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Halbkreisen mit verschiedenen Lichtstärken umgeben. Zwei dieser Umhüllungen, die hellsten, waren von abwechselnd hellen und dunklen Querstrichen durchbrochen. Der Kern nahm nicht völlig den anscheinenden Mittelpunkt der Umhüllungen ein. Er näherte sich mehr ihrem Nord- als Südende. Der füdliche Theil blieb dabei immer heller als der nördliche. Ganz nahe am Kerne bemerkte man eine vierte Einhüllung, die noch heller als die vorhergeheuden war und sich von dem Mittelpunkte in Form einer Spirale abzulösen schien. Messungen vergleichender Lichtstärken wurden von dem Kerne und den Lichthüllen genommen. Die Durchmesser des Kernes und der Einhüllungen wurden in jeder Hinsicht gemessen und werden von dem Verfasser in einer besonderen Schrift veröffentlicht werden.

Am 25. September, 4 Uhr 30 M. Morgens, hatte sich die Hülle, welche sich am 23sten sehr nahe am Kerne befand, eine beträchtliche Strecke davon entfernt; es war möglich geworden, um diesen eine fünfte Einhüllung zu bemerken, die sich ebenso davon loslöfte, wie früher die vierte. Um 5 Uhr erschienen die Bilder der lichten Bogen und die des Kernes im Polariskope von Arago, das man an dem großen Teleskope angebracht hatte, gefärbt. Um 6 Uhr 4 M. war das Bild des Kernes in dem mit schwacher Vergrößerung versehenen Fernrohre nicht mehr sichtbar.

Vom 25. September bis 8. Oktober haben sich noch zwei andere Hüllen vom Kerne losgelöst. Die sechste schien in hellem Glanze und bot klar polarisirtes Licht.

Als man am 28. September das Gestirn durch ein Prisma von Nicol untersuchte, das im Brennpunkte des großen Rohres stand, sah man das Bild des Kometen bemerkbar seinen Glanz verändern, je nachdem man den Analysator drehte. Das Minimum des Glanzes trat ein, wenn der kleine Diameter des Prisma's merklich parallel war mit der Achse des Schweifes, das Marimum, wenn er senkrecht auf ihm stand. Der Unterschied in der Lichtstärke der beiden Bilder des Kometen, wenn er durch den in beide Lagen gebrachten Nicol gesehen wurde, ist gemessen worden, indem man photometrisch den Kometen mit einem benachbarten Sterne verglich.

Am 6. Oktober waren vier kleine Lichtwolken auf der Oberfläche der sechsten Hülle hier und da sichtbar. Der Glanz dieser Hülle reichte ziemlich gleichmäßig zu beiden Seiten der Achse des Schweifes hin. Dieselbe Erscheinung am folgenden Tage.

Am 9. Oktober zeigte der lichte Bogen, welcher die siebente Hülle bildete, einen kleinen schwarzen Punkt von dreieckiger Gestalt, der sich etwa in der Hälfte des um etwa 45 Grad auf die Achse des Schweifes geneigten Radius Vector befand. Der Anblick des schwarzen Punktes, in dem großen Rohre betrachtet, sah aus wie eine Deffnung der Hülle; diese erschien entstellt, ebenso der Kern. Das Licht war gleichmäßig um den Radius Vector, der durch den schwarzen Punkt ging, vertheilt und bildete an feinem Ende eine Anschwellung nach der Verlängerung dieses Radius hin.

Das ungleiche Licht der sechsten und siebenten Hülle war stark verdichtet in der Richtung des durch den schwarzen Punkt gehenden Radius Vector, und jede dieser Hüllen zeigte in derselben eine scharf ausgesprochene Verschwellung. Das Licht des Kernes und der Hüllen hatten an Glanz abgenommen.

Mannigfaltiges.

- Die Westminster Review und die deutsche Romanen Literatur. Wir haben kürzlich (Nr. 125) der Westminster Review, welche die Behauptung aufgestellt hatte, daß Deutschland keine Romane und Romandichter besize, die auch im Auslande Aufmerksamkeit zu er regen im Stande seien, die Romane von Goethe und Jean Paul in Erinnerung gebracht. Wir hätten außerdem von Verstorbenen, deren Romane auch heute noch als Kunstwerke betrachtet und gelesen werden, Ernst Wagener, Ludwig Tieck und manchen anderen Namen nennen können. Der Kritiker der Westminster Review wird uns jedoch erwiedern, daß er nur die Romane und die Schriftsteller der Gegenwart bei seinen Bemerkungen im Auge gehabt. Er weist in England auf Thackeray und Dickens, in Frankreich auf Balzac und George Sand hin und fragt, was wir diesen wohl gegenüber zu stellen haben? Nun, wir glauben, ebenbürtig den Genannten darf die deutsche Muse nennen: Berthold Auerbach, was das psychologische Studium der Menschen und Charaktere und die künstlerische Beherrschung der Form, und Karl Gußkow, was das Hereinziehen großer, gesellschaftlicher Interessen und zeitbewegender geistiger Momente in den Rahmen eines Romanes betrifft. Ersterer ist sogar nicht minder weltverbreitet und in andere Sprachen überseßt, als Dickens oder George Sand. Wenn die Engländer unsere guten Romane weniger goutiren, als wir die ihrigen, so liegt das eben nicht an dem Objekt, sondern an der Fähigkeit der Leser, sich ihrer eigenen nationalen Anschauungen zu entäußern und sich in fremde hinein zu versehen. Jeder Autor und be

fonders Romandichter schreibt zunächst für sein eigenes Volk; werden aber gleichwohl englische oder französische Gesellschafts-, Familien- und Charakter Darstellungen in Deutschland beffer verstanden und gewürdigt, als umgekehrt deutsche in England und Frankreich, so gereicht dies der deutschen literarischen Bildung gewiß nicht zur Unehre. Haben die Kritiker der Westminster Review wohl gelesen, was Thomas Carlyle eben wieder in seiner Geschichte Friedrich's des Großen den Engländern über ihren vollständigen Mangel an Kenntniß der Geschichte anderer Nationen sagt? Ist es, bei diesem Mangel, wohl zu verwundern, daß sich unter ihnen auch keine rechte Theilnahme für die historischen und die gegenwärtigen Zustände des Auslandes mit Ausnahme etwa Frankreichs, weil dieses zuweilen ihre nächsten, materiellen Intereffen durchkreuzt findet? Und wie ist, bei einem solchen Mangel an Theilnahme, wohl das Intereffe für einen deutschen historischen oder gesellschaftlichen Roman zn erwarten? Wäre ein solches auch nur halb und halb vorhanden, so würden wir den Kritikern der Westminster Review, außer den beiden Genannten, auch noch einen dritten deutschen Schriftsteller empfehlen zur Reformirung ihrer Anfichten über die Befähigung der Deutschen, gute Romane zu schreiben. Wir meinen Ludwig Rellstab und deffen,,Drei Jahre von DreiBigen"), von welchem Romane bereits, nachdem der leßte Band eben erschienen, eine zweite Auflage nöthig geworden. Es hat dieser Roman die ersten drei Jahre des dreißigjährigen Krieges zum Gegenstand; er umfaßt namentlich die ganze Geschichte des blutigen Dramas in Böhmen, seiner raschen Entwickelung daselbst und seiner, dieses un glückliche Land um mindestens zwei Jahrhunderte zurückbringenden Katastrophe. Der schwache Winterkönig, Friedrich von der Pfalz, einerseits, und der eben in Frankfurt gewählte, von den Jesuiten in ihrer Blüthenperiode beherrschte Kaiser Ferdinand II. andererseits werden, wie die deutschen und die slavischen, die protestantischen und katho lischen Konflikte, mit großer graphischer Geschicklichkeit, in einer ebenso spannenden als die Details kenntnißreich behandelnden Weise dargestellt. Man sollte meinen, daß ein Stoff, wie der vorliegende, der nicht blos durch seine tiefen religiösen Beziehungen, sondern auch durch seine Persönlichkeiten - Elisabeth von der Pfalz, die Gemahlin des Winterkönigs, war bekanntlich eine Tochter Jakob's I. von England — ein naheliegendes Interesse für englische Leser habe, müßte fich drüben von selbst zu einer Ueberseßung empfehlen aber wir werden wohl vergeblich darauf warten, und wenn es geschieht, so werden die englischen Leser wiederum sagen, diese Darstellung sei doch lange nicht so anziehend und so unterhaltend, als die Konflikte ihrer ,,snob" und

mob". Nun, das ist denn Geschmacksache, aber wir bitten die Kritifer der Westminster Review, darum doch nicht die deutschen Romane so tief und so unbedingt unter die englischen zu stellen, wie sie es in dem Oktoberhefte dieser Zeitschrift gethan.

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Sanskrit-Studien in Petersburg. Herr Köffowitsch, Herausgeber der „,wissenschaftlichen Arbeiten der kaiserlichen Bibliothek“, hat kürzlich an der Petersburger Universität einen öffentlichen Kursus der Sanskrit-Sprache und Literatur begonnen. Das Auditorium war gefüllt von namhaften Gelehrten und Professoren der Hauptstadt, von den höchsten Beamten des Unterrichts- Ministeriums, sowie von Studirenden aller Fakultäten. Herr Koffowitsch hat zunächst einen Ueberblick von dem Charakter, den Verschiedenheiten und der historischen Entwickelung der indischen Völkerschaften geliefert, und nachdem er sodann die philosophischen und Religions-Systeme der Hindus gemustert, wies er nach, welche hohe Wichtigkeit das Studium des Sanskrit für unsere Zeit habe. Dem anziehenden Vortrage ist die zahlreiche Zuhörerschaft mit großer Aufmerksamkeit und Begeisterung gefolgt.

Actien-Gesellschaft zur Förderung der Civilisation in Rußland. Wie das Journal Le Nord berichtet, bildet sich jezt in St. Petersburg eine Actien- Gesellschaft zur Verbreitung des Geschmackes an der Lesung guter Bücher unter dem Volke, und zwar vermittelst der Gründung von öffentlichen Bibliotheken und Lesekabinetten in allen Städten Rußlands. Die Herausgabe von Büchern, die einen allgemeinen Nugen versprechen, und die Gründung von Museen sollen damit Hand in Hand gehen. Dieses, die Förderung und Verbreitung von Civilisation und Bildung zum Zwecke habende, großartige Unternehmen soll aber auch, wie man sich verspricht, den Actionairen nicht ohne Nußen sein, da einige kleinere Unternehmungen dieser Art, die bereits in ruffischen Städten existiren, einen sehr bedeutenden Nugen abwerfen sollen.

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Bohentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 gr., balbjährlich 1 Thlr. 20 Sgr. und viertel jährlich 25 Sgr., wofür Das Blatt im Julande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

N No 133.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bet Beit a Comp., Jägerstraße Nr. 25, und beim Spediteur Neumann, Riederwallstr. Nr. 21), sowie von allen fönigl. Bok-Kemtern, angenommen.

Literatur des Auslande s.

Spanien.

Böhl von Faber.

Berlin, Sonnabend den 6. November.

Als Handschrift gedruckt, ist uns vor kurzem ein nach seinen eigenen Briefen in die deutsche Heimat abgefaßter Lebensabriß die ses in Spanien ansässig gewesenen und dort verstorbenen deutschen Historikers der spanischen Literatur zugegangen.")

Johann Nikolaus Böhl, zu Hamburg im Jahre 1770 geboren und einer alten hanseatischen Kaufmanns - Familie angehörend, war im jugendlichen Alter, nachdem er in der Erziehungs-Anstalt Joachim Heinrich Campe's, auf dem Grünen Deiche bei Hamburg, eine tüchtige Erziehung und Bildung erlangt hatte, nach Cadir gegangen, wo sein Vater ein mit Glück geleitetes Handlungshaus gegründet, das er selbst und bis nachmals die Napoleonischen Kriege allem deutschen Geschäfte mit Spanien ein Ende machten, zu großem Flor und Wohlstand brachte. Der gebildete Hamburger Kaufmann, der Zögling des um die deutsche Pädagogik hochverdienten Joachim Heinrich Campe, derselbe,, Johannes", an welchen dieser (1779) die Erzählungen des Vaters in der über die ganze Welt verbreiteten Geschichte:,,Robinson der Jüngere", gerichtet hatte, der Freund der Buchhändler August Campe und Friedrich Perthes, konnte und mochte jedoch in Spanien nicht blos vegetiren und materielle Reichthümer sammeln. Zu einer Zeit, wo auf der pyrenäischen Halbinsel aller Sinn für Poesie verkommen war und wo die Wenigen, die dort noch Sinn dafür hatten, in den von den französischen, sogenannten Klassikern, von Boileau und Batteur, zusammengeflickten spanischen Stiefeln steckten, im Jahre 1818 wagte es dort Böhl von Faber, angeregt durch seine Verbindungen mit der Heimat, wo eben die beiden Schlegel den Geschmack an spanischer Romanzen- und Dramen-Dichtung geweckt hatten, die Fahne der Romantik zu erheben und die Spanier an ihren Calderon zu erinnern. Doch ein allgemeiner Sturm erhob sich damals gegen den deutschen Neuerer; selbst Martinez de la Rosa trat noch im Jahre 1822 in seiner „Poetik“ als Vertheidiger der Aristotelischen Einheiten und des steifleinenen Alexandriners auf, und erst nachdem in Frankreich selbst die sogenannten Klassiker durch Victor Hugo und Genossen eine Niederlage erlitten hatten, von der sie sich nicht wieder erholt haben, ist auch Spanien wieder zu seinen eigenen, gefünderen und natürlicheren Dichtungs-Prinzipien zurückgekehrt.

Böhl von Faber, dem das Verdienst gebührt, diese Prinzipien zuerst wieder in Spanien, wiewohl als ein Prediger in der Wüste, gelehrt zu_ haben, mußte sich im Jahre 1820 nach Deutschland, nach seiner Vater stadt Hamburg, wenden, um seine,,Blüthenlese altspanischer Nomanzen“, die erste Sammlung dieser Art in neuerer Zeit, gedruckt und verlegt zu sehen.**) Durch Vermittelung seines Freundes, Dr. Nikolaus Heinrich Julius, ließ er dort diese mit spanischen Vorreden und mit deutschen Nachworten (,,Einige Fingerzeige für deutsche Lefer“) ausgestattete Anthologie drucken, die auch jezt noch einen großen, literargeschichtlichen Werth hat und die sowohl in Spanien selbst (Duran), als in England (Bowring) zu ähnlichen Arbeiten Anlaß gegeben. Späterhin hat Böhl ebenfalls in Hamburg (1832) ein jedoch weniger als seine „Floresta” zu allgemeiner Anerkennung gekommenes,,Teatro español anterior à Lope de Vega" erscheinen lassen. Der deutsch gebildete Hamburger, der eine Spanierin geheiratet hatte, war seitdem zur katho lischen Kirche übergetreten, und durch seine lange Abwesenheit von der Heimat obwohl er von Zeit zu Zeit auch Besuche hier gemacht dem literarischen Geißte derselben so entfremdet worden, daß feine in Druckschriften, wie in Briefen, entwickelten Ansichten nicht mehr den alten, vollen Anklang hier finden konnten.

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*),, Versuch einer Lebenssfizze von Johann Nikolaus Böhl von Faber. Nach seinen eigenen Briefen. Äls Handschrift gedruckt". Breckhaus, LeipBig, 1858.

**),, Floresta de Rimas antiguas Castellanas, ordenada por Don Juan Nicolas Böhl de Faber, de la Real Academia Española". Parte I, 1821; II, 1823; III, 1825. Hamburgo, Perthes y Besser.

1858.

Inzwischen hat dem im Jahre 1836 mit Tode abgegangenen, verdienten Manne sein Freund Dr. N. H. Julius in der von ihm und Dr. Ferdinand Wolf herausgegebenen deutschen Uebersehung von Ticknor's Geschichte der spanischen Literatur ein Ehren-Denkmal durch Hervorhebung seiner Verdienste um dieselbe gefeßt, und eine Freundin des Verewigten, eine Tochter August Campe's, hat jest in schlichter, aber anziehender Darstellung, in der vorliegenden Schrift einen Abriß der Lebensmomente Böhl's geliefert. Sie hat dazu die Briefe benußt, die Böhl aus Spanien an seinen Pflegevater, Joachim Heinrich Campe, an deffen Neffen, Auguft, an Friedrich Perthes und N. H. Julius gerichtet. Das Bild des tüchtigen Hamburger Kaufmanns, der in Spanien deutsche Bildung verbreitet und mit großen Handelskenntnissen Liebe zur Wissenschaft und Kunst verbindet, gewährt eine wahre Herzstärkung und wird Jedem Freude machen, dem es vergönnt ist, es kennen zu lernen. Es ist sehr zu bedauern, daß die kleine Schrift nicht in den Buchhandel kömmt.

Nord-Amerika.

Zur Geschichte des atlantischen Telegraphen.*)

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Der Gedanke, eine Actien-Gesellschaft für den Telegraphen zwischen Amerika und Europa, oder zwischen New York und London, zu begründen, ging von einem Amerikaner, Herrn Cyrus Field in New-York, aus, der seitdem die Seele des ganzen Unternehmens geblieben und der es, als es im vorigen Jahre, wegen des Reißens des Telegraphentaues, der Auflösung nahe war, auch vom Untergange gerettet hat.

In der zweiten Hälfte des Jahres 1856, nachdem die telegraphische Verbindung zwischen den Vereinigten Staaten und Neufundland durch Legung eines unterseeischen Telegraphentaues über den Golf von St. Lorenz hergestellt und nachdem bereits durch einen amerikanis schen Dampfer unter Lieutenant Berryman das von Lieutenant Maury bezeichnete „Telegraphen - Plateau“ des Atlantischen Meeres zu diesem Behufe fondirt worden war, handelte es sich darum, zur Herstellung des europäisch-amerikanischen Telegraphen Actien im Betrage von nahe an drei Millionen Thaler unterzubringen. Cyrus Field hielt zu diesem Zwecke Versammlungen in allen großen Städten Nord-Amerika's, von wo er nach England ging, um ähnliche Verfammlungen und Vorträge in London, Liverpool, Manchester, Glasgow, Edinburg 2c. zu halten, und überall gelang es ihm, Actien das Stück zu 5000 Dollars (7000 Thlr.), bis zur Höhe des nöthigen Betrages unterzubringen. Es war nun eine Gesellschaft unter dem Namen „New-York - Neufundlands- und London-Telegraphen-Compagnie“ gegründet, welche von den verschiedenen Regierungen, die bei der Legung des Telegraphen zunächst interessirt waren, nicht blos mit außerordentlichen Privilegien, sondern auch mit ansehnlichen Schenkungen ausgestattet wurde.

Namentlich die britische Kolonialregierung von Neufundland hatte der Gesellschaft auf funfzig Jahre das ausschließliche Privilegium verliehen, nicht blos auf der Insel Neufundland selbst, sondern auch in Labrador (das zu demselben Gouvernement gehört) und auf den umliegenden kleineren Inseln Telegraphen-Taue vom Meere aus zu landen. Außerdem erhielt die Gesellschaft von dieser Regierung 100 Meilen Land geschenkt, eine zwanzigjährige Zinsengarantie von 5 pCt. auf ein Kapital von 20,000 Pfund Sterling und endlich 5000 Pfund zur Herstellung eines Weges längs der Telegraphenlinie. Ebenso schenkte die kleine Prinz-Edwards-Insel 1000 Acres Land und bewilligte jährlich 15,000 Dollars auf zehn Jahre.

Großbritannien gewährte einen jährlichen Zuschuß von siebzigtausend Dollars (100,000 Thaler), bis das Grundkapital, das auf 350,000 Pfund Sterling (24 Million Thaler) bestimmt wurde,

*) Nach englischen und amerikanischen Berichten, unter welchen leßteren besonders,,Frank Leslie's Illustrirte Zeitung" von New-York zu nennen, die fich jest ebenso durch gute Original-Artikel, wie durch gelungene amerikanische Juustrationen auszeichnet. D. R.

6 pCt. jährliche Dividende bringt, und beträgt dieser Gewinn 6 pCt., so wird gleichwohl ein Jahreszuschuß von 50,000 Dollars auf fünfundzwanzig Jahre gewährt. Außerdem wurden von England der Gesellschaft zwei größere Marine-Dampfschiffe und zwei kleinere zur Legung des Telegraphen-Taues zur Verfügung gestellt, während ein Regierungs-Dampfboot, der „, Cyklops", unter Lieutenant Dayman, die nöthigen Sondirungen des Meeresbodens vornahm, welche lezt gedachten englischen Untersuchungen selbst von dem amerikanischen Lieutenant Maury (einer großen Autorität in solchen Dingen) für viel gründlicher und zuverlässiger, als die des Amerikaners Berryman erklärt wurden. Nach dem von der britischen Admiralität veröffentlichten Bericht über diese Untersuchungen, beträgt die größte Tiefe auf der Linie des „Telegraphen - Plateau" 2170 englische Faden (13,020 englische Fuß), so daß das „Finsteraarhorn“ an diesem Punkt die ganze Tiefe gerade ausfüllen würde.")

Gleiche Geld- und Marine-Unterstügungen, wie die englische Regierung, gewährte die der Vereinigten Staaten dem Unternehmen, doch mit der Einschränkung, daß der Kongreß nach Ablauf von zehn Jahren das Recht haben solle, nach einjähriger Kündigung die Subfidienbewilligung aufzuheben.

Im Monat Juni d. J. lichteten die großen Dampfer,, Niagara" and,,Agamemnon", sowie die Geleitschiffe,,Gorgon",,,Valorous" und Porcupine" die Anker in England, um nach der Mitte des Atlantischen Meeres, zwischen den beiden Punkten Valentia un d Tr nity-Bay, zu segeln und von dort aus die Legung des Taues nad den entgegengesezten Richtungen zu beginnen. Um diese Zeit herrsc ten jedoch solche Stürme auf dem Ocean, daß die Schiffe nichts zu unternehmen vermochten und unverrichteter Sache einzeln nach Cort zurückkehrten, wo der verabredete Sammelpunkt war und wo sie frische Kohlen einnahmen. Am 17. Juli wurde die Reise von neuem an getreten und am 28. Juli befanden sich sämmtliche Schiffe auf dem bestimmten Mittelpunkte unter 32° 304 w. L. v. Gr. und 51° 30 n. Br. Am Mittag des 29. Juli d. 3. waren die beiden Enden des Taues verbunden und der „Niagara“ steuerte, von der „, Gorgon“ begleitet, der amerikanischen Küste zu, während der ,,Agamemnon" mit dem „Valorous" und der „, Porcupine" seinen Cours nach Irland nahm. Beide Schiffe ließen ganz gleichmäßig, in demselben Tempo und mit derselben Geschwindigkeit der Bewegung des Fahrzeuges, das Tau ablaufen, und beide trafen an demselben Tage, am 4. Au gust, also am sechsten Tage ihrer Arbeit, an den beiderseitigen Be Am 7. August 1857 ging von der Valentia-Bay in Irland die stimmungsorten, in Trinity-Bay, Neufundland, und Valentia-Bay, erste Expedition, eine englisch-amerikanische Flottille ab, um den trans- Irland, ein. atlantischen Telegraphen-Tau zu legen. Damals war der Plan so Zwei Tage darauf, em 6. August, kamen die ersten geflügelten entworfen, daß der ,,Niagara" von Irland aus, die Hälfte des Taues Worte über das Atlantische Meer, und zwar folgenden Inhalts: bis zur Mitte des Weges legen, von wo aus dann der ,,Agamemnon",,,Amerika ist mit Europa durch den elektrischen Telegraphen verbunden. welcher die andere Hälfte des Taues am Bord hatte, die Operation Ehre sei Gott in der Höhe und Friede überall auf Erden!" Von aufnehmen und bis nach Neufundland führen sollte. Es bestand jene dem Jubel, den diese Kunde in Amerika unter den Yankees verbreitete, Flottille aus vier englischen und vier amerikanischen, größeren und kann man sich bei uns kaum einen Begriff machen. Die Yankees bilkleineren Dampfschiffen. Die abergläubischen Frländer, und nicht den sich ein, ihnen allein gebühre der Ruhm der Erfindung und der minder die Yankees, sahen ein unglückverkündendes Omen darin, daß ersten Ausführung dieser wundergleichen Korrespondenz über den Erdendie Abfahrt der Flottille an einem Freitage stattgefunden hatte. Und raum. Sie sagen, ihr Franklin habe den elektrischen Funken einin der That, schon am 11. August, um 4 Uhr früh, also noch nicht gefangen, ihr Morse ihn durch die Lüfte fahren und über das Meer vier Tage nach der Abfahrt, unter 17° 39′ w. L. v. Gr. und 52°, segeln gelehrt und endlich ihr Field ihn zum Ehebande zwischen 37' n. Br., also in einer Entfernung von etwa 110 geogr. Meilen vom Europa und Amerika gemacht. Sie vergessen dabei den Däner Abgangspunkte, riß das Tau am Bord des „Niagara“. Man war kurz Dersted, den Franzosen Ampère, die Deutschen Sömmering und vorher von einer Meerestiefe von 550 Faden unmittelbar in eine Steinheil,°) die Engländer Faraday und Wheatstone, die Alle folche von 1500 bis 2000 Faden gelangt; diese Kluft war zwar eben ihren großen Antheil an der Erfindung des elektrischen Telegraphen glücklich überwunden worden, aber bei der ungeheuren Tiefe, welche haben. Auch was die erste Führung des Telegraphen über das Wasser den abgerissenen Theil des Taues verschlungen hatte, war an eine betrifft, so gebührt dieses Verdienst nicht einem Amerikaner, sondern Wiederaufnahme der Arbeit vorläufig nicht zu denken; der noch auf einem Deutschen in Rußland, dem Baron Schilling von Canstadt, dem,,Niagara" zur Disposition gebliebene Theil des Taues war nur der bereits im Jahre 1837 in St. Petersburg gelungene Versuc 207 Meilen lang und reichte nicht hin, um beim Wiederbeginn des machte, Signale auf elektrischem Wege nach Kronstadt über Oranien Unternehmens von vorn den „Agamemnon“ auf dem halben Wege des baum durch das Wasser zu geben. · Oceans zu erreichen. Man gab daher die Arbeit einstweilen auf.

Der thätige Amerikaner Cyrus Field, der sich ebenfalls auf dem „Niagara“ befand, hatte jedoch nach dem Eintritt dieser Katastrophe, bei der namentlich sein pekuniäres Interesse sehr gefährdet war, keinesweges den Kopf verloren. Er berief vielmehr sofort eine Versammlung der Befehlshaber sämmtlicher Dampfschiffe auf den „Niagara“, in welcher die Frage berathen wurde, ob nicht bei einer künftigen zweiten Telegraphenlegung auf andere Weise verfahren werden könne, Und in der That kam man bei dieser Gelegenheit zu dem Resultate, daß es besser sei, wenn die beiden großen Dampfer, deren jedes die Hälfte des Taues am Bord hat, gleichzeitig von der Mitte des Oceans, wo sie die beiden Enden mit einander verbinden, die Arbeit beginnen und jeder nach einer entgegengeseßten Nichtung hin das Tau in das Meer senkte. Risse hierbei auch auf der einen Seite das Tau, so würde man doch auf der anderen möglicher Weise im Stande sein, es wieder aufzunehmen. In London, wo man den noch nicht in das Meer versenkten Theil des Telegraphentaues schon an die Ostindische Compagnie verkaufen wollte, wurden die Hoffnungen auf das fünftige Gelingen des Unternehmens durch Herrn Cyrus Field wieder so belebt, daß man unverzüglich Anstalten traf, um im Sommer 1858 den zweiten Versuch machen zu können.

Nicht blos wurden in dieser Zwischenzeit die in's Meer versunkenen hundert Meilen Tau von Neuem angefertigt, sondern es wurden in den englischen Docks auch Versuche angestellt, um zu ermitteln, ob und in welcher Zeit sich durch die ganze Länge des Taues hindurch telegraphiren lasse. Im Anfange fielen diese Versuche nicht befriedigend aus, und von vielen Seiten wurde nun die Thesis aufgestellt, daß es unmöglich sei, in so weiter Entfernung die Kraft des elektrischen Funkens wirken zu lassen. Mit Hülfe einer von dem Amerikaner Hughes erfundenen Maschinerie gelang es inzwischen, die elektrische Kraft so zu konzentriren, daß einige Worte, binnen einer Minute durch die ganze Länge des Taues telegraphirt werden konnten, und nunmehr wurde auch an das Gelingen dieses Theiles der Aufgabe nicht mehr gezweifelt."")

*) Vgl. Petermann's „Mittheilungen“ 1858. Heft IV, S. 151. **) Herr A. Siemens, cine der ersten deutschen Autoritäten in Sachen des elektrischen Telegraphen, ist (wie in der Berliner Volkszeitung" mit

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Ueber die beiden Endpunkte des atlantischen Telegraphen sei ned Folgendes bemerkk: Die Bay von Bulls-Arm, an dem oberen Ene der Trinity-Baş in Neufundland wurde von dem Direktorium der Telegraphen-Compagnie als die zweckmäßigste zur Landung des Tauet und Errichtung einer Telegraphen-Station ausgewählt. Die ameri kanische Direction ging bei dieser Wahl zugleich von dem Gedanker aus, in nächster Zeit ein unterseeisches Tau direkt von der Trinity Bay nach den Vereinigten Staaten, und zwar nach Portland, der Hauptstadt von Maine, dem nördlichsten Gränzstaate der britischen Be sigungen, zu legen, und auf diese Weise den langen Weg über die Landlinien durch Neufundland, Neuschottland, oder Labrador und Canada, zu vermeiden. Das Telegraphen-Haus in der Trinity- Bay liegt ungefähr funfzehn engl. Meilen von dem nächsten bewohnten Orte entfernt; die dort angestellten Telegraphenbeamten werden daher nicht leicht Gelegenheit haben, die Neuigkeiten und Geheimnisse, die ihne zuerst von der alten Welt zugehen, auszuplaudern oder (in amerikani scher Beamtenweise) für sich auszubeuten.

Wild und romantisch, wie die Trinity-Bay von Neufundland, if auch die Bay von Valentia, einer kleinen irländischen Insel, die am Eingange der großen Dingle-Bay liegt. Hohe Berge erheben fic von allen Seiten, und einzelne Felsenspißen stehen in ihren phantastischen Formationen bis auf Meilen weit in's Meer hinein, wäh rend zwei Felsen von wahrhaft gigantischem Umfange die Einfahrt i die Bucht, gleich riesigen Wächtern, zu hüten scheinen. Der Meere boden in dieser Bay ist gleichfalls voller Felsen und Steine und di Brandnng daher so stark, daß Valentia, bei großen Stürmen, keine

getheilt wurde) der Ansicht, daß bei einem um einen Theil der Erte gelegten
Drath die durch den Erdmagnetismus hervorgerufenen Schwankungen
großem Einflusse sind und außerordentliche Störungen bewirken, so das bit
Versuche, welche in den Londoner Docks angestellt wurden, durchaus ni
maßgebend sein können. Herr Bernstein mißt diesen Störungen allein
Schuld bei, wenn jezt nur unverständliche Zeichen an beiden Endpunkten
atlantischen Telegraphen anlangen.
D. R.

*) Steinheil in München hat, wie Morse selbst zugicht, Lezterem die
zu seinem Schreibe- Apparat geliefert. Auch war es Steinheil, der zuerst (18%
die wichtige Entdeckung publizirte, daß es nur einer Drathleitung bedim
indem der Boden selbst als negativer Leiter diene. (Vergl. darüber eine K
respondenz - Mittheilung von Prof. K. F. Neumann in der Augsburger -
gemeineu Zeitung", vom 10. Oktober d. J.)
D. R.

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ficheren Zufluchtsort für Schiffe darbietet. Es ist deshalb auch zu verwundern, daß man gerade diesen Ort als Landungspunkt für den Telegraphen-Tau ausersehen hat. Seine vorgeschobene weftliche Lage scheint dabei allein maßgebend gewesen zu sein, während man übersehen hat, daß Taue, die auf solchen Boden gelegt werden, durch die von der starken Strömung und Brandung hervorgebrachte Reibung sehr leicht beschädigt und unwirksam gemacht werden. In Frankreich, England, Belgien, Holland undauch in Algerien überall, wo man bisüberall, wo man bisher unterseeische Telegraphen angelegt, hat man die Erfahrung gemacht, daß nur ein sandiger und schlammiger Boden zur Aufnahme und gesicherten Lage eines elektrischen Taues geeignet sei. Bei der Auswahl Der Landungspunkte Trinity- und Valentia-Bay, welche beide durch ihre Bodenbeschaffenheit auf gleiche Weise ungeeignet zu sein scheinen, haben lediglich amerikanische Rücksichten vorgewaltet, und diese sind es nun, welche wahrscheinlich die fo bald eingetretene Stockung der telegraphischen Korrespondenz zwischen der alten und der neuen Welt herbeigeführt haben.

Die kleine Insel Valentia gehört zu den unfruchtbarsten und ärmsten Gegenden des armen Irland. Während des Typhus, der vor zwölf Jahren in Folge der schlechten Aerndte und der Kartoffelkrankheit in Irland herrschte, starb von der armseligen Bevölkerung der Insel Valentia mehr als die Hälfte, und zwar buchstäblich vor Hunger und Elend. Noch jezt sind die Spuren dieses Elends in den verlassenen Hütten, deren frühere Einwohner zum Theil nach Amerika ausgewandert sind, überall wahrzunehmen. Auf dieser Insel, etwa 600 Schritt vom Ufer entfernt, ist das Telegraphen-Gebäude errichtet und mit den nöthigen Instrumenten ausgestattet worden. Die nächste Poststation liegt drei Meilen davon entfernt und heißt Cahirciveen; in derselben Entfernung, jedoch in anderer Richtung, liegt das Städtchen Knightstown (Ritterstadt), das den aus der Geschichte von Irland bekannten Rittern von Kerry gehört und etwa 500 Einwohner zählt. Von Valentia ift der Telegraphen-Drath nach der Stadt Cork geführt, von wo er nach Dublin und endlich über den St. Georgs-Kanal nach London und dem übrigen England geht.

Der erste große Depeschenwechsel zwischen England und Amerika fand am 16. August statt und zwar zwischen der Königin Victoria und dem Präsidenten der Vereinigten Staaten. Diese Depeschen sind, ihrem Inhalte nach, so interessant und haben zugleich, weil sie bisher die einzigen größeren Depeschen sind, die zwischen der alten und der neuen Welt gewechselt wurden, einen solchen Werth als Seltenheiten, daß wir sie hier, obwohl sie bereits in den meisten politischen Zeitungen abgedruckt waren, vollständig mittheilen wollen:

Die Botschaft der Königin von England.
,,An den Präsidenten der Vereinigten Staaten zu
Washington.

„Die Königin wünscht dem Präsidenten zu der glücklichen Voll. „Die Königin wünscht dem Präsidenten zu der glücklichen Vollendung des großen internationalen Werkes, an welchem sie das innigste Interesse genommen hat, ihre Glückwünsche darzubringen.

„Die Königin ist überzeugt, daß der Präsident, gleich ihr, den aufrichtigen Wunsch hegt, daß das elektrische Tau, welches jest Großbritannien mit den Vereinigten Staaten verbindet, ein neues Band zwischen den Nationen werde, deren Freundschaft auf ihr gemeinsames Intereffe und ihre gegenseitige Achtung gegründet ist.

Die Königin ist erfreut, daß sie auf diese Weise mit dem Präfidenten verkehren und ihre Wünsche für das Wohlergehen der Vereinigten Staaten erneuern kann.“

Die Antwort des Präsidenten.

An Ihre Majestät Victoria, Königin von England. „Der Präsident erwiedert herzlich die Glückwünsche Ihrer Majestät der Königin zu dem Erfolg des großen internationalen Unter nehmens, welches die Wissenschaft, Kunst und unbesiegliche Ausdauer der beiden Länder hergestellt haben.

„Es ist ein weit glorreicherer Triumph, als er noch je auf dem Schlachtfelde von einem Eroberer erkämpft wurde, weil er der Menschheit weit nüßlicher ist.

"Möge der atlantische Telegraph unter dem Schuße des Himmels zu einem Unterpfand ewigen Friedens und Freundschaft zwischen den verwandten Nationen und ein von der göttlichen Vorsehung erkorenes Werkzeug werden, um Gottesfurcht, Civilisation, Freiheit und Gefeß über die Welt zu verbreiten.

Möchten nicht deshalb alle Völker der Christenheit sich sofort in der Erklärung vereinigen, daß der atlantische Telegraph für immer als neutral gelten soll und seine Depeschen auf dem Wege nach ihrem Bestimmungsorte, selbst inmitten von Feindseligkeiten, als geheiligt betrachtet werden sollen?

„Washington City, 16. August 1858.

James Buchanan".

Die am Schluffe der leßten Depesche aufgeworfene Frage des Präsidenten hinsichtlich einer völkerrechtlichen Neutralitäts- Erklärung des atlantischen Telegraphen scheint etwas unpraktischer Art zu sein, obwohl auf natürliche Weise durch die beiden jeßigen Landungspunkte dieses Telegraphen hervorgerufen, denn beide befinden sich auf einem der britischen Krone unterworfenen Boden. Unpraktisch aber scheint diese Frage deshalb, weil wenn etwa ein Krieg zwischen England und Amerika ausgebrochen, unmöglich eine der kriegführenden Mächte zugeben kann, daß die andere mit jenseitigen Bewohnern, oder auch wohl gar mit dritten Mächten durch ihr eigenes Land, eine telegraphische Korrespondenz führe.

Nachdem übrigens dieser erste Depeschenwechsel unter dem Zujauchzen zweier Welttheile stattgefunden hatte, hat man in England vergeblich auf die Anknüpfung einer regelmäßigen telegraphischen Korrespondenz mit Amerika gewartet. Nur zu bald ging in London die Nachricht aus Irland ein, daß zwar in Valentia noch einzelne Signale aus Neufundland ankommen, an eine verständliche WörterCommunication jedoch gar nicht zu denken fei. Die englischen Sachkundigen behaupteten sofort, die ganze Schuld liege an der Bodenbeschaffenheit der von den Amerikanern gewählten beiden Endpunkte. Wissenschaftliche Männer in Deutschland, England, Frankreich und Amerika haben jedoch sehr abweichende Gutachten in der Sache bisher abgegeben. Wir verweisen in dieser Beziehung auf das, was wir vorhin in der Anmerkung als die Ansicht des Herrn Siemens in Berlin mitgetheilt. Nachstehende Bemerkungen im Journal des Débats rühren von dem bekannten französischen Akademiker, Herrn Babinet, her: Die Leser des Journal des Débats werden sich erinnern, daß ich einer der Ersten war, die über den Erfolg der Legung des atlantischen Kabels Wunder riefen. Mein Erstaunen war um so natürlicher, als in einer kurz vorhergegangenen Unterhaltung mit einer der ersten telegraphischen Autoritäten Frankreichs wir darin einverstanden waren, daß es fast unmöglich sei, befriedigende Resultate vermittelst einer solchen Leitung zu erlangen. Durchläuft nämlich der elektrische Strom einen so langen Metalldraht und besonders einen Draht, der noch mit anderen Metalldrähten umwickelt ist, so erzeugt er eine mächtige elektrische Ladung, welche, indem sie sich verläuft, Zeichen giebt, die gar nicht zur Depesche gehören. Es giebt kein anderes Mittel, als geduldig zu warten, bis Alles wieder ruhig geworden ist, wozu aber eine beträchtliche Zeit gehört. Es ist ungefähr, wie mit einem Saale, der starke Echo's hat, und wo man bei jedem Worte eine Pause machen müßte. Dieser Uebelstand hatte sich schon im Kleinen bei den Kabeln im Kanal gezeigt; da aber die Rückströme nur schwach waren, so konnte man den etwaigen Störungen durch nicht zu sehr empfindliche magnetische Apparate vorbeugen. Der algerische Telegraph zeigt bereis denselben Uebelstand in bedauerlicher Weise.") Was den atlantischen Telegraphen betrifft, so weiß man, daß die

Botschaft der Konigin an den Präsidenten 20 Stunden wirklich an Arbeit erforderte. Bei solchen Resultaten begreift-man nicht das verwegene Selbstlob der amerikanischen Blätter, welche über die Transmission von hundert Worten in zwanzig Stunden solchen Jubel anftellen.“

England.

Korrespondenz-Berichte aus London.

Armuth und Armensteuer in London. Die Nationalschuld, der Eisenbahn- und anderer Schwindel. (Schluß.)

Wo soll es hinaus bei dieser und anderer Verwüftung, die unter dem Titel Gewerbe und Handel in England floriren? In Chambers' Journal ist eine kleine Revue dieser Verwüstung (waste) gegeben. Die Nationalschuld für verkehrte oder von der englischen Politik felbft negirte Zwecke entrirt, muß jährlich mit 28,000,000 Pfund Sterling verzinst werden. So viel muß jährlich verwüstet werden, um die Sünden der Väter und besonders Palmerston's zu fühnen. Man begegnet bei dieser Gelegenheit gewöhnlich der Phrase: Ist ja lächerlich, hier von Verwüstung zu sprechen. Das Geld bleibt ja im Lande: England verzinst die Schuld an sich selber. Richtig. Aber es ist doch ein kleiner Unterschied, ob man mit erworbenem Gelde Schulden verzinst oder damit weiter erwirbt. Man denke an Bastiat's zerbrochene Fensterscheibe. A. hat einen Fünfthalerschein und geht, sich ein Paar Stiefel zu kaufen. Unterweges zerbricht er unglücklicher Weise eine Schaufensterscheibe, die fünf Thaler kostet. Er zahlt und kommt ohne Stiefel nach Hause. Das schadet im Ganzen nichts, muß man nun sagen, denn die fünf Thaler kommen nun dem Glaser

°) Auch Steinheil in München ist (nach der vorhin erwähnten Mittheilung) der Ansicht, daß die Inductionsströme störend einwirken und daß man das System der Translatoren auf Zwischenstationen (Shetlands- und Faröer-Inseln, Island, Grönland 2c.) anwenden müsse, um über das Atlantische Meer mit Erfolg zu telegraphiren. D. R.

zugute und bleiben im Lande. Sie zirkuliren doch. Gut, wenn es durch alle Theile dieser gottvollen Feenwelt. Aehnlich in allen inin diesem einen Falle nichts schadet, kann es auch in einem zweiten duftriellen und kommerziellen Unternehmungen. Was man draußen nichts schaden, denn das ist ja wieder nur ein Fall. Mit einem drit und auch in einheimischer Stupidität als blühende Industrie und gloten wär es ebenso, von einem vierten gälte dasselbe u. f. w., so daß riösen Welthandel preift, ist Kapital- und Moral-Verwüftung in neunman zu dem logischen Schluffe kömmt: Auch wenn Jeder, der sich ein undneunzig Fällen unter hundert. Dies gilt auch von der Glorie in Paar Stiefel kaufen will, eine Fensterscheibe zerbricht und diese mit China und von den Siegen in Indien. Es gilt, wo man auch dem Gelde für die Stiefel bezahlt, schadet es nichts, denn nun zirkus hinsieht. lirt ja um so mehr Geld und bleibt im Lande und bringt die Glaser John Bull hat furchtbare Knochen und Muskeln, aber ,, Punch" und Glashütten empor. Jeder, der Geld hat, kann Fensterscheiben stellte ihn schon vor Jahren als zusammenbrechend unter der Last dafür einschlagen, wenn sie nur bezahlt und immer wieder gemacht seiner Steuern dar, womit Gloria gefüttert, d. h. das Land immer werden. Das Geld zirkulirt und bleibt im Lande, nicht wahr? Aber unbarmherziger verwüstet werden muß. Einmal las ich auch, John jebe zerbrochene Fensterscheibe ist eine Verwüstung, das merkt man Bull sei wie ein „Stehaufchen“, das Stück Holz mit einem Blei nun wohl. Die englische auswärtige Politik zerschmetterte für zwei Ende, das immer wieder aufsteht, wo und wie man es hinwerfe. Nun Milliarden Pfund Sterling Fensterscheiben des Friedens und der Kul-wohl, nehmen wir das Stehaufchen als Trost gegen das Punsch- und tur, und da sie den Schaden selbst nicht bezahlen kann, verzinst sie mein diesmaliges Bild an. Dieses Stehaufchen ist zwar kein gutes dieses so angelegte Kapital. Merkt man nun den kleinen Unterschied? Muster für den Gang von Handel und Wandel und der Kultur überIn England werden jährlich mehrere Tausend Bankerotte gemacht haupt, aber wir laffen es passiren. Nur möchten wir den guten geund Compagnieen begraben. Alles, was die Gläubiger und Actionaire wissenhaften Deutschen rathen, sich dieses praktische, moderne England weniger erhalten, als ihr Kapital betrug, gehört unter die Rubrik der in keiner Weise zum Muster zu nehmen und sich nicht auf die Tugen Verwüstung. den dieses Stehaufchen zu verlassen.

Nach der Nationalschuld find die Eisenbahnen die grandiosesten Verwüfter. Was, diese modernen Adlerschwingen des Reichthums und der Civilisation? Ja, die englischen. Man sehe sich nur eine moderne englische Eisenbahnkarte an. Die Schienen sind über das Land hinweg gewirrt, als hätten eine Heerde Schweine in einem Haufen von Seilerarbeit umhergewühlt, das sieht schon sehr bedenklich aus. Aber die Geschichte und die „Profite“ und Konkurrenzen der einzelnen Bahnen geben erst die rechte Moral. Ein Beispiel an der Great Western, die einst, 118 Meilen lang, sich mit 40 Prozent verzinste. Aber sie wollte mit Seitenbahnen konkurriren oder sie ruiniren und verbaute sich nach allen Seiten zu einer Länge von 466 Meilen aus einander. Das kostete 23 Millionen Pfund und wöchentlich fünf unddreißigtausend Pfund Betriebskosten, so daß sich die 24 Millionen schon seit Jahren mit nicht einem rothen Penny verzinst haben. Die 23 Millionen arbeiten ohne Profit und mit Verlust. Der Schwindel und die Thorheit, die in dieser Kapitals-Anlage stecken, produziren jährlich einen steigenden Verlust. Der große Eisenbahn-SchwindelKönig, dem die meisten Eisenbahnen ihr Dasein und ihren Geist verdanken, kostet dem englischen Volke schon beinahe ebenso viel, als die Könige und Minister, die 1000 Millionen in direkter Verwüstung durch Kanonen und faule Diplomatie anlegten.

Bei den Eisenbahnen kommen noch 70 Millionen Pfund Sterling hinzu, die weggeworfen wurden, um Parlaments-Mitglieder zu bestechen, die für diesen Betrag Parlamentsbeschlüsse durch sezten, durch welche die tägliche Verwüstung durch Eisenbahnbetrieb gefeßlich sanctionirt ward. So entstanden die allerblödsinnigften Konkurrenz-Bahnen, die noch heute sich thatsächlich einander todt hehen in der Meinung, daß die eine eher sterbe. Man konnte vorigen Sommer für Preise fahren, wobei die Actionaire für jeden Passagier thatsächlich Geld zulegen mußten.

Von der wüthenden, mörderlichen, mit den schauderhaftesten Verbrechen arbeitenden Konkurrenz in fast allen Zweigen der. Industrie und des Handels will ich schweigen: man findet sie in jeder Zeitung auf jeder Seite, an jedem der Hunderttausende von Schaufenstern. Nach der legten Krisis, die unzählige Schwindel-Compagnieen und hohle Reichthümer zerplagte, ist noch ein allgemein kursirendes Kapital der Verwüstung hinzugekommen: universelles, allseitiges Mißtrauen. Namentlich glaubt Niemand mehr an ,,Joint-stock-companies", die alte kommerzielle Größe Englands. Das universelle Miß trauen gründet sich auf universellvorausgesezten Schwindel. Und we ja ehrliche und Ehrennamen Vertrauen einflößen könnten, weist man auf die Irrthümer und Stupiditäten der ehrlichen Leute und ihrer Techniker hin. Der „Leviathan“ wurde unter lauter Verrechnungen als leeres Gehäuse fertig. Man hat auf unzählige, verlockende Weise versucht, die noch fehlenden 220,000 Pfund (das heißt mindestens 500,000 Pfund, nach fast allen englischen Antecedentien von Ueber schlagsberechnungen) aufzutreiben: kein Pfennig wird gerührt für Vollendung der National-Glorie. Die Dividenden der blühendsten Eisenbahnen, die mindestens 10 Prozent versprechen, geben durch schnittlich 1 Pfund Sterling 12 Shilling 6 d., die meisten weniger oder nichts.

Was vom „Leviathan“ gilt, bewährt sich auch an dem atlantischen Telegraphen. Selbst wenn er noch gelingt, müffen immer ein paar mal hunderttausend Pfund für Ignoranz und unüberlegte Arbeit, bie man dabei verwüstete, aus ihm verzinst werden. Der KrystallPalast sollte 500,000 Pfund kosten, und er war für 1,500,000 Pfund noch nicht fertig. Daher lauter Bettelei und Gaunerei und Schwindelei

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Mannigfaltiges.

- Noch einmal Kaspar Hauser. Als Erwiederung auf die auch im „Magazin" angezeigte Schrift des Dänen Eschricht') über Kaspar Hauser, worin nachzuweisen gesucht wird, daß dieser von der Natur mit sehr geringen Verstandes-Fähigkeiten ausgestattete Mensch nur in Folge der verkehrten, unverständigen Erziehung, die ihm Herr Profeffor Daumer in Nürnberg gegeben, ein Heuchler, ein sich felbft täuschender Betrüger und endlich sogar ein Selbstmörder geworden, hat jeßt Herr Daumer eine Gegenschrift unter dem Titel „, Enthüllungen über Kaspar Hauser" erscheinen laffen.") Hauser's Nürnberger Erzieher, der zunächst die Behauptung widerlegt, daß Lesterer ein Idiot“ gewesen, wobei er sich auf die neuerdings in der Schweiz gemachte Erfahrung beruft, daß auf eigentliche Idioten durch Erziehung und Unterricht gar nicht eingewirkt werden könne,***) kommt dabei mit ganz neuen, ebenso abenteuerlichen als abgeschmackten Behauptungen zum Vorschein. Er versichert nämlich, daß nicht blos Kaspar Hauser, sondern auch er selbst (Daumer) im Jahre 1834 in Nürnberg von unheimlichen Gestalten, die es auf sein Leben abgesehen gehabt, verfolgt worden sei und daß er es nur einem Zufalle zu verdanken habe, wenn ein Frevel gegen ihn nicht ausgeführt wurde. Er versichert ferner, daß der berühmte Kriminalist Anselm v. Feuerbach, der auf den Findling zuerst die Aufmerksamkeit der Welt gelenkt und das Verbrechen, das einst an dem Kinde begangen war, als Seelenmord bezeichnet hatte, an Gift gestorben sei, das ihm die unsichtbaren Feinde Hauser's beigebracht. Ja, alle diese Verbrechen soll die englische Aristokratie, von welcher Hauser ein verstoßener Sprößling, ein hintergangener, reicher Erbe gewesen, zu verantworten haben! Herr Daumer macht sogar den Lord Stanhope, der doch, als er noch an die Unschuld Kaspar Hauser's glaubte, diesen adoptirt hatte, zum Mitschuldigen seiner Mörder!! Mit Recht bemerken hierzu die Gugkowschen Unterhaltungen am häuslichen Heerd": Unwillkürlich wird man bei dieser Interpretation an eine frühere Schrift Daumer's erinnert, in der er hat beweisen wollen, daß die ersten Christen bei ihren Liebesmahlen Menschenblut vergossen. Der gelehrte und vielseitige Mann ist jest katholisch geworden. Nachdem er lange die Theologie seines Freundes Ludwig Feuerbach vertreten, immer gegen das Christenthum, wie man zu sagen pflegt, eine ganz spezielle Malice gehabt, dem Koran, Hafis und dem Alterthum sich verwandter fühlte, als den Lehren des Katechismus, hat er jegt, wie wir glauben, in Folge der Berührung mit einigen prononzirt katholischen Poeten, die alleinseligmachende Kirche zu seinem Asyl erwählt. Dieser für die innere Haltungslosigkeit und die Ertremensucht des Mannes zeugende Schritt kann für sein neues Buch über Kaspar Hauser nur ungünstig wirken 2c."

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*),,Unverstand und schlechte Erziehung". Vier populäre Vorlesungen über Kaspar Hauser, von Dr. D. F. Eschricht, K. dänischem Statsrath unb

Profeffer 2. Berlin, Decker. 1857.

**) Frankfurt a. M., Meidinger, 1858.

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***) Daß Kaspar Hauser einer jener Idioten, wie sie in der Schweiz sich finden, ein sogenannter Cretin" gewesen, hat Herr Prof. Eschricht nirgend behauptet. Wir verweisen übrigens bei dieser Gelegenheit auf eine interessante, den Cretinismus sowohl von seiner medizinischen und staatlichen, als von seiner rein menschlichen Seite auffaffende Abhandlung:,,3ur Cretinen- und IdiotenFrage", vom Geh. Medizinalrath und Professor Dr. Damerow, in der Allg. Zeitschrift für Psychiatrie", Bd. XV. Besonderer Abdruck (49 S.). Berlin, D. R. Hirschwald, 1858.

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