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Wöchentlich ersHeinen 3 Rummern. Breis jährlich 3 Thlr. 10 Sgr., balsjährlich i Xhic. 20 Sgr, und viettelfährlich 25 gr., wefür Das Blatt im Inlande portofret und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 144.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin ber Beit. Comp., Jägerstraße Nr. 25, und beim Spebiteur Reumann, Riederwallfir. Br. 21), sowie von allen 'fönigl. Poft-Nemtern, 'angenommen.

Literatur des Auslandes.

England.

Berlin, Donnerstag den 2. Dezember.

Der britische Verein zur Förderung der Wissenschaften, 1858, Gegen Ende Septembers hat die British Association &c. ihre acht undzwanzigste Jahres-Versammlung zu Leeds gehalten. Aus der reich. haltigen Ansprache des Präsidenten, Profeffor Owen, können wir nur folgenden verhältnißmäßig kurzen Auszug geben, doch wird er genügend sein, um einen orientirenden Umblick in dem Bezirke des Wiffens zu gewähren, welchem die Verhandlungen der Association vorzugsweise angehören:

,,Ueberschauen wir die Natur und die Ergebnisse unferer Arbeiten im Laufe der leßen siebenundzwanzig Jahre, das Ziel und die Tendenzen unseres Vereines, so dürfte es scheinen, daß wir den großen philosophischen Traum oder das prototypische Gesicht Bacon's, von dem er in seiner Reuen Atlantis" erzählt, zu verwirklichen im Begriffe find. In dieser schönen Parabel stellt der Vater der neueren Wissenschaft das Bild einer Anstalt auf, die er,,Salomon's Haus" nennt, und verkündet uns durch ein Mitglied derselben, wie der Zweck ihrer Gründung sei: „Die Kenntniß der Ursachen und verborgenen Antriebe der Dinge, und die Erweiterung der menschlichen Macht, alle möglichen Dinge zu bewirken". Als ein wichtiges Mittel, die großen Zwecke Bacon's „Sechs-Tage-Schulen“ zu fördern, wurden gewiffe Mitglieder jenes Hauses" unter dem Namen,,Kaufleute des Lichtes" abgeordnet,,,Rundreisen durch verschiedene Hauptstädte des Königreichs" zu machen; dieser lettere Zug in dem Baconschen Bilde kennzeichnet besonders unseren Britischen Verein". Wir haben aber auch andere Zwecke der,,Neuen Atlantis“ auszuführen angestrebt; wie die fyftematischen Zusammenfassungen der Ergebnisse verschiedener Zweige der Wissenschaft, wovon unsere veröffentlichten,,Berichte" Zeugniß geben. Ebenso haben wir gewissermaßen die Idee des ,,Mathematischen Hauses" in unserer Anstalt zu Kew verwirklicht. Die königlichen und die privaten Sternwarten, die ,,Royal Society" und andere wissenschaftliche Gesellschaften, das Britische Museum, die zoologischen Anstalten, die botanischen Gärten, vereinigen fich in unseren Tagen, das zu verwirklichen, was Bacon in fernster Aussicht vorschaute.

Groß über alle Ahnung waren die Ergebnisse dieses Zusammen. wirkens und der Anwendung der Inductionsmethode bei den Fragen an die Natur. Das Weltgefeß der Schwere, der Umlauf des Blutes, die analoge Strömung des magnetischen Einflusses, von dem man mit Recht sagen konnte, daß er die Erde lebendig macht, der kein Atom auch ihrer festesten Bestandtheile in völliger Ruhe beharren läßt; die Entwickelung und der Fortschritt der Chemie, Geologie, Paläontologie; die Erfindung und praktische Anwendung des Gas, Dampfmaschine, Photographic, Telegraphie -das find, in den wenigen Jahrhunderten, seit Bacon geschrieben, die Belohnungen der treuen Befolger feiner Regeln für die Forschung. Er betonte die Wichtigkeit per unmittelbaren Beobachtung, wie er sie in der Geschichte der Aftronomie erläuterte; berief sich auf die Entdeckung Galilei's und die Anwendung derselben von Kepler und Horrocks. Drei Sterne erster Größe gingen damals zugleich am Himmel der Geister auf: dasselbe Jahrhundert, in welchem das,,Thema Coeli" von Lord Berulam und Thema Coeli" von Lord Verulam und der „Nucius Sidereus" von Galilei erschienen, ward durch „, Philosophiae Naturalis Principia Mathematica" von Newton verherrlicht, Hat die Zeit, konnte man hier fragen, das großartige Ergebniß des menschlichen Verstandes, die Aufstellung des Gravitationsgefeßes, irgendwie angetaftet? Es sind Zeichen vorhanden, daß selbst Newton's Ariom von dem raftlosen Gefeß des Fortschrittes nicht unberührt geblieben ist. Die Ausdrucksform des Gefeßes: „die Gravitation steht im umgekehrten Verhältniß zu dém Quadrate der Entfernung", schließt den Gedanken in sich, daß die Kraft, die von der Sonne ausfließt, in dem Verhältniß abnehmen muß, in welchem die kuglichte Fläche, über die sie sich verbreitet, zunimmt. So wurde es in der That von Halley verstanden. Profeffor Whewell, der tüchtigste Geschichtschreiber der

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I 1858.

Naturwissenschaft, hat bemerkt, das,,künftige Entdeckungen dem Gefeße der Gravitation einen weiteren Umfang und über die Art ihres Wirkens einiges Licht geben dürften". Die Schwierigkeit, eine Kraft zu begreifen, die ohne Medium von Körper auf Körper wirkt, hat sich allerdings in leßter Zeit fühlbar gemacht, und ganz besonders, seit Meyer aus Heilbronn zuerst das Prinzip der,,Kraftbewahrung" ausgesprochen. Newton, obgleich er die Nothwendigkeit eines Mediums, wodurch die Gravitationskraft sich von einem Körper auf den anderen übertragen müßte, einsah, scheint von der Unzerstörbarkeit und Un vernichtbarkeit der Kraft keinen solchen Begriff gehabt zu haben, wie er gegenwärtig den. Denkern höchsten Ranges mit den Ausdrücken, die Newton seinem großen Gefeße giebt, unverträglich scheint.

Der Fortschritt der Erkenntniß einer anderen Form der alldurchdringenden Kraft, die wir nach der bekanntesten Wirkung auf den einen unserer Sinne,,Licht" nennen, war nicht weniger merkwürdig, als die der Gravitation. Galilei's Entdeckung der Trabanten des Jupiter gab Römer das Mittel an die Hand, im Jahre 1676 die Schnelligkeit des Lichtes zu berechnen. Descartes in feiner Theorie des Regenbogens schrieb die verschiedenen Farben dem verschiedenen Grad der Strahlenbrechung zu und näherte sich der Hauptentdeckung Newton's, daß der Lichtstrahl von den verschiedenen Farben zusammengefeßt ist und ihre Verschiedenheit von ihrer Brechbarkeit herrührt. Hook und Huyghens erklärten um dieselbe Zeit die Licht-Erscheinungen als Undulationen eines Aethers, die fich von dem Leuchtpunkt aus, wie die Undulationen des Schalles, sphärisch fortpflanzen. Newton gab zwar zu, daß diese Undulationen oder Vibrationen gewiffe Erscheinungen erklären, stellte aber die Hypothese der Ausstrahlung (emission) als die den mathematischen Sägen in Bezug auf das Licht angemessenste auf. Rasch folgten nun auf einander die Entdeckungen der Achromatik, der Geseze der Doppelbrechung, der kreisförmigen und elliptischen Polarisirung und Entpolarisirung; die jüngeren Fortschritte der Optik, die in ihrer Verwirklichung die Ahnungen Bacon's von den Erfolgen feines,,Fernglas-Hauses" weit hinten laffen, verherrlichen die Namen Dollond, Young, Malchus, Fresnel, Biot, Arago, Brewster, Stokes, Jamin und andere.

Mancher Zweig der Naturwissenschaften, wie wir sie jest verstehen, sproßte noch nicht zu Bacon's Zeit. Die Chemie war damals Alchymie; die Geologie und Paläontologie waren unbekannte Namen; doch fing man an, Magnetismus und Elektrizität zu beobachten, ihre Erscheinungen wurden von einem Zeitgenossen Bacon's auf eine Weise verglichen und definirt, die als der erste Schritt zu wissenschaftlicher Erkenntniß dieser Kräfte anzusehen ist. Schon vor Gilbert (,,De Magnete" 1606) war es bekannt, daß der Magnet Eisen anziehe; die große praktische Anwendung des magnetisirten Eisens auf den SeeKompaß hatte schon viele Jahre vor Bacon's Zeit des Schiffers Fahrzeuge durch die weglosen Fluthen geleitet. Gilbert, dem man die Bezeichnung,,Elektrizität“ verdankt, beobachtete, daß diese Kraft leichte Körper anziehe, während der Magnet diese Wirkung nur auf Eisen äußere. Um ein Jahrhundert später wurden an den elektrischen Substanzen die Erscheinungen der Abstoßung wie der Anziehung leichter Körper bemerkt, und Dufay stellte 1733 den Saß auf: Elektrische Körper ziehen nichtelektrische Körper an und floßen sie sofort ab, wenn sie durch die Nähe der elektrischen Körper selbst elektrisch geworden find.“ Nächst ihm unterschied Defaguliers die Körper, je nach ihrem Verhalten, wenn sie mit elektrischen Körpern in Berührung kommen, in leitende und nichtleitende. Die Bestimmung der zwei Arten dieser Kraft, von Dufay als Glas- und Harz-Elektrizität, von Franklin als positive und negative Elektrizität, bildete einen wichtigen Schritt, der zu einer Reihe glänzender Experimente, Entdeckungen und Erfindungen, wie die Leydensche Flasche zur Verstärkung der Elektrizität, die Entdeckung des Bischofs Watson, daß die Elektrizität im Nu auf eine Länge von 12,000 Fuß übertragen wird, und die Franklin's von dem elektrischen Zustand der Wolken, wie von dem Vermögen aufrechtstehender spißer Körper, diese Elektrizität heraus und anzuziehen diese beiden Entdeckungen waren ein glänzender Anfang zu der An

wendung dieser Wissenschaft auf das Wohlsein und die Bedürfnisse der Menschheit. Der Magnetismus wurde zu einem doppelten Zweck studirt: die Zahlverhältnisse seiner Thätigkeit zu Zeit und Raum in doppeltem Betrachte der Richtung und der Stärke auszufinden, und in das Geheimniß der Natur der magnetischen Kraft zu dringen. Durch Versuche in den Sälen der Britischen Gesellschaft hat sich in Bezug auf den ersteren Punkt herausgestellt, daß es periodische Veränderungen der magnetischen Elemente giebt, die von der Tagesstunde, der Jahreszeit und, was seltsam erscheint, von einer ungefähr elfjährigen Periode abhängen. Außer diesen regelmäßigen Veränderungen ergeben sich andere von ruckweisem und scheinbar unregelmäßigem Charakter – Humboldt's „Magnetstürme“ – denen man gleichzeitig an von einander entfernten Punkten der Erdfläche begegnet. Der Gene ral-Major Sabine, der auf diesem Forschungsgebiete seit Halley das Bedeutendste geleistet hat, bewies, daß die magnetischen Stürme tägliche, jährliche und elfjährliche Perioden einhalten. Aber mit welcher Phase oder Erscheinung irdischer oder himmlicher Körper hat es die magnetische elfjährige Periode zu thun? Wenn folgendes Zusammentreffen auch noch keine Antwort darauf giebt, so muß es, als höchft merkwürdig und überraschend, gebulbige Beobachter zu weiterer Forschung anfpornen. Ein deutscher Aftronom, Schwabe, der sich seit dreißig Jahren die Aufgabe gestellt, das Antlig der Sonnenscheibe täglich zu beobachten und anzumerken, hat in diesem Zeitraum gefunden, daß die Sonnenflecken eine periodische Reihe von Phasen der Zu- und Abnahme durchgehen, und daß die ganze Periode einen Zeitraum von etwa elf Jahren umfaßt. Ein Vergleich der von einander unab hängigen Beobachtungen des Astronomen und des Magnetikers haben nun gezeigt, daß die elfjährige magnetische Periode in ihrer Dauer und in ihren Epochen des Maximums und des Minimums mit derfelben Periode der Sonnenflecke zusammenfällt.

Vor wenigen Wochen, während eines Jnspectionsbesuches in unserer Anstalt zu Kew, beobachtete ich die erfolgreiche Operation des photo-heliographischen Apparats. Die ununterbrochene, regelmäßige Verzeichnung des Zustandes der Sonnenflecken in Verbindung mit den gleichzeitigen an vielen Orten angestellten magnetischen Beobachtungen werden die volle Bedeutung und den Werth des vorerwähnten Zusammentreffens in unferner Zeit feststellen... Im Jahre 1807 verfuchte Dersted zu entdecken, ob die Elektrizität in ihrem gebundensten Zustande irgend auf den Magnet einwirke, und erst 1820 kam er zu dem großen Ergebniß, daß der leitende Draht eines Voltaischen Reifes auf eine Magnetnadel so wirkt, daß diese sich zu dem Draht unter einem Rechtwinkel zu stellen strebt. Noch weiter ging Ampère, dem es mittelst eines zarten Apparats gelang, nachzuweisen, daß der Voltaische Draht durch die Einwirkung der Erde selbst, als eines Magneten, affizirt wird. Kurz, der Saz wurde aufgestellt: Magnetismus und Elektrizität find nur verschiedene Wirkungen einer gemeinsamen Ursache.

Dies war der erste Schritt zu der noch großartigeren Idee: alle Arten der unwägbaren Stoffe der Chemie unserer Studentenjahre, mit sammt Gravitation, Chemismus, Neurismus, sind nichts als wechselnde Thätigkeitsweisen der einen und derselben alldurchdringenden Vitalität. Galvani brachte den Nerv eines soeben getödteten präparirten Frosches in Berührung mit der Oberfläche eines entblößten Muskels, und dieser zog sich sofort zusammen. Dieses Experiment, aus dem er das Verhältniß der Nervenkraft zur Elektrizität herleitete, brachte ihn zu dem Schluß, daß die Zusammenziehung eine nothwendige Folge sei des Ueberganges der Elektrizität von einer Fläche zur anderen mittelst des Nerves. Er nahm an, die Elektrizität werde vom Gehirn ausgeschieden und durch die Nerven in die verschiedenen Theile des Körpers übertragen, indem die Muskeln als Behälter der Elektrizität dienen. Volta ging einen Schritt weiter und zeigte, daß unter den Bedingungen der Experimente Galvani's der Muskel sich jedenfalls zusammenziehen würde, ob der elektrische Strom in dem thierischen Körper, oder außerhalb deffelben seinen Ursprung habe. Beide irrten: Galvani, indem er die Zusammenziehung ausschließlich auf die elektrische Thätigkeit des Gehirns zurückführte; Volta, indem er den Ursprung der elektrischen Kraft ganz von dem thierischen Körper ausschloß. Erst den beharrlichen und sinnreichen experimentalen Untersuchungen Mateucci's und Du Bois Reymond's verdanken wir tiefere Einblicke in diese verborgenen Erscheinungen. Der Lettere hat gezeigt, daß jeder Punkt der Oberfläche eines Muskels oder eines Nerves in Beziehung auf jeden Punkt des Duerdurchschnittes desselben Muskels oder desselben Nerves, positiv elektrisch ist. Herr Barter in noch jüngeren Untersuchungen ist zu wichtigen Schlüssen über den Ursprung der Muskel. und Nervenströme gelangt; diese sind, nach ihm, von der polarisirten Beschaffenheit der Nerven- oder Muskelfasern bedingt und von dem Verhältniß dieser Beschaffenheit zu den Veränderungen, die während der Ernährung vor sich gehen. Aus dem gegenwärtigen Stand der Nerven-Elektrizität dürfte man schließen, daß die Nervenkraft mit der elektrischen Kraft nicht identisch, sondern vielleicht eine andere Weise

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der Bewegung derselben gemeinsamen Kraft sei; gewiß aber ist f eine polare Kraft und vielleicht die höchste Form derselben. ,,Bewegung, die wechseln mag, doch nicht vergehn,

In der ein Bild lichter Ewigkeit zu sehn."

Die gegenwärtige Tendenz der höheren Generalisationen in de Chemie scheint auf eine Zahlverringerung der Substanzen hinam zulaufen, welche,,Grundstoffe" genannt werden. Man fängt an u vermuthen, daß die Gruppen sogenannter chemischer Grundstoffe, wie Chlorin, Jodin, Bromine u. a., nur verschieden modifizirte Formen Eines Elementes find. Die organische Chemie wird mit ihrem reißend schnellen Wachsthum immer mehr vereinfacht. Mit der analytischer Chemie hält die fynthetische gleichen Schritt, und man stellt jest es stanzen durch die Kunft weit ökonomischer her, als sie uns von der Natur geboten werden.

Seitdem Niepce, Herschel, For Talbot und Daguerre ben Grun zur Photographie gelegt haben, vergeht kein Jahr, ohne daß durch di Verbindung von Photizität, Elektrizität, Chemie und Magnetismus weitere Entdeckungen zu verbesserter, praktischer Anwendung derselbe gemacht werden. Die im vorigen Jahre produzirten erhabenen Plattes, um Kupferstiche durch die bloße Lichtwirkung herzustellen, wurden als das lezte Wunder der Photographie begrüßt. Dieses Jahr war Zeug des photographischen Druckes in Schwarz von Pretschi. Der Red ner erwähnt ferner die Anwendung der Photographie auf Abbildungen des Mondes, der Pflanzen und anderer Dinge zu wiffenschaftlichen Zwecken und geht dann zu den Entdeckungen des Elektromagne tismus über. Nichts, sagt er, mochte dem Anfcheine nach von allem praktischen Nußen fo fern liegen, als Dersted's mühsam verfolgt: Experimente mit seinen kleinen Magneten, Voltaischen Säulen, Kupferdraht-Enden. Und doch ist aus diesen unscheinbaren Versuchen das Wunder des elektrischen Telegraphen hervorgegangen, der die mensch lichen Gedanken mit Blißesschnelle von einem Ende der Erde zum anderen trägt! Ja, das noch staunenswerthere Wunder des unterseeischen Telegraphen, der zwei durch Meere getrennte Welten in un mittelbare Verbindung bringt. Seitdem die Grundfesten der Schöpfung gelegt worden, konnte man nicht mit größerem Rechte sagen: „Des Meeres Tiefen preisen ihn." Die erste Sendung, die der elettro magnetische Kabel, in einer Länge von mehr denn 2000 Seemeiler über die Höhen und Abgründe des Atlantischen Deeans von Neufundland nach Irland am 6. August 1858 in 35 Minuten brachte, lautete:,,Ruhm Gott in den Höhen, Frieden auf Erden, den Menschen ein Wohlgefallen." Welche Kräfte, welche Wohlthaten für das Menschengeschlecht daraus noch folgen werden, läßt sich kaum dunkel ahnen.“

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Mit Bezugnahme auf die Arbeiten Ray's, Linné's, Juffier's Buffon's und Cuvier's bemerkte der Präsident, daß seit Jussieu di Botaniker das große Ziel verfolgten, das natürliche Pflanzensystem z vervollkommnen. Ebenso haben die Schriften Cuvier's die Zoologe angefeuert, dieselbe richtige Einsicht in die Beziehungen der Thiere zu gewinnen. Diesem großen Manne gebührt das Verdienst, die Untersuchungen zur Entdeckung der richtigen Eintheilung des Thierreiches systematisch geleitet und anatomisch angewandt zu haben. Erst durch die zootomische Wissenschaft in der Höhe, zu der sie Cuvier gefördert hatte, konnte die Geschichte der Thiere" des Ariftoteles nach Werth und Wichtigkeit gewürdigt werden. Es giebt in der Geschichte der Wissenschaft kein ähnliches Beispiel von einer hellleuchtenden Fackel, wie sie durch Geschlechter und Jahrhunderte allmählich blakte und immer dunkler brannte, bis sie wieder angefacht wurde, um bei ihrem klareren Lichte den Umfang, sowohl der alten Entdeckung, wie den einzuschlagenden richtigen Gang der neueren Untersuchungen, zu sehen. Nicht nur der Bau jedes Thieres bis in die feinsten Merkmale jedes Gewebes wurde erforscht, sondern man drang in die Bildungsart der Bestandtheile der Organe, wie dieser Organe selber, von dem Keim der Knospe oder dem Ei bis hinauf zur Reife und hinab zum Ver fall. Zu der Beobachtung der äußeren Kennzeichen kömmt jegt die der inneren Organisation und des Entwickelungswechsels, und so vereinigen Zootomie, Histologie und Embryologie ihre Ergebnisse, um eine adäquate und dauernde Basis für die höheren Ariome der Zoologie im engsten Sinne zu bilden. Drei Prinzipien sind jest als die Faktoren der Thierconstruction erkannt: Einheit des Planes, pflanzenartige Reproduction und zweckentsprechende Angemessenheit... (Fortseßung folgt.)

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wohlwollenden Herren der regierenden Klassen, mit dem schwachen, aber nicht bösartigen Lord John Russell an der Spiße, schon seit Jahren versucht, durch eine Affociation für soziale Wissenschaft!! sich mit ihm und den mehr leidenden, als arbeitenden Klaffen“ zu befreunden und wirklich manches Löbliche für dieselben vorzuschlagen oder gar einzuleiten. Der nicht auf die Stirn geschriebene, aber deffenungeachtet sehr klar leserliche Zweck dieser hoch aristokratischen Association ift, die Reform-Bill zu sparen und dem Volke dafür guten Nath und Bessere Wohnungen, Ventilation, Reinlichkeit, Bäder, beffere KriminalGeseze u. f. w. vorzuschlagen. Ich bin überzeugt, das Volk würde babei mehr gewinnen, als durch die beste politische Reform, wenn die Association nur Aussicht hätte, von dem bisherigen, nicht reformirten Parlamente bewilligt zu erhalten, was sie zur Förderung ihrer sozialen Wissenschaft brauchen. Aber im Parlamente ftimmen sie in irgend einer Weise oft jast gegen das, was fie in der „Association für soziale Wissenschaft" verlangt haben. So wird das Gleichgewicht hübsch erhalten. Zwar in Form und Stellung viel erhabener und respektabler, ist diese Association für soziale Wissenschaft" im besten Falle nicht besser, als unsere weiland weiblich honorigen Anstrengungen zur ,,Hebung der niederen Volksklassen", an denen ich im Anfang der Vierzig in Berlin auch rechtschaffen mit hebeln half. Wir meinten es Alle sehr gut und standen Alle selbst nicht sehr hoch, so daß wir gar nicht so hoch hinauf zu hebeln gebraucht hätten. Kurz aber, die Flaschenzüge, die wir anwandten, zogen nicht: die niederen oder arbeitenden Klaffen wollten sich entweder gar nicht emporziehen laffen, weil es ihnen unten beffer gefiel, oder fie sahen verächtlich auf uns herab und dachten: Ihr wollt uns heben! Wollen wir gefälligst selbst beforgen, wenn man uns nur die nothwendigen Mittel dazu nicht wegzieht.

Wie gesagt: wir standen Alle selbst nicht sehr hoch, so daß die Kluft, welche wir zu überwinden hatten, gar nicht so groß war. Aber in England ist diese Kluft schlechterdings unübersteiglich, wie sich die Affociation nun einmal 'gestellt und placirt hat. Sie besteht aus Aristokratie, welche die Arbeiter und deren Leiden gar nicht kennt and auch nicht kennen lernen will, so streng sind alle gemeinen Elemente" ausgeschlossen. Punch, im Uebrigen ein schwächlicher Nachbeter der Times, machte daher die Sache mit einem treffenden Bilde ab; ,,Eine Liebe ist der anderen werth", stand unter dem Bilde, das einen Arbeiter im Schurzfell auf dem Katheder mit dem Hammer darstellt, wie er den feinen, nicht arbeitenden Klassen eine Vorlesung hält und fie in Erstaunen seßt blos dadurch, daß er erzählt, wie sie arbeiten, leben und sich placken.

Wenn ich nicht irre, ist der neue Bischof von London auch Mitglied der Affociation zur Hebung der niederen Klassen". In seiner Weise, oder eigentlich unwillkürlich, trug er wenige Wochen ganz in meiner Nähe, in meiner Straße, etwas zu deren Hebung bei. Er versuchte sogar die Todten auf dem Kirchhofe zu erwecken, aber blos die Armen, Niedrigen. Sie kommen auch dußendweise, fuderweise heraus, aber nicht lebendig. In London, wo das Pflaster theuer ist, kann man nicht für jeden Abgeschiedenen eine eigene Kellerwohnung brei Ellen tief besorgen. Die Kirchhöfe in London sind seit zwei Jahren geschlossen, und man begräbt jeßt seine Todten durch Compagnieen, welche alle Morgen einen Extra-Eisenbahnzug für ihre gesammelte Fracht bezahlen und zehn bis zwanzig Meilen außerhalb Londons ihre gesammelten, gefüllten Särge unterbringen. Was sind also die Kirchhöfe in London noch nüze? Nun, man macht Baustellen daraus und pflanzt Häuser auf die Gräber, statt mit Thränen getränkte Blumen. Jedes einigermaßen respektable Haus in London muß aber ein Souterrain und darin die Küche c. haben, die unterirdische Küche, worin die kleinen, anständigen Leute zugleich wohnen.

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Nun hatte der Bischof von London (so sagten und schrieen die Leute um mich Tag und Nacht) den Armen Theil des vor zwei Jahren erst geschlossenen Kirchhofs hinter meiner Straße als Baugrund an einen in meiner Straße wohnenden Builder (Bau-Unternehmer, der weder Architekt, noch Zimmer- oder Maurermeister, sondern einfach Geldmacher durch Häuferbau ift) für 1000 Pfund ver fauft. Der Builder umschloß sein neues Besigthum mit starken -- Bretterzäunen, engagirte Arbeiter und ließ zuerst die Souterrains graben. Diese bestanden nun aus sechs bis zehn hoch über einander stehenden; platten, englischen Särgen (echten Nasenquetschern), die zuni Theil vor 21 Jahren noch frisches Holz gewesen, deren Bewohner vor 24 Jahren zum Theil noch gar nicht an den nahen Tod gedacht hatten. Nun denke man sich, wie die Leute hier Souterrains, unterirdische Löcher gruben. Mit jedem Schlage der Spißart schlugen sie einen Sarg entzwei, und fast jeder zerschlagene Sarg verbreitete pestartige Gerüche. Es wurden daher mehrere Arbeiter krank und alle Umwohnenden, die bald rochen, was sie nicht sahen, rebellisch über dieses Leben unter den Todten. Leztere wurden zwar fuderweise hinter Primrose-Hill auf Haufen gefahren und antik verbrannt, aber die Flammen schlugen nicht gen Himmel, sondern in die Herzen und

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Hände der Sterblichen um mich herum. Der große Bretterzaun und die Nachbarschaft desselben füllten sich immer dichter mit Menschen, die das Greuliche und Infernale lieben. Die Policemen, welche Eigenthum und Personen schüßen müssen, fingen an, gegen die Besehung des Bretterzaunes zu protestiren. Krethi und Plethi wollte sich das nicht gern gefallen lassen, so daß einige Reibungen entstanden, die bald bis zu mir, etwa 400 Schritt davon, klangen. Der Bretterzaun füllte sich mit Proteften in Kreide, natürlich unorthographisch, z. B. Let'm sleep in piece". Wo bie Policemen nicht persönlich abwehren konnten, wurde der Bretterzaun maltraitirt und burchbrochen. Mob" wurde nun gewaltsam abgewehrt. Der Aufruhr wächst in meinen Niederlanden. Es gellt, schreit, tobt, pfeift und flucht weit umber. Es regnet Steine auf die Policemen. Einige fallen und werden mit Arretirten fortgebracht. Mob bricht nun Breschen in den Bretterzaun und steinigt auf die Arbeiter los. Diese werfen mit Schädeln und Schenkelknochen und entschuldigen sich: Why it's only poor people!" Die umherfliegenden Schädel und „, only poor people" machen auch anständigere: Leute rebellisch. Gegen Abend füllen sich alle Zugänge mit Neugierigen und Rebellen. Ein Vater schreit auf, wahnsinnig herausßtürzend aus den gegrabenen Höhlen voller Sargund Menschenfragmente, und erzählt mit heiserer Wuth, daß ein Arbeiter sein vor zwei Jahren begrabenes Kind aufgehackt habe. Die Locken lagen noch an deffen Wangen. Es hatte noch sein Müßchen auf und eine Kette um den Hals. Das Sterbehemdchen war noch ganz weiß. Der Arbeiter schlägt dem Kinde den Kopf ab und wirft die beiden Stücke auf einen Schubkarren. Dies schreit, brüllt, heult er aus. Die heißen. Thränen rollen ihm von den braunen Backen. Die Hände ballen sich gen Himmel, und er fordert die Leute im Namen dieses Himmels auf, die entweiheten Todten zu rächen. Da donnert und stürzt die Masse wie eine furchtbare Woge des Wahnfinnes durch den im Nu niederkrachenden Bretterzaun und zerschlägt und steinigt jeden der „Auferstehungsmänner" im Innern, der nicht sofort flieht. Die Polizei hatte nicht nur nicht protestirt, sondern war ganz unsichtbar geworden. Des Nachts konnt' ich nicht schlafen. Ich hörte es stets bald näher, bald ferner wogen, brüllen, schreien und klirren. Kein Zweifel: es regnete eine Zeit lang zerbrochene Fensterscheiben. Am folgenden Morgen sah ich in einem ganz neuen, sehr fplendid gebauten Hause teine ganze Fensterscheibe mehr. Es war die Wohnung des ,,Builder", der schon ein Stückchen Straße bis auf den Kirchhof gebaut hatte und diese nun darüber hinweg bis zur nächsten Hauptstraße verlängern wollte. Die dunkelen Massen unten waren eingebrochen, um mit ihm selbst ein Wort zu reden". Da sie ihn nicht fanden, zerschlugen sie ihm mit der größten Sorgfalt, so daß keine einzige ganz blieb, alle Fensterscheiben. Am folgenden Tage. und bisher war der zerstörte Kirchhof und die Nachbarschaft stets mit Menschen gefüllt. Sie wachten, daß die Arbeiten nicht wieder aufgenommen würden. Endlich beruhigte man sie mit der Versicherung, daß die Arbeiten nicht fortgesezt werden würden und eine Kommission zur Untersuchung der Sache erwählt sei.

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Die ganze Sache sieht fabelhaft aus, und wenn ich sie nicht sel= ber vom Anfang bis Ende mit angesehen hätte, würde ich Bedenken tragen, daran zu glauben, so sehr ich auch aus Erfahrung weiß, was man hier riskirt, um Geld zu machen. Stehende Nedensart unter der Masse war, daß der Bischof von London für 1000 Pfund diesen Theil des Kirchhofes an den Builder verkauft, dieser aber sich ausgemacht habe, das Geld nur zu zahlen, wenn es gelinge". Es ist bis jest nicht gelungen, so daß der Bischof um seine 1000 Pfund kommen wird. Wir wollen annehmen, der Bischof habe nicht selbst das Geschäft gemacht, sondern nur Erlaubniß zum Verkaufe gegeben (wofür in England auch enorme Summen gezahlt werden, so z. B. 70 Millionen Pfund, um,,Erlaubniß zu den verschiedenen englischen Eisenbahnen vom Parlamente zu bekommen). Thatsache aber ist, daß die Erlaubniß gegeben und der Kirchhof, sowie er in seinem „ArmenViertel" war, an den Builder als Baugrund verkauft ward. Ist dies wohl in irgend einem weniger freien Lande möglich? Wir lassen alle Rücksichten auf die Vorstellungen der Lebenden von den Begrabenen fallen und halten uns einfach an die gesundheitspolizeiliche Seite der Sache. Man hat hier ein stolzes,, Board of Health", ein OberGesundheitsamt mit der Befugniß, alle gesundheitswidrigen Dinge mit Gewalt zu beseitigen und Maßregeln, welche für die öffentliche Gesundheit nothwendig oder nüglich sind, zu erzwingen. Diese neue, großartige Behörde muß entweder beftochen worden sein oder die Macht bekommen haben, dieses frechste, unverschämtefte aller öffentlichen Aergerniffe exemplarisch zu bestrafen. Ich weiß nicht, aber ich wette darauf, daß es, wie tausend andere, wobei viel Geld und hohe Personen betheiligt sind, vertuscht wird,,,hushed up".

~Mr. Bright, die Reform, Friedens- und Sparsamkeitsmänner, wozu wir in den Hauptsachen auch gehören (ich trage keinen Rock mit Einer Reihe Knöpfe und Steifkragen, wie Mr. Bright und seine Friends"), attackiren die jeßige Wirthschaft in England besonders

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Krolow, Odel, Winterhalter, Ziem, sämmtlich in Paris. Willich, Feuerbach, Steinle, Thelen, Wittmer und Steinhausen in Nom.

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Noch einige kleine Notizen wollen wir hinzufügen. Allgemeine Be wunderung hat das zarte, finnige Titelblatt gefunden, welches die ge schickte Malerin, Frau Profeffor: Stilke, im Auftrage des Magiftras für die Prinzessin Victoria entworfen hat, auf dem in schöner Av ordnung allegorisch die Verbindung der Länder durch die Fürsten dar geftellt war und nicht ohne Erwähnung blieb: Alles, was England, Alles, was Preußen groß gemacht hat, Alles aber auch, was beide Staaten vereint. Einige Dilettanten haben auch das Ihrige gebrachte die Belagerung Danzige vom Rechts-Anwalt v. Höwel in Anciom, zwei Landschaften von dem berühmten Solotänzer Hoguet (deffen Bruder der bekannte Maler ift), Portraitbüften vom Lieuten. v. E debuhr, endlich kleine sehr schöne Bildwerke von den königl. Gale rie-Dienern Krause und Berlich.

Bier große Notabilitäten unter ihren ausländischen Mitglieden hat: die Akademie in Kürze verloren; in Norwegen Clausen, in Paris. Desnoyer und Delaroche, in Genua den. Marchese di Negro.

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Mannigfaltiges.

Kiepert's Hand-Atlas". Von dem trefflichen Kieperishn Hand - Atlas ist uns kürzlich die siebente Lieferung zugeganger.") Wenn irgend ein deutscher kartographischer Verlag mit dem Justus Perthes in Gotha zu wetteifern vermag, so ist es der von Dietrich Reimer in Berlin und namentlich der vorliegende, von dem ausgezeichneten Geographen Dr. Heinrich Kiepert entworfene und bearbeitete Hand-Atlas. Die gegenwärtige siebente Lieferung (die) sechste ist uns leider noch nicht vorgekommen) umfaßt folgende vier Nummern des Werkes: 1),,Erdkarte in Mercator's Projection". Es find darauf auch die Meeresftrömungen nach den neuesten maritimen und wissenschaftlichen Ermittelungen, wobei sich besonders aud die Amerikaner ein großes Verdienst erworben, eingetragen. Um bie des Atlantischen Meeres, vollständig und übersichtlich zu bezeichnen, mußte der westliche Theil von Europa und Afrika auf der rechten Seite der Karte, dem amerikanischen Welttheil gegenüber, nochmals dargestellt werden, während die ganze weftliche Hemisphäre auf der linken Seite des Blattes projizirt ist. 2) Die Schweiz, eine Karn die, wenn auch nicht so künstlerisch vollendet, wie Blatt IV des Mayrschen Alpen-Atlas, doch mit jeder anderen Lösung dieser schwie rigen, orographischen Aufgabe dreist in die Schranken treten darj 3) Die pyrenäische Halbinsel, die vielleicht unter den vorle genden vier Blättern das am wenigften befriedigende Bild darbietet. 4) Nord-Amerika, und zwar mit Einschluß der Entdeckungen unserer Zeit im nördlichen Eismeer und bis zum Nordpol. Auch das sogenannte telegraphische Plateau" zwischen Neufundland und Frland ift bezeichnet, wobei wir jedoch bemerken, daß der amerikanische Endpunkt nicht Cap Ballard, sondern Trinity Bay ist. Wir können, bei dem Herannahen des Weihnachtsfestes, kein würdigeres Geschenk, als diesen Hand-Atlas" für ältere sowohl als jüngere Freunde der geographischen Wissenschaft empfehlen.

Ein Mitarbeiter Buffon's. Aus einem von Herrn Flou rens veröffentlichten Auffag: „Ueber einige Manuskripte von Buffon", erfahren wir die merkwürdige Thatsache, daß der berühmte französische Naturforscher einen nicht geringen Theil der Arbeiten, die feinen Ramen verewigt haben, nicht selbst verfaßt hat, sondern daß sie ihm von einem Mitarbeiter, dem Abbé Beron, geliefert wurden. Es ist bekannt", sagt Flourens, wie sehr man Buffon wegen seiner Ab. handlung über den Schwan gepriesen hat. Es wurden ihm sogar schöne Geschenke zugeschickt, und der Prinz Heinrich ließ ein Por zellanservice eigens für den Naturforscher anfertigen, auf dem da Schwan in verschiedenen Stellungen abgebildet war. Es stellt sich nun heraus, daß diese Abhandlung von Beron geschrieben wurde. Ir einem Briefe an den Abbé von Buffon sagt dieser: „Ich werde meis nen neunten Band mit dem anmuthigen Artikel über den Schwan anfangen. Sie werden daher Zeit haben, Ihren schönen Schwan in äußerster Vollendung zu zeichnen." Herr Flourens zitirt mehrere andere Stellen aus den in seinen Händen befindlichen Manuskripten, welche es unzweifelhaft machen, daß viele angeblich von Buffon ver» faßte Artikel und Abhandlungen das Werk eines Anderen waren.

beitet von Dr. Heinrich Kicpert, Mitglied der königl. Akademie der Wissen*),,Nener Hand- Atlas über alle Theile der Erde". Entworfen und bears schaften zu Berlin. VII. Lieferung. Berlin, Dietrich Neimer, 1858.

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WöHentlich erfdeinen 3 Kammern. Brets fährlich 3 Eblr. 10 gr., balbjährlich 1 Thlr. 20 Øgs and vierteljährlich 25 Sgr., wofür bas Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 145.

für die

Beftellungen werden in jeder deutscher Buchhandlung (in Berlin det Beit u. Comp., Jägerstraße Kr. 25, und beim Spediteur Reumann, Niederwallfir. Nr. 21), sowie von allen 'fönigl. Poft-Hemtern, angenommen.

Literatur des des Auslandes.

Schweden.

Berlin, Sonnabend den 4. Dezember.

Das Leben Linné's, nach Miß Brightwell. *) Dem eben in England erschienenen Werke liegt offenbar das eigenhändig geschriebene „Tagebuch“ Linné's zum Grunde, was dem Buche keinesweges zum Nachtheil gereicht. Nur hätte es eines viel umfangreicheres Buches bedurft, als Miß Brightwell bringt, um einen erschöpfenden Begriff von Linné's Einfluß auf die Naturgeschichte zu geben. Vor seiner Zeit hatte man keine Ahnung von einer systematis schen Ordnung der Pflanzen- und Thierformen. Die Wissenschaften der Classification hatten wenig oder keinen Fortschritt gemacht. Ein zelne Denker hatten einen Anlauf genommen, ihre Ergebnisse waren aber zu unbedeutend, um die Aufmerksamkeit der Welt auf sich zu ziehen oder die allgemeine Zustimmung zu gewinnen. Von Natur ausgestattet mit einem kräftigen Körper, den die Armuth noch mehr stählte, mit großem Beobachtungssinn, nach unermüdlichem Fleiß, erwarb Linné eine umfassendere Kenntniß der Pflanzen und Thierformen, als irgend ein Mann seiner Zeit. Auf den ersten Blick wußte er, womit er es zu thun habe, und als er sein künftliches System auf die Ordnung der Pflanzen anwandte, war er im Stande, es durch eine größere Zahl von Ärten zu erläutern, als je vor ihm bekannt geworden waren. Nicht blos durch die Einfachheit dieses Systems, sondern auch durch die Vollständigkeit seines Pflanzen-Kataloges empfahlen sich seine Werke und waren bald in den Händen aller Botanifer Europa's. Dazu kam die einfache Nomenklatur Linné's. Wie Menschen einen Lauf- und Familiennamen führen, so wurden die Pflanzen durch einen Orts- und Gattungsnamen bezeichnet. So zum Beispiel in der Bezeichnung Senecio vulgaris (gemeines Kreuzfraut) entspricht vulgaris dem Laufnamen, Senecio dem FamilienNamen. Tausende von Pflanzen und Thieren anzuschauen, sieht einfach genug aus; allein gerade diese Einfachheit macht es möglich, Pflanzen zu benennen und zu ordnen, und das haben die Naturforscher Linné zu verdanken. Linné ist dadurch ein zweiter Adam geworden: „Zu ihm brachte man alle Pflanzen und Thiere, daß man sähe, wie er sie nannte“. Kein Wunder, daß sein Leben so aus. gefüllt und sein Ruhm so groß war, wenn wir die Zahl der Pflanzen und Thiere bedenken, die er benannt und beschrieben. Er fandte auch feine Jünger aus, dasselbe zu thun. Ist nun auch später sein Pflanzensystem aufgegeben worden, an seinen Prinzipien halten die Botaniker noch zur Stunde fest.

Linné war im Mai 1707 zu Rashult, in dem Kirchspiel Stenbrohult in der südschwedischen Provinz Smaland geboren. Sein Vater war Hülfsprediger und so arm, wie die meisten seiner Berufsgenoffen in Schweden. Er wurde in die Schule zu Weriö geschickt, und seine Aeltern hofften, einen Geistlichen aus ihm zu machen. Aber wie fahen sie sich in dieser Hoffnung getäuscht! Als der Vater nach zwei Jahren einmal feinen Sohn besuchte und sich bei den Lehrern erfundigte, mußte er zu seiner Betrübniß erfahren, daß der junge Mann zwar unbescholten in seiner Aufführung, aber zum Geistlichen völlig verdorben sei. Nach ihrer Meinung sei jeder verwendete Groschen, ihn zum Gelehrten zu machen, weggeworfen und der Vater thue beffer, ihn bei einem Schneider oder Schuhmacher in die Lehre zu geben. Das that aber der Vater nicht, sondern schickte ihn nach Lund, um Medizin zu studiren.

Hier wohnte er bei Dr. Stobaeus, Profeffor der Medizin und Leibarzt des Königs. Dieser ausgezeichnete Mann wurde aufmerksam auf den Fleiß und die naturwiffenschaftlichen Kenntnisse seines jungen Hausgenossen und gestattete ihm Zutritt zu seinen trefflichen Sammlungen von Mineralien, Schnecken und aufgetrockneten Pflanzen. Er legte sich dann selbst in der Nachbarschaft von den Pflanzen, die er auf Papier klebte, ein Herbarium an. Der ersehnte Zutritt zu der Bibliothek des Professors blieb ihm versagt. Da machte er die Be

*),,The Life of Linnaeus", By Miss Brightwell.

1858.

kanntschaft eines Mitbewohners, eines deutschen Studenten, der die ihm vorenthaltene Gunft genoß, und dieser versorgte ihn dafür, daß er ihn in den Anfängen der Physiologie unterrichtete, mit Büchern aus Stobaeus' Bibliothek. Ganze Nächte lag er nun über diesen Büchern. Zufällig konnte die kränkliche Mutter des Profeffors mehrere Nächte hinter einander nicht schlafen und bemerkte fortwährend Licht in Linné's Zimmer. Aengstlich vor Feuersgefahr, bat sie ihren Sohn, dem jungen Smaländer diese Unvorsichtigkeit zu verweisen. Der Professor überraschte nun um Mitternacht den Jüngling und fand ihn zu seinem Erstaunen vertieft bei seinen Büchern fizend. Auf die Frage, warum er nicht zu Bett gehe und woher er die Bücher habe, gestand er die Wahrheit. Stobaeus nöthigte ihn nun sofort, sich schlafen zu legen; am nächsten Morgen ließ er ihn rufen und gab ihm die Erlaubniß, von seiner Bibliothek vollen und freien Gebrauch zu machen. Von diesem Augenblicke an behandelte ihn der vortreffliche Mann, wie seinen eigenen Sohn.

Nachmals ging er auf die Universität Upsala, deren Hauptzierde er später werden sollte. Hier machte er die Bekanntschaft mit Artedi, und Beide weihten sich dem Studium der Natur mit einer Begeisterung, die bald reiche Frucht trug. Artedi ertrank zwar noch im jugendlichen Alter in einem Kanal zu Amsterdam, hinterließ aber eines der vollständigsten Werke über die Fische. Linné machte, ebenfalls noch sehr jung, eine Reise durch Lappland, allein und zu Fuß, und kam reich beladen mit naturgeschichtlichen Schäßen zurück.

Die kleine Pflanze, Linnaea borealis (Geislaub), die auf dem Titelblatte abgebildet ist, hatte der jugendliche Naturforscher zu seinem Symbol erkoren. Späterhin zeichnete er manche seiner Freunde da= durch aus, daß er ihre Namen mit den Namen gewiffer Pflanzen paarte; auf seinen eigenen Namen taufte er dies bescheidene Blümchen, das er am 29. Mai 1732 bei Lycksele gefunden hatte. Es ist in WestBottnien und in fast allen großen Wäldern des Nordens heimisch, ist aber leicht zu übersehen, weil es nur im tiefsten Dickicht wächst und seine zarten Zwillingsblätter in Moos versteckt und mit Epheu verwebt sind. Der Geruch ähnelt dem der Spiraea ulmaria (Wiesenkönigin) und ist in der Nacht so stark, daß er die Pflanze schon in großer Ferne verräth. Linné zieht eine Parabel zwischen dieser demüthigen lappländischen, Blüthe und seinem eigenen Jugendschicksal. Wie sie, im fernen Norden sich entfaltend, war er unbekannt und übersehen, weder durch Vermögen noch durch Stellung begünstigt. Die Welt dachte nicht an ihn, während er in Armuth und Dunkelheit seine wissenschaftlichen Forschungen verfolgte. Wenige kannten oder würdigten den einsamen Wanderer, der, mit dem angenommenen Wahlspruch: Tantus amor florum (so groß ist die Liebe zu den Blumen!) in die Schlupfwinkel der Natur drang und auf Bergen und in Thälern, in Wäldern und Moräften reiche Beute fammelte, nm fie, zur Zeit, zur Freude und Bewunderung seiner verwandten Geister aller Weltgegenden, in neuer und schöner Ordnung gereiht vorzuführen.

Die feurige Liebe zur Natur war es, die unserem Linné feinen persönlichen Einfluß gab. Keiner kam in seine Nähe, ohne für das Naturstudium begeistert zu werden. Die größten Männer des lezten Jahrhunderts waren seine Schüler. Er war es, der Tevenström nach Pulo Condor, Kalm nach Nord-Amerika, Haffelquist nach' Aegypten und Palästina, Toven nach Surat, Osbeck nach Java, Löfling nach Spanien und Amerika, Bergius nach Gothland, Martin nach Spigbergen, Alströmer nach dem Norden Europa's, Forskål nach Arabien ausfandte. Und wer, in dem nur irgend Liebe zu den Pflanzen lebt, erinnert sich nicht, daß durch jenen großen Meister seines Namens Gedächtniß in irgend einer schönen Blume duftet? Fast dlle, Lehrstühle der Naturgeschichte in der alten und neuen Welt finden wir mit den Jüngern und Freunden des großen Schweden beseßt. Obgleich vielbeschäftigter und glücklicher Arzt in Stockholm, sehnt sich doch sein ganzes Herz nach dem Katheder der Botanik zu Upsala. Endlich ist er am Ziel seiner Hoffnungen: und welch eine Verwandlung fam über den botanischen Garten und den naturgeschichtlichen Unterricht an dieser Hochschule! Mit jedem Jahre wuchs die Stu

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