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tus (vit. Apoll. Tyan. II, 9) fagt, er sei nicht der Ansicht, den Schnee in Aethiopien oder die Hügel der Katadupen in Abrede zu stellen; aber offenbar glanbt er die darüber gegebenen Berichte nicht. Die Ursache, weshalb beide Aeste des Flusses in Chartum zur felben Zeit wachsen, ist der Regen, der nicht weit davon fällt. Die Wirkung der noch füdlicheren Regengüsse wird später bemerkbar. Kallisthenes, der Schüler des Aristoteles und später Agatharsides und Strabo schreiben die Ueberschwemmung der Regenzeit in Aethiopien zu, und mit Recht; denn nur dadurch, nicht durch das Schmelzen des Schnees wird sie bewirkt."

Interessant sind auch die Anmerkungen zu den von Herodot erwähnten Thieren, die bekanntlich göttliche Verehrung genoffen: sie gehen in's Einzelne und lassen an Genauigkeit nichts zu wünschen übrig. Neu war uns die Bemerkung, daß das Krokodil, wie die alten Aegypter behaupteten, in der That keine Zunge befiße. Denn auch Parthey in seiner Uebersehung von Plutarch's Buche über Jsis und Osiris bemerkt zu der Stelle, wo davon die Rede ist: „Es war eine im Alterthum sehr verbreitete Meinung, daß das Krokodil keine Zunge habe. Sie ist allerdings vorhanden, kurz und fleischig, aber bis zur Spize an den Unterkiefer angewachsen (S. 274)." Hingegen be merkt Wilkinson:,,Es ist vollkommen wahr, daß es keine Zunge hat; seine Kehle wird durch eine dicke Haut verschlossen, welche sich nur öffnet, wenn es schlingt." Man sieht, daß es gar nicht so leicht ist, eine solche Sache auszumachen.

Eine Stelle über die romantische Geschichte von Kleopatra's Tode wird der Mittheilung nicht unwerth erscheinen:

,,Wäre Kleopatra's Tod durch den Biß einer Schlange erfolgt, so würde dazu eher die kleine Viper gewählt worden sein, als die große Uräusschlange (Art cobra capella, die den Kropf aufbläst); aber das Geschichtchen verliert den Glauben durch die Erwähnung, daß sie sich in ihren königlichen Schmuck geworfen und ohne ein Zeichen von Vergiftung an ihrem Leibe todt gefunden worden sei. Tod von Schlangenbiß hätte nicht verkannt werden können; auch würde ihr die Eitelkeit nicht erlaubt haben, einen solchen zu wählen, der sie in so abschreckender Weise entstellen mußte. Andere Gifte waren wohl bekannt und leicht zur Hand, und kein Knabe würde es gewagt haben, eine Natter in einem Korbe voll Feigen zu tragen, von denen er selbst einige den Wächtern im Vorbeigehen anbot. Plutarch (vita Anton.) zeigt überdies, daß die Geschichte bezweifelt wurde. Auch ist die Bildsäule von ihr, die August im Triumph aufführte, und die eine Natter an sich hatte, kein Beweis dafür, daß er daran glaubte, indem jene Schlange das Emblem des ägyptischen Königthumes war: die Statue, oder vielmehr die Krone der Kleopatra, konnte nicht ohne jenes Zeichen sein, und das war wohl der Anlaß zur Erfindung der ganzen Geschichte." Die unnahbare giftige Schlange war nämlich das Sinnbild der königlichen und göttlichen Unnahbarkeit, Unverleglichkeit und Heiligkeit, weshalb Götter und Könige dasselbe im Stirnschmucke und sonst (zum Beispiel an den Gürteln) tragen.

Diesem zweiten über Aegypten handelnden Buche sind acht Kapitel angehängt über folgende Gegenstände: die ägyptische Entdeckung des wahren Sonnenjahrs, der ägyptische Gebrauch der Namen der zwölf Götter, die später von den Griechen entlehnt wurden; die Nilmessung; die verschiedenen Schriftarten der Aegypter; gymnastische Kämpfe; der Ursprung der Geometrie, und ein geschichtlicher Abriß von Aegypten, voll der neuesten und schäzbarsten Materialien. Alles von Sir G. Wilkinson. In der Abhandlung über die verschiedenen Schriftgattungen z. B. werden die Elemente einer hieroglyphischen Grammatik im Vergleiche mit dem Hieratischen und Demotischen gegeben. Zulegt wird der schäßenswerthe Versuch gemacht, die Umrisse einer Geschichte Aegyptens hauptsächlich nach Denkmälern und Inschriften herzustellen.

Das dritte Buch „Thalia“ mit vier ähnlichen Erkursen, wie man es bei uns nennt, schließt diesen Band. Sie sind vorzüglich dadurch interessant, daß sie jene Nachweise über die Lage und die Ruinen von Babylon bringen, die im ersten Theile versprochen waren. Hier fehlen indeß noch die neueren Ergebnisse, die durch Capitain Jones und Oppert ermittelt worden sind. Beigegeben ist ferner eine Kopie der großen Inschrift, in welcher Nebukadnezar seine großen Werke in Babylon aufzählt; ferner die große Inschrift des Dardus von Behistun, beide mit Uebersehungen. Diese Abtheilung ist selbst. verständlich von Sir Henry Rawlinson bearbeitet.

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Thema, die ihre angeblichen Rechte und Ansprüche namentlich durch Hinweisung auf die unfittlichen Zustände der Männer verfechten. Es gewährt dies dem Dritten einen belehrenden Einblick in die traurigen Verhältnisse der Frauen, wie der Männer, in Amerika.

Bei einer solchen,, Free-Love-Convention", die fürzlich zu Utica, im Staate New-York, stattfand, hielt eine Mrs. Branch, die als Rednerin berühmt ist und im ganzen Lande zur Verbreitung ihrer Lehre umherreist, einen Vortrag, welchen der New-Yorker „Pionier“ mittheilt. Wir entlehnen daraus die nachstehenden charakteristischen Phrasen und statistischen Angaben:

"

,,Gegenstand ihrer Hauptrede bildeten Prostitution und Kindermord. Mit Hindeutung auf das in einigen Zeitungen über sie ergangene Verdammungsurtheil sprach sie u. A. Folgendes: „Ich fürchte keine öffentliche Meinung oder öffentliche Verdammung, denn ich muß Jeden, sei er Weib oder Mann, für einen Feigling erklären, der sich in feinem Herzen zu einem Glauben oder Grundfag bekennt, den er nicht öffentlich vor aller Welt zu vertreten wagt. Solche Menschen kennen nicht den wahren Sinn des Wortes Freiheit und haben, noch kennen zu lernen den wahren Sinn des Wortes Sklaverei. Es ist wahr, daß es keine leichte Sache ist, der öffentlichen Meinung zu trozen. Ich wundere mich nicht, daß starke Herzen schwach und müde geworden sind im Gutes thun". Glück ist, wonach alle Welt strebt; aber man hat den Weg zum Glück, bepflanzt mit dem Kreuze der Pflicht, so eng und steil gemacht, daß nur Wenige ihn zu gehen wagen, ohne daß die Furcht vor trostloser Verdammung sie treibt oder die Hoffnung auf eine glänzende Krone fie lockt - in jedem Fall eine schlechte Empfehlung für ihren eigenen oder den allgemeinen Glücklichkeitsbegriff. Der Ehrgeiz, groß zu werden in der öffentlichen Meinung und den Applaus und die Zustimmung der Menge zu erlangen, ist ein kindisches Gefühl. Die treuesten und edelsten Reformer des heutigen Tages wie aller früheren Generationen sind diejenigen, welche ihre Reputation" verloren haben durch Vertretung unpopulärer Prinzipien. In der That, weder Mann noch Weib kann bei dem gegenwärtigen Zustande der Gesellschaft gründlich wirken, so lange sie nicht ihre Reputation" verloren haben.""

,,Sie geht sodann zu dem Zustand der Gesellschaft und namentlich zu dem Institut der jeßigen Ehe über, welches sie vor allen anderen verantwortlich macht für zwei Uebel, von denen sie reden will: Prostitution und Kindermord. Ich hoffe, sagt sie, daß die Gesellschaft mich ruhig anhören wird, während ich von dem ersten Uebel rede. Es ist ohne Zweifel ein unangenehmes Thema für eine Zuhörerschaft. Viele von Ihnen, vielleicht Alle, sind mit den Beschränktheiten falscher Scham und Delikatesse aufgewachsen und wenn ein Weib öffentlich nur auf ein solches Thema anspielt oder Kenntniß davon verräth, so genügt dies schon, ihre eigene Moralität in Zweifel zu seßen. Aber was man auch von mir halten möge, ich bekenne offen, daß ich ein Intereffe habe an allem Menschlichen, auch das Weib nicht ausgenommen, das den Pfad der Tugend verlassen hat und das man nur für geeignet hält, eine Repräsentantin jenes Ortes der ewigen Qualen zu sein, zu welchen unsere Freunde von der Kirche sie ohne alles Erbarmen verdammen.""

,,Was die furchtbare Pest der Prostitution betrifft, welche die werdende, wie die vorhandene Menschheit millionenweise physisch wie moralisch vergiftet, so begnügt sich Mrs. Branch, ein Bild von derselben zu entwerfen durch Mittheilung statistischer Angaben, die sie von Aerzten, namentlich dem Dr. Sänger von Blackwells-Island, erhalten hat. Dr. Sänger untersuchte die Stadt New-York in polizeilicher Begleitung und fand gegen 400 notorische Bordelle mit etwa 8000 Bewohnerinnen. Die Zahl der Besucher dieser Häuser, welche gegen acht Millionen Dollars jährlich verschlingen, schlägt er auf 60,000 an. Die Statistik der Privat-Prostitution, welche die öffentliche noch übertrifft (man rechnet auf New-York 40,000 Prostituirte), wußte Dr. Sänger nicht anzugeben. In England rechnet man auf je 14 Weiber eine Prostituirte (in Frankreich ist jezt das Verhältniß noch weit schrecklicher) und im Durchschnitt führen die Unglücklichen dieses Leben dort nur vier Jahre, worauf sie sich verheiraten und respektable Frauen und Mütter" werden. Für diesen Zuwachs zeigt sich der ,,verheiratete Stand" generös genug. Frau Branch hebt das Faktum hervor, daß fünf Sechstheile der Besucher von ProstitutionsHäusern verheiratete Männer sind. Und für wie nothwendig die jezige Gesellschaft die Prostitution hält, beweist sie u. A. durch einen Bescheid des Mayors von New-Bedford, der auf den Antrag, die Prostitutions-Häuser aufzuheben, antwortete: wenn diese Häuser abgeschafft sind, werden unsere Weiber und Töchter nirgends mehr sicher, sie werden in jeder Straße der Gefahr ausgesezt sein, insultirt zu werden.

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"", Aber, fragt Mrs. Branch, durch wen würden sie insultirt werden? Durch keinen Menschen außerhalb der Welt, sondern durch irgend Jemanden in der Welt, Jemanden hier und dort und überall — 60,000 Männer täglich in den Straßen New-Yorks, die euch überall begegnen, deren warmer Athem die Luft erfüllt und mit denen die

reinsten und sittsamsten Mädchen fortwährend in Berührung gebracht werden! Wer sind sie? Wer anders, als Ehemänner, Väter, Brüder? Wessen Ehemann, Vater, Bruder? Ist es der eurige? Ist es der meinige? Das Blut schießt euch, wie mir, in die Wangen bei dem Gedanken, sie seien unsere Freunde.""

„Und doch hält jeder dieser 60,000 fich für berechtigt, den fuperioren Moralprediger zu spielen und Frau Julia Branch zu verdammen, weil sie gesagt hat, sie wolle die Freiheit haben, zu lieben wo, wann und wen sie wolle. Daß diese Freiheit nicht überall an= erkannt ist und geübt wird, darin findet sie eben den Hauptgrund der Prostitution.,,,,Die Ursache liegt in unserem jeßigen Ehe-Institut, welches Mann und Weib nöthigt, bis zum Tode beisammen zu bleiben ohne Liebe, ohne geistige, moralische und körperliche Uebereinstimmung."" Dem Einwurf, daß ohne die jeßigen Ehefesseln eine Anarchie der geschlechtlichen Verhältuisse einreißen werde, begegnet sie mit der Bemerkung, daß ein schlimmerer Zustand, als der jeßige, nicht möglich sein und eine vollkommene Freiheit jedenfalls eine beffere Generation erzeugen werde.

,,Das zweite Thema, über welches Mrs. Branch sprach, ist der Kindermord. Sie weist durch statistische Angaben nach, daß dieses Verbrechen, welches hier zu einem alltäglichen Auskunfts- oder Korrektiv - Mittel geworden, in einem schrecklichen Grade zugenommen hat. Im Jahre 1805 war in New-York das Verhältniß der Todtgeborenen zu den Einwohnern wie 1 zu 1612, 1820 wie 1 zu 654, 1840 wie 1 zu 516, 1850 wie 1 zu 386. Dr. Wyne berechnet, daß auf das Jahr 1805 unter 49 Geburten 1 Frühgeburt kommt, 1810 1 unter 33, 1815 1 unter 32, 1830 1 unter 20, 1840 1 unter 16, 1845 1 unter 13, 1850 1 unter 12. Derselbe Arzt hat der Frau Branch mitgetheilt, daß das Verbrechen des Kindermordes seit 1805 hier um 415 pCt. zugenommen habe. Wenn es in diesem Verhältniß fortgeht, wird am Ende dieses Jahrhunderts in New-York kaum noch ein Kind lebendig zur Welt kommen.

""Was, fragt die Rednerin, ist die Ursache dieser schauderhaften Zunahme des unnatürlichsten Verbrechens? Ich kann sie nur in unserem jezigen Ehe-Institut finden. Weder in noch außer der Ehe herrscht bei uns das mindeste Bedenken, das Leben eines Kindes zu zerstören außer der Ehe wegen der Schen, die „, Respektablität“ einzubüßen, da die Gesellschaft die Mutter als untugendhaft ächtet; in der Ehe, weil die Sorgen der Mutterschaft einengend, ärgerlich und schwierig sind. Man hat keine Ahnung davon, bis zu welchem Grade dieses Mordsystem praktizirt wird, und doch sollte man es, wenn man die Zahl des Kinder betrachtet, die unsere Gefängnisse füllen, beinah eine Wohlthat nennen. Mütter, denkt hierüber nach! Jedem Sohne, den ihr in die Welt sezt, ohne daß die reinste Liebe ihn empfangen hat, sind alle die Eigenschaften eingeboren, welche unsere Gefängnisse und Armenhäuser füllen; jede Tochter dieser Art bringt die Anlagen auf die Welt, welche in die Prostitutionshäuser führen. Deshalb ist es eure Verantwortlichkeit wie euer Recht, zu sagen, wann und wo und wie ihr Mütter werden wollt. Deshalb ist es für euch eine Nothwendigkeit, mit jeder Kunst und Wissenschaft bekannt zu werden, welche jezt ein Monopol der Männer find, damit ihr beffere Kinder zur Welt bringen lernt. Ich verwerfe in allen Dingen die Thorheit, daß Unwissenheit ein Segen sei. Das Weib soll Alles wissen, was der Mann fähig ist zu wissen, und es soll volle Freiheit haben, dazu zu gelangen. Jede Fessel, die eure Entwickelung hemmt, sollt ihr sprengen, mag Kirche oder Staat, Mann oder Frau, Weib oder Kind sie euch anlegen.""""

,,Indem sie zum Schluß kommt, weist sie darauf hin, daß die Existenz der jeßigen Ehe die außereheliche Fortpflanzung nicht hindere, indem z. B. im Jahre 1852 in England und Wales 55,000 illegitime Kinder geboren worden seien. Deshalb solle man die Natur in ihr Recht einseßen und den Unterschied zwischen legitimen und illegitimen Geburten aufheben, um wenigstens Einen Grund des Kindermords zu entfernen".

Dies ist das Wesentliche des Vortrages der Mrs. Branch. Selbst der „Pionier“ ist jedoch der Meinung, daß die Rednerin ihr Thema etwas oberflächlich behandelt habe und daß ihre Gründe, troß der Richtigkeit aller Zahlen, auf denen sie sich ftüßen, nicht immer stichhaltig seien.

Mannigfaltiges.

- Zur Meteorologie. Atmosphärische Wellen. In der Sigung der Pariser Akademie der Wissenschaften vom 27. September d. J. kam ein interessanter Gegenstand zum Vortrag. Pater Secchi in Rom hatte eine Abhandlung:,, Ueber den Gang der atmosphärischen Wellen in Europa", eingesandt. Der ausgezeichnete italiänische Physiker bezeichnet mit diesem Namen die großen Veränderungen des Luftdrucks und Barometerstandes, welche mindestens 20 Millimeter Spielraum haben und immer von heftigem Regen begleitet sind. Um

dahin zu gelangen, den Gang dieser Wellen verfolgen zu können, hat er zahlreiche Beobachtungen benußt, welche in den lithographirten Bülletins der Pariser Sternwarte veröffentlicht sind. Mit Hülfe dieser Vorlagen ist er im Stande gewesen, für die Hauptstationen von Europa barometrische Kurven (aus der ersten Hälfte dieses Jahres) zu ziehen. Ihre Prüfung hat ihn zu folgenden Schlüssen geführt: Die großen atmosphärischen Stöße erstrecken sich über ganz Europa, so daß sie etwa innerhalb eines Tages in der Richtung von Nordwest nach Südost hindurch gelangen; die Wellen werden kleiner, je mehr sie nach Süden kommen und scheinen sich zu brechen; sie sind weit kleiner im Sommer als im Winter. Als Wirkung dieses fortschreitenden Ganges ftellt sich oft ein vollständiger Gegensah zwische den südlichsten und nördlichsten Punkten, wie z. B. St. Petersburg Rom und Athen, heraus. Der Pater Secchi verweilt in seiner Mittheilung besonders bei den Diensten, welche beim Studium der atme sphärischen Wellen die Einregistrir-Instrumente zu leisten berufe: find, namentlich sein photographisches Wagebarometer, welches kein andere Mühe erfordert, als das Aufziehen einer Uhr und wöchentlichen Wechsel eines Stückes Papier.

Humboldt's Empfehlung des Reisenden J. J. Ber jamin. Wir theilen, nach der „Posener Zeitung", die Ueberseßung eines in französischer Sprache abgefaßten Schreibens mit, welches der Freiherr Alerander v. Humboldt dem bereits durch seinen früheren Aufenthalt im Orient bekannten jüdischen Reisenden, Herrn J. J. Ber jamin, zu dessen Empfehlung bei den Konsuln und anderen ein flußreichen Personen in Aften mitgegeben, wohin Herr Benjami wieder zu reisen im Begriff ist, um die Spuren seiner in dieser Welttheile zerstreuten und für die übrige Welt fast ganz verschollene: Glaubensgenoffen aufzusuchen:

"In der Einleitung zu dem trefflichen und bedeutsamen Werf, welches der Ueberbringer dieser Zeilen, der Reisende Herr J. J. Benjamin (aus Foltitscheny in der Moldau), 1858 unter dem Titel: „Act Jahre in Asien und Afrika“ herausgegeben, habe ich gemeinsam mit unserem großen Geographen, dem Professor Karl Ritter und dem berühmten Botaniker Berthold Seemann in London, auf den schönen und edlen Zweck hingewiesen, welchen Herr Benjamin auf seinen Reisen mittelst der Erforschung und Durchforschung der jüdischen Ansiedelungen oder Gemeinden verfolgt, die in jenen fernen Gegenden, Opfer politischer Unduldsamkeit, ein trauriges Dasein fristen. Der ehrenwerthe Herr Benjamin steht jegt auf dem Punkte, den Fußstapfer Benjamin's von Tudela folgend, auf das Neue eine ähnliche Reise z unternehmen, und deshalb wage ich, die politischen Agenten, Konfuls und alle diejenigen Personen, welche meinen Namen und meine Abeiten mit ihrer gütigen Theilnahme beehren, zu bitten, sie wollen sh lebhaft auch für dieses neue Unternehmen intereffiren und zur Ev weiterung und Vermehrung der Mittel beitragen, welche eine Reise za begünstigen vermögen, die durchaus uneigennüßig und zu einem rein philanthropischen Zwecke unternommen wird. ,,Berlin, im Oktober 1858.

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Freiherr Alexander v. Humboldt".

-Der vierte Band des Deliusschen Shakspeare. Mit dem kürzlich ausgegebenen,,King Henry VIII." ist der vierte Band des neuen englischen Shakespeare von Delius und zugleich die Reihe der „, Histories" (historischen Schauspiele) desselben vollendet.") Die drei Bände dieser vortrefflichen Ausgabe, die nun noch zu erwarten sind, werden die dreizehn Lustspiele und den „Sturm“, fowie endlic im lezten Bande den Perikles", die Gedichte und das Leben Shak speare's enthalten. In seinen Einleitungen zu den Dramen des vierte Bandes bespricht Herr Dr. Delius namentlich die angezweifelte Autor schaft Shakspeare's in Betreff des zweiten und dritten Theiles va

König Heinrich VI.", und den Zeitpunkt, zu welchem „König Heinrich VIII.“, zuerst auf die Bühne gekommen: ob vor oder nach dem Tode Elisabeth's. Diese historisch-kritischen Einleitungen mit ihren Hinweisungen auf die Chroniken Holinshed's und Hall's, aus welcher der Dichter geschöpft, sowie mit ihren Vergleichungen der von Zeit genoffen oder Vorgängern Shakspeare's ebenfalls bearbeiteten gleichen Stoffe, find jedenfalls geeignet, deutsche Leser mit den literarische und Bühnen - Zuständen Englands zur Zeit der Königin Elisabeth vertraut zu machen und ihnen das Verständniß der Dramen, die ohnedies von zahlreichen deutschen Anmerkungen begleitet sind, sehr zu erleichtern. Wir können daher auch nicht oft genug wiederholen, das wir den Freunden des großen Dichters in Deutschland keine bessere englische Ausgabe, als die Deliussche, zu empfehlen wissen.

Shakspere's Werke". Herausgegeben und erklärt von Dr. N colaus Delius. Vierter Band. (King Henry VI. Part. 1, 2 and 3. King Richard III. King Henry VIII.) Elberfeld, R. L. Friderichs, 1858.

Bschentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thir. 10 gr., halbjährlich ↑ Thir, 20 Sgr. und viertelfährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 132.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bet Beit u. Comr., Jägerstraße Nr. 25, und beim Spebiteur Neumann, Niederwallfir. Rr. 21), sowie von allen königl. Post-Aemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

England.

Berlin, Donnerstag den 4. November.

Korrespondenz - Berichte aus London.

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Armuth und Armensteuer in London. Die Nationalschuld, der Eisenbahn- und anderer Schwindel.

Wie ich früher andeutete, reichen während der stillen Zeit ausländische und hochpolitische Gegenstände" (wozu auch Briefe und Privatreden von Parlaments-Mitgliedern gehören) nicht hin zu Leitartikelstoffen, so daß man gewöhnlich von inneren Reformen, Gefängnissen, Verbrechen, Armuth und Noth etwas zu fabriziren sucht, so lange anständige Leute außerhalb find. Ich studirte auch mit in dieser Sphäre, außer mit eigenen Augen in einem Buche:,, Dives and Lazarus; or, the Adventures of an Obscure Medical Man in a Low Neighbourland. London: Judd & Glass. In London, wo 300 Pfund jährlich die änßerste und niedrigste Stufe bilden, auf welche hin man heiraten darf, leben jenseits dieser Gränzen etwa 2 Millionen Menschen. Mindestens ein Drittel davon verdienen in der,, guten Zeit", d. h. sechs bis sieben Monate jedes Jahres, wöchentlich 10 bis 15 Shillinge, sagen wir ein Pfund, während der schlech ten Zeit gar nichts, also jährlich 26, sagen wir 30 Pfund. Wie leben diese in einer Gesellschaft, wo 300 Pfund das niedrigste Maß anständigen Haushalts ausmachen? Vide,,Dives and Lazarus". So leben, so sterben, so hungern, so verkommen, so stehlen, morden und fallen sie, so prostituiren sie sich, so verwimmern sie an der ewigen Pestilenz, die aus Mangel an Nahrung hervorgeht und von nichts genährt wird, als dicker, vergifteter Luft. Starvation, welche Nation kann das Wort in ihre Sprache übersehen? Andere haben nicht einmal das Wort. Hier in der Metropolis des reichsten Volkes der Welt leben und sterben die Leute zu Hunderttausenden von der Sache, wofür wir kein Wort haben. Starvation ist nicht blos langsames Verhungern, das Wort schließt tausenderlei andere Schreckniffe und Qualen eines nur fterbenden Lebens ein, wie man es nur in den innersten Winkeln der reichsten und größten Stadt der Welt finden kann. Der freiwillige Vice-Armen-Arzt, der das erwähnte Buch schrieb, zeigt uns etwas davon, wie er es Haus für Haus, Hütte für Hütte, Winkel für Winkel fah, studirte und mit rührender Genauigkeit für die Oeffentlichkeit beschrieb.

Die Details diefer starvation find, wenn man eine Zeitlang ge= lesen, ziemlich einförmig: immer dasselbe Elend, nur in verschiedenen Farben und Formen, bis zu thatsächlicher Nacktheit, die nur mit Schmuß und Todtenschweiß bedeckt wird. Ich will hier nicht erzerpiren, sondern das Ganze als konstatirt vorausseßen.

Bei dem weisen Kenner Englands aus der Ferne und aus Zeitungen wird zunächst die höhnische Frage entstehen: wie können Sie uns solche schwarze Lügen aufbinden, daß die Leute in London tausend weise von starvation leben und sterben, da eine ungeheure Armensteuer erhoben wird und jeder Bezirk die Verpflichtung hat, seine Armen zu ernähren? Bei dieser unabsehbaren Menge von Wohlthätigkeitsanstalten? Der,,obffure Mann" fagt es uns im Detail, wie es gemacht wird, daß die Leute doch tausendweise langsam und erbarmungslos umkommen. Die unabsehbaren Maffen don Hospitälern und Wohlthätigkeitsanstalten haben Mauern und Thore, also Gränzen, jenseits welcher sie aufhören, und fast stets ungeheure fette Portiers und Beamte dahinter mit starken Fäusten und mächtigen Schlüffeln. In stillen Zeiten und im Winter bleiben die Elendesten oft schockweise vor den einzelnen Wohlthätigkeitsthoren liegen. Die Beamten find durch Praris kannibalisch geworden oder auch nicht. Aber auch oder auch nicht. Aber auch bei deren beftem Willen finden die Verhungernden, Erfrierenden, zum Tode Kranken beiweitem nicht alle den nackten, leeren Plag innerhalb der Mauern der Wohlthätigkeit. Außerdem haben ja alle die, die nicht wenigstens ein Jahr in einem und demselben Armenbezirke gewohnt haben, gar keinen Anspruch. Diese bleiben um so unbarmherziger ihrem eigenen Elend überlassen, ale ja auch die mit gerechten Ansprüchen nicht alle befriedigt werden können aus Mangel an Plag,

1858.

aus Mangel an Geld. Die Armen müssen nämlich immer ausschließlicher von den Armen ernährt werden; die Armensteuer ver schwindet desto mehr, je reicher Jemand ist und je näher er an Belgrave- oder Grosvenor-Square wohnt. Dort braucht man jährlich 10-20,000 Pfund, um nothdürftig auszukommen, so daß sich also in diesen Gegenden Arme gar keine Wohnung suchen können. Die Reichen wohnen mit Reichen, die Armen mit Armen zusammen in allen Gradationen vom Westende bis in den Often und über die Themse im Süden hinaus. Die Herrschaften mit jährlich zehn- bis zwanzigtausend Pfund wiffen nichts von Armensteuer, weil keine Arme unter ihnen wohnen. Der logische Antheil von Armensteuer, der auf eine einzige Zwanzigtausend-Pfund-Familie fallen würde, wird funfzig bis hundert Armen abgezwackt, die selber nur im Schweiße ihres Angesichts sich vor Appellation an die Armenbehörde retten können. Diesmal bezahlen sie vielleicht noch die furchtbare Summe von Armensteuer, die ihnen diktirt ist, das nächste Mal sind vielleicht ein Drittel von diesen Zahlenden unter Almosen-Bittsteller gesunken. Dieser Prozeß geht mit beschleunigter Geschwindigkeit vor sich: die armen Stadttheile füllen fich immer mehr mit Armen, die reichen purifiziren sich immer mehr davon.

Die Wirkung lokaler Besteuerung für die Armen (für die Reichen und Vornehmen ist sie nicht lokal, sondern allgegenwärtig mächtig) zeigt sich auch darin, daß Grund- und Pachtgrundbesißer also die Reichen - alle kleinen, wohlfeilen Häuserchen niederreißen und größere, theurere dafür aufthürmen, die kein Armer miethen. kann. So wird die Last des Pauperismus aus einem Distrikt in den anderen ermittírt und von dem ärmeren immer in den noch ärmeren, so daß schon Dockarbeiter, statt in der Nähe ihrer schweren, schlechtbezahlten Plackerei wohnen zu können, in Hammersmith (21⁄2 Meilen vom nächsten Dock) eine Stätte suchen müssen, ihre müden Glieder auszuruhen. Jede Parish strebt, ihre Armen loszuwerden, und keine ist dahin zu bringen, Wohnungen für Arme zu errichten; denn in der Nähe von Armen zu wohnen, heißt Besteuerung für sie.,,Ihr Armen müßt euch einander ernähren", sagt Dives,,,und wir Reichen wollen für uns selbst forgen".

In einigen Parishes, wo die Ermission der Armen noch nicht ganz durchgeführt ist, findet man die größten Kontraste beisammen, 3. B. in Kensington, wo auf einer Seite die durchschnittliche Lebensdauer 45, auf der anderen achtzehn Jahre beträgt. Auf der einen wohnt Dives, auf der anderen Lazarus. Aber da Ersterer nicht für Lesteren besteuert werden will, fallen die Wohnungen der Armen, die nicht von selbst einstürzen (ein sehr häufiger Fall in London) unter den Schlägen von Maurern und Zimmerleuten, die Paläste dafür aufbauen, wo nur Reiche einziehen können.

Das ist im Süden. Ein anderes Beispiel aus dem Often, den Katherine-Docks, wo allein im Laden und Löschen täglich 3000 ver heiratete Männer Beschäftigung finden, wenigstens suchen. (Manchmal werden vier und mehr Tausend, manchmal nicht die Hälfte gebraucht.) Im Ganzen find über 10,000 Menschen für ihr tägliches Brod von diesem Dock allein abhängig. In stiller und Gefrierzeit fallen die Meisten den Armenbehörden anheim, da selten Jemand in bester Zeit mehr verdient, als Lebensunterhalt für den Tag. Wie steht es mit den Krösus', die von dem Schweiße dieser Laufende ihre Millionen vermehren? Sie wohnen nicht in dem Distrikte, der ihnen gleichwohl weit um die Katherine-Docks als Grundeigenthum gehört. Um ihre Dock-Actien nicht zu entwerthen, bekommt Niemand von ihnen Beschäftigung, der auf ihrem Grund und Boden wohnt. So halten sich diese Krösus' frei von der Armensteuer. Die anderen reichen Leute, Schiffseigenthümer und Kaufleute, haben ihre Geschäftshäuser in Distrikten, wo kein Armer eine Wohnung finden kann. So drängen sich die Dockarbeiter in die Gegenden von Spitalsfields, die entsegliche Seidenweber-Armuth, aus welcher nun möglichst viel für die Erhaltung der Dockarbeiter im Winter herausgeschunden werden muß. Leßtere werden, so lange sie irgend etwas haben, wieder für die Seidenweber ausgeweidet. Alle die Reichen, die von dem Schweiße

der Seidenweber und Dockarbeiter leben, wohnen ganz wo anders und find frei von Armensteuer. Scenen der Art, daß in einem Hause der armen Gegenden der Leste, der noch etwas hat, ausgepfändet wird, um die anderen Bewohner desselben Hauses, als Almosenberechtigte, zu unterstüßen und hernach den Ausgepfändeten auch, wenn noch etwas da ist für ihn Scenen der Art find dort alltäglich. Auch daß Mütter ihre Kinder verhungern laffen, um als Ammen die der Reichen zu säugen, daß Väter oder Mütter ihre halbreifen Töchter gewaltsam zur Prostitution auf die Straßen treiben oder zum Diebstahl prügeln — ist nichts Ungewöhnliches. Vergleiche die Details barüber in „, Dives and Lazarus". (Schluß folgt.)

Frankreich.

Korrespondenz Napoleon's I. (Schluß.)

دو

An demselben Tage erließ er folgende Proclamation an das Heer: ,,Soldaten! In vierzehn Tagen habt ihr sechs Siege erfochten, zwei undzwanzig Fahnen, fünfundzwanzig Feldstücke, verschiedene feste Plähe genommen, den reichsten Theil Piemonts crobert; ihr habt 15,000 Gefangene gemacht und über 10,000 Mann theils getödtet, theils verwundet. Früher habt ihr um unfruchtbare Felsen gekämpft, die durch eure Tapferkeit berühmt geworden, für euer Vaterland aber nuglos sind; jezt stehen eure Dienste in gleichem Werthe mit denen der Armeen in Holland und am Rhein. Von Allem entblößt, habt ihr euch Alles verschafft. Ihr habt Schlachten geschlagen ohne Kanonen, Flüsse gekreuzt ohne Brücken, Gewaltmärsche gemacht ohne Schuhe, bivouakirt ohne einen Tropfen in der Feldflasche, oft ohne einen Bissen Brod. Nur republikanische Phalangen, nur Soldaten der Freiheit konnten das ertragen, was ihr ertragen habt. Für Alles wird euch Dank gezollt. Soldaten! Ein dankbares Vaterland schuldet euch seine Wohlfahrt, und wenn ihr als Eroberek Toulons den unsterblichen Feldzug von 1794 verdunkelt habt, so weissagen eure gegenwärtigen Siege noch weit glänzendere. Die beiden Armeen, die ihr neulich mit so ruhmvoller Kühnheit angegriffen habt, sind von euch überwältigt worden, und die Elenden, die euch in eurer Noth verhöhnt und über des Feindes Aussichten auf Sieg gejauchzt haben, stehen beschämt und zittern. Allein, Soldaten, ihr habt noch nichts gethan, so lange es noch für uns Thaten zu thun giebt. Noch ist Mailand, noch ist Turin nicht euer. Noch wird die Asche der Ueberwinder Tarquin's von den Meuchelmördern Basseville's mit Füßen getreten. Beim Beginn des Feldzuges fehlte es euch an Allem, jest seid ihr reichlich versorgt: zahlreiche Magazine sind dem Feinde abgenommen worden; unsere Feld- und Belagerungsstücke sind eingetrof fen. Soldaten! Euer Vaterland erwartet viel von euch; werdet ihr deffen Vertrauen rechtfertigen? Unsere größten Hindernisse sind aller dings überwunden; allein, wir haben noch Schlachten auszufechten, Städte zu nehmen, über Ströme zu sehen. Ist Einer unter euch, dessen Muth erschlafft ift? Ist Einer unter euch, der lieber auf die Gipfel der Apenninen und Alpen zurückkehren möchte, um dort den Hohn der Sklavensöldlinge zu erdulden? Nein, ein Solcher kann nicht unter den Siegern von Montenotte, Millefimo, Dego und Mondovi sein. Ihr Alle glühet, den Ruhm der französischen Nation weit in die Ferne zu tragen; ihr Alle seid begierig, jene stolzen Könige zu demüthigen, die so vermessen sind, zu träumen, daß sie uns in Fesseln schlagen werden; ihr Alle habt das Ziel im Auge, einen ehrenvollen Frieden zu diktiren, der unser Vaterland für die ungeheuren Opfer, die es gebracht, entschädigen soll; ihr Alle wünscht bei der Rückkehr an den heimatlichen Heerd mit Stolz sagen zu können: „Auch ich war bei der erobernden italiänischen Armee!" Freunde, ich verspreche euch diese Eroberung; aber unter Einer Bedingung, die ihr zu halten mir schwören müßt: Achtung vor dem Volke, das ihr zu befreien kommt, daß ihr mir das von Schurken, die durch den Feind dazu aufgereizt werden, verübte gräuliche Räuberwesen unterdrücken helft. Sonst werdet ihr nicht die Befreier, sondern die Geißel der Nation werden; ihr werdet dann nicht der Stolz des französischen Volkes sein, denn es wird euch verleugnen. Eure Siege, euer Muth, eure Erfolge, das Blut eurer in der Schlacht gefallenen Brüder - Alles wird verloren sein; Alles, selbst unsre Ehre, unser Ruhm. Was mich und die Generale, auf die ihr vertraut, betrifft, wir würden erröthen, eine Armee ohne Mannszucht, ohne Selbstzähmung, die kein anderes, als das Gefeß der Stärke erkennt, zu kommandiren; allein mit der Nationalmacht ausgerüstet, bewaffnet mit Recht und Gesez, werde ich den Wenigen, die ohne Herz und ohne ritterlichen Sinn sind, vor den Gefeßen der Gerechtigkeit und Menschlichkeit, die sie mit Füßen getreten, Achtung abnöthigen. Ich werde es nicht dulden, daß diese Räuber eure Lorbeeren besudeln; ich werde es erzwingen, daß die zur Erhaltung der Ordnung vorgeschriebenen Regeln streng nach dem Buchstaben befolgt werden. Plünderer sollen ohue Erbarmen niedergeschoffen werden. Schon Manchen traf dieses Loos. Mit Vergnügen bemerkte ich bei dieser Gelegenheit, wie eifrig die guten Soldaten

unseres Heeres die Befehle ausführten. Völker Italiens! die fran zösische Armee ist gekommen, eure Ketten zu brechen; die französische Nation ist die Freundin aller Nationen; kommt ihr mit Vertrauen entgegen, eure Habe, eure Religion, eure Gebräuche werden geachtet werden. Wir führen Krieg wie großherzige Feinde; wir wünschen aber nur Krieg gegen die Tyrannen, die euch unterdrücken."

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Aber seltsam! Während er diese tugendentflammten Donnerworte gegen die Raubsucht seines Heeres ausströmte, scheint er selbst nach der Beute lüstern gewesen zu sein.,,Vor Allem", schreibt er im Mai 1796 an den Bürger Faypoult, „schicken Sie mir eine Liste der Gemälde, Statuen, Kunstkabinette und Merkwürdigkeiten, die in Mailand, Parma, Piacenza, Modena und Bologna vorhanden sind." Die Ge waltthätigkeiten, über die er sich beklagt, gehörten in eine gemeinere Kategorie und fanden aller Wahrscheinlichkeit nach nur geringe Abhülfe durch die schrecklichen Erempel", die fast bei jeder Haltstelle statuirt wurden. In Tortona waren,,Straßenraub“ und „Plünderung“ der stehende Tert der Klagen.,,Lorbeer" und,,besudelt" kommen faft immer in Verbindung vor. Napoleon selbst handhabte die Verwüstung als rechtmäßiges Werkzeug der Eroberung; so bedroht er in seiner schrecklichen Proclamation an die Mailänder Jeden mit dem Tode, der im Besig von Waffen oder Pulver entdeckt würde. Aber den Soldaten verbot er unablässig das Rauben. Zu Brescia, wo er seinen Grenadieren und Karabiniers für ihre Tapferkeit dankte, tadelte er einige unter ihnen bitter: die durch das Verbrechen des Plünderns ihren bitter:,,die militärischen Charakter entehrt haben". Es sollte, fügte er hinzu, nicht das Geringste von den Einwohnern ohne baare Zahtung genommen werden. Das war allerdings politisch, obgleich das Geld sehr knapp war, und obgleich es den französischen Kolonnen sehr schwer fiel, sich täglich mit einer ausreichenden Mahlzeit zu versehen. Auf dem Glanzpunkt des Feldzuges, als der legte Destereicher aus Italien gejagt war und die Trikolore auf den deutschen Bergen unangefochten flatterte, blieben Napoleon's pindarische Hymnen nicht frei von eingestreuten Rügen.

Die Ausschweifungen der Armeen scheinen Napoleon faft bis zur Verzweiflung erbittert zu haben. Zuweilen vergleicht er sich mit Holagu an der Spiße der Tataren, oder Nadir, welcher der verlöschenden Gluth-Asche Delhi's zuschaut. Von Mailand erließ er einen Tagesbefehl, der an Heftigkeit die früheren weit hinter sich ließ:

"Der General en Chef hat in Erfahrung gebracht, daß trog seinen wiederholten Befehlen die Armee beim Plündern beharrt, und daß den friedlichen Einwohnern die Häuser ausgeraubt und verwüstet werden. Diese schändliche Anfführung Einzelner, die über das Heer Gefahr und Schande bringen, veranlaßt den General, ohne Verzug so strenge Maßregeln anzuwenden, wie sie ihm zur Aufrechthaltung der öffentlichen Ordnung nothwendig erscheinen. Demgemäß befiehlt er: Die Divisions- und Brigarde-Generale sind bei eigener Vertretung gehalten, jeden Soldaten, welchen Ranges auch, und jede Person im Gefolge der Armee, der oder die auf einem Plünderungs-Akt ertappt wird, verhaften, nach Kriegesrecht aburtheilen und in Gegenwart ihrer versammelten Truppen erschießen zu lassen. Die Corps-Kommandanten und Compagnie-Führer haben die Aufführung ihrer Untergeordneten auf dem Marsch, im Lager, in den Cantonnements zu überwachen und jeden Soldaten ohne Ausnahme zu verhaften, welcher der Plünderung bezüchtigt oder beim Diebstahl ertappt wird. Da nun eine Fahrlässigkeit ihrerseits die Armee bloßstellen könnte, so erklärt der General en Chef hiermit, daß er jeden Commandeur und Offizier, der seine Schuldigkeit in dieser Hinsicht nicht gethan hat, einem Kriegsgericht übergeben wird... Die Armee soll wissen, daß Mannszucht, Weisheit und Achtung vor dem Eigenthum die Stüßen des Sieges sind; daß Plünderung und Diebstahl nur von Feiglingen begangen werden; daß solche Menschen unwürdig sind, in den republikanischen Reihen zu dieneu; daß sie gegen die Ehre ihrer Kriegsgenossen verschworen sind; daß sie kein anderes Ziel haben, als die durch so viel Muth und Standhaftigkeit errungenen Lorbeern mit ihrem Gifthauch zu beflecken. Soldaten, Patrioten, Republikaner, ergreift diese Schurken, überliefert sie dem Schwert des Gefeßes! Ihr rettet damit die Ehre der Armee, ihr sichert damit die Triumphe eurer Waffen: ihr erwerbt euch den doppelten Anspruch auf die öffent liche Dankbarkeit, indem ihr einstimmig Krieg erklärt den Trabanten des Despotismus und den unmoralischen Parteigängern der Unordnung und des Raubes".

Der Nachdruck dieser Sprache zeugt von der Größe des Uebels. Da der Krieg sich durch sich selbst ernährte, so drang die Armee vorwärts, „schrecklich, wie das Feuer des Himmels“, nach der Lieblingssprache Napoleon's, die in der Korrespondenz bei jedem Anlaß auftaucht. Zu Tortona bildete der gewaltige General gleichsam einen Mittelpunkt, von dem flammende Drohungen, blißende Proclamationen nach allen Richtungen der Windrose zuckten. 3. B. an den Gouverneur von Alessandria: „Ich verlange die sofortige firenge Bestrafung dieser Soldaten" die mißvergnügte Garnison von Serravalle war

gemeint. An die Kriegskommission:,,Der Grundherr von Arquata und seine Frau haben sich von ihren verrätherischen Instinkten leiten Laffen. Ich fordere die Kriegskommission auf, die Untersuchung gegen fie nach dem Kriegesgeseß zu eröffnen". An die Tyroler: „Allen, die zu den Waffen greifen und uns als Feinde behandeln, werden wir schrecklich sein, wie des Himmels Feuer: wir werden ihre Häuser verbrennen und ihre Dörfer zerstören". An General Berthier:,,Sperren Sie alle Glieder des Gemeinderaths von Bosco ein. Sagen Sie ihnen durch unseren General-Adjutanten, daß, wenn sie nicht die Meuchler in der Gemeinde ausliefern und auf dem Fleck eine Liste von mindestens zehn Namen anfertigen, ich sie sammt und sonders niederschießen lasse". An die Leute auf den kaiserlichen Domainen: Wer, achtundvierzig Stunden nach Bekanntmachung dieses Befehls, mit den Waffen in der Hand ergriffen wird, wird erschossen". An den Senat von Genua:,,Ganze Dörfer und Städte, worin ein einziger Franzose getödtet wird, werde ich abbrennen lassen. . . . Der Leichnam eines einzigen ermordeten Franzosen wird Unheil über ganze Gemeinden bringen". Gewiß mögen auch beherzte Männer im nördlichen Italien gezagt haben, als Bonaparte zu Tortona drohte, die "Scrivia mit Blut zu röthen und die Wasser des stolzen Genua mit anderem als Tyrischem Purpur zu färben". Aber den merkwürdigsten Gegensaß bildet es, wenn Napoleon dort die überwundenen Völker in solchem Tone bedroht und hier seine Armee zur Mäßigung und Menschlichkeit ermahnt. Welches Vorbild für den Soldaten in dem Oberhaupte, das auf folgende Weise Krieg führt:

,,Am Tage nach dem Gefecht bei Borghetto verließ ich diesen Play und begab mich nach Tortona; ich verhaftete die GemeindeVorstände von sieben bis acht Dörfern, den anerkanntesten Höhlen des Meuchelmordes. Ich ließ sie einsperren und ihnen sagen, daß, wenn ich nicht innerhalb einer Viertelstunde eine Liste der Meuchelmörder in ihren Dörfern habe, ich sie alle erschießen lasse. Schnell genug war ich im Besiß eines namenreichen Katalogs. Auf der Stelle ließ ich eine Kolonne unter dem Befehl des General-Adjutanten Leclerc aus rücken. Zwei Stunden darauf war jedes Dorf umstellt, und vor Abend wurden die angeklagten Mörder vor ihren Häusern erschossen. Den nächsten Tag marschirte der Brigadier Launcey nach dem Dorfe Arquata und legte es in Asche".

Unter den Briefen von allgemeinerem Interesse sind zwei besonders merkwürdig. Folgender ist an die vollziehende Abtheilung des Direktoriums unterm 14. August 1796 gerichtet:

,,Es dünkt mich von Nuzen, Bürger Direktoren, Ihnen über die in der Armee (damals zu Brescia im Standquartier) angestellten Generale meine Meinung vorzulegen. Sie werden bemerken, daß Sie werden bemerken, daß nur wenige mir große Dienste leisten können. Berthier: Talente, Thätigkeit, Muth, Charakter. Augereau: viel Charakter, Muth, Festigkeit, Thätigkeit; mit dem Kriege vertraut, beliebt im Heere, glücklich in seinen Operationen. Massena: thätig, unermüdlich, ungestüm, hat schnellen Blick und ist rasch entschlossen. Serrurier: ficht wie ein gemeiner Soldat; übernimmt keine Verantwortlichkeit, hat keine hinlänglich gute Meinung von seinen Truppen, ist kränklich. Despinoy: sanft, ohne Thätigkeit, ohne Kühnheit, ist nicht für den Krieg geschaffen, unbeliebt bei den Soldaten, macht keinen Gebrauch von seinem Kopf; hat einigen Stolz, Geist, gesunde politische Ansichten, gut im Kabinet zu gebrauchen. Sauret: ein guter, sehr guter Soldat, kaum ausreichender Verstand zu einem General, hat selten Glück. Abbatucci: nicht im Stande, funfzig Mann zu kommandiren. Gar-, nier, Meunier, Casabianca: untüchtig, ein Bataillon zu befehligen in einem so kampfheischenden und wichtigen Kriege wie dieser. Maquart: brav, ohne Talente, aber lebhaften Geistes. Gaultier: gut im Büreau, versteht nichts vom Kriege."

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Der andere Brief ist von Verona an Carnot in Paris gerichtet: Einer meiner Brüder, von der Kriegeskommission zu Marseille, hat Paris ohne Urlaub besucht. Dieser junge Mann, obgleich von einigem Charakter, ist sehr querköpfig; er hatte all seine Lebtage eine Leidenschaft, sich in die Politik zu mischen. Zu einer Zeit, wo so viele Personen es eifrig darauf anlegen, mich zu kränken, wo Intriguen jeglicher Art spielen, Gerüchte in Umlauf zu sehen, die eben so blödsinnig, wie grundschlecht sind, bitte ich Sie um den wesentlichen Dienst, ihm zu befehlen, daß er binnen vierundzwanzig Stunden zur Armee zurückkehre. Ich wünschte ihn bei der Nord-Armee..... Gäbe es in Frankreich einen einzigen ehrlichen und glaubwürdgen Mann, der meine politischen Absichten verdächtigt und Zweifel in mein Betragen seßt, so will ich auf der Stelle selbst dem Glück entsagen, meinem Vaterlande zu dienen. Zwei oder drei Monate Zurück gezogenheit werden den Neid beschwichtigen, meine Gesundheit wieder Herstellen und mich in die Lage sehen, mit mehr Vortheil einen Poften einzunehmen, den mir die Regierung anzuvertrauen für gut fände".

Durch die ganze Sammlung sieht man den großen Abenteurer mit übermenschlicher Arbeit, unter mannigfaltigen Widerwärtigkeiten die französische Armee zu einem Schwerte schmieden und deffen Griff

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seiner Faust anpassen. Durch unbeugsame Strenge der Stern der
Ehrenlegion schimmerte noch wie umnebelt über den Kriegs-Artikeln
zu Prätorianern geschult, waren die Eroberer Italiens darauf ab-
gerichtet, ihrem General zuerst im Lager und dann in der Hauptstadt
das Vivat Imperator! zuzujauchzen.")

Der Donatische Komet.

In der Sigung der Pariser Akademie der Wissenschaften vom 11. Oktober theilte Herr Chacornac, ein Aftronom, der sich durch die Auffindung mehrerer Asteroiden-Planeten und andere Arbeiten einen Namen gemacht, durch Vermittelung des Herrn Le Verrier, folgende Zusammenstellung der Beobachtungen mit, die er über den Donatischen Kometen im Laufe von vier Wochen angestellt.

Am 11. September fing Herr Chacornac an, den Kometen zu beobachten, und zwar mit dem großen Aequatorial-Fernrohre der Herren Secretan und Eichens, indem er die Vergrößerungen von 60 bis 770 mal anwandte. Der Kern des Sternes erschien bei der schwächsten Vergrößerung rund und sehr hell. Der Dunstkreis, der ihn einhüllte, hatte einen schwachen Schimmer, und der Kern löste sich davon ab wie eine Planetenscheibe. In dem Maße, als man an dem Fernrohre stärkere Vergrößerungen vornahm, änderte fich dieser Anblick. Eine anfangs schwache Nebelha Digkeit, verstärkte sich nach und nach bis zu dem Punkte, daß mit der Vergrößerung von 770 mal der Kern des Kometen wie ein Nebel erschien, der nur in der Mitte eine Verdichtung der Materie zeigte.

Bei unbewehrtem Auge erschien der Kern von einem Glanze, der mindestens dem der hellsten Sterne im Schwanze des großen Bären gleichkam. Photometrische Vergleichungen haben gezeigt, daß die hellste Stelle des Kernes, bei der schwächsten Vergrößerung gesehen, dennoch eine geringere Helligkeit hatte, als der Stern v im großen Bären. An demselben Tage bot der Komet keine abschäzbaren Spuren von Polarisation.

Der Dunstkreis, welcher den Kometen umgab, bot nichts Merkwürdiges; er erstreckte sich gleichmäßig von einem Ende zum anderen, ohne scharf ausgesprochene Unterschiede der Helligkeit zu zeigen, indem sein schwaches Licht stufenweise mit dem dunklen Grunde des Himmels zusammenfloß, ohne bestimmte Abfäße zu machen.

Am 11. September bot der Komet nichts Besonderes. Sein Kern, heller, als den Abend vorher, hatte dasselbe Aussehen. Er ist photometrisch mit dem Lichte seiner Dunsthülle verglichen worden. Der Theil südlich von dem legeren wurde glänzender befunden als der nördlich davon; feine Total-Intensität war ein sehr geringer Bruchtheil der Lichtstärke des Kernes.

Am 13. September wurde der Glanz des Kernes mit dem eines Sternes von siebenter bis achter Größe verglichen, ebenso die Lichtstärken der Dunsthülle und des Kernes.

Am 14. September zeigten ähnliche Beobachtungen, daß das Licht des südlichen Theiles der Dunsthülle fortdauernd heller blieb, als das des nördlichen. Der Komet, in dem großen, von jedem Okular befreiten Rohre mit einem Polariskop von Savart betrachtet, zeigte Spuren von Polarisation, die aber nur in dem Theile des Schweifes, der dem Kerne zunächst war, bemerkbar wurden.

Am 19. September hat sich der Anblick des Kometen etwas verändert; das Licht seiner Dunsthülle ist stärker geworden an seinen Nord- und Südtheilen, wobei die leßteren noch immer den Vorrang behaupten. Der Kern bot einen klareren Durchmesser und erschien, selbst bei den schwächsten Vergrößerungen, von einer kleinen Nebelhaftigkeit umgeben, die merklich ausgedehnter war in der dem Schweife entgegengesezten Richtung. Bei der Vergrößerung von 770 mal verlor der Kern nicht mehr so vollständig sein planetenhaftes Ansehn. Der Kern nahm nicht die Mitte der Dunsthülle ein; er war näher am Nordende als am Südende; dennoch waren die Umrisse derselben allzu unbestimmt, als daß man den Unterschied hätte meffen können. Der hellste Theil des Kernes wurde photographisch mit dem hellsten Sterne in der Constellation der Windhunde verglichen und wurde etwa als gleich am Glanze mit dem schwächsten der beiden Sterne gefunden, welche dieses Doppelgestirn ausmachen. Dann wurde der Glanz des Kernes mit dem seiner Dunsthülle und namentlich mit dem weniger hellen Theile verglichen, der sich in der Achse des Schweifes befand. Endlich wurde der Komet mit dem Fernrohre und dem Polariskop zugleich betrachtet; die Menge polarisirten Lichtes war zu schwach, um durch die Vorrichtung genau bestimmt zu werden.

Am 23. September erschien der Kern von drei konzentrischen

*) Den demoralisirten Zustand der französischen Heere beim Ausbruch der Revolutionskriege (wo nicht weniger als 260,000 Namen von Offizieren gene auch auf das anschaulichte der fürzlich erschienene dritte Band (erste Abund Unteroffizieren auf den Besoldungslisten figurirten) schildert übri theilung) von H. Sybel's,,Geschichte der Revolutionszeit von 1789-1795"

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