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Böchentlich erscheinen 3 Nummern. Breis jährlich 3 Thir. 10 gr., Þalbfährlich 1 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 109.

für die

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Literatur des Auslandes.

England.

Berlin, Sonnabend den 11. September.

Kingsley's Hypatia“, mit einer Vorrede von Bunsen. *) Unseren Lesern ist der englische Geistliche Charles Kingsley längst als ein über das gewöhnliche Niveau der englischen Tagesschriftsteller fich erhebender Autor bekannt. Seine Erzählungen:,,Alton Locke", „Westward Ho!" und.,,Two Years Ago", haben nicht blos den Zweck der Unterhaltung und des Sichgeltenmachens in der müßigen Frauenwelt, sondern auch den einer angenehmen Belehrung und einer Hinweisung der denkenden Männerwelt auf die Gebrechen der Gesellschaft, wie auf das Verhältniß des Menschlichen und Realen zu seinem Urquell, dem Göttlichen und Idealen. Die drei genannten Erzählungen spielen sämmtlich in der Neuzeit; die leßte:,,Vor zwei Jahren", hat sogar den englisch-türkisch-russischen Krieg im Orient und das jüngste Auftreten der Cholera in England zum Hintergrund. Dagegen ist sein Roman,,Hypatia“ einer historischen Episode aus der ersten Hälfte des fünften Jahrhunderts gewidmet: er erzählt uns die Geschichte einer philosophischen Heidin, der Tochter des berühmten Mathematikers Theon in Alexandrien, die, nach den Ueberlieferungen des Kirchenvaters Sokrates, aus einer Verächterin des Christenthums zur Märtyrerin desselben geworden; die Geschichte der Starken und Männlichen mitten unter den Schwachen und Krampfhaften zur Zeit der Geburt einer neuen geistigen Welt; die Geschichte fühlender Herzen mitten unter der dumpfen Anachoreten - Bevölkerung der Thebais; die Geschichte empfindungsvoller Seelen mitten unter den haarspaltenden Verstandes-Disputationen der alexandrinischen Neuplatoniker, und endlich die Geschicke chriftlicher Weisen mitten unter den über die Kolonieen Nord-Afrika's herfallenden Vandalen. Wenn auf der einen Seite die zur Förderung katholisch-religiöser Zwecke vom Kardinal Wiseman zum Theil selbst geschriebenen und zum Theil veranlaßten Erzählungen aus den ersten Jahrhunderten des Christenthums ins Deutsche übertragen worden sind, so verdient gewiß auf der anderen Seite der von christlich philosophischen Gedanken getragene Roman ,,Hypatia" von Charles Kingsley diese Ehre noch weit mehr. Und es famn nur als ein realer Gewinn für unsere Romanen-Lesewelt angesehen werden, wenn sich Kingsley's Erzählung eine weite Verbreis tung in derselben zu verschaffen weiß. Die deutsche Uebersehung liest sich recht gut, wenn auch hin und wieder die Wörter aus orientalischen Sprachen, weil das Englische nur Einen Artikel und eine eigene Schreibung für dieselben hat, mit unrichtigem Genus bezeichnet und falsch geschrieben sind, was der deutschen Ueberseßerin von ihrem ge lehrten Freunde sehr leicht hätte verbessert werden können. °°)

Ob aber die deutsche Lesewelt sich auch veranlaßt finden wird, in die maßlose Anpreisung einzustimmen, die der Vorredner des Buches demselben zu Theil werden läßt, steht freilich dahin. Niemand zweifelt, daß der Reverend Charles Kingsley einen entschiedenen Beruf zur Sitten schilderung wie zur fittlichen Belehrung der Menschengesellschaft, habe; doch ihn darum als den,,Genius des Jahrhunderts" zu bezeichnen, der, wie kein Anderer, dazu berufen und befähigt sei, den großen Shakspeare zu erseßen und den Cyklus der historischen Dramen desselben zu vollenden; darum die,,Hypatia" und einen anderen englischen Roman, den,,Anaftafius“ von Thomas Hope, als die beiden einzigen geschichtlichen Lebensbilder des europäischen Schriftthums, welche die Nachwelt lesen wird", zu charakterisiren, scheint uns doch viel zu weit gegangen. Wir glauben, daß der sein bescheidenes Talent in seiner eigenen Vorrede viel richtiger beurtheilende Kingsley über dieses maßlose, in keiner Weise durch das vorliegende Buch gerechtfertigte Lob vonseiten seines deut fchen Apologeten ganz erschrocken sein wird.

*) Hypatia, oder Nene Feinde mit altem Geficht“. Von Charles Kingsley. In's Deutsche übertragen von Sophie v. Gilsa. Mit einem Vorwort von Christian Carl Josias Bunsen. 2 Bände. Leipzig, F. A. Brockhaus, 1858. das Tephilim" und der Mezuzah“. **) So schreibt sie z

1858.

Wir wollen indeffen, als mit künstlerischer Hand gezeichnet, hier folgen laffen, was Herr v. Bunsen, abgesehen von jener Apotheose des Verfassers, zur Charakterisirung seiner Persönlichkeit und des Grundgedankens seines Werkes sagt:

,,Es ist ein eigenthümliches, erhebendes und seltenes Schauspiel, einen solchen Genius als geliebten Pfarrer und Prediger einer einfachen Landgemeinde zu sehen: des Sonntags seiner Gemeinde lebendig das Evangelium predigend und die menschlichen und göttlichen von welcher seine Dorfpredigten ein so schönes Muster geben, an den Tiefen desselben in jener volksmäßigen Beredtsamkeit enthüllend, Wochentagen aber an allen Angelegenheiten seiner Pfarrkinder, häuslichen und bäuerlichen, belehrend und ermunternd Antheil nehmend. Diejenigen, welche nicht zu ihm in die Kirche kommen, sucht er die vertraut gemacht hat, um auch hier rathen und helfen zu können, in Woche über auf, sei es auf dem Acker, mit deffen Bestellung er sich Haus und Hof, oder wo er sie findet, sollte es auch im Wirthshaus sein. Ich darf wohl nicht noch ausdrücklich bemerken, daß die Kirchgänger sich dadurch nicht vermindert haben, und daß der menschenfreundliche Pfarrer ebenso verehrt als beliebt ist und sich glücklich fühlt in seinem Berufe, wo er soviel Segen schafft. So ist unseres Dichters bürgerliches Leben ein Musterbild jener beneidenswerthen Stellung eines englischen Landpredigers, die jezt noch viel bedeutender und nicht weniger liebenswürdig ist, als sie im Pfarrer von Wakefield erscheint. Aber wenn die englische Welt sich in London versammelt, benußt der Dichter die ihm vergönnte dreimonatliche Urlaubsgroße Weltstadt. Da wird er nicht müde, Großes und Kleines zu frist, während welcher er sich vertreten lassen darf, und eilt in die der Geist ihn treibt. Wie Demosthenes, hatte Kingsley bis auf die beachten, läßt auch wohl seine Stimme als Prediger erschallen, wenn legten Jahre, im gewöhnlichen Gespräch, die Gefahr des Stotterns zu bekämpfen: der Anblick der Gemeinde, auch wohl einige Minuten alle Blödigkeit, und seine Rede ward alsbald ein fließender Ausdruck gemüthlicher, geistverwandter Unterredung, verbannten jedoch unfehlbar seiner inneren Veredtsamkeit.

"So geschah es ihm denn auch einmal, daß er, mitten im Gefühl des Druckes und der Noth der unteren arbeitenden Klassen von das praktische, aufopfernde Christenthum des Evangeliums mit dem der Kanzel eines Amtsbruders eine donnernde Predigt hielt, worin er bequemen Maulchristenthum vieler frommen Reichen verglich. Der bruder und machte nach der Predigt sein Hausrecht geltend, sich auf Amtsbruder, welcher ihm die Kanzel geliehen, war aber kein Geistesder Stelle vor der Gemeinde aufs stärkste gegen das eben Gehörte zu erklären. Die Sache kam vor die Deffentlichkeit, und die Entscheidung des Bischofs von London ward von beiden Seiten angerufen. Der sonst streng kirchliche Bischof Blomfield, der übrigens ein wahrhaft christlicher Mann war, ebensowohl ein höchst geistreicher als (Schluß folgt.) gelehrter, entschied für Kingsley: und dabei hatte es sein Bewenden.

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diese Stadt und ihre Umgegend kennen zu lernen, und mehr Wissenschaft und Geschick besaßen. Dies zeigen die beigegebenen Pläne aus dem zwölften Jahrhundert und von Marino Sanudo Torsello. Später zeichnet sich der von Franciscus Quaresmius in seiner,, Historica, theologica et moralis Terrae sanctae elucidatio”, herausgekommen zu Antwerpen 1664, gelieferte, besonders durch Bestimmung vieler Lokalitäten, an die sich für Pilger interessante Traditionen knüpften, aus. Gleichwohl war immer die Umgebung Jerusalems nicht richtig dargestellt; selbst Richard Pococke, der im lehten Viertel des vorigen Jahrhunderts dort war, gab falsche Dimensionen und Ortslagen an; noch weniger konnte die Darstellung des inneren Terrains und seiner, Bebauung Genüge leisten. Der vielgelesene Bachiene, der die Schwierigkeit, sich einen richtigen Begriff von der Beschaffenheit des inneren Jerusalems zu machen, dem Umstande beimißt, daß es auf vier oder fünf Hügeln liege, die Straßen daher nicht gerade, sondern auf- und abwärts gehen, gesteht unumwunden ein: „Was aber die Anzahl und die Namen der besonderen Straßen dieser Stadt betrifft, davon kann man nicht sagen, vielweniger den Lauf derselben bestimmen, und Alles, was ich in meinem Grundrisse von Jerusalem verzeichnet habe, ist blos nach der Einbildung hingesezt worden."

Dabei verblieb es nicht. In unserem Jahrhunderte wurden von mehreren Reisenden, namentlich Sieber, Weftphal und Dr. Parthey, Giovanni Failoni, Scoles, Catherwood, Joseph d'Estourmel, Edward Robinson und Eli Smith, mindere oder größere Anstrengungen gemacht, zur genaueren Kenntniß des Inneren und Aeußeren dieser Stadt zu gelangen und ein der Wahrheit entsprechendes Bild davon zu liefern. Da trat im Jahre 1849 ein Ereigniß ein, das dem Eifer, die Topographie Jerufalems zu fördern, sehr günstig war.

Akka wurde von den Engländern erobert. Jezt waren die Türken nicht willens, sahen sich vielleicht auch nicht im Stande, dem europäischen Forschungsgeiste Hindernisse entgegen zu sehen, und man ließ es daher geschchen, daß zwei englische Marine-Offiziere, Aldrich und Symonds, der Oberst Alderson und sechs Ingenieurs nach Jerusalem reisten, die Stadt und Umgebung auszumessen unternahmen und dieses Werk sechs Wochen hindurch fortseßten. Das Ergebniß wurde dem Verfasser des,, Memoir" nicht blos aus einer weniger zuverlässigen Ausgabe von Williams, sondern überdies auch durch eine Kopie bekannt, welche Herr van de Velde auf dem Board of Ordnance (Artillerie-Büreau) zu London nahm, und Herr Dr. Tobler urtheilt allerdings richtig, indem er sagt:,,Wenn man erfährt, daß eine solche Zahl Ingenieurs mit vereinten Kräften soviel Zeit verwendete, um einen Grundriß zu verfertigen, so muß man wohl zum voraus günstig dafür gestimmt werden und nothwendig zum Glauben sich hinneigen, daß keine oder doch keine erheblichen Irrthümer sich einschleichen konnten.“ Diese Arbeit benußte nun der Verfasser, um einen Plan von Jerusalem zu geben, der alle bisherigen überträfe, indem er seine eigenen Beobachtungen an Ort und Stelle damit verglich, nachdem er alle Theile der Stadt, innerhalb und außerhalb, sorgsam durchmustert hatte, alle Gaffen, bis auf wenige in der Nähe der großen Moschee, durchlaufen und durch behutsame Nachfrage zur Kenntniß der arabischen Namen derselben zu kommen bemüht gewesen war. Die Nüßlichkeit einer solchen Arbeit ist nicht in Abrede zu stellen. Die Frage, ob Jerusalem auf der alten Stelle liegt, oder nicht? läßt sich nicht beantworten ohne eine genauere Kenntniß der Gegend, wo es liegt. Auch die sehr interessante Frage, ob der Ort, wo man jezt die Kirche des heiligen Grabes zeigt, einst außerhalb der Mauern Jerusalems lag, oder ob man überhaupt Unrecht daran hat, dort sich das Grab des Stifters der christlichen Kirche zu denken? läßt sich nur nach dem Begriffe bestimmen, den wir uns von dem Terrain machen, welches Jerusalem einst eingenommen hat. Ist aber zur Kenntniß der Gegend auch die der Bodengestaltung im Inneren der Stadt unerläßlich, muß man wissen, ob sich diese mit der Schilderung des Josephus und der heiligen Schrift verträgt, so hat andererseits die Kenntniß der Straßen, welche die Stadt bilden, für den Geographen und den Reisenden bedeutende Wichtigkeit. So lange, als es in Jeru falem viele ganz unbekannte Straßen gab, so lange enthielt es eine terra incognita, die für den Freund des Wissens ein Räthsel war, dem Reisenden ein Gegenstand der Besorgniß werden konnte. Es war mithin höchst wünschenswerth, das Bild Jerusalems vollkommen vor uns aufgerollt und seine Straßen, bis auf die Sackgassen, von europäischem Auge beleuchtet und von der Hand des Künstlers in aller Klarheit dargestellt zu sehen.

Der Verfasser fand sich indessen selbst durch eine frühere Zeich nung seines Planes nicht zufrieden gestellt. Wohl glaubte er der Topographie Jerusalems wesentlich damit genügt zu haben. Denn nach Josephus lag die Stadt auf zwei Hügeln, Sion und Akra, deren Lage nach Norden oder Süden aber von ihm nicht angegeben war, weshalb Cellarius Sion für den nördlichen, Reland, der am Ende die meisten Stimmen für sich zählte, für den füdlichen hielt. Zwischen beiden lag, nach dem Geschichtschreiber, das Thal Tyropöon. Man

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pflegte daher dies als von Often nach Westen gehend zwischen beiden zu zeichnen. Den Ort, wo der Tempel Jehova's stand, Moriah, stellte man als einen Berg dar, der nördlich von dem Berge Atra durch eine aus dem Thale Tyropöon herüberkommende Vertiefung g trennt sei. In den Umgebungen der Stadt malte man öftlich en Flußbett des Kidron, westlich ein anderes des Baches Gihon. Dat Alles hatte der Verfasser nicht in der Wirklichkeit gefunden, dagegen bemerkt, daß das Terrain der Stadt von einem Wadi durchschnitten werde, der sich ganz hindurch von Nordwest nach Südost ziehe und in der Gegend der Quelle Siloah münde. Dies hatte der Verfasser in seiner Zeichnung anschaulich gemacht, überdies das Gassenneß in ena Vollständigkeit dargestellt, wie sie in keinem anderen Plane erreicht worden war, und mehrere Gassen, wie die via dolorosa, genauer an gegeben. In Betracht dessen hielt er dafür, daß nach seinem Plane alle älteren nur noch historischen Werth besäßen, manche neue, wie die von Sieber, der ältere von Robinson, die von William, Schrif, Krafft, jezt beinahe oder gänzlich übergangen werden könnten. Urtheil fällte er auch über den Grundriß, den Gadow herauszs. Von Catherwood's Plane erachtete er die Tempel-Area, nach der Ausgabe von Ferguson, noch für unentbehrlich. Der Engländer Thrupp wird von ihm gerühmt, daß er im Jahre 1855 einen Plan herausgab, worin er den Aldrich-Symondsschen mit dem von ihm selbst edirten verschmolz, getadelt jedoch, daß er nicht Vollständiges lieferte, z. B. die genügende Zahl von Querbudengassen zwischen dem Sûk el-lahm und Sûk el-attârîn nicht angab und das Thälchen Sük håret el-Jehûd zu nahe an die Stadtmauer sehte. An dem von Robinson 1856 herausgegebenen Plane rügt er auch mehrere Fehler. Ich verweise", sagt er,,,beispielsweise auf die Einmündung der Akbet el Chadher in die Christengasse, auf die Haret Jakubieh, Hâret el Bisar, die drei Parallel-Sûks. Was der Hinnombach bezeichnen soll, kann auch hier nicht eingesehen werden. Wenn Robinson's Beschreibung des Terrains`richtig scheint, oder erscheint, so wundert man sich, auf dem in London bei John Murray erschienene Plane, der Wahrheit entgegen, innerhalb des Stadtumfanges einen Nord- und Nordosthügel, wie auf älteren Plänen, anzutreffen. Und dieser irrigen Darstellung bahnte Kiepert 1857 den Weg in die Schulen. Der bei Crocker in Boston im gleichen Jahre herausgekommene Grundriß stellt das Terrain, namentlich auch im Nordoften und Nordwesten der Stadt, richtiger dar, so daß in diesen Stadttheilen keine Hügel störend auf das Auge wirken."

Unzufrieden war der Verfasser aber doch mit seinem eigenen Plane. Dies kam daher: Die genannten Ingenieure hatten viele äußere Punkte durch Triangulation richtig bestimmt; das Innere der Stadt hatten sie aber nicht so genau vermessen und das Haram esc= scharif so unrichtig gezeichnet, daß dadurch eine Raumverengung entstanden war. Der Verfasser hatte dies zu verbessern gesucht, hatte sich aber bei der Führung der Stadtmauerstrecke von der Nordost - Ecke zum Damaskusthore nach Robinson gerichtet und war durch ihn irre geleitet worden. Beim Eintragen des Gaffsenneges in das von der Stadtmauer umgebene Album fand er also eine solche Beschränkung des Raumes, daß er sich gezwungen sah, willkürlich mit der Mauer nordwärts hinauszurücken, wenn nicht die Gassen zu sehr verzogen werden sollten.

Um nun aber des Verfassers Ansichten völlig zur Darstellung zu bringen, unternahm es der durch sein Auftreten gegen den franzöftschen Akademiker de Saulcy bekannt gewordene, holländische Kartograph C. W. M. van de Velde, den neuen Grundriß zu konstruiren, der das „Memoir“ begleitet, so daß Lezterer seine Technik übte, Dr. Tobler aber die frühere Zeichnung mit ihm genau durchging und mit seinen Messungen und Beobachtungen, sowie die der Ingenieure, forgfältigst verglich. Die Benennungen der Orte sind englisch und arabisch, die leßteren nicht immer genau. So wird z. B. ein Hosrital,,Muristan" statt,, Bimaristan" geschrieben. Dr. P―r.

Spanien.

Baskische Sprachdenkmäler. (Schluß.)

Sogar im Sanskrit kommt es vor, daß Substantiv und Verbum lautlich zusammenfallen (wie z. B. yudh, Kampf und kämpfen), noch mehr in neueren Sprachen, z. B. besonders im Englischen (sleep, Schlafen und Schlaf, play, spielen und Spiel u. f. w.); im Baskischen dagegen ist die Wurzel immer vom Nomen wie vom Verbum, die getrennt aus ihr hervorgehen, genau unterschieden; besonders scheidet die reiche Flerion des Verbi dieses vom Nomen recht deutlich. Die Declination, wie gesagt, erfolgt im Baskischen durch angehängte Suffiren, welche ihrer Kraft nach ganz den Präpositionen z. B. der romanischen Sprache beim Dekliniren entsprechen, und die zeigen dürften, wie auch im Sanskrit die Declination entstanden ist. Der Sache nach bleibt es vollständig gleich, ob das Wörtchen vorn oder

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hinten angefeßt wird, ebenso bei den Präpositionen. Viele Sprachen,
wie ich zum Beispiel beim Umbrischen und Dskischen, die man früher
mit einer Unzahl von Lokativen bereicherte, nachgewiesen, verwenden
die Präpofitionen ganz wie Kasussuffire. Der Lateiner sagt: cum
fratre, mit dem Bruder, in montem, auf den Berg, der Umbrer:
fratrecum, montemin. Auf dem Berge, in monte, müßte entsprechend
monte-in heißen; diefes würde aber zusammengezogen wahrscheinlich
montîn lauten, auf seinem späteren Sprachstande, wo der Ursprung
verdunkelt war, aber die Endung în als Kafus-Endung eines Lokativs
gelten. Durch solche Verschmelzungen und Verschleifungen scheinen
die Cafus in den Sanskrit-Sprachen entstanden zu sein. Man nehme
z. B. die Genitiv-Endung skr. asja, die sich griechisch in ovo (aus
odio entstanden) lat., germ. in s u. f. w. verstümmelt; wer will ver
wehren anzunehmen, daß dieses älteste asja nicht bereits eine bedeutende:
Berstümmelung eines Wortes sei, das einst seinen bestimmten Sinn
hatte? Das Baskische vermeidet die Verschmelzung dadurch, daß es
bei Zusammentreffen von Bokalen den Bindekonsonanten einschiebt, z. B.
Nominativ jaun-a, der Herr,

Genitiv jauna-r-én, des Herrn,
Dativ jauna-r-í, dem Herrn,

Instrum. jauna-z, durch den Herrn.

Eine Unvollkommenheit der Sprache liegt darin, daß sie den Akkusativ nicht gehörig vom Nominativ unterscheidet; sie hilft sich 'aber damit, daß sie dem Worte, das als thätiges Subjekt auftritt, einen Zusaß (ein c) giebt, wenn in dem Saße ein Akkusativ vor handen ist. Ist keiner darin, so fällt er hinweg.

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3m Zeitworte der bastischen Sprache aber findet nicht nur eine den sanskritischen Sprachen ganz analoge Flerion durch innige Anfügung von Form-Elementen, die das Subjekt der persönlichen Fürwörter ausdrücken, statt, sondern dieselbe geht darüber hinaus, indem sie nicht blos das Subjekt dieser Fürwörter, sondern auch die Objekte, den Akkusativ und Dativ, hinzufügt und außerdem noch entferntere Beziehungen, die in anderen Sprachen gar nicht ausgedrückt werden, durch FormElemente mit berücksichtigt. Alle diese Form-Elemente werden vorn und hinten angefügt, die Subjekte bei transitiven Zeitwörtern hinten, bei intransitiven vorn, die geraden Objekte bei transitiven vorn, die ungeraden in die Mitte, und mit der Wurzel des Zeitwortes, die auch einige Veränderungen erleidet, zu einer untrennbaren Einheit verschmolzen, eine ganz besondere und feste Art der Anbildung, die W. v. Humboldt Einverleibung genannt hat. Dies ist ein sehr charakteristisches Merkmal der baskischen Sprache, welches sie von allen bekannten Sprachen der alten Welt am stärksten unterscheidet. Etwas Aehnliches findet sich aber in einigen amerikanischen Sprachen, z. B. in der merikanischen, wo diese Einverleibung noch weit stärker ift, bei dem Delaware u. f. w.; indeß beweist das nicht etwa, wie Unkundige wohl gemeint haben, für Stammverwandtschaft der Basken mit jenen amerikanischen Völkern, und man möge sich hüten, etwa an baskischen Kolonieen vor Columbus n. dgl. zu denken. Um sich deutlich zu machen, was Einverleibung ist, kann man die einzelnen Ansätze dazu, welche auch einzelne Sprachen sanskritischen Ursprunges haben, herbeiziehen, z. B. in italiänischen Formen, wie inviarti (bir fchicken) inviartelo (és dir schicken) portandovelo (es euch bringend), wo aus Verbalform und Pronomen ein Wort geworden ist. Einverleibung ist also etwas, wozu unter gewiffen Verhältnissen jede Sprache Anlage haben kann, und ich glaube, daß z. B. das Franzö fische, welches die abhängigen Personalpronomen, Verneinung und andere Wörter, z. B. en und y, in bestimmter Reihenfolge vor das Verbum feßt, eigentlich schon eine einverleibende Sprache ist; es fehlt nur eine weniger literarische Zeit, welche die ftets nothwendig herauskommmende Wörterfolge als ein Wort auffaßte oder schriebe; z. B. je ne m'en souviens pas, je l'y attendrai u. f. w., jenemensouvienspas, jelyattendrai. Die einzelnen Wörtchen dürften blos etwas unkenntlich werden, sich abschleifen, und eine solche Unzahl von Conjugationen einverleibender Art wäre fertig, wie sie keine andere Sprache leicht besäße. Kürze der Pronominalformen, Gewöhnung an eine bestimmte Folge und endlich die Uebung und Gedankenlosigkeit des Sprechenden scheinen zur Entstehung dieser Erscheinung vornehmlich beizutragen. Wie viel einverleibt wird, ob bloße Nominative und Akkusative des Pronomens, ob auch andere Casus desselben, ob Partikeln oder viel leicht ganze Nomina und Säße, wie z. B. im Merikanischen, das hängt dann wieder von besonderen Umständen ab. Diese Einverleibung der Pronomina erstreckt sich im Baskischen jezt nur auf eine kleine Anzahl von Zeitwörtern, die dadurch gewissermaßen den starken oder sogenannten unregelmäßigen Zeitwörtern anderer Sprachen ähnlich werden; ganz besonders aher auf die beiden Hülfszeitwörter sein und haben, welche die gewöhnliche Conjugation dadurch bilden, daß fie mit Partizipialformen, welche die Gegenwart, Vergangenheit und Zukunft ausdrücken, zusammengefeßt werden.

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richtige Mischung von Vokalen und Konsonanten, die fich in einer
gewiffen Regelmäßigkeit mit einander verbinden. Die Vokale haben.
kein Uebergewicht und find voll und rein tönend, während die Kon-
sonanten keine mißlautenden und harten Verbindungen eingehen, wie
sie z. B. in deutschen, flavischen Sprachen, ja sogar im Sanskrit vor-
kommen. Zwei Konsonanten fangen weder eine Silbe an, noch schließen
sie dieselbe, Lehteres mit geringen Ausnahmen. Manche Laute fehlen
ihm fast ganz, z. B. F, wie auch im Litauischen. Statt aller Be-
schreibung dürfte es gerathen sein, dem Leser eine kleine Probe zu
geben, nach welcher er ungefähr den Eindruck beurtheilen mag, den.
das Baskische auf das Ohr macht. Sie ist dem Anfang des zweiten.
1. Eta ethorri cenean Mendecoste eguna, guciac ciradē gogo
Kapitels der Apostelgeschichte entnommen:
batez leku batetan berean.

2. Eta eguin cedin subitoqui cerutic soinubat botheret suqui
heldu den haice baten ançora, eta bethe ceçan etche gucia non
baitzenden jarriric &c.

Die Accentuation hat das: Eigenthümliche, daß namentlich die Substantive den Ton auf der Endsilbe haben, z. B. egún, Tag, arrí, Stein, selbst in der Flerion des Singulars, z. B. jaunarén, des Herrn c. Die Wurzeln sind meist einfilbig, wie in anderen Sprachen; in der Wortbildung besißt es eine außerordentliche Kraft, so daß faft zügellose Freiheit herrscht. Man kann z. B. von obliquen Casus Verben bilden, z. B. vom Genitiv aitaren, des Vaters davon aitaganata, zum Vater gehen. Die abgeleitet aitarenatu, zum Eigenthume des Vaters machen, oder. aitagana, zum Vater hin, Kraft der Zusammenseßung ist nicht geringer, und daher kommt es," daß der Wörterschaß des Baskischen ein ungemein großer ist. Das Wort Donner z. B. läßt sich auf mehr als zehnfache Art ausdrücken. Das Geschlecht an den Substantiven unterscheidet das Baskische, ähn lich wie das Magparische, das Englische u. s. w. nicht; hieraus folgt, daß auch die Adjektive nur einer Endung sind.

Herr Dr. Mahn nimmt wohl mit Recht an, daß die Muttersprache des Baskischen, das Altiberische, keinen unbedeutenden Einfluß auf andere alte Sprachen geübt hat. Viele Wörter, die z. B. im Lateinischen vereinzelt stehen und keine etymologische Ableitung zulaffen wollen, dürften sich als aus dem Jberischen entlehnt herausstellen, ebenso muß fie mit auf die Bildung des Hispano-Romanischen vielfach eingewirkt haben, Herr Dr. Mahn bezeichnet als Spuren davon den scharfen spanischen Kehllaut, der auch im Baskischen von Guipuzcoa zuhause ist, ferner das milde spanische b, das, wie auch im Baskischen, sich der Aussprache von v nähert, den Vorschlag eines e vor lat. s impurum, z. B. Esteban aus Stephanus. Patronymika, wie Fernandez, Rodriguez, von Fernando, Rodrigo, erinnern an das Baskische ez, welches Adjektiva bildet, wie berún, Blei, berunéz, bleiern, dürften aber mit Herrn Dr. Mahn richtiger aus dem Gothischen herzuleiten sein.")

Unter den Franzosen und Spaniern hat die baskische Sprache nur wenige Bearbeiter und geringe Theilnahme gefunden. Natürlich genug; bestegte und zurückgedrängte Volksstämme, denen namentlich das höhere geistige Leben unterbunden ist, werden von ihren nächsten Nachbarn viel zu sehr über die Achsel angesehen, als daß man sich die Mühe geben sollte, ihr plebejisches Patois zu studiren.") Die Unwissenheit spricht von vorn herein ab; zu dem sind von den Die Leuten, die sich Gelehrte schelten, nur wenige im Stande, Dinge, wie die Vortrefflichkeit einer Sprache, zu beurtheilen. Der berühmte Geschichtschreiber Mariana nannte sie eine grobe und barbarische Sprache, die keiner Zierlichkeit und keines Wohlklanges fähig sei. Nur einige gelehrte und patriotische Basken haben ihre eine Pflege angedeihen laffen, die immerhin anerkennenswerth, aber lange nicht ausreichend erscheint. Die Hülfsmittel zur Erlernung sind unter allen europäischen Sprachen hier die wenigsten, unvollständigsten und unzulänglichsten, da sich selbst das Litauische, Lettische, Niederbretannische, Walisische, Gälische u. f. w. befferer Pflege erfreut hat. Die Grammatiken von Larramandi, Harriet, Lécluse, D'Abbadie, Chaho, Lardizabal lassen viel zu wünschen übrig; an Wörterbüchern giebt es nicht einmal ein baskisch-französisches oder baskisch-spanisches, sondern nur das spanisch- baskische von Larramandi. Ein vor kurzem angefangenes derartiges Unternehmen von Chaho ist sehr weitschichtig angelegt und wird zur Vollendung fehr lange Zeit bedürfen, von dem ungeheuren Preise abgesehen (jeder Bogen in Quartzkostet 74 Sgr.), der es vielen unzugänglich machen dürfte. Es ist bis jeßt erft bis zum Buchstaben

Das Lautsystem der baskischen Sprache hat einen ganz füdlichen Charakter, es zeigt einen ungewöhnlichen Wohllaut. Es herrscht eine

*) Fernando, Rodrigo find gothische Namen. Die Möglichkeit liegt das her weit näher, daß Formen, wie Fernandez, Rodriguez, Reste gothischer Genitive auf is find, Fairthi-nanthis, Ruthareikis, zu ergänzen „Sohn". Dies wäre dieselbe Erscheinung, die im Italiänischen so häufig ist, nur mit dem Unterschiede, daß hier der Genitiv dem Lateinischen entlehnt wurde. Ich meine die vielen Namen, die auf i enden, z. B. Sismondi (Sigismundi filius), Liprandi, Gualteri &c. Aehnlich norddeutsche, dänische, schwedische Namen, wie Peters, Karstens, Jakobs u. s. w.

**) Man erkundige sich z. B. bei Beamten, die in Preußen gewesen, nach der litauischen Sprache und dem litauischen Volke, und man wird Antworten bekommen, von denen die Sprachvergleicher nicht sehr erbaut fein werden.

G (gormeta) gelangt und kostet bereits 12 Thaler. Für Deutschland und die höhere geschichtliche Sprachwissenschaft hat eigentlich Wilhelm v. Humboldt das Baskische erft entdeckt, der in den Jahren 1799 und 1800 in den baskischen Provinzen war und gewiß von allen In- und Ausländern die tiefste wissenschaftliche Erkenntniß dieser Sprache beseffen hat.

Seine erste Schrift darüber, welche in den Berücksichtigungen und Zusäßen zum zweiten Bande des Mithridates (Berlin 1817) über die kantabrische und baskische Sprache abgedruckt ist, kann nur als eine provisorische betrachtet werden; größer und wichtiger sind die Untersuchungen über die Urbewohner Hispaniens vermittelst der baskischen Sprache, in welchen aus der Analyse und Deutung der hispa nischen und aquitanischen Ortsnamen gezeigt wird, daß das heutige Baskische von dem alten Iberischen stamme. Außerdem beabsichtigte er ein besonderes und ausführliches Werk über die baskische Sprache und Nation, wie wir aus Fr. Schlegel's deutschem Museum (1812) erfahren; es ist aber nichts davon erschienen, wiewohl die Herausgabe in die nächste Aussicht gestellt wurde.

Seit Wilhelm von Humboldt's Tode (1835) und eigentlich schon früher hat das Studium der baskischen Sprache in Deutschland gänzlich geruht, und Herr Dr. Mahn, dessen Verdienste wir mit Freuden anerkennen, ist der Erste, der an diese Tradition wieder anknüpft. Das vorliegende Buch, das in der Vorrede manche von Humboldt angedeutete Gedanken und Gesichtspunkte wieder aufnimmt und gründlich durchführt, ist das „, erste Buch, das in Deutschland in baskischer Sprache gedruckt wurde." Nur zweihundert Exemplare find, wie dem Verfaffer von der Verlagshandlung auf der Rückseite des Titelblattes, bescheinigt wird, davon abgezogen worden, um ihm einen Werth für Bibliophilen und Bibliomanen zu geben, was freilich Geschmackssache ift. Die abgedruckten Sprachdenkmäler, welche 80 Seiten füllen, find Ueberseßungen, z. B. aus der Apostelgeschichte, aus Cicero's Catilinarischen Reden, welche auf W. v. Humboldt's Veranlassung von einem gelehrten Basken gemacht sind; Dokumente aus dem sechsten und achten Jahrhundert, Lieder und Liederfragmente, Sprüchwörter u. s. w. Gloffar, Grammatik und sonstige Erklärungshülfsmittel sollen später veröffentlicht werden. Uebrigens ist, wie Herr Dr. Mahn versichert, die baskische Sprache gar nicht so ungemein schwer, als man sie gewöhnlich macht; nur der Mangel an geeigneten Hülfsmitteln und fehlerhafte Methode der Grammatik macht sie dazu.

Für die mitgetheilten Sprachdenkmäler ist vorzüglich auch ein Werk benußt, das den Titel führt: „Versiones Bascongadas de varias arengas y oraciones selectas de los mejores autores latinos por Don Juan Antonio de Moguel y Urquiza. En Tolosa, 1802." Aus der Vorrede erfieht man, daß diese Ueberseßungen auf Bitte und Veranlaffung von Wilhelm von Humboldt gemacht wurden. Wir theilen die interessante Stelle in der Ueberseßung mit:

,,Ein vornehmer und gelehrter Preuße, genannt Baron von Humboldt, widmete sich zu Paris dem Studium baskischer Sprache und Grammatik. Es geriethen ihm dort die baskische Uebersehung des neuen Testamentes und einige Werke von Oyenarto in die Hände, die er las. Aus dieser Hauptstadt kam er dann hierher ohne anderen Zweck, als in diesen Gegenden mit den in dieser Sprache am besten Unterrichteten zu verkehren. Ich habe ihm Unterricht gegeben und war ganz erstaunt über die Einsichten, die er erwarb, über die Betrachungen, die er anstellte, und den Scharfsinn seiner Fragen; und da er in der hebräischen, griechischen, deutschen und anderen Sprachen des Nordens unterrichtet war, so bemächtigte er sich mit Leichtigkeit der so künstlich zusammengefeßten Conjugation und der HauptDeclinationen. Er kam im Auftrage irgend welcher gelehrten Gesellschaft, welche beabsichtigt, die Mutter, Stamm- und Ursprachen zu entdecken (dies ist natürlich ein Irrthum). Er wird in Kürze ein Werk über dieses Idiom veröffentlichen, das von vielen gelehrten Spaniern mit Geringschägung betrachtet wird. Sie mögen sich hieran ein Beispiel nehmen. Der gelehrte Preuße will beweisen, daß die baskische Sprache zur Beredtsamkeit geschickt, rein und bildungsfähig ift. Auf seine Bitte und Veranlassung habe ich die Uebersehungen von verschiedenen ausgewählten Ansprachen und Reden von Quintus Curtius, Titus Livius, Tacitus, Sallustius gemacht und ebenso den Anfang der beiden Reden des Cicero gegen Catilina übertragen — Alles Stücke von der höchsten Eleganz."

Mannigfaltiges.

Knl.

Gymnasial-Unterricht in Frankreich. Unter der Rubrif:,,Examens, concours, épreuves diverses", theilt die Revue de l'instruction publique die Aufgaben mit, die für die schriftlichen Prüfungen in den verschiedenen höheren Unterrichtsanstalten Frankreichs gestellt worden sind. Sie bieten Gelegenheit, die Forderungen, die man in Frankreich an die Zöglinge derselben stellt, mit den unsrigen zu vergleichen. Zum Bakkalaureats-Examen, das ungefähr dem Abi

turienten-Examen unserer Gymnafiaften entspricht, werden drei Aufgaben zu schriftlichen Arbeiten gegeben: eine physikalische, eine mathematische und eine lateinische. Die physikalische fällt bei uns weg; die mathematische besteht in Frankreich meist in einer algebraischen Gleichung des ersten oder zweiten Grades, indeß bei uns wenigstens drei Aufgaben gestellt werden: eine algebraische, geometrische und trigonometrische. Die lateinische Aufgabe besteht in Frankreich in der Uebersehung einer nicht gerade sehr umfangreichen und schwierigen Stelle aus einem lateinischen Prosaiker, wogegen bei uns eine freie lateinische Arbeit und eine Ueberseßung aus dem Deutschen in das Lateinische verlangt wird. Eine schriftliche griechische Arbeit, wie bei uns, wird in Frankreich nicht gefordert, ebensowenig findet eine schrift liche Prüfung über eine neuere Sprache statt, während unsere Abi turienten eine Ueberseßung aus dem Deutschen in das Französische anzufertigen haben. Endlich wird ein freier französischer Aufsaß, wie bei uns ein deutscher, nicht geschrieben. In der Prüfung für die Zulaffung zur Marineschule (école navale) jedoch wird eine sogenannte Narration gefordert. Wir seßen das Thema, das für den Konkurs der Zulassung in diesem Jahre gegeben worden ist, hierher: "Stellt Euch eine Gruppe von Kindern vor, die in einer kleinen Klaffe ver einigt sind und sich eifrig und aufmerksam mit Lesen beschäftigen. Ein Inspektor tritt mit dem Klaffenlehrer ein und fragt der Reihe nach die Schüler, was sie lesen und was sie für Gefallen daran finden. Der Eine lieft die Biographieen des Plutarch, der Andere das Leben der Heiligen, ein Dritter die Geschichte der Reisen, ein Vierter die Wunder der Natur. „Und du, was liest du?" fragt der Inspektor ein junges Kind, das so vertieft in seine Lektüre ist, daß & die Ankunft desselben nicht bemerkt hat. "Ich lese den Robinson.". ,, Und warum?" ,Unb Weil ich ein Seemann werden will.“ wieso flößt dir der Robinson die Luft für das Seewesen ein?" Ihr werdet für das junge Kind antworten, indem Ihr die Beweggründe seiner Vorliebe für das Fach eines Seemannes entwickelt." — Außer dieser Aufgabe hatten die Aspiranten noch eine trigonometrische Aufgabe zu lösen, eine Ueberseßung aus dem Französischen in das Englische und aus dem Französischen in das Lateinische anzufertigen und eine Zeichnung und einen Riß zu liefern.

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- Lord Rosse's Teleskop. Herr Professor Mädler schreibt in der,,Rigaschen Zeitung":,,Seit länger als zwanzig Jahren machi das 70,000 Pfund schwere, 53 Fuß lange, mit einem Metallspiegel von 6 Fuß Durchmesser versehene Teleskop des Lord Roffe in öffen lichen Blättern von sich reden, aber trog der langen Zeit ist noch sehr Weniges und meistens nichts Verbürgtes über die erlangten Refultate in die Deffentlichkeit gedrungen. Dies ist nun dem Sachkenner sehr erklärlich; der Besizer war fast diese ganze Zeit hindurch bes müht, dem Jnstrumente die möglichste Vollendung zu geben und den Mechanismus der Aufstellung in zweckmäßigster Weise einzurichten, was nur nach höchst mühsamen, kostspieligen und zeitraubenden Prüfungen, die oft wiederholt wurden, zu erreichen war. Allein auch nach Beendigung aller dieser Arbeiten, die über funfzehn Jahre in Anspruch nahmen, konnten die wirklichen Beobachtungen nur langfam fortschreiten. Die Bewegung, Einstellung und Richtung eines solchen Koloffes ist auch beim vollkommensten Mechanismus doch kein Werk weniger Minuten. Wenn nicht mit einiger Wahrscheinlichkeit auf dauernde Heiterkeit gerechnet werden kann, verlohnt es der Mühe gar nicht, das Instrument zu enthüllen, die Arbeiter an die Kettenzüge zu placiren, die beweglichen Galerieen für den Standpunkt des Beob achters einzustellen und dann das Rohr zu richten. So ist es begreif lich, daß zahlreiche Beobachtungen in verhältnißmäßig kurzer Zeit, wie Achromate sie gestatten, von diesem Instrumente weder jezt noch künftig zu erwarten sind. Lord Roffe weiß sehr wohl, was er seinem Teleskop zutrauen kann und was nicht. Er hat den Spuren der Seleniten nicht nachgeforscht und keine Firsterndurchmesser zu bestimmen versucht, und wird dieses auch in Zukunft nicht. Dagegen waren die Nebelflecke, diese noch so wenig gekannten und gleichwohl an Größe und Mannigfaltigkeit Alles, was wir am Himmel erschauen, bei weitem übertreffenden Objekte, von Anfang an sein vorzüglichstes Augenmerk. Schreiber dieses ist jezt im Stande, aus einem in den lezten Tagen empfangenen Schreiben des Lord Roffe an ihn Folgendes mitzutheilen:,,,,Die Arbeit, mit der wir uns in den leßten vier Jahren vorzugsweise beschäftigt haben, war die Abzeichnung aller noch nicht dargestellten größeren Nebelflecke des Himmels. Ich hoffe, die Resultate nun bald veröffentlichen zu können. Wir wissen bereit aus früheren vorläufigen Mittheilungen, daß neue und die höchste Theilnahme in Anspruch nehmende Thatsachen gefunden worden find, wie beispielsweise die Spiralform mehrerer Nebelflecke. Und so darf das für Himmelskunde sich intereffirende Publikum in nicht zu langer Zeit einer höchst wichtigen Mittheilung, geschöpft aus den unermeßlichen Tiefen des Himmels, mit Sicherheit entgegensehen.“

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Wichentlich erscheinen 3 Rummern. Breis jährlich 3 Thlr. 10 gr., valójábrlich 1 Thlr. 20 Sgt. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür dað Blatt im Irlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 110.

für die

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Literatur des Auslandes.

Türkei.

Berlin, Dienstag den 14. September.

Neuester Plan eines Griechen, den Sultan und sein Reich zu reformiren.

Unter dem Titel: „L'Orient. Les réformes de l'empire byzanio. Par J. G, Pitzipios -Bey", ist vor kurzem in Paris bei E. Dentu ein unter allen Umständen die Aufmerksamkeit der Politiker ver›ienendes Buch erschienen, auch wenn das Urtheil darüber im Allgemeinen und Einzelnen noch so verschieden ausfallen mag und Mancher sich ohne Weiteres veranlaßt finden dürfte, ein unbedingtes Verdammungs-Urtheil über den Verfasser und über sein Buch auszusprechen. Der Verfaffer, ein Grieche seiner Nationalität nach, dazegen in Ansehung seines kirchlichen Glaubens ein vor einigen Jah, cen zum römisch-katholischen übergegangener Apostat der morgenländisch orthodoren Kirche, der, außer anderen Schriften, in denen er die orientalische Frage in politischer und kirchlicher Beziehung behandelt hat,®) namentlich als Verfaffer des gegen die orientalische Kirche gerichteten Buches: „, L'église orientale" (Rom, 1855), in Deutschland bekannt geworden ist (f.,,Magazin" 1857, Nr. 138), verlangt in diesem seinem neuesten Buche nichts mehr und nichts weniger zum wirk lichen und wahrhaften Abschluffe der vom Sultan Abdul-Medschid beschlossenen politischen Reformen des osmanischen Reiches (das jedoch der Grieche Pißipios Bey mit einer gewissen Konsequenz nur als das frühere byzantinische Reich betrachtet und auch nur so nennt), als daß der Sultan Christ werde.

Dieses Verlangen ist in der That ein ganz ernstlich von dem Verfasser gemeintes, und wie überschwänglich auch die Phantasie des Orientalen sein mag, mit deren Hülfe er zu der Höhe der Anschauung sich erhoben, von wo aus er dieses Verlangen als den Inbegriff aller seiner Gedanken und Ueberzeugungen von der unabweislichen Nothvendigkeit des Schrittes selbst kühn und offen und mit einer gewissen Sicherheit des Glaubens an die Möglichkeit des Gelingens des von ihm geforderten Schrittes ausspricht: an den Gedanken und an den Ueberzeugungen, insoweit sie auf die Lage der Dinge und auf die Beschaffenheit der Zustände selbst gerichtet sind, hat die Phantasie des Orientalen nicht den geringsten Antheil. Vielmehr ist das diesfallsige Raisonnement des Verfassers und sind die Betrachtungen des selben im Allgemeinen von einer solchen objektiven, durch Geschichte und Philosophie begründeten Sicherheit und Klarheit, daß man, die Sache rein theoretisch genommen und ohne besondere Rücksicht auf die praktische Seite der Ausführbarkeit und auf die Frage wegen des nothwendigen Gelingenmüffens des vorgeschlagenen Schrittes, gar wohl in Versuchung kommen könnte, dem Verfaffer bis zur Höhe der Anschauung selbst zu folgen und das nämliche Verlangen zu tellen.")

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Wir können es uns nicht versagen, Einiges aus dem Buche selbst mitzutheilen, indem wir der Meinung sind, daß man gerade hier, wo die schroffsten Gegenfäße in den Ansichten über Mittel und Zweck fich fundgeben können und kundgeben, die Geister, nach einem Ausdrucke Luther's, muß ohne Weiteres auf einander plagen lassen.

Dem Buche voran steht, statt einer gewöhnlichen Einleitung, eine Zuschrift des Verfaffers an den Sultan Abdul-Medschid selbst, in der sich der Erftere über das Buch und über dessen wesentlichen In halt ausspricht. Sie ist für den Verfasser und für das Buch charak teristisch, und sie mag deshalb auch hier unter den Mittheilungen aus esterem zuerst eine Stelle finden:

*) „Lá question d'Orient". Maita, 1852, „Les chrétiens d'Orient". Ebendas. 1852. **) Wie sernes Wetterleuchten enthält der Aufsaß: Die Türkei, vom christlich-religiösen Standpunkt betrachtet" (,,Magazin", 1858, Nr. 9), ent fernte Anklänge an die Ansichten des Verfassers, aber jener Auffag geht am allerwenigsten in Ansehung des Sultans bis zu einem Verlangen an denselben, wie dies der Verfasser des Buches thut! D. G.

Sire!

1858.

,,Es liegt mir am Herzen, die Wahl zu rechtfertigen, welche Ew. Majestät vor zehn Jahren trafen, indem Sie mir behufs der Ausführung Ihrer erhabenen Gedanken die Stelle des Secretairs bei der kaiserlichen Kommission zur Anwendung des Tansimats in den Provinzen von Rumelien anvertrauten, und zugleich drängt es mich, in diesen Zeilen, welche nur die Liebe zu meinem Vaterlande mir eingegeben hat, Ew. Majestät einen neuen Beweis meines entschiedenen Verlangens zu geben, die Mission, mit welcher Sie mich damals beehrten, völlig zu ́erfüllen.

,,Der Beifall und die Aufmunterung, die mir für meine bis herigen Schriften über den Orient von Seite ausgezeichneter Staats männer zu Theil geworden sind, laffen mich hoffen, daß auch die gegenwärtige Arbeit, der entschiedene Wiederhall der Meinung der civilifirten Welt (?), nicht wirkungslos sein werde, wenn es meiner Stimme, trog ihrer schroffen, aber durchaus ehrfurchtsvollen Freimüthigkeit, gelingen sollte, bis zu Ihrem Throne zu dringen; ich ver laffe mich zu sehr auf Ihren guten Stern, Sire, als daß ich mir nicht sollte schmeicheln dürfen, es werde sich unter Ihren Unterthanen wohl ein Ihrem Ruhme und Ihren Intereffen ganz ergebener finden, der dafür Sorge trage, daß meine Stimme Ihr Ohr erreiche

,,Ew. Majestät werden dann inne werden, daß, wenn ich einer feits ohne Rückhalt das Uebermaß von Elend, das an Ihrem Volke zehrt, sowie die Ursachen schildere, welche Ihre hochherzigen Bemühungen lähmen, und jezt mehr als je dazu beitragen, die Grundlage Ihrer Dynastie zu untergraben, ich zugleich auf der anderen Seite die Mittel angebe, um den Thrøn vor dem Untergange zu sichern, der ihn bedroht.

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,,Die Verehrung, womit man Sie so diensteifrig umgiebt, ist die Kette, deren man sich bedient, damit Sie nichts mit eigenen Augen fehen, und unter dem eitlen Vorwande der Etikette untersagt man Ihnen eine jede unmittelbare Verbindung mit denen, die man zú Ihrem entschiedensten Vortheile Ew. Majestät sich sollte nähern lassen.

,,Zurückgehalten in Ihrem goldenen Gefängnisse, welches Sie nur zu gewissen glänzenden Aufzügen und Umzügen verlassen dürfen, sehen Sie nichts, als eigennüßige Diener, die einen Vortheil darin finden, in einem falschen Lichte Ihnen das zu zeigen, was ihre traurige Geschicklichkeit — vielleicht die einzige, die sie besigen nicht ganz vor Ihren Blicken zu verbergen vermag, und so geschicht esp: daß Sie gegen ein Uebel, welches Sie nur oberflächlich kennen, tein wirk fames Mittel finden können.→

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Zu dieser ersten Ursache, die Ihnen jene Freiheit des Handelns raubt, deren Sie bedürfen, um das Werk der Wiedergeburt des byzantinischen Reiches glücklich zu Ende zu führen, gefellt sich eine zweite, die Ew. Majestät, in Folge einer Erfahrung von achtzehn Jahren, hat offenbar werden müffen, und welche man mit leichter Mühe einzig und allein in dem berechneten bösen Willen Ihrer Rathgeber suchen darf, die, wenn sie Ihre Befehle auszuführen scheinenTM: nichts thun, als was ihre eigenen Interessen ihnen vorschreiben. annage ens s Wie könnte Ew. Majestät in Wahrheit sich schmeicheln, die aufrichtige Unterstüßung jener Menschen zu erlangen, die mit Reichthümern vollgepfropft sind, welche sie unter einem Regierungssysteme

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