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griechischen Revolution" von Trikupis. Er berührt dabei manche interessante Seite des großen Ereignisses, er giebt manchen lehrreichen Wink, und die ganze Kritik über das wichtige Geschichtswerk des Griechen, worauf es dabei hinauskommt, ist im Allgemeinen so belehrend und anregend, daß es nicht umpaffend sein kann, Einiges davon hier wiederzugeben.

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Das Geschlecht, welchem ich angehöre, also beginnt unser deutscher Landsmann, ging noch in die Schule, als die Kunde vom Aufstande der Griechen gegen die Türken nach Europa gelangte; wie hallten noch die poetischen Schilderungen der alten Schriftsteller über Thermopylä und Salamis nach, als wir aufs neue von den Thermopylen und von Salamis hörten. Der lebendige Wiederhall der Begebenheiten der Gegenwart erhöhte den Glanz der alten Geschichten, und noch erinnere ich mich des mächtigen Reizes, den diese Gegenwart für unsere Leseübungen in der Schule gewährte; noch nach dreißig Jahren empfinde ich den Schmerz der Trauer und der Thrä nen, die wir bei der Kunde des Falls von Missolonghi vergoffen. Die Griechenvereine bestanden auch damals nicht alle nur aus freigebigen Banquiers, Senatoren und Abgeordneten; nicht in allen dieser Vereine war ein Eynard oder ein Herzog von Broglie der Vorsigende. Auch wir glaubten, daß wir Freunde der Griechen seien; auch ohne Geldmittel, Amt und Rednergaben wollten wir den Kampf des wiedererstandenen Volkes doch wenigstens mit unseren unschuldigen Sympathieen unterstüßen. Noch Kinder, erhoben wir unsere schwachen Stimmen mit in dem großen Konzerte des europäischen Philhellenismus. Mit jugendlicher Theilnahme lasen und erklärten wir uns in dem,, Lascaris" von Villemain die beredten Schilderungen von den Leiden des unterjochten Griechenland und von seinen Freiheitsträumen.

Ueber das griechische Volk selbst kamen damals gar viele plög liche Unglücksfälle. Nach dem ersten Anlauf des im Inneren kaum organisirten und von Außen nur mit Geld und durch Freiwillige aus Deutschland, Italien und Frankreich dürftig unterstüßten Aufstandes, nach diesem ersten Abschnitte, welcher reich war an glücklichen Erfolgen und an Unfällen mancherlei Art, kam eine Zeit nationaler Verbrüderungen, endlicher Triumphe und friedlicher Verträge, und darauf erfolgte die Errichtung des neuen griechischen Staates, anfangs unter der Präsidentschaft des Grafen Kapodistrias, dann unter dem neuen Königthume des bayerischen Königssohnes. Auch dieses neue Königthum erfuhr von seiner Errichtung an gar verschiedene Wechselfälle des Glücks. Erst bestand es die schmerzhafte Probe einer halb aus Bayern, halb aus Griechen zusammengefeßten Regierung, und darauf die nicht minder schmerzliche einer ganz nationalen Regierung auf der Grundlage einer Repräsentativ-Verfassung. Allen diesen Chancen der griechischen Wiedergeburt entsprachen in gewisser Hinsicht auch die einzelnen Wechselfälle der öffentlichen Meinung in Europa in Bezug auf Griechen land. Anfänglich ein warmer Freund und Bewunderer des Helden muthes des kleinen Volkes, das sich so muthig und beharrlich in die Unsicherheit eines ungleichen Kampfes mit seinen Tyrannen stürzte, erkaltete bald der Enthusiasmus Europa's, als es die inneren Zwistigkeiten der Griechen sah, die sich leichter vorhersehen, als im voraus verhüten ließen, und gegenwärtig scheint es sich sogar seine eigenen früheren Sympathieen für die Griechen zum Vorwurfe zu machen und die Opfer zu bereuen, welche es gebracht hat, um ein christliches Reich im Oriente ins Leben zu rufen.

Es ist dies eine traurige und beklagenswerthe Umkehr und Veränderung, die kein menschlicher Verstand im voraus vermuthen, die er noch weniger verhindern konnte, aber es ist wünschenswerth, diese Erscheinung wenigstens zu erklären. Wenn uns dabei etwas zu Hülfe kommen kann, die Ursachen zu erkennen und die Vorurtheile von dem, was allein wahr und gerecht ist, zu unterscheiden, so ist dies die,, Geschichte des griechischen Aufstandes“ von Trikupis.

(Schluß folgt.)

Mannigfaltiges.

Napoleon's Briefwechsel. In Paris ist soeben der erste Band der auf Anordnung des regierenden Kaisers herausgegebenen Korrespondenz Napoleon's I. erschienen.") Derselbe ist mit einem Facsimile des eigenhändigen Berichtes von General Bonaparte über die Ereignisse des 13. Vendémiaire ausgestattet und bringt zunächst das von Napoleon III. erlassene Dekret hinsichtlich der mit der SammJung, Sichtung und Herausgabe der Briefe beauftragten Kommission; ferner den Bericht der leßteren an den Kaiser und 1018 Briefe und andere Schriftstücke, vom 4. Brumaire des Jahres II (25. Oktober 1793) bis zum fünften Ergänzungstage des Jahres IV (21. Septem

*Correspondance de Napoléon I., publiée par ordre de l'empereur Napoléon III. T. I. 4. XV und 841 S.

ber 1795)) reichend. Die Redactions-Kommission besteht aus folgen. den Mitgliedern: 1) Marschall Vaillant, Präsident; 2) Varon Charles Dupin, Vice-Präsident; 3) General Aupick (kürzlich verstorben); 4) Graf Boulay de la Meurthe; 5) de Chabrier, ehemaliger General Archiv-Direktor; 6) Graf v. Champagry, Mitglied des gefeßgebenden Körpers; 7) Chaffériau, Staatsrath; 8) Cucheval-Clarigny, Custos an der Bibliothek von St. Geneviève; 9) General Graf v. Flahault; 10) Armand Lefebvre, Direktor im Ministerium der auswärtigen Angelegenheiten; 11) P. Mérimée, Mitglied der französischen Akademie; 12) General Pelet und 13) Perron, Abtheilungs-Chef des Staats-Ministeriums, als Secretair der Kommission. Lehtere hat an sämmtliche Archive und Bibliotheken des Landes sowie an die Familien derjenigen, die mit Napoleon in brieflicher Verbindung gestanden, und endlich auch an die auswärtigen Regierungen 2c. Schreiben erlassen, worin sie sie um Mittheilung etwaniger bisher inedirter Schriftstücke Napoleon's bittet. Auch hat sie zur Ermittelung solcher Schriftstücke mehr als zehntausend Werke über Napoleon und seine Zeit katalogisiren und durchsehen lassen. Von allen Seiten, und zwar sowohl aus Frankreich als aus dem Auslande, sind der Kommission zahlreiche Materialien zu diesem Zwecke zugegangen. Ihre Arbeiten haben sich dadurch so gehäuft, daß sich bis jezt schwer bestimmen läßt, wann dieselben beendigt sein können und von welchem Umfange die Napoleon's-Korrespondenz sein wird.

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Sprachliches von Jak. Grimm und G. Michaelis. °°) Die neuere Sprachforschung ist dadurch, daß sie eine Menge Sprachen mit den verschiedensten Lautverhältnissen und den abweichendsten Schrift zeichen in ihren Bereich ziehen mußte, vielfach auf Fragen gestoßen, von denen man früher keine Ahnung hatte und haben konnte, deren Lösung aber ein immer dringenderes Bedürfniß wird. Solche Fragen find z. B. die Aufstellung einer allgemeinen Lautlehre, die Identität der Laute in verschiedenen Sprachen und ihre zweckmäßigste Bezeich nung, also ein allgemeines Alphabet, wie es bereits Bunsen, Lepfius, Mar Müller in Vorschlag gebracht haben - die rationellste Ordnung eines solchen Alphabets 2c. Ferner ist man durch Vergleichung der fremden Sprachen auf Uebelstände gestoßen, deren Beseitigung wenigstens sehr förderlich wäre, z. B. die Orthographie unserer Muttersprache. Um mehrere dieser Fragen dreht sich unser Schriftchen. 1) Die Anordnung des Alphabets 1) Die Anordnung des Alphabets - der Verfaffer ordnet Vokale, Liquida, Lippenlaute, Zahnlaute, Gaumlaute zusammen — a, e, i, o, u, 5; h; r, l, m, n; w (v) f, b, p; s, P, S (sch) d, t, z; j,) (ch) g, k, x ein noch vollständigeres Alphabet, das auch Laute aus anderen Sprachen bietet, läßt er hinterdrein folgen. Ich bemerke nach meiner PrivatAnsicht, daß es mir noch nicht vollständig erscheint und den Anforde rungen, die man an ein allgemeines Alphabet stellen muß, noch niới genügt, ebensowenig, als die bisher vorgeschlagenen, daß überhaupt die Frage gar nicht reif ist. Wenn die Buchstaben vollständige Gleichwerthe von Functionen der Sprachwerkzeuge sein sollen und das müssen sie, - so sind alle bisherigen Vorschläge mangelhaft und würden in kurzer Zeit einer Reform bedürfen. Es giebt z. B. nicht blos Ein k, Ein g, es giebt deren je zwei (guttural und palatal), es giebt nicht blos Ein h (resp. spiritus asper), sondern mindenstens drei, die aber nur unvollkommen ausgedrückt werden; es giebt zwei r, ein gutturales, ein linguales u. f. w. Ein solches rationelles Alphabet den Wörterbüchern zu Grunde legen zu wollen, ist vor der Hand also noch gewagt und dürfte schwerlich durchdringen. - Sehr ansprechend ist die Befürwortung für neue und einfache Zeichen anstatt ch und sch () und S), die allerdings die Kürze des Druckes nicht unerheblich fördern würden; doch auch hier erhebt J. Grimm Widerspruch, und es dürfte wohl beim Vorschlage bleiben troß der Begutachtung von zwei Berliner Schriftgießereibesizern (F. Theinhardt und Gebrüder Fickert). Wir erkennen bereitwilligst das Streben des Herrn Dr. Michaelis an, zumal uns selbst die Frage vielfach beschäftigt hat; andererseits aber können wir uns nicht der Wahrnehmung entziehen, daß die Vielheit und das gänzlich Abweichende der Vorschläge auf diesem Gebiet uns in eine unabsehbare Verwirrung zu bringen droht, wie das mit der Orthographie bereits der Fall ist, ferner, daß die Gewohnheit ein fast unbesiegbarer Tyrann ist selbst bei den Ge lehrten die lateinische Schrift, die kleinen Anfangsbuchstaben u. s. w. sind heute noch, trog Grimm, nicht populär und stoßen fortwährend auf Opposition doch der Versuch ist jedenfalls löblich die Zeit muß entscheiden.

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*). Jeder der zwölf Monate des republikanischen Jahres, das am 22. Sep; tember anfing, hatte 30 Tage, und am Ende des Jahres wurden fünf,,Gre gänzungstage" eingeschaltet. D. R.

**) Ueber die Anordnung des Alphabets, besonders in wissenschaftlichen Wörterbüchern, von G. Michaelis, mit einer Abhandlung über die für CH, SCH, SZ vorgeschlagenen Zeichen, von Jakob Grimm. Berlin, Dümmler, 1858.

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Ein Wohnungsschmuck für die gebildete Welt.

Ist uns das Portrait eines Freundes um so werther, wenn es in einer Situation und unter Umgebungen dargestellt ist, die uns an sein persönliches Verhältniß zu uns erinnern, so ist gewiß das Bildniß eines der ganzen gebildeten Welt theuren, von ihr hochverehrten Mannes, das wir umringt sehen von Denkmälern der Wissenschaft, die er der Welt geschenkt, und von Erzeugnissen der Kunst, die ihm die Welt verehrt hat, eine wahre Erquickung für Jeden, der ein großes, geistiges Leben zu würdigen weiß, und freudig begrüßen wir ein solches Bild, als den schönsten Schmuck für unsere, der Kunst und ihren Erzeugnissen gern sich öffnenden, häuslichen Räume.

„Alexander von Humboldt in seiner Bibliothek“, ist der Gegenstand eines von dem königlichen Hofmaler, Herrn Professor Eduard Hildebrandt, in Wafferfarben gemalten, größeren Bildes. Wir sehen vor uns die greise, liebevolle und beredte Gestalt des großen und edlen Lehrers der Menschheit, wie er uns in seiner Bibliothek mit aufmunterndem Blicke, mit entgegenkommendem, überraschendem Worte zu empfangen pflegt, und wie er uns feffelt durch seinen Geist, der mit seinen Erinnerungen Alles, was ein neunundachtzigjähriges, ununterbrochen thätiges Leben ihm vorgeführt, noch in jugendlichster Frische sich bewahrt hat.

Eine Büste des Königs, aus Rauch's Meisterhand hervorgegangen, eine Statuette der Königin, in klassischem Stile, fißend dargestellt, sehen wir über dem Schreibtische Humboldt's abgebildet; daneben noch manche andere Kunstwerke des Alterthums, des Mittelalters und der neueren Zeit, wie: ein Modell des Obelisken von Luror, die Büste des berühmten portugiesischen Infanten und Seefahrers der vorkolumbischen Periode, Dom Henrique, und Landschafts-Bilder der von Humboldt in die wissenschaftliche Welt eingeführten füdamerikanischen Tropenländer. Ein Durchblick auf das geöffnete kleine Gemach vor der Bibliothek läßt uns einen Theil der Humboldtschen Vogelsammlung wahrnehmen, in der namentlich die Nachtvögel, „los Guacharos” (Humboldt's, Steatornis Caripensis "), intereffant sind, welche die berühmte Höhle „, del Guacharo" von Caripe (in den Missionen der Chaymas Indianer) bewohnen und von denen kaum irgend eine größere zoologische Sammlung ein Exemplar aufzuweisen hat. Kostbare Werke, wie die,,Chalcographie du Musée Royal" (ein Geschenk Ludwig Philipp's an den großen Naturforscher) und die magnetischen, astronomischen und meteorologischen Apparate, die wir hier wahrnehmen, erinnern an die Reisen und wissenschaftlichen Beobachtungen des Mannes, dessen Name in allen Welttheilen gleich gekannt und geehrt ist.

Dieses studienreiche Bild, in welchem der Maler, troß der mannigfaltigen Gegenstände, die die Hauptfigur umgeben, durch meisterhafte Abstufung der Töne Ruhe und Harmonie und einen durch nichts gestörten Total-Eindruck hervorzurufen verstand, ist in der chromolithographischen Kunst-Anstalt der Herren Storch und Kramer in Berlin vervielfältigt worden, und zwar in einem Farbendruck, der den Effekt des Originals in überraschender Weise wiedergiebt. Legteres sowohl, als das Recht der Vervielfältigung deffelben, hat der Künstler dem treuen Diener und Reisebegleiter Humboldt's auf dessen fibirischer Expedition, Herrn Johann Seifert, zum Geschenk gemacht, und die Cottasche Verlagshandlung hat den Debit des Bildes im Buch- und Kunsthandel übernommen. Zu diesem Behufe ist auch bereits eine in deutscher, englischer und französischer Sprache abgefaßte Erklärung des Kunstwerkes im Druck erschienen.

Auf dem Originalbilde befinden sich einige eigenhändige Zeilen Alexander's v. Humboldt, die auch auf den Abdrücken facsimilirt sind.` Diese Worte, die, ebenso wie das Bild selbst, einen Rückblick auf ein langes, thätiges, ja, man kann sagen, weltumfassendes Leben gewähren, und die noch mit derselben Anmuth der Sprache ausgestattet sind, welche den berühmten Auffaß Humboldt's:,,Die Lebenskraft, oder der rhodische Genius" (abgedruckt im Jahre 1795, in Schiller's „Horen“) charakterisirte, lauten folgendermaßen:

1858.

,,Wenn der Mensch mit empfänglichem Gemüthe, in jugendlich vermeffener Hoffnung, den Sinn der Natur zu errathen, Gottes erhabenes Reich forschend und ahnungsvoll durchwandert, so fühlt er sich angeregt in jeglicher Zone zu einem geistigen Genuß höherer Art: sei es, daß er aufrichtet den Blick zu den ewigen Lichtern der Himmelsräume, oder daß er ihn niedersenkt auf das stille Treiben der Kräfte in den Zellen organischer Pflanzengewebe. Diese Eindrücke, eben weil sie so mächtig sind, wirken vereinzelt. Wird nun, nach einem langen und vielbewegten Leben, durch Alter und Abnahme phyfischer Kräfte Ruhe geboten, so vermehrt und bereichert den Gehalt des Eingesammelten die Aneinanderreihung der selbstgewonnenen Refultate, wie ihre mühevolle Vergleichung mit dem, was frühere Forscher in ihren Schriften niedergelegt haben. Es bemächtigt sich der Geist des Stoffes und strebt, die angehäufte Masse empirischer Erfahrung, wenigstens theilweise, einer Vernunft-Erkenntniß zu unterwerfen. Das nächste Ziel ist dann, in dem Naturganzen das Geseßliche aufzufinden. Vor dem wissenschaftlichen Bemühen nach dem Verstehen der Natur schwinden allmählich, doch meist erst spät, die lang gepflegten Träume symbolisirender Mythen. "Berlin, im November 1856.

Alexander v. Humboldt."

Oftindien.

Die Reise des Prinzen Waldemar von Preußen. *) Das über die Reise des Prinzen erschienene Prachtwerk, welches den Titel führt:,,Zur Erinnerung an die Reise des Prinzen Waldemar von Preußen in den Jahren 1844-1846", war ein Denkmal, das ein trauernder Vater und liebende Geschwister dem Andenken des Jünglings seßten, der zu so schönen Hoffnungen berechtigt hatte. Zwei Jahre nachdem er in die grüne Heimat an den Riesenbergen zurückgekehrt, wurde er in der Blüthe der Jahre hinweggerissen: die übermäßigen Anstrengungen, denen er sich bei einem zarten Körperbau ausgefeßt, die Einflüsse des tropischen Klima's hatten seine Gesundheit untergraben. Er starb am 17. Februar 1849. Das handschriftliche Material bestand aus einem förmlichen, regelmäßig geführten Tagebuche, aus einer Auswahl einzelner von dem Prinzen entworfener Auffäße und gesammelter Notizen; aus Briefen und dem Nachlaß des begleitenden Arztes Dr. Hoffmeister, der bekanntlich in der Schlacht gegen die Sikh's an der Seite des Prinzen fiel. Ebenso hatte derselbe eine große Anzahl fauberer Handzeichnungen mitgebracht, die von talentvollen Künstlern umgearbeitet und lithographirt wurden. Nachdem auch Prinz Wilhelm, der Vater des Verewigten, am 28. September 1851 gestorben, ließen dessen hohe Geschwister, Prinz Adalbert von Preußen, Prinzessin Elisabeth von Heffen und Königin Marie von Bayern, das angefangene Werk fortschen und vollenden. Alexander v. Humboldt schrieb die Vorrede dazu.

Da dieses Prachtwerk nur in wenigen Eremplaren abgezogen und an hohe Personen vertheilt worden, so war, wie wir in der Einleitung erfahren, der Verfasser auf den Gedanken gekommen, einen Auszug daraus für das größere Publikum zu veranstalten, und hatte sich demgemäß an Se. Königl. Hoheit den Prinzen Adalbert mit der Bitte um Erlaubniß gewendet, die ihm denn auch, wie gleichfalls von Seite der anderen hohen Interessenten, gewährt wurde. Er verfaßte den Auszug nach einem Eremplar, das Prinz Adalbert seinem und seines Bruders ehemaligem Lehrer, Herrn Prorektor Ender zu Hirschberg, verehrt hatte, und versichert schließlich, daß es ihm Gewissenssache gewesen, troh Abkürzung und anderer Anordnung, eine möglichst vollständige und getreue Kopie des Originalwerkes zu liefern. Nach der Lesung des Buches, das unser volles Interesse in Anspruch ge

*),,Die Reise Sr. Königl. Hoheit des Prinzen Waldemar von Preußen nach Indien, in den Jahren 1844-1846". Aus dem darüber erschienenen Brachtwerke im Auszuge mitgetheilt von J. G. Kußner, Lehrer in Hirschberg. Mit dem Portrait des Prinzen, 4 Karten und 4 Schlachtplänen. Berlin, Verlag der Königl. Geh. Ober-Hofbuchdruckerei (N. Decker), 1857.

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Wie es vor uns liegt, umfaßt das Buch vier Abschnitte: 1) Die Reise von Berlin nach Kalkutta; 2) die Reise durch Hindostan; 3) die Reise im Himalaya; 4) der Feldzug gegen die Eikh's.

Die Reisebegleitung des Prinzen bestand aus dem Grafen Oriolla (jezt Oberst und Commandeur des siebenten Husaren-Regiments), welcher schon der Gefährte des Prinzen Adalbert auf der Reise nach Brasilien und dem Amazonenstrome gewesen war; dem Grafen von der Gröben (jest Rittmeister im Garde-Dragoner-Regiment), dem Arzte und Naturforscher Dr. Hoffmeister und dem Unteroffizier Karl Werner von der Garde-Pionier-Abtheilung, der sich bereits auf der Reise des Hauptmanns von Orlich nach Indien durch Umsicht und Thätigkeit sehr verdient gemacht hatte. Am 7. September 1844 ver ließ Prinz Waldemar Berlin und begab sich zunächst nach München, um feiner hohen Schwester, damaligen Kronprinzessin, jezigen Königin Marie von Bayern noch einen Abschiedsbefuch zu machen. Von hier reiste er über Salzburg und die Nadstädter Tauern nach Triest, wo Dr. Hoffmeister sich anschloß.

Von dort ging die Reise zur See über Ankona, Korfu, Patras, Athen, wo dem griechischen Königspaare ein Besuch abgestattet wurde, Syra, Alexandrien, Kahira, Suez. Nach dreitägigem Aufenthalt am legteren Orte trat der Prinz die Fahrt nach Ceylon an, auf dem Dampfboote,,Hindostan“, geführt von Capitain N. Scoresby, dem rühmlichst bekannten Vollender der Küstenaufnahme des rothen Meeres in den Jahren 1833-1834. Ueber das Leben auf diesem Schiffe schreibt der Prinz: „Ein ganz neues Leben begann für mich mit dem Tage der Einschiffung: ich war mit einem Male wie nach England verschneit. Von den hundertzwanzig Passagieren sind hundertzehn Engländer, darunter viele von Urlaub nach Indien zurückkehrende Offiziere, eine interessante Gesellschaft. Am meisten unterhalten mich die Sailor's, deren wir von allen möglichen Nationen an Bord haben. Ein langer Stettiner ist bei den Spielen der europäischen Matrosen, deren nur siebzehn unter der hundertsiebzig Köpfe starken Bemannung find, einer der hervorstechendsten. Des Abends, während die Europäer auf dem Vorderdeck im Mondschein ihre wilden, kräftigen Spiele trieben, ruhten auf ihren Matten um den Schornstein herum die Bengalis, ein kleiner, gleichsam kinderartiger Menschenschlag, sich zum Islam bekennend und vortrefflich geeignet für die leichten Arbeiten im Takelwerk. Mittags erklingen oft aus der Tiefe, von der Maschine herauf, wilde eintönige Schreie, begleitet von Paukenschlägen; es find Reger aus Abyssinien, die die Kohlen heraufziehen. Sie scheinen das Geschäft mit dem größten Vergnügen zu vollbringen bei dem eintönigen schreienden Singen, wo immer Eine Stimme die vorherre schende ist und die Anderen, im Latte ihre Stimmen verstärkend, einfallen; bei Trommeln und Händeklatschen fangen sie an zu tanzen und sich aufzuregen und Gesichter zu schneiden, daß ihnen der Schweiß nur so herunterläuft und ihre Haut, wie Bronze, glänzt. Diese Schwarzen haben eine fast herkulisch zu nennende Gestalt, aber die abscheulichsten, häßlichsten Gesichter von der Welt; besonders beim Tanz sind sie komplet wie Affen. Eigenthümlich sticht gegen diese Scene der Aufregung die Ruhe eines Arabers ab; theilnahmlos fist er über der Maschine, ruhig dareinschauend und seine Pfeife rauchend. Ein Chinese mit breitem Zopf ist der Tischler an Bord".

In der kleinen Stadt Aden, unweit der Straße Bab-el-Mandeb, wurde wieder Halt gemacht. Am 2. November stach das Schiff Am 2. November stach das Schiff abermals in die See. Noch einmal sah man die Küste von Afrika; es war das Kap Guardafui, Tages darauf, am 4ten, die Insel Sokotora und am 11ten die grünen Lakediven. Endlich, am Morgen des 13. No, vember, dem Geburtstage der Königin von Preußen, ward Ceylon am Horizont sichtbar, eine langhingestreckte, grüne, lachende Küste mit schönen blauen Bergen. Der Hafen von Point de Galle war es, in den der „Hindostan“ einlief; der Prinz wurde feierlich empfangen. Auch die braune Bevölkerung, in leichten farbigen Gewändern und Turbanen, hatte sich herausgemacht und erwartete, nach indischen Begriffen, einen Fürsten, mit Edelsteinen bedeckt und mit einem Schwarme von Gefolge umgeben, ans Land steigen zu sehen. Sie mag sich nicht wenig getäuscht gefühlt haben.

Von hier begab sich der Prinz landeinwärts nach Kolombo und sodann nach Kandy. Feierlich empfangen, zog er in diese Stadt ein, worin er den berühmten Daladatempel und das Schloß der alten Könige von Kandy zu bewundern Gelegenheit hatte. Ersterer beherbergt nämlich eine im ganzen Buddhistenthume gefeierte Reliquie, die Dalada, einen Zahn des Buddha, der aber aus Elfenbein besteht. Da der Prinz die Absicht hatte, die in Ceylon vielfach betriebene

Elephantenjagd aus eigener Anschauung kennen zu lernen, begab er sich an den dazu geeignetsten Ort, in den gebirgigen Distrikt am Flusse Badulla. Der berühmte Elephantenjäger, Major Rogers, war hierbei sein Begleiter. Wir sind natürlich hier außer Stande, von den prachtvollen landschaftlichen Schilderungen, der stets neuen und großartigen Scenerie des üppigen Thier- und Pflanzenlebens, der Art und Weise und den Gefahren der Jagd, die auch der Prinz und sein Begleiter kennen lernen sollten, mehr als eine bloße Andeutung zu geben. - In welchem Maßstabe diese Jagd betrieben wird, davon mag uns die Notiz einen Begriff geben, zufolge welcher Major Rogers vor sechs Jahren (damals gers vor sechs Jahren (damals — also 1838) bereits volle 1100 Elephanten erlegt hatte, bis er sie endlich zu zählen aufhörte - eine Zahl, die freilich das Bedenken erweckt, ob nicht vielleicht dieser ehrenwerthe Nimrod etwas von Münchhausen's Natur an sich habe – vorausgeseßt, daß er es selber erzählt habe, wie es den Anschein hat. hat. Von dem Elephanten-Distrikt ging es über Palmadulle, wo ein buddhistischer Tempel mit den scheußlichsten Fragen (z. B. der Liebesgott - mit Ochsenkopf und Vogelschnabel vorgestellt) die Aufmerksamkeit der Reisenden beschäftigte, nach Ratnapura, der Stadt der Edelsteine, in deren Nähe man in dem Flusse Kalu Ganga R¤bine, blaue Sapphire, Goldtopase und Opale (die sogenannten Kagenaugen) findet. Ein Holländer betrieb damals diese Industrie, die mühsam für die Arbeiter und so wenig ergiebig ist, daß die englische Regierung das frühere Monopol aufgehoben und es Jedem freis gestellt hat, Edelsteine zu suchen, wo es ihm beliebt, ohne eine Abgabe dafür zu fordern. Sie werden aus dem Schlamme und Sande des Flusses gesucht. Am 10. Dezember brach man zur Besteigung des Adamspiks auf, die in ihren lehten Stadien sehr schwierig ist. Am folgenden Tage gelangte man auf den Gipfel. Er ragt zu einer Meereshöhe von 6,960 Fuß, schroff, fast senkrecht nach allen Seiten hin abfallend, in voller Majestät über alle umliegenden Bergeshäupter, den Pedro Talla Galla ausgenommen. Jener Berg ist be= kanntlich durch religiöse Traditionen geheiligt: die Malabaren und andere Hindu's verehren hier die Fußstapfe Schiwa's; den Buddhisten von Ceylon zufolge, trat hier Gautama-Buddha zum erstenmal irdischen Boden, als er aus dem Himmel kam; nach_muham= medanischer Sage, sah der aus dem Paradiese im fiebenten Himmel verstoßene Adam dasselbe zum legtenmale, und schaute 200 Jahre lang auf einem Beine stehend, hinüber nach Mekka, wo Eva, die gleichfalls herabgestoßen war, sich in ähnlicher Lage befand, bis Gabriel nach überstandener Buße Beide wieder vereinte. Der Berg ist ein Wallfahrtsort für Buddhisten und Moslims, welche die auf dem Gipfel, einer Fläche von nur 30 Schritt Länge und 15 Schritt Breite, befindliche heilige Fußstapfe (im Sanskrit „Siri Pada“) Buddha's oder Adam's, ein Naturspiel, dem die Kunst etwas nachgeholfen, besuchen (54 Fuß lang, 24 Fuß breit).

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Von Kolombo, wohin der Prinz zurückgekehrt, schiffte sich derselbe Man war nun nach Trinkomali ein und von da nach Madras. auf dem Festlande von Indien. Die Stadt, obwohl Siß einer Präsidentschaft, scheint weniger Anziehendes zu bieten. Der Prinz machte von hier einen Ausflug nach der sieben Meilen südlich ver Madras gelegenen Trümmerstadt Mahamalaipur, dem uralten Mas habalipuram, das bereits in dem Epos:,,Mahabharata", gefeiert wird. Unter den verfallenen Prachttempeln voll uralter Skulpturen befindet sich ein elendes Brahmanendorf.

Von Madras schiffte sich sodann der Prinz nach Kalkutta ein. Nach einer ziemlich stürmischen Fahrt kam er in dieser Metropole des britischen Indien an (3. Januar) und wurde von dem General-Gouverneur, Sir Henry Hardinge, auf das gastlichste aufgenommen. Er verweilte nun etwa vierzehn Tage in Kalkutta und der Umgegend und hatte Gelegenheit, dieses Gemisch von indischem und europäischem Wesen kennen zu lernen, das sich unter den gegebenen Verhältnissen entwickelt hat. Die brahmanischen Dandies, reiche Kaufmannssöhne, welche gewissermaßen den Adel vertreten, in Chaisen, Schuh und Strümpfen, schwarzen Beinkleidern, auch wohl mit Rock und Reitpeitsche, ja sogar mit Brillen - dabei aber in scheckigen PapageienFarben, den Rock an den Seiten offen, oder mit chinesischen Drachen auf bunten Ueberwürfen — in solcher Gestalt auf dem ganz europäischen Korso paradirend. Der Prinz rechnet die gränzenlose Aufmerksamkeit und Devotion seiner nunmehrigen Hindu-Diener zu den kleinen Leiden des menschlichen Lebens. Wie ein Prinz allein und z Fuße ausgehen könne, konnten sie durchaus nicht begreifen. Auch das große Moharremfest der Muhammedaner, das eben gefeiert wurde, lernte der Prinz kennen.

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Nachdem er mit einem englischen,, Boar-sticking-club" noch einen die Jagdausflug gemacht, brach er am 18. Januar wieder auf Reise wurde nun in den landesüblichen Palankinen gemacht. Gayah, einem der Geburtsorte des Buddha, wo man Gelegenheit hatte, die Unverschämtheit buddhistischer Priester zu sehen, und auch die ersten Fakire fennen lernte, wurde die Reisegesellschaft von einem

vornehmen Hindu (halb Buddhist, halb Deist) gastfreundlichst aufgenommen. Bald war man an dem majestätischen Ganges angelangt. Ueber Patna (am Ganges) ging es weiter nach Nepal. Am 4. Februar sah man zum erstenmal die Schneespigen des Himalaya herüberleuchten. Sehr interessant ist nun der Besuch des Prinzen in dem kleinen Reiche Nepak, dessen kriegerische Bewohner, die Gorkha's, bekanntlich in dem jezigen indischen Kriege den Engländern so ausgezeichnete Hülfe leisten. Sie bilden den herrschenden Stamm des Landes, ein kühnes, wildes Gebirgsvolk, das feit der Mitte des vori gen Jahrhunderts hier seine Herrschaft gegründet hat. Der Prinz wurde in Katmandu, der Hauptstadt, die in einem fast runden Thal tessel gelegen ist, mit aller orientalischen Pracht empfangen; doch ist das Bild, welches uns von der Herrscherfamilie entworfen wird, ein äußerst trübes die größte sittliche Verworfenheit, die sich denken läßt, die ganze Entartung, deren nur asiatische Despoten fähig scheinen. Doch wir müssen darauf verzichten, den Prinzen auf seiner weiteren Reise durch den Himalaya und den Ganges hinauf zu begleiten; die Fülle des Gebotenen ist zu groß, die Auswahl schwierig, unser Raum zu gemessen, als daß wir auf interessantere Einzelheiten eingehen könnten. Wir begnügen uns also, zu erwähnen, daß Prinz Waldemar zurück über Chorakpur, Benares und Allahabad nach Lackno ging, jener Stadt, die den Engländern in dem jezigen Kriege bereits so viel Blut gekostet hat. Auch hier ziemlich dieselbe mit europäischem Firniß bestrichene Barbarei und Bestialität, wie in Katmandu. Ueber Kanôdje (das alte Kanyakubja) gelangte man nach Agra, von hier nach Bhartpur, dessen Radschah, der dem Prinzen einen Besuch machte, als ein sehr ernster, gefeßter und einfacher Mann geschildert wird. Ueber den alten Königssit Delhi und Rampûr ging es nörd lich auf den Himalaya zu; der nördlichste Punkt, den die Reisenden erreichten, war Schipke, das bereits in Tübet liegt. Dieser Theil der Reise hat vor Allem einen großen Reiz, selbst in der bloßen Beschreibung; die gigantischen Verhältnisse der Natur, die uns in dunklen Umrissen vor die Seele treten, nehmen unsere Einbildungstraft gefangen; die poetischen Eindrücke, welche der Leser aus der Gebirgsnatur in der Erinnerung bewahrt hat, vergrößern und ver klären sich ihm, zumal wenn er sie mit der fremdartigen Scenerie, dem Schauer der Religion in Verbindung treten läßt.

Wir sind hier an der Geburtsstätte der heiligen Ganga; wir fehen die einsamen, eisbepanzerten Kuppen in den ewigen Aether ragen und lassen uns gern von den Gefühlen anwehen, die den andächtigen Hindu erfüllen, wenn er in diesen Deden, in diesen riesigen Werkstätten der Natur seine Hände betend zu Brahma emporstreckt. Mit Interesse lesen wir die Schilderungen der Wallfahrtsörter, an welchen noch heute die Pilger zusammenströmen, wie z. B. von Dwara, Hât-Ganpotri, Badri-Nad; denn die Reisenden folgten der großen Pilgerstraße, die nach dem leßteren Orte führt. Alles ist hier heilig, überall Rastorte, Tempel, heilige Quellen, Ortslegenden der ungeheuerlichsten Natur, Waschungen, Sühngebräuche, Fakire kurz, es sieht hier noch heutzutage ziemlich ebenso aus, wie etwa in Delphi, Olympia oder an der Dase des Jupiter Ammon. Freilich verliert diese Poesie, was die Menschen betrifft, bei näherer Betrachtung durch aus; nicht nur der plumpfte widerwärtigste Aberglaube, sondern auch die fittliche Verkommenheit der Priester und Heiligen tritt uns hier entgegen.

Wie bereits erwähnt, erreichte Prinz Waldemar auf diesem Abstecher Tübet und betrat das Gränzdorf Schipke. Die Eigenthüm lichkeiten der chinesischen Verhältnisse machten hier ein weiteres Vordringen unmöglich.

nen den vollkommensten Pendant bildet.,,Reise Seiner Königl. Hoheit des Prinzen Adalbert von Preußen nach Brafilien". Nach dem Tagebuche Sr. Königl. Hoheit mit höchster Genehmigung auszüglich bearbeitet und herausgegeben von Herm. Klettke.")

Wie das große Werk über die Reisen seines verewigten Bruders, so war auch das Tagebuch des Prinzen Adalbert (die Reise geschah 1842-1843) nur als Manuskript gedruckt und in einer kleinen Anzahl von Exemplaren an besonders bevorzugte Personen vertheilt worden; die Arbeit Klettke's hat also mit der eben besprochenen von Kußner die größte Aehnlichkeit. Das Werk selbst ist uns noch nicht zu Gesicht gekommen - sollte dies bald der Fall sein, so werden wir nicht zögern, dem Publikum einen ausführlicheren Bericht darüber zu erstatten.

Griechenland.

Griechenland und die französische Kritik.

(Schluß.)

Trikupis ist ebenso unparteiisch und gerecht, als ein echter Freund feines Vaterlandes und seiner Nation; aber nie tritt diese Vaterlandsliebe des Geschichtschreibers irgendwie der Genauigkeit der thatsächlichen Schilderungen oder dem Bewußtsein moralischer und politischer Betrachtungen zunahe, und nirgends vermag sie die eine oder das andere zu benachtheiligen und in Schatten zu stellen. Durchdrungen von dem Geiste strenger Gerechtigkeit, unter dessen Einflusse der Grieche Trikupis seine „Geschichte“ geschrieben hat, kann zwar dieselbe hin und wieder in der Erzählung der einzelnen Begebenheiten, namentlich was die weniger wesentlichen Thatsachen betrifft, irrig und mangelhaft sein; allein niemals täuscht uns der Geschichtschreiber über den allgemeinen Charakter der Begebenheiten oder der Vorkämpfer und hauptsächlichen Leiter des Aufstandes, am allerwenigsten täuscht er uns absichtlich. Seinen eigenen Landsleuten schmeichelt Trikupis durchaus nicht; Bestechlichkeit neben Uneigennüßigkeit, Niedrigkeit der Gesinnung neben Großherzigkeit, ehrloser Verrath neben der hingebendsten Aufopferung, schmachvolles Verleugnen der Menschlichkeit bei denen selbst, welche für sie kämpften, -in dieser Weise schildert Trikupis die Griechen, und wir können das Gemälde, das er entwirft, um so sicherer für wahr halten, da wir in ihnen die nämlichen Griechen wiedererkennen, wie sie uns vor zweitausend und mehr Jahren Herodot und Thukydides geschildert haben.

Man muß es daher für eine Art Ungerechtigkeit erklären, von den Griechen unserer Tage Einigkeit verlangen und sie dazu anhalten zu wollen, da ihre Vorfahren selbst nicht anders gewesen sind; wenigstens kenne ich keinen Abschnitt jener ruhmreichen Vergangenheit, welcher nicht durch viel öffentliches Unglück und durch große Fehler bezeichnet wäre, und wobei nicht innerer Widerspruch und äußeres Widerstreben, öfter auch offenbare Zwistigkeit mit unterliefe. Als einst in Athen jene unnachahmlichen Meisterwerke in Literatur und Kunst entstanden, änderte Athen gewaltsam die weise StaatsVerfassung des Solon ab, und nach der Herrschaft des Perikles ging Athen in die Hände unwürdiger Demagogen über, die es nicht verdiemen, die Nachfolger jenes großen Mannes zu sein; Athen aber ertrug in kurzer Zeit die Uebertreibungen der Oligarchie und Ochlokratie, und dies Alles während der Heimsuchungen eines blutigen Krieges, und als damals eine Versöhnung gar zu schnell zu Stande gekommen und eine Amnestie ausgesprochen worden war, opferte man in Athen mittelst Richterspruchs den weisesten und tugendhaftesten der griechischen Philosophen. Allein zu der nämlichen Zeit schrieb Griechenland den,,Didipus" und erbaute das Parthenon, gleichsam zur Sühne für seine Sünden und zur Buße für seine Verbrechen. Die Uneinigkeit, die an sich stets unfruchtbar ist und welche bei anderen Völkern nur einreißt und vernichtet, war bei den alten Griechen gerade das Gegentheil; denn sie gab dort gleichsam einem glücklichen Auf sprudeln edler Gesinnungen fortwährende Nahrung. Wenn ich jedoch

Den Rückweg nahm man südlich wieder in das indische Flachland (am Pendschab) hinein und machte eine längere Rast in Simla, einem Badeorte,,,dem Baden-Baden" des britisch-indischen beaumonde, wo man sich von den Anstrengungen der Reise erholte. Aus der tiefen Ruhe, in der man Alles fand, wurde man aufgeschreckt durch den Aufstand der Sikh's, die in dieser Zeit den Sutledsch_dies behaupte, bin ich gleichwohi weit davon entfernt, die Ansprüche überschritten. Um diese sich darbietende Gelegenheit, einem asiatischen Feldzuge beizuwohnen, nicht vorübergehen zu lassen, begab sich Prinz Waldemar am 20. Oktober 1845 zur englisch-indischen Armee, die zu Amballa stand. Die Einzelnheiten dieses Feldzuges, wie der Prinz die Schlachten von Firozepur und Firozeschah beiwohnte, und wie in Jesterer Dr. Hoffmeister an seiner Seite erschossen wurde, wie dann die englische Armee nach Lahore ging, und wie der Frieden mit den Sikh's zu Stande kam, das ist bereits vielfach in öffentlichen Blättern besprochen worden und gehört der Geschichte an. Zu Lahore empfing Prinz Waldemar die Nachricht von der Krankheit seiner Mutter; über Bombay den Rückweg nehmend, eilte er in die Heimat, erfuhr aber bereits in Suez ihren Hinübergang. Am 13. Juni war er in Fischbach bei den Seinigen, um ihren Schmerz zu theilen.

Soeben kommt uns eine Anzeige zu Gesicht, die wir hier erwähnen müssen, da sie ein Werk betrifft, das zu dem eben besproche

der alten Griechen auf unsere Bewunderung irgendwie herabseßen zu wollen; wohl aber müssen wir uns besonders hüten und vorsehen, daß wir nicht gegen ihre Nachkommen ungerecht zu sein scheinen, indem wir von ihnen eine Literatur verlangen, welche im Stande sei, ihre politischen und sonstigen Fehler und Irrthümer zu fühnen. Die Zeiten des Perikles und Alexander kehren nicht wieder, aber diese Zeiten haben ihre Früchte getragen: sie haben mächtig dazu beigetragen, uns selbst zu dem zu machen, was und wie wir sind, nämlich zu den Führern der neuen Civilisation und Kultur.

Wenn die heutigen Griechen sich nicht darauf beschränken, die Volksschulen in ihrem Vaterlande zu vermehren, sondern wenn sie zugleich ihre Kinder nach den Unterrichts-Anstalten in Paris, Berlin u. s. w. schicken, damit sie daselbst das klassische Alterthum kennen lernen und die Vortheile der Wissenschaften Europa's sich aneignen,

*) Berlin, Haffelberg, 1858.

und wenn sie die besseren unserer Schriften übersehen, so thun sie flug und verständig daran. Was wir einst von ihnen uns geholt und empfangen haben, nämlich die Aufklärung, das erwarten und verlangen fie jezt von uns. Sie geben damit ihr Vaterland selbst nimmermehr auf; sie sammeln vielmehr dessen Ueberlieferungen überall, wo sie sie finden und wo sie gute und gesunde Frucht bringen. Dem Kaiser, was des Kaisers ist: Griechenlands Pflicht ist es gegenwärtig, nicht uns voranzugehen, sondern uns zu folgen, und zwar noch auf eine lange Zeit, namentlich aber in den Wissenschaften; dagegen ist es nicht seine Pflicht, Neues zu schaffen und zu erfinden, sondern zu übertragen und die Grundsäge und Ideen der europäischen Civilisation im Orient zu verbreiten.") Wenn jedoch Griechenland zum Ueberfluß ein und das andere Werk seines Geistes voll Anmuth und ursprünglicher Eigenthümlichkeiten uns bietet, so wollen wir ihm dazu Glück wünschen und es als ein glückverheißendes Zeichen einer wissenschaftlichen Wiedergeburt betrachten. Wenn es irgend einmal unserer Wissenschaft zuvorkommt und z. B. die von seinen Archäologen in dem an Erinnerungen so reichen Lande seiner Väter entdeckten Alterthümer erklärt (wie dies von Rangavis in feinen „Antiquités helléniques" geschehen), so wollen wir anerkennen, daß dies sein Recht ist und daß es sich selbst ehrt, wenn es dieses Recht ausübt. Vorzüglich jedoch meinen wir, daß sich in Griechenland besonders befähigte und berufene Männer mit dem Studium der Geschichte beschäftigen sollten; denn die Geschichte ist die beste Schule, in welcher der Geist eines während langer Zeit durch Unwissenheit verdorbenen und durch die Sklaverei herabgekommenen Volkes gebildet und umgewandelt wird, und bei dem Studium der Geschichte rafft sich das Gewissen des Volkes, so zu sagen, am ersten auf und nimmt sich besonders zusammen. Eben deshalb vornehmlich verdient das Geschichtswerk des Trikupis die besondere Beachtung aller derer in Europa, denen es in Ansehung der Angelegenheiten Griechenlands um die Erkenntniß der Wahrheit zu thun ist. Wenn übrigens der neugriechische Geschichtschreiber bei seinen Darstellungen namentlich Herodot und Thukydides sich zu Vorbildern genommen hat, gern von ihnen sich begeistern läßt und sie auch häufig anführt, so kann man dies nur billigen, zumal da es mit der gehörigen Bescheidenheit geschieht. Denn allerdings kann in Betreff der Schönheit der Sprache auch ein Grieche den Herodot und Thukydides niemals erreichen. Die neugriechische Sprache hat zwar die schmuzige Hülle der Barbarei, in welcher sie Jahrhunderte hindurch gelegen hat, abgeworfen, und sie strebt mit Macht der schönen Sprache der alten Griechen nach, allein das schwierige Werk der Erneuerung, an welchem auch der Geist des neunzehnten Jahrhunderts seinen Antheil verlangt, ist noch lange nicht vollendet. Niemand weiß, wohin der einmal gegebene Anstoß führen und wo die Bewegung zum Stillstande gelangen wird. Die ses aus beiden Sprachen entlehnte Gewand, diese Prosa voll altgriechischer Worte und neuer Ideen stellt zur Zeit eine eigenthümliche Mischung dar, die unser Gefühl geradezu offen verlegt oder wenig ftens dasselbe unangenehm berührt. Indeß hat die Schreibweise des Trikupis einen gewissen Vorzug, den man ihr ohne Rücksicht auf besondere philologische Eigenthümlichkeiten zugestehen muß; ich meine nämlich den erusten und überzeugenden Eindruck, den das Streben mühvoller Untersuchungen und das Gefühl größter Ehrlichkeit macht. Solche Bücher sind ohne Zweifel die besten Verfechter der Gerechtsame der Griechen, namentlich in Europa, wo die Debatten über Griechenland vor längerer Zeit begonnen haben, aber noch weit vom Ziele entfernt zu sein scheinen, und man muß daher wünschen, daß Griechenland mit recht vielen dergleichen Werken hervortrete, um feine Feinde zu entwaffnen und den Eifer feiner ungeduldigen oder matt gewordenen Freunde fort und fort aufs neue zu entzünden.

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durch den Aschenregen des Vesuv begrabenen Welt altrömischer Lebensherrlichkeit. Die Phantasie des Dichters hat dem Kandelaber vier Lebenslampen gegeben: die erste mit der Gestalt des Traumgottes (Oneiros), die zweite mit Amor und Psyche, die dritte mit der Eule der Pallas Athene, der Beschüßerin der das Leben verschönenden Künste, die vierte mit den Gestalten des Todes und des Friedens (des Thanatos und der Eirene). Das Menschenleben in seinen vier Altersstufen, in denen der Reihe nach die genannten vier göttlichen Mächte die Herrschaft führen, lichen Mächte die Herrschaft führen, das ist die Idee, die in den vier Gesängen der Dichtung veranschaulicht wird. Zuerst werden uns in der Gestalt Euphorion's, eines Griechen, der, ein geborner Sklave, im Hause eines reichen Eigenthümers von Kunstwerkstätten als Spielgenosse der Tochter des Hauses sich zum Künstler herangebildet hat, die himmelstürmenden jugendlich-schwärmerischen Träume und Kämpfe einer Künstler-Seele, die durch eine den Menschen entwürdigende Stellung in der wirklichen Welt sich in der freien Entwickelung ihres Wesens gehemmt sieht, während sie sich würdig und fähig fühlt, das höchste Lebensideal zu erreichen, auf eine tiefergreifende Weise geschildert. Während der vier Jahre, welche die Jugendgefährtin fern von der Heimat in Rom verlebt, um ihre Ausbildung zu vollenden, hat Euphorion das Kunstwerk vollendet, welches, am Tage der Rückkehr der Tochter, diese erfreuen und den Vater veranlassen soll, dem jungen Meister die Freiheit zu schenken. Im zweiten Gesange schildert der Dichter, wie die beiden kindlich reinen Seelen in der Stunde des Wiedersehens, von der Macht heiliger Liebe geleitet, ohne es zu wollen, ja in dem Augenblick, wo sie mit dem Gedanken, daß die dem Sklaven geschenkte Freiheit ihre Trennung für immer zur Folge haben werde, sich vertraut machen wollen, zur Erkenntniß kommen, daß die Macht, welche sie eint, mächtiger sei, als ihr Wille. Am Tage nach diesem Wiedersehen werden in der Festversammlung, die zu Ehren der heimgekehrten Tochter veranstaltet ist, die herrlichen Geschenke dem würdigen Herrn des Hauses übergeben. Das Festgeschenk Euphorion's sezt Alle in freudiges Staunen. Die Gestalten des Bildwerks am Kandelaber werden durch den Mund eines Dichters den Anwesenden erklärt. Da bittet die Tochter den Vater, daß er dem Meister eines solchen Werkes die Freiheit schenken möge. Der Vater erfüllt diese Bitte. Die Lampen des Kandelabers werden angezündet, damit sie noch dem Feste leuchten. Aber da bricht die Katastrophe herein, durch welche Pompeji vom Erdboden verschwindet. Aus dem Hause des Arrius, welches nahe am Meere liegt, werden nur Euphorion, Jone und ihr kleiner Bruder gerettet. Ein Gastfreund des Hauses, ein Kaufmann aus Aegypten, hat sie auf sein Schiff und nach Capri gebracht. Nun nicht blos durch die Liebe, sondern auch durch das tragische Geschick an Euphorion gebun den, zieht Jone mit Euphorion nach Alexandrien, um eine neue Heimat und in ihr auch noch wehmuthvollen Frieden zu finden.

Als Probe der klassisch schönen Sprache, in der die Dichtung verfaßt ist, mögen die folgenden Stellen aus dem vierten Gesange dienen:

,,Hemmt, ach hemmet die Klagen! so grundlos schwindelnde Tiefen
Mißt kein Schmerz. Stumm stehet der Mensch vor der Himmlischen Werk bier
Rathlos staunend und läßt vollenden das Nimmererfaßte.
Fromm laßt ruhen die Todten, den Vater im heimischen Grab ruh'n,
Selige, welche den Sturz nicht fahn und die Wüste Pompeji's,
Sendern es raffte vom Fest sie hinüber ein himmlischer Dämon.
Also der Greis. Doch laut schrie Jon mit gellender Stimme,
Und mit verhülltem Gesicht stand bitterlich weinend der Jüngling.
Aber Jone, die Hände gestreckt weit gegen Pompeji's
Bläulich verschleierte Ufer, mit todtgleich blickendem Antlig,
Schaudernd und blaß, ihr strömendes Haar um den Busen gestreuet,
Stand sie und sah in das Meer, bis wieder die mattenden Arme
Sanken; es sank an die Schulter dem Freunde das Haupt; und das Kind auch
Zog vom Boden empor an den Händen Euphorion zu sich.
Aber mit Rührung sah es der Greis, wie die jungen Gestalten
Also die Fessel des Leids umflocht und die Fessel der Liebe.

Wohl, rief schnelle Jone, o wohl! wir tauschten des Glückes
Gig'ne Gestalt aus. Eh' noch stand ich erhaben und glanzvoll,
Und mir selber zu hoch für Wünsche, so lange gehegte.
Arm jest bin ich, es ist mein Malschaß Jammer und Schmerz nur.
Aber ein Himmlischer reichst du, ein Gebender immer, das Heil mir.
Und wie sprech' ich es aus, was jezt mein bebendes Herz fühlt?
Denn wie dem Schiffer erscheinet, dem sturmdurchkämpfenden, endlich
Holdeste Rast in dem Hafen, so bist du Hafen des Grams mir.
Wir sind dein, wir wandern mit dir; was über dem Meere
Fern uns rüstet der Gott, wir tragen's in thätiger Liebe.
Und nun komm, es vergeht mein Herz, zum Scheiden sich sehnend.
Satt noch will ich des Grams mich weinen im Staube Pompeji's,
Dann in das Schiff, o Greis, nimm auf gastfreundlich die Wandrer."

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