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Linie ftellt er die Besorgniß auf, als trete man mi man mit dem Verlangen In den Sultan, Chrift zu werden, der Gewissensfreiheit deffelben und einer muhammedanischen Unterthanen zu nahe. Diesen Lesteren, neint nun aber der Berfaffer, bliebe unter allen Umständen freigestellt, vas sie thun oder laffen wollten;") was dagegen den Sultan felbft anlangt, so legt Ersterer hauptsächlich darauf ein Gewicht, daß es Sekannt sei, wie indifferent Lesterer über Glauben und Glaubens Ueberzeugungen denke, und daß er nicht einmal ben Schein beanspruche, als sei er von der Ueberzeugung der Vortrefflichkeit des Islam durch rungen. In Betreff der Frage, zu welcher christlichen Kirche, zur morgenländischen, römisch-katholischen oder protestantischen der Sultan ich bekennen soll? erklärt sich der Versaffer in folgender Weise:

,,Abdul-Medschio der das Christenthum nur in der Absicht annähme, um von deffen toleranten Grundsägen Nugen zu ziehen, die sich gleichmäßig in einer jeden christlichen Gemeinschaft finden,) Fönnte wenigstens scheinbar das Recht beanspruchen, seine Gewissensfreiheit nicht über die Gränzen der Nothwendigkeit hinaus sich knechten zu lassen. Indem er sich zum Christenthume bekennt, könnte er für Teine Person zu derjenigen christlichen Gemeinschaft sich halten, die er für sich vorziehen würde. Er hätte, wie jeder Audere, das Recht, orientalischer oder römisch-katholischer, protestantischer, anglikanischer oder presbyterianischer Christ zu sein, je nach der Eingebung seines Gewissens oder seiner Interessen, und diese Befugniß bliebe ebenso auch seinen Nachfolgern, wie den Gliedern seiner Familie, vorbehalten. ***)

Diese Toleranz, die dem Geiste des Jahrhunderts und den Grund Jäsen des Christenthums so eigenthümlich ist, würde wahrscheinlich da hin führen, daß die christlichen Souveraine in den Besig eines der Tostbarsten Rechte wieder eingesetzt werden, das Gott einem jeden Menschen bei seiner Geburt bestimmt hat, welches jedoch die Leiden schaften und der Fanatismus einer, großen Zahl sogenannter freier Menschen, namentlich den gekrönten Häuptern, entzogen haben.

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Der Sultan, wenn er nun Christ geworden wäre, könnte selbst den Titel: Aller-tolerantester, Kaiser" annehmen, ein Titel, der unendlich schöner und angemessener für einen Souverain wäre, als andere, wenig christliche und sinnlose Titel, womit die Barbarei frü herer Zeiten seine Kollegen umhüllt hat.”

Durch solchen muthigen Vorgang würde der aller-toleranteste Kaiser" von Byzanz den Ruhm haben, der Wiederhersteller des Orients zu werden, und er würde vielleicht auch durch sein Beispiel der christlichen Gesellschaft einen doppelten ausgezeichneten Dienst erweisen können; erstens: das Gewissen ihrer Herrscher, das durch alle Einrichtungen, in Widerspruch mit der Vernunft und mit der wahren. Religion in unwürdiger Weise gefesselt ist, von diesen Fesseln zu befreien, und dann, sie zur Ablegung der, mit den Pflichten eines Souverains unverträglichen Titel zu veranlassen, die das Evangelium entschieden verdammt."

Auch auf eine andere, nur in der Einbildung begründete Schwierig keit, welche vielleicht die Westmächte abhalten könnte, die vollkommene Christianisirung des byzantinischen Reiches zu verlangen, kommt der Verfasser noch besonders zu sprechen, nämlich auf die Besorgniß, daß, das byzantinische Reich, wenn es nun wirklich ein ganz chriftliches geworden sein würde, unter den ausschließlichen Einfluß Rußlands fallen könne. Indeß laffen wir das, was er dagegen vorbringt, ganz bei Seite und beschränken uns hier auf eine Mittheilung, welche wir in dem Reisebuche Ludw. Aug. Frankl's: „Nach Jerusalem" (Leipzig, 1858), Erster Theil, S. 50, finden, wonach ein geistreicher Publizist in Athen, der Grieche Levidis, Herausgeber der Zeitschrift: Elnis, zu Frankl im Frühjahr 1856 einmal fagte: „Europa irrt sich, wenn es glaubt, daß die Griechen russische Sympathieen haben, wenn sie auch durch gleiche religiöse Anschauungen mit ihnen verbunden find. Die Griechen sind russisch, weil Rußland der Feind der Türken ift. So tief wurzelnd ist aber der Türkenhaß in jedem Griechenherzen, daß es mit jeder Nation der Erde sympathifiren wird, welche das Schwert erhebt, um den Türken zu schlagen." Das ist wohl auch die Ansicht eines jeden aufgeklärten, patriotischen und unbefangenen Griechen.

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aire Der Verfasser geht dabei von den nach seiner Meinung augs gemachten Säßen aus: pas einzige Mittel, bas byzantinische Reich (nämlich byzantinisch ex tung, osmanisch aber ex nune!) sau einem durch und durch christlichen Staate zu machen, was die christlichen Mächte thatsächlich wollen, ist kein anderes, als daß der Sultan, zume Christenthume sich bekennt, indem er auch nur dann das Glück feiner Völker begründen kann und hoffen darf, feiner Dynastie den Thron zu sichern; hei dieser Handlung der Weisheit und Klugheit ist, weber die Würde seiner Familie, noch der Ruhm seines Namens, weder seine persönliche Ehre, noch die Freiheit seines Gewissens, sub ebens sowenig sind die wahren Zutereffen der muhammedanischen Völker gefährdet; die Durchführung dieser Aenderung kann die Schwierigkeiten nicht finden, die kurzfichtige Gemüther erheben, vielmehr wird ein fester Entschluß über alle Hindernisse leicht den Sieg davontragen. Der Verfaffer hält es daher eigentlich nicht für glaublich, daß der Sultan das verweigern fönne, was von ihm perlangt wird; aber er hält es doch für möglich. how we ervdor? the dusted adnie rod m Für diesen möglichen Fall ist er ohne Weiteres der Meinung, daß man dem Sultan einen Stellvertreter sehen, d, einen Nachs b folger geben und daß man in ähnlicher Weise verfahren müffe, wie früher bei Errichtung des Königreichs Belgien und des Königreichs Griechenland. Könne man aus den fürstlichen Familien Europa's einen, geeigneten Souverain zum Herrscher des byzantinischen Reiches nicht finden, so wäre es das zweckmäßigste Mittel, diese ganze Frage in der Weise zu entscheiden, daß man den gegenwärtigen König von Griechenland auf den Thron von Konstantinopel fest, um so zweckmäßiger, da,,dieser Zweig des byzantinischen Reiches, den man treu Loser Weise (déloyalement) von der orientalischen Einheit losgeriffen hat, früher oder später an seinen legitimen und natürlichen Stamm wieder anwachsen muß."

Auf das Weitere, was der Verfasser in dieser Hinsicht für seinen Vorschlag zu Gunsten des Königs von Griechenland vorbringt, gehen. wir nicht ein: opinionum commenta delet dies! Wir haben auch nur im Allgemeinen den Ideengang des Herrn Pißipios - Bey darlegen wollen, und eine Kritik desselben, in Bezug auf das, was den Kern des Buches ausmacht, sowie auf deffen Entwickelung (im Sinne des Lateinischen enucleare), hat uns selbst nicht in den Sinn kommen können. Wir würden uns dann, andere Fragen im Einzelnen absichtlich offen und dahingestellt sein, laffend, auf die einzige Gegenkritik beschränken, daß Sultan Abdul - Medschid fein Konstantin der Große ist!

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Nord-Amerika.

Die erste Zeitung auf Vancouver's Insel.

Unter den Laufenden von Kaliforniern, welche die Kunde, von den neuentdeckten Goldregionen nach Vancouver's Insel und dem Frasers River gezogen hat, befanden sich, wie es scheint, auch einige Publizisten, die nichts Eiligeres zu thun hatten, als eine Zeitung her-: auszugeben, woran es in jenen Gegenden noch fehlte. Da von Cautionen und Konzeffionen dort keine Rede ist, so war das Unternehmen mit keiner besonderen Schwierigkeit verknüpft; nur der Name, unter welchem dieser jüngste Sproß der amerikanischen Journalistik getauft werden sollte, verursachte seinen Gründern einiges Kopfbrechen; zuerst sollte er The Anglo-American heißen, endlich aber entschloß man sich, ihm den Titel der Victoria Gazette zu verleihen, Das Blattsoll wöchentlich zweimal erscheinen; die beiden ersten Nummern wurben am 26. und 30. Juni d. I. ausgegeben und führen uns die Zuflände recht lebhaft vor die Augen, welche die auri sacra fames in einem solchen noch halbwilden, jest plöglich von Schaaren beutelustiger Abenteurer überschwemmten Lande hervorruft.mat&#

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Von dem Lokal, in welchem das Blatt publizirt wird, entwirft der Redacteur folgende drastische Schilderung: Die gegenwärtige Nummer der Victoria Gazette reift der Deffentlichkeit in einem Gemache entgegen, das sich mehr durch Räumlichkeit als durch Comfort auszeichnet. Seine Wände sind mit zahllosen Rigen ausgestattet, durch welche der Wind die Keime von katarrhalischen und LuftröhrenKrankheiten mit unparteiischer Hand unter Redacteure, Verleger und Typographen ausstreut. Der Fußboden hat einen etwas wackeligen Charakter, und die Erschütterung, die ihm jeder Vorübergehende mittheilt, verwandelt unsere Schriftzeichen in Hieroglyphen, deren Ent *) Wie aber foll denn der Sultan, wenn er Christ geworden in, mit dem differung Champollion, wenn er zu unseren Segern gehörte, nur schwer ist, mit'd Fanatismus seiner Moslentin gebliebenen Unterthanen fertig werben?"D. Gzu Stande bringen könnte. Den Individuen, welche in dem Lotale

In einem besonderen Kapitel behandelt der Verfaffer noch die Frage:,,Was hat man zu thun, wenn der Sultan fich weigert, Christ zu werden?" Auch hier wird man begierig sein, die Antwort darauf kennen zu lernen.

E..

**) Auch in der römisch-katholischen Kirche mit ihrer intoleranten Reger verfolgung, Proselytenmacherei u. s. w., mit ihrer Herrschsucht gegen andere christliche Kirchen? .. D. G. ***) Hier möchte denn doch die kurze Bemerkung an ihrem Blaze sein, daß dies zu einem diplomatischen Intriguenspiele, wenigstens in Ansehung des Sultans und dessen Nachfolger, führen müßte. Das gäbe ein wahres Wespen nest; und welche geheimen und offenen Kämpfe auf Seite des päpstlichen Roms, das überall die Sonne sein will, und das Anderen nur gestattet, der Mond zu sein, namentlich gegen die morgenländische Kirche!!

D. E.

ein und ausgehen, lauern große und kleine Höhlen auf, welche mit den Schienbeinen der Betreffenden schon in ernsten Konflikt gekommen find. Das Schreibepult des Redacteurs besteht aus einem Ballen Druckpapier, auf einem ledernen Koffer ruhend, der mit jeder Handbewegung des Schreibenden hin und herrutscht; sein Lehnstuhl ist. eine chinesische Truhe, deren Oberfläche auf gleichem Niveau mit dem Pult sein würde, wäre diesem Uebelstande nicht durch den glänzenden

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Einfall abgeholfen worden, die Höhe des Testeren burch die erwähnte papierne Vorrichtung zu vergrößern. Die genialen Ideen, die dem Geifte des bevorzugten Sterblichen entströmen, der unter so günstigen Umständen arbeitet, würden von ihm viel leichter zu Papier gebracht werden können, wenn er nicht genöthigt wäre, Exemplare feiner Zei tung zu verabreichen, die ihm mitgetheilten Notizen in Empfang zu nehmen und anberufene Gäste aus dem Lokal hinauszuspediren, während er seine gelehrten Lucubrationen niederschreibt. Zwei ungeheure Kamine bienen zum Schmuck unseres Redactionszimmers. Diese Zierrathen, die man auf das zweckmäßigste konftruirt hat, um nicht allein allen Rauch, sondern auch alle Hiße den Schornstein hinauf zu befördern, find ebensowenig feuersgefährlich, wie fie dazu beitragen, den stürmischen Boreas fern zu halten, der den gegenwärtigen Infaffen des von uns geschilderten Totals den Befiß deffelben ftreitig macht. Es war unsere Absicht, diese Feuerungsverzehrer aus einem Haufen Nüzholz, der der Hudsons-Bai-Compagnie gehört und sich in der Nähe befand, mit Nahrung zu versehen; da aber die Seßer ihn statt eines Lisches gebrauchten, so waren wir fürs erste außer Stande, zu diesem (für uns) so ökonomischen Mittel Zuflucht zu neh men. Auch ist es möglich, daß die erwähnte Gesellschaft mit der Bestimmung, die wir ihrem Eigenthume geben wollten, nicht ganz einverstanden sein würde, und obgleich wir solche Bedenklichkeiten in unserer Lage für sehr überflüssig halten, so können wir uns ihrer doch nicht ganz entschlägen. Die Annehmlichkeiten der Rebactions-Thätig keit, in deren Genasse wir jeßt fchwelgen, werden durch die lieblichen Töne des Holzfägens, Nägel-Einschlagens u. f. w. vermehrt, und gelegentlich erhebt und stärkt den Journalisten die Ankunft einer Prozeffion von Indianern, die fein Arbeitslokal umringen und feine Thaten mit jenem Ausdruck der Intelligenz angloßen, der die Physiog nomieen der geiftvollen Race charakterisirt, deren Vertreter fie find. Unsere Leser werden einsehen, daß es unter solchen Auspizien eine wahre Kleinigkeit ist, ein intereffantes Zeitungsblatt zusammenzustellen." Die Gazette bemüht sich alsdann, die orthographischen Schnißer zu rektifiziren, deren sich ihre kalifornischen Kollegen in Bezug auf den Namen des Goldfluffes schuldig machen. Einige schreiben ihn Frazer's, andere Frazier's, noch andere Fraser's River; die korrekte Lesart ist aber Fraser-River, ohne angelsächsischen Genitiv, nach dem Entdecker des Fluffes, einem schottischen Gentleman, der fich dermalen in Kanada aufhält. Wir erfahren auch, daß in Geldfachen das Dezimal-System fast allgemein in Victoria vorherrscht, und daß amerikanische Dollars und Cents die englische Münzenbenennung aus diesem Theil des britischen Gebietes vollständig verdrängt haben.

,,Bis jeßt", heißt es ferner,,,haben wir in Victoria noch keinen einzigen Chinesen gesehen, obwohl es bekannt ist, daß eine kleine Anzahl von Eingebornen des blumichten Reiches sich an dem Fraser-RiverErobus aus Kalifornien betheiligt hat. Nach einem Schilde, das sich in unseren Straßen breit macht, dürfte man jedoch schließen, daß sich einige von diesen Herren unter uns befinden, indem es die wohlklingende und verständliche Inschrift:,,, Chang Tsoo" trägt. Ohne Zweifel können wir bald der Vermehrung unseres geselligen Vokabulariums durch die wohlbekannte Frage: Wantee washee? (d. h. wün schen Sie Ihr Zeug waschen zu laffen) entgegensehen. NB. Seitdem Obiges geschrieben wurde, ist ein Trupp Himmlischer von dem Dampfer,,Oregon" ans Land gesezt worden und hat sich in der Nähe des besagten Schildes gelagert. Ob sie ihre Thatkraft dem Waschen des Goldes oder der Kleidungsstücke zuzuwenden beabsichtigen, ist ein Punkt, über welchen wir noch keine zuverläffige Auskunft erlangt haben, in Betreff dessen wir aber unseren Lesern so frühe Mittheilung werden zukommen lassen, als es die inhaltsschwere Wichtigkeit des Gegenstandes erfordert."

,,In Beantwortung zahlreicher Anfragen, die man hinsichtlich der kommerziellen Verhältniffe dieses Hafens an uns gerichtet, haben wir Folgendes zu sagen: 1) Victoria ift gegenwärtig, was den Zoll auf eingeführte Kaufmannsgüter anlangt, ein Freihafen. Es finder fich hier keine von den Beschränkungen, denen der Handel im Innern des Territoriums unterliegt. Da der Verkehr mit den Goldgräbern eher den Charakter eines en gros- als eines Detail-Handels hat, so glauben wir, daß sogar für ausgedehntere Unternehmungen fich vor theilhafte Gelegenheiten darbieten. Natürlich bezieht sich dieses Urtheil nur auf den augenblicklichen Zustand des Marktes. 2) Bisher exiftiren hier noch keine Auflagen oder Gewerbesteuern, mit Ausnahme der jenigen, welche die Händler in Malz- oder spirituosen Getränken zu entrichten haben. Ein Gewerbeschein für den Bierschank kostet jährlich 240 Dollars, für alle anderen Getränke 276 Dollars, praenumerando gezahlt. Wer Spirituosen im Großen verkauft, muß 480 Dollars für einen Gewerbefchein ablegen. 3) Für viele untergeordnete Zweige des Handelsverkehrs eröffnen sich gute Aussichten. Tüchtige Handwerker und Mechaniker werden gesucht“ u. f. w.

Zum Schluß noch einige Strophen aus einem Gedicht, das d erstes Produft der Mufe des Vancouver-Eilandes unser literariée Intereffe in Anspruch nimmt. Es beschreibt die allgemeine Aufregm, welche die Entdeckung des neuen Eldorado unter den alten Goldsutu in Kalifornien hervorbrachte. Last Sunday, on my winding way To learn the topics of the day, All sounds, all voices seemed to say, Fraser river.

دو

At each saloon the glasses rung;
The revellers, a little sprung,
Toasted, hiccupped, laughed, and sung,
Fraser river.

The merchant, with his door half closed,
To show his wares were not exposed
For sale, kept muttering as he dozed,
Fraser river.

I hastened up the mountain steep;
The quartz mills all had gone to sleep;
The winds were whispering low and deep,
Fraser river.

I gave it up, and homeward bent;
The waters murmured as I went,
Go, editor with trowsers rent,

To Fraser river."

Mannigfaltiges.

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Luigi Tosti. Von dem Verfasser der Geschichte des Koftniger Konzils (,,Storia del Concilio di Costanza”), dem als diametralen Gegner Carlo Troya's bekannten gelehrten Benediktiner vom Monte Caffino, Luigi Tofti, ist kürzlich eine „Geschichte des Ursprunges der griechischen Kirche“ erschienen.") Der Verfasser, ein eifriger Vertheidiger des Papftthumes, auch in dessen anerkannteften Ausschreitungen, läßt sich zuweilen von seiner südlichen Phantasie hinreißen, mehr zu thun, als der über den Parteien stehende Geschicht schreiber zu thun berechtigt ist. So machte er es sich in seinem ältam Werke zur Aufgabe, die mittelalterliche Scholaftik wegen ihrer Va folgungen Abälard's in Schuß zu nehmen, das Konzil von Kostnih wegen seiner Verurtheilung von Huß, wenn auch nicht zu rechtfertigen, ho doch zu entschuldigen und selbst den Papst Alexander III. in einem fehr milden Lichte darzustellen. In seinem neuen Werke bemüht er sich, die Verderbniß und die ehrgeizige Rivalität des griechischen | Episkopates als einzigen, bewegenden Grund der Trennung der orienkalischen von der römischen Kirche erscheinen zu lassen, während er die Geistlichkeit der leßteren von jeder Schuld an dem Schisma, die ihr von anderen Geschichtschreibern beigemessen wird, freispricht. Italiänische Blätter selbst urtheilen über den Verfaffer folgender. maßen: „Tosti ist ein in der Schule der alten Kirchenväter erzogener Theolog, der, gewohnt, in ihrer beredten und leidenschaftlichen Beife die Geschichte aufzufaffen, auch in seinen Darstellungen diese Eloquenz und Leidenschaft allzusehr vorwalten läßt. In seinem Eifer, eine von ihm als gerecht erkannte Sache auch in ihren Irrthümern zu vers theidigen, geht er mitunter so weit, daß der Leser, dem dies nicht entgeht, sich versucht fühlt, diese Sache, auch wo sie anerkannt in St Recht und in der Wahrheit ist, für schlecht zu halten."

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Ein Bruder Napoleon's III. Das Londoner Athenaeum bringt nach den im Jahre 1836 erschienenen Napoleonischen Memoiren D der Herzogin von Abrantes die nachstehende Anekdote: „Am 5. Juni! W 1806 war Prinz Ludwig Bonaparte (Bruder Napoleon's 1.) als d König von Holland proklamirt worden. Holland sandte bei dieser dr Gelegenheit eine Deputation nach St. Cloud, wo fie vom Kaiser sehr gnädig empfangen wurde. Napoleon stellte der Deputation seinen br | kleinen Neffen, den Sohn des neuen Königs von Holland, vor, Au welchen er aufforderte, der Gesandtschaft eine Artigkeit zu erweisen. nic Der fünf Jahre alte Prinz glaubte, diese Artigkeit nicht besser an den Tag legen zu können, als indem er der Deputation dasjenige Gedicht, welches er zuleßt auswendig gelernt hatte, vordeklamirte. Nun war aber dieses Gedicht kein anderes, als die bekannte Fabel von Lafontaine: „Die Frösche, die von Jupiter einen König verlangen” Es läßt sich leicht denken, wie angenehm die holländischen Deputirta von diefer Declamation überrascht waren. Dem Kaiser machte diese Geschichte sehr vielen Spaß, und er schüttelte sich förmlich vor Lachen." Das Athenaeum meint, der kleine Deklamator fei Na poleon III. selbst gewesen, Leßterer ward jedoch erst im Jahre 1808 geboren. Der von der Herzogin von Abrantes gemeinte Prinz müßte daher des jeßigen Kaisers ältester Brüder, Napoleon Louis Charles, gewesen sein, der übrigens 1806 erst drei Jahr alt war und schon am 5. März 1807 starb. 1.

*),, Storia dell' origine dello Scisma greco". 2 vol. Firenze, Lemonnier, 1858.

Wöchentlich erscheinen 3 Nummern. Breis jährlich 3 Thlr. 10 Sgt., balbfährlich 1 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 112.

für die

Literatur des

Frankreich.

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Auslandes.

Berlin, Sonnabend den 18. September.

Denkwürdigkeiten des Grafen Miot_de_Melito.*) Graf Miot de Melito war ein französischer Staatsbeamter, der den Bourbons, den Männern der Republik und dem ersten Napoleon mit gleicher Treue diente, von ihnen Allen bevorzugt wurde und sie Alle verachtete. Während der Zwischenräume seiner offiziellen Thätigfeit füllte er fein Tagebuch mit Skizzen und Bemerkungen, die nicht immer sehr wichtig oder lehrreich sind, aber namentlich über die Napoleonischen Zeiten so pikante Enthüllungen enthalten, daß sie dem Schwiegersohn des Grafen, und Herausgeber seiner Memoiren, dem württembergischen General v. Fleischmann, eine Herausforderung von Seiten eines kaiserlichen französischen Prinzen und „, ancien représentant du peuple" zuzogen, welche ihrerseits einen interessanten Beitrag zur Charakteristik des Neu-Napoleonismus bildet.

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Graf Miot wurde in Versailles geboren und trat früh unter seinem Vater, einem höheren Militairbeamten, beim Kriegsministerium in Dienst. Im Lager von Saint-Omer war er zuerst Zeuge von dem revolutionairen Geist, der sogar die königliche Armee angesteckt hatte. Es regnete Satiren und Epigramme gegen die Regierung, und einige englische Offiziere, die den Manövern beiwohnten, waren die Gegenstände allgemeiner Bewunderung.,,Das", sagten die Soldaten, find freie Männer; das sind die Beispiele, die wir nach ahmen sollten, und nicht die militärischen Maschinen eines despotischen Königs." Einige Monate später kehrte Miot nach Paris zurück, und wenn das Lager ihn in Erstaunen gesezt hatte, so war er noch mehr betroffen über das, was er am Hofe sah. Die alte Etikette war verschwunden; das ehrfurchtsvolle Schweigen wurde durch Reden gebrochen, wie fürstliche Ohren sie niemals vernommen hatten; in die geöffneten Thore des Palastes drängten sich fremdartige Gestalten; die Monarchie. Ludwig's XIV. neigte sich offenbar zum Untergang. Beim Zusammentritt der Generalstaaten glänzten zwar noch die goldgestickten Mäntel und die Federhüte des Adels, die Purpurgewänder der Geistlichkeit, aber in seinem schlichten Kostüm schritt der dritte Stand stolzer und trosiger einher, als die privilegirten Klassen. Der König schien gleichgültig, Monsieur (Ludwig XVIII.) besorgt, Marie Antoinette voll peinlicher Bewegung; nur der Graf von Artois zeigte feinen gewöhnlichen eitelen Uebermuth. Diese Phase des revolutionairen Dramas bringt in der Erzählung des Grafen Miot eine schauerliche Wirkung hervor; aber es ist fraglich, ob er seine Farben nicht eher den Erinnerungen einer späteren Periode, als den augenblicklichen Eindrücken jener Zeit entlehnt hat.

Bald darauf erleiden die Aufzeichnungen Miot's eine Unter brechung. In seiner amtlichen Eigenschaft kam er mit dem Wohlfahrts Ausschuß in Berührung, dessen Befehle er pünktlich vollstreckte, was jedoch nicht verhinderte, daß er als Verdächtiger eingesteckt und nur durch den neunten Thermidor von dem Tode gerettet wurde. Während die Jakobiner noch am Ruder standen, pflegte er oft mit Danton, Lacroix, Legendre, Fabre d'Eglantine, Camille Desmoulins und sogar mit Robespierre zu Mittag zu effen. Er saß dann mit seinen Kollegen am Ende des Tisches, ohne an ihrem Gespräch theilzunehmen, aber die Art und Weise beobachtend, in der sich diese furchtbaren Dema gogen in ihrem Privatleben benahmen.,,Danton", sagt er,,,hatte eine abstoßende Physiognomie, aber seine Gestalt war athletisch, und man verglich ihn in dieser Beziehung mit Mirabeau. Das Gesicht des Letteren war indeß von einer fahlen Blässe überzogen, während Jener einen röthlich braunen Teint und sehr belebte Züge hatte. Bei Tische leitete er gewöhnlich die Unterhaltung und machte häufig Gebrauch von figürlichen Redensarten, wie:,, Die Räder des Triumph wagens der Revolution sollen ihre Feinde zerschmettern". Die Revolution ist wie Saturn, sie wird ihre eigenen Kinder verschlingen", und andere von demselben Kaliber. Er verachtete die Girondisten

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Mémoires du Comte Miot de Melito" Paris, Lévy Frères, 1858,

1858.

aufs tiefste, indem er fie als Feiglinge behandelte, die vor den Konsequenzen ihrer eigenen Grundsäge zurückschreckten. Er verhehlte es niemals, daß er das Vergnügen und das Geld liebe, und spottete über die lächerlichen Bedenklichkeiten des Gewiffens und der Delika. teffe." Lacroix war von ebenso kolossaler Gestalt wie Danton, aber hübscher; er betrachtete Lesteren als sein Vorbild und begleitete ihn auch aufs Schaffot. Fabre d'Eglantine war elegant und affektirt und sprach, als ehemaliger Luftspieldichter, gern von literarischen Dingen. Legendre, klein, geschwäßig und ungebildet, verehrte Danton als einen politischen Herkules; was Camille Desmoulins betrifft, so waren die Revolutions-Tribunal gefällten Todesurtheile und über die edelste wenigen Worte, die ihm entfielen, Bemerkungen über die von dem und anständigste Art, sich zu einem Schicksal vorzubereiten, dem er selbst entgegensah. Auch Robespierre sprach wenig und stets in hoch Uebrigens war er im Umgang ein ganz angenehmer, charmanter trabenden Sentenzen, die ihn als tiefen Staatsmann bezeichnen sollten. Mann, nur daß er die kleine Schwäche hatte, seinen Tischgenossen die Köpfe abzuschneiden.

Mit dem Falle der Schreckensherrschaft tritt ein neuer Acteur auf den Schauplah der junge Napoleon Bonaparte, der von nun Die wohlgeschulten Heere der alten fontinentalen Dynastieen wurden an auch in den „Denkwürdigkeiten“ Miot's die erste Rolle spielt. von ihm wie Bleisoldaten über den Haufen geworfen, die österreichischen Generale beeilten sich, die schönen Gefilde Italiens zu räumen, und im Palaste des Vicekönigs zu Mailand hielt der jugendliche Sieger seinen Hof. Als jedoch unser Verfasser dem großen Mann Enttäuschung.,,Nichts", schreibt er,,,konnte dem Bilde weniger zuerst vorgestellt wurde, war sein erstes Gefühl das einer gewissen entsprechen, das meine Phantasie entworfen hatte. Ich erblickte, umtur und außerordentlich mager. Sein gepudertes, eigenthümlich zugeben von einem zahlreichen Stabe, einen Mann unter mittlerer Stageschnittenes und hinter die Ohren gestrichenes Haar hing auf seine Schultern herab. Er war in einen steifen Rock gekleidet, der bis an das Knie zugeknöpft und mit einer leichten Stickerei versehen war, und auf dem Haupte trug er einen dreifarbigen Federbusch." Von republikanischer Einfalt war in seinem Hauptquartier nicht mehr die Rede. Um ihn her herrschte die ftrengste Etikette; seine Adjutanten er war äußerst wählerisch in Betreff derjenigen, die er zuließ; ein und Offiziere wurden nicht länger an seinem Tische empfangen, und Wahl mit ihm einzunehmen, war eine ausgezeichnete Ehre, die nicht ohne Schwierigkeit erlangt werden konnte. Er speiste gleichsam öffentherbei, um seine Augen an ihm zu weiden. Dabei schien er nie verlich; während er aß oder in den Speisesaal ging, strömte das Volk legen oder außer Fassung gebracht durch die übermäßigen Ehrenbezeugungen, mit welchen man ihn überhäufte, sondern benahm sich, als wenn er sein ganzes Leben an dergleichen gewöhnt sei. Seine Gemächer und ein großer Pavillon, welchen er vor dem Palast hatte errichten lassen, waren stets mit einer Schaar von Generalen und Beamten angefüllt und mit den vornehmsten Edelleuten und hervorragendsten Männern Italiens, die einen einzigen Blick oder eine minutenlange Audienz erbaten. Alles beugte sich vor dem Glanz seiner der Feldherr einer triumphirenden Republik, sondern ein Sieger auf Siege und dem Hochmuth seines Benehmens. Er war nicht mehr eigene Rechnung, der den Besiegten, Gefeße gab."

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Nach Paris zurückgekehrt, konnte Miot de Melito die Zustände von Paris am Vorabend des Konsulates mit denen der Republik pure et simple" vergleichen, und fand die neue Ordnung der Dinge viel mehr nach seinem Geschmack. Im Luxembourg thronten die Mitglieder des Direktoriums, und von ihnen geberdete sich namentlich Barras wie ein König, umgeben von Pferden, Hunden, Höflingen und Maitressen. Hätten die republikanischen Häupter gewußt, was im Lager Bonaparte's vorging, so würden sie vielleicht weniger auf äußebeitet haben; aber sie waren in feiner Beziehung der feinen Politik ren Prunk gesehen und mehr an der Befestigung ihrer Gewalt gear ihres glücklichen Feldherrn gewachsen, der selbst nach dem 18. Bru

maire die Freiheitsfreunde durch eine erheuchelte Anhänglichkeit an die ,,Prinzipien von 89" zu födern wußte. Achtzehn Tage nach der Schlacht von Marengo zog er jedoch als Triumphator in die Hauptftadt ein und empfing die Huldigung aller Klassen mit kaiserlicher Herablaffung. Kurze Zeit darauf wurde Miot mit einer Sendung nach der halb-barbarischen Insel Korsika betraut, wo man, nach dem alten Sprüchwort, daß kein Prophet in seinem Vaterlande etwas gilt, fich hartnäckig weigerte, die Verdienste Napoleon's um die Rettung des Staates und der Gesellschaft (die Familie" war damals noch. nicht erfunden) anzuerkennen. Auf die Frage: Soll Napoleon Bonaparte lebenslänglicher Konsul sein? ließen sich viele diffentirende Stimmen vernehmen, und sogar unter dem Militair war das Votum keinesweges einstimmig. In Ajaccio, wo die Garnison nur aus 300 Mann bestand, antworteten 66 mit Rein, und in einer Compagnie Artilleristen von 50 Mann erklärten sich 38 gegen den Vorschlag." Offenbar hatte man damals in Frankreich die Wahl - Maschinerie noch nicht auf die Stufe der Vollkommenheit gebracht, die fie in unseren Tagen erreicht hat. Troßdem ging das lebenslängliche Konsulat mit großer Majorität durch und mit ihm verschwanden die lezten Spuren des republikanischen Regime. Die Sitten des Oeil de boeuf famen wieder in Aufnahme, die Staatsdiener kleideten sich in glänzende Livreen und man bemühte sich nach Kräften, die Traditionen des Hofes von Versailles wieder aufzufrischen. Daß es hierbei von Seiten der unerfahrenen Schauspieler nicht an mancherlei Verlegungen der alterthümlichen Etikette fehlte, versteht sich von selbst; in dieser Beziehung gab sogar der erste Konsul sich einige Blößen. In einen prachtvollen, reich mit Seide und Gold gestickten Anzug von violettfarbigem Sammet gekleidet, trug er einen Degen, weißseidene Strümpfe und goldene Schuhschnallen; dabei aber eine schwarze Kravatte! Es war dies ein sehr ernster Verstoß gegen das Kostüm."

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Nach dem lebenslänglichen Konsulat kommt das Prinzip der Erblichkeit zur Sprache und die Monarchie ist vor der Thür. Graf Miot de Melito fügt sich mit glücklicher Leichtigkeit in alle diese Wandlungen des politischen Drama's. Er ist mit tugendhafter Entrüstung gegen England erfüllt, das Verschwörern und Meuchelmördern ein Asyl giebt, und äußert sich mit mildem Tadel über den Justizmord des Herzogs von Enghien. Drei Tage nach diesem Ereigniß gab Herr von Talleyrand ein glänzendes Fest, und nicht lange darauf irat das Kaiserthum ins Dasein mit neuen Titeln, neuen Gehalten, neuen Livreen und neuen Epigrammen. Die Benennung,, Citoyen" wurde definitiv abgeschafft und durch ,,Monsieur" erseßt, und nach einer langen Berathung, ob der Hahn, der Löwe oder der Elephant die Stelle der weiblichen Figur einnehmen solle, die als Sinnbild der Nepublik gedient hatte, entschied sich Napoleon für den Adler, womit fich natürlich Alles einverstanden erklärte. Als die Adler auf dem Marsfelde vertheilt wurden, trat ein junger Mann hervor und näherte fich dem Thron mit dem Ruf: „Kein Kaiser! Freiheit oder Tod!" Er wurde sogleich verhaftet und unschädlich gemacht.” „Ich habe nie. mals seinen Namen erfahren können“, sagt Graf Miot, was gewiß zu bedauern ist, da Beispiele von moralischem Muth in der neueren Geschichte nicht zu häufig vorkommen.

Der dritte und lehte Band der,,Denkwürdigkeiten“ beginnt mit dem spanischen Kriege und schließt mit der Schlacht von Waterloo. Dem König Joseph stand der Verfasser sehr nahe; er nahm an seinen Unterhandlungen mit dem Kaiser Theil und er zeigt, wie wenig auf richtiges Vertrauen zwischen den beiden Brüdern herrschte. Wie Miot glaubt, hätte sich vielleicht die Dynastie Bonaparte jenseits der Pyrenäen behaupten können, wenn der Kaiser sich seiner ewigen Ein mischung in die Angelegenheiten des Landes enthalten hätte, was aber doch zweifelhaft sein dürfte. Ohne einen Funken von dem Genie sei nes Bruders, besaß Joseph dessen ganzen Egoismus und verrieth, wie er, den Emporkömmling durch seine Sucht nach äußerem Gepränge und die Vorliebe für das veraltete Ceremoniell der legitimen Königs häuser. Sogar Miot, der sich noch des Hofes von Versailles erinnern konnte, wurde durch den Glanz geblendet, mit welchem Napoleon die Laufe des Königs von Rom begehen ließ. Das Gedränge von Prinzen, Gesandten und Generalen war beispiellos, die Pracht der Dia manten und der Hermeline, der Sterne und Ordensbänder unver gleichlich, und Alles haschte in athemloser Spannung nach einem gnädigen Wort von den Lippen der kaiserlichen Majestät. Die selt samste Scene von allen aber war der kaiserliche Hof während der ephemeren Herrlichkeit der hundert Tage. Noch einmal stand Napoleon umgeben von Schmaroßern, von Herrn Ségur, dem GroßCeremonienmeister, der kurz vorher den Bourbons so emphatische Loyalitäts-Versicherungen gespendet hatte, und von einer Schaar Minister und Marschälle, welche die Chancen des wiedererstandenen Bonapartismus berechneten und sich neugierig fragten, wem sie zu nächst wohl unverbrüchliche Treue schwören würden. Dann kam die schwarze Botschaft von Mont-Saint-Jean, die zweite Abdankung des

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Imperators, die Verbannung seiner Familie, die, wie Miot de Melite in prophetischem Geiste verkündet,,, an diesem Tage schließlich vor der Weltbühne verschwand". Diese Prophezeiung hat sich nicht bewähr aber Miot selbst ist mit jenem Tage vom politischen Schauplas s getreten, nachdem er seine Anhänglichkeit an das Kaiserthum dun den Verlust seines einzigen Sohnes gebüßt hatte, der, kaum zwanzig Jahre alt, auf dem blutgedüngten Felde von Waterloo seinen Tod fand. Italien.

Boccalini's Plan einer Welt-Reformation im siebzehnten Jahrhundert. (Schluß.)

Nach einem längeren Vortrag des Pittakus und Periander, über die Beförderung Unwürdiger zu hohen Aemtern, erhebt sich Bias und meint, daß Gott die Völker durch Gebirge, Meere und Flüsse, sowie durch Sprachen von einander geschieden hat, das ist nicht ohne Absic geschehen. Allein die Menschen haben diese Gränzen mißachtet m indem sie nach fremden Ländern trachteten, haben sie das eigene zerstör Man muß demnach alle Völker zwingen, in das einem jeden an gewiesene Vaterland zurückzukehren, alsdann alle Brücken abbrechen, die Wege über die Gebirge völlig ungangbar machen und die Schifffahrt abschaffen.

Ein so widerfinniger Vorschlag findet keinen Beifall, weshalb Kleobulus aufsteht und unter Anderem sagt: „Ist es nicht ein ebenso unbedachtsames als unchristliches Werk, wenn man die Leute durch Ausposaunung ihrer Lafter in ein böses Geschrei bringt und `Jedermann in's Maul ruft: die Bosheit wäre so hoch gestiegen, daß menschliche Hülfe ihr nicht mehr steuern könne? Eben deshalb räth der berühmte Tacitus, welcher nie sich irrt, sondern für diejenigen, so ihn recht verstehen, stets recht geredet hat: Es ist besser, Laster welche überhand genommen haben und herangewachsen sind, unerwähnt zu laffen, als es dahin zu bringen, daß wir öffentlich kund geben, wit wären ihnen gegenüber zu schwach. Die eine alte und hohe Eiche niederwerfen wollen, greifen dies nicht recht an, wenn sie von oben anfangen, die Gipfel der obersten Zweige mit der Scheere abschneiden; wer klug handeln will, wie ich jezt vermeine zu thun, legt alsbald die Art an die größte Wurzel. Ich sage daher, daß die ganze Reformation in diesen wenigen Worten besteht: Die Guten zu belohnen und die Bösen zu bestrafen.“

,,Wer aber sind die wahrhaft Frommen oder Bösen?" fragt nun Thales,,,wie kann man die rechte und wahrhafte Frömmigkeit von der falschen und gefärbten unterscheiden? Der Heuchler Tücke, ihre eigene Schande mit dem Schein des gemeinen Besten zu bemänteln, ist nicht erst heute aufgekommen, wird auch nicht heute aufhören.“

Periander sagt hierauf: „Ich bin nicht in Abrede, daß Schriftverfälschung, Geiz, Hoffahrt, Heuchelei bei Privatpersonen große und schändliche Lafter, allein ich behaupte zugleich, daß sie keine Ursache der gegenwärtigen bösen Zeiten und Zustände find. Durch die heiliger Rechtssagungen werden ja dergleichen schlechte Handlungen und Ülathaten hart bestraft und man sieht, daß sich das Menschengeschlecht den Gesezen gehorsam unterwirft und gleichsam unter dem Gerichtszwang zittert und bebt, da etliche wenige Richter viele hunderttausend Menschen im Zaum halten".....,,Der rechte Stein des Anstoßes, der uns jest plagt, ist der, daß die Fürsten, durch Geiz und Uebermuth getrieben, sich einbilden, ihr Schwert habe eine spezielle Hypothek auf allen Ländern derjenigen Fürsten, die nicht so mächtig sind wie fie"....... Ein Löwe erkennt alle anderen Löwen als solche an; aber dem Engländer scheint ein Schotte, dem Deutschen ein Italiäner, dem Spanier ein Franzose nicht ein Mensch oder Bruder zu sein, sondern ein Thier von einer fremden Art und Natur, und dies Alles wegen des Ehrgeizes der Potentaten. Die Fürsten, um ihre Anschläge ausführen zu können, haben eine große Anzahl ge. wappneter Leute zusammengebracht und damit diese aus Furcht vor der Schande, dem Nächsten das Seine zu nehmen, Leute zu erwürgen, Städte in Brand zu stecken, nicht kleinmüthig werden, so lassen sie dieselben nicht Diebe und Räuber, sondern Soldaten und tapfere Capi taine nennen. Auch fromme Fürsten müssen ebenfalls solch Verfahrei einschlagen, zunächst um Land und Leute vor den gedächten Raubvögeln zu schüßen; bald lockt sie aber der Gewinn und sie werden wie die anderen. Also die Fürsten müssen sich bessern, indem sie sich mit dem Reichthum, mit der Macht und Gewalt, die sie gegenwärtig befißen, genügen laffen. Man muß Königreiche und Herrschaften in bestimmte Gränzen einschließen, die dann kein Fürst überschreiten darf, zumal da übergroßer Besiß nicht mit guter Ordnung und Gerechtigkeit regiert werden kann.“

Solon entgegnete hierauf: „Wir sind hier nicht dazu berufen, die Mängel der Fürsten und Herren zu prüfen, sondern wir haben es mit den Laftern der Privatpersonen zu thun. Sind die Fürsten zu reformiren, so muß man dies Gott anheimgeben.“

Diese Worte fanden allgemeinen Beifall und Cato ließ nun sich dahin aus, daß menschliche Hülfe den schuldlosen Zustand der Menschheit nicht wieder zurückzuführen vermag.,,Wir müssen Gott bitten,

schlechten Dingen ein Vergnügen bereiten. Die verständigen - Leute aber wiffen, daß so lange Menschen vorhanden sind, auch Lafter sein werden und daß man in dieser Welt nichts durchaus Vollkommenes anzutreffen

daß er auf's neue die Fenster des Himmels eröffne, die Erde mit echt vermag, sondern daß man da gut lebt, wo man das wenigste

neuen Wasserfluthen bedecke und die unbeilbaren Wunden mit dem Pflaster des Todes verbinde. Aber die Sündfluth soll zugleich Segen bring en; daher möge Gott die Knaben, welche noch nicht zwölf Jahre alt si nd, in einer neuen Arche erhalten, das weibliche Geschlecht da. gegen, welches Alters es immer sein möge, vernichten, daß nichts als das vermaledeite Andenken an dasselbe übrig bleibe.“ Laßt uns Gott ferner bitten, daß, wie seine Allmacht die Bienen, Fische (scartafoni) und andere Thiere dahin bedacht hat, sich ohne weibliches Zus thun zu vermehren, auch das Menschengeschlecht dieser Gnade gewürdigt werde."

Ueber folche Rede ergrimmte die ganze Versammlung; alle fielen sie nieder zur Erde und flehten zu Gott, daß er das liebwerthe weibliche Geschlecht erhalten, die Wasserfluth aber nur über die ungereimten und unbesonnenen Köpfe ergehen lassen möchte.

Nachdem man sich wieder etwas beruhigt hatte, sprach Seneca: ,,Man muß nicht reformiren wollen, was man nicht versteht. Wir Reformatoren find allzumal Philosophen und Gelehrte, wir haben also wohl ein Urtheil über Buchhändler, Buchdrucker und Papiermacher, sowie über diejenigen, welche uns Dinte, Federn und dergleichen zum Studiren erforderliche Dinge verkaufen. Wollten wir die Handthierungen anderer Leute reformiren, so würden wir große Fehler begehen und dürften für Spott nicht sorgen. Merken diejenigen, welche man reformiren will, daß man ihre Mängel nicht kennt, so werden fie erst recht hartnäckig und halsftarrig werden, sie werden uns den Blinden vergleichen, die sich abmühen, ein Faß voller Lecke zuzuftopfen und dabei den Wein überall ausfließen lassen. Wir müssen also aus jedem Stande vier fromme und verständige Leute hierher berufen, daß jeder seine Handthierung reformire."

Pittakus und Chilo belobten diesen Vorschlag sehr, allein die Uebrigen erklärten:,,Apoll hat uns allein das Reformationswerk anbefohlen und wir würden seiner Majeftät schlechten Respekt erweisen, wenn wir uns des Beirathes Anderer bedienen wollten. Wer das Schwert am Knopf hält und es seinen Feinden übergiebt, muß es von diesen bei der Spiße zurücknehmen."

Man fing an, zu merken, daß das ganze Reformationswerk in den Brunnen gefallen war; da schlug Mazzoni vor, den Patienten, den sie kuriren sollten, nämlich das Säkulum selbst, vor die Schranken zu rufen. Es erscheint denn auch ein Mann, alt án Jahren, von frischer und starker Komplexion, so daß es schien, als wenn er noch viele hundert Jahre zu leben hätte, allein heiser klang seine Stimme und auf Befragen erklärt er: „Bald nach meiner Geburt wurde ich von Krankheiten befallen; mein blühendes Gesicht ist eitel Schminke. Zieht mir meinen schönen Rock aus." Dies geschieht, und sie sehen das elendeste Wesen vor sich, dem ersichtlich keine Gesundheit mehr beizubringen war.

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Um nun der Sache einen Schein zu geben und damit die Leute glauben sollten, daß sie ihrem Ami wohl vorgestanden, den gemeinen Nugen gefördert und sich um Se. Majestät hoch verdient gemacht hätten, fo diftirten sie dem Secretair Mazzoni eine allgemeine Refor. mations Ordnung. In der Einleitung thaten sie mit vielen prächtigen und zierlichen Worten dar und rühmten sie die väterliche Zuneigung, die Se. Majestät zu den getreuen und tugendhaften Unterthanen trügen und wie sorglich sie sich die allgemeine Wohlfahrt des Menschengeschlechtes angelegen sein ließen. Sie ftrichen gewaltig heraus die große Mühe und Arbeit, mit denen der Reformations-Rath dieser neuen und höchft nöthigen Ordnung obgelegen. Hierauf folgte eine genaue Tare für Kraut, Rüben und Petersilie und wurde darauf die Reformation vollzogen und von sämmtlichen Herren unterschrieben.“ ,,Da führte ihnen Thales noch ein wichtiges Amendement zu Gemüth: Es wären nämlich auf ihren Vortheil bedachte, betrügerische Leute vorhanden, welche sich bei dem Verkauf der Bohnen und Preißel beeren so kleiner Maaße bedienen, daß es ein großes Aergerniß geben, auch zu merklicher Schmälerung der vollendeten Reformation gereichen würde, wenn man dies nicht abänderte. Dies Amendement gefiel dem Rath und würde der Reformation sofort der dringend nöthige Artikel beigefügt, daß gedachte Maaße überall größer gemacht werden follten."

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Unrecht findet. Es ist daher der menschlichen Klugheit angemessen,
sich, wenn auch schwer, mit dem Entschluß zufrieden zu geben: die
Welt so zu belaffen, wie man sie vorgefunden hat." Sk
August Gesder.

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England.

Forschungen des englischen Opiumeffers.")

Thomas de Quincey ist ein beliebter Essayist, der durch muntere, bisweilen etwas frivole Laune, durch eine humoristische Lebensanschauung und harmlose Possirlichkeit das englische Publikum seit geraumer Zeit unterhält und sich einen großen Kreis von Freunden erworben hat. Er ist ihm namentlich unter dem Namen des „,englischen Opiumeffers" bekannt. Wir haben es nicht gelesen und wissen auch nicht, was an der Sache ist und in wie weit sie Ernst sein soll; so viel aber steht fest, daß das englische Publikum ihm dieses Laster nicht eben übel nimmt, sondern darüber wie über die Schnurre eines luftigen Rathes lacht. Also wird es damit nicht viel auf sich haben; der Einfall ist barock und geeignet, guten Humor zu wecken. Denn was man sonst vom Herrn Thomas de Quincey liest, sieht nicht gerade danach aus, als ob es im Opiumdusel orientalischer Apathie geschrieben sei. Oben erwähntes Buch (bereits der siebente und achte Band) enthält eine Sammlung früher geschriebener und in zahlreiche Journale zerstreuter Auffäße über Alles und Jedes, worüber ein geiftreicher Mann und Humorist zu schreiben im Stande ist; Judas Ischarioth, Nichard Bentley, Cicero, geheime Gesellschaften, Milton, Lord Wellington, die heidnischen Drakel, die Wander über dies und viele andere noch verschiedenartigere Gegenstände hat Herr de Quincey Essays geschrieben. Es ist jedenfalls ein Zeugniß für die große Beliebtheit des Schriftstellers, daß dem Publikum eine nachträgliche Sammlung von Aufsägen geboten werden darf, die, mehr oder minder Erzeugnisse des Augenblickes, in dem Schwalle der TagesLiteratur dahinschwammen und dabei sehr ungleich an Werth find. Was unter Effay zu verstehen ist, dürfte man nach dem Glücke, das Macaulay's historische Essays in Deutschland gemacht haben, im Allgemeinen wiffen es ist eine Stilgattung, die sehr verschiedener Fassungen fähig ist, aber es jedenfalls verdiente, bei uns einen heimischen. Boden und entsprechende Ausbildung zu finden ein Mittelding zwischen Berichterstattung und Kritik, ohne die Trockenheit der ersteren und ohne die Systematik der letzteren. Ein gescheidter Mann liest ein Buch und erzählt in zwangloser Weise, was es auf ihn für einen Eindruck gemacht, von welchem Standpunkte er es ansieht, in welchem Verhältnisse er dazu steht, ohne dem natürlichen Laufe seiner Gedanken Zwang anzuthun, ohne die Mißdeutung des Publikums oder anderer noch gescheidterer Leute zu befürchten. Es ist nicht abzuleugnen, daß der Engländer hierin Manches vor uns voraus hat, was ihn dazu besonders befähigt, vor Allem aber die Sicherheit im persönlichen Auftreten und den weltmännischen Anstand, zu dem es einmal die meisten unserer Gelehrten und Kritiker nicht bringen können.

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Unser englischer Opiumeffer ist ohne Zweifel ein geistreicher Kopf, der viel gelesen, vielleicht viel studirt, und viel in der Gesellschaft verkehrt hat, — in unserer deutschen Achtung wird es ihn unstreitig herabsehen müssen, daß er den Muth hat, über so unendlich viele und verschiedene Gegenstände zu sprechen, zu urtheilen, seine lustige Laune auszulassen er ist Historiker, Philolog, Theolog, und wer weiß, was noch. Man lese z. B. den Aufsaß über Lord Wellesley, in welchem Tone er von den Ahnen, von den Schicksalen der Familie redet. Nebenbei mag es in der Kürze erwähnt werden, daß die Familie der Wellesleigh, wie sie sich damals schrieb, zuerst im zwölften Jahrhunderte in Somersetshire ansässig vorkommt. Hundert Jahre später finden wir sie in Irland, wohin sie wahrscheinlich mit dem Eroberungszuge Heinrich's des Zweiten gekommen. Dort waren sie zuerst in Kildare heimisch; ihr Ahnherr, Sir Wellerand Wellesleigh, machte denselben Grundsaß in der Familie geltend, den Rudolph von Habsburg mit so vielem Glücke verfolgt hat: durch glückliche Heiraten vermehrten sie die Zahl ihrer Besißungen und breiteten sich immer weiter in Frland aus. Das Schloß Dangan, welches der Hauptsiz blieb und wo auch Wellington geboren wurde, kam vier Jahr vor der Schlacht bei Azincourt, die genau vierhundert Jahre (1415) vor der Schlacht von Waterloo geschlagen wurde, an die Familie.

*),,Studies on Secret Records, Personal and Historic. With other Papers, Essays, Sceptical and Anti-Sceptical, on Problems Neglected or Misconceived". By Thomas De Quincey. Edinburgh: Hogg & Sons; London: Groombridge & Sons.

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