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gen weltlichen Fürsten bestimmt, wie die griechische Kirche im Mittelalter durch die byzantinischen Kaiser, in der neueren Zeit durch die russischen Zaren, in eine ähnliche Erstarrung versinken, wie diese...

Wir schließen unseren Bericht mit der Bemerkung, daß die deutschen Ueberseßungen beider Schriften sich durch Leichtigkeit und Angemessenheit empfehlen. Mmm.

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Frankreich.

Lamartine's Literaturblatt. (Dritter Jahrgang.)

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Wie man auch über Lamartine den Staatsmann, den Geschichte schreiber, den Kritiker denken mag an den Kranz, den ihm die Poesie gewunden, darf keine profanirende Hand rühren. Die Miß griffe, die er sich auf den verschiedenen Gebieten seines öffentlichen und literarischen Wirkens zu Schulden kommen ließ, können vielleicht aus der Einen Quelle hergeleitet werden, daß er des Lebens kalte Prosa mit lyrischer Gluth auffaßte; sie dürfen uns aber nicht in dem Genusse ftören, den er uns in seinem „, Cours familier de littérature" bereitet, wenn er in die Beurtheilung fremder Dichterwerke den reichen Blumenschmuck seines poetischen Genius gewebt hat. Man lese, als Probe, folgende Analysis des sechsten Gesanges der „Ilias": ,,Diese Scenen, die einen öffentlich, die anderen häuslich diese wollüftige Liebe in der Kammer Helena's, diese züchtige Liebe im Palaste Andromache's — dieser Abschied im Thurme des sfäischen dieser Abschied im Thurme des fläischen Thores dieses vor Unruhe bewegte Herz der Gattin und dieses erweichte, aber vom Gefühl seiner Pflicht erstarkende Herz des Gatdieser von der Mutterliebe eingegebene Kunstgriff, daß sie sich von der Amme mit dem Kinde begleiten läßt, um ihre Macht, als Gattin und Mutter, zu verdoppeln — dieses Gespräch, wovon jedes Wort aus den echtesten, zartesten und heiligsten Naturtrieben geschöpft ist diese Leidenschaft, die durch das keusche Band der beiden Gatten die gefeßliche Weihe empfängt dieser Redefluß der beiden Herzen, ohne eitle Bilder und ohne hohlen Wortprunk — dieses zumal kindliche und rührende Zwischenstück, wie das Knäblein, von dem Helmbusch erschreckt, sich, abgewendet von den Armen des Vaters, in den Busen der Amme verbirgt dieser Vater, der seinen Knäben auf denselben starken Armen wiegt, die nun bald den ehernen Wurfspieß gegen Achilles schleudern werden - diese trübe Ahnung der Gattin, die plöglich und unwillkürlich gemahnt wird, daß es eben der Achilles ist, der ihr neulich den Vater und sieben Brüder getödtet hat und die um das Grab ihres Vaters gepflanzten Ulmen, die plöglich in ihrer Erinnerung aufschießen und die mühsam verhaltenen Thränen, die ihre Augen verschleiern – und dann der gewaltsam hervorbrechende Schmerz beim Scheiden und das thränengebadete Antliß, das sich unwendet, um noch zum lezten Male den zu schauen, der ihr die Seele mitnimmt - und dann die Rückkehr in das Haus, das leer ist von ihrem Gatten, aber voll von gleich gültigen Frauen und diese Andromache, allein mit ihrem Kinde und der Amme, deren bloße Gegenwart, ohne Worte, durch das Mitgefühl, daß fie einflößt, mehr Thränen hervorlockt, als sich bald über den Fall und den Brand Jlions auf dem Feigenhügel ergießen werden das sind Pinselstriche, die den Maler der Natur gleichstellen, die aus dem Dichter etwas höheres, als einen Menschen machen: einen wahrhaft göttlichen Dolmetsch zwischen der Menschennatur und. dem Menschenherzen."

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Ueber die Marseillaise" äußert sich Lamartine:

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,,Alle Völker hören in gewissen Momenten ihre Nationalfeele in Tönen heraufbrausen, die kein Mensch geschrieben und die Jeder mann fingt. Alle Sinne wollen dem Patriotismus ihren Zoll brin gen und sich gegenseitig zum Muthe anfeuern. Der Fuß schreitet, die Geberde beseelt die Stimme, die Stimme berauscht das Dhr, das. Ohr bewegt das Herz. Der ganze Mensch wird ein besaitetes Tone werkzeug der Begeisterung. Die Kunft wird heilig, der Tanz heroisch, die Musik kriegerisch, die Poesie Voltseigenthum. Die Hymne, die in solchem Moment aus jeglichem Munde ertönt, verklingt nimmer mehr. Gleich jenen geweiheten Fahnen, die an den Tempelgewölben aufgehängt sind, und die nur an gewissen Tagen hervorgeholt werden, so bewahrt man den Nationalgefang als die legte Waffe in den äu Bersten Nöthen des Vaterlandes. Unser Lied empfing von den Umftänden, unter welchen es erklang, ein eigenes Gepräge, ein feierliches und unheilverkündendes zumal: Ruhm und Verbrechen, Sieg und Lod scheinen in seinen Schlußreimen verflochten. Es war der Sang des Patriotismus, aber auch die Verwünschung der Wuth; er geleitete. unsere Krieger an die Gränze, aber auch unsere Schlachtopfer auf die

Richtstätte. Daffelbe Eisen beschüßt das Herz des Vaterlandes in der Hand des Kriegers und würgt die Opfer in der Hand des Henkers."

Daß auch die Weise und der Einklang der Töne ihm ihre Geheimnisse erschloffen, daß er nicht nur die Musik der Menschen, sondern auch die der Elemente versteht, davon überzeugt er uns an einer anderen Stelle. Laffen wir uns von ihm an die syrische Küfte zwischen den Libanongipfeln und dem brausenden Meere während einer. Sommernacht führen, es wird uns nicht gereuen:

Plöglich wird die Stille von der schmetternden Kehle der Bulbul unterbrochen; die asiatische Nachtigall stimmt, ohne Vorspiel, im Dunkel der Nacht auf einem Terebinthen-Zweige ihre luftige Weise an, und auf dieses Zeichen fällt die ganze unbeseelte Schöpfung wie im Chor ein. Der Wind, in den Wäldern und auf dem Meere eingeschlafen, erwacht und durchläuft stufenweis alle Tonleitern seiner Instrumente: er pfeift in dem Takelwerk der Masten und den segelentblößten Raaen der Fischernachen, die in des Gestades Buchten ankerner knistert in dem leichten Schaum, der die Wellengrate zu säumen beginnt er grollt mit den wuchtigen Sturzseen, die sich auf offenem Meere schichten - er donnert in den Wogen, die in Abfäßen den Vorberg mit ihrem Gischt bedecken — er unterbricht sich während der Paufen, die das Meer macht, und durch den Rhythmus seiner Tonfälle zu dem Elementen-Konzert. In dem nahen Thale lauscht das Ohr dem Plätschern des von dem geschmolzenen Schnee des Libanon geschwollenen Bächleins, über deffen grafiges User die Kaskaden ihre Schaumflocken streuen und kaum das Rohr in seinem Bette biegen, wenn sie seiner Mündung nahen. Der Schirmföhre gezahntes Laub, vom Seewinde bald geschüttelt, bald geliebkost, heult, ftöhnt, klagt, seufzt, athmet, haucht melodische Töne, die im Nu alle Noten der Luft durchlaufen und der mitklingenden Seele alle Noten der Empfindung entlocken, von der Unendlichkeit des Schalls bis zur Unendlichkeit der Stille.“

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Mannigfaltiges.

Aimé Bonpland. Wir liefern nachstehend, nach der Revue de l'instruction publique, einige Züge aus dem Leben dieses großen, kürzlich am Uruguay, im fünfundachtzigsten Lebensjahre, verftorbenen Naturforschers, über deffen leßte Tage Aler. v. Humboldt eine nächftens in der botanischen Zeitschrift,,Bonplandia" erscheinende Mittheilung machen wird: Aimé Bonpland war der Sohn eines Arztes und zu La Rochelle im Jahre 1773 geboren. Er hatte die Bestimmung, dem väterlichen Berufe zu folgen, doch die Ereignisse der ersten französischen Revolution machten diesen Plan scheitern, und so trat der junge Mann in die Marine ein. Nachdem er hier einige Zeit die Stelle eines Wundarztes bekleidet hatte, kam er nach Paris, um seine Studien zu vervollständigen. Dort, bei Corvisart, schloß er sich an einen jungen Deutschen, der bald einen europäischen Ruf erlangen follte. Mit Alexander v. Humboldt trat er eine Reise nach der neuen Welt an, und diese Reise verschaffte Bonpland die Gelegenheit, ungefähr sechstausend Pflanzen zu sammeln und zu klassifiziren, die bis dahin den botanischen Schriftstellern noch unbekannt waren. Bei seiner Rückkehr nach Frankreich bot er diese Sammlung dem naturgeschichtlichen Museum in Paris an, was ihm ein DankesBotum des Kaisers Napoleon und eine Pension eintrug. Die Kaiserin Josephine, welche die Kenntnisse Bonpland's fehr schäßte, vertraute ihm die Leitung ihres herrlichen Pflanzengartens an, der ihr den Aufenthalt in Malmaison so theuer machte. Bei Napoleon's Abdankung im Jahre 1814 glaubte Bonpland den Kaiser bewegen zu können, daß er sich nach Meriko zurückziehe, um dort, wohin er ihn begleiten wollte, die Ereignisse abzuwarten, doch wurde dieser Plan von Napoleon zurückgewiesen. Bonpland war ein Zeuge der leßten Stunden Josephinens, deren leßte Worte in Malmaison er aussprechen hörte. Nun ward Bonpland durch nichts mehr in Frankreich zurückgehalten, und er ging jest wieder nach Süd-Amerika, von wo er nicht wieder nach seinem Vaterlande zurückgekehrt ist. Noch im vorigen Jahre hat er brieflich die Hoffnung ausgesprochen, seinen alten Freund Humboldt in Europa noch einmal zu sehen, und es scheint auch, als ob er von San Borja, seiner großen Plantage, aufgebrochen wäre, um die europäische Reise anzutreten, als der Tod ihn ereilte.

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offen sah, blieb ich jedesmal stehen, und ich mußte einer fast unwiderftehlichen Gewalt gebieten, um nicht einzutreten und mich einer Todesgefahr auszusehen.

In neuester Zeit wurde es dem Erzherzog Ferdinand Mar und dem Herzog von Brabant gestattet, den Tempelplaß zu besuchen. Der österreichische Konsul, der die Erlaubniß einholte, benußte die Gelegen heit und ließ, da der Andrang groß war, um die Prinzen zu sehen,

....,,Ich stand auf der Stelle des Allerheiligsten im Tempel Jeden, der Theil nehmen wollte, mitgehen. Die muhammedanische BeJehova's.

Wer würde sich nicht sehnen, diese Stätte zu betreten? Sie allein ist eine Pilgerreise nach Jerusalem werth. Der Erfüllung eines noch so heißen Verlangens von Hunderttausenden war stets das Verbot der Moslemin entgegen; dem jüdischen Pilger aber auch noch das der eigenen Glaubensgenossen. Seitdem der Tempel in Ruinen liegt und die Reinigungen durch die Asche der rothen mystischen Opferkuh nicht mehr stattfinden können, betrachtet sich Israel als unrein. Kein Unreiner aber durfte nach der heiligen Schrift das Heiligthum betreten, und haftete der Fluch des Ausgerottetwerdens auf demjenigen Juden, der dem Verbote entgegen handelte. So hat es zur Zeit des unzerftörten Heiligthumes gegolten.

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Nach der Zerstörung finden wir in dem „, Itinerarium hierosolomytanum" vom Jahre 333 nach der chriftlichen Zeitrechnung folgende Stelle: Es liegt ein Stein da" wir werden diesen später auf dem Tempelplage in der Omar Moschee fehen zu dem jedes Jahr die Juden kommen, fie falben ihn unter Wehklagen und Weinen und zerreißen ihr Kleid.“

Ein Blutzeuge des alleinigen Gottes, Rabbi Akiba, ging mit einigen Freunden auf den Tempelberg. Als sie emporstiegen und sprachen:,, Unser Heiligthum, unser Ruhm, wo unsere Väter dich einft gepriesen haben, ist verbrannt und all unsere Herrlichkeit zerstört." Da, durchs verwüstete Gemäuer, fuhr ein Fuchs auf und an ihnen vorüber, und sie fingen über den Anblick zu weinen an. Rabbi Akiba aber lachte. Wie kannst Du, Rabbi", fragten sie ihn befrembet, „lachen, wenn Du siehst, was prophezeit wurde:,,,,Auf dem verwüsteten Berge Zions ziehen Füchse einher."" Und er antwortete ihnen: Diese erfüllte Prophezeiung ist mir eine Bürgschaft für die Erfüllung einer anderen, die da spricht: „Ich der Herr werde Zion erbauen und werde es mit einer Feuermauer umgeben.""

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Zur Zeit der ägyptischen Eroberung Syriens, im Jahre 1833, erzählte mir Herr Rabbi Schwarz, fanden die Moslems des Morgens einen jungen Ifraeliten in der Moschee, der sich Rachts dahin ein geschlichen und thöricht Lampen und Geräthe zerbrochen hatte. Man erkannte bald, daß er wahnsinnig sei, doch wurde er in einen Kerker geworfen. Kein Jude durfte es wagen, fich in den Straßen fehen zu laffen, und der Wahnsinnige wurde vom hohen Rathe zum Tode des Verbrennens verurtheilt. Die Bestätigung des Todesurtheils mußte von Mehmed Ali eingeholt werden. Statt derselben erfolgte die frappante Entscheidung: Es seien die Wächter des Harams zu bestrafen, die ihres Amtes so schlecht gewaltet hätten. Die Strafe des lebendig Verbranntwerdens treffe aber nur die Unbeschnittenen. Der Jude darf zwar das Heiligthum nicht betreten, aber, da er beschnitten ist, nicht verbrannt werden.

Die Erzählung dieser Begebenheit schien mir eine Warnung, denn der fromme Rabbi mochte, weil ich viel über den Gegenstand sprach, meine geheim gehaltene Absicht doch gemerkt haben.

Die Sehnsucht, die Tempelstätte zu sehen, war in meiner frühsten Jugend, wenn ich ihre und des heiligen Dienstes Schilderungen las, rege geworden. Meine Phantasie ruhte oft auf den geheiligten Zinnen und auf den entweihten Ruinen; fie beherrschte mich, als mir das ungehoffte Glück zu Theil wurde, nach Jerusalem zu pilgern, fie ließ mich in der heiligen Stadt nicht ruhen und wuchs, seit ich aus des Pascha's Audienzfaal in den Tempelhof vom Delberg über den ganzen Raum gesehen hatte, zu einer leidenschaftlichen Forderung der Seele heran, der ich nicht zu widerstehen wußte. Wenn ich in der Nähe des Haram ging, was täglich geschah, und die Zugänge zum Tempel

völkerung gewöhnte sich so an den Anblick,,,Christenhunde" die ihnen nach Mekka heiligsten Stellen betreten zu sehen, und weil auch dem Schech eine ansehnliche Rente aus den Besuchen erwuchs, war es nicht mehr schwer, die Erlaubniß zu erhalten.

Der sehr fromme und strenggläubige Sir Moses Montefiore nahm keinen Anstand, den Tempelberg zu betreten und bis an die Stelle des Allerheiligsten vorzubringen.

Er war denn, nach wenigstens anderthalb Jahrtausenden, der erste Jude wieder, der da stand, wo der Hohepriester nur am Versöhnungstage allein hintreten durfte.

Es war ein Sabbat. Ich wohnte der ersten Früh-Andacht, die in der Synagoge der neu gegründeten Lehranstalt gefeiert wurde, bei, um fpäter, wenn sich die Juden in den großen Synagogen versammeln und keiner von ihnen in den Straßen zu sehen ist, mich in den Tem pelraum zu begeben. Ich durfte den russischen und polnischen Juden keinen willkommenen Anlaß geben, mich mit dem Banne zu belegen, was auch zum Leide der Großgemeinde geschehen wäre.

Mich selbst aber hielt ich für genug rein gestimmt, um die heilige Stätte zu betreten, nicht aber gewillt, eine kostbare Erinnerung nicht zu erwerben, weil irgend ein Talmudist den Zutritt untersagt hat.

Es ist charakteristisch am Judenthume, daß es jede finnliche An regung zur Andacht vermeidet, ja, wie wir es eben sehen, bei einem durch die heiligen Schriften, durch Tradition und Geschichte unwider leglich echten Monumente streng verbietet. Kein Erinnerungsmal, fein Bild, fein Klang ftimmen und tragen die Andacht des Juden empor. Sein Gottesdienst ist asketisch, und an den unsichtbaren Gott darf kein Zeichen mahnen, keine gemeißelte Gestalt, als fürbittender Wegweiser in die Ewigkeit, aufgestellt sein. Wie tief muß der fromme Glaube in Gemüthern leben, daß er ein unversiegbarer Quell Jahrtausende lang, wie oft auch verschüttet und vergiftet, immer wieder gesund und klar zum Lichte strömt! Und doch wirft man dem semitis schen Stamme eine überwiegende Verstandesschärfe vor, die allerdings durch die soziale Bedrückung zu allen Zeiten und in allen Ländern immer wieder zugeschliffen ward. Eine ftets freie, ja gebotene For schung in den heiligen und profanen Schriften konnte der Glaubens seligkeit des Judenthums nicht die Schwingen lähmen zum Aufschwung zu dem unsichtbar Einen, konnte ihm nicht die Kraft bändigen, für den Glauben der Väter Schmach und Hohn und Tod in Demuth zu ertragen. Es ist ein schlagender Beweis, wie Wissenschaft, Forschung und Erkenntniß dem echten Gottesglauben und der Frommheit des Gemüthes nicht schaden.

Wir dürfen es aussprechen, daß das verständigste, nüchternste Volk, das Volk der Kaufleute: die Juden und die Engländer, die den religiösen Geboten am meisten huldigenden Völker der Erde find. Dagegen bereifeten wir vor zwei Jahrzehenden ein Land, wb jede wissenschaftliche Forschung verpönt, die freie Entwickelung des Geiftes nicht geduldet wird, und fanden es gerade in religiöser und fittlicher Verkommenheit. Und diese, auf Beobachtung der religiösen Obfervanz besonders aufmerksame Regierung war in verhängnißvoller Zeit just die erste, gegen die fich die politische Empörung erhob.

Froh der günstigen Bewilligung des Pascha, begab ich mich um 8 Uhr Morgens, vom Kawaß des österreichischen Konsulates begleitet, in den Haram.

Wir betraten im Hause des Pascha die Wachtstube, die, mit Flinten, Pistolen und Säbeln an den Wänden, wenn sie sonst reinlich gehalten gewesen wäre, ein genug stattliches Ansehen gehabt hätte. Der Wache

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Kommandant lud mich auf den Divan, der mit einem zerrissenen Tep-mehr. Um die Geschichte zu einem Bilde zu machen, das, Leben pich bedeckt war, zum Sißen ein. Den bargebotenen schibut and den Kaffee lehnte ich unter schicklichem Vorwande ab, weil es Sabbat war und es den Juden nicht gestattet ist, Feuer zu berühren und daher auch Frischgekochtes zu genießen.

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Nach einigen Minuten Ausruhens kam der Schech der Moschee, eine hohe, starke, mit einem langen Stabe bewaffnete Gestalt, der Kawaß des Pascha's, noch einige bewaffnete und unbewaffnete Männer und ein syrischer Christ als Dolmetsch. Der Schech lud mich ein, ihm zu folgen.

Wir gingen durch einen dunkeln, schmalen Gang und traten plößlich in das volle Licht des Tempelplaßes hinaus.

Ich werde die Schilderung durch keinen Gefühlsausdruck unter brechen, um dem Leser ein um so deutlicheres, ungestörtes Bild des Ganzen zu bieten. (Schluß folgt.)

Nord-Amerika.

Ein Wort zu Gunsten der Yankees.

(Schluß.)

Wenn es aber heißen soll, der Sohn der Union sei nichts als ein Rüglichkeitsmensch, er zeige zu keinen höheren Dingen Lust und Geschick, so ist das ganz verkehrt geurtheilt. Nirgendwo wird für den, den Alter oder Krankheit an der Arbeit hindern, so großmüthig, so glänzend gesorgt. Nirgendwo wird ein so großer Theil der StaatsAusgaben für Schulen aller Art aufgewendet. Die veredelnde Kraft des Unterrichts ist wohlbegriffen. Oh der Knabe die Schule besucht, ob er zuhause angeleitet wird, ob er unwiffend aufwächst, das überläßt der Staat der Familie. Aber sobald der junge Bürger ein Arbeiter zu werden begehrt, tritt ihm das Gemeinwesen mit einer ungemein bezeichnenden Beschränkung entgegen: ehe er in einer Fabrik thätig sein kann, muß er beweisen, daß er zu lesen und zu schreiben versteht. Auch ist nirgends die Zahl derer, die das nicht gelernt haben, so gering. An menschenfreundlichen Unternehmungen und Gesell schaften leistet wohl selbst England das Gleiche nicht. Ein Beispiel heldenmüthiger Hingebung kann ich mir nicht versagen, hier zu erzählen, das ehrend ist für das Volk, für das weibliche Geschlecht, für die unitarische Religion. Eine Lehrerin in Boston, der Stadt, wo Channing lebte, hatte sich durch ein kleines Vermögen unabhängig gemacht. Sie war kränklichen Körpers; aber sie reiste durch den Süden der Union, um in jedem Staate, wo es daran fehlte, auf die Einrichtung eines Irrenhauses hinzuwirken. Nachdem ihr Eifer dies erreicht hatte, bereifte sie die Atlantische Küste, und an mehreren Drten wurden auf ihr Andringen Rettungsboote beschafft und wessen es sonst bedarf, um die Passagiere eines strandenden Schiffes in Sicher heit zu bringen. Einmal wurde der edlen Frau die Genugthuung, daß die Mannschaft eines schiffbrüchigen Fahrzeuges mittelst eben. jener Anstalten, welche des Tages zuvor durch sie waren ins Leben gerufen worden, sich vor dem Sturm geborgen fand. Mit diesen Leistungen nicht zufrieden, ging Miß Dir nach England. Indem fie sich um die Kenntniß des dortigen Irrenhaus-Wesens bemühte, entdeckte sie in Schottland unglaubliche und schreiende Mißbräuche. So fort geht sie nach London und begiebt sich von dem Bahnhofe in die Wohnung des Herzogs von Argyll, der damals an der Spiße der betreffenden Abtheilung stand. Als sie den vornehmen Schotten verließ, hatte er ihr das Versprechen gegeben, es solle der Zustand jener Irrenhäuser im Parlament zur Sprache kommen. In der That die Sache durch einen Ausschuß des Unterhauses untersucht, und wir lafen die schrecklichen Einzelheiten, welche der Bericht aufdeckte. Der Amerikanerin verdankt Großbritannien, daß in einem feiner Königreiche die unglücklichsten menschlichen Geschöpfe feitdem behans delt werden, wie es die Milde unserer jeßigen Seelenheilkunde gebietet.

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Um uns vor dem Nüglichen" zu retten, eilen wir in das Reich der Geschichts-Wissenschaft. Auch in Europa begegnen wir hier sehr erfreulichen Erscheinungen. Indem sie sich aus einer Staats zur Volksgeschichte entwickelt, zur Geschichte der Civilisation, dh. der Entwickelung unseres Geschlechtes zum Idealen, erhoben hat, verknüpfte fie sich durch die Geographie, Dant Ritter's genialem Ge danken, mit der Naturwissenschaft; durch Bunsen wird sie mit der Religion verschmolzen, die zugleich Philosophie ist. So bewegt sie fich gewaltig zwischen Erde und Himmel. Wer es fühlen will, welch ein Hauch frischen Lebens durch die Blätter der heutigen Geschichtsschreibung weht, der sollte nur Mommsen's Römische Geschichte" auf schlagen. Der Gelehrte fängt an, auch noch etwas Anderes, als Gelehrter zu sein. Er ist gründlicher, als zuvor, vielseitiger; aber er fängt an, den Pedanten abzuftreifen. Er wird allmählich ein Mann der Welt. Er greift ein in das praktische Leben. Das ist von ungeheurer Bedeutung. Nicht mehr genügt es, in Chroniken zu wählen, der bleiche Sflave der mitternächtlichen Lampe ist unser Mann nicht

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athmend, bas Leben lehrt, muß, der sie schreibt, vor Allem ein Menschenkenner sein. Er muß hinaus aus dem Studirzimmer und sich thätig beweisen in mancherlei Verhältnissen dieser handelnden Welt. Mit großem Recht hat man von Gibbon gesagt: daß er Miliz Lieutenant und Parlaments-Mitglied gewesen, habe ihm unendlich mehr genußt, als wenn er so und so viel Stunden mehr in der Bodleianischen Bibliothek über Zitaten erbleicht wäre. In diesem Falle ständen wahrscheinlich einige Dußend untergeordnete Thatsachen genauer im Decline and Fall". Aber was wäre die lebenswahre Schilderung des römischen Lagerlebens und der Debatte im Senat geworden? Macaulay felbst war Staatsmann; Mackintosh saß im Parlament; Hume war Unter-Staatssecretair; Clarendon Minister. Wie kann auch Der das Leben schildern, der es selbst nur vom Hörensagen kennt? Der Einfluß der Wissenschaft muß daher immer größer werden, je enger fie das Leben umarmt.

Wir begrüßen es als eine höchst erfreuliche Thatsache, daß auch bei uns ein tüchtiger Gesandter zugleich ein vorzüglicher Gelehrter ist. Wie unser Bunsen, so hat in der Union George Bancroft seine Muße historischen Studien zugewendet. Ihn hat uns Dahlmann als einen der Geschichtschreiber genannt, die am meisten verdienten studirt zu werden. Da ist Prescott, in dessen Eroberung von Mexiko“ die Schilderung des siebzigtägigen Straßenkampfes von militärischen Autoritäten als eine Duelle für die Taktik angeführt wird (Wigleben, „Heerwesen"). Er ist ein glänzender Beweis für jene große Energie des amerikanischen Charakters. Prescott ist blind. Die spanischen Duellen, aus denen er zuerst für die Eroberung Mexiko's“, „die Eroberung Peru's, für die Umarbeitung von Robertson's „Karl V.“ geschöpft hat, er hat sie sich alle vorlesen lassen.

Die Kunst freilich war bisher des Angelsachsen schwächste Seite, wenn wir die Dichtkunst, wie gebräuchlich, zur Literatur zählen. Die Grazien haben dort drüben noch kein eigenes Reich gegründet. In England sind sie hochgeehrte, wenn auch oft schlecht verstandene Gäste; Bruder Jonathan behilft sich meist mit dem Zerrbilde. Um dieses Mangels willen an dem milderen Reiz des Lebens floh neulich Haliburton aus Kanada in das Mutterland zurück, um hier seine legten Jahre zuzubringen, wo die Schönheit eine Stätte hat. Nord-Amerika ist in anderer Richtung beschäftigt. Mag sein, daß ein großes künftlerisches Genie der Union niemals entstammen wird. Wir wollen uns darum doch der Eiche freuen, wenn sie auch nicht duftet wie die Rose.

Höher hat sich dort die Dichtung entwickelt. Longfellow ist vielleicht kein großer Dichter. Er ist zu rhetorisch, und seine Bilder sind, wie die Freiligrath's, zuweilen unschön, obgleich neu. Forschen wir aber nach den Gedanken, so klingt gleich auf den ersten Blättern der „Psalm des Lebens" wie ein echter Spruch für diese thatkräftige Nation : Not enjoyment and not sorrow Is our destined end or way, But to act that each to-morrow Find us farther than to-day.

Gehen wir nach den wissenschaftlichen und dichterischen zu den religiösen Ideen über, so nennen wir mit Verehrung den Namen eines Mannes, dem wir bei jeder Gelegenheit Dank bringen möchten für das, was seine Schriften uns persönlich gewesen sind. Wir fagen es mit Mißtrauen in unser Urtheil, aber wir find zu glauben geneigt, die Kulturgeschichte künftiger Zeiten wird unter den Geistern, die am tiefsten und nachhaltigsten auf die innere Entwickelung der Menschheit in diesem Jahrhundert eingewirkt haben, als einen der ersten den Namen William Ellery Channing nennen. Hier ist nicht der Ort für die wissenschaftliche Erörterung eines Sektenkampfes. Aber wem das Vorurtheil gegen die Sekte Blick und Gerechtigkeitsgefühl noch nicht getrübt hat, der kann nicht anders, er muß es erkennen und schäßen, wie die Unitarier-Gemeinden der Vereinigten Staaten durch Sittenreinheit und liebevollen Eifer vor vielen ausgezeichnet sind. Und Channing war es, der dem Unitarismus dieses Leben einhauchte. Die Geschichte weiß es zu würdigen, was, von allem Dogmatischen abgesehen, Selten, wie die Independenten und die Gründer von Pennfylvanien, für die Gesellschaft bedeuten. Dennoch ist es nicht der Förderer eines Bekenntnisses, der uns in Channing am höchsten gilt. Er ist etwas unendlich Höheres, als George For oder John Wesley. Wir sehen ihn, wie ihn sein Freund, der katholische Bischof von Boston, fah, der die Glocke feiner Kirche zu läuten befahl, als der Sarg des großen Priesters seinem Grabe zugetragen wurde. Wir sehen ihn, wie ihn Edouard Laboulaye sieht, der Channing's Werke für Frankreich überseßte und in den Worten mit denen er ihn in sein Vaterland einführt, seine Ueberzeugung dusspricht, jeder Christ, der auch weit von den dogmatischen Ansichten Channing's abweiche, könne in diesen herrlichen Blättern eine Fülle der Befriedigung und Erhebung finden. Auch kennt man Channing nicht, wenn man in ihm vorzugsweise den Unitarier erblicken will.

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Ex wollte vor Allem ein Glied der universellen Kirche sein, die er anstrebte und hoffte, die er, obwohl noch nicht äußerlich verwirklicht, fab in der geistigen Gemeinschaft derer, welche sich durch das Christenthum als durch ein geschichtliches Band in Freiheit enger verbunden fühlen. Er war ein Christ in dem geistigsten, wahrsten Sinne des Wortes. Nicht daß ihm das Dogma nichts gegolten hätte: Niemand bat, unseres Wissens, so klar die Gränzen feines Einfluffes bestimmt. Aber die Idee und ihre Macht über das Leben waren ihm das Höchfte, dem sich alle anderen Unterschiede beugen können und sollen, die verbindende Kraft, welche die Kirche der Menschheit gestaltet, Und wir kennen Keinen, der, die chriftlichen Ideen so tief verfolgte, so klar und schon entwickelte, so vielseitig und folgerichtig anwandte. War er dadurch einer der größten Schüler des Meisters, so gab sein flecken loses Leben den Worten die Kraft, welche nur das Beispiel verleihen kann. Es begünstigte ihn hier die edle Umgebung seiner ersten Jahre. Von keinem großen Manne, in deffen Leben wir so genau hineinblickten, vermögen wir in dem Grade zu sagen, daß sein Charakter Züge einer höheren Natur, daß er etwas Engelhaftes hat. Keines wenigstens floß in so harmonischer, erhabener Reinheit dahin. Men schen von der Geistesrichtung Miß Martineau's haben für ihn Zeug niß abgelegt. Und nicht als wären seine Tage nichts als die Idylle des Predigerlebens gewesen. Durch sein Werk über die Sklaverei zog er sich, da er gerechter gegen die Pflanzer als die Abolitionisten war, von beiden Seiten vielen Haß zu. Außer der Heilung dieses Hauptschadens seiner Nation, beschäftigte ihn vorzugsweise die größte soziale Frage der Gegenwart, dieselbe, die gleichzeitig das edle Herz Sir Robert Peel's bewegte, die Hebung der Arbeiter. Wie der große Engländer, erkannte er deutlich und fühlte es tief, daß dort zu viel Arbeit, zuviel Noth and Unwissenheit sei. Seinen hochherzigen Vor. trägen vor verschiedenen Arbeitervereinen begegnete selbst von England her eine Dankschrift derer, um die er sich mühte. Die politischen Ereignisse beschäftigten ihn stets und lebhaft. Er achtete die Kanzel nicht entweiht durch ihre Betrachtung, wenn es nicht für oder wider eine Partei, sondern in allgemein menschlichem Sinne geschieht. In seinem Lande gehört die Freiheit nicht mehr zu den Parteifragen. Als Napoleon fiel, deffen große Eigenschaften er erkannte, dessen kriegerischer Ruhm ih ihn über seine größeren Fehler nicht blendete, verfündete er seiner Gemeinde in Federalstreet die Nachricht in so hinreißenden Worten, daß er laute Zeichen der Theilnahme zu unterbrücken hatte..

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überhaupt von der Ueberstürzung des Abolitionistenthums erholt zu
haben scheint, so bietet ein anderes Schauspiel brüben eine weniger
tragische Seite dar und erlaubt eine gleichmüthigere Betrachtung,

Jeden Europäer ergreift wohl ein namenloses Erstaunen, wenn
er zum ersten Male von den Boxerscenen im Kongres liest. Unsere
Sitte hält das gar nicht für möglich; bei uns versteigen sich die Geseß-
geber nur bis zur Invektive.

Wir kennen nur die parlamentarische" Grobheit; dort hat man parlamentarische Prügel. Und doch ist es anerkannt, daß kein Volk der Erde eine größere Anzahl tüchtiger Männer unter seinen Vertretern zählt. Wir wollen solche Vorfälle nicht in Schuß nehmen: tein Zweifel, daß solches Benehmen eines fittlich gebildeten Menschen unwürdig ist. Nur läßt es die amerikanische Sitte nicht als eine ausnahmsweise Rohheit erscheinen, und ein tüchtiges Element tritt darin auf ungebührliche Weise zu Tage. In der Union hat der Faußtkampf das Duell verdrängt. Das Gefeß hängt den Duellisten auf, und wie es scheint, wird es ftreng genug gehandhabt; dafür sprechen die Herausforderungen nach Kanada. Die Gegenwart von Damen verbietet überall die Ausübung dieses modernen Fauftrechtes; in ihrer Abwesenheit pflegt zwischen den Gegnern folgendes Gespräch stattzufinden. Der Beleidigte:,, What do you mean?" (,,Wie meinen Sie das?"). Beleidiger:,,Anything you please", Nehmen Sie das, wie Sie wollen"). Sogleich beeilt sich der so Herausgeforderte, den Anderen durch einen einzigen Fauftschlag niederzustrecken;,,He knocks him down". Die Amerikaner haben darin eine eigenthümbus eble ereignen sich in der befield, wefellliche Fertigkeit. Diese Vorfälle ereignen sich in der besten Gesellschaft; auch auf der Straße. Was Rohes in ihnen ist, vertheidigen wir nicht. Aber die Sache hat eine erfreuliche Seite. Um solche Selbsthülfe zu lieben, müssen die Amerikaner durchweg kräftige Menschen sein. Ihre höheren Stände sind frei von der verweichlichten Unbehülflichkeit der unsrigen, die zu dergleichen zu verfeinert, aber auch oft zu schwächlich sind. Welcher europäische Minister machte das dem amerikanischen Secretair für das Innere, Mr. Thompson, nach, der einen Irländer, von dem er mit einem Revolver bedroht wird, mit solcher Gewalt zu Boden wirft, daß er ihm die Schulter verrenkt? Daß die Yankees so zuschlagen, ist vom Uebel; daß sie so schlagfertig find, freut uns recht sehr. Unsere jezige europäische Kultur beherzigt die alte Wahrheit: Mens sana in corpore sano, bei weitem nicht genug, wenn es auch Zeichen giebt, daß es damit beffer wird. Jenseits des Oceans nimmt sie in dieser Beziehung eine beffere Wendung. Wer es weiß, welche Bedeutung das Körperliche für uns hai, wird es nicht gering anschlagen, daß die Amerikaner ein kräftiges, feingebautes, schönes Volk find. Alle diese Burschen", heißt es von der Armee, welche die Engländer unter Burgoyne gefangen nahm, „hatte die gütige Natur so hübsch, so schlaut, so muskulös geformt, daß es ein Vergnügen war, fie anzusehen, und wir waren Alle überrascht von dem Anblick eines so schönen wohlgebildeten Menschenschlages.")

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Wir stehen übrigens mit unserer günftigeren Meinung von den Amerikanern nicht allein da. Als diese Zeiten schon größtentheils geschrieben waren, lasen wir die Einleitung eines englischen Geistlichen zu seiner Ausgabe des amerikanischen Romans von Azel S. Roe,,,The Secret of Success", - eines Romans, deffen Grundgedanke; die beharrliche und glückgekrönte Arbeit dreier blutarmen Knaben, so recht charakteristisch ist für Volk und Land. „Das nationale Gepräge von Alt-England tragen fie deutlich auf der Stirn. Es giebt dort drüben Auswüchse und Uebertreibungen, wie man sie in England nicht findet (ein Resultat, welches die Natur des fremben Bodens leicht erklärt); aber es sind die der englischen Eiche eigenthümlichen. Da ist die Breite und Nüftigkeit des Mütterstammes zu ungehemmterem und träftigerem Wachsthum emporgetrieben; aber a. sonst kein Unterschied. Es ist englische Energie, nicht schlummernd, wie sie es nur zu oft in diesem Lande ist, sondern zu voller Kraft und sprühendem Leben erwacht, und diese bemerkenswerthe Energie scheint dem amerikanischen Charakter eigenthümlich zu sein

Niemand hat je muthiger und rücksichtsloser für seine UeberIn Boston waren zwei Tagesschriftsteller we zeugung eingestanden, gen Verbreitung atheistischer Lehren vor Gericht gestellt. Der rohe Ton, in dem diese Lehren verbreitet waren, mußte Channing's Gefühl beleidigen. Die Verkündung dessen, was seinem tiefen Glauben so grell widersprach, war geeignet, einen Christen wenigstens zur Reutralität zu vermögen. Einem Manne von warmer Ueberzeugung muß es peinlich sein, für lau zu gelten. Aber für Channing gab es in einer solchen Frage keine Zweifel und keine Bedenken. Ihm war der Glaube an den Sieg der Wahrheit keine Redensart. Der Grundfaß der Freiheit der Rede war verlegt. Und Channing hielt nicht dafür, daß ihn sein Amt hindere, für irgend einen werthvollen Theil der heiligen Wahrheit nach Kräften einzutreten; es trieb ihn dazu an. Als der Tag der Gerichtssißung kam und die Angeklagten auf ihrer Bank Plag genommen hatten, erschien hinter ihnen das blaffe, hagere Gesicht Channing's. Der Diener Gottes trat ein für Gottes Wahrheit: für den großen Grundsaß, daß die ungehinderte Erörterung die Erzieherin der Menschheit ist und die Freiheit sich selbst bändigt und veredelt. Sein Körper war schwach und kränklich. Aber Tage lang saß er hinter den Angeklagten nieder und lich ihnen Beistand durch seine Notizen und seinen Rath. Als die Verurtheilung erfolgte, feste er seinen Namen an die Spige von viertausend anderen auf eine Petition an den Gouverneur. Sie wurde verworfen; aber seit dem ist in dem Staate Massachussetts teine Verfolgung wegen Res Vieles befindet sich dort offenbar in einem Uebergangszustande. ligions-Meinungen mehr vorgekommen.") rania. કો Bisher hat man die Menschen zuviel regiert; dort sind sie es nun zu Wir haben hier vielleicht zu lange verweilt. Wir wollten von neuem auf einen Namen aufmerksam machen, der bei uns zu wenig wenig, Die Amerikaner, sagt die Times, haben es für gut gefunden, gekannt ist. Erst zwölf Jahre sind verflossen, seitdem Channing dahin sich eine schwache Regierung zu geben; daher solche Vorfälle, wie die ging: wir hoffen, die Zeit, die alle edlen Keime weiter trägt, wird in Neu-Orleans. Aber in solchen Sprüngen schreitet oft die Menschdas das ihn zu heit fort; nicht immer in gleichmäßig geregeltem Gange. würdigen versteht, vertrauter, ma Andenken eines so guten Mannes, und daß Mancher unter uns seines Geistes einen Hauch verspürt". ein Wenn die Sklaveref in den Vereinigten Staaten ein so großes Uebel ist, daß sich allein von der thatkräftigen Gesundheit dieses Volkes erwarten läßt, es werde sich den Krebs bei Zeiten ausschneiden, augenblicklich ungünstig aussehen, da der und wenn hier die Symptome augenblicklich ungünstig aussehen, da der Norden & weder zu einer Trennung Muth gefaßt zu haben, noch sich Préf. do. Ch. de Rémuent Works, 6 Vols. (Routledge's People's Edition ift erschöpft.) Memoirs, by is his Nephew. Laboulaye, T. I.

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Der Fortschritt, der sich in der Stellung der Frauen zeigt von asiatischer Polygamie, griechischer Sklavinnen Wirthschaft, zur römischen Herrschaft Einer Frau im Verwahrsam des Hauses, und dann zur achtungsvollen Aufnahme in die Geselligkeit des Mittelalters, zur chriftlichen Gleichstellung und allmählich auch zur Berufung zu den Segnungen der Erziehung, bewe Segnungen der Erziehung, beweist eben, daß man ihnen Jahrhunderte lang auf eine des Menschen unwürdige Weise begegnet ist. In Amerika hat man sich jest in das andere Extrem geworfen.

*) Briefe aus Neu- England. Schlözer's Briefwechsel. W. Irving, Life of Washington, Vol. III, p. 235.

*

Während man den Frauen fast wenig Gelegenheit zu geistiger Ausbildung gab und ihnen mit dem rohen Rechte des Stärkeren gegen übertrat, finden dort ihre unbilligen Wünsche Befriedigung, und die Sitte erlaubt ihnen, ihre Zeit zuzubringen, wie sie mögen. Zu lange ift die Hausfrau ihre eigene oberste Magd gewesen; in der Union bezieht fie Zimmer in einem Gasthofe, um aller Haushaltungsforgen Ledig zu sein.

Wir endigen bei dem Punkte, von dem wir ausgingen, bei den Verbrechen in Washington. Ist das Menschenleben dort im Preise gefallen? Hat der Mörd seine Strafwürdigkeit und der Mensch vor ihm den Abscheu verloren? Die Frage läßt nur Eine Lösung zu. Wir finden sie bet der leßten aller Lehrerinnen, der Geschichte. Die Amerikaner haben ebenso wenig Vergnügen am Morde, wie die Spartaner am Diebstahl. Diese Griechen vergaßen über der Behendigkeit, der erfinderischen Klugheit, die zum Gelingen erfordert wurden, die üble Anwendung dieser tüchtigen Eigenschaften. Deutsche, die das transatlantische Land kennen, sagen uns, daß man dort an dem Rowdiethum etwas Aehnliches bewundert, was uns mit dem studentischen Burschenwesen versöhnt, nämlich die Entfaltung einer ungebändigten Energie. Läßt sich Einer ertappen, so geht es ihm von Rechts wegen wie dem Spartaner.

Damit schließen wir diesen kürzen und unvollkommenen Verfuch über ein Volk, das bestimmt ist, in der Geschichte des menschlichen Fortschrittes eine der größten Rollen zu spielen, und dem wir wegen feiner Mängel nicht die Sympathie mit seinen vielen großen Eigenschaften versagen sollten. F. W.

Griechenland.

Die Gräfen der Neuzeit contra Fallmerayer und Fraas.

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Unter den Bayern, die schon vor der September-Resolution im Jahre 1843 in Griechenland gewesen waren und mit,,unliebsamen Erfahrungen von dort zurückkehrten, hat sich wohl Keiner mit solcher Bitterkeit über die griechische Nation ausgesprochen, als der Botaniker Fraas, der dieselbe, eben so entschieden als lieblos,,,für immer" verurtheilt. Wir lafen kürzlich über ihn biographische Mittheilungen in dem sechzehnten Hefte des Brockhausschen Jahrbuchs: Unsere Zeit", wo auch einige feiner Aussprüche über die,,Gräfen der Neuzeit" angeführt werden. Seine Aeußerungen über dieselben find jedoch fo wegwerfend und in einer so ausnahmslosen Allgemeinheit gehalten, daß wir es ihm nicht nachschreiben können. Auch kann ebenso wenig von einer Widerlegung, als auch nur von einer Prüfung seiner Ansichten die Rede sein, wenn schon es sich der Mühe verlohnen ›möchte, auf dergleichen einzugehen, da es wohl Manchen geben mag, der solche Aeußerungen ohne Weiteres als ein Evangelium hinnimmt, weil sie an den Gräfen auch kein gutes Haar laffen.

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Die Leidenschaftlichkeit solcher Aeußerungen, wie sie Fraas über die Gräfen der Neuzeit gethan hat, liegt eben so in subjektiver Hinficht zu Tage, als in objektiver Beziehung die Einseitigkeit, wozu fie führt. Fraas befindet sich damit in einem gleichen Falle, wie Fallmerayer mit seiner bekannten, Hellenen freffenden Slaven-Hypothese. Mit einer Widerlegung derselben hat man sich ebenfalls nicht weiter zu befassen; man kann eine solche, in besonders prägnantem Sinne, den Griechen ebenso überlaffen, als es nur ihre Sache ist, das Verdammungs-Urtheil von Fraas als unbegründet zurückzuweisen.

Interessant ist es übrigens, wie die Griechen bisweilen wenigstens diesen Gegenstand behandeln, nämlich, nach dem Ausspruche des römischen Dichters: difficile est, satiram non scribere, mit Zronie. Dergleichen fanden wir neulich in dem komischen Epos eines Griechen, das derselbe unter dem Titel: „Tigi Xiqi, ĥirò Kuvnytólov ev výow Zvew” (Liri-liri, oder die Jagd auf der Insel Syra), zu der Preis bewerbung bei dem von dem Griechen Ambrofios Rallis eingeführten poetischen Wettstreit im Jahre 1858 eingesendet hatte. In dem über die dabei überhaupt eingegangenen Dichtungen erstatteten KommissionsBerichte wird auch dieses. Epos ausführlich gedacht. Zwar hatte es den Preis um mehrerer Ursachen willen nicht erlangt, aber der Dichter selbst fand namentlich wegen seiner patriotischen Gesinnungen und wegen des Eifers gebührende Anerkennung, womit er seines Vater landes und der von so mancher Seite geschmähten und verleumbeten

Nationalität des griechischen Volkes in dem Gedichte sich angenommen hatte. Dies hatte er auch denen gegenüber gethan, die nicht nur den gänzlichen Untergang der griechischen Nationalität, sondern auch die völlige Umwandlung der Natur Griechenlands behauptet haben. Das Erstere ist bekanntlich die Meinung Fallmerayer's; dagegen das Andere die Ansicht von Fraas in dessen Schrift: Klima und Pflanzenwelt in der Zeit" (1847). In dem erwähnten Berichte wird die betreffende Stelle des gedachten Epos mitgetheilt, und dieselbe mag hier, wenn schon die vis comica des Originals dadurch nicht wenig verliert, in einer Ueberseßung gleichfalls einen Plaß finden. Der Dichter redet dort von der Stimme des Kukuts; er bemerkt, daß die alten Griechen diesen Vogel fälschlich xóxxvě (d. i. Koffyr) genannt hätten, indem derfelbe ja nicht: kokti, sondern kukuk, rufe, und fährt nun in seinem komischen Humor also fort:")

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Es müßte Jemand darthun denn und gründlich klar beweisen,
Daß, gleichwie viel erduldet hat der alten Hellas Sprache,
Des Kufufs Sprache auch gleichmäßig sei verdorben;
Auch wär' so parador dies nicht, also, daß es nicht erwählte
Ein' zweiter Fallmerayer sich zur Aufgabe und gelangte
Bu glänzenden Ergebnissen. Weshalb denn sollte er auch
́Entgehen lassen sich den Ruhm? Hat ja vorlegt Herr Fraas erst,
Doch nüchtern wohl, klar dargethan mit mathemat’sschen Gründen,
Daß, wie in unserm flachen Land, so auch auf unsern Bergen
Nicht Ein Gewächs aus alter Zeit mehr angetroffen werde,
Daß, ob sich eine Sündfluth auch ereignet nicht zur Stunde,
Sich Thiere, Pflanzen, Klima selbst in Griechenland verändert,
Und daß das Buch des Theophrast mit seinen Albernheiten
Nichts set, als ein weiß Blatt Papier! Was Alles kann das Vier nicht?

Mannigfaltiges.

Das neue Eldorado im britischen Norb - Amerika. Ueber die neuen, auf dem Territorium der Hudsons-Bai-Compagnie, 'am Frazer's- und 'Thompson's-River, entdeckten Goldlager, enthält die Zeitschrift für allgemeine Erbkunde" einen Aufsaß, der nicht allein schäßenswerthe Data über das Terrain giebt, auf welchem diese Entdeckungen stattfanden, sondern auch einen Einblick in die sozialen und politischen Verhältnisse gewährt, die sich aus denselben zu entwickeln beginnen und die für die Zukunft jener weiten, aber bisher ganz vernachlässigten und kaum bekannten Landstrecken von so entscheidender Wichtigkeit sein müffen. Das Vorkommen von Gold auf dem erwähnten Gebiete ist, wie es heißt, der Hudsons-Bai-Compagnie schon Lange bekannt gewesen; aber diese Gesellschaft, deren Handels-Monopol jegt in England ernstlich angefochten wird, soll die Thatsache ́geflissentlich verheimlicht haben, da die Entwickelung eines so energifchen Lebens und Treibens, wie es in Kalifornien stattgefunden hat, Teiner Erneuerung ihrer Privilegien, die im Jahre 1859 ablaufen, taum günstig sein konnte und der ganz unbedeutende Fortschritt der Celonisation auf ihren westlichen Gebieten schon an und für sich als ein gewichtiges Argument angeführt wurde, wenigstens Vancouver's Jsland wieder unmittelbar unter die Krone zu stellen. Auch jezt scheint es hauptsächlich den Uebergriffen und der Thätigkeit der im Washington-Territorium am Puget Sound angesiedelten Nord-Amerikaner za banken zu sein, daß der Goldreichthum am Frazer's- und Thompson's River der Welt bekannt wurde." Die Ausdehnung der Goldlager ist bis jezt nicht einmal annähernd bestimmt. Die Ametikaner schmeicheln sich mit der Höffnung, daß sich dieselben vom Frazer's - Niver füdwärts über die Gränze auf das Gebiet der Vereinigten Staaten erstrecken und dadurch auch der Ofthälfte des Washington-Territoriums einen raschen Aufschwung sichern werden. Wenn sich aber diese Erwartung auch bewähren sollte, so dürfte bei alledem jener Region eine so glänzende Zukunft schwerlich bevorstehen, wie die Kaliforniens, indem das neue Goldland in allen physischen Beziehungen, mag man die Zugänglichkeit des Landes von der Seeküste, øder das Klima, oder die Bodenverhältnisse ins Auge faffen, viel ungünstiger gestellt ist, als das alte.

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