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Das Herzogthum Parma in den Jahren 1856 und 1857.
(Schluß.)

Zwei Tage nach der Befreiung ihrer Hauptstadt verkündete die Regentin eine Amnestie für funfzehn wegen politischer Verbrechen Verurtheilte. So winzig diese Zahl in einem großen Staate erscheint, als so beträchtlich ist sie in Parma anzusehen. Den Staatsgefangenen wurde ihre Haftzeit in eine entsprechende Zahl Jahre des Erils außerhalb Europa umgewandelt. Die Kosten der Auswanderung für Unbemittelte übernahm der Staatsschat. Das ist aber noch nicht Alles. Unter den von der Regentin Begnadigten waren Einige, die in den Gefängniffen zu Mantua schmachteten. Sie ließ ihre Befreiung durch ihren Minister des Auswärtigen, Pallavicino, bei den österreichischen Behörden reklamiren; man wagte es nicht, ihr Verlangen zurückzuweisen, und mehrere dieser Unglücklichen konnten ihr Vaterland wiedersehen.

Leicht begreiflich mußte ein solches Verfahren die Gemüther für die Regentin freundlich stimmen und sie etwas von jener Popularität schmecken lassen, welche zu den größten Genüssen der Fürsten gehört. Noch waren die Parmesaner unter dem Eindruck dieser Akte ihrer Fürstin, als die Karnevalstage herbeikamen. Man weiß, daß der Karneval in Italien kein leeres Wort ist; er ist, so zu sagen, das moralische Thermometer, an dem man den Stand der Meinung messen kann. Der Zusammenfluß an Wagen, die Zahl der Masken, die Konzerte, die Illuminationen find den Italiänern unwiderlegliche Zeugnisse allgemeiner Zufriedenheit und Blüthe. So haben sich z. B. in eben diesem Jahre die piemontesischen Zeitungen um die Wette in Schilderungen des ungewöhnlichen Glanzes der Karnevalsfeste zu Turin ergangen, und in einer Stadt, wie Turin, macht das fortschreitende Ueberhandnehmen der französischen Sitten die Erhaltung des italiänischen Altherkömmlichen mit jedem Tage schwieriger. In Parma, wo die Opposition, namentlich die Rückschrittspartei, allen Grund zur Unzufriedenheit hatte, machte sie die größten Auftrengungen, die Kundgebung der öffentlichen Freude zu hindern: anonyme Briefe, Drohungen suchten die Jugend von den Karnevalsfreuden abzuschrecken, umsonst; die glücklichen Ereignisse, die der Staatsgewalt die Volksgunst wieder gewonnen hatten, warenzzu frisch, als daß diese kleinliche Verschwörung gelingen konnte. Seit Menschengedenken war kein so glänzender Karneval in Parma, wie der von 1857. Die Regentin erschien im Korso und wurde mit Zubel begrüßt.

Die Theilnahme ihrer Unterthanen an ihr und ihrem Sohne sprach sich auch noch bei einer anderen Gelegenheit aus. Im März 1857 erkrankte der junge Herzog Robert ernstlich, und allgemein bekundete sich die lebhafte Besorgniß, bei dem gegenwärtigen Zustand in Europa, die oberste Gewalt könnte in andere Hände übergehen. Diese Besorgniß verwirklichte sich nicht, und der junge Fürst genas wieder fast zu derselben Zeit mit seinem Nachbar, dem Herzog von Modena.

Indeß fühlte sich die Regentin nicht befriedigt: noch eine Fessel hielt sie an Oesterreich; die wollte sie brechen. Ein Zollverband bestand zwischen den beiden Staaten, dessen überwiegende Vortheile auf Seiten Desterreichs waren. Mochte aber auch das Herzogthum in Mochte aber auch das Herzogthum in kommerzieller Beziehung seine Rechnung dabei finden, daran lag der Fürstin wenig, wenn es dadurch zu einer österreichischen Provinz her absank. Die Frist des geschlossenen Vertrages war dem Ablauf nahe, und das Wiener Kabinet drang auf die Erneuerung. Es ließ sich diese so sehr angelegen sein, daß Herr v. Buol, der mit dem Kaiser in Mailand war, in jener Absicht eine Reise nach Parma machte. Alles umsonst. Der Verband wurde nicht erneuert und die Zollgränze wurde wieder errichtet. Diese Entscheidung, nachtheilig vom ökonomischen, ja selbst vom politischen Standpunkte, da es im wahren Intereffe Italiens liegt, die Schranken aller Art fallen zu laffen, wurde dennoch mit lebhaftem Beifall aufgenommen. Allein die Frage der materiellen und moralischen Unabhängigkeit steht für den gegenwärtigen Augenblick im Vordergrunde, alles Andere in zweiter Reihe, und dieses verdient nur insofern die Aufmerksamkeit der Regierungen, daß die Maßregeln zur ökonomischen Verbesserung der Italiäner nicht im Widerspruch seien mit der so scharf ausgesprochenen Bewegung der einen, ihre Selbstregierung wieder zu gewinnen, der anderen, fich diesen Bestrebungen anzuschließen.

Die neuesten Thatsachen im Herzogthum find: Das Zugeständniß einer Eisenbahn von Piacenza nach der sardinischen Gränze an eine ausschließlich italiänische Gesellschaft, und die Eröffnung der Prozeß verhandlungen, am 18. Mai 1857, gegen 14 Personen, die der Theilnahme an den in den leßten drei Jahren begangenen Mordthaten beschuldigt wurden. Die Regierung rechtfertigte diese Verzögerung damit, daß sie über diesen Prozeß nicht von den Kriegsgerichten wollte aburteln laffen. Weiß man ihr auch Dank für die Absicht, so ist es doch zu bedauern, daß, da die Oesterreicher schon im Februar 1857 das Gebiet geräumt hatten, nicht schon früher der Prozeß eingeleitet wurde, um die Qualen einer vorläufigen Haft möglichst abzukürzen.

Inzwischen ist nicht zu vergessen, daß die Langsamkeit in der Rechtspflege wesentlich im Charakter und in den Gewohnheiten der Italiäner liegt.

Das Herzogthum Parma umfaßt: 1) das eigentliche Herzogthum Parma; 2) das Herzogthum Piacenza; 3) Pallavicino mit der Hauptstadt Buffeto; 4) die Herrschaft Landi mit der Hauptstadt Borgotaro; 5) die Grafschaft Pontremoli, die Marquisate Mulazzo, Bagnone, Villafranca und andere Ländereien der Lunigiana. Im Norden ist es durch den Po vom Lombardisch-Venetianischen getrennt; im Often und Süden gränzt es an das Herzogthum Modena, im Westen an Piemont. Es ist in fünf Provinzen getheilt: Parma, Piacenza, Borgosandomino, Valditaro und Lugiana, die 105 Gemeinden enthalten. Jede Gemeinde wird von einem Aeltestenrath, je nach der Bevölkerungszahl, aus 15, 20, 30 Mitgliedern bestehend, vertreten und von einem Podestà mit Syndikus und Beisißern verwaltet. Es hat vier bischöf= liche Diözesen: Parma, Piacenza, Borgosandomino und Pontremoli und 807 Parochieen; einen obersten Gerichtshof, zwei königliche Gerichtshöfe, wovon der eine in Parma, der andere in Piacenza feinen Siz hat; endlich vier Civil- und Kriminalgerichte zu Parma, Piacenza, Pontremoli und Borgotaro. — Nach der neuesten Zählung sind unter 495,840 Einwohnern 627 Juden und 40 Akatholische.

Das Budget weist im Jahre 1856 eine Einnahme von 9,555,952 Lire nach, die aber die Ausgabe nicht decken, so daß die schwebende Schuld 1,200,000 Lire beträgt.

Das Heer in Friedenszeit zählt 2802 Mann und 250 Pferde; in Kriegeszeit 4100 Mann und 350 Pferde.

Die öffentliche Bibliothek in Parma hat 120,000 Bände und 400 Handschriften. Der regierende Herzog hat seine Privatbibliothek. Schließen wir mit einem Ueberblick des Landbaues, der Industrie und des Handels. Das Herzogthum ist ein wesentlich ackerbauendes Land; die Geseze erleichtern die Theilung und den Austausch der Grundstücke; fie tragen aber auch dem Verkehr Rechnung, der durch gute Straßen gefördert wird. Die Regierung hat in Parma und Piacenza Ackerbauschulen gegründet, die sich seit einigen Jahren in den Fortschritten der Bodenkultur und der Viehzucht sehr ersprießlich erweisen. Um besonders dem leßteren Zweige der Landwirthschaft eine möglichst umfassende Entwickelung zu geben, hat die Regierung zu Parma eine Veterinärschule gegründet, und zu Borgosandomino eine jährliche Nindvieh-Ausstellung im Juni eingeführt. Ein Preis von 1200 Lire und ein anderer von 1000 Lire sind für die Züchter ausgesezt, die den schönsten Stier und die schönste Kuh aus parmesanischer Raçe zur Ausstellung bringen.

Die Hauptbodenerzeugnisse sind: Käse, Mais und andere Cerealien, Wein und Vieh. Das Getraide, das früher unter beschränkenden Geseßen, nur der Bevölkerung ernährte, giebt jest, Dank der Handelsfreiheit, 80,000 Centner jährlich an das Ausland ab. Es werden jährlich 5000 Stück Rindvieh und 24,000 Schweine ausgeführt. Auch der Parmesankäse wird weit und breit versandt. Der Reisbau ist vor einigen Jahren auf manchen Punkten eingeführt und würde durch die Gewinnsucht der Spekulanten zum Nachtheil der anderen Kulturen überhandnehmen, wenn ihm die Regierung nicht Einhalt thäte. Der Anbau des Maulbeerbaumes und die Seidenwürmerzucht haben ebenfalls merkliche Fortschritte gemacht, so daß der Werth dieser Industrie auf 2,248,972 Lire jährlich geschäßt wird. Nur der gewonnenen Seide wird im Lande zu eigenem Bedarf verarbeitet, & geht ins Ausland.

Ausfuhr-Artikel sind, neben den schon oben genannten: Hühner, Eier, Lamm- und Ziegenfelle, Kalk, Kalksteine, Druckpapier; eingeführt werden hauptsächlich Wollen- und Seidenzeuge, Baumwolle, Kolonialwaaren u. a.

Griechenland.

Griechische Reisen und Studien des Dänen Uffing.

Unter diesem Titel erschien im vorigen Jahre) ein interessantes Reise- und archäologisches Werkchen, das gerade in Deutschland um so mehr Beachtung verdient, da es zum Theil nicht ohne polemische Richtungen gegen deutsche Archäologen auftritt. Der Verfasser desselben ist der Profeffor an der Universität zu Kopenhagen, F. C. Uffing, der im Jahre 1846 die in mehr als Einer Beziehung wichtige, befonders auch durch ihre landschaftlichen Vorzüge und Eigenthümlichkeiten anziehende, aber noch wenig bekannte Provinz Theffalien bereist hatte, und nun hier die Beschreibung dieser feiner Reise mittheilt. Sie war schon im Jahre 1847 in dänischer Sprache erschienen, aber der Verfasser hat sie jest, wie er sagt, „durch und durch revidirt und hin und wieder verbessert“. Er selbst hatte die damalige Reise im Mai und Juni 1846 zu archäologischen Zwecken unternommen, und diese Zwecke hat nun auch seine Beschreibung zunächst vor Augen.

*) Kopenhagen, Gyldendalsche Buchhandlung.

In dieser Hinsicht gewährt sie auch mancher neuen Aufschluß und manche nicht unwichtige Ausbeute, und die Archäologen werden nicht wenig aus ihr lernen können, vornehmlich was die alte Geographie und Topographie des Landes betrifft.

Dasjenige, was der Verfaffer an bisher unbekannten griechischen Inschriften aufgefunden, hat er wahrscheinlich in der von ihm früher herausgegebenen Sammlung feiner,,Inscriptiones Graecae ineditae" zusammengestellt. Aber gleichwohl hat er sich bei seinen Wanderungen nicht blos auf das griechische Alterthum und auf die noch vorhandenen Spuren derselben beschränkt, sondern er hat auch die Gegenwart des Landes berücksichtigt, und seine Beschreibung enthält in dieser Richtung manche anziehende Schilderung und viele neue Angaben, aus denen für die neue Geographie und Statistik Theffaliens mancher Vortheil zu ziehen ist. Der gedachten Reisebeschreibung find sodann,,Attische Studien“ angehängt, deren eine Abtheilung „den Hermes Propyläos und die Chariten des Sokrates", die andere,,den Plan und die Einrichtung des Parthenon“ zum Gegenstande hat, und eben in dieser lesteren Beziehung sucht der Verfasser in Ansehung der Auffaffung der Bedeutung und der ganzen Einrichtung des Tempels eingewurzelte Irrthümer zu beseitigen und ein besseres Verständniß des bisher Bekannten zu vermitteln. Unsere Archäologen mögen zusehen, was sie davon gutheißen und gebrauchen können.

Japan.

Zur Literatur poetischer Kunststücke.

Es ist schon einigermaßen bekannt, daß die Japanesen eine Silbenschrift von 47 verschiedenen Zeichen besigen, die größtentheils je einen Konsonanten mit Einschluß eines Vokales, der ihm folgen kann, darstellen, 3. B. ka, ke, ki, ko, ku. Zwar hat man auch besondere Zeichen für einzelne Vokale, die jedoch nur Anwendung finden, wo der Vokal eine Silbe für sich ausmacht. Was aber die Anordnung des Syllabars betrifft, so steht Alles bunt durch einander, ohne Rücksicht auf Laut verwandtschaft, und nur zufällige Ausnahme ist es, daß fe unmittel bar hinter fo, mi hinter me, und su hinter se, folgt. Der Grund dieser Konfusion liegt darin, daß man die Reihenfolge so gelaffen hat, wie sie vor mehr als tausend Jahren festgestellt worden ist, um aus derselben — ein Quatrain in Versen zu künfteln! Die Abfaffung der ersten Zeile wird einem Buddha-Mönch, der im Jahre 834 unserer Zeitrechnung starb, zugeschrieben; die drei übrigen soll ein anderer Bonze fabrizirt haben, der seinen geistlichen Konfrater nur um ein Jahr überlebte. Das Quatrain lautet also: Iro fa nifofeto, zirinuruwo Waka jo tareso zune naramu. U wi no okujama kefu kojete Asaki jumemisi efimo sesu.

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Lust und Genuß sind wesenloser Schein, Was kann aufdieser Welt von Dauer sein? Versank im Todesthal der heut❜ge Tag, So war er Traum, kein Räuschchen bleibet nach.

"

Die Zählung ergiebt 47 Silben, von denen jede nur einmal sich produzirt.) Jest geben wir das Gedicht nach der prosaischen (holländi schen) Uebersehung J. Hoffmann's in Leyden: Farbe und Duft (Luft und Genuß) schwinden dahin! Was kann in unserer Welt von Dauer sein? Ift (der heutige Tag) in des Daseins tiefes Gebirg versunken: so war er ein gaukelnder Traum, der keinen Rausch zurückläßt."

Wie unser A-B-C von den ersten drei Buchstaben, so hat das japanesische Syllabar von den ersten drei Silbenzeichen seinen Namen: es heißt das Jrofa (3-ro-fa) oder Iroha.

Mannigfaltiges.

Böch über Friedrich den Großen. In diesen Blättern ist bereits vor längerer Zeit eines von dem königl. Historiographen, Herrn Friedrich Preuß, widerlegten Irrthums des verstorbenen französischen Geschichtsschreibers der Berliner Akademie, Christian Bartholmèß, gedacht worden, welcher eine Aeußerung Friedrich's des Großen in Bezug auf schriftstellerischen und kriegerischen Ruhm nach einer unrichtigen Lesart aufgefaßt und daher gänzlich misverstanden hatte. Bei der lezten Gedächtnißfeier des Geburtstages Friedrich's II. in der Berliner Akademie hat auch Böckh dieser Berichtigung gedacht, und zwar knüpfte er daran einige anziehende Betrachtungen, die wir

*) Nach heutiger Aussprache, so gut (resp. schlecht) fie dargestellt wer= ben kann, nehmen sich die vier Zeilen etwas verschieden aus: Iro ha nifoheto zirinuruwo Wagajo dareso zune naram'. U wi no okujama kewu kojete Asaki jnmemisi efimo sesu.

nachstehend nach dem Zeitungs-Bericht über die gedachte Sigung der Akademie wiedergeben:

„Die Königliche Akademie der Wissenschaften hielt, zur Feier der Geburt Friedrich's II., am 28. Januar (als dem nächsten Donnerstage nach dem 24. Januar) eine öffentliche Sigung. Herr Böckh hielt als Vorsigender die Festrede. Der Sprecher knüpfte an einen früheren bei derselben Feier gehaltenen Vortrag an, welcher sich auf ein von dem verstorbenen korrespondirenden Mitglied der Akademie Christian Bartholmèß als echt anerkanntes Urtheil des großen Königs über den Werth seines eigenen Philosophirens bezogen hatte; es wurde erwähnt, daß Herr Preuß, der hochverdiente Herausgeber der Gesammtwerke Friedrich's des Großen, die Quelle des Irrthume nachgewiesen, in welchen der erstgenannte Gelehrte verfallen war. Es ist ein Trostbrief des großen Königs an den von ihm innig verehrten d'Alembert, worin er die Erfolge der großen Schriftsteller den kriegerifchen Erfolgen vorzieht, und es wurde nachgewiesen, daß Friedrich dies wirklich aus voller Ueberzeugung geschrieben habe. Da sich der Ausspruch des Königs unmittelbar an d'Alembert's Avant-propos zur Encyklopädie knüpft, so nahm der Sprecher Gelegenheit, von dieser allerdings ausgezeichneten Abhandlung einiges mitzutheilen, um den Standpunkt derselben zu bezeichnen, welcher zugleich der philosophische Standpunkt des Königs war. Der Sprecher erklärte weiterhin, daß Friedrich der Große den eigenen Einfluß, namentlich auf die Nachwelt, unterschägt habe; es sei von ihm dem Staate ein geistiges Lebensprinzip eingepflanzt worden, auf welchem ebensowohl wie auf der Heeresmacht das Glück und der Glanz dieses Reiches beruhe: diesem gelte diese akademische Feier vorzugsweise, und wer dasselbe nicht anerkennt, könne das Gedächtnißfest des großen Friedrich nicht würdig begehen. Der Sprecher drückte den Wunsch aus, daß dieses nie von diesem Lande möge gesagt werden können, und schloß damit, die troftreichen Hoffnungen für Se. Majestät den König und für die weitere Zukunft des Königlichen Hauses und des Landes ließen in freudiger Ahnung die Erfüllung alles dessen erwarten, was wir für uns und unsere Kinder und Kindeskinder wünschen und erflehen."

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Alles

,,Von fünf Bänden des Reiseberichtes des berühmten Dr. Barth find drei bereits erschienen. Das nachgelassene Werk Richardson's hatte uns mit der Abreise von Tripoli und mit der Reise durch die Wüste bekannt gemacht; aber zum erstenmal werden von Dr. Barth mehrere Länder von Central-Sudan beschrieben. Der zweite Band gehört ihm gänzlich, denn er beginnt bei der Trennung der beiden Reisenden. Geschichte, Ethnologie, physische Erdbeschreibung umfaßt diese wichtige Relation. Er hat die traditionelle Geschichte einiger von den Stämmen dieser so lange unzugänglich gewesenen Gegenden aufgefunden. Er zeigt uns, wie der Islam eine Wohlthat für die Neger sei. Dr. Barth beschreibt Kukua, die Hauptstadt von Bornu, und entwirft ein reizendes Bild von dem Tschadsee und seiner Umgegend. Er hat diese in Gesellschaft mit dem unglücklichen Overweg besucht; er ist in Adamawa eingedrungen, das vor ihm kaum dem Namen nach bekannt war, und in Marghi, deffen Einwohner nur noch eine entfernte Aehnlichkeit mit dem Neger-Typus haben. Ihre Stirn ist erhaben und ihre Farbe kaum dunkel zu nennen. Ueberhaupt macht sich im Sudan die Verschiedenheit der Raçen bemerkbar und besonders auch die Araber sind in dieses Land eingedrungen. In Bornu hat Dr. Barth den arabischen Stamm der Schuas gefunden, der ungefähr 250,000 Seelen zählt, die vor ungefähr zwei Jahrhunderten von Kordofan oder Nubien ausgewandert zu sein scheinen. Ihre Sprache erinnert an den reinen Dialekt des Hedschas. Er be= gab sich demnächst nach Taïpé, entdeckte den Zusammenfluß des Faro und des Benué und erreichte Zola, einen Ort von 12,000 Seelen, die Hauptstadt von Adamawa, oder vielmehr von Sumbena, da Abamawa ein Name ist, der diesem Lande erst zu Ehren von Adama, dem Vater des jeßigen Königs, gegeben wurde. Dr. Barth macht uns die werthvollsten Mittheilungen über die Ethnologie und die Sprachen der Eingebornen, deren Mannigfaltigkeit ungemein groß ist. Es giebt ungefähr funfzig Idiome in Adamawa allein."

Wöchentlich erscheinen 3 Rummern. Breie jährlich 3 r. 10 gr., halbjährlich 1 Thlr. 20 Sgt. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür Das Blart im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 18.

für die

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Literatur des Auslande s.

Frankreich.

Berlin, Donnerstag den 11. Februar.

Die Naturwissenschaft im Jahre 1857.

Die Revue des deux Mondes giebt in ihrem Januarhefte einen intereffanten Ueberblick über die Fortschritte, namentlich der physikali schen Wissenschaften im Jahre 1857, der von Babinet, Mitgliede des Instituts, verfaßt ist. Natürlich ist darin nur Frankreich ganz besonders berücksichtigt; doch wird es am Orte sein, das Wesentliche daraus unseren Lesern vorzuführen, zumal es schwer sein dürfte, auf anderem Wege so bald einen Ueberblick zu gewinnen. Denn leider befaßt sich die deutsche Wissenschaft selten mit solchen Zusammenftellungen und Gruppirungen, die nur ein Gelehrter zu machen im Stande ist, der unmittelbar an der Quelle fißt und über eine Fülle von Material gebietet.

Das Jahr 1857 hat nichts bemerkenswerthes Neues hervorgebracht; keine glänzende Erfindung, keine bedeutendere Entdeckung, sondern sich damit begnügt, die früheren Jahre auf ehrenvolle Weise fortzusehen. Dies ist im Physischen wie im Moralischen sein allgemeiner Charakter. Großartige Erscheinungen in der Natur (ausgenommen am Ende des Jahres die Erdbeben in Italien) und erhabene Conceptionen des menschlichen Geistes haben gleicherweise gefehlt, doch hat sich der Schaß unserer Erkenntnisse durch reiche Aerndten vermehrt.

Es ist eine Regel, daß es in einem Jahre niemals mehr als sie ben und nie weniger als zwei Sonnen- oder Mondfinsternisse giebt. Wenigstens giebt es immer zwei Sonnenfinsterniffe, weshalb im Jahre 1857, wo es im Ganzen nur zwei Finsterniffe gab, keine Mondfinsterniß stattgefunden hat. Kein Jahr kann also ärmer an derlei himmlischen Erscheinungen sein. Die Sonnenfinsterniß vom 15. März 1858 wird für Paris, und vor Allem für England, eine der schönsten in diesem Jahrhunderte sein. Sie wird um Mittag stattfinden. Zu Paris wird nur ein Zehntel der Oberfläche der Sonne unbedeckt bleiben, und die durch die schmalen Ränder hervorbrechenden Sonnenftrahlen werden, anstatt die gewöhnlichen Kreise zu beschreiben, auf den Gegenständen, die sie aufnehmen, schmale, halbmondähnliche Bilder hervorbringen; endlich werden Brenngläser und Hohlspiegel nicht mehr im Stande sein, brennbare Stoffe anzuzünden. Die Helle wird sehr schwach sein, und da zu dieser Jahreszeit die Temperatur wesent lich durch die direkte Einwirkung der Sonnenstrahlen bedingt ist, so ist es möglich, daß man einige Minuten lang eine empfindliche Kälte fühlen wird, die sich indeß durch das Thermometer genauer bestimmen laffen wird, wie man sie 1842 bei der großen Sonnenfinsterniß beobachtet hat. Die erste Hälfte dieses Jahrhunderts hat 18 zu Paris sichtbare Sonnenfinsternisse gehabt; in der zweiten Hälfte werden deren 21 stattfinden. Nach der Finsterniß von 1858 wird es zwei ebenso schöne 1860 und 1861 geben.

Auch im Jahre 1857 find wieder einige Planeten von der zwi schen Mars und Jupiter befindlichen Gruppe entdeckt worden.

Sie sind, so zu sagen, das Kleingeld für den Thaler- Planeten, den Kepler an jener Stelle als mangelnd vermuthete. Das Jahr 1856 hatte uns 5 dieser kleinen Himmelskörper geschenkt; 1857 hat man deren 8 entdeckt, was mit den früher entdeckten im Ganzen 50 ausmacht. Pogson, Goldschmidt, Luther und Ferguson theilen sich in diese Entdeckungen, aber zu sehr ungleichen Theilen; denn Goldschmidt hat allein deren 4 entdeckt. Von den 50 find 2 in Amerika auf dem Observatorium von Washington von Ferguson entdeckt

worden.

Das eben abgeschiedene Jahr war sehr reich an Kometen. Man entdeckte sechs. Der große Komet Karl's V. fehlt noch. Die aftro, nomischen Rechnungen erwarteten ihn mit der größten Wahrscheinlich keit im Jahre 1858. Nur einer von den 1857 beobachteten Kometen ist von größerer Wichtigkeit, nämlich durch die Wieder-Erscheinung des periodischen Kometen von Brorsen, so daß man also 5 Kometen fennt, deren Umlaufszeit gesichert ist, nämlich den von Halley, von Encke, von Biela, von Faye und von Brorfen. Denn um den Umlauf eines

1858.

Kometen mit Sicherheit bestimmen zu können, genügt nicht seine bloße Erscheinung; es ist eine Wieder-Erscheinung nöthig, um die Rechnungsformel festzustellen. So z. B. ist der Komet von Vico, obschon aufmerksam erwartet und am klarsten Himmel gesucht, nicht wieder erschienen, wahrscheinlich, weil er sich durch die ungleiche Anziehung der Sonne an seinen verschiedenen Theilen im Weltraume zerstreut hat. So hat sich auch der Biela'sche Komet in Folge ähnlicher Ursachen in zwei Hälften gespalten. Das Schauspiel eines Kometen, der, vor einem sehr kleinen Sterne vorbeigehend, ihn doch nicht merklich verdunkelt, ist dieses Jahr mehrmals beobachtet worden. Alles bestätigt die Vorstellung, daß die Kometen nur staubähnliche StoffAnhäufungen mit sehr entfernt stehenden Körnern find, die ihr Dasein nur durch ihre Sichtbarkeit verrathen, eine Sichtbarkeit, die selbst bei den sechs Kometen dieses Jahres nur durch Hülfe des Teleskopes erkennbar geworden ist. Da mehrere dieser Kometen beinahe densel ben Weg am Himmel verfolgten, so hat man von der Möglichkeit gesprochen, daß mehrere von einem und demselben Kometen herrührten, nachdem er durch die Wirkung der Sonne zertheilt worden. Man begreift, daß bei der ungemeinen Dünne der Materie, woraus die Kometen bestehen, und bei der großen Entfernung ihrer einzelnen Theile, die nur eine geringe Wirkung auf einander ausüben, unter der Herrschaft fremder Kräfte leicht eine Trennung ihrer Elemente vor sich gehen kann. Wenn durch Einwirkung der Sonne und des Mondes unsere Meere fluthen und steigen, so werden ihre Wäffer energisch durch die Schwerkraft niedergehalten, von deren Stärke die des Mondes nur der neunmillionte Theil ist. Alles beschränkt sich also auf eine geringe oszillirende Bewegung. Bei einem ähnlichen Einflusse würden indessen die Bestandtheile eines nicht sehr dichten Kometen vom Ganzen losgerissen und abseits in die endlosen Räume des Weltalls geschleudert werden.

Man hat gefragt, warum man 1857 so viele Kometen gesehen, während man 1856 nicht einen einzigen entdeckt hat. Es ist allerdings merkwürdig; indessen wir wissen so Vieles nicht.

Als man Arago fragte, warum man im Winter mehr Kometen als im Sommer finde, antwortete er: „Weil die Nächte im Winter doppelt so lang sind. Sie sind dann 16 Stunden lang, während sie im Sommer nur 8 Stunden dauern und überdies mehrere Stunden auf die Dämmerung fallen, welche der Beobachtung so kleiner und wenig heller Körper Eintrag thut". Herschel rechnete auf ein ganzes Jahr überhaupt nur vierzig Stunden ganz ungestörter Beobachtung durch die Teleskope, und Laplace hatte vorgeschlagen, dieselben möglichst in der leichten und reinen Luft hoher Berge aufzustellen. Dieses ist im Jahre 1856 auf dem Pik von Teneriffa geschehen, und zwar durch den königlichen Astronomen von Schottland, Piazzi Smyth, den Sohn des berühmten Admirals gleiches Namens, der mit einer für sein Alter bewunderungswerthen Rüftigkeit seine astronomischen Forschungen auf dem Observatorium des Schloffes Hartwell fortseßt, wo einst Ludwig XVIII. als Verbannter lebte. Dieses Schloß gehört jezt dem Doktor Lee, der ebenfalls Astronom ist, ebenso reich an Kenntnissen als fürstlichen Glücksgütern, von denen er einen bedeutenden Theil der Kunst und den Wissenschaften zuwendet. Doktor Lee ist eines der thätigsten Mitglieder der englischen astronomischen Gesellschaft, die so viel für die Wissenschaft thut. In einem ihrer legten Bulletins hat der königl. Astronom, Herr Airy, eine schöne Abhandlung über die Mittel geliefert, um die Entfernung der Sonne von der Erde durch die Beobachtung des Mars in den Jahren 1860 und 1862 genauer zu bestimmen, über die noch eine ziemlich bedeutende Unsicherheit herrscht. Es ist nicht zu bezweifeln, daß sich, wie 1761 und 1769, so auch 1860 und 1862 die Beobachter auf die geeignetsten Stationen unseres Erdballes begeben werden, um die Elemente zur Lösung dieser wichtigen Frage zu beschaffen.

Wir verdanken Herrn Piazzi Smyth ferner Zeichnungen des Mondes in verschiedenen Phasen der Erleuchtung, welche die Darstellung unserer Erdoberfläche an Genauigkeit um Vicles übertreffen.

Mit großer Ungeduld erwartet man die nahe Veröffentlichung seiner Arbeiten auf dem Pit von Teneriffa, wo er in möglichst kurzer Zeit das Maximum nüglicher und intereffanter Resultate erlangt hat. Un zählige Photographieen von beispielloser Vollendung haben uns die Laven des noch thätigen Vulkans vor Augen gebracht, welcher das Gerippe der Insel bildet. Der berühmte Drachenbaum, eine Gattung, die den Kanarien ausschließlich angehört, zeigt sich darin mit seinem angeblichen Alter von 5000 Jahren. Wenn es wahr wäre, so würde das der Patriarch aller lebenden Bäume sein.

Die Dudleysche Sternwarte, die neuerdings zu Albany, der po litischen Hauptstadt von New-York, errichtet worden ist und unter der Leitung des Herrn Gould steht, hat durch die Entdeckung des fünf ten Planeten dieses Jahres seine wissenschaftliche Weihe empfangen. Sie verdankt ihre Gründung der Witwe eines Senators, Frau Blandina Dudley, und mehreren anderen Patrioten von Albany, die be deutende Summen zusammengeschoffen haben. Die oben genannte Dame hat unter Anderem einen Heliometer von 8000 Dollars an Werth geschenkt und zur Dotirung der angestellten Aftronomen durch einen festen Fonds allein ein Viertel des Ganzen, nämlich 50,000 Doll., unterzeichnet.

"

Auch in Frankreich war die Furcht vor dem durch den Kometen drohenden Weltuntergange nicht gering, und erstreckte sich sogar auf die höheren Stände ein Umstand, den man nicht ohne Ironie berichten kann. — Was ist denn nun eigentlich die Bildung der höheren Stände? Was für einen Zweck haben die Damenvorlesungen modischer Astronomen, die Mittheilungen aus allen Gebieten der Naturwissenschaften, wenn die Weisheit des feurigen Drachen“ und der gemeinste Volksaberglauben alle diese schönen Kenntnisse im Nu zu verdrängen im Stande ist? Eine große Menge Personen haben weite und kostspielige Reisen unternommen, um in Familie zu in Familie zu fterben; die Astronomen wurden mit Briefen bestürmt und mit Besuchen der gebildeten Dummheit überlaufen, um Trost in dieser Noth zu geben. Am besten thut man, über die Schwachköpfigkeit der Menschen zu lachen - moralische Betrachtungen anzustellen und den Wunsch zu äußern, daß die Wissenschaft u. f. w. tiefer in's Mark des Volkes eindringen möge, finde ich für überflüssig - ich will wetten, ich will wetten, wenn in zwanzig oder dreißig Jahren ein ähnlicher Fall sich ereignet, die Thorheit wird nicht geringer sein.

Die Jahreszeiten scheinen 1857 ihren regelmäßigen Lauf wiedergefunden zu haben. Nichts hat uns gemangelt, selbst der AlteweiberSommer nicht, eine der Unfehlbarkeiten des westlichen Europa's. Im normalen Zustande weht ein Südwestwind während fünf oder sechs Monaten von Frankreich durch Nieder-Deutschland nach Rußland zu, und da nach dem Hauptwind der entgegengeseßte der Nebenhauptwind ist, so weht dann ein Nordostwind aus Rußland nach Frank reich zu, während höchstens sechs bis acht Wochen. Dieses bringt in Frankreich den Winter oder wenigstens den Frost hervor. Im normalen Zustande scheint dieser Nordostwind in den Januar und Februar zu fallen. Man kann also zu dieser Zeit Frost erwarten.

Der größte wissenschaftliche Fortschritt, der künftig immer mehr und mehr geschäßt werden wird, ist die auf der Sternwarte zu Paris geschehende Aufnahme des meteorologischen Tableaus von ganz Frank reich, dann der angränzenden Länder, endlich Rußlands und Algeriens. Dieses ist praktisch von unendlichem Vortheil, da durch den elektromagnetischen Telegraphen eine Witterungspost hergestellt wird, die manchem Unheil vorbeugen kann. So signalisirte z. B. Ende Oktober der Telegraph eine drohende Ueberschwemmung durch die Zuflüsse der Loire auf Blois und Tours zu - der Marschall Vaillant (Kriegs Minister) ordnete militairische Arbeiter und Schanzmittel ab, wodurch die Gefahr glücklich beseitigt wurde.

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Der Versuch, Europa mit Amerika durch einen unterseeischen Telegraphendrath zu verbinden, ist verunglückt. Wie kann man auch glauben, daß eine solche Masse Drath von geringerer Dünne als ein gewöhnliches Talglicht auf dem Grunde eines tiefen Meeres über eine solche Entfernung sich werde abwinden laffen, ohne irgend einen Zufall des Zerreißens." So der französische Herr Verfasser, der darauf seine Meinung dahin äußert, daß man den Drath durch Rußland, Sibirien, die Behringsstraße u. s. w. legen müsse, um die sicherste Verbindung mit New-York herzustellen. Wenn es erlaubt ist, hier unsere unmaßgebliche Meinung zu äußern, so möchten wir sagen, daß Herr Babinet doch wohl zu sehr den neutralen, wissenschaftlichen Standpunkt im Auge behält, die anderen hier zu berücksichtigenden Umstände aber zu wenig in Anschlag bringt. Das einzig Vortheilhafte dieser Linie liegt darin, daß die unterseeische Strecke allerdings hierdurch möglichst abgekürzt wird; aber andererseits stehen die erheblichsten Bedenken entgegen. Statt etwa 2000 Meilen würde die telegraphische Strecke über 4000 Meilen betragen müssen und meistens durch die ödesten, kältesten Strecken des Erdballes gehen. Man denke sich die telegraphischen Stationen in

siedlungen liegen, während das dazwischen liegende Land entweder gar nicht oder nur zeitweise von wandernden Horden durchzogen wird; man nehme die massenhaften Schneefälle, die bekanntlich die Verbindung zu hemmen im Stande sind, die breiten Ströme mit ihren Ueber schwemmungen u. f. w., und man wird einsehen, daß der Zufälle, wodurch die Verbindung zeitweise unterbrochen werden kann, sehr viele find. Doch die Hauptsache liegt in politischen Rücksichten. Wird es nicht Fälle geben, wo England seine Depeschen dieser russischen Linie nicht anvertrauen kann? Man denke sich z. B. einmal, England ist im Bunde mit Amerika und will, weil es Nachricht erhalten, daß die Ruffen vom Amur-Gebiete aus einen Anschlag auf China oder Japan ausführen wollen, eine Depesche an den Präsidenten abfertigen, man möge so rasch als möglich eine amerikanische Flotte zur Cooperation in jene Gewässer absenden. Man denke sich diese Depesche durch Rußland befördert. - Ift etwa dergleichen unmöglich?) — Selbst in merkantilischer Hinsicht würde es mannigfache Bedenken haben, z. B. in Geldkrisen. (Schluß folgt.)

Italien.

Denkmäler aus der Zeit Konstantin's in Rom.

Nach I. I. Ampère. (Schluß.)

Jm Vatikan ist diese Schlacht durch den markigen Pinsel Giulic Romano's dargestellt. Konstantin zu Pferde verfolgt die Flüchtlinge, die er in den Tiber drängt; die Figur des Siegers soll nach einem Basrelief des Konstantinbogens gearbeitet sein. Dieser Triumphbogen hängt, sowie die Schlacht an den rothen Felsen, mit dem großen Ereigniß zusammen, das die Welt umgewandelt hat. Am Tage, wo er dem Kaiser geweiht wurde, gestattete er, als Christ, den Soldaten nicht, aufs Kapitol zu marschiren, wo sie nach Brauch dem Jupiter opfern und für das Glück des Reiches beten sollten. Dieser Triumphbogen allein, wenn andere Zeugnisse schwiegen, könnte von der Beschaffenheit des Konstantinischen Christenthums reden. Unter den dem Trajansbogen entlehnten Basreliefs dieses Denkmals, deffen Zueignung er sich ge= fallen ließ, befinden sich solche, die Huldigungen heidnischer Gottheiten darstellen: Trajan opfert dem Mars, dem Apollo, dem Sylvanus. Konstantin, der den Soldaten die feierliche Opferung auf dem Kapitol untersagte, nahm kein Aergerniß an den idolatrischen Darstellun gen auf seinem Triumphbogen.

Uebrigens ist das nicht die einzige Spur von den Zugeständnissen, die der erste christliche Kaiser der verlassenen Religion machte. Er behielt, wie bekannt, den mit dem heidnischen Kult so eng verknüpften Titel des pontifex maximus bei, und in seinen Beziehungen zur Kirche zeigte es Konstantin nur zu deutlich, daß er sich stets als das Haupt der Religion ansehe. Das Recht, das er fortwährend ansprach, in Glaubenssachen seinen kaiserlichen Willen und seine kaiserliche Weisheit als maßgebend geltend zu machen, war ein Ueberreft jener ganz heidnischen Idee, daß es der weltlichen Obergewalt zustehe, den Glauben zu regeln; durch und durch heidnisch ist dieses Prinzip, obwohl sogenannte christliche Fürsten, in katholischen wie in protestantischen Staaten, ihm huldigten. Die Inschrift auf dem Siegesbogen ist merkwürdig durch das Schwankende im Ausdruck, in Bezug auf die religiösen Gedanken, durch die berechnete Unentschiedenheit der Worte, deren sich der Senat bediente, um weder in der einen, noch in der anderen Richtung eine Blöße zu geben. Die Inschrift besagt, dieser Bogen sei dem Kaiser geweiht worden, weil er die Republik (man sprach noch von einer Republik!) durch seine Seelengröße und göttliche Inspiration instinctu divino von einem Tyrannen befreit habe. Es scheint sogar, daß diese Worte nachträglich an die Stelle einer noch schärfer heidnisch markirten Formel eingeschoben worden sind. Dieses Denkmal, das den Sieg Konstantin's feiert, verkündet also noch nicht entschieden den Sieg des Christenthums. Und ist das zu verwundern, wenn man auf den Münzen dieses Kaisers auf der einen Seite den Namenszug Christi und auf der anderen das Bild Roms, der heidnischen Gottheit, sieht? Konstantin schärfte die Sonntagsfeier ein und veröffentlichte ein Edikt über die Art der Haruspizien; in Konstantinopel ließ er seine Statue mit einer Fortuna in der Hand durch das Hippodrom führen: Zeugniß der ruchlosesten Idolatrie, der Vergötterung des eigenen Glückes!

Das Heidenthum, von dem der Triumphbogen Konstantin's das Gepräge trägt, dauerte noch lange nach ihm fort. Als Theodofins nach Rom kam, fand er es noch tief im hartnäckigsten Heidenthum. Die Tempel waren auf seinen Befehl geschlossen, aber die Götter

*) Dergleichen politische Rücksichten müßten England auch zurückhalten, telegraphische Verbindungen über Frankreich und Desterreich nach der Levante anzulegen. Denn wie leicht könnte London nach Konstantinopel etwas zu telegraphiren haben, das Paris oder Wien nicht wissen soll! Die Telegraphen sollen jedoch dem großen Volker- und Weltverkehr dienen, dem gegenüber alle Differenzen der Politik bloße Ausnahmen sind, die keine Berücksichtigung

bilder blieben darin, ja hin und wieder wurden jene wieder geöffnet. Ein Präfekt zu Rom opferte der Ceres; ein anderer eigensinniger Ritter des Heidenthums errichtete Altäre den zwölf diis consentibus. Man hat die Trümmer eines Tempels dieser Götter am Fuße des Kapitols erkannt.

Der alte etruskische Aberglauben war nicht aufgegeben; ein heidnischer Dichter, Claudian, und ein christlicher Bischof, Maximus Turinenfis, bezeugen gleichmäßig, daß zu ihrer Zeit die Haruspizien Befragt wurden. Als Alarich die Stadt bedrohte, ließ der Präfekt Pompejanus zu ihrer Vertheidigung etruskische Priester kommen, die Das Feuer des Himmels auf die Feinde Roms zu richten versprachen. Endlich war der heidnische Fanatismus noch mächtig genug, eine christliche Fürstin, Serena, die Wittwe Stilico's, deren Tochter mit Honorius vermählt worden war, erdroffeln zu lassen, weil sie es gewagt, sich mit dem einer Göttin entwendeten Halsband zu schmücken. Solche Thatsachen, die von dem hartnäckigen Widerstand des besiegten Heidenthums, von seinen momentanen Rückfällen und von dem stockenden Schritt des Menschengeschlechts auf der neuen Bahn, die es betreten, Zeugniß ablegen, machen das Vorhandensein heidnischer Gegenstände auf dem Triumphbogen Konstantin's und die sie begleitende zweideutige Inschrift begreiflich.

In den Basreliefs, die auf dem Triumphbogen Konstantin's von denen auf dem Trajansbogen entlehnt sind, zeigt sich, wenn man sie aus dem künstlerischen Gesichtspunkt anschaut, der Unterschied recht auffallend. Was sich aus den Zeiten Trajan's herschreibt, ist von vollendet schöner römischer Skulptur; was der Konstantinischen Epoche angehört, ist zum Erbarmen. Da stellen Victorien ihren Fuß auf groteske Gestalten, die knieende Barbaren vorstellen sollen; der Fuß einer dieser Victorien bedeckt vollständig das Bein eines dieser Barbaren.

Konstantin ist übrigens nicht der erste, der die Vergangenheit geplündert hat, um die Gegenwart zu schmücken; lange vor ihm hatte Sylla die Säulen aus dem Tempel des olympischen Zeus zu Athen geraubt, um das Kapitol damit zu zieren. Diese Räubereien wieder holten sich in allen Epochen, und kaum waren wir selbst (zur Zeit Napoleon's I.) zu erkennen befähigt, daß die Denkmäler der Geschichte angehören und daß auch die Jahrhunderte ein Eigenthumsrecht haben.

Ift man über das Forum hinausgekommen und nähert sich dem Koliseum, so bemerkt man zur Linken drei große Gewölbebogen; in dem mittleren ist eine weite Spalte, durch die das Auge sich an der Sonnenseite, an dem sanften Mondlicht oder an dem azurklaren Himmel erfreut. An den abgebrochenen Bogen oben starren die Verzahnungen eines Gewölbes, das nicht mehr vorhanden ist, auf dem Boden liegen Steinmaffen umher, ähnlich Felsblöcken, die durch eine Lavine herabgestürzt worden. Diese ungeheure Ruine, die gewaltigste nach dem Koliseum und den Thermen Caracalla's, ist nur ein Drittel der Basilika, die von Marentius vor seiner Niederlage aufgeführt und von Senat und Volk dem sieggekrönten Konstantin geweiht worden. Durch diese Aufeinanderfolge zweier stracks entgegengesetter Bestimmungen knüpft sich demnach dieses Denkmal an die große Umwälzung, die sich damals erfüllte. Wie das Reich ging auch dieses Monument in wenigen Jahren vom Heidenthum zum Christenthum über, und seine Geschichte ist zugleich die Geschichte der größten moralischen Umwälzung in der menschlichen Gesellschaft. Die Wandlung dieses Denkmals entspricht der Wandlung, die mit dem menschlichen Geiste vorging. Diese Wandlung sprach sich gewissermaßen sichtbar in der veränderten Richtung aus, welche die christlich gewordene Basilika nahm. Zuerst zog sie sich auf das Forum zu, von Südost nach Nordwest, wie eine aufgefundene Halle beweist; indem man aber später den Haupteingang an einer der Seiten des Denkmals anbrachte, änderte sich zugleich mit der Bestimmung desselben die Richtung von Südwest nach Nordost, d. h. nahezu von Westen nach Osten, die gewöhnliche Richtung der alten chriftlichen Basiliken, die sich nach Sonnen-Aufgang, wie die Seelen sich nach dem erscheinenden Lichte des Christenthums wendeten.

Insbesondere überrascht hier die Beharrlichkeit der Römer, bis zur Auflösung ihres Reiches große Monumente aufzuführen, selbst dann, als sie nichts Großes mehr zu thun vermochten. Die Basilika des Marenz hatte 330 Fuß in die Länge und 220 Fuß in die Breite. Am Vorabend des Tages also, wo Konstantin das alte Rom verließ, um an den Ufern des Bosporus ein neues Rom zu gründen, errichtete sein Nebenbuhler eine Riesenbasilika, die wahrscheinlich noch heute stände, wenn ein Erdbeben sie nicht zum Theil im vierzehnten Jahr hundert zerstört hätte. Marenz, der leßte Kaiser des heidnischen Rom, hat in einer sechsjährigen bewegten Regierung noch Zeit genug, zwei beträchtliche Monumente zu bauen, die eben besprochene Basilika und einen Cirkus.....

...... Noch muß eine große Thatsache aus dem Leben Konstantin's erwähnt werden, die in die Geschichte des alten Rom eingreift, ja, die als eine der Haupt-Ursachen der Auflösung desselben anzusehen

ist: die Verlegung der kaiserlichen Residenz (nach dem Orient. An dem Tage, wo Konstantin diesen Entschluß faßte, war Roms TodesUrtheil gesprochen. In einem Reiche, wo die politische Centralisation das war, was sie im römischen Reiche immer gewesen und was sie hauptsächlich unter Diocletian und Konstantin geworden, da konnte nur die Gegenwart des Kaisers allein die Hauptstadt gegen die Barbaren vertheidigen. Es hing nur an einem Haar, daß Rom ihnen den Eindrang in seine Mauern gewehrt hätte. Alarich sette dreimal an, ehe es ihm gelang. Belifar drängte Vitiges zurück. Die Päpste schüßten die Stadt Petri gegen die Lombarden, die dreißig Jahre lang die Mauern vergeblich bedrohten, und später gegen Sarazenen. Konstantinopel, das sehr früh die Barbaren, unter Anderem die Ruffen, vor seinen Thoren sah, widerstand dem Sturm an die achthundert Jahre. Rom hätte daffelbe gethan und im funfzehnten Jahrhundert würden keine Türken dagewesen sein, es einzunehmen. Konstantin, den eine Inschrift auf seinem Triumphbogen den Befreier Roma's nennt, war ihr erster Zerstörer. Von jezt ab ist die monumentale Geschichte Roms fast geschlossen, und ich werde nur die Geschichte seiner Ruinen zu erzählen haben.

Eines nur mag Konstantin entschuldigen: der Gedanke, den Sig des Reiches nach dem Orient zu verlegen, war nicht neu, schon Cäsar hatte ihn gefaßt. Zwischen dem Orient und dem Despotismus bestand eine natürliche Verwandtschaft. Mehrere Kaiser fühlten sich hingezogen. Adrian hatte ihn viel bereist. Caracalla hatte dort zwölf Jahre verlebt und war dort gestorben. Jahre verlebt und war dort gestorben. Diocletian residirte am liebsten in Nikomedien und erschien nur auf Momente in Rom. Für seine Experimente in der orientalischen Despotie fühlte er sich dort behaglicher. Konstantin, der das Werk Diocletian's aufnahm, wollte es weiter führen in einer Umgebung, die dafür gemacht war, fern von dem Rom, wo ein allerdings herabgewürdigter Senat doch noch eine verblaßte Erinnerung an die Republik bewahrte, wo das imperium niemals ein Schemel des Königreichs werden konnte. Ohne Zweifel wurde er dazu durch die Lage von Byzanz angeregt, eine Lage, die er bei der Belagerung seiner künftigen Residenz zu bewundern Gelegenheit hatte. Mir scheint, der Gedanke habe in ihm den Ausschlag gegeben, daß eine neue Religion sich am besten in einer neuen Stadt gründen lasse. Rom war der Hort des Heidenthums, das sich dort hinter den Trümmern des alten Patriziats verschanzte. Der Glaube, der die Welt umkehrte, schien den unbeweglichen Fels des Kapitols nicht erschüttern zu können, und doch sollte dieser Glaube hier festen Boden gewinnen. Konstantin begriff diese Zukunft des Christenthums nicht. Er überließ dem Papstthum die Ehre, Nom an der Spize der Welt zu erhalten. Die Gegenwart des Heident hums, das sich an Nom anflammerte, scheute er wie ein Gespenst. Hätte er das abgelebte Patriziat ins Auge gefaßt, so würde er deffen Schwäche begriffen und ihm seinen Glauben auferlegt haben. Er mußte kühn sein labarum®) auf das Kapitol pflanzen und die Welt herausfordern, es von dort herabzureißen. Seine Nachfolger, bald in Ravenna, bald in Mailand, wenn sie nicht in Konstantinopel waren, überließen den Gothen das Kapitol, das die Republik gegen die Gallier vertheidigt hatte.

Wer heute mitten unter Roms Ruinen schreibt, kann sich eines Zorngefühls nicht erwehren, daß die ältesten Ruinen von dem unpolitischen Gedanken herrühren, dem Ursig der Herrschaft den Rücken zu kehren. Und doch muß man auch hier die strenge Gerechtigkeit der Vorsehung bewundern. Rom hatte sich, an Händen und Füßen gebunden, dem Kaiserthum überliefert, hatte sich ohne Bedingung dem Despotismus ergeben. Anfangs behandelte der Sieger seine Gefangene mit Milde; dann ließ er sie seine grausame Härte, die Schmach seiner Launen fühlen; endlich der veralteten Sklavin überdrüffig, ließ er fie gegen eine jüngere im Etiche und gab sie preis... Das Kaiserthum hat Rom nach einander geknechtet, unterdrückt, verlassen. Die Barbaren werden nicht viel zu thun haben, ihm den Garaus zu machen.

Nord-Amerika.

Santa Filomena.

Unter diesem Titel verherrlicht der amerikanische Dichter Longfellow die bekannte edle junge Engländerin Miß Nightingale, die sich während des Feldzugs in der Krim ihrer Landsleute mit so vieler Liebe angenommen hat. Das Gedicht, das eben in allen englischen Journalen die Runde macht, ist der Aufmerksamkeit deutscher Leser nicht unwürdig, weshalb wir uns erlauben, es hier in Uebersehung folgen zu lassen: Wenn ein edles Wort erklingt, Wenn ein edles Werk gelingt, Fühlen wir das tiefste Leben Sich zu stelzer Höhe heben.

*) Labarum, so hieß die Kriegsfahne Konstantin's, auf welche er eine Krone nebst einem Kreuze und den ersten Buchstaben des Namens Jesu gejeßt D. N. hatte.

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