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stellungen auf der Bühne, wie sie vom Regisseur im Einzelnen bestimmt werden, oder in den Chortänzen, wie sie der Balletmeister anordnet; alles dies, wodurch die einzelnen Theile des Materials, abgesehen von ihrer letzten und nothwendigen Beziehung, gefällig, überschaulich, symmetrisch geordnet werden, ist in der That ein Stück Baukunst in dem Material anderer Künste.

Ebenso zeigt sich die Plastik vielfach wirksam bei den Werken der Architektur, gewissermassen sie krönend; sie beherrscht mannichfach auch den akademischen Stil in der Malerei, wird erkannt in einem gewissen ruhigen, sich wie organisch entfaltenden Ausdruck der Sprachkunst, ebenso in plastisch herausgehobenen Gestaltungen der Dichtkunst.

In Bezug auf das Hervortreten des Malerischen innerhalb der anderen Kunstgattungen ist z. B. auf solche Säulenreihen der Architektur hinzuweisen, welche perspektivisch zurücktreten bis zu Pilastern, in der Plastik z. B. an malerische Gewandung, an lebendigere Reliefdarstellungen; in der Musik an die bekannten Tonmalereien; in der Sprachkunst an Klangnachahmungen; und was die Malerei in der Dichtkunst anbetrifft, so musste ja Lessing seinen Laokoon schreiben, so sehr überschätzte man zu seiner Zeit die Fähigkeit der Poesie, malerische Wirkungen hervorzubringen. Dass ferner Musik an den Werken der Architektur empfunden werden könne, darauf deuten z. B. die hellenischen Mythen von dem Mauerbau Thebens durch Amphion und Zethos, oder Troja's durch Apollo und Poseidon, welche also zur Mechanik der Massenbewegung die Harmonik in der Zusammensetzung hinzufügen; in der Sprachkunst ist die Wirkung vieler sogenannten Figuren eine überwiegend musikalische; in der Poesie stimmt die Lyrik namentlich der modernen Völker vielfach wie Musik; dahin wirken klangvolle Modulirungen desselben Gefühls, ein musikalisch freierer Takt, affektvolle Bewegung bei wenig reicher oder tiefer Gedankenentwickelung, Mangel klaren Heraustretens der Empfindung, welche träumerisch in sich webt. Schiller (Ueber naive und sentimental. Dichtkunst) unterscheidet eine plastische Poesie von einer musikalischen und bezeichnet z. B Klopstock als musikalischen Dichter. In einem Briefe an Göthe sagt er von sich, beim Dichten überkomme ihn zuerst eine gewisse musikalische Stimmung, was auch allgemeinere Geltung

hat. Denn so lange dem Dichter die Vorstellungen noch nicht zu klarer Formirung und Composition gekommen sind, sind sie für den Ausdruck durch die Sprache nicht reif und es bleibt bei einer gewissen musikalischen Stimmung," geht es zur Festigkeit und Bestimmtheit fort, so stellt sich als Zeichen davon auch das bezeichnende Wort ein. Aber auch nachher verschwindet die Musik im poetischen Kunstwerk nicht, sondern tritt nur zurück; und wie die Architektur auch noch in den beiden anderen bildenden Künsten, in der Plastik und Malerei, als Symmetrie und Eurhythmie fortwirkt, so bleibt in den Künsten, welche mit dem Ton verknüpft sind, in der Sprachkunst und Poesie, der Rhythmus, und ruft denen der Tonkunst verwandte Wirkungen hervor.

Das Wesen der Sprachkunst tritt hauptsächlich in einer Art der Darstellung hervor, welche man „sprechend“ nennt, womit das Wesen eines bis zur äussersten Bestimmtheit, Lebendigkeit, Helligkeit fortgeschrittenen Ausdrucks glücklich bezeichnet ist. So kann namentlich die Plastik und die Malerei in der Darstellung bestimmter Momente menschlicher Bewegung durch grosse Energie diese bis zum sprechenden Ausdruck veranschaulichen, so dass die Phantasie des Beschauers das angefangene Wort nothwendig ergänzt.

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Auch die Instrumentalmusik führt uns zuweilen bis zum sprachlichen Ausdruck, sei es, dass sie elegisch rührt, milde klagt, oder jubelt oder neckisch spielt und lacht; es tritt selbst als höchste Steigerung des musikalischen Ausdrucks Deklamation ein, als Recitativ angedeutet. In Beethoven's neunter Symphonie bricht zuletzt die Menschenstimme hervor, um zu sagen, was der Tonkunst an sich klar auszusprechen versagt ist. Im Gebiete der Poesie macht sich die Sprachkunst geltend im emphatischen, prägnanten, antithetischen, ironischen Ausdruck, überhaupt in jeder mit besonderer Kraft den Moment herausstellenden Wendung.

Was endlich die Wirkungen der Poesie innerhalb der anderen Kunstgattungen betrifft, so ist darauf hinzuweisen, dass diese geistigste der Künste schon in der Conception zu jedem Kunstwerk alle Gattungen in gleicher, obzwar mehr oder weniger bewussten Weise durchzieht. Es genügt hier, auf den Sprachgebrauch aufmerksam zu machen, welcher ein recht feines, ideales Hervortreten des Künstlerischen in den Kunstwerken jeder Gattung noch besonders als „poetisch" bezeichnet.

II. Von der Sprachkunst im Besonderen.

1. Die Aufstellung der Sprachkunst als einer besonderen Kunstgattung.

Wir haben in das System der Künste die Sprachkunst eingereiht und hiermit den sonst gewöhnlich aufgestellten Kunstgattungen eine neue hinzugefügt. Wir suchten dies zunächst im Vorhergehenden dadurch zu rechtfertigen, dass wir die Stellung näher bezeichneten, welche der Sprachkunst innerhalb des Systems zufällt. Wie also in der Reihe der bildenden Künste zwischen Architektur und Malerei die Plastik gewissermassen vermittelt, von den Karyatiden und Telamonen bis zur Reliefdarstellung, so vermittelt in der Reihe der Künste für das Gehör die Sprachkunst zwischen Musik und Poesie, beginnend von der euphonischen, der charakterisirenden, der bildlichen Gestaltung des Wortes bis zu jenen liedförmigen Produktionen, welche lediglich den einzelnen Moment individueller Bewegnng, wie er z. B. vielfach im sogenannten Volksliede hervorbricht, darstellen, oder bis zu jenen mehr ernsten oder mehr spielenden Sprachkunstwerken, welche z. B. als Epigramme, Räthsel u. d. m. bisher eine unbestimmte und schwankende Einreihung unter die Dichtungsarten gefunden haben. Es ist fühlbar, dass zwischen der Kunst des Tons und der Kunst des Geistes die Kunst des vergeistigten Tones in der Mitte steht.

Nun kann es allerdings auffallend erscheinen, dass eine Kunst, deren Werke am allgemeinsten verbreitet sind und am offensten vorliegen, bis jetzt noch von Niemand als solche erkannt und aufgestellt worden ist. Es erklärt sich dies indessen zur Genüge aus folgenden Umständen. Künste erfordern Künstler

und wo sind die bei der Sprachkunst? In keiner anderen Kunst verschwindet in der That die Person der Künstler ebenso: Namen der Schöpfer selbstständiger Sprachkunstwerke sind nur ausnahmsweise bekannt, und die Verfasser von Sprachornamenten gelten nicht als Künstler der Sprachkunst, weil sie anscheinend

Grösseres betreiben, worüber denn diese Qualität vergessen wird; die Künstler aber, welche die Sprache selbst als Kunst schufen, scheinen Alle zu sein, welche überhaupt sprechen. Was man endlich etwa Sprachkünstler auch schon bisher nennen konnte, war eben um desswillen wenig angesehen; es galt der Name gleichbedeutend etwa mit Wortemacher. Wie die Künstler, so ist auch das Material dieser Kunst, die Sprache, ungemein flüchtiger Natur, so schnell verrauschend, dass für Betrachtung nicht Zeit bleibt, so fügsam der Behandlung, dass für sie der Name einer Kunst viel zu gewichtig erscheint. Und dieses Material, obwohl immer künstlerisch geformt, dient doch äusserst selten

wenigstens bewusst dem küntlerischen Genusse, denn es tritt sogleich in den Dienst der verschiedenartigsten Zwecke und findet eine so mannigfaltige Verwendung, dass jede Sonderung, welche Sprache für sich selbst herausstellen will, sofern sie auch nur für sich selbst da sein soll, erst spät gelingt und als von der Wissenschaft gefordert erkannt wird. Es ist ferner die Zahl derjenigen Werke der Sprachkunst verhältnissmässig klein, welche selbstständig ein Ganzes bilden; man findet sie überwiegend nur als Ornamente am Sprachkörper, oder sie erscheinen auch als ganz natürliche Formen der Darstellung. Endlich ist auch zu berücksichtigen, dass die Aesthetik in dem Sinne eines Systems, in welchem wir sie jetzt verstehen, eine verhältnissmässig noch junge Wissenschaft ist (Kant, Kritik der Urtheilskr. p. 202 erinnert noch: „Man möge seinen Entwurf zu einer möglichen Eintheilung der schönen Künste nicht als beabsichtigte Theorie beurtheilen. Es sei nur einer von den mancherlei Versuchen, die man noch aufstellen kann und soll."), und dass sie die selbstständigen Werke der Sprachkunst bisher, mit einiger Mühe freilich und schief genug, immerhin doch wenigstens untergebracht hatte bei der Dichtkunst. Es wird sich gleichwohl weiter unten ergeben, dass bedeutende Denker schon vielfach mit mehr oder weniger Deutlichkeit auf die Sprachkunst als eine von der Poesie zu sondernde Kunst hingewiesen haben.

Die Sonderung der Künste lässt sich im Uebrigen innerhalb der beiden Triaden mit voller Strenge nicht durchführen, und es mag daran erinnert werden, dass der Werth der Systematik für die Sache selbst kein absoluter ist. Die Kunst so wenig wie das

Leben werden in allen ihren Bildungen von unseren logischen Rubrizirungen umfasst, wenn auch Jean Paul's Wort (Vorschule der Aesthetik p. 22) die Sache zu leicht abmacht: „Jede Klassifikation ist so lange wahr, als die neue Klasse fehlt". Die Alten dehnten z. B. den Begriff der Musik sehr weit aus. Nach Hesychius (T. II p. 625) wurde durch das Wort Musik jede Kunst, nach Photius (Lexic. p. 277) selbst die Wahrsagerkunst, am gewöhnlichsten jedoch ausser der eigentlichen Tonkunst Poesie und Philosophie bezeichnet. Cicero (de orat. III, 44) sagt: „Musici erant quondam iidem, qui poetae". Trennung von Musik und Poesie wird von Plato (de legg. p. 670 A; cf. de rep. lib. II u. III) als απουσία καὶ θαυματουργία verworfen. Auch nach Lessing sollten eigentlich Musik und Poesie zu Einer Kunst zusammenfliessen. Er sagt (Bd. XI p. 178 ed. Lachm. - Maltz.): „Die Vereinigung willkührlicher, auf einander folgender hörbarer Zeichen, mit natürlichen, auf einander folgenden hörbaren Zeichen ist unstreitig unter allen möglichen die vollkommenste, besonders wenn noch dieses hinzukommt, dass beiderlei Zeichen nicht allein für einerlei Sinn sind, sondern auch von ebendemselben Organe zu gleicher Zeit gefasst und hervorgebracht werden können. Von dieser Art ist die Verbindung der Poesie und Musik, so dass die Natur selbst sie nicht sowohl zur Verbindung, als vielmehr zu einer und eben derselben Kunst bestimmt zu haben scheinet. cet." Die Sonderung der Künste wird natürlich in dem Maasse schwieriger, als der Stoff, in welchem sie sich darstellen, feiner und geistiger ist. Namentlich stehen desshalb die Künste, welche den Ton als Material direkt oder indirekt gebrauchen, in vielfacher Verbindung und in mannigfaltigem Uebergange zu einander, und wenn z. B. Cameen, Intaglien noch unbestritten als Werke der Plastik gelten mögen, Kupferstiche und Holzschnitte der Malerei eingeordnet werden, so sind doch Melodram, Oper, Cantate schon schwerer unterzubringen, und Werke, wie z. B. Parabeln, Epigramme, Fabeln sind unter Poesie nicht ohne Willkür zu rubriciren, wenn man sie deren Hauptgattungen unterordnen will. -

Das Gebiet der Sprachkunst wird natürlich auf Unkosten anderer Kunstgebiete gewonnen werden müssen, denn wir erfinden nicht neue Kunstwerke, sondern stellen nur schon vorhandene unter neue Gesichtspunkte. Es wird sich dabei zeigen, dass durch

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