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wahres Paradies nach dem Verfasser - wieder weggeworfen. Ich fand blos,,Mofaik", wie Heine einmal die englische Sprache nannte, darin, lauter fertige bunte Steinchen, immer dieselben, nur immer wieder ein Bischen anders zusammengestellt. Blos für die Abenteuer in Si birien mußte Atkinson') etwas selbständig schreiben lernen. Und so liest man es auch gern, so mangelhaft und unzusammenhängend auch feine Explorations find. Er reiste als Maler, und Bilder und Skizzen waren ihm die Hauptsache. Sein Tagebuch dabei war ursprünglich gar nicht für Veröffentlichung bestimmt. Erst später ließ er sich zureden, ohne daß er sich die Mühe gegeben zu haben scheint, das viele Zufällige und Persönliche zu ordnen oder auszumerzen. Ich las das Buch schon vor mehreren Wochen, so daß es wohl auch in Deutschland schon bekannt geworden sein wird, um so eher, als Sibirien eine Rolle zu spielen anfängt und man neugierig ist, wie es eigentlich dort aussehen mag.

Erhaben, großartig schön sieht es an manchen Stellen aus, wie uns Worte und Bilder Atkinson's erzählen, reich an Kohlen, Silber, Gold, Bodenfrüchten und verheißender Zukunft. Die Times fürchtete schon den Einzug Rußlands durch Sibirien nach Indien und China und war höchst giftig über die in einer russischen Zeitung ausgesprochene Mission, daß Rußland den Norden Asiens civilisiren wolle, den Süden wolle es England überlassen. Dies gefiel ihr gar nicht, fie hat die stereotype Furcht vor Rußland, die ein viel verbreiteteres Dogma zu sein scheint, als die Hoffnung auf England und zuweilen auch auf Amerika.

Beide diese freiesten, größten Völker „anglo-sächsischer Race" können ohne Sklaverei nicht leben, obwohl England dieselbe theoretisch haßt. In Amerika ist man offener und erklärt rund heraus, daß die Republiken nicht ohne Sklaverei bestehen könnten. Das ist ein schneidender Gegensatz zu Rußland, wo man die Leibeigenschaft aufzuheben Anstalten macht und Sklavenbefizer petitioniren, man möge die Freilaffung der Bauern gestatten. In Rußland betritt man offen die Bahn der Kultur und Befreiung, neue Blätter und Zeitungen in Petersburg (eine große illustrirte Zeitung, wie die Illustrated London News, in A. Baumann's,,polytechnographischem Institute") und Moskau, neue Schulen und Gymnasien bis nach Hinter-Sibirien hinein, Fabriken und Kohlenbergwerke, freie Bauern aus der Leibeigenschaft heraus das Alles weist auf Richtungen hin, die zu Kultur und Macht führen, während die neue Welt erklärt und darauf Blut vergießt, daß es den alten Fluch der Sklaverei festhalten, ausdehnen, kräftigen müsse, nur um zu bestehen. Ich wollte noch Details aus Atkinson anführen, habe aber keine flaren Erinnerungen mehr, so daß ich mich damit begnüge, auf die Atmosphäre hingewiesen zu haben, in welcher dieser erlebte Beitrag zur Kenntniß Sibiriens und des Nordens von Inner-Asien von Interesse und wichtig erscheint. Außerdem besteht es aus so unzählig viel Kleinigkeiten und Spezialitäten, daß man kaum durch Extrakte eine Vorstellung geben kann.

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Um einmal aus der abgeleierten Mosaiksprache herauszukommen, fing ich an, die neue Marine-Universalsprache Englands zu studiren, welche die Schiffe aller Völker gemeinsam mit einander auf den Oceanen reden sollen. Es ist eine Reform der alten Popham'schen Flaggensignal-Sprache, die Zahlen telegraphirte, Zahlen, denen man willkürlich Worte als gleichbedeutend in einem besonderen Lexikon untergeschoben hatte. Eine vor zwei Jahren niedergesezte Kommission hat eine Sprache aus Flaggen kombinirt, durch welche nicht Zahlen und Worte, sondern Sachen und Redetheile bezeichnet werden. Wer die Sachen versteht, versteht sie als solche und kann sie beliebig in seine Muttersprache übersehen. Sie ist deshalb universell und kosmopolitisch. Als Alphabet dienen 18 Flaggen, die nach Zahl und Stellung verschiedene Dinge bezeichnen. Wer nichts von der Fülle mathematischer Combinationen versteht, wird sich wundern, daß man schon mit je zwei Flaggen auf einmal 306 Zeichen geben kann, mit je 3 nicht weniger als 4896, mit je 4 über 78,000, mit je 5 nicht weniger als 1,028,160. Doch die Sprache beschränkt sich auf je 2, 3 und höchstens 4 Flaggen auf einmal oder auf 78,642 Zeichen. Davon kommen 35,000 auf Bezeichnung der englischen Schiffe 2c., so daß noch 40,000 zur eigentlichen Mittheilung übrig bleiben. Diese find in einem,, Commercial Code of Signals for the Use of All Nations", von der erwähnten Kommission ausgearbeitet, lexifonartig mit ihren Bedeutungen veröffentlicht worden.

fchen Sprache, die man bisher vergebens für die vom Thurmbau von
Babel weggelaufenen Völker zu Lande versucht hat, eine Art Noten-
sprache, die auch jeder Musikverständige gleich versteht, ob sie ein
Italiäner, Franzose oder Deutscher zwischen die fünf Linien verstreut
hat, so daß es gar nicht genirt, ob der Deutsche eine Note neun nennt
und der Engländer sie wie ein Deutscher liest. Jeder, der die
Flaggennoten kennt, versteht und liest sie sofort in seiner Sprache, so
daß alle Völker von den Mastbäumen herunter auf dem weiten
Ocean mit einander plaudern können, als wären fie in Eine Schule
gegangen. Das ist eine hübsche, freudige, bedeutungsvolle, literari-
sche Schöpfung Englands, über die ein,, Companion to the Com-
sche Schöpfung Englands, über die ein
mercial Code of Signals" und besonders für den Laien und die Land-
ratte ein kleines Buch,,Sea Signals assimilated" (Ch. Wilson, Lon-
don) vollständige Auskunft giebt. Uns zu Lande interessirt die Sache
zunächst als ein wirklicher, ausgeführter Beweis, daß man eine kosmo-
politische Sprache aller Völker nicht zu den Träumen zählen darf.

Mannigfaltiges.

Preisvertheilungen der Pariser Akademie der Wissenschaften. In ihrer feierlichen Sigung vom 31. Januar hat die französische Akademie der Wissenschaften unter Anderem folgende Preisvertheilungen proklamirt:

Astronomischer Preis von Lalande. Im Laufe des Jahres 1857 ist die Sternkunde durch acht neue teleskopische Planeten bereichert worden, was die Anzahl der kleinen, zwischen Mars und Jupiter sich bewegenden, uns bekannten Planeten auf funfzig gebracht hat. Die acht neuentdeckten sind sämmtlich von Astronomen aufgefunden, denen die Akademie bereits die Lalandesche Medaille zuerkannt hatte. Vier dieser Asteroiden,,,Nyfa",,,Eugenia",,,Doris" und "Pales", find jedoch allein dem Herrn Hermann Goldschmidt (einem in Paris lebenden Deutschen von israelitischer Abkunft) zu verdanken. Dieser unermüdliche Himmelsbeobachter hat sogar das Glück gehabt, die beiden Planeten,,Doris“ und „Pales“ in einer und derselben Nacht, am 19. September 1857, zu entdecken. Das Jahr 1857 ist durch die Er scheinung von sechs Kometen an unserem Horizont ausgezeichnet gewesen. Derjenige, den Herr Bruhns, Astronom von Berlin, entdeckte, hat eine für die Sternkunde sehr wichtige Frage zur Entscheidung gebracht. Die Akademie hat den von Lalande gestifteten astronomischen Preis zwischen den Herren Goldschmidt und Bruhns getheilt.

Trémontscher Preis. Dieser Preis, der den Zweck hat, mittellofen Gelehrten bei der Bestreitung von Kosten und Experi menten, von welchen eine nüßliche Entdeckung zu erwarten ist, zu Hülfe zu kommen, ist dem Herrn Ruhmkorf, Verfertiger physikalischer Apparate in Paris, zuerkannt worden, der sich seit längerer Zeit durch Erfindung und Anfertigung neuer Instrumente, besonders der elektrischen Inductions - Apparate, ausgezeichnet. Der vor drei Jahren gegründete Trémontsche Preis besteht in einer jährlichen Remuneration von tausend Francs. Herr Ruhmkorf hat von der Akademie die bei den Jahrespreise für 1856 und 1857 erhalten und wird diese Remuneration auch während der Jahre 1858, 1859 und 1860 beziehen.

Großer naturwissenschaftlicher Preis. Die Akademie hatte als Preis-Aufgabe für das Jahr 1857 die folgende Frage gestellt: „Die Metamorphosen und die Reproduction der Infusorien im eigent lichen Sinne des Wortes (der, Polygastrien" Ehrenberg's) sollen in strenger, methodischer Weise erforscht und festgestellt werden". Sie hat diesen Preis zwischen Herrn Lieberkühn und den Herren Claparède und Lachmann getheilt.

Preis in der experimentalen Physiologie. Dieser Preis ist dem Profeffor August Müller in Berlin für seine Entdeckung der Metamorphose der Fluß-Lamprete (Petromyzon planeri, Bl.) zuerkannt worden. Die Akademie hat außerdem dem Herrn Brown. Séquard einen Preis als Anerkennung seiner Untersuchungen über die Eigenthümlichkeiten des arteriellen und des venösen Blutes zu

erkannt.

Jeckerscher Preis. Derselbe besteht in den Zinsen eines fundirten Kapitals von 300,000 Francs, die zur Belohnung solcher Arbeiten bestimmt sind, welche der Wissenschaft der organischen Chemie wesentliche Dienste geleistet haben. Die Akademie hat die Zinsen Es ist ein interessantes Lexikon, die erste Spur einer kosmopoliti- dieser Fundation unter die Witwen von Karl Gerhardt und Aug.

*) Oriental and Western Siberia; a Narrative of Seven Years Explorations and Adventures in Siberia, Mongolia, the Kirghise Steppes, By Thomas Witlam Chinese Tartary, and a part of Central Asia. Atkinson. With a Map and numerous Illustrations. London: Hurst and Blackett. Berlin: Asher & Comp.

Laurent getheilt, von denen jede eine Summe von 6140 Francs empfangen wird.

Wichentlich erscheinen 3 Rummern. Greis jährlich 3 Zhir. 10 gr., halbjährlich 1 Eblr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 gr., wofür bat Viatt im Inlante portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 24.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlia bei Beit u. Comp., Jägerstraße Rr. 25, und beim Spediteur Neumann, Niederwallfir. Nr. 21), sowie von allen königl. Poft-Aemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

Ostindien.

Berlin, Donnerstag den 25. Februar.

Religions- Sekten in Ostindien.

Regierungen, die es sich zur Hauptsache machen, die Wohlfahrt des Landes zu befördern und ihre eigene Macht in unerschütterter Fest heit und wachsendem Einflusse zu sehen, haben gern Geduld mit der Verschiedenheit der Religions-Ansichten und Gebräuche ihrer Unterthanen; Toleranz ist ihnen eine von der Nothwendigkeit gebotene KlugheitsMaßregel. Daher übten auch die mongolischen Kaiser, die von Baber 1525 bis Schah Alam (Aulum) 1760 in Ostindien herrschten, diese Duldung im Allgemeinen aus. Wiewohl sie Tamerlan's Nachkommen waren, der mit Feuer und Schwert den orthodoren Glauben der Muhammedaner aufrecht zu erhalten suchte, nahmen die mongolischen Sultane eine andere Praxis an. Sultan Akbar erklärte geradezu, daß er jedes Religions-Bekenntniß schüße, und Aureng - Zeb, obgleich so sehr rechtgläubig und fromm, daß er Derwisch ward, verfolgte keinesweges die Schiiten, die in seinem Staate lebten. Hätte er die Schiiten verfolgen wollen, dann hätte er den größten Theil seiner muslemischen Unterthanen beleidigt und gegen sich eingenommen. Oft Indien hatte seine muslemischen Bewohner meistens aus dem westlich benachbarten Persien erhalten; in Persien aber hatten die Schiiten die Oberhand, deren Hauptlehre ist, daß es unrechtmäßig war, nicht den Ali zum Chalifen zu wählen, die sich nicht nach der Sonna, der Ueberlieferung, und der Dschamâat, der von der großen Mehr zahl angenommenen Ansicht und Meinung, richten, den Osmân sogar bezüchtigen, er habe einige Bände des Korans weggeworfen, mehrere Suren, die dem Ali zu Gunsten geschrieben gewesen wären, verbrannt, eine dieser Suren noch wörtlich rezitiren und darum der Sonniten, und folglich auch der Türken, die dazu gehören, erklärte Feinde sind. Welch eine sanguinische, gutmüthige Hoffnung der Zeitungsschreiber mithin, das liberale Geschenk des türkischen Sultans zum Besten der in Ostindien durch den Aufstand verunglückten Engländer werde einen großen Eindruck auf die muhammedanische Bevölkerung der dortigen Gegenden machen und wohl gar eine Gegen-Revolution bewirken! Der türkische Kaiser hatte Grund genug zu seinem Geschenke in der bei den Moslemen feststehenden Marime, daß die Freigebigkeit, aus humanen Absichten geübt, die erste Tugend ist und jedem Staats-Oberhaupt, jeder Herrschaft, die wahre Glorie und Majestät fehlt, wenn nicht der Glanz der Freigebigkeit sie umstrahlt. Andere Motive liegen in der Dankbarkeit gegen die Engländer, von der das türkische Reich sich nicht lossagen darf, in den Handels-Verbindungen zwischen Konstantinopel und Indien, wie auch in der Nothwendigkeit einer von den abendländischen Muslemen ihren christlichen Verbündeten zu gebenden Demonstration, daß sie die von ihren Glaubensbrüdern an Christen verübten Mißhandlungen verabscheuen. Hätte aber der türkische Kaiser mit seiner Gabe den ostindischen Muslemen ein rührendes Beispiel geben wollen, so hätte er seines Zweckes verfehlt. Das Beispiel eines Sonniten kann nicht wirken, wo der Schiitismus herrschend ist. Ueberdies liegt in der engen Allianz der europäischen Türkei mit den christlichen Mächten, den verachteten Inklis und Frendsch, und des Sultans Neuerungen genug, was dem morgenländischen Muslemen gegen den abendländischen Verdacht einflößt.

1858.

drängte, etwas für die Verkündigung des Christenthums zu thun. Sie wußten, sie seien Kaufleute, nicht Missionare, sie ahnten die Reibungen und Verlegungen ihres rein pekuniären Interesses, die daraus entstehen könnten. Aber die Aufgabe, Christen sein und Christenthum verbreiten und noch dazu Toleranz üben zu wollen, war furchtbar schwer, ist fast nicht zu lösen bei einer Verschiedenheit der Bekenntniffe, wie man sie in Östindien findet. Nach dem Werke eines Orientalen, nach dem Dabistan, d. §. School of Manners, Schule der Sitten, aus dem Original-Persischen mit Anmerkungen und Erläuterungen übersezt von David Shea, vom ehrbaren Departement des Kollegiums der Ostindischen Compagnie, und Antony Troyer, Mitglied der asiatischen Gesellschaften von Großbritannien, Irland, Kalkutta und Paris, herausgegeben (Paris, 1843), verhält es sich mit den religiösen Sekten Ostindiens folgendermaßen. Das hier Mitgetheilte ist ein zum faßlichen Ueberblicke geordneter Auszug:

Was die Brahma-Religion betrifft, so wird erzählt: Im Anfange war Naràjana. Ein tausendblättriger Lotus wuchs aus seinem Nabel; daraus entstand Brahma mit vier Gesichten und vier Armen. Aus diesem Nabel erwuchs eine Blume von fünfhundert Blättern; aus der ging der vierarmige Vischnu hervor, der in der einen Hand einen Speer, in der anderen einen Diskus, in der dritten eine Keule, in der vierten einen Lotus hält. Aus Vischnu's Nabel erwuchs ein Lotus von hundert Blättern, daraus entsprang Mahadeva®) mit acht Gesichten und acht Armen, reitend auf einem Bullen, den Hals umgeben von einer Schlange, umhüllt vom Felle eines Elephanten, gerieben mit Asche, und mit der Sonne, dem Monde und dem Feuer, als seinen Augen, versehen. Die Saivas verehren den Siva (Mahadeva) vorzugsweise. Die Akmianer und Aschnianer machen das Weib dieses Gottes zum Gegenstande ihrer Anbetung.

Zu bemerken ist hierbei, daß dieser Kultus weder unvernünftig noch unerträglich wäre, wenn er recht verstanden würde. Sein Sinn und Kern ist nämlich, daß es ein Urwesen giebt, das alle Dinge erschuf und noch hervorbringt, durchdringt und erhält, und wieder auflöst, und daß dieses Wesen eins und ein ewiger allliebender Geist ist, wie die Bhagavad-Gita lehrt. Der Pöbel macht aus der bildlich eingekleideten Vorstellung des Weisen einen Gözen, aus der andachtsvollen Verehrung ein opus operatum, aus frommer Resignation ein gräuliches Opfer.

Da die Menschen theils spekulativer Art, theils mehr dem Gefühl hingegeben und zur Praxis geneigt sind, erzeugt schon der Brahmanismus eine Art Büßer oder Asketen, die Sanngasis und Dschangaman, die, auf die Welt verzichtend, mit verworrenem Haare und in Gemsfellen einhergehen, nur von Wurzeln und Früchten der Bäume leben und an Gott zu denken zu ihrem einzigen und höch ften Geschäft machen.

Die Engländer würden genug zu thun haben, hätten sie nur alle die Sonderbarkeiten, die mit dieser Religion verbunden sind, zu berücksichtigen, und wollten sie ihren Anhängern auf jede Weise gerecht werden. Doch siehe da! es hat sich, und man ist im Streite, ob früher, als der Brahmanismus, oder später, die Buddha-Religion eingeführt. Die Buddhisten, ob sie schon die Wanderung der Seele aus einem in den anderen Körper zugeben und behaupten, leugnen die Avatars der Brahmanen - Religion, d. h. die Erzählungen von dem Herabsteigen Gottes auf die Erde und seiner Verkörperung hienieden, um Waren nun die Mongolen so klug, Toleranz zu üben gegen die mancherlei erhabene Zwecke seiner Weltregierung auszuführen. Auch verschiedenen, ihrem Glaubenssystem zum Theil schnurstracks wider- andere Dogmen der Brahmanen leugnen sie, und es ist, nach ihrer strebenden Religions- Ansichten der Ostindier, so waren es die Meinung, nichts in der Welt verabscheuungswerther, als ein BrahEngländer nicht weniger. Den Engländern kann Niemand Klugheit mane. mane. Hat etwa Einen ein Unglück befallen, so sagen sie zu ihm: absprechen, und man würde wohl irre gehen, wollte man der Ostindi-,,Thatest du vielleicht einem Brahmanen Gutes, oder tranfest du schen Handels-Compagnie irgend eine Absicht zuschreiben, die über ihr Handels-Intereffe unbesonnen hinausginge oder mit ihm im Streite läge. Die Engländer haben sich sogar lange Frist gegeben, ehe sie es unternommen haben, die christliche Religion in Ostindien einzuführen. einzuführen. Sie zögerten damit von einer Zeit zur anderen, bis Wilberforce 1812 durch wiederholte Anträge sie dahin

Wasser aus dem Knochen-Verzehrer?" d. h. dem Ganges, weil die Hindu's, nachdem sie die Todten verbrannten, die Gebeine in diesen Fluß werfen und dies für eine verdienstliche Handlung halten. Sie effen kein Fleisch, noch segen sie ihren Fuß auf Gras, und wenn sie

*) Siva.

Waffer trinken, filtriren sie es zuvor durch ein Taschentuch oder sonst ein Stück Zeug, damit kein lebendiges Thier darin sei, und dann tauchen sie diesen Lappen wieder in Wasser, daß, wenn irgend ein lebendes Wesen darin stecken sollte, dies sich davon trennen und in die Flüssigkeit entschlüpfen möge. Troßdem, daß man die Buddhisten verfolgt und zu vertreiben gesucht hat, so gehören doch eine Menge der Banianer, oder Kaufleute, zu dieser Sekte. Meistens handeln sie mit Korn oder verdienen sich ihren Unterhalt als Dienstboten. Bei uns würden sie in den gegen Thierquälerei gebildeten Vereinen eine ausgezeichnete Rolle spielen. Zu ihren Sonderbarkeiten gehört, daß fie die Haare ihres Kopfes und Bartes mit Haarzängelchen auszwicken, da sie es doch leichter hätten, wenn sie diese mit einem schar fen Rafirmesser abrasirten, und daß sie, wenn sie auf Reisen gehen, einen aus der Rinde eines weichen Baumes gefertigten Besen mit fich führen und, bevor sie einen Fuß seßen, mit diesem Besen kehren, damit nicht irgend ein lebendiges Insekt von ihnen getreten werden möge. Sogar wenn sie sprechen, halten sie ein Tuch vor ihren Mund, um nicht eine Fliege oder sonst ein Jusekt zu verschlucken. Die dem einsamen Leben fich Widmenden werden Jatis (Verlaffende), die fich Verheiratenden Grihustha (Haushälter) genannt, die Ersteren jedoch vorzüglich geehrt.

Außer den Sekten der Sankjha's, oder der Philosophen, und der Patenschalis, die mit strengem Theismus ernste Andacht- und Bußübung (Joga) verbinden, und den ihnen ähnlichen Charvakian, verdienen noch Erwähnung die Narajanian, bei denen man weder Tempel noch Idole verehrt, aber Zurückgezogenheit von der Welt, Vermeidung des Fleischeffens, Enthaltung von jeder Verlegung lebendiger Wesen geboten ist, und die Verehrung des Narajân, oder des höchsten Wesens, als das Wichtigste gilt; die Dadu Panthians, die fich von diesen dadurch unterscheiden, daß sie weder die Ehelosigkeit, noch die Enthaltung von jeder Arbeit fordern, aber die Todten, auf den Rücken eines vierfüßigen Thieres gebunden, in die Wüste sen den, damit sie den Bestien zur Speise dienen, und endlich eine Menge von religiösen Parteien, die irgend einen sichtbaren Gegenstand verehren, um zur Vereinigung mit Gott zu gelangen. Dazu gehören zwei Arten der Surjamakhan, oder Sonnendiener, deren eine die Sonne, die nach ihr Seele und Verstand hat, als das Haupt und den Regenten aller Gottheiten, außer dem unsichtbaren höchsten Geiste, und als deffen Substituten betrachtet; die andere keinen Anstand nimmt, die Sonne selbst als den höchften Herrn, Natha, anzubeten. Die Tschandra Bhakta, Monddiener, verehren den Mond als den Regenten der niederen Welt und, weil er sein Licht von dem großen Lichte, der Sonne, empfängt, als das Mittel, zu diesem zu gelangen. Die FeuerDiener verehren das Feuer, Agni, indem sie glauben, Feuer sei die reine Effenz Gottes, der mit der Sonne Identität habe.

(Schluß folgt.)
Mexiko.

Die Erhebung des Vulkans von Jorullo.

Nach Alerander v. Humboldt.

(Schluß.)

Der eigentliche Vulkan von Jorullo und die fünf anderen Berge, die sich mit ihm zugleich und auf Einer Spalte erhoben haben, liegen so, daß nur ein kleiner Theil des Malpais östlich von ihnen fällt. Gegen Westen ist die Zahl der Hornitos daher um vieles größer, und wenn ich am frühen Morgen aus dem Indianerhäuschen der Playas de Jorullo heraustrat oder einen Theil bes Cerro del Mirador bestieg, so sah ich den schwarzen Vulkan sehr malerisch über die Unzahl von weißen Rauchsäulen der kleinen Defen" (Hornitos) hervorragen. Sowohl die Häuser der Playas als ber basaltische Hügel Mirador liegen auf dem Niveau des alten unvulkanischen oder, vorsichtiger zu reden, nicht gehobenen Bodens. Die schöne Vegetation desselben, auf dem ein Heer von Salvien unter dem Schatten einer neuen Art der Fächerpalme (Corypha pumos) und einer neuen Eller-Art (Alnus Jorullensis) blühen, kontrastirt mit dem öden, pflanzenleeren Anblick des Malpais. Die Vergleichung der Barometerstände des Punktes, wo die Hebung in den Playas anfängt, mit dem Punkte unmittelbar am Fuß des Vulkans giebt 444 Fuß relativer senkrechter Höhe. Das Haus, das wir bewohnten, stand ungefähr nur 500 Toisen von dem Rande des Malpais ab. Es fand fich dort ein kleiner senkrechter Absturz von kaum 12 Fuß Höhe, von welchem die heiß gewordenen Wasser des Baches (Rio de San Pedro) herabfallen. Was ich dort am Absturz von dem inneren Bau des Erdreichs untersuchen konnte, zeigte schwarze, horizontale Lettenschichten, mit Sand (Rapilli) gemengt. An anderen Punkten, die ich nicht gesehen, hat Burkart an der senkrechten Begränzung des erhobenen Bodens, wo dieser schwer zu ersteigen ist, einen lichtgrauen, wenig dichten (verwitterten) Basalt, mit vielen Körnern von Olivin“ beobachtet. Dieser genaue und erfahrene Beobachter hat aber an Ort

und Stelle, ganz wie ich, die Ansicht von einer durch elastische Dämpfe bewirkten, blafenförmigen Hebung der Erdoberfläche gefaßt: entgegen. gefeßt der Meinung berühmter Geognoften, welche die Konverität, die ich durch unmittelbare Messung gefunden, allein dem stärkeren LavaErguß am Fuß des Vulkans zuschreiben.

Die vielen Tausende der kleinen Auswurfs-Kegel (eigentlich mehr rundlicher oder etwas verlängerter backofenartiger Form), welche die gehobene Fläche ziemlich gleichmäßig bedecken, sind im Mittel von 4 bis 9 Fuß Höhe. Sie sind fast allein auf der westlichen Seite des großen Vulkans emporgeftiegen, da ohnedies der östliche Theil gegen den Cerro de Cuiche hin kaum des Areals der ganzen blasenförmigen Hebung der Playas ausmacht. Jeder der vielen Hornitos ist aus verwitterten Basaltkugeln zusammengefeßt, mit konzentrisch schalig abgesonderten Stücken; ich konnte oft 24 bis 28 folcher Scha. len zählen. Die Kugeln sind etwas sphäroidisch abgeplattet und haben meist 15 bis 18 Zoll im Durchmesser; variiren aber auch von 1 bis 3 Fuß. Die schwarze Basaltmasse ist von heißen Dämpfen durchdrungen und erdig aufgelöst; doch der Kern ist dichter, während die Schalen, wenn man sie ablöst, gelbe Flecken oridirten Eisens zeigen. Auch die weiche Lettenmasse, welche die Kugeln verbindet, ift, sonderbar genug, in gekrümmte Lamellen getheilt, die sich durch alle Zwischenräume der Kugeln durchwinden. Ich habe mich bei dem ersten Anblick befragt, ob das Ganze statt verwitterter, sparsam olivinhaltiger Basaltkugeln nicht vielleicht in der Ausbildung begriffene, aber gestörte Maffen darböte. Es spricht dagegen die Analogie der wirklichen, mit Thon- und Mergelschichten gemengten Kugelbasalt-Hügel, welche oft von sehr kleinen Dimensionen im böhmischen MittelGebirge, theils isolirt, theils lange Basaltrücken an beiden Extremen krönend, gefunden werden. Einige der Hornitos sind so aufgelöft oder haben so große innere Höhlungen, daß Maulthiere, wenn man sie zwingt, die Vorderfüße auf die flächeren zu sehen, tief einsinken, wogegen bei ähnlichen Versuchen, die ich machte, die Hügel, welche die Termiten aufbauen, widerstanden.

In der Basaltmasse der Hornitos habe ich keine Schlacken oder Fragmente älterer durchbrochener Gebirgsarten, wie in den Laven des großen Jorullo, eingebacken gefunden. Was die Benennung Hornos oder Hornitos besonders rechtfertigt, ist der Umstand, daß in jedem derselben (ich rede von der Epoche, wo ich die Playas de Jorullo durchwanderte und mein Journal niederschrieb, 18. September 1803) die Rauchsäulen nicht aus dem Gipfel, sondern seitwärts ausbrechen. Im Jahre 1780 konnte man noch Cigarren anzünden, went man sie, an einen Stab befestigt, 2 bis 3 Zoll tief eingrub; in einigen Gegenden war damals durch die Nähe der Hornitos die Luft so erhißt, daß man Umwege machen mußte, um das Ziel, das man sich vorgesezt, zu erreichen. Ich fand troß der Erkaltung, welche nach dem allgemeiner Zeugniß der Indianer die Gegend seit 20 Jahren erlitten hatte, in den Spalten der Hornitos meist 93° und 95° Cent.; zwanzig Fu von einigen Hügeln hatte die umgebende Luft da, wo keine Dämpfe mich berührten, noch eine Temperatur von 42°,5 und 46°,8, wenn die eigentliche Luft-Temperatur der Playas zu derselben Stunde faum 25° war. Die schwach schwefelsauren Dämpfe entfärbten reagirende Papierstreifen, und erhoben sich einige Stunden nach Sonnen-Aufgang sichtbar bis 60 Fuß Höhe. An einem frühen, kühlen Morgen ist der Anblick der Rauchsäulen am merkwürdigsten. Gegen Mittag, ja schon nach 11 Uhr, sind sie ganz erniedrigt und nur in der Nähe sichtbar. Im Innern von mehreren der Hornitos hörten wir Geräusch wie Sturz von Wasser. Die kleinen basaltischen Backöfen sind, wie schon oben bemerkt worden ist, leicht zerstörbare Gebäude. Als Burkart, 24 Jahre nach mir, das Malpais besuchte, fand er keinen der Hornitos mehr rauchend; ihre Temperatur war bei der meisten die der umgebenden Luft, und viele hatten alle Regelmäßigkeit der Gestalt durch Regengüsse und meteorische Einflüsse verloren. Dem Hauptvulkan nahe fand Burkart kleine Kegel, die aus einem braunrothen Konglomerate von abgerundeten oder eckigen Lavastücken zusammengefeßt waren und nur locker zusammenhingen. Mitten in dem erhobenen, von Hornitos bedeckten Areal sieht man noch ein Ueberbleibsel der alten Erhöhung, an welche die Gebäude der Meierei San Pedro angelehnt waren. Der Hügel, den ich auf meiner Karte angedeutet, bildet einen Rücken, welcher von Often nach Westen gerichtet ist, und seine Erhaltung an dem Fuß des großen Vulkans erregt Erstaunen. Nur ein Theil ist mit dichtem Sande (gebranntem Rapilli) bedeckt. Dir hervorstehende Basaltklippe, mit uralten Stämmen von Ficus indica und Psidium bewachsen, ist gewiß, wie die des Cerro del Mirador und der hohen Gebirgsmassen, welche die Ebene in Often bogenförmig begränzen, als der Katastrophe präeristirend zu betrachten.

Es bleibt mir übrig, die mächtige Spalte zu beschreiben, auf der in der allgemeinen Richtung von SSW nach NNO sechs an einander gereihte Vulkane sich erhoben haben. Die partielle Richtung der ersten drei, mehr füdlichen und niedrigeren, ist SW—NO; die der folgenden drei faft S-R. Die Gangspalte ist also gekrümmt ge

wesen, und hat ihr Streichen ein wenig verändert, in der Totallänge von 1700 Toisen. Die hier bezeichnete Richtung der gereihten, aber sich nicht berührenden Berge ist allerdings fast rechtwinklig mit der Linie, auf welcher nach meiner Bemerkung die merikanischen Vulkane von Meer zu Meer auf einander folgen. Diese Differenz nimmt aber weniger Wunder, wenn man bedenkt, daß man ein großes geognostisches Phänomen (die Beziehung der Hauptmassen gegen einander quer durch einen Kontinent) nicht mit den Lokalverhältnissen der Orientation im Innern einer einzelnen Gruppe verwechseln darf. Der lange Rücken des großen Vulkans von Pichincha hat auch nicht die Richtung der Vulkanreihe von Quito, und in unvulkanischen Ketten, z. B. im Himalaya, liegen, worauf ich schon früher aufmerk sam gemacht habe, die Culminationspunkte oft fern von der allgemeinen Erhebungslinie der Kette. Sie liegen auf partiellen Schneerücken, die selbst fast einen rechten Winkel mit jener allgemeinen Erhebungslinie bilden.

Von den sechs über der genannten Spalte aufgestiegenen vulkani schen Hügeln scheinen die ersteren drei, die südlicheren, zwischen denen der Weg nach den Kupfergruben von Inguaran durchgeht, in ihrem jezigen Zustande die unwichtigsten. Sie sind nicht mehr geöffnet, und ganz mit graulich weißem vulkanischen Sande bedeckt, der aber nicht aus Bimsstein besteht; denn von Bimsstein und Obsidian habe ich in dieser Gegend nichts gesehen. Auch am Jorullo scheint, wie nach der Behauptung Leopold's v. Buch und Monticelli's am Vesuv, der lezte überdeckende Aschenfall der weiße gewesen zu sein. Der vierte nörd liche Berg ist der große und eigentliche Vulkan von Jorullo, dessen Spige ich, troß seiner geringen Höhe (667 Toisen über der Meeresfläche, 180 Toisen über dem Malpais am Fuße des Vulkans und 263 Toisen über dem alten Boden der Playas), nicht ohne Mühseligkeit am 19. September 1803 mit Bonpland und Carlos Montufar erreicht habe. Wir glaubten am sichersten in den, damals noch mit heißen Schwefeldämpfen gefüllten Krater zu gelangen, wenn wir den schroffen Rücken des mächtigen Lavastromes erstiegen, welcher aus dem Gipfel selbst ausgebrochen ist. Der Weg ging über eine krause, schlackige, coak- oder vielmehr blumenkohlartig aufgeschwollene, hellklingende Lava. Einige Theile haben einen metallischen Glanz, andere find basaltartig und voll kleiner Olivinkörner. Als wir uns so in 667 Fuß senkrechter Höhe bis zur oberen Fläche des Lavastroms erhoben hatten, wendeten wir uns zum weißen Aschenkegel, an dem wegen seiner großen Steilheit man fürchten mußte bei dem häufigen und beschleunigten Herabrutschen durch den Stoß an die zackige Lava schmerzhaft verwundet zu werden. Der obere Rand des Kraters, an dessen südwestlichem Theile wir die Instrumente aufstellten, bildet einen Ring von der Breite weniger Fuß. Wir trugen das Baro, meter von dem Nande in den ovalen Krater des abgestumpften Kegels. An einer offenen Kluft strömt Luft aus von 93°,7 Cent. Temperatur. Wir ftanden nun 140 Fuß senkrecht unter dem Kraterrande, und der tiefste Punkt des Schlundes, welchen wir des dicken Schwefeldampfes wegen zu erreichen aufgeben mußten, schien auch nur noch einmal so tief zu sein. Der geognostische Fynd, welcher uns am meisten interessirte, war die Entdeckung mehrerer in die schwarzbasaltische Lava eingebackener, scharfbegränzter weißer, feldspathreicher Stücke einer Gebirgsart von 3-4 Zoll Durchmesser. Ich hielt dieselben zuerst für Syenit; aber zufolge der genauen Untersuchung eines von mir mitgebrachten Fragments durch Gustav Rose gehören fie wohl eher zu der Granit-Formation, welche der Ober-Bergrath Burkart auch unter dem Syenit des Rio de las Balsas hat zu Tage kommen sehen. „Der Einschluß ist ein Gemenge von Quarz und Feldspath. Die schwarzgrünen Flecken scheinen mit etwas Feldspath zusammengeschmolzener Glimmer, nicht Hornblende, zu sein. Das eingebackene weiße Bruchstück ist durch vulkanische Hiße gespalten, und in dem Risse laufen weiße, zahnförmige, geschmolzene Fäden von einem Rande zum anderen."

Nördlicher als der große Vulkan von Jorullo und der schlackige Lavaberg, den er ausgefpieen in der Richtung der alten Basalte des Cerro del Mortero, folgen die beiden legten der oft genannten sechs Eruptionen. Auch diese Hügel waren anfangs sehr wirksam, denn das Volk nennt noch jeßt den äußersten Aschenberg el Volcancito. Eine nach Westen geöffnete weite Spalte trägt hier die Spuren eines zerstörten Kraters. Der große Vulkan scheint, wie der Epomeo auf Ischia, nur einmal einen mächtigen Lavastrom ergoffen zu haben. Daß seine lavaergießende Thätigkeit über die Epoche des ersten Ausbruchs hinaus gedauert habe, ist nicht historisch erwiesen; denn der feltene, glücklich aufgefundene Brief des Pater Joaquin de Ausogorri, kaum zwanzig Tage nach dem ersten Ausbruch geschrieben, handelt fast allein von den Mitteln „Pastoral-Einrichtungen für die bessere Seelsorge der vor der Katastrophe geflohenen und zerstreuten Landleute" zu treffen; für die folgenden 30 Jahre bleiben wir ohne alle Nachricht. Wenn die Sage sehr allgemein von Feuern spricht, die eine so große Fläche bedeckten, so ist allerdings zu vermuthen, daß

alle sechs Hügel auf der großen Spalte und ein Theil des Malpais selbst, in welchem die Hornitos erschienen sind, gleichzeitig entzündet waren. Die Wärmegrade der umgebenden Luft, die ich selbst noch gemessen, lassen auf die Hige schließen, welche 43 Jahre früher dort geherrscht hat; sie mahnen an den urweltlichen Zustand unseres Planeten, in dem die Temperatur seiner Lufthülle und mit dieser die Vertheilung des organischen Lebens, bei termischer Einwirkung des Inneren mittelst tiefer Klüfte (unter jeglicher Breite und in langen Zeitperioden), modifizirt werden konnte.

Man hat, seitdem ich die Hornitos, welche den Vulkan von Jorullo umgeben, beschrieben habe, manche analoge Gerüste in verschiedenen Weltgegenden mit diesen backofenähnlichen kleinen Hügeln verglichen. Mir scheinen die merikanischen, ihrer inneren Zusammenfeßung nach, bisher noch sehr kontrastirend und isolirt dazustehen. Will man Auswurfskegel alle Erhebungen nennen, welche Dämpfe ausstoßen, so verdienen die Hornitos allerdings die Benennung von Fumarolen. Die Benennung Auswurfskegel würde aber zu der irrigen Meinung leiten, als seien Spuren vorhanden, daß die Hornitos je Schlacken ausgeworfen oder gar, wie viele Auswurfskegel, Lava ergossen haben. Ganz verschieden z. B. sind, um an ein größeres Phänomen zu erinnern, in Kleinasien, auf der vormaligen Gränze von Mysien und Phrygien, in dem alten Brandlande (Katakefaumene), „in welchem es fich (wegen der Erdbeben) gefahrvoll wohnt“, die drei Schlünde, die Strabo yvom, Blasebälge, nennt, und die der verdienstvolle Reisende William Hamilton wieder aufgefunden hat. Auswurfskegel, wie sie die Insel Lancerote bei Tinguaton, oder Unter-Italien, oder (von kaum zwanzig Fuß Höhe) der Abhang des großen kamtschadalischen Vulkans Awatscha zeigen, den mein Freund und sibirischer Reisegefährte, Ernst Hofmann, im Juli 1824 erstiegen, bestehen aus Schlacken und Asche, die einen kleinen Krater, welcher sie ausgestoßen hat und von ihnen wieder verschüttet worden ist, umgeben. An den Hornitos ist nichts kraterähnliches zu sehen, und sie bestehen, was ein wichtiger Charakter ist, aus bloßen Basaltkugeln mit schalig abgesonderten Stücken, ohne Einmischung loser, eckiger Schlacken. Am Fuß des Vesuvs, bei dem mächtigen Ausbruch von 1794 (wie auch in früheren Epochen) bildeten sich, auf einer Längenspalte gereiht, 8 verschiedene kleine Eruptions-Kratere, bocche nuove, die sogenannten parasitischen Ausbruchskegel, lavaergießend und und schon dadurch den Jorullo - Hornitos gänzlich entfremdet. Ihre Hornitos", schrieb mir Leopold v. Buch,,,sind nicht durch Auswürflinge aufgehäufte Kegel; sie sind unmittelbar aus dem Erd- Innern gehoben." Die Entstehung des Vulkans von Jorullo selbst wurde von diesem großen Geologen mit der des Monte nuovo in den phlegräischen Feldern verglichen. Dieselbe Ansicht der Erhebung von sechs vulkanischen Bergen auf einer Längenspalte hat sich (s. „Kosmos“ IV, G. 336-337) dem Oberst Riaño und dem Berg-Kommissar Fischer 1789, mir bei dem ersten Anblick 1803, Herrn Burkart 1827 als die wahrscheinlichere aufgedrängt. Bei beiden neuen Bergen, entstanden 1538 und 1759, wiederholen sich dieselben Fragen. Ueber den füd-italischen sind die Zeugnisse von Falconi, Pietro Giacomo di Toledo, Francesco del Nero und Porzio umständlicher, der Zeit der Katastrophe nahe und von gebildeteren Beobachtern abgefaßt. Eines dieser Zeugnisse, das gelehrteste des berühmten Porzio, sagt: „Magnus terrae tractus, qui inter radices montis, quem Barbarum incolae appellant, et mare juxta Avernum jacet, sese erigere videbatur et montis subito nascentis figuram imitari. Iste terrae cumulus aperto veluti ore magnos ignes evomuit, pumicesque et lapides, cineresque."

Italien.

Neapels literarische und wissenschaftliche Bewegung
in neuerer Zeit.

Die Königlich Bourbonische Gesellschaft zu Neapel ist nach dem Vorbilde des Instituts von Frankreich eingerichtet. Sie besteht aus drei besonderen Akademieen, deren Aufgabe es ist, den Sinn für das Schöne unter allen Gestalten zu verbreiten.

Im Zusammenhange mit der Akademie der schönen Künfte steht das königliche Pensionat zu Rom für junge Künftler, die sich in Neapel bei ihren ersten Studien ausgezeichnet haben und deren hervorragendes Talent Großes in der Zukunft verheißt. Den Schülern dieses Pensionats, die ausgebildet heimkehren, verdankt Neapel Hauptkunstwerke, die im Königreich ausgeführt wurden. Die beiden Paläste zu Neapel und Caserta wurden vom Architekten Genovese erbaut und von den bedeutendsten Künstlern des Landes mit Statuen und Malereien geschmückt; das schöne und bequeme Theater zu Messina ist das Werk des Architekten Valente; der Triumphbogen des Königs Alphons von Aragonien wurde nach einem alten Modell, das die ursprünglichen Formen desselben zeigt, von den Architekten Catalano, Veneri und Travaglini wiederhergestellt. Kirchen wurden neu aufgeführt oder restaurirt

und an allen nöthigen Punkten mit Malereien und Skulpturen verziert; namentlich die Kirchen San Dominico Maggiore und Madonna dei Grazie zu Neapel; kolossale Marmorftatuen, die vornehmsten Könige beider Sicilien darstellend, wurden für Palermo von den Bildhauern Angelini, Persico und den Brüdern Cali ausgeführt. Guerra malte in der Hieronymitenkirche die biblische Geschichte al fresco. Die meisten dieser Künstler find gegenwärtig Profefforen an der königlichen Kunstschule und refidirende oder korrespondirende Mitglieder der Akademie.

Die legten Kunstausstellungen im Königreich fanden im Herbst 1851 und im Frühling 1855 statt. Die Zahl der Gemälde und Statuen in jener war 874; in dieser 860- keine sehr bedeutende Ziffer, wenn, wie mit Grund vermuthet wird, untermittelmäßiges Gut darin stark

vertreten war.

Die Akademie der schönen Künste hat auch eine Abtheilung für Musik. Ein Mitglied dieser Abtheilung, der Komponist Mercadante, ist General-Direktor des Konservatoriums für Sänger, Instrumentisten und Tonfeßer. Die Anstalt besigt eine kostbare Bibliothek, worin sich die autographischen Partituren der hervorragendsten Meister finden.

Die königliche Akademie der Alterthümer (Ercolanese) ist mit der schönsten Aufgabe betraut, die den Gelehrten überwiesen werden kann. An Ort und Stelle selbst, wo die reichsten, die kostbarsten Entdeckungen in Bezug auf Kunst und Leben des Alterthums gemacht werden, haben die Mitglieder dieser Akademie die Inschriften auszulegen, die Denkmäler, die bereits in den Sälen des Museums niedergelegt sind, oder die neu hinzugekommenen, die mit jedem Tage an's Licht gefördert werden, zu studiren und endlich die herkulanischen Papyrusrollen zu entziffern, oder doch zu errathen, was sie nicht entziffern können. 1855 hat die Akademie den eilften Band der Sammlung: „Herculanensium voluminum quae supersunt", ausgegeben. In diesem Bande findet sich, unter anderen kostbaren Editionen, der erfte und zweite Theil des vierten Buches von dem Werke eines bis jest unbekannt gewesenen griechischen Epikuristen, Philodemos, über die Rhetorik. Das Originelle dieses Buches besteht in der Beredtsamkeit, womit sich der Verfasser über die Beredtsamkeit luftig macht; er greift die Regeln der Kunst an und behauptet mit seinem Meister Epikur, daß die Natur allein den Dichter und Redner mache. Ein Band Inschriften und Kommentarien, den Avellini, beständiger Secre= tair der Akademie, angelegt hatte und den diese nach dem Tode jenes Gelehrten fortseßte, ist auf dem Punkte zu erscheinen. Gervasio, residirendes, und Fiorelli, korrespondirendes Mitglied, verfolgen ihre Studien über die Inschriften. Lezterer hat bereits alle Oscischen Inschriften in einem Bande veröffentlicht, unter dem Titel: Monumenta epigraphica Pompeiana ad fidem archetyporum expressa". Er will später die griechischen und lateinischen Inschriften abdrucken lassen. Die Akademie beschränkt sich aber nicht auf das Alterthum, auch die Untersuchungen über das Mittelalter zieht sie in ihren Wirkungskreis. So beschrieb neulich Genovese mit der größten Sorgfalt eine Urkunde aus dem zwölften Jahrhundert.

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Die Akademie der Wissenschaften umfaßt die Gebiete der Geschichte, Philosophie, Moral und Politik. In erster Reihe der Werke, die aus dem Schoße dieser Akademie hervorgegangen, bemerkt man: ,, Ueberblick über die Geschichte der Menschheit", von Ventignano, be= kannter durch seine Dramen, als durch philosophische Arbeiten. In der mathematischen Abtheilung sind die Leistungen Gasparis' be merkenswerth, der in wenigen Jahren sieben Planeten entdeckt hat. In der Abtheilung der Naturwissenschaften sind Sacchi und Nobile gleich ausgezeichnet. Costa sezt seine,,Fauna des Königreichs Neapel“, die er 1829 begonnen, fort, indem er zugleich ein anderes Werk „Paläontologie des Königreichs Neapel“, anlegt, das wahrscheinlich von nicht geringerem Umfang sein wird.

Der öffentliche Unterricht wird in Lyceen, in Gymnasien, in Elementar, Bürger- und Privatschulen, sowie in Seminarien ertheilt. Die oberste Leitung dieser Anstalten für die Provinzen des Festlandes steht unter einem Rath des öffentlichen Unterrichts, der von dem Ministerium der Geistlichen- und Schulangelegenheiten abhängt; in Sicilien ist die Leitung einer Studienkommission anvertraut, die vom Minifterium des Innern und von dem Statthalter des Königs auf der Insel ressortirt. Jener Rath und diese Kommission bestehen je aus acht Mitgliedern und einem vom König ernannten Präsidenten. Alle Unterrichtsanstalten in den Provinzen Neapel und Palermo stehen unter der unmittelbaren Ueberwachung dieser Präsidenten, und in den anderen Provinzen des Reiches unter den Bischöfen, Intendanten und Schul-Inspektoren, die mit diesen Präfidenten korrespondiren.

Die vier Universitäten zu Neapel, Palermo, Messina und Catanea haben alle das Promotionsrecht. In den Provinzen jenseit des Faro

di Messina müssen die Studirenden an einer der drei Universitäten der Insel, je nach der Provinz, der sie angehören, ihren Kursus machen. Diesseit des Faro giebt es sechs Lyceen und mehrere Gymnasien. An den meisten der lezteren Anstalten ist die Leitung und der Unterricht geistlichen Orden, namentlich Jesuiten, anvertraut. In Neapel find, außer den königlichen, sieben Privatgymnasien; andere in den übrigen Provinzen.

Bürgerschulen bestehen in jeder Hauptgemeinde und belaufen sich in allen Provinzen des Festlandes auf 58; Elementarschulen für Kinder beiderlei Geschlechts sind in jeder Gemeinde. Für Mädchen aus den höheren und bemittelteren Ständen sind in der Hauptstadt drei königliche Institute: zwei unter dem Namen „Königin Isabelle von Bourbon" und eine unter dem Namen die unbefleckte Maria“.

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Auf Sicilien giebt es drei Lyceen zu Trapani, Nicosia, Regalbuto, zwei Akademieen, die in Betreff des Unterrichtes den Lyceen entsprechen, in Syrakus und Caltagirone, und 23 königliche Gymnasien, wovon drei zu Palermo. Hier sind auch Normalschulen, Lancasterschulen, Gewerbeschulen, eine Marine- Schule, ein königliches Institut für junge Leute; auch andere Städte der Insel: Catanea, Milazzo, Messina, Trapani und Syrakus haben Normal-, Kommunal, Bürger- und Marine-Schulen.

An materiellen Fortschritten fehlt es demnach in Neapel nicht; woran es fehlt, das ist die Sicherheit, das Vertrauen auf die Unverlegbarkeit der individuellen Freiheit. Die Einheimischen sind in steter Furcht, das leiseste Wort könnte sie in's Gefängniß bringen; den Ausländern wird die Reise in's Königreich von Allen widerrathen, welche die Stimmung der Behörden kennen. Das beste Mittel für das Kabinet des Königs Ferdinand, die augenfällig übertriebenen Anklagen zum Schweigen zu bringen, wäre, Einiges von dem liberalen Sinn, den es in den materiellen Intereffen walten läßt, auch auf die politischen Intereffen zu übertragen. (A. d. d. M).

Mannigfaltiges.

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Das Athenaeum und die Brüder Schlagintweit. In dem Londoner Athenaeum vom 6. d. M. befindet sich ein sehr heftiger Angriff auf die Brüder Schlagintweit, deren Verdienst um die Erweiterung der geographischen Kenntniß Indiens völlig in Abrede gestellt wird. Es wird behauptet, daß sie blos von Anderen längst betretene und bereits nach allen Seiten geschilderte Pfade beschritten und ohne Nennung ihrer zahlreichen Vorgänger, wie Capt. Herbert, die Obersten Hodgson, Everest und Waugh, Gerard, Strachey, Hooker, Thomson, Cunningham, Royle, Vigne, Jacquemont u. A., dargestellt hätten. Die ganze Philippika des Athenaeum trägt jedoch den Charakter der nationalen Mißgunst und der eifersüchtigsten Wahrnehmung nicht der Wissenschaft — sondern von Pfund, Shilling und Pence. Die Herren Schlagintweit", heißt es unter Anderem in dem englischen Blatte, sind Deutsche, wohnen in Deutschland, nennen sich Naturforscher Sr. Maj. des Königs von Preußen, haben von England zur Ausrüstung ihrer Expedition ebenso viele Tausende von Pfd. Sterling erhalten, als Hunderte vom Könige von Preußen, und alle ihre Sammlungen, die in dreihundert Kisten enthalten sein sollen, sind nach Deutschland geschickt worden!“ Herr Hermann Schlagintweit hat an die Direktoren der Ostindischen Compagnie eine aus London vom 21. September 1857 datirte Denkschrift gerichtet, worin er die großen Vortheile auseinanderseßt, welche eine genaue physikalische, namentlich aber magnetische, meteorologische, geognoftische und botanische Beschreibung Indiens, deffen Bodenreichthümer zum größten Theil noch unerforscht seien, für die Verwaltung und die Zukunft dieses Landes haben müsse. Die in Dublin versammelt gewesene britische Gelehrten-Association hat auch diesen Darstellungen der Brüder Schlagintweit das lebhafteste Interesse und den größten Beifall geschenkt. Aber was kümmert das den auf Pfund, Shilling und Pence, sowie auf den Besiß der Schlagintweitschen Reisekoffer eifersüchtigen Referenten des Athenaeum? Was kümmert es ihn, daß Se. Majestät der König von Preußen lediglich im Interesse der Wissenschaft die von Männern, wie Alexander v. Humboldt und Karl Ritter, empfohlenen gelehrten Brüder unterstüßt hat, während England und die Ostindische Compagnie den realsten Nugen von den Forschungen der deutschen Gelehrten haben und daher bei ihrer Unterstügung derselben eben nur eine Geldspeculation machen? Verlangt der englische Referent vielleicht, daß Preußen Geld hergeben soll, um für die englische Regierung in Ostindien neue Handelsstraßen, Me tall- und Kohlenbergwerke aufzufinden? Sollen die Naturaliensammlungen, welche so und so viele preußische Thaler gekostet, etwa darum nach England geschafft werden, weil die Direktoren der Ostindischen Compagnie zu ihren eigenen Zwecken, nicht aber zum Ankauf jener Sammlungen, so und so viele Pfund Sterling bewilligt hatten? Das möge das Athenaeum beantworten!

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