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einer ganzen Reihe übereinstimmender Erscheinungen, die auch auf eine Verwandtschaft der darin auftretenden psychischen Funktionen schliessen lassen.

Der gewöhnliche Traum und der des Somnambulen treten unter der gleichen äusseren Bedingung des Schlaflebens ein. Im Somnambulismus richtet sich der Augapfel nach ein- und aufwärts, und es war schon dem Aristoteles bekannt, dass auch der gewöhnliche Schlaf, wenn auch weniger ausgesprochen, diese Erscheinung zeigt. Wenn aber Ammianus Marcellinus als eine Ansicht des Aristoteles anführt, dass mit dem Eintritt der Traumbilder die Augen wieder gerade vor sich hinsehen '), so wird das von den Neueren nicht bestätigt. Auch dass die Somnambulen ihre Visionen mit Worten begleiten, ist nur eine Steigerung der Erfahrung, dass Lippenbewegungen im Schlafe häufig vorkommen, wenn es auch nicht zu einem geregelten Sprechen kommt, ja dass sogar im Wachen, wenn wir zerstreut, d. h. in unser inneres Vorstellungsleben versunken sind, häufig die Sprechmuskeln zur Thätigkeit angeregt werden.

Die Phantasmen des Träumers, wenn auch inhaltlich verschieden von den Traumbildern des Somnambulen, zeigen doch eine so grosse Verwandtschaft, dass, wenn in den Übergangszuständen beide gemischt auftreten, sie von einander nicht unterschieden werden können, daher denn bezüglich der Aussprüche der Somnambulen immer die Gefahr vorhanden ist, dass sie gewöhnliche Phantasmen mit Visionen verwechseln. Wenn sich die Somnambulen nach dem Erwachen ausnahmsweise ihrer Visionen erinnern, so erzählen sie von denselben als Träumen, was nicht der Fall sein könnte, wenn nicht die Vorstellungen beider Zustände den gleichen Effekt auf das innere Bewusstsein hervorbrächten.

Es ist ferner beobachtet worden, dass der natürliche, ohne magnetische Behandlung eintretende, und der künstliche, durch Magnetisieren hervorgerufene Somnambulismus nachts leichter erzeugt werden als bei Tage 2), und der wirkliche Schlaf ist nach Dupotet

1) Ammianus Marcellinus: Histor. XXI. 1.
2) Schindler: Magisches Geistesleben. 26.

und anderen sogar der geeignetste Zustand, den Somnambulismus zu erwecken 1). Der Schlaf ist demnach schon gelinder Somnambulismus, er liegt in der Mitte zwischen diesem und dem Wachen. Nur wenn wir den Somnambulismus als vertieften, gesteigerten Schlaf ansehen, gewinnen wir seinen Erscheinungen das richtige Verständnis ab; dagegen ergibt sich eine ganz schiefe Auffassung derselben, wenn man, wie Wirth 2) es gethan, den Somnambulismus als einen Mittelzustand zwischen Schlafen und Wachen auffasst. Wenn an den Somnambulen die schmerzhaftesten Operationen vorgenommen werden, ohne dass sie sie empfinden, sie überhaupt durch kein Drücken, Schneiden, Brennen und nicht durch den stärksten Lärm geweckt werden können, so zeigt sich darin die höchste Steigerung der Empfindungslosigkeit des gewöhnlichen Schläfers, der aber nach Wirths Ansicht noch todenähnlicher sich verhalten müsste.

wenn

Wirths Ansicht bedarf übrigens keiner besonderen Widerlegung, denn geradezu alle Erscheinungen des Somnambulismus stellen sich als Steigerung analoger Erscheinungen des Schlafes dar.

So finden wir in beiden Zuständen gewisse Modifikationen des Erinnerungsvermögens nur dem Grade nach verschieden. Der Traum lässt nämlich den Inhalt des Tagesbewusstseins fallen, bewahrt nur Fragmente davon, steigert aber anderseits das Gedächtnis, indem häufig längst vergessene Szenen unseres Lebens aus dem Unbewussten wieder auftauchen. Der Somnambule bewahrt den Inhalt des Tagesbewusstseins ganz und zeigt oft eine unbegreifliche Rückerinnerung. Umgekehrt erwacht man aus dem Traume mit mangelhafter Erinnerung, aus dem Somnambulismus ganz erinnerungslos. Ausnahmen davon sind selten in Bezug auf das Wachen; dagegen zeigt sich der Traum auch darin wieder als eine Annäherung an den Somnambulismus, dass er manchmal die Verbindungsbrücke zum Inhalt des somnambulen Bewusstseins herstellt.

In beiden Zuständen sind auch die Visionen häufig nur allegorische und symbolische Darstellungen leiblicher oder psychischer 1) Dupotet: Traité complet de magnétisme animal. 179. Deleuze: Histoire critique du magnétisme animal. II. 236.

2) Wirth: Theorie des Somnambulismus. Stuttgart 1836.

Zustände; in beiden auch finden wir das Phänomen der dramatischen Spaltung, und es spricht abermals für den Schlaf als einen mittleren Zustand zwischen Wachen und Somnambulismus, wenn die Somnambulen auch nach dem Aufhören ihrer magnetischen Zustände noch die Fähigkeit bewahren, ihre Schutzgeister und Führer, diese Produkte dramatischer Spaltung, im Schlafe zu sehen 1). Der Knabe Richard sagt, dass er zwar nicht mehr in Somnambulismus kommen, aber in gewöhnlichen Träumen seinen. Schutzgeist noch dann sehen werde, wenn es zum Zwecke einer Heilverordnung nötig sei2); ja Strombecks Julie, eine der reinsten Erscheinungen des natürlichen Somnambulismus sagt, dass sie nach dem Aufhören dieser Zustände noch einige Zeit die Fähigkeit behalten werde, sich willkürlich in Schlummer zu versetzen, um zu erfahren, was ihr nützlich sei 3).

Aber auch die einzelnen somnambulen Zustände werden häufig durch den natürlichen Schlaf eingeleitet und wiederum beendigt, und wenn die Fähigkeit zum Somnambulismus überhaupt aufgehört hat, stellt sich doch häufig noch zu den korrespondierenden Stunden, in welchen er früher erfolgte, Schläfrigkeit und Gähnen ein).

Die Analogieen sind also sehr zahlreich, und weil sich dabei. der Somnambulismus immer als ein tieferer Schlaf mit Steigerung der Phänomene darstellt, so erklärt es sich von selbst, dass die von den Ärzten gepriesene Heilkraft des Schlafes in erhöhtem Grade dem Somnambulismus eigen ist. Er ist ohne Vergleich erquickender als der gewöhnliche Schlaf, weil er eben intensiver ist; die Somnambulen preisen ihn in überschwenglichen Ausdrücken und fühlen sich ungemein gestärkt, wenn sie daraus erwachen. Julie bezeichnet ihre natürlich-magnetischen Zustände als köstlichen Schlaf, wovon 12 Stunden so gut seien als sechs des gewöhn

1) Görwitz: Richards natürlich-magnetischer Schlaf. 133, 139.
Görwitz: Idiosomnambulismus. 192.

3) Strombeck: Geschichte eines allein durch die Natur hervorgebrachten animalischen Magnetismus. 115. Braunschweig 1813.

4) Kiesers Archiv für tier. Magnetismus. IV, 3. 132.

lichen '). Nur in dieser Weise erklärt sich die erfolgreiche Verordnung einer Somnambulen, sie in neuntägigen Scheintod zu versetzen, um dadurch ihre Lunge zu heilen 2).

Wenn nun aber Schlaf und Somnambulismus nur dem Grade nach verschieden sind, wenn ferner der Somnambule nicht ausschliesslich in einer phantastischen Welt lebt, sondern in einem wirklichen Rapport zur Aussenwelt steht, also ein Wahrträumer ist auch die Scheintoten nehmen bekanntlich alle Vorbereitungen zu ihrem Begräbnisse wahr, ohne doch sinnliche Empfindungen zu haben so ist gar nicht zu bezweifeln, dass unser alltäglicher Schlaf ebenfalls, wenn er sehr tief ist, ein Wahrträumen mit sich bringen kann, und da das Organ der äusseren Sinne wegfällt, so wäre es zu verwundern, wenn doch gerade die Grenze der sinnlichen Wahrnehmung dabei eingehalten würde. Dem Horazschen ,,Post mediam noctem, cum somnia vera" wird also doch mehr Wahrheit zukommen, als unsere Schulweisheit zugestehen will, und es lässt sich nicht bezweifeln, dass wenn wir uns unserer tiefen Träume erinnern könnten, wir in denselben allen sogenannten Wundern des Somnambulismus begegnen würden.

Dass der Schlaf nicht nur die Negation des Wachens ist, sondern seine positiven Seiten hat, zeigte sich im bisherigen an verschiedenen Merkmalen, die der Somnambulismus in vergrössertem Massstab enthält. Schlaf und Somnambulismus, die in der Natur nicht getrennt sind, dürfen daher auch vom Forscher nicht getrennt behandelt werden, wie es doch von den meisten, darum aber auch mit ungemein armseligen Resultaten geschieht. Die Erscheinungen des gewöhnlichen Schlafes sind im Somnambulismus vergrössert, daher deutlicher. Anderseits sind die Phänomene des Somnambulismus relativ selten und werden viel bestritten. Auf einen Arzt, der den Somnambulismus beobachtet und studiert hat, treffen zwanzig andere, die nichts gesehen, nichts studiert haben und rundweg alles leugnen, weil es eben zu ihrem materialistischen Systeme nicht passt und die ganze physiologische Psychologie

1) Strombeck: Geschichte etc. 30.
2) Schopenhauer: Parerga I. 275.

samt ihren Vivisektionen dadurch

zu einer Wissenschaft sehr niederen Ranges herabgedrückt wird, die nicht Ursachen aufdeckt, sondern blosse Begleiterscheinungen. So ist es gekommen, dass es und das hundert Jahre nach Mesmer! erst noch der öffentlichen Vorstellungen von Magnetiseuren bedurft hat, um die offizielle Wissenschaft wieder auf diesen Punkt zu lenken. Wenn nun aber gezeigt wird, dass die bestrittenen Phänomene des Somnambulismus in elementarer Form in unseren allnächtlichen Träumen auftreten, so gewinnen wir dadurch einen sehr verlässlichen Massstab ihrer Wirklichkeit, und der aufgeklärte Skeptizismus wird seine Segel noch mehr streichen müssen, als es bisher schon geschehen ist.

Aber auch das Nachtwandeln, als eine dritte Form des Schlaflebens, wobei Visionen in Handlungen übersetzt werden, weil sensible Erregungen bis zum motorischen Nervensystem fortgepflanzt werden, darf vom gewöhnlichen Traum nicht willkürlich abgetrennt, sondern muss zum vergleichenden Studium herangezogen werden.

Um das bisherige Ergebnis kurz zusammenzufassen, so hat sich gezeigt, dass der gewöhnliche Traum, soweit er erinnert wird, fast ausnahmslos nur bedeutungslose Phantasmen enthält. Dies beruht aber nur auf der Thätigkeit äusserer störender Ursachen; im tiefen Schlafe hören diese Ursachen auf, daher auch die Wirkung, die Verworrenheit des Traumes hinwegfallen muss. Direkt lässt sich das nicht beweisen, weil alsdann die Erinnerung mangelt, wohl aber indirekt aus der durchgängigen Verwandtschaft des Traumes mit dem Somnambulismus, der nicht nur geordnete Vorstellungsreihen bringt, sondern auch einen gesetzmässigen Rapport mit der Aussenwelt, also ein Wahrträumen ist.

Wer sich das alles klar macht, der wird den räumlich sehr seltenen, zeitlich aber sehr zahlreichen Berichten merkwürdiger Träume keinen prinzipiellen Widerstand mehr entgegensetzen, der des wahrheitliebenden Forschers ohnehin unwürdig ist. Es ist sehr leicht, sich das Ansehen eines aufgeklärten Skeptikers und ,,starken Geistes" zu geben, indem man in den vulgären Ruf einstimmt, dass Träume Schäume seien; es ist aber auch sicherlich

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