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gogische Gymnastik mit dem vollständigen Bewustsein, ein somatisches und damit zugleich physisches Diäteticum. zu sein, dessen Bedeutung bald mehr prophylaktisch, bald mehr therapeutisch hervortreten muste. So entstand das turnen als paedagogische Gymnastik mit ausgesprochen diätetischer Bedeutung. Die Organisation der Turnübungen trägt die Gestalt eines wissenschaftlich geordneten, systematisch gerundeten ganzen *). Nachdem die Sache so weit vorgeschritten, war auch die Möglichkeit ihrer Entwicklung, namentlich nach paedagogischer und ärztlicher Seite hin gegeben. Mit Bezug auf letztere Richtung beklagt es der Verf., 'dasz die therapeutische Leibesübung in Gefahr ist, durch die Extravaganzen ihrer Lehrer in Miscredit zu kommen.'

Interessant ist die Charakterisierung der verschiedenen Methoden der Gymnastik, denen allen der eine verschieden zur Ausführung gebrachte Gedanke zu Grunde liegt, die Muskeln durch gröszere Anstrengungen, als das gewöhnliche Leben sie bietet, zu kräftigen. Prof. Meyer unterscheidet sechs Methoden: die Methode der Bewegung von Lasten - die Methode der feststehenden Geräthschaften die Methode der Bewegung in gröszeren Entfernungen die Methode der schnelleren Bewegung die Methode der Häufigkeit der Bewegungen die Methode des ringens. Der Verf. entwickelt die wissenschaftliche Bedeutung der einzelnen Methoden ausführlicher und bereitet dadurch den Lehrer vor zum Verständnis zweier neuer Methoden der Muskelkräftigung, welche gegenwärtig viel von sich reden machen, nemlich: der schwedischen Heilgymnastik und Duchennes elektrischer Methode. Untersuchen wir genauer', sagt Prof. Meyer, 'so finden wir, dasz unter diesen beiden die sogenannte schwedische Heilgy m nastik gar keine neue Methode ist, indem durch dieselbe kein neues Princip in die Gymnastik eingeführt worden ist; sie ist, so weit sie wirklich Gymnastik ist, in demjenigen, was sie als wirklich neues bringt, nur eine Ausbildung der Methode des ringens.'

Zunächst geht der Verf. auf Duchennes Methode des elektrisierens näher ein und bemerkt, dasz es manchem wol sonderbar vorkommen möchte, die Behandlung durch elektrisieren unter die 'Gymnastik' gerechnet zu sehen, weist aber den engeren Zusammenhang nach und schlieszt mit den Worten: 'das elektrisieren der Muskeln ist in Bezug auf die Vorgänge in den Muskeln und in Bezug auf deren Erfolge von gleichem Werthe wie das sogenannte turnen und verdient deshalb als eine neben den Turnübungen stehende Methode der Muskelkräftigung hingestellt zu werden, wenn auch nicht der Wille, sondern ein äuszeres Moment die nöthigen Bewegungen erregt.'

In dem Abschnitte: die schwedische Heilgymnastik'

*) Wenn hierbei Prof. Meyer sagt: 'dasz die paedagogischen Turnübungen auf die ästhetische Form verzichten', so können wir dem nicht beipflichten. Es mag vorkommen, dasz eine Turnübung zweckmäszig aber unschön ist; im allgemeinen aber hat die paedagogische Gymnastik das ästhetische Element wohl zu wahren, ohne deshalb die hygienische Bedeutung der Uebungen preiszugeben.

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(S. 13—24) ist Verf. ziemlich ausführlich. Die theoretische Heilgymnastik', bemerkt Prof. Meyer, 'befolgt in dem Grundgedanken das Princip, dasz einem für sich zu übenden Muskel Lasten zur Bewegung oder Widerstände zur Ueberwindung gegeben werden müssen, welche ihn allein in Thätigkeit setzen; sie wendet aber, und darin liegt ihre Eigenthümlichkeit, als den zu überwindenden Widerstand die lebendige Muskelkraft eines anderen Organismus an und hat hierin den schmiegsamsten und geeignetsten Apparat.' Prof. Meyer gibt gern zu, dasz die schwedische Schule durch ausgedehntere Verwerthung der daplicierten Bewegungen sich ein Verdienst um die therapeutische Anwendung der Gymnastik erworben, weist ihr aber auch andererseits 'viele Extravaganzen und eine unglaubliche Unklarkeit der Begriffe' nach. 'Sie zieht nemlich in ihr Wirkungsgebiet allerlei ungehöriges hinein, denn sie möchte gern statt einer gymnastischen Schule eine ärztliche Schule mit einer besonderen Heilmethode sein.' Der Verf. bespricht speciell die Fälle, in denen die schwedische Heilgymnastik ihre Grenze überschritten, und bemerkt schlieszlich: ist es auch wol kaum nöthig noch besonders zu sagen, dasz dieselbe mit Ansprüchen auftritt, welche an Marktschreierei grenzen, dasz sie die Aerzte, die Anatomen, die Physiologen und deren Leistungen mit vornehmem Uebermute angreift, dasz sie sich nicht nur als die Universalmediein hinstellt, sondern auch als die einzig giltige medicinische Wissenschaft überhaupt, dasz sie die kühnsten physiologischen Hypothesen erfindet, um ihr Verfahren zu rechtfertigen, und dabei dennoch auf ihre Begründung durch die Erfahrung pocht usw. dergleichen ist schon oft dagewesen und kommt überall da vor, wo laienhafte Halbwisser sich ein Ansehen geben wollen den Männern der Wissenschaft gegenüber'... Ausdrücklich bemerkt der Verf., dasz Ling solchen Ausschreitungen fremd war und hebt weiter hervor, dasz schon Gutsmuths 1793 die Forderung einer physiologischen Begründung der Gymnastik stellte und einer Abwägung der Praxis jeder einzelnen Uebung nach den individuellen Körperbeschaffenheiten das Wort redete. Mit Anknüpfung an diese Bestrebungen bildete bekanntlich Spiesz sein System weiter aus. Die Spiesz'sche Schule', sagt Prof. Meyer, 'entwickelte sich in Deutschland ruhig weiter und blieb bei dem was sie sein sollte; sie blieb eine auf anatomische und physiologische Grundsätze rationell gebaute Schule des paedagogisch-diätetischen turnens. Die Ling'sche Schule indes überschritt ihre Grenzen, sie wurde in ihrer weiteren Entwicklung zur 'schwedischen Heilgymnastik.' Verf. wirft Ling selbst insofern die Schuld an den Verirrungen seiner Schüler vor, als er in seiner medicinischen Gymnastik sich nicht damit begnügt habe den diätetischen Nutzen des turnens überhaupt anzuerkennen, vielmehr schon in das specialisieren der Uebel einzugehen beginne, gegen welche das turnen mit Erfolg anzuwenden sei, und als er zugleich die einer jeden Klasse dieser Uebel angemessene Art der Uebungen bezeichne. Wie viel richtiges auch in solchen Unterscheidungen und Ausführungen liege, so dürften sie doch nicht zu weit geführt werden, N. Jahrb. f. Phil. u. Paed, Bd LXXX (1959) Aft 1.

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und ein Hauptfehler der jetzigen schwedischen Heilgymnastik sei es eben, dasz sie darin zu weit gehe. Ueber Leistungsfähigkeit und Zukunft der schwedischen Turnschule und 'Heilgymnastik' spricht sich Verf. folgendermaszen aus: 'in ärztlicher Beziehung kann die schwedische Schule leisten was jede gute und rationelle Turnerschule leistet, und hat noch durch ihre duplicierten Bewegungen' für gewisse Anwendungen besondere Vorzüge. Sobrald sie aber ihren Standpunkt vergiszt und statt einer Turnschule eine ärztliche Schule sein will, nimmt sie sich selbst den Boden unter den Füszen weg... Und welches wird die Zukunft der schwedischen Heilgymnastik sein? Sie wird verrauchen wie andere ähnliche Modesachen verraucht sind; es wird aus der Heilgymnastik wieder eine Turnschule werden und ihr gutes und eigenthümliches als einer solchen wird mit der Turnlehre überhaupt verschmelzen; was sie in Therapie eigenthümliches leisten kann, wird immer bestehen bleiben und in das therapeutische turnen überhaupt aufgenommen werden, und einzelne Erfahrungen, welche sie etwa noch auszerdem gewinnt, werden Eigenthum der ärztlichen Kunst werden. In historischer Beziehung wird ihr dagegen das Verdienst bleiben, nachdrücklichst die Wichtigkeit der Gymnastik für Therapie hervorgehoben und allseitigere Uebung derselben angeregt zu haben, wie auch die Homöopathie das Verdienst hat die Diät als Heilmittel zu Ehren gebracht zu haben und wie die Hydropathie das Verdienst hat die Wichtigkeit des Wassertrinkens und badens für diätetische Therapie hervorgehoben zu haben'.

In dem letzten Abschnitte therapeutische Leistungen der Gymnastik' will der Verf. ganz von den Leistungen absehen, welche die schwedische Heilgymnastik 'in ihrer überflutenden, begriffsunklaren, gegenwärtigen Gestalt durch ihre Manipulation an Kranken erreicht hat oder erreicht zu haben behauptet, da alles hierher gehörige theils aus dem Gebiete der Chirurgie hinübergezogen worden, theils in Theorie und Praxis höchst verworren sei und keinenfalls unter den Begriff der Gymnastik falle.'

Es ist auch für den Turnlehrer überaus lehrreich hier dem Mediciner zu folgen und zu erfahren, bei welchen Krankheitsanlagen die Uebungen der Gymnastik wirklich am Platze sind. Diese Auseinandersetzungen geben gleichzeitig wichtige Fingerzeige für die rechte Anordnung des prophylaktischen turnens.

Wir müssen es uns versagen weitere Mittheilungen über das treffliche Schriftchen von Meyer zu machen. Es dient wesentlich dazu Urteile zu berichtigen und die Grundlagen für eine rationelle Turnkunst sichern zu helfen.

4) Neue Jahrbücher für die Turnkunst. Freie Hefte für Erziehung und Gesundheitspflege. In Gemeinschaft mit Dr Friedrich, Dr Schreber, A. Spiesz und C. Waszmannsdorff herausgegeben von M. Kloss, Director usw. Dritter Band. Dresden, Schönfelds Buchhandlung. 1857. 8. 380 S. (2 Thlr.)

Die neuen Jahrbücher für die Turnkunst' sind in diesen Blättern bereits hinreichend charakterisiert worden, so dasz wir uns darauf beschränken kurz auf den Inhalt des dritten Bandes hinzuweisen*). Nächst einem Vorworte vom Herausgeber folgen Aufsätze: zur Turnsprache, mit besonderer Beziehung auf die schwedische Gymnastik von Waszmannsdorff die Turnvereine der Griechen von Meyer — Nachträge zu Jahns Leben von Dr Dürre ein Beitrag zur Praxis der Rundlaufübungen von Kloss Fullers medicina gymnastica von Dr Friedrich- die Entwicklung einer weiblichen Turnkunst von Kloss über die Ausübung der Freiübungen in specialisierten Ausgangsstellungen, vom Sanitätsrath Dr Berend die schwedische Gymnastik und das deutsche turnen in ihrer Verwerthung für das weibliche Geschlecht von Kloss ärztliche Controle für die in öffentlichen Turnanstalten aufzunehmenden von Dr Schreber — Fachoder Klassenlehrer für den Schulunterricht? von Ravenstein ein Liederreigen von Waszmaunsdorff - über Charakterstellungen und ästhetisches turnen von Kloss- macht das turnen grosze Hände? von Dr Schreber die Gymnastik der Römer von Meyer über eine englische Bearbeitung von Pestalozzis Auffassung und paedagogischer Behandlung der Leibesübungen von Kloss über den gesundheitlichen und paedagogischen Werth des Schlittschuhlaufens und Stelzengehens von Dr Schreber zur Methodik des Turnunterrichtes von Lion über die Versöhnung von Theorie und Praxis im Leibesunterrichte von Badewitz.

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Neue Schriften von v. Ruszdorf, Keil, Weiszer, Steudel, d'Argi, Berend, Ulrich, Döring usw. wurden darin besprochen, und besonders reichhaltig ist die Rubrik 'Nachrichten und Vermischtes', gegen 100 Seiten enthaltend.

Dresden.

(Fortsetzung folgt.)

M. Kloss.

Berichte über gelehrte Anstalten, Verordnungen, statistische Notizen, Anzeigen von Programmen.

GRIECHENLAND.] Die griechischen Handschriften in den Bibliotheken des

Orients.

Vor kurzem hatte die englische Regierung den Unterbibliothekar der Bodleyanischen Bibliothek in Oxford, Coxe, zur Untersuchung der im Orient befindlichen, noch gar nicht oder nur unvollkommen untersuchten Bibliotheken wegen der daselbst etwa vorhandenen griechischen Handschriften gesendet. Der von dem genannten Coxe an die englische Regierung über die Ergebnisse seiner Sendung erstattete Bericht ist in London im J. 1858 im Druck erschienen, und er gewährt über das, was

*) Der vierte Band, von dem bereits 2 Hefte erschienen, hat in mehrfacher Beziehung gegen die früheren eine Erweiterung erfahren.

ersterer in den von ihm geprüften Bibliotheken des Orients in der angegebenen Beziehung gefunden hat, vollständige und erschöpfende Aufschlüsse, wodurch die bisherigen Nachrichten der gelehrten Reisenden über den betreffenden Gegenstand vielfache Ergänzung finden. Der Engländer durchsuchte mehr als funfzehn Bibliotheken in Klöstern, Kirchen, von Privatleuten, auch die Serails - Bibliothek in Constantinopel, und er fand überall freundliches entgegenkommen und wolwollende Bereitwilligkeit in Ansehung seines Zweckes. Dagegen erklärte man sich dort fast durchgehends einer käuflichen Ueberlassung der Handschriften abgeneigt, und nur auf der Insel Milos im Königreiche Griechenland hatte Coxe Gelegenheit, von Privatleuten einige Handschriften zu kaufen, die nach seiner Angabe aus den 10n und den folgenden Jahrhunderten herrühren. Früher geschah es wol auch in griechischen Klöstern des Morgenlandes, dasz man Europäern dortige Handschriften verkaufte; nachdem man jedoch daselbst den Werth dieser Handschriften kennen gelernt hat, und man demnach weisz, was man an diesen Schätzen besitzt, scheint eine jede Geneigtheit sie anderen käuflich zu überlassen verschwunden zu sein. Coxe selbst machte diesfallsige Versuche, aber alle waren vergeblich, und er führt ausdrückliche Aeuszerungen von Mönchen in dortigen griechischen Klöstern an, wornach dieselben ein jedes Kaufsanerbieten entschieden zurückwiesen. Das Verzeichnis der Handschriften, die Coxe in den von ihm durchstöberten Bibliotheken in Aegypten, Syrien, Palästina, Constantinopel und Griechenland gefunden hat, ist sehr umfassend und reichhaltig, und er beschreibt diese Handschriften selbst mit ziemlicher Genauigkeit; aber freilich gehören diese im allgemeinen ihrem Inhalte nach weniger dem griechischen Alterthume, als der neueren Zeit, nemlich dem griechischen Mittelalter an und sind zum gröszeren Theile kirchlichen Inhalts. In Alexandrien untersuchte Coxe zwei Bibliotheken, und in der des dortigen griechischen Patriarchen fand er zwischen vierhundert und fünfhundert Handschriften, darunter dergleichen von Hesiod, Sophokles, Demosthenes, Aristoteles, Galen usw.; ferner untersuchte er Bibliotheken in Cairo, Jerusalem, im Kloster Saba, auf Patmos, auf Kreta, im Serail zu Constantinopel, auf dem Berge Athos usw. In der Serailsbibliothek in Constantinopel fand er mehr als zwanzig griechische Handschriften, und darunter z. B. Homer, Hesiod, Pindar, Aristoteles; eben so fand er deren auch mehrere in der Klosterbibliothek zum heiligen Grabe in Jerusalem, z. B. Homer (die Iliade), Herodot, Xenophon (die Cyropädie), Demosthenes, Hippokrates, Euripides. Von der Bibliothek des Klosters des Evangelisten Johannes auf der Insel Patmos bemerkt der Engländer ausdrücklich, dasz sie an Handschriften vorzüglich reich sei, und dasz dieselben durch ihr Alter und durch ihre Schönheit vor andern sich auszeichnen. Indes sind auch hier die meisten kirchlichen Inhalts. Von Handschriften aus der Zeit des griechischen Alterthums erwähnt Coxe nur die der Geschichten des Diodorus Siculus (Buch XI bis mit Buch XVI) auf Pergament aus dem neunten Jahrhundert, der Trauerspiele Ajax und Elektra von Sophokles aus dem funfzehnten Jahrhundert, und der Physik des Paulus Aegineta aus dem dreizehnten Jahrhundert. Es ist zu wünschen, dasz unser deutscher Landsmann, Prof. Tischendorf in Leipzig, auf seiner vorhabenden wissenschaftlichen Reise, welche ebenfalls der Untersuchung der Bibliotheken in der Türkei, namentlich der des Berges Athos, wie wir hören, gilt, noch glücklicher hierin sein möge als seine Vorgänger, besonders als der Engländer Coxe.

Die Universität in Athen.

Die im Jahre 1837 im wesentlichen nach dem Muster der deutschen in Athen errichtete Otto-Universität, die jüngste in Europa, wurde in

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