Der rirtes giebt, und die man leicht für gesucht und gezwungen halten könnte, dränge nicht die wärmste Empfindung und der Gluthenstrom der heißesten Liebe unaufhaltsam hervor. ruhige Fluß natürlicher Gefühle wird daher oft gehemmt und in einen reißenden Strom verwandelt, kurz, um sie mit wenigen Worten zu schildern, es sind Ergüsse der lyrischen Muse, die man im zwanzigsten Jahre mit Entzücken, im dreißigsten mit Vergnügen, im vierzigsten mit Kopfschütteln, aber doch nicht ohne Freude liest. -Als die bedeutendsten hebe ich vorzüglich Encore à Toi: II, 173. und Son Nom: II, 187. heraus, besonders enthält das Erstere einen Reichthum von inniger Liebe, und eine Welt von Gefühlen, die auch das kälteste Herz glücklich machen müßten, wenn sie es erfüllten. Die übrigen Oden sind sehr verschiedenen Inhaltes und natürlich auch verschiedenen Werthes. Am Meisten stehen wohl diejenigen nach, in denen der Dichter sich der Beschauung und dem Nachdenken überläßt; seine ungestüme Phantasie läßt ihm, wie ich bereits bemerkte, keine Ruhe, sondern reißt ihn stets unwillkührlich fort, und er erobert wohl unsere Neigung im Sturm, vermag sie aber nicht immer so zu fesseln, daß sie ihm nach demselben zugethan bleibt. Mehrere Gedichte dieser Sammlung sind nichts als Schilderungen, glänzende Bilder, an denen der Reichthum der Farben und die glücklich gewählte Beleuchtung entzücken, die daher einen angenehmen, aber nicht immer tiefen und bleibenden Eindruck zurücklassen. — Besondere Auszeichnung verdienen wohl am meisten: Le Sylphe 1); la Grand' mère 2); le Paysage 3); la Fille d'Otaïti 4); à M. de Chateaubriand 5); au Colonel G. A. Gustavson 6). Ich theile Ihnen die Jungfrau von Otaheiti, unstreitig die gelungenste von Allen, als eine Probe ganz mit; die beigegebene Uebersetzung steht, das fühle ich nur zu lebhaft, dem *) II, 129. 2) II, 139. 9) II, 173. 4) I, 177. *) III, 17. *) III, 55. Original sehr nach; doch soll sie auch nur denjenigen, die des Französischen nicht so kundig sind, gleichsam als Stellvertreter dienen. Die Jungfrau von Otaheiti *). Du willst entfliehn. O sprich! Vor meinen Blicken Heut' Nacht hört' ich, mein Warten zu berücken, Und weinte bei der Freude lautem Wort. Von unsrer Insel fort? Ist auf der Deinen Auf dem man keine Blume bricht? Gedenkst Du noch des Tags? Die Winde hatten *) La fille d'O-Taïti. O! dis-moi, tu veux fuir? et la voile inconstante » Je pleurais à leurs cris joyeux! Pourquoi quitter notre île? En ton ile étrangère, » Les cieux sont-ils plus beaux? a-t-on moins de douleurs? » Les tiens, quand tu mourras, pleureront-ils leur frère? K Dont on ne cueille pas les fleurs? Te souvient-il du jour où les vents salutaires >> Tu m'appelas de loin sous nos bois solitaires. Je ne t'avais point vu jusque alors sur nos terres, Et pourtant je vins à ta voix. O! damals war ich schön. - Doch Thränen schwächen. - Sie freuen mich, wie Deines Gottes Wort. Du füllst mein Seyn: -Dir hab' ich mich ergeben. Den man Dir gab, wo Deine Wiege stand. Bin Sklavin Dir -wenn Du mich nicht vertrieben, Ach Du willst scheiden Dich erwartet drüben »Oh! j'étais belle alors; mais les pleurs m'ont flétrie. »Tu sais que je me plais aux chants de ta patrie, »Tu rempliras mes jours: à toi je m'abandonne. » Je serai, si tu veux, tón esclave fidèle, » Pourvu que ton regard brille à mes yeux ravis ; Reste, ô jeune étranger! reste, et je serai belle ; » Mais tu n'aimes, qu'un temps, comme notre hirondelle, »Moi, je t'aime comme je vis! schließt Masten schlaff herunterhängen, Trümmer und Leichen auf dem Verdeck durcheinander liegen, wenn es sich wie ein Rad um sich selbst dreht u. s. w. dann Ruhm dem Sieger, der seine Flagge nun wie auf der Zinne eines Thurms am Hauptmaste aufzieht; dann, fährt er fort, dann breiten die Völker stolz ihre ftrahlenden Landesfarben aus, und ihr unsinniger Hochmuth weidet sich daran. - Malta zog bei solchen Gelegen= heiten sein Kreuz auf, Venedig seinen Löwen u. s. w. und nun folgt, in Versen, ein beschreibendes Verzeichniß der Flag= gen fast aller Völker, welche Schiffe in die See senden, bis er endlich auf den früheren Gedanken zurückkommt: So lassen alle Mächte, wenn sie siegen, ihre Banner von den eroberten Schiffen herabwehen, damit der Besiegte schaamvoll an seiner Stirn das Zeichen seiner Schmach trage aber er endlich allerdings überraschend der gute Canaris, defsen Barke eine flammende Furche folgt, der pflanzt auf den Schiffen, die er erobert -die Feuersbrunst auf. Welche ermüdende Spielerei, und wie sehr zerstört sie nicht die Wirkung des allerdings genialen Gedankens, der an ähnliche Wendungen Heine's erinnert. Wäre das Gedicht um zwei Drittel kürzer, so wäre es allerdings schön, denn es wäre einfacher und die Idee tråte dadurch um desto schlagender hervor, so aber wird der Leser durch eine Menge überflüssiger Bilder hindurch gezerrt und so ermattet, daß der Schluß keine große Einwirkung mehr haben kann, zumal, da sich während des Lesens der Beschreibung so vieler Flaggen der Gedanke aufdringt, was diese denn eigentlich solle, die sich endlos weiter spinnt, ohne nothwendig bedingt zu seyn. Aehnliche Spielereien finden sich häufig und der Dichter scheint Gefallen daran zu finden; nicht bedenkend, daß ihn das immer mehr von Natürlichkeit und Wahrheit entfernt und daß die Früchte eines solchen Strebens doch nur oratorische, aber selten oder nie poetische Schönheiten sind. Der Mangel an Einfachheit tritt überhaupt als vorherrschend in den Orientales hervor, was um so mehr zu bedauern ist, da sich so Großes durch sie erreichen läßt, wenn ein so glückliches Talent, wie das Hugo's, sich ihrer zu bemächtigen weiß, zumal da es, je glücklicher es ist, desto weniger der Zeit und ihrem Modeflitter huldigen sollte. Hin und wieder, obwohl im Ganzen nur spårlich, erscheint er denn auch wirklich einfach und also desto liebenswürdiger. Die meisten Orientales berühren das Interesse der Lage, in welchen sie geschrieben wurden, besonders den Kampf zwischen dem Kreuz und dem Halbmond. Andere liefern nur einzelne Schilderungen von morgenländischen Scenen und Begebenheiten, wieder Andere enthalten Romanzenstoffe in ge= wandter Bearbeitung und manche, wie z. B. Lui, les Fantômes u. s. w. gehören eigentlich nicht in diesen Cyclus. Aus der ganzen Sammlung tritt die Persönlichkeit Hugo's uns mehr entgegen, als aus seinen früheren poetischen Versuchen, jedoch wohl verstanden, nur aus der ganzen Sammlung, da die einzelnen subjectiven Züge so hin und wieder gestreut sind, daß man erst im Stande ist, sich ein ganzes Bild von ihm zu gestalten, wenn man sich bis zum Schlusse durchgearbeitet hat. Die vorzüglichsten find Clair de Lune1); Le château fort 2); Marche turque'); les Adieux de l'hôtesse arabe 4); Bounaberdi "); Lui“) und vor Allen les Djinns "), Mazeppa 3) und das Schlußgedicht Novembre 2). Unter den Gedichten des Anhangs zeichnen sich besonders die Ode an die Bildsäule des Plazes Vendôme 10), Fin 11), Pluie d'Eté 2) aus. - Die Balladen sind unbedeutende, obwohl gewandte Spielereien mit Rhythmus und Reim. Folgende Orientale ist, wenn auch nicht sehr bedeutend, doch originell und mag deshalb hier ein Pläßchen finden. 1) Orient. S. 71; 2) 83; *) 86; 4) 114; 5) 174; ) 176; |