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Edler Seelen heil'ge Gluth Strömt in unsre Lebensfluth Und erhebt in ihrer Reinheit Hoch uns über die Gemeinheit.

Wer ein solches Lebensbrod Bringt in unsre Seelennoth Und mit Manna überregnet, Sei gepriesen, sei gesegnet!

Also dacht' ich, als ich saß
Und vom Heer der Todten las,
Las, wie diese edlen Briten
Hunger, Frost und Bein gelitten.
Wie verwundet und erschlagen
Sie auf eis'gem Felde lagen,
Oder in des Sterbens Jammer
Stöhnten in verlass'ner Kammer.

Aber sieh! im Haus der Qual
Wird es hell mit einemmal,
Eine Jungfrau seh' ich wallen
Mit der Lampe durch die Hallen.

Wie im Traum ein Engel grüßt
Und des Dulders Pein versüßt,
So von Einem hold zum Andern
Siehst du dieses Mädchen wandern.

Ging ein Himmelsfenster auf,
Ward geschlossen bald darauf?
Sich, das Bild, von Glanz umwunden,
Ist gekommen, ist verschwunden.

Doch der Strahl, der in die Nacht
Goß so süße Liebesmacht,
Leuchtet mit dem heil'gen Lichte
Durch die Pforten der Geschichte.

Mit der Lampe in der Hand
Lebt sie ihrem Vaterland;
Bild des Guten und des Schönen,
Edle Weiblichkeit zu krönen.

Als Symbole geben wir

Palme, Speer und Lilie ihr,
Wie sie in der Vorzeit Tagen
Filomena hat getragen.

Mannigfaltiges.

L. v. P.

- Das Klosterleben Kaiser Karl's V., von William Stirling.) Das englische Original hat bereits die dritte Auflage erlebt, während die deutsche Ueberseßung hier zum zweitenmale vor uns erscheint - ein Beweis, daß das Buch seine Leser gefunden hat. Bekanntlich sind durch Washington Irving und Prescott in neuerer Zeit die vielfach irrigen und legendenartigen Erzählungen von dem Klosterleben Karl's V., auf Grund authentischer Quellen, berichtigt worden, indem diese gewiegten Forscher nachwiesen, wie viel hier die unklare Vorstellung, die dichtende Sage, mit einem Worte, die Romantik gethan. Seit jener Zeit sind mehrfach neue Dokumente, namentlich durch Mignet, aufgefunden und veröffentlicht worden, die auf einzelne Partieen noch helleres Licht warfen und es ermöglichten, das aufgestellte Gemälde noch weiter abzurunden. So liegt das Buch vor uns eine Monographie, ein historisches Kabinetsstück, das innerhalb der gezogenen engen Gränzen eine Kleinmalerei, eine Naturwahrheit, eine Treue in den Einzelnheiten erlaubt, die bei größeren Geschichtswerken natürlich nicht am Orte wären. Wir sehen hier den Kaiser und die Personen, die in seiner Nähe lebten oder sonst mit ihm in Verbindung standen, in so leibhafter Gestalt, in so sprechender Physiognomie uns vorgeführt, daß wir mit ihnen zu leben glauben; wir betrachten die Zeitereignisse aus der engen Perspektive des Klosters Jufte, aber um so schärfer, weil wir sie gewissermaßen miterlebten, während sie aus der Vogelperspektive der großen Geschicht schreibung uns ferner stehen; die politischen und kirchlichen Zustände Spanien's in jener Zeit werden uns überraschend nahe gerückt und man wird für ein umfassendes Studium jener Zeit aus der Lesung dieses Buches nicht geringen Vortheil ziehen, eben weil wir mit ihren Helden die möglichst genaueste Bekanntschaft gemacht haben. Denn der Verfasser hat es verstanden, uns die Aussicht in's Freie und Weite offen zu halten, und verliert sich keinesweges in den Einzelnheiten, die er vorführt. Der alte kränkliche Kaiser mit seiner Welt

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*) Aus dem Englischen von M. B. Lindau. Zweite berichtigte und vermehrte Auflage. Dresden, Rudolph Kunze, 1858.

verachtung und Staatsklugheit, die er troßdem fortwährend bethätigt, mit seinem guten Appetite und feinem schlechten Magen; sein wackerer Majordomus Quijada, ein echter, biederer, altspanischer Hidalgo und Pflegevater des jungen Juan d'Auftria; der gewandte Secretair Martin Gastelu; der gelehrte, geistreiche, treue Kammerherr Wilhelm van Male, der seinem kranken Herrn die Gaben der Mufen vermittelt; der geschickte Lombarde Giovanni Torriano, des Kaisers Uhrmacher und Mechanikus; des Kaisers Schwestern, die Königinnen Eleonore und Maria; der spanische Grande und spätere Jesuiten-Pater Borja z die Hieronymiten von Juste u. f. w. find köstliche Bilder aus dem sechzehnten Jahrhundert, wie die Phantasie des Romanschreibers fie schwerlich zu erfinden vermöchte. Dazu kommt, daß der Verfaffer die umfaffendsten Studien an den Orten selbst gemacht hat, die er schildert. Die Darstellung ist geschickt gruppirt und vortrefflich durchgeführt.

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Shakspeare's Werke, von Delius. Die drei leßten Lieferungen von Shakspeare's Werken, in englischer Sprache, mit deutschen erklärenden Anmerkungen und literargeschichtlichen Einleitungen, herausgegeben von Dr. Nikolaus Delius,*) umfaffen die vielbekannte und zum Theil auch sehr populäre Trilogie der Jugend- und Regierungsgeschichte Heinrich's V., sowie der „, Humorous Conceits of Sir John Fallstalffe""") und feiner Compagnie. Wir theilen aus der Deliusschen Einleitung Nachstehendes mit: Die Geschichte Hein= richs IV. und seines Sohnes, Heinrich's V., war schon lange, ehe Shakspeare fie in den drei nach ihnen benannten Dramen behandelt hatte, auf die englische Bühne gebracht worden in einem Drama, be= titelt:,,The Famous Victories of Henry the Fifth". Von unbekanntem Verfasser und von unbestimmtem Datum, aber jedenfalls vor 1588 geschrieben, da der Schauspieler Tarlton, der darin aufgetreten, in diesem Jahre starb, behauptete sich dieses schwache und rohe Machwerk auch neben den Shakspeareschen, denselben Stoff behandelnden Dramen und wurde auch in verschiedenen Abdrücken, nachdem es 1594 in die Register der Buchhändler eingetragen war, wieder aufgelegt im Jahre 1598. In einer dritten Auflage erschien es zur Zeit Jakob's I., freilich ohne Jahreszahl, doch mit der auf dem Titel blatt, zur Täuschung des Publikums, hinzugefügten Notiz: „As it was acted by the King's Majesty's Servants" (wie es von den Königlichen Schauspielern aufgeführt worden). Die fortdauernde Popularität, deren sich dieses Drama erfreut haben muß, mag Shakspeare veranlaßt haben, dasselbe, troß seiner Werthlosigkeit, insofern zu berücksichtigen, als er den Gedanken eines durch alle drei Dramen durchgeführten Gegensages zwischen dem historisch ernsten Theile und dem humoristischen daraus entlehnte und den Prinzen Heinrich einerseits in seinem Verhältnisse als Sohn, später als König und Eroberer in Frankreich, andererseits in seinem Verkehr mit lockeren Gefellen darstellte, auf welchen legteren die Holinshedsche Chronik nur hingedeutet hatte. So entsprechen etwa einigen Scenen im ersten Theile von,, King Henry IV.", wenn auch in unendlichem Abstande und in kaum erkennbaren Zügen, einige Ecenen der „, Famous Victories", welche die Beraubung der königlichen Einnehmer durch den Prinzen und seine Gesellen und endlich die Verständigung mit seinem Vater vorführen." Wie wenig Shakspeare freilich außer den Namen und bloßen Figuren aus diesem ,,rohen und wiglosen dramatischen Wuste" entlehnen konnte, beweisen mehrere längere Proben, welche Delius in seinen Einleitungen aus den „,Famous Victories" mittheilt. Von den in dem leggenannten Drama aufgeführten Gesellen des Prinzen entspricht Sir John Oldcastle, auch Jockey genannt, dem Shakspeareschen Sir John Falstaff, wenn auch nicht in der von dem großen Dichter zuerst geschaffenen Charakteristik, so doch wahrscheinlich in der äußeren Erscheinung auf der Bühne, was denn eine zu Shakspeare's Zeit häufig wiederkehrende Verwechslung oder Identification beider Figuren beim Publikum zur Folge hatte". Daß namentlich die vielen Wortwiße Falstaff's, Bardolph's, Pistol's und Nym's, sowie die französisch-englischen Conversationen zwischen Heinrich V., der Prinzessin Katharine und ihrer Hofdame Alice, bei ihrer Uebertragung in's Deutsche viel verlieren, ist einleuchtend; in dieser Beziehung ist das Verständniß des englischen Originales, das durch die Deliusschen Anmerkungen sehr erleichtert wird, ganz unentbehrlich.

*) Elberfeld, Verlag von R. L. Friderichs, 1857. Seitdem dies geschrie ben wurde, ist uns auch noch das erste Stück des vierten Bandes dieser Ausgabe:,, King Henry VI., Part. I" zugegangen. D. N. **) So schreibt die erste Quart-Ausgabe Shakspeare's den Namen des tapferen Trinkers. D. R.

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und Herzensbetheiligung zweier hochverehrten Mütter um sie her; die glänzende Stellung und die historische Macht, die ihrer harrt und ihnen so gewaltigen Einfluß auf das Wohl und Wehe von Millionen giebt dies Alles und noch mehr vereinigt sich zu Stimmungen und

Ein Rückblick auf die Feste zweier Nationen, im Januar Empfindungen, wie sie für ein National- und Volksfest nicht inhaltund Februar 1858.

So wenig sich auch gewöhnliche Sterbliche, wie unsereins, rühmen können, aus eigener Anschauung über die Festlichkeiten des vorigen Monats zu berichten, giebt es doch Stoff und Veranlassung genug dazu. Beide Völker, die in der Verbindung der beiden hohen Fürstenhäuser, des Hohenzollernschen und Guelphischen, ihre eigene Verbindung und Freundschaft freudig und hoffnungsvoll begrüßten, wollten die Vermählungs-Feierlichkeiten als nationale, volksthümliche Feste betrachtet wissen und das Programm derselben danach eingerichtet sehen. Die Verbindung, reich an historischen Erinnerungen und an Hoffnungen für die Zukunft, verdiente auch eine solche Feier. Sie erinnert an Sophie Charlotte, die Freundin von Leibniz, welcher Preußen seine Akademie der Wissenschaften und manche andere Keime der Kultur verdankt; fie erinnert an Sophie Dorothea, diese schon wegen ihres Sohnes unvergeßliche Tochter der Welfen, die uns Friedrich den Großen gebar. Sie erinnert ferner an den Schmerz, den der große König mit durch sein Leben trug, die leere Stelle in seinem Herzen, welche nach seiner Mutter und seinem eigenen geheimften Wunsche für eine Tochter Englands, die Prinzessin Amelia, bestimmt war und aus Unnachgiebigkeit politischer Rücksichten unausgefüllt blieb. So führt die jezt feierlich und freudig vollzogene Verbindung zu der, eines patriotischen Dichters würdigen Vorstellung, als ob jezt ein blühender Großneffe, mit dem jungen, theuren Schage feines Herzens und der neuen Hoffnungsquelle der Nation, zugleich auch dem unsterblichen Herzen seines größten Ahnen den nie im Leben empfundenen Frieden und die nie genoffene Freude bringe.

Was die Zukunft und die Hoffnungen betrifft, die freudig und volksthümlich malerisch das heimkehrende hohe Paar umjauchzen und umleuchten, so find sie zum Theil nach meiner englischen Erfahrung zu englisch und weniger deutsch und national, als Preußen und ganz Deutschland Recht und Grund haben zu erwarteu; aber das stört und beeinträchtigt das große, blühende Faktum nicht, daß man überhaupt hofft, liebt und glaubt. Dies bildet zunächst eine belebende, zu aller möglichen Schöpfung begeisternde und kräftigende Atmosphäre. Schöne Kräfte, die schlummerten und müde niederhingen, wachen mit neuem Lebensgefühl auf. Die Rührung der Freude und Hoffnung schafft Rührigkeit.

Alle Arten von Hoffnungen suchen Verwirklichung; die inhalt vollsten, gesundesten, dem deutschen Volke und Genius Preußen eigen sten und intensivsten werden siegen. So darf uns die Verschiedenheit und der Widerspruch in den Hoffnungen nicht stören, sie sind nur Beweis eines reichen Lebens, eines blühenden Vorraths von Materialien für den Bau der Zukunft. Außerdem sind diese Hoffnungen wohl alle noch rein, poetisch flüssig und haben noch nirgends den Charakter von Sonder-Intereffen angenommen.

Die schöne blühende Jugend des hohen Paares, das man begrüßte, ihre unter den glücklichsten Verhältnissen, ohne politische Hindernisse und politische Speculationen, unter Freudenthränen der Aeltern und nächsten Angehörigen vollzogene Verbindung (eine wirklich herzrührende Scene unmittelbar nach der Trauung, die gar nicht mit im Programm stand und, als echt menschlich und herzlich, den Ceremonienmeister ganz außer Fassung gebracht haben soll), die kindliche, weichherzige Einfachheit und hohe Bildung der nun in Berlin eingezogenen Tochter Englands, der die verschwindenden Ufer von Gravesend noch so rüh rend weit hinüber nachriefen: „Wir übergeben fie Deinem Schuge!" der so manche arme Alte aus den Gegenden Osborne's nachweinte, wo sie so oft als Kind und Jungfrau gespielt und wo fie, wie Vögel des Waldes früh auf, hinausgejubelt in den Morgen, um Blumen und Meeresschäge am Seeufer zu suchen und Armuth und Leid um sich her zu trösten; diese Jugend und hohe Bildung in ihnen, diese Freude

reicher und bedeutungsvoller gewünscht werden können.

Nach den Berichten von Berlin über die Einholungs- und Empfangsfeftlichkeiten und nach den Erinnerungen und Materialien, die noch von früheren ähnlichen Festen des preußischen Königshauses in allen Klassen des Volkes übrig geblieben find, müssen diese EinholungsFestlichkeiten eben so glänzend, als national und volksthümlich ausgefallen fein. Und hier bieten sich Vergleichungspunkte mit den englischen Festlichkeiten, die vom Anfang bis zu Ende, bei aller Pracht und Kostbarkeit, in keiner Form nur den Anschein des Volksthümlichen erreichten. Die Times und andere Organe der Preffe sprachen sich wiederholt über die Enge und Unansehnlichkeit des St. James-Palastes aus, besonders der kleinen Kapelle, in welcher die Trauung vollzogen ward. Man hatte Wochen lang, Tag und Nacht, gepußt, dekorirt, gemalt, vergoldet u. f. w. und in den vorhandenen Räumen die größte Pracht entwickelt, diese aber eben so wenig vergrößern, als von den unholden Erinnerungen, die sich in den Winkeln dieser unschönen, winkeligen Baulichkeiten erhalten, reinigen können. Wir haben die gloriose Westminster-Abtei, aber eine Trauung darin hätte eine ExtraAuslage von mindestens 85,000 Pfund nöthig gemacht, sagt die Times. Ich begreife das zwar nicht, aber es muß doch wahr sein. Wahrscheinlich wären dabei „alte Gerechtigkeiten“ der Hochkirche mit mächtiger, begehrlicher Hand aufgetreten, sonst laffen sich die 85,000 Pfund Extra-Kosten gar nicht erklären. So blieb es bei der kurzen Fahrt

von ein paar hundert Schritten aus dem Buckingham in den St. James-Palast und den Prozeffionen innerhalb deffelben in die sehr kleine Kapelle, in welcher nur 1500 der auserlesensten Personen (erfreulicher Weise auch eine schwarze Königstochter aus Afrika, als Antwort auf viele Klagen amerikanischer, republikanischer Diplomaten, daß sie selbft bei feierlichen Gelegenheiten mit farbigen Diplomaten unter ein Dach gebracht würden) Zutritt fanden, so daß selbft 500 Pfund für ein Billet nicht hinreichten, es zu erkaufen. Das Volk konnte dabei nicht einmal Spalier bilden. Es ging bei dem besten Willen nicht: es fehlte an Plaß auf den 12 geographischen Quadratmeilen Londons. Also von Volk, von nationalem Gepräge konnte dabei keine Rede sein.

Von den Bällen und Theater-Vorstellungen zu Ehren der hohen Vermählten waren gewöhnliche Sterbliche auch aus Mangel an Raum und Geld ausgeschlossen. Was wurde in den Theatern gegeben? Die Zeitungen sprechen von der Rose von Castilien“ von Balfe, dem einzigen englischen Komponisten von Bedeutung, von Theilen der hundertmal gegebenen,,Nachtwandlerin", des,,Macbeth" (man denke sich, Macbeth mit seiner Königin, seinen Heren und seiner brutalen Leidenschaft) und einigen sehr albernen Luftspielen oder Farçen. Kein Festgedicht! Keine Gelegenheits-Schöpfung, wozu sich doch für ein poetisches Talent herrlicher Stoff bot, keine jener auf idealen Boden verpflanzten Spiegelbilder freudiger Wirklichkeit, wie sie von unseren besten Dichtern gelegentlich geschaffen und mit schöner Wirkung aufgeführt wurden, und wie sie der im „,Gürzenich" sich rüstende Kölner Gesangverein sich nicht wird nehmen lassen. Nichts als das seit zwanzig Jahren die Königin auf Schritt und Tritt verfolgende God save the Queen, gesungen von Italiänern und mit dem neuen Verse von Tennyson. Also keine einzige schöpferische That für das Nationalfest, wie fie's gleichwohl nennen.

Das Einzige, woran das „Volk“ wirklich Theil nehmen konnte, war Abends die Illumination, die besonders in Fleetstreet, Strand, Haymarket, Negentstreet und einigen daranstoßenden Straßen sehr glänzend war; aber auch hierbei machte sich eine gewiffe Unbeholfenheit, sowie Mangel an Schönheitssinn und Befähigung, seine Freude angemessen kund zu thun, bemerklich. Freilich kann selbst der ärgfte Republikaner nicht sagen, daß es London an Liebe zur Königin und zu ihrer neu vermählten Tochter, an wirklicher Freude über die Verbindung gefehlt

habe. Nein, aber sie wußten es nicht zu zeigen. Es fehlt ihnen an Geschmack, an Productionskraft, an der durch die ganze Schöpfung so reichlich vertheilten Gabe, sich zu freuen, oder der Freude einen paffenden Ausdruck zu geben.

Das war aber auch auf den Straßen gar kein rechtes Volk! Wo find die Infignien, Symbole, Fahnen, idealen Modelle von tausender Lei Werkzeugen der arbeitenden Klassen, welche in Berlin am 21. September 1840 das einziehende Königspaar stundenlang von beiden Seiten her in malerischer Fülle und künstlerischer Mannigfaltigkeit umlachten? Das waren aufgeblühte Volkshoffnungen, so recht aus deffen tiefer, breiter Production und künstlerischer Hand heraus. Diese werden jest wieder reicher und schöner zur Einholuug herangekommen sein. Hier in London war keine einzige Gewerksfahne, kein einziger Hobel zu sehen, keine Spur von Volk, sondern blos ein gleichgültiges, formloses Gedränge und Gequetsche nichtssagender, nichtsgeltender Atome.

Gestalt, nur den Anfang eines langen Briefes, vom 31. August 1775, bildet.

دو

Wenn man diese beiden Fragmente der,,Lettres inédites de Voltaire" mit den beiden bezeichneten vollständigen Briefen in den Oeuvres de Frédéric" vergleicht, so dürfte man anzunehmen berechtigt sein, daß Voltaire fich, 1740 und 1775, mit seinen Briefen an den großen König die Mühe gegeben, dieselben erst zu entwerfen und dann verbessert auszuführen.

Auf jeden Fall bilden die,, Lettres inédites" ein um so schäßbareres Supplement der vortrefflichen Beuchot'schen Ausgabe von Voltaire's Werken, als der Briefwechsel des berühmten Dichters, Voltaire's zuverlässigste Autobiographie, gewiß so lange intereffiren wird, als das achtzehnte Jahrhundert Gegenstand der Geschichte bleibt. Berlin, 31. Januar 1858. Profeffor Preuß.

-

Die Naturwissenschaft im Jahre 1857.
(Schluß.)

Doch wir fahren fort, die Notizen des Herrn Babinet zu reproduziren. Das elektrische Tau von Frankreich nach Algier ist glücklich gelegt; der meteorologische Bericht kommt jeden Tag aus Algerien nach dem Observatorium von Paris. Das englische Lau ist von Sardinien nach Malta bis Korfu gelegt, von wo es nach Kreta, dann weiter nach Alexandrien u. s. w. bis Bombay fortgeführt wersoll.

Das Volk, die produzirenden Klassen, waren in keiner Weise, mit keiner Person, mit keinem Atome vertreten bei den Festlichkeiten. Um meinen Vergleich an etwas Erlebtes anzuknüpfen (an welches sich die jezigen Festlichkeiten in Berlin jedenfalls angeschlossen haben werden), zog das am 21. September 1840 eingeholte Königspaar durch eine Lange, große Doppelreihe von Gewerksfahnen, von arbeitenden, produzirenden Klaffen, durch tausenderlei wundervoll künstlerische Hobel und Meißel, Weberschiffchen, Schmiede-, Hämmer-, Preffungs-, Gyps-, Formungs- und Gestaltungs - Werkzeuge produzirender, Lebensbedürfniffe befriedigender, Kultur, Lurus, Schönheit, Anmuth, Bequemlich-_den keit schaffender und fördernder Volksklassen. Und wie stolz ritten die uniformirten Schlächter und Bäcker und Brauer, diese Lords des preußischen, deutschen Unterhauses von kleinen Meistern und Gefellen. Sogar Lehrjungen waren dabei! Ich sage, das war ein Volksfest, das waren die mitten aus allem Volke heraus blühenden Hoffnungen in langer, langer, fast den ganzen Tag freudig harrender Doppelreihe. Und dieses Volks- und Nationalfest war so sehenswerth, daß König und Königin und Gefolge mit dem größten Intereffe für die Details wohl eine Stunde lang zubrachten, blos um durch die Königsstraße hindurchzukommen, so schön wurden sie stets an beiden Seiten durch die Blüthen der Gewerbs- und Kunstproduction aufgehalten. Und dann zogen sie noch einmal, auf den erpressen Wunsch des Königs, der diese wundervollen Jlluftrationen der arbeitenden Volkskraft noch einmal sehen wollte, vor dem Schloffse vorbei.

Die jest wieder aufgeblühten Volkshoffnungen werden das eingeholte junge Paar noch schöner, noch prächtiger in langen Doppelreihen begrüßt haben. Dort war Alles blühendes, arbeitendes Volk, Bürgerthum, Arbeit, Production, Gewerbs- und Kunstfleiß; hier kein Atom davon. Nur einmal ward in der Times von einem guten Manne vorgeschlagen, man solle zu den Festlichkeiten dem Volke etwas zu effen geben aus einer Kollekte der Gäste bei der Königin. Daraus ward aber nichts, so daß die arbeitenden Klassen, darunter starke, kräftige Kerle, nach wie vor schaarenweise durch die Straßen bettelfingen. Einige singen auch gar nicht, sondern brüllen nur dumpf und schauerlich in ewiger Wiederholung:,,We are poor starving workmen."

Frankreich.

Zwei Briefe an Friedrich den Großen in den Lettres inédites de Voltaire.

In Folge unseres Artikels: „Ein Briefwechsel vor hundert Jah ren, vor und nach den Schlachten bei Roßbach und bei Leuthen" (Nr. 10-12 des „Magazin" von d. 3.) finden wir uns mit nach stehendem Schreiben des königlichen Historiographen, Herrn Profeffor Preuß, beehrt.

"

Verehrtester Herr Redacteur!

Sie haben die,, Lettres inédites de Voltaire, recueillies par M. de Cayrol" so würdig in Deutschland eingeführt und aus denselben noch jüngst einen so schönen historischen Kranz zur Säkularfeier in Ihrem Magazin“ zusammengewunden, daß Sie Ihren Lesern gewiß auch noch einige Zeilen über zwei Briefe in jenen „Lettres inédites de Voltaire", die uns als Preußen näher angehen, gern mittheilen werden. Diese beiden Briefe find die einzigen, unter mehr als 1200 in jener Sammlung, an Friedrich den Großen von Loltaire gerichte ten; aber beide finden sich schon in den ,, Oeuvres de Frédéric le Grand", und zwar in vermehrter und verbesserter Gestalt. Der Brief, welchen M. de Cayrol, T. I, p. 148, als Fragment, unter dem 17. Oktober, unrichtig in das Jahr 1745 gesezt hat, ist T. XXII, p. 41 der Oeuvres de Frédéric", La Haye, 17. octobre 1740 datirt, und hier vollständig, aber ohne den ersten Saß der ,,Lettres inédites", zu finden, welche nur ein Brouillon benußt zu haben scheinen. Ganz ebenso ist es mit der kurzen Nummer 926 der,,Lettres inédites", T. II, p. 438, welche vom 27. August 1775 datirt ist, und welche in den ,, Oeuvres de Frédéric", T. XXIII, p. 346-348, in verbefferter

دو

Diese unterseeischen Verbindungen sind darum von der höchsten Wichtigkeit, weil man hierdurch darauf hingeführt worden ist, die Chorographie des Meeresbodens näher kennen zu lernen und die unterseeischen Bodenprofile graphisch darzustellen. Ferner ist es hierdurch möglich gemacht, die Längen ebenso genau zu bestimmen, wie sonst die Breiten. So ist London jüngst mit Paris, Brüffel und Berlin verbunden worden, so daß die Breiten verschiedener Punkte innerhalb dieser Linien bald genau bestimmt sein werden. Zur Kenntniß der Gestalt der Erdkugel werden die Parallelen von Bordeaur und Brest bis nach Asien verlängert werden. Dies war der Zweck der neulichen Reise des kaiserl. russischen Astronomen Herrn Struve, der dieses Jahr eine Messung der Erde beendet hat, die von der Donaumündung bis zum Nordkap geht, und zwar nach einem Maßstabe, der Alles hinter sich läßt, was bisher in Frankreich, und später von den Engländern in Indien, geleistet worden ist.

Die Vereinigten Staaten arbeiten unter der Direction des Herrn Bache, eines Urenkels von Franklin, an einer Küsten-Aufnahme ihres ungeheuren Gebietes. Auch ist eine magnetische Karte von großem Verdienste erschienen.

Mit großem Lobe werden hierauf die geographischen Arbeiten in Deutschland, namentlich die des geographischen Instituts von Justus Perthes in Gotha, erwähnt, deren Karten vor Allem gebührend erhoben werden. Leider versteht der Herr Berichterstatter nach eigenem Geständniß nichts vom Deutschen: Mais qui peut tout savoir!,,Die schönen Karten.... sprechen glücklicherweise von selbst und bedürfen keiner Ueberseßung."

Der englische General Sabine, bekannt durch seine großen Arbeiten über den Erdmagnetismus, fährt fort mit seinen Veröffentlichungen, die zulezt die zu Toronto gemachten Beobachtungen enthalten. Er arbeitet im Auftrage der englischen Regierung. Ihm zufolge besißt der Mond keinen eigenen Magnetismus, sondern zeigt sich nur durch den Einfluß der Erde magnetisirt. Ist dies der Grund, weshalb uns der Mond beständig nur die eine Seite zu wendet?

Warren de La Rue, ein englischer Astronom, wohl bekannt durch seine herrlichen astronomischen Zeichnungen, hat dieses Jahr die Photographie auf die Darstellung und Messung der Himmelskörper ange= wandt. Der Mond, Jupiter, die Sterne haben ihr Portrait gegeben, und ebenso hat man ein Bild der Jupiterwolken erhalten, das ebenso schön und ohne Zweifel noch genauer ist, als diejenigen, welche Leverrier neulich der Akademie der Wissenschaften vorgelegt hat. Sie sind von Herrn Chacornac aufgenommen worden. Auch Herr Bond, vom amerikanischen Observatorium zu Cambridge bei Boston, hat seine astronomisch-photographischen Arbeiten fortgefeßt, die er 1852 mit der ersten Aufnahme des Mondes begonnen hatte.

Herr Laffel aus Liverpool hat vor einigen Jahren seine Teleskope aus dem englischen Nebel nach Malta übergefiedelt und 1857 das Gerüft und den Spiegel eines Riesenteleskopes aufgestellt, welches mit dem von Lord Roffe wetteifern wird. Es wird vier englische Fuß im Durchmesser haben, wie das große Teleskop von Wilhelm Herschel zu Slough.

Foucault hat durch ein besonderes Verfahren die alten massiven Spiegel auf ein sehr bequemes Gewicht heruntergebracht und zugleich ihre Beschaffenheit vervollkommnet, während die Engländer eine elektro

magnetische Uhr erfunden haben, um die Zeitdauer des Durchgangs der Gestirne durch das Gesichtsfeld zu messen. Während früher der beobachtende Aftronom ängstlich auf die Schläge der Uhr horchen mußte, läßt ihn die neue Einrichtung seine Aufmerksamkeit ganz ungetheilt der Beobachtung zuwenden, indem im Augenblick des Durchganges ein elektrischer Strom den Augenblick der Beobachtung auf ein fich drehendes Zifferblatt schreibt. Doch wird bemerkt, daß dieser neue Apparat sehr kostspielig und schwer zu regeln sei, sich also praktisch nicht bewähre.

Hierauf erwähnt Herr Babinet die Annales de l'observatoire de Paris, und namentlich die höchft werthvollen aftronomischen Rechnungen von Leverrier, ebenso des Werkes, das die Ergebnisse der wissen schaftlichen Reise des Prinzen Napoleon nach Island vorführt, und Der Astronomie populaire, eines posthumen Werkes von Arago, als einer außergewöhnlichen Erscheinung. Es erscheint davon eine englische Ueberseßung.

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Interessante Versuche sind von Daubrée angestellt worden, welche über die Bildung unorganischer Stoffe im Innern des Erdballs bedeutendes Licht zu verbreiten geeignet sind und für die geologische Geschichte desselben neue Anhaltspunkte gewähren. Man hat die Frage aufgeworfen, warum bei den zahlreichen Rissen und Spalten der Erdoberfläche das auf derselben befindliche Wasser nicht in die selben hineindringt und zum Theil verschwindet. Lalande kam unauf hörlich darauf zurück, daß es im Innern der Erde ungeheure WasserLachen geben müßte, die von dieser Infiltration herrührten. Herr Babinet stellt dies in Abrede und meint, die wahre Ursache des Nichteindringens des Waffers sei in dem Centralfeuer zu suchen, welches schon in mäßiger Tiefe solche Hiße verbreitet, daß es diese in Dämpfe verwandelt und an die Oberfläche zurückstößt. Aber in diesen ungeheuren Tiefen muß die Flüssigkeit, durch die schwere darüber laftende Wassersäule stark zzusammengedrückt und in hohem Grade erhigt, ganz neue chemische Eigenschaften annehmen. Zum Theil ist dieses schon durch die älteren Versuche von La Tour und Cagniard de La Tour über die sogenannten elastischen Flüssigkeiten gezeigt worden, ebenso durch die Arbeiten von Herrn v. Sénarmont. Neuerdings hat Daubrée derartige Versuche mit bestimmter Rücksicht auf die geologische Frage angestellt.")

Er verschloß Wasser zugleich mit verschiedenen anderen Stoffen in eiserne Tuben, welche er später stark erhißte und dies mehrere Wochen lang fortseßte, um die Wirkungen zu prüfen, welche durch den doppelten Einfluß der Hiße und der chemischen Verwandtschaften hervorgebracht würden, und siehe da, er erhielt wasserlosen Quarz, Augit und Steinkohle in dem Wasser, welches nicht verdunsten konnte. Ebenso hat er noch mehrere andere ganz unerwartete geologische Formationen erhalten.

Ueber das neuentdeckte Metall, das Aluminium, welches zuerst ein deutscher Chemiker, Wöhler, hergestellt, später der Franzose Deville in größeren Maffen aus der Thonerde gewonnen, erhalten wir einige weitere Notizen. Man hat gefunden, daß es beinahe alle nüßlichen oder glänzenden Eigenschaften der alten Ruß- und Lurusmetalle (man erlaube den Ausdruck) mit einer ungemeinen Leichtigkeit vereinigt. Es ist viermal leichter als Silber und zu allen feineren Arbeiten der Goldschmiedekunst geeignet, so daß seine Verwendung in den Künsten bald einen hervorragenden Plaß einnehmen wird. Das Kilogramm Silber entspricht einem Werthe von 200 Fr., das Kilogramm Platina 800, Gold 3000, während man das Alumin jezt be reits in zwei Laboratorien (zu Paris und Rouen) zu 300 Fr. liefert. Wegen seiner Härte und seiner Leichtigkeit ist das Aluminium klangreicher als alle Metalle und fein Tonumfang bei gleicher Größe weit bedeutender.

Nord-Amerika.

Notizen über die Administration der Vereinigten Staaten.**)

III. Die Armee.

Die Armee der Vereinigten Staaten besteht aus zehn Regimen tern Infanterie, vier Regimentern Artillerie, zwei Dragoner- und zwei leichten Kavallerie-Regimentern und einem Regimente berittener Scharfschüßen. Sie sollte 17,984 Mann stark sein, zählt aber in Wirklichkeit nur 15,764 Mann (wovon nach den neuesten Verlusten im Westen eine nicht unbeträchtliche Zahl abgehen mag). Diese Truppen haben 68 Forts und 70 weniger permanente Befestigungsanlagen zu beseßen und sind über einen Flächenraum von drei Millionen Quadrat meilen zerstreut. Hauptsächlich haben sie die doppelte Linie der Indianergränzen auf jeder Seite der Felsengebirge zu decken, sowie die großen Ueberlandrouten über diesen Höhenzug, im Ganzen eine

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Linie von 6700 Meilen. Zur Erfüllung dieses Zweckes hält der Kriegs. Secretair die Errichtung von wenigstens fünf neuen Regimentern für nothwendig und empfiehlt die Einrichtung einer Postenlinie in der Nähe der gewöhnlichen Wohnpläße der Indianer sowie die Concen tration (verhältnißmäßig) starker Kavallerie-Corps an auszuwählenden Stellen.

Es werden die Truppenbewegungen in Florida und Kansas erwähnt, in welchem leßteren Territorium wegen der politischen Wirren zwei Regimenter standen. Hierdurch, bemerkt der Kriegs-Secretair, sei die Unternehmung gegen die Mormonen verzögert und beeinträchtigt worden, indem ein starker dazu bestimmter Truppentheil in Kansas geblieben. Das Nähere der offiziellen Auslaffung über die Expedition gegen die Mormonen und deren Veranlassung kann hier füglich wegbleiben, obgleich sie bei weitem die wichtigste ist. Sie ist in der That ein innerer Krieg unter der weißen Bevölkerung, der erste dieser Art, der seit dem Bestehen der Vereinigten Staaten geführt wird. Indek kann die eigentliche Ursache deffelben durch die offiziell in dem Berichte dem Publikum dargelegten Ansichten nicht füglich erklärt werden, und den Verlauf dieses Krieges, welcher eben begonnen hat, werden die Leser dieser Blätter durch die Zeitungen erfahren. Vorläufig mag bemerkt werden, daß man hier das gegen die Mormonen entfendete Corps mit Recht für zu schwach und dessen Lage im nächsten Winter für sehr bedenklich hält. Ursprünglich sollte es 2500 Mann stark sein; nach den vorgekommenen Desertionen und anderem Abgang kann es schwerlich noch 1500 Mann betragen. Eine große Menge Thiere, welche zur Beförderung des ungeheuren Trains dienen, sind umgekommen, und man vermuthet, daß wenige davon übrig bleiben werden. Daß aber das Reich der Mormonen mit Polygamie, alttestamentlichem Prophetenthum und Despotismus im Gebiete der Union nicht blos entstehen, sondern auch bisher fortdauern konnte, läßt einen Einblick in die Unzulänglichkeit der Institutionen und Regierung der Vereinigten Staaten sowie in die Kurzsichtigkeit der amerikanischen Staatsmänner thun. Zugleich kann man daraus und aus anderen Erscheinungen erkennen, wie leicht hier zu Lande, fern vom großen Strome der europäischen Entwickelung, der Rückschritt in die Barbarei ist, wovor Manche die Amerikaner in der jezt noch verbreiteten Meinung für sicher hielten, daß Republik, und was man in der neuesten Zeit ungefähr Freiheit nennt, ein Universalmittel gegen alle Dummheit, Unwissenheit, Schlechtigkeit und Verwilderung sei. Die Entwickelung der Vereinigten Staaten scheint jedoch die praktische Widerlegung dieses Irrthums immer deutlicher an den Tag zu bringen.

Der Kriegs-Secretair hebt verschiedene Mängel im Militairdienste hervor und empfiehlt die Aufhebung der getrennten unabhängigen Stellung des Stabes, eine feste Bestimmung des Beamtenranges, Aufhebung der Beförderung nach der Anciennetät, sowie die Regimenter so einzurichten, daß sie im Frieden vermindert und im Kriege verstärkt werden können, ohne ihre Basis zu verlieren. Er schlägt verschiedene Veränderungen im Avancement und der Stellung der Offiziere vor, ist aber damit einverstanden, daß die Ernennung der Generale dem Präsidenten überlassen bleibt. Ferner empfiehlt er die Hebung des Ehrgefühls unter den Soldaten, sowie daß sie künftig nicht durch Beschäftigung als Arbeiter sollen erniedrigt werden (that soldiers be not longer degraded by being employed as labourers). Er ist der Ansicht, daß, wenn die Armee auf den geeigneten Fuß ge= seßt würde, man nicht mehr der befremdenden Erscheinung begegnen werde, daß zwei Drittel derselben aus Ausländern bestehen.

Die Route über El Paso erklärt er für die beste zur Anlegung einer Eisenbahn nach dem Stillen Meere, empfiehlt aber, daß wenigstens noch zwei andere Straßen dahin mögen offen gehalten werden. Zwei Erforschungs-Expeditionen find zu Lande ausgesendet worden, die eine nach dem oberen Mississippi, die andere nach dem westlichen Colorado. Fünfunddreißig Kameele wurden bei Anlegung einer Straße von Fort Defiance nach dem Mojare verwendet, und nach den neuesten Berichten scheinen sie zu militairischen Zwecken vollkommen den hohen davon gehegten Erwartungen zu entsprechen. Die Anlegung einer Reihe von artesischen Brunnen von Fort Fillmore bis Albuquerque und von Fort Union bis Santa Fé schreitet vorwärts. Der KriegsSecretair empfiehlt die Errichtung einer Gießerei für das Gouvernement und ist der Ansicht, daß man amerikanische Erze finden kann, welche ein Eisen liefern werden, das dem jezt in Norwegen zur Anfertigung von Waffen gekauften gleich ist.

Der Kriegs-Secretair hält New-York für uneinnehmbar von der Seefeite, wenn die jezt im Bau begriffenen Befestigungswerke werden vollendet sein. Er sagt, sie werden beffer und mit schwererem und zahlreicherem Geschüß besezt werden, als die von Sebastopol. Vermittelst der inneren Communication, bemerkt er ferner, kann in vierzehn Tagen eine größere Macht in New-York zusammengezogen werden, als während eines Jahres von außen durch die Mittel könn ten gebracht werden, welche möglicherweise den europäischen Mächten zu Gebote stehen. Er empfiehlt, die Pensionen in der Armee auf den

selben Fuß zu sehen wie in der Flotte und die Freiwilligen von Oregon und dem Territorium Washington nach den Berichten der Hauptleute Schmidt und Ingalls sowie Herrn Glover's zu bezahlen. Ferner spricht sich der Kriegs-Secretair günftig über die Waffen aus, die von hinten geladen werden, und schließt mit einer geographischen Beschreibung der Gegend westlich vom Mississippi als einer Rechtfertigung der beträchtlichen Geldsummen, welche der General-Quartiermeister verlangt. Die Koften des Kriegs-Departements sind aus dem Berichte des Kriegs-Secretairs nicht ersichtlich, indeß beliefen sie sich, nach dem Berichte des Schazamts-Secretairs, in dem mit dem 30. Juni 1857 endigenden Fiskaljahre auf 19 Millionen 261,774 Dollars 16 Cents.

Schon aus den Andeutungen des Kriegs-Secretairs über die Zusammenfeßung der Armee und die Nothwendigkeit, das Ehrgefühl der Soldaten zu heben, wird man auf große Mängel schließen können. In der That dürfte sich die Armee der Vereinigten Staaten an Qualität schwerlich mit europäischen Heeren vergleichen lassen. Die KadettenSchule in Westpoint, wo die Offiziere gebildet werden, hat allerdings von früher her einen guten Ruf, allein es ist schwer, darüber ein gründliches Urtheil zu haben. Die Aufnahme in dieselbe ist nur durch Protection zu erlangen. Das Offizier-Corps hat zwar einen aristokratischen und militairischen Geist, welcher aber schwerlich auf deffen wahre Tüchtigkeit schließen läßt, die es so lange Zeit nicht Gelegenheit hatte zu bewähren. Der übrige Theil ist ein zusammen gewürfelter Haufe aus verschiedenen Nationen, besonders Deutschen, Irländern und zweifelhaften Individuen amerikanischer Abkunft ohne nationalen Geist. Die verhältnißmäßig großen Kosten des KriegsDepartements lassen keinen Schluß auf Ausrüstung und Verpflegung der Soldaten zu, indem bei der durch alle Zweige der Administration gehenden Corruption starke Summen in die Taschen Einzelner mögen geflossen sein. Indeß wird der Soldat hoch bezahlt. Infanteristen und Artilleristen erhalten einen monatlichen Sold von 11 Dollars, der Kavallerist von 12 Dollars. Hiervon wird aber für jeden Mann ein Dollar monatlich abgezogen und zurückgelegt, um dem Soldaten beim Abschied einen Zehrpfennig zu übergeben. Außer dem Solde erhält jeder Soldat eine tägliche Ration von 30 Cents im Werthe, oder in natura. Kleidung bekömmt er auch geliefert, aber für Wäsche muß er monatlich 50 Cents zahlen. (Schluß folgt.)

Mannigfaltiges.

-Kriegswissenschaftliches. Von einem als Militair-Schrift. fteller, wie als Taktiker, ausgezeichneten preußischen General, der sich seit kurzem vom Dienste zurückgezogen, und der sich ebenso vortrefflich in französischer und polnischer, wie in deutscher Sprache auszudrücken versteht, sind soeben in einer französisch abgefaßten Broschüre sehr interessante kriegswissenschaftliche,,Bemerkungen zu General Jomini's Schrift über die Aufstellung der Truppen für den Kampf“ erschienen.") Wir unterlassen nicht, die Männer der Kriegswissenschaft darauf aufmerksam zu machen.

- Die Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" hat soeben den dritten Band der,,neuen Folge" mit einem Doppelheft zum Schluffe gebracht, welches einen ungewöhnlichen Reichthum an gediegenen wissenschaftlichen Arbeiten und neuen Mittheilungen aus den verschiedenen Gebieten der Erdbeschreibung enthält. Robert Schlagintweit berichtet nach persönlicher Beobachtung über die Erofionsformen der indischen Flüffe, Oskar v. Keffel über die Volksstämme der Insel Borneo und Biernaßki nach englischen Quellen über die so wenig bekannte chinesische Insel Formosa, die vielleicht bestimmt ist, im Verlauf des gegenwärtigen Krieges in europäische oder amerikanis sche Hände überzugehen. Der Ruffe Semenov giebt in einem Schreiben an Karl Ritter vorläufige Rechenschaft über seine Forschungen im Alatau und Thian Schan, welche namentlich dadurch für uns Interesse erhalten, daß sie einige erläuternde Bemerkungen aus der Feder Alex. v. Humboldt's hervorgerufen haben. Höchst anziehend ist ferner das Bild, das der Herausgeber der Zeitschrift", Dr. Karl Neumann, nach den Aufzeichnungen des Amerikaners Wells von dem östlichen Honduras entwirft, wo wir eine ,,happy valley" fennen lernen, die, gleich der des Raffelas, sich bisher den Blicken der Welt entzogen hatte und, von den sie umstürmenden Revolutionen fast unberührt, in glücklicher Verborgenheit ein harmloses Dasein fristete.,,Daß", sagt Herr Neumann,,,der Besuch einer Landschaft mit Städten in spanischmaurischem Styl, in denen der Ton der Kirchenglocken die gläubige Gemeinde zur Feier der katholischen Feste versammelt und Abends aus hell erleuchteten Sälen eine moderne Tanzweise oder zum Klang

*) Observations à la brochure de M. le Général Jomini intitulée: Sur la formation des troupes pour le combat". Des papiers d'un ancien officier-général de l'armée de S. M. le Roi de Prusse. Berlin, C. Heymann, 1858.

der Guitarre ein Lied in gutem Kaftilianisch erschallt, jezt, in de Mitte des neunzehnten Jahrhunderts, wie eine wichtige Entdeckungsreise betrachtet werden muß, ist sicher eine wunderliche und doch zugleich ernste Thatsache... Seine (Wells') Erzählung von den reizenden Hochebenen unter der Tropensonne, von einem glücklichen Hirtenlande, das von reichen spanischen Familien in altererbtem Befiß gehalten wird, von dem bunten Leben in seinen Städten und Dörfern, deren Namen uns theils ganz unbekannt, theils erst vor vier Jahren durch Squier wieder in Erinnerung gebracht waren, gemahnt an die Sagen von den wunderbaren Städten, die vor Zeiten mit aller ihrer Herrlichkeit in den Schooß des Meeres versunken sind und jest zuweilen durch einen aus der purpurnen Tiefe leise und klagend emporfreigenden Glockenton dem einsamen Fischer die Seele mit Bangen und thörichter Sehnsucht erfüllen. So war auch Olancho in die Nacht der Vergessenheit gesunken; nur hin und wieder erkundete ein Reisender in benachbarten Provinzen die Namen seiner Ortschaften und hörte wunderbare Reden über seinen Goldreichthum, aber sie klangen so seltsam wie alle Legenden von verborgenen und verzauberten Schäßen und fanden eben deshalb keine weitere Beachtung." Unter den uns von der Zeitschrift" gebotenen kleineren Auffäßen erwähnen wir eine Notiz von Herrn Profeffor Ritter über die in der ManuskriptenSammlung des bekannten Orientalisten Dr. Sprenger befindliche arabische Geographie des Ahmed Moqaddasy, Bemerkungen über die klimatischen Verhältnisse der Herakleotischen Halbinsel (auf Veranlassung von Aitken's,, Medical History of the Late War with Russia"), die Reise des Astronomen Schwarz auf dem Witim, in Sibirien, ein Schreiben des Lieutenants Maury über die Sondirungen auf dem ,,Telegraphen-Plateau" des Atlantischen Meeres, mit Anmerkungen von Ehrenberg u. f. w. Das Heft schließt mit einer von Herrn Koner gelieferten Uebersicht der vom Juli bis Dezember 1857 auf dem Gebiete der Geographie erschienenen Werke, Auffäße, Karten und Pläne, bei der wir nur etwas mehr Berücksichtigung der in diesem Fache so außerordentlich reichen englischen Journal-Literatur gewünscht hätten. Freilich darf man an dergleichen bibliographische Compilationen nicht zu strenge Anforderungen stellen, da sie schon ihrer Natur nach nur eine bedingte Vollständigkeit zulaffen.

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Rodenberg's Ein Herbst in Wales". Ueber dieses auch von uns gern anerkannte Buch bringt das Januarheft von Bentley's Miscellany einen sehr ausführlichen Bericht mit vielen Auszügen aus dem Buche selbst. Es liegt etwas entschieden Originelles", beginnt die genannte Monatsschrift ihren Artikel,,,in der Idee eines deutschen Poeten und Gentleman, die schattige Einsamkeit Hannovers zu verlassen, um sich allein in die Gebirge von Wales zu wagen und Feenmärchen und alte Lieder zu suchen. Herr Julius Rodenberg hat dieses Wagestück unternommen, und, wie sein Buch uns zeigt, mit vollständigem Erfolg. Er hat sein selbstgewähltes Ziel mit echt deutscher Gewissenhaftigkeit verfolgt und die Literatur seines Landes durch den Fleiß bereichert, welchen er auf den originellen und interessanten Stoff seiner Untersuchungen verwandt hat." - Der viele Seiten lange Bericht schließt mit der Hoffnung, daß der Verfaffer des,,Herbst in Wales" bald nach England zurückkehren werde, um seine Studien an Ort und Stelle wieder aufzunehmen.

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-Brehm's Reisen in Nordost-Afrika. Als ein werthvoller, deutscher Beitrag zu der in unserer Zeit so sehr geförderten Kenntniß von Afrika find auch die „Reiseskizzen aus Nordoft-Afrika“ von Alfred Edmund Brehm zu betrachten, die vor einiger Zeit in drei Bänden erschienen sind.") Der erste Band behandelt eine Reise, die der Verfaffer in den Jahren 1847-1848 nach dem Sudan gee macht, wobei besonders die Schilderungen der Wüste, des Thierlebens in der Steppe, der Sklavenjagden, der Fremdenkolonie in Chartum 2c. die Aufmerksamkeit fesseln. Der zweite Band hat die Rückreise nach Aegypten, sowie den Aufenthalt des Verfaffers in Kahira und Alexandrien, zum Gegenstande. Der dritte Theil endlich umfaßt eine zweite Reise (1850) nach dem Sudan, Ausflüge nach dem Blauen Nil, bis Rofferes im öftlichen Theile dieses Erdstriches, Schilderungen des Zusammentreffens mit einer auch bereits durch andere Reisebeschreibungen bekannten Prinzessin aus Dar-Fur, sowie reiche Einblicke in die Fauna und Flora der afrikanischen Tropenländer. Erst im Jahre 1852 ift der Verfaffer von seinen afrikanischen Reisen zurückgekehrt, deren Beobachtungen und Ergebnisse in der wissenschaftlichen und literarischen Welt bekannter zu sein verdienen, als es vielleicht durch die Schuld der nicht thätig genug für die Verbreitung des Werkes sorgenden Verlagshandlung bisher der Fall ist.

*) Jena, Maute, 1855.

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