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Der Herr Verfasser zählt ferner zu den Wirkungen der gesellschaftlichen Leidenschaften die Sympathie, die Nachahmung und die Ehrliebe. Unter dem Worte Sympathie versteht er das Vermögen, uns an die Stelle einer andern Person zu setzen, und mit ihr zu fühlen, was ihr widerfährt. In dieser Verfassung empfinden wir nicht nur die Leidenschaften einer andern Person, welche auf die Selbsterhaltung abzielen und welche, nach des Verfassers Meinung, die Quelle des Erhabenen sind, sondern auch ihre gesellschaftlichen Leidenschaften, aus welchen das lebhafteste Vergnügen entspringt. Die Wirkungen der Sympathie aber sind in allen Fällen angenehm. Wir lesen die Geschichte von dem Untergange grofser Staaten, von den Unglücksfällen tugendhafter Leute, wenn sie auch keine Erdichtungen sind, mit vielem Vergnügen. Ja öfters ziehen sie uns mehr an sich, als die Geschichte von ihrem Glücksstande und Wohlergehen. Der Schrecken ist angenehm, wenn er nicht allzu nahe ist, und das Mitleiden wird allezeit von einem Vergnügen begleitet, weil es aus Liebe und gesellschaftlichen Neigungen entspringt.

Die nachahmenden Künste mögen der Natur noch so nahe kommen, so ist das Vergnügen, welches sie gewähren, dennoch so lebhaft nicht, als das sympathetische Vergnügen, das aus einer wahren Begebenheit entspringt. Wenn jetzt das allervortrefflichste Trauerspiel aufgeführt werden soll, und das Volk hört, man sei im Begriffe, in jener Strasse einen Staatsverbrecher von hohem Stande zu richten, so wird es gewiss hinlaufen, und das wirkliche Schauspiel dem nachgeahmten vorziehen. Der Herr Verfasser bemerkt mit Recht, es sei ein Unterschied zwischen: eine Sache mit Vergnügen thun, oder mit Vergnügen ansehen, wenn sie geschehen ist. Kein Mensch ist so verderbt, dass er den Untergang einer grofsen volkreichen Stadt mit Vergnügen verursachen sollte; aber der Tugendhafteste wird begierig sein, wenn sie untergegangen ist, die Ruinen zu sehen. Von dem Wohlgefallen an der Nachahmung redet unser Verfasser ziemlich seicht. Er glaubt es ebenfalls der Sympathie zuschreiben zu können. Wir fühlen nicht nur gern, sagt er, was andere fühlen, sondern wir thun auch gern nach, was sie gethan haben. In der Folge nimmt er seine Zuflucht zu der Endabsicht, als wenn diese so schlechterdings die Stelle der wirkenden Ursache vertreten könnte.

Endlich glaubt der Herr Verfasser, die Ambition sei die Ursache, warum wir uns nicht nur bestreben, andern nachzuahmen, sondern auch,

es andern zuvor zu thun und sie alle zu übertreffen. Diese Ambition scheint von ihm als eine ursprüngliche Eigenschaft der Seele angenommen zu werden, indem er abermals die Endabsicht derselben anzeigt, ohne sich zu bekümmern, wie sie aus der Natur der Seele fliefse.

Der zweite Theil handelt von den Ursachen und Wirkungen des Erhabenen. Was von Natur grofs und erhaben ist, erregt, wenn seine Wirkung am heftigsten ist, ein Erstaunen. Wir erstarren gleichsam, alle unsere Bewegungen hören plötzlich auf, und wir sind ganz voll von unserm Gegenstande. Niedrigere Grade hiervon sind Bewunderung, Ehrfurcht und Hochachtung. Alles, was schrecklich oder fürchterlich ist, kann den Begriff des Erhabenen erregen. Kleine, unansehnliche Dinge sind öfters erhaben, weil sie schrecklich sind, und die gröfsten Gegenstände werden weit erhabener, wenn sie zugleich schrecklich sind. So ist die See erhabener, als eine Ebene von eben der Ausdehnung. Die Dunkelheit befördert das Erhabene, weil sie fürchterlich ist. Alle Tempel der heidnischen Gottheiten waren dunkel, und die Gottheiten selbst wurden, wie noch jetzt von den Amerikanern geschieht, an den dunkelsten Orten aufgestellt. In der Malerei, glaubt unser Verfasser, werden die Gemälde deutlicher geschildert, als in der Poesie. Es fällt der Einbildungskraft schwer, die Theile eines Gegenstandes, welcher durch Worte beschrieben wird, gehörig zu ordnen; und eben dieser Dunkelheit der Beschreibungen, behauptet der Verfasser, sei es zuzuschreiben, dass die Poesie weit heftiger die Leidenschaften rege macht, als die Malerei. Er widerlegt bei dieser Gelegenheit den Abt DUBOS, der aus folgender Stelle des HORAZ:

Segnius irritant animos demissa per aures,

Quam quae sunt oculis subjecta fidelibus

den Vorzug der Malerei vor der Poesie in Erregung der Leidenschaften beweisen zu können glaubt.

Alles, was den Begriff einer Privation mit sich führt, ist fürchterlich und desswegen erhaben, als: ein leerer Platz, Finsterniss, Einsamkeit, Stille u. s. w., welches durch eine Stelle aus VIRGIL erläutert wird.

Eine ungemeine Gröfse ist gleichfalls eine mächtige Ursache des Erhabenen. Jedoch rührt uns eine grofse Ausdehnung in die Länge nicht so sehr, als eben dieselbe Ausdehnung in die Höhe, und diese vielleicht nicht so sehr, als eine Tiefe von eben der Ausdehung.

Das Unendliche erfüllt unsere Seele mit der Art von Schaudern, welches dem Erhabenen so eigen ist. Da aber nichts unendliches in unsere Sinne fällt, so vertritt dasjenige, dessen Grenzen wir nicht wahr.nehmen, bei uns die Stelle des wirklich unendlichen. Wenn unsere Einbildungskraft keine Schranken findet, welche sie still zu stehen nöthigen, so setzt sie den Begriff des Gegenstandes immer weiter fort, und geräth dadurch auf die Vorstellung des Unendlichen. Ja wenn ein Begriff öfter. wiederholt worden ist, so fährt die Seele fort, denselben zu wiederholen, wenn gleich die äufserliche Ursache zu wirken aufgehört hat. Wenn wir uns eine Zeit lang um uns selbst gedreht haben, so scheinen sich die Gegenstände noch zu bewegen, wenn wir gleich stille sitzen. Wenn wir einen Wasserfall rauschen oder mit einem Hammer haben schlagen hören, so ist der Schall immer noch in unserer Einbildungskraft gegenwärtig, ob er gleich von aufsen aufgehört hat, bis er nach und nach schwächer wird und endlich verschwindet. Wenn wir eine lange Stange gerade vor die Augen halten, so scheint sie uns von einer unglaublichen Länge zu sein.

Die „Einförmigkeit in der Folge" befördert die Vorstellung des Unendlichen. Die Folge auf oder neben einander macht, dass die Einbildungskraft fortfahren kann, und die Einförmigkeit, dass sie nirgends Schranken findet, nirgends unterbrochen wird.

Durch die Anwendung dieses Grundsatzes auf die Baukunst beurtheilt der Verfasser die Bauart der alten heidnischen Tempel, welche gemeiniglich von aufsen ein längliches Viereck vorstellten, und von jeder Seite mit einer Reihe einförmiger Säulen versehen waren, und giebt ihnen den Vorzug vor der neuern Art, den Kirchen die Gestalt eines Kreuzes zu geben.

Ein kleines Gebäude missfällt nach den Gedanken unsers Verfassers, weil die Einbildungskraft auf nichts unendliches geführt wird. Ein allzu grofses Gebäude aber missfällt eben so sehr. Die Erklärung, welche der Verfasser in dem zwölften Abschnitte von dieser Erscheinung giebt, ist ziemlich gesucht.

Warum ist der Frühling die angenehmste Jahreszeit? warum gefällt ein junges Thier mehr, als ein erwachsenes? warum gefallen öfters unvollendete Risse mehr als vollendete? Aus keiner andern Ursache, glaubt der Verfasser, als weil sich die Einbildungskraft dabei mehr ver

spricht, als sie vor sich hat, und dadurch gleichsam auf den Begriff des Unendlichen geführt wird.

Eine grofse Pracht, oder die Verschwendung glänzender und prächtiger Dinge, ist eine Quelle des Erhabenen. Die Sterne am Himmel führen, so oft wir sie auch betrachten, etwas grofses und erhabenes mit sich. Die Unordnung, mit welcher sie ausgestreut zu sein scheinen, zeigt nicht nur eine Art von Verschwendung an, sondern sie macht auch, dass sie nicht gezählt werden können, und die Einbildungskraft auf das Unendliche führen.

Das Licht kann nicht anders den Begriff des Erhabenen erwecken, als wenn es in grofser Masse, wie z. B. die Sonne, in grofser Geschwindigkeit, wie z. B. der Blitz, oder endlich durch einen plötzlichen Uebergang aus der Finsterniss heftiger als gewöhnlich in die Sinne wirkt. Die Finsterniss hingegen ist weit fruchtbarer an erhabenen Vorstellungen.

Erhabene Gebäude müssen dunkel sein: erstens, weil die Dunkelheit an sich selbst, vermöge der Erfahrung, stärker rührt als das Licht, und zweitens, damit der schnelle Uebergang aus der hellen Luft in das dunkle Gebäude die Sinne stark rühre und den Begriff des Erhabenen erzeuge. Des Nachts thun die erleuchteten Zimmer, aus eben der Ursache, eine sehr gute Wirkung.

Die hellen Farben sind zwar angenehm, aber nicht so erhaben, als die dunkeln. Der heitere Himmel ist nicht so erhaben, als der trübe und mit Wolken überzogene. Die Nacht ist feierlich und gröfser als der Tag. Die Materialien und Verzierungen der erhabenen Gebäude müssen nicht mit hellen und glänzenden Farben, sondern schwarz, braun oder dunkelpurpurn angestrichen werden. Vergoldung, musivische Arbeit und Bildsäulen tragen sehr wenig bei zu der Erhabenheit eines Gebäudes.

In Ansehung der Töne bemerkt der Verfasser, dass ein starker und lauter Schall, ein plötzlicher Anfang, eine unvermuthete Unterbrechung, und endlich ein niedriger, zitternder und öfters unterbrochener Laut den Begriff des Erhabenen erzeugen. Die Ursache der letztern Erscheinung ist die Unwissenheit, in welcher wir uns befinden, wenn der Ton bald zittert, bald nachlässt, bald wieder anfängt. Diese Ungewissheit ist uns eben so ängstlich in Ansehung des Schalles, als in Ansehung des Lichts, welches durch Beispiele bestätigt wird. Endlich ist das Geschrei der wilden

Thiere zu dem Erhabenen in den Tönen zu rechnen, weil unsere Einbildungskraft mit der Vorstellung dieses Geschreies eine Art von Furcht verknüpft hat.

Sowohl der Geruch als der Geschmack haben an und für sich einen sehr geringen Antheil an erhabenen Begriffen. Indessen räumt ihnen der Herr Verfasser dennoch eine sehr gute Wirkung in der Dichtkunst ein, und bestätigt seine Meinung durch Beispiele.

Das Gefühl führt nichts erhabenes bei sich, aufser dem Schmerze, wohin auch Arbeit, Mühe, Angst, Qual und dgl. zu rechnen ist. Jedoch dieses erhellt bereits aus dem vorhergehenden.

Der dritte Theil handelt von den Ursachen und Wirkungen der Schönheit. Wir übergehen hier einige Abschnitte, in welchen der Herr Verfasser zu beweisen sucht, dass weder die Proportion, noch die Nützlichkeit (fitness), noch die Vollkommenheit die Ursache der Schönheit sei, und dass man den Begriff der Schönheit nicht füglich auf die Tugend anwenden könne. Die Philosophie des Herrn Verfassers scheint uns an diesem Orte am wenigsten gründlich zu sein. Wir würden seine Scheingründe nicht anführen können, ohne sie zu widerlegen, und eine förmliche Widerlegung verbietet uns der Raum.

Nach des Herrn Verfassers Meinung ist die Schönheit nichts anderes, als some merely sensible quality (wir wollen diese Worte nicht übersetzen; Leser, die der englischen Sprache nicht kundig sind, können versichert sein, dass ihnen diese Worte durch die Verdeutschung nicht deutlicher sein würden), welche vermittelst der Sinne auf eine mechanische Weise in die Seele wirkt. Er will also die Eigenschaften der Dinge durchgehen, von welchen die Erfahrung lehrt, dass sie den Begriff der Schönheit, die Liebe und Zuneigung erregen können. Wir wollen ihm in dieser Untersuchung folgen.

Schöne Gegenstände sind klein. Dieses bezeugt einigermafsen der Diminutiv, mit welchem man fast in allen Sprachen die Dinge benennt, die schön sind. Kleine Vögel, kleine Thiere sind schöner als grofse. Man wird selten sagen hören, dass ein Ding grofs und schön sei, sondern mehrentheils: grofs und hässlich. Hierin unterscheidet sich das Schöne von dem Erhabenen. Das Erhabene ist grofs und schrecklich, das Schöne klein, niedlich und angenehm.

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Schöne Gegenstände sind glatt. Alles, was rauh und uneben ist,

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