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umgekehrt aber kann aus der wahren Weltanschauung die Mystik so wenig beliebig herausgehoben werden, als etwa der Brennpunkt aus einer Ellipse.

Die Mystik steht nicht unvermittelt neben den übrigen Erscheinungen der Natur, sondern bildet den letzten Ausläufer aller Erscheinungen. Weit entfernt, dass sie eine veraltete Anschauung wäre, sind vielmehr jene, wenngleich modernen, Vorstellungen veraltet, in welchen ihr kein Platz angewiesen ist. Weit entfernt, dass die Mystik nur einer überwundenen Periode der Vergangenheit angehörte, wird sie vielmehr erst in der Zukunft zu ihrer ganzen Bedeutung kommen. Sowohl die Kantische Vernunftkritik, als die physiologische Theorie der Sinneswahrnehmung und der Darwinismus weisen konvergierend nach einer Weltanschauung hin, in welcher die Mystik organisch eingefügt sein wird.

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Die Naturwissenschaften haben ihre centrale Vertiefung bereits erreicht, indem in den Begriffen Kraft und Atom die Erscheinungen auf ihr Übersinnliches zurückgeführt sind. Dies muss auch in der Wissenschaft vom Menschen geschehen, und zwar — wie diese Schrift zeigen soll in einer sowohl vom Pantheismus, wie von der dualistischen Seelenlehre, abweichenden Weise. Die Erscheinungen des Traumes und Somnambulismus beweisen die Existenz unseres intelligiblen Subjekts, und so gelangen wir zu einer näheren Definition und positiven Bezeichnung des Unbewussten: es ist individualistisch zu fassen, nicht pantheistisch, und ist nicht an sich ein Unbewusstes, sondern nur ein für das sinnliche Wesen Ungewusstes.

Der Versuch, ein philosophisches Lehrgebäude auf der empirischen Basis des Schlaflebens zu errichten, kann somit keinem Befremden unterliegen; denn sobald nachgewiesen ist, dass dieses Schlafleben positive, ihm allein zugehörige Merkmale besitzt, wird es zur Pflicht der Philosophie, diesem metaphysisch noch nicht

verwerteten Drittel unseres Daseins ein gleiches, wenn auch mühevolleres Studium zuzuwenden, wie dem wachen Leben. Ein wesentliches Stück der Erfahrung ist also bisher nicht ausgenützt worden, und zwar eben jenes, welches die Versöhnung der schroffen Gegensätze in der modernen Geistesentwicklung enthält. Da nun diese theoretischen Gegensätze es sind, aus welchen auch die Schroffheit unserer sozialen Gegensätze herausgewachsen ist, so muss die Versöhnung der ersteren auch die letzteren ausgleichen. Darin sehe ich einen Beweis für die Richtigkeit meiner Anschauungen; denn die Übereinstimmung des theoretisch Wahren mit dem praktisch Guten gehört zu meinen festen Überzeugungen.

Wenn ich nun auch, ganz abseits vom Jahrmarkte des Lebens stehend, zu diesem praktischen Ziele nicht hingesteuert habe, sondern aus innerer Notwendigkeit des Denkens hingeführt wurde, so wäre mir doch eine unbefangene Würdigung meiner Schrift von Seite der Kritik aus dem Grunde willkommen, weil bei unseren sozialen Zuständen die Verbreitung versöhnlicher und ausgleichender Ansichten sehr wünschenswert wäre.

Es wird mir also jede Kritik willkommen sein, die den Gegenstand und mich selbst zu fördern geeignet ist. Eine solche kann ich aber nicht hoffen von jener Sorte von Kritikern, die sich jede Abweichung von ihren Ansichten nur so erklären können, dass der Autor den Verstand verloren hätte, und welche glauben, der Autor hätte trotz jahrelanger Studien eines Gegenstandes sich in Irrtümer verrannt, während sie ohne solche Studien den Gegenstand viel besser verstehen. Wenn ich von einem Kritiker nicht nur philosophische Vorbildung, sondern auch die Kenntnis der wichtigsten von mir angeführten Werke verlange, so ist dies zwar eine Forderung von unzweifelhafter Berechtigung; aber sie erst noch zu betonen ist leider notwendig in einer Zeit, in welcher journalistische Handwerksrezensenten, die in keiner Richtung ordent

liche Studien gemacht haben, in jedweder Richtung kritikfähig zu sein glauben, und die beim Mangel eigener Gedanken auch Musse genug haben, fremde Gedanken zu bemängeln und zu misshandeln. Von dieser Einschränkung aber abgesehen, weiss ich sehr wohl, dass der Streit, den Heraklit den Vater aller Dinge nennt, auch der Vater der Wahrheit ist.

Ambach am Starnbergersee,
im Juni 1884.

du Prel.

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Seite 57, Zeile 3 von u. lies,,Geistersehen" statt,,Geisterseher".

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