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Wenn Ihnen unser Herz die Huld'gungen nicht gönnte,
So denk' ich, dass man's leicht wie Andre machen könnte:
(Ne se point ménager,) und zeigen durch die That,
Dass, wenn man welche will, man auch Verehrer hat."

Aus der im Uebrigen peinlichen Genauigkeit in der Uebersetzung scheint denn auch zu erklären, dass, während der lebendigere, in kurzer Rede und Widerrede sich bewegende Dialog meist recht wohl gelungen ist, in den längeren Tiraden sich mancherlei recht empfindliche Härten finden. Die grössten Härten sind aber wohl durch eine zuweilen etwas zu weit gehende Anwendung der Apostrophirung erzeugt worden wie in folgendem Verse: Es ist ein zärtlich', suss' und schmachtend' klein' Gedicht; und es möchte beim mündlichen Vortrage doch wohl dem Sprechenden wie dem Zuhörer etwas schwer ankommen, über folgende Höcker: Und durft'st dich nicht in Kosten stecken", Huld'gung“, „Schöngeist'rei“, „Du bist so frech und sagst, 's war ihm geglückt" hinwegzugleiten.

Ohne weiter auf die nicht allzu zahlreichen Stellen einzugehen, wo der Ausdruck aus ästhetischen oder rein sprachlichen Gründen nicht ganz angemessen erscheint, sei hier nur auf eine Stelle aufmerksam gemacht, die mindestens den der damaligen Zeitverhältnisse Unkundigen im Unklaren lässt. In der Aufregung, in die Alceste durch das Drängen Oronte's versetzt wird, giebt er endlich sein Urtheil über das Sonnet desselben dahin ab: „Franchement, il est bon à mettre au cabinet!"

Herr Kayser übersetzt:

„Gerad' herausgesagt, es passt auf's Cabinet!"

Endlich möchten wir den Herrn Uebersetzer auch noch auf einen Anachronismus aufmerksam machen, Molière lässt Alceste zu Célimène (Act II, 1) sagen:

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Vous êtes-vous rendre avec tout le beau monde

Au mérite éclatant de sa perruque blonde?“

Unser Uebersetzer:

„Sein blonder Zopf hat wohl Ihr Herz ihm zugewandt ?"

Zöpfe trugen die Herren erst im XVIII. Jahrhundert.

Nr. 2 ist das 15. Heft einer Sammlung, die seit einer Reihe von Jahren von den beiden auf dem Titel genannten Herren und einem Herrn St. Leportier herausgegeben wird.

Voraufgeschickt ist ein Avertissement sur les Précieuses ridicules, welches auf IX Seiten in Auszügen aus Tachereau und den bekanntesten Commentatoren Molière's ein Bild der gesellschaftlichen Verhältnisse der Zeit und eine Geschichte der Entstehung dieses Lustspiels zu geben sucht. Darauf folgt die Molière'sche Vorrede und endlich das Stück selbst mit einer nicht unbeträchtlichen Anzahl theils sachlicher, theils sprachlicher Anmerkungen in französischer Sprache, die auch wieder zum überwiegenden Theil den bekanntesten Commentatoren entnommen sind. Anleitungen zum Uebersetzen schwierigerer Stellen sind mehrfach in Anlehnung an die Baudissin'sche Uebersetzung gegeben. Besonders hervorzuheben ist noch, dass durch mancherlei Berücksichtigung der Etymologie und Synonymik diese Ausgabe sich wohl für Gymnasien und Realschulen besonders eignen möchte.

Nr. 3. Auch Herr Perréaz beabsichtigt eine Reihe von Lustspielen Molière's mit historischen, philologischen und literarischen Anmerkungen herauszugeben. Sein Zweck ist, den Dichter in Deutschland zu popularisiren, wie er sagt, nicht etwa, eine Originalarbeit zu leisten. So enthält denn auch seine Einleitung eine geschickt gemachte Zusammenstellung aus Voltaire, La Harpe, Nisard, Géruzez, Sainte-Beuve, Moland u. A.

Die unter dem Texte befindlichen Anmerkungen sind ebenfalls meistens den bekanntesten Commentatoren entlehnt, die, übrigens verständigerweise nur sparsam gegebenen, Anleitungen zum Uebersetzen einzelner Stellen lehnen sich an die Baudissin'sche Uebersetzung an.

Nr. 4. Diese Ausgabe hat unter vielen Vorzügen namentlich den, dass sie von einem genaueren Kenner Molière's gemacht ist; dies bezeugen sowohl die meist selbständigen, übrigens knapp gehaltenen Anmerkungen, wie auch namentlich die kurz gefasste, geistreiche Einleitung. Dies, der correcte Druck und der äusserst billige Preis empfehlen diese Ausgabe ganz besonders für Schulen.

Nr. 5 endlich ist die gewissenhafte, sorgfältige Arbeit eines tüchtigen deutschen Schulmannes. Einleitung und Anmerkungen sind in deutscher Sprache gegeben, weil nach der Meinung des Herausgebers, und wir stimmen ihm vollkommen bei, die französisch geschriebenen Anmerkungen, mit denen man dem Zwecke der Conversation zu dienen wähnt, ohne einen des mundlichen Gebrauchs der Sprache vollkommen mächtigen Lehrer nichts helfen, bei einem solchen aber überflüssig sind, ja nur schaden.

Die Einleitung (20 Seiten) beschäftigt sich eingehend mit der Entstehung des Stückes, dem Gange der Handlung, der Zeichnung der Charaktere, und einer Würdigung des Stückes. An dem Texte selbst ist zunächst rühmend hervorzuheben, dass die Verse numerirt sind, was für den Schulgebrauch eigentlich unerlässlich ist, und, meines Wissens, sich doch bisher in keiner Schulausgabe des Dichters findet.

In den Anmerkungen erhält der Leser zu grösserer Förderung des Verständnisses am Anfange jeder Scene eine Inhaltsangabe. In dieser Förderung des Verständnisses scheint uns indess Herr Lion etwas sehr weit gegangen zu sein. Inhaltsangaben sowohl, wie auch namentlich die sehr zahlreichen Anleitungen zu correcter Uebersetzung sollten, so meinen wir, bedeutend eingeschränkt werden; denn, abgesehen von andern Bedenken, würde durch die so zu erzielende Raumersparniss der Preis dieses so sehr für den Schulgebrauch geeigneten Buches (222 Sgr.) sich gewiss ein gut Stück herabsetzen lassen.

Von der in dem Vorworte in Aussicht gestellten gleichen Bearbeitung des Tartufe und des Misanthrope ist bereits in diesem Jahre die des Tartufe erschienen. Davon nächstens.

Berlin.

Crouze.

1. A Manual of English Literature: a Text-Book for schools. and Colleges; 2. a Manual of American Literature; 3. a short Course in Literature; 4. Composition and Rhetoric; 5. First Lessons in Composition; by John S. Hart, LLD. Professor of Rhetoric and of the English Language and Literature in the College of New Jersey, and Late Principal of the New Jersey State Normal School. Philadelphia: Eldredge & Brother, 1873.

Es gereicht mir wahrhaft zur Genugthuung, Lehrern und Lernenden der englischen Sprache obige Werke anempfehlen zu können. 1 und 2 sind, wie die übrigen Bände, sehr elegant ausgestattet, dabei aber durchaus preiswürdige (jeder Band kostet nur 2 d. 50 c.) ausführliche Text- und Nachschlagebücher über die englische und amerikanische Literatur, wie wir dergleichen bisher nur für die deutsche Literatur besessen haben. Ich

denke dabei an solche Handbücher wie das von Pischon, Weber, Möbius u. dergl., nur dass die hier angezeigten von grösserer Vollständigkeit sind, was die Zahl der Autoren betrifft; denn sie umfassen nicht nur belletristische, theologische und philosophische Werke, sondern auch Schul- und Lehrbücher für die Jugend, Zeitungen und Zeitschriften, wie überhaupt Alles, was die Lecture des Volkes bildet, streng wissenschaftliche Fachwerke allein ausgenommen. Das Handbuch der englischen Literatur beginnt mit der Literatur vor Chaucer und endet mit Tennyson und seinen Zeitgenossen. Die Eintheilung ist nämlich nicht nach Jahrhunderten, was, von dem Verfasser mit Recht bemerkt, zu vielen Willkürlichkeiten führt, sondern unter Angabe der Regierungen sind die verschiedenen Autoren um den hervorragendsten ihrer Zeit gruppirt, wobei der Herausgeber von dem Grundsatze ausging, dass die so zusammengestellten Dichter und Schriftsteller in gewisser Hinsicht denselben erziehlichen und politischen Einflüssen unterlagen. Als Nebenabtheilungen folgen dann die Gruppirungen der verschiedenen Fächer untereinander, was dem Gedächtnisse sehr zu Hilfe kommt und das Verständniss der Bedeutung der Autoren sehr befördert.

Von ganz besonders praktischem Werthe ist die äussere Einrichtung und die typographische Form der Werke, welche beide dem Gedächtniss grosse Erleichterungen bieten. Zur Veranschaulichung sei die Behandlung Spenser's angeführt. Die ersten 6 Zeilen in small-pica-Typen enthalten die allgemeinsten Angaben über den Dichter. Dann folgen in Nonpareil 6 Zeilen überschrieben: Early Career. In gleichem Druck folgen: Connection with Sidney and Leicester, Connection with Raleigh, Other Publications, Return to Ireland, Latest Publications, und this Misfortunes and Death. Dann folgt in Bourgeoistypen Plan of the Fairy Queen, und den Schluss bilden Charakter of his Poetry und His versification.

Mit Ausnahme der einen Section, welche in 18 Zeilen den Plan der Fairy Queen angiebt, erstreckt sich keine auf mehr als 9 Zeilen, so dass der Leser sie alle leicht ins Auge fassen und dem Gedächtniss einprägen kann. Der Gesammtinhalt des 636 Seiten enthaltenden Bandes Nr. 1 würde, in der gewöhnlichen Weise gedruckt, zwei bis drei Octavbände füllen. Ausser der Reichhaltigkeit besitzen diese Handbücher aber auch den noch grösseren Vortheil der Genauigkeit und Zuverlässigkeit in allen Angaben, wenigstens in der nach-chaucerischen Zeit, welche natürlich den bei weitem grössern Theil des Werkes bildet. Auch die Urtheile zeugen von dem richtigen und gebildeten Geschmack des Herausgebers. Oft sind sie anerkannten Grössen entlehnt, in welchen Fällen die Quellen angegeben sind.

Alles hier Gesagte gilt ebenfalls von dem an Umfang gleich starken Werke Nr. 2, welches, ausser allen bezeichneten Vorzügen des Handbuchs der englischen Literatur, noch den besitzt, dass es von mehreren in Europa, namentlich dem Festlande, minder bekannten Dichtern und Schriftstellern kurze Proben bietet. Die Register zu beiden Bänden sind musterhaft, und es wäre zu wünschen, dass man in Deutschland endlich das gute Beispiel, das uns England und Amerika in dieser Hinsicht längst gegeben, nachahmen lernte.

Nr. 3. A short Course in Literature, English and American enthält in einem nur halb so starken Bande wie die eben erwähnten einen gedrängten für Schulen untergeordneter Art berechneten Kursus in der englischen Literatur beider Hemisphären.

Nr. 4. Composition and Rhetoric ist ein sehr werthvolles, ebenso praktisch wie die vorgedachten Bände eingerichtetes Werk, welches, wenn auch zunächst natürlich auf die gebornen Engländer und Amerikaner berechnet, doch auch dem Ausländer bei seinem Studium der englischen Sprache von wesentlichem Nutzen sein wird. Diesen erlangt es für ihn namentlich durch die zahlreichen, den besten Schriftstellern entnommenen Beispiele, die theils als Belege für die Regel dienen, theils ihrer Regelwidrigkeit wegen

angeführt und dann berichtigt werden; ganz besonders aber durch die zwei, in allen mir bekannten englischen Grammatiken sonst so mangelhaft, hier aber so vortrefflich behandelten Kapitel über die Interpunction und die Prosodie. Letztere übertrifft bei weitem, was beispielsweise in Latham's The English Language zu finden ist. Eine gewiss sehr nützliche Beigabe ist auch die Probe eines Correcturbogens nebst Anweisungen, wie man bei der Correctur zu verfahren habe. Natürlich fehlt es auch diesem Bande nicht an einem vollständigen Register.

Nr. 5 ist mehr Uebungs- als Lehrbuch, und ist ebenfalls seiner praktischen Einrichtung wegen, namentlich für den Gebornen, sehr zu empfehlen. Leipzig. Dr. David Asher.

Programmenschau.

Grammatikalien zum Verständniss des Nibelungenliedes. II. Abtheilung, Syntaktisches enthaltend, von Prof Erhardt. Programm des Gymnasiums in Ellwangen. 1871. 25 S. 8. Das Programm ist die Fortsetzung des vom Jahre 1866, welches die Formenlehre behandelte, und ist, da die Syntax des Nibelungenliedes noch selten untersucht ist, mit Dank anzunehmen; ob dem Verfasser die zwei Programme von Lehmann (Marienwerder) von 1856 und 1857 bekannt sind, ist nicht bemerkt. Der Verf. behandelt den Gebrauch des Infinitiv (ausgedehnterer Gebrauch als Substantiv, als Verbalobjekt ohne Bindepartikel, Accusativ mit Infinitiv, doch noch nicht ganz aus dem Neuhd. verschwunden, wie der Verf. sagt, u. a.), den Gebrauch der Tempora (die Enallage Temporum), der Modi (der Indicativ in abhängigen Sätzen in seiner Abweichung vom Nhd., der Conjunctiv statt des nhd. Indicativ), die verschiedenen Constructionen des Verbum ich wäne, persönliche passive Construction gewisser Verba, die im Nhd. nicht üblichen impersonellen Redensarten, die Construction ad sensum (aber viel ausgedehnter, als der Verf. annimmt). Sodann wird noch über eine Form der Anakoluthie, ungewöhnlichen Numerus des Verbums, abweichende Rection der Verba, Gebrauch der Pronomina, über die Substantivirung und Rection der Adjectiva, über Partikeln, Conjunctionen und Präpositionen kurz gesprochen.

Walther von der Vogelweide in seiner Stellung zu Kirche und Papst. Von Gymn.-L. Dr. Rindfleisch. Programm des Gymnasiums zu Marienburg. 1872. 13 S. 4.

Die Abhandlung ist hervorgerufen durch die Neugeburt Deutschlands, sie will den Sänger feiern, der vor mehr als 650 Jahren für Deutschlands Einheit und Unabhängigkeit mit bewundernswerthem Muthe eintrat. In chro nologischer Folge gibt sie die Gedichte, in denen gegen die Missbrauche und Uebergriffe des Papstthums Walther auftrat, und bietet dabei auch eine kurze Uebersicht der Lebensgeschichte des Dichters. Neues bringt sie freilich nicht, klärt auch nicht über die noch unsichere Zeit einzelner Gedichte auf.

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