde und Sturme ist es nicht bloss die schwächere oder stärkere Bewegung der Luft, die dem Dichter treffende Ver

gleichungspunkte darbietet, auch das damit verbundene Geräusch „das sausen" in lautlicher Beziehung bleibt nicht unbeachtet; es versinnlicht uns in dem Taucher lebhaft das brausen der widerkehrenden Wassermassen aus dem Strudel der Charybde:

99

Und heller und heller, wie Sturmessausen,
Hört man's näher und immer näher brausen"

(Taucher, V. 65 f. G. XI, p. 222). * Durch dieses pfeifen und sausen nun wird uns der Sturm zugleich ein Herold des Gewitters, denn oft ist dieses das Anzeichen seines furchtbaren nahens, und schon im nächsten Augenblicke fliegen die am fernen Horizonte unbeachtet aufgestiegenen Wetterwolken auf seinen Schwingen pfeilschnell daher, und es fallen, wie es oben p. 244 hiess, Schlossen und Blitze. Dann aber wehe den goldenen Saaten, wehe dem Schmuck der Bäume, sein fallen wird ein warnendes Symbol des einstigen Vergehens aller irdischen Herlichkeit; denn :

,,Rang und Macht, die lächerlichen Flitter,
Fallen ab am Tage des Gerichts,

Fallen ab, wie Blätter im Gewitter,
Und der Pomp ist nichts"

(Totenfeier am Grabe Riegers, V. 34 ff. G. I, p. 358). ** Daran mahnt uns das Gewitter, in dem der Mensch so oft seine Werke,,müssig und bewundernd untergehen" sieht, denn:

„Aus der Wolke ohne Wahl

Zuckt der Strahl ";

doch im Kampfe gegen die Tyrannen, die sein freies Vaterland geknechtet und seine Berta räuberisch entführt, da wünscht Rudenz den Eidgenossen gerade des Blitzes vernichtende Ge

* Vergl. ferner:

„Ich bin ein Mann, das könnt ihr schon

An meiner Leier riechen,

Sie donnert wie im Sturm davon,
Sonst würde sie ja kriechen"

(Männerwürde, V. 29 ff. G. I, p. 268), wofür freilich in G g steht

,Sie braust dahin im Siegeston."

** Denselben Gedanken versinnlichte oben p. 244 das Gleichnis von dem plötzlich ausbrechenden Sturme.

walt und fordert sie auf, wann er ihnen durch Feuerzeichen

auf den Bergen seinen Sieg verkündet:

99

,Dann auf die Feinde stürzt, wie Wetters Strahl
Und brecht den Bau der Tyrannei zusammen“

(Tell 4, 2. G. XIV, p. 388). In ähnlicher Weise ermuntert Schweizer seine Kameraden zum Verzweiflungskampfe gegen die Uebermacht der Soldaten, die sie im Auftrage des Gerichts umzingelt haben: „Wir wollen über sie her, wie die Sintflut und auf ihre Köpfe herabfeuern, wie Wetterleuchten" 1. A. R. 2, 3 = 2. A. R. 2, 4. G. II, p. 98 p. 262), womit in der Schlacht" ebenfalls das Feuer der feindlichen Batterien verglichen wird:

=

,,Schon fleugt es fort, wie Wetterleucht,
Dumpf brüllt der Donner schon dort"

(in einer Bataille, V. 25 f. G. I, p. 231). Weit häufiger nun
als diese Ausdrücke wird, der Blitz" im Gleichnisse ange-
wendet und zwar zunächst mit Beziehung auf seine elektrische
Wirkung. So heisst es in der Beschwörungsscene im Geister-
seher, als der Magier seine Hand nach dem elektrischen Kru-
cifixe ausstreckte: "Auf einmal empfanden wir alle zugleich
einen Streich, wie vom Blitze" (Geisters. G. IV, p. 215). Doch
mit dem Schlage eines Blitzes ist zum mindesten die momen-
tane Lähmung unserer Kräfte verbunden, und eine solche
plötzliche Erstarrung rät Juno der gehassten Semele an zu er-
heucheln, bis Jupiter sich ihr als Himmelskönig offenbare:
,,Und wenn er eben liebestrunken nun

Die Arme auseinanderschlingt nach dir,

So trittst du merk es dir wie vom Blitz

Gerührt zurück"

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(Sem. Sc. 1. G. I, p. 328). ** Aber ein Mittel gibt es des Blitzes Verderben von sich abzulenken, das ist die Wetterstange, hier läuft er schnell und sicher die ihm vorgeschriebene, unschädliche Bahn- ein Bild, mit dem Buttler Wallen

* Bemerkenswert ist hier die alte, eigentliche Form „der Wetterleucht" (st. Wetterleich).

** Wie hier Juno der Semele, so gibt der Dichter selbst mit diesem Gleichnisse zweimal parenthetisch in den Dramen den Schauspielern Weisung für ihr Spiel, V. d. F. 2, 10. G. III, p. 236 u. K u. L. 2, 7. G. III, p. 420; gewöhnlicher indes heisst es, wie vom Donner gerührt", darüber

weiter unten.

steins einzige Gewalt im Heere dem Abgesandten des Kaisers schildert:

,, Doch alle führt an gleich gewaltgem Zügel
Ein einziger, durch gleiche Lieb' und Furcht
Zu einem Volke sie zusammenbindend.

Und wie des Blitzes Funke sicher schnell,
Geleitet an der Wetterstange, läuft,
Herscht sein Befehl vom letzten fernen Posten..
am Belt... bis zu der Wache an der Kaiserburg"

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*

(d. Picc. 1, 2. G. XII, p. 74). Wegen seiner Schnelle ist nun der Blitz, wie der Wind, ein sprichwörtliches Symbol im Munde des Volkes geworden; so erzählt Spiegelberg in seiner drastischen Weise von einem Kettenhunde, er habe die Mädels, wie der Blitz, am Rockzipfel gehabt, wenn sie sichs versaben und zu nah dran vorbeistrichen" (nur 1. A. R. 1, 2. G. II, p. 34). Ebenso sprichwörtlich wird mit dem aufleuchten des Blitzes das plötzliche eintreten einer klaren Erkenntnis in einer uns bisher dunklen Sache verglichen; so ruft Rosinsky, dem es auf einmal klar geworden, wohin man seine Geliebte entführt, aus: ,, Hui! schoss mir's auf, wie der Blitz" 1. A. R. 3, 2 = 2. A. 3, 4. G. II, p. 125 p. 280), und K. Moor, der nach den Andeutungen des alten Daniel plötzlich erkennt, durch welche Büberei er um Glück und Liebe gebracht ist: „Betrogen, betrogen! da fährt es über meine Seele, wie der Blitz" (nur 1. A. R. 4, 3. G. II, p. 446); in demselben Sinne endlich im Fragm. Warbeck ", es durchfährt sie, wie ein Blitz" (4. Akt, C. VII, p. 317). - Auf die plötzliche Helle folgt aber nur ein um so tieferes Dunkel der Nacht; ebenso ergeht es dem armen Gefangenen, der von der Freiheit träumt, ebenso der Vernunft nach lichten Augenblicken in dem Kerker des Körpers: „der Gefangene hatte das Licht vergessen, aber ein Traum der Freiheit schien über ihm, wie ein Blitz in der Nacht, der sie finstrer zurücklässt" (1. A. R. 4, 1. G. II, p. 129 = Philos. Br. G. IV, p. 49). **

Vor demselben Hunde, erzählt er an der nämlichen Stelle, habe er einst reissaus genommen wie alle Donnerwetter", ein Gleichnis, dessen er sich später bei der Beschreibung des Ueberfalls im Kloster noch einmal bedient (2, 3. G. II, p. 80); in der Bühnenbearbeitung sind beide Stellen fortgefallen.

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Vergl. Progr. p. 9.

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