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amerikanischen Reiches, S. 70 bis 80. Die Seichtigkeit der Auffaffung und Darstellung läßt sich auch aus verschiedenen Unwahrheiten erkennen, die über Kleinigkeiten und Thatsachen berichtet werden, die man durch den Augenschein oder Erkundigung leicht erfahren kann. So foll z. B. der Broadway in New York von langen pferdegezogenen Eisenbahn-Waggons überfahren“ werden. S. 246. Dies hat zu keiner Zeit stattgefunden. - Der radikale Journalist Heinzen soll eine Bierwirthschaft haben und jeden Morgen ein handschriftliches Journal für seine Biergäfte in derselben auflegen. S. 267 ebendaselbst. Herr Heinzen hat aber niemals eine Bierwirthschaft ge= habt und nie ein handschriftliches Journal herausgegeben. Von den Von den deutschen Journalen in New-York soll außer der „Staats-Zeitung“ ,,kein einziges mehr als 800 Abonnenten“ haben. S. 264 und 265. Bei einer so geringen Abonnentenzahl war auch 1852 fein Blatt in New-York, am wenigsten ein tägliches, im Stande, zu bestehen. Von der Corruption konnten sich übrigens die Herren Wagner und Scherzer auch 1852 genügend unterrichten.

Ich habe nicht vernommen, daß eine Stimme von hier aus sich früher über die Schilderungen dieser beiden Touristen in Deutschland geltend gemacht hätte, ja, es ist mir vorgekommen, als wenn eine solche nicht erwünscht gewesen wäre, und wenn ich nicht irre, werden jene Herren noch heute in Deutschland als Männer angesehen, die wohl geeignet sind, entlegene Länder mit Wahrheit zu schildern; auch glaube ich bemerkt zu haben, daß man jenseits des Oceans solche neuere Schilderungen diesseitiger Zustände nicht ungern sieht, worin der alte Irrthum von einer diesseits vor sich gehenden edleren Ent wickelung der Menschen unterstüßt wird. Im Gegentheil aber entwickelt sich in Amerika überhaupt zwar eine der europäischen ähnliche Civilisation, die aber geringerer Qualität als die europäische ist und den Stempel der Plattheit, der Einseitigkeit, der Uebereilung und des Mangels an Originalität trägt. Das Nähere darüber auszuführen, muß ich einer anderen Gelegenheit vorbehalten, um von dieser Abschweifung auf die Corruption und die Betrügereien zurückzukommen. Da man in Europa die Macht der Oeffentlichkeit vielleicht übers schägt, dürfte diefen koloffalen Betrügereien und solcher Corruption gegenüber der Indifferentismus des Volkes und die Ohnmacht der Preffe wohl auffällig erscheinen. Wenn von der amerikanischen Preßfreiheit die Rede ist, muß man zunächst das große Ländergebiet der südlichen Sklavenstaaten in Abzug bringen, wo man gegen Redeund Preßfreiheit ungleich gewaltsamere Mittel anwendet, als in irgend einem monarchischen Staate Europa's, deren Beschreibung mich aber hier zu weit führen würde. In den freien Staaten kann man zwar gegen den Präsidenten und alle Behörden schreiben, was man will, und eine endlose Skala von Schmähungen erschöpfen, aber es ist eine Stimme in der Wüste und bleibt ohne Wirkung: ja, es scheint eine klägliche Plage zu sein, wenn sich besonders deutsche Journalisten eins bilden, durch irgend welche Artikel Eindruck zu machen. Dabei läßt sich nicht leugnen, daß die Preffe, wenigstens großentheils, durch eigene Schuld ihre Schneide abgeftumpft hat, indem Heftigkeit für Kraft, Seichtigkeit für Klarheit, Gemeinheit und Schimpfereien für Wiß, Wiederholungen für Konsequenz, Plattheit für Popularität und Lang weiligkeit für Belehrung nicht seltes aufgetischt werden. Die Herrschen den kehren sich nicht an diesen ohnmächtigen Zeitungslärm und seßen ihm die Dreiftigkeit der That, das heißt die Ausbeutung der bornirten und apathischen Maffen entgegen.

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Am auffallendsten könnte einem Europäer erscheinen, daß selbst solche Artikel, welche nachweisen, wie bei immer höheren Steuern das Volk geplündert wird, ohne Wirkung bleiben. Es läßt sich aber diese Erscheinung aus mehreren Ursachen erklären. Zunächst ist der ameri. kanische Individualismus auf einen kürzsichtigen und abstumpfenden Egoismus hinausgelaufen, worin bei allem Geschrei von Freiheit und Deffentlichkeit eine wahre öffentliche Meinung nicht bestehen kann, sondern Jeder nur seinen Erwerb im Auge hat, sodann liegt, wenn auch dunkel, in den Massen das Gefühl zu Grunde, daß sie am lehten Ende eben Niemanden als sich selbst anklagen können, denn die hauptsächlichBen Behörden werden eben vom Volke gewählt. Die Wahlen sind aber in den Händen der Parteien und werden durch deren komplizirte Maschinerie bestimmt, so daß Männer, welche auf Aemter spekuliren, durch den Schmug des Parteiwesens und die hergebrachten Intriguen durchgehen und oft beträchtliche Summen aufwenden müssen. - Der Einzelne hat nun das Gefühl, daß er gegen den hergebrachten Schlen þrían nichts vermag, und gleichwohl läßt sich keine so bequeme Oppo sition hier denken, wie gegen eine monarchische Regierung, wobei immer die Einbildung im Hintergrunde ift:*„Ja, wenn wir nur machen dürften, wie wir wollten, dann sollte es schon anders werd den!" Hier dürft ihr machen, wie ihr wollt, es wird aber nicht anders. Zwar bringen die Blätter zuweilen Artikel, worin sie nachweisen, wie das Volk geplündert und gedrückt wird, aber sie wol len nicht recht eingreifen, denn am Ende ist doch dieses gedrückte Volk" die Grundursache von alledem.

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Die Gewählten suchen sich so gut zu entschädigen, als fie im Stande find, denn sie können nur auf eine kurze Benugung ihres Amtes rechnen und das Volk ist undankbar. Ist es nun einem Beamten gelungen, während seiner Amtszeit Geld zu machen, so ist er ein Smart Fellow (etwa geriebener Geselle), eine Bezeichnung, die in Amerika für einen Ehrentitel gilt und wenigstens eine günstige Meinung von den Fähigkeiten eines Mannes erweckt; hat er aber kein Geld gemacht, so hält man ihn wohl für einen dummen Teufel. Hierbei dürfte ihm die Wahl nicht eben schwer werden. Unter diesen und noch anderen Einflüssen ist in der amerikanischen Republik ein immer steigendes Raubsystem eingerissen, dessen Ende noch nicht abzusehen ist. Faktisch existirt nirgends eine Kontrole, wenn fie auch auf dem Papiere steht. Daß aber Publikum und Presse nur eine ohnmächtige Kontrole ausüben können, ergiebt sich augenscheinlich. Was man sich hierzulande vielleicht nicht gestehen will, stellt sich aber immer deutlicher heraus: es sind dies die Folgen des Demokratismus ohne Gegengewicht, der am Ende in die Willkür einer Minorität gegen die Majorität umschlägt. Mit der steigenden Population wird dies natürlich immer fühlbarer werden. Die auf Handel und Geldgewinn überwiegend gerichtete Neigung der herrschenden Nationalität mag übrigens das Ihrige dazu beitragen.

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Mit dieser langweiligen Gleichgültigkeit wechselt zuweilen ein excitement", eine schnell sich verbreitende Aufregung, eine Hige ohne Licht, die aber nur auf der Oberfläche bleibt und bald wieder verfliegt. Bei den Wahlen tritt dieselbe in regelmäßigen Abschnitten ein und wird durch die Maschinerie der Parteien natürlich angefacht. Dann haben auch die Zeitungen Einfluß und sind geschäzte Werkzeuge der Parteien, so wie sie wohl auch bei anderen Gelegenheiten in mehr stiller Bearbeitung der Massen nicht ohne Wirkung sind und dafür bezahlt werden. Indeß kann man annehmen, daß fie Mißbräuche eher zu fördern als zu hindern im Stande sind. Sie vermögen eher den geistesträgen Massen durch Ueberhebung des Selbstdenkens eine Sache plausibel zu machen, als sie zur Entfaltung einer sittlichen Kraft anzuregen. Eine andere Art von „,excitement" ist von der Natur jener hohlen Aufregung, welche man in Deutschland ebenfalls kennt, und deren Gegenstand Virtuosen und irgendwelche renommirte Personen sind, eine Aufregung, die aber hier noch ausschweifender betrieben wird, welche die Amerikaner besonders lieben und wobei auch die Damen das Unglaubliche leisten. Dergleichen war z. B. das „Kossuth" und das, Jenny Lind excitement." Diese Aufregung verfliegt schneller und ist unzuverlässiger als in Europa, und Personen, die Gegenstand solcher Veneration werden, blamirén oder täuschen sich wenigstens, wenn sie eitel genug sind, einen europäischen Maßstab an die ihnen zu Theil gewordenen Ehren zu legen.

Nach diesen freilich noch unvollständigen Andeutungen wird es vielleicht weniger auffallen, daß die meisten Betrügereien, selbst wenn sie nachgewiesen werden, straflos bleiben. Es werden UntersuchungsComite's niedergeseht, viele Bogen beschrieben und bedruckt, um es am Ende beim Alten zu lassen. Neuerdings kam der sonderbare Fall vor, daß der Straßen-Kommissar Develin, der durch die Untersuchung über die Betrügereien in seinem Departement stark kompromittirt war, nachdem seine Entlaffung vorausgegangen, noch eine förmliche Refignation einreichte, um dadurch sich weiteren Schritten zu entziehen, und er scheint richtig gerechnet zu haben. Die Blätter erhoben zwar damals (in der ersten Hälfte des Mai) ihren gewöhnlichen Lärm und publizirten scharfe Artikel gegen ihn, aber schon jezt (Ende Mai) scheint die Sache vergessen zu sein. Die Apathie des Publikums ist in den Vereinigten Staaten die beste Schuhwehr aller Beamten, welche ihre Stellung zu ihrem Vortheil ausbeuten, denn das Volk ist trog seiner vielen Augen der blindeste Souverain und am leichtesten zu betrügen. New-York. A. Böhme.

Spanien.

Das moderne Drama der Spanier. *)

V. D. Tomas Rodriguez Rubí.

Rubi's Dramen sind in Spanien sehr beliebt und werden oft gegeben, obwohl sie sich keinesweges durch besondere Originalität, durch große Leidenschaften, durch phantasiereiche Sprache auszeichnen. Sie scheinen ihr Glück somit ihrer klaren Verständigkeit, gewissen gemüthlichen, allgemein ansprechenden Charakteren, sowie dem Nationalgefühl, das in ihnen herrscht, zu verdanken. Im Uebrigen find fie oft breit, ftreifen fogar ans Langweilige, indem die Intrigue häufig schon von vorn herein zu erkennen und das Ende leicht abzusehen ist. Die ge reimten Verse, in denen sie geschrieben find, tragen dazu bei, ste weitschweifig zu machen. Harzenbusch hat Rübi den spanischen Raupach genannt und wollte damit einen gewissen Mangel an tieferem Ge*) Vgl. Nr. 76 und 117 des Magazin“ von 1857 und Nr. 8 und 37

von diesem Jahre.

halt bezeichnen. Wir kennen nicht genug von ihm, um die Richtigkeit dieses Vergleiches beurtheilen zu können.

Rubí hat 35 Dramen geschrieben, unter welchen die folgenden am meisten geschäßt werden: „Bandera negra” (wörtlich „schwarze Fahne“, dem Sinne nach „eine Kriegeserklärung“), „Borrascas del corazon" (Herzensstürme), „Dos validos ó castillos en aire" (zwei Günftlinge, øder Luftschlöffer), „El arte de hacer fortuna” (die Kunst, sein Glück zu machen),,,Honra y provecho" (Ehre und Profit), „La rueda de la fortuna" (das Rad der Fortuna), „La entrada en el gran mundo" (der Eintritt in die große Welt),,,La corte de Carlos II." (der Hof Karl's II.) und „República conyugal" (die ehrliche Republif). ,,Bandera negra" beginnt im Hause des ersten Ministers Philipps V., und zwar am Namensfefte des Ersteren. Das leßtere ift der Grund, warum seine Tochter Esperanza, nachdem sie ein Jahr um den Gatten getrauert, zum ersten Male wieder in festlichem Gewande erscheint. Dennoch hat sie auch im Trauerkleide eine Eroberung gemacht. Ein junger Mann, wie es scheint, irgend ein armer Edelmann, verfolgt fie, zum Aerger ihres Haushofmeisters, eines komischen Alten im Genre der Bartolo's, auf Schritt und Tritt. Während sie diesem den Auftrag giebt, sich nach den Verhältnissen des jungen Mannes, der sie doch zu interessiren beginnt, zu erkundigen, fliegt ihr Tuch über den Balkon. Bald darauf erscheint Felix, jener junge Edelmann, der wieder in der Nähe geharrt, und bringt das Tuch zurück. Sie empfängt ihn, der ungemeldet eintritt, ziemlich unartig und sucht ihn mit der beleidigenden Versicherung abzufertigen, daß sie ihm durch ihren Haushofmeister eine Erkenntlichkeit für seinen Dienst zukommen laffen werde. Eine solche Behandlung hat er nicht erwartet, und als sie ihm geradezu die Thür weist, fragt er, warum sie ihm denn das Tuch zugeworfen? ohne Zweifel aus. Bosheit und um sie in Verlegenheit zu bringen. Allein sie antwortet ihm in den schärfsten Ausdrücken, daß dies zufällig geschehen sei und sie ein für alle Mal nichts von ihm wiffen wolle und sich seine Zudringlichkeit verbitte; da er noch nicht weichen will, droht sie ihm, ihn künftig durch ihre Dienerschaft hinauswerfen zu laffen. Allein dies macht so wenig Eindruck auf den kecken, munteren Felix, daß er vielmehr lachend erwiedert, er werde dennoch wiederkommen und nehme ihre Kriegserklärung - Bandera negra!

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an.

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Während Esperanza ihrer Freundin Jnes, der Braut ihres Bruders, dies Abenteuer mittheilt, tritt der Leßtere, der Marques selbst, ein. Er ist sehr verdrießlich darüber, daß sein Nebenbuhler, der Erzbischof von Toledo, am Hofe immer mehr Geltung gewinnt. Um ihn kirre zu machen, hat er ihn zu dem Namensfeste eingeladen; der Erzbischof hat es zwar ausgeschlagen, doch versprochen, an seiner Stelle seinen Neffen zu schicken. Auf einmal entsteht Lärm, und Felir, der sich als den Neffen des Kardinals zu erkennen giebt, öffnet sich mit den Degen in der Hand den Weg durch die von Esperanza zu seiner Zurückweisung inftruirte Dienerschaft. Der Marques verspricht Genugthuung für diese Unart der Diener, und Felix nimmt sie selbst, indem er Esperanza mit boshaftem Lächeln ersucht, mit ihm den Ball zu eröffnen, was sie dem Neffen des Kardinals nicht abschlagen kann.

Der zweite Akt verseßt uns in das Vorzimmer des schwer kranken Ministers Haro, das von Hofleuten wimmelt, welche hoffen, daß der König beim eintretenden Sterbefall des Ministers aus Pietät für diesen den Marques zum Minister ernennen werde. Allerdings biete auch der Erzbischof Alles auf, feine Pläne durchzusehen, ja, er habe sogar seinen Neffen gegen die vielvermögende Esperanza gehezt, um diese durch Liebesschwüre auf seine Seite zu bringen, fie aber habe Felix mit Verachtung zurückgewiesen. Doch Felix ist zäh, er läßt nicht ab von seiner Bewerbung, ihm ist es auch ganz gleich, wer Minister wird, da Alle einander gleich sehen. Mittlerweile stirbt der Minister wirklich, und der Kardinal wird sein Nachfolger, was die Hofleute sogleich zu Schmeichlern des anwesenden Neffen macht, der fie gründlich verachtet. Während er aber das Haus des Todten verlaffen will, um Esperanza nicht in ihrem Schmerze zu stören, wird fie von ihrer Dienerschaft ohnmächtig hereingebracht. Er schickt jene nach Hülfe, und bald erwacht Esperanza in seinen Armen. Sie ist empört über seinen Mangel an Zartgefühl; doch er erklärt, er sei nur geblieben, um sie zu tröften, da die Schmeichler sie doch verlassen. Sie aber hält dies Alles lediglich für einen politischen Kunstgriff, und so sehr er das Gegentheil betheuert und seinen Haß gegen alle Politik ausspricht, bleibt sie dabei, ihn von sich zu stoßen.

Ines kann ihr keinen Troft bringen, denn der Marques ist von dem unerwarteten Schlage, daß man ihn nicht zum Minister gemacht, so verwirrt, daß Alles zu befürchten ist. In der That hat eine blinde Rachgier so sehr jedes edle Gefühl in ihm erstickt, daß er seine Zu

flucht zu Meuchelmördern nimmt. Sie sollen Pulver in den königlichen Palast bringen und den König mit seinen Ministern in die Luft fprengen. Aber Felix kommt hinter seinen Verkehr mit den Banditen, ahnt etwas und warnt den Kardinal.

Der Morgen der Ausführung kommt heran und findet den Marques in der äußersten Aufregung. Jede Stunde kann das Entseßliche bringen: er erträgt die Qual nicht länger und eilt fort, das Verbrechen zu hemmen. Ein dringender Brief des Kardinals an den Marques, der nirgends zu finden ist, und ein dumpfes Gerücht von einem Attentate, das entdeckt worden, gelangt zu Esperanza. Sie öffnet den Brief; er enthält eine Warnung an den Marques, auf seine Flucht bedacht zu sein. Esperanza erblickt hierin nur eine elende Verleumdung, einen Kunstgriff seiner Feinde, um den Marques zu entfernen. Sie hat Felix im Verdacht, dieses Neß gesponnen zu haben, um nach der Beseitigung des Bruders ein leichteres Spiel mit ihr zu haben. Aber als nun der Marques, niedergedrückt vom Gefühl seiner Schande, zurückkehrt und auf ihren Vorhalt alsbald Alles zugesteht, da geräth sie außer sich, sie belegt ihn mit den verächtlichsten Namen, sagt ihm, fie betrachte sich nicht mehr als seine Schwester; aber bald fiegt die Natur, und sie treibt ihn zur Flucht. Doch wie er durch die geheime Thür entrinnen will, tritt ihm Felix mit der Nachricht entgegen, daß der Palast bereits umstellt sei. Esperanza sieht hierin Felir' Werk, spricht ihren Zorn, ihre Verachtung gegen ihn aus und will fich dem Könige zu Füßen werfen.

Während der Marques gefangen fist, hat Felix täglich zwei Mal versucht, Esperanza zu sprechen, ist aber immer abgewiesen worden. Endlich steigt er über den Balkon in ihre Zimmer und findet sie in ihrem Schmerz. Sie hält ihm seine unedle Rache, seinen Mangel an Zartgefühl vor. Er aber erklärt, er könne nicht leben, ohne sie zu sehen, fie beurtheile ihn ganz falsch. Er könne dies Leben nicht mehr ertragen und ziehe daher nach Portugal in den Krieg. Da aber nichts sie von seiner Redlichkeit zu überzeugen vermag, fo nimmt er Abschied und läßt ihr ein Papier, wie er sagt, seine Rache, zurück. Sie vermuthet das Todesurtheil ihres Bruders, doch ist dessen Begnadigung. Einen Augenblick schwankt sie noch und hält das Papier für falsch, für eine neue teuflische Rache von Felix. Doch der Marques erscheint selbst, er verdankt in der That Felix sein Leben, das er nun im Kriege gegen Portugal verdienen will. Jezt endlich erscheint Felix in seinem wahren Lichte vor Esperanza, die sich nun nicht schämt, ihn vor ihrem ganzen Hause um Verzeihung zu bitten und ihm ihre Hand anzubieten. (Schluß folgt.)

Mannigfaltiges.

- es

- Die Deutschen und die Singvögel in Amerika. (Aus dem Briefe einer Deutsch-Amerikanerin in Madison, Wisconsin). „Das edle Deutschthum zu verbreiten wird von allen hier lebenden gebildeten Deutschen auf das eifrigste gestrebt. Du glaubst gar nicht, wie tief gewurzelt die Liebe und Anhänglichkeit an ihr verlaffenes Vaterland ist, und wie jeder Gebildete sich bestrebt, deffen würdig zu bleiben, troßdem daß die Meisten sich hier in viel besseren Verhältniffen befinden, als die sie drüben verlassen haben. Du würdest erstaunen, wenn Du, wie ich, bei öffentlichen Festen die Reden hörteft, welche begeisterte deutsche Männer zum Ruhm ihres Vaterlandes, und um es hier würdig zu vertreten, halten. Man sieht es den Amerikanern an, daß sie es bedauern, diese Reden, welche sie gleichsam mitfühlen, nicht verstehen zu können. Bei der Einweihung einer TurnerFahne, wo mehrere folche Reden gehalten wurden, fragte ein in meiner Nähe stehender junger Amerikaner einen Deutschen, ob Mr. Kröcher seine Rede nicht auch in englischer Sprache vortrüge? Dieser antwortete ganz gelaffen: „No, Sir, ihr haltet eure Reden auch nicht deutsch."

„Man sagt drüben und schreibt es auch, in Amerika wären keine Singvögel. Dieses finde ich nicht wahr. Ich höre deren viele, besonders jezt im Frühjahr — z. B. eine Art schwarzer Vögel, wie unsere Staare, von denen fie auch in Stimme und in Gesang viel haben, nur daß dieser noch fanfter ist, ungefähr wie der unserer Rothkehlchen, und oft in das Gesinge unserer Kanarienvögel einstimmt, welche hier wild herumfliegen und nisten. Gleich neben uns, auf der Eichen in L-d's Garten, halten sich im Sommer zwei Pärchen auf. Die Männchen find citrongelb mit schwarzen Federn auf dem Kopfe, Flügel und Schwanzfederspiße; die Weibchen sind mehr grau als gelb, und während diese brüten, sißen die Männchen oft auf der Fenz oder Waschleine und fingen und schmettern ihnen was vor. Du kannst denken, wie viel Vergnügen mir dies macht. Sie nähren sich von Hanf, welcher hier herum wild wächst“.

Wöchentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 gr., halbjabrlic 1 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür tas Blatt im Julande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 82.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bel Beit u. Comp., Zägerstraße Nr. 25, und beim Spediteur Neumann, Niederwallfir. Nr. 21), sowie von allen königl. Post-Aemtern, angenommen.

Literatur des Ausländes.

Brafilien.

Berlin, Sonnabend den 10. Juli.

Die Reise des Prinzen Adalbert von Preußen

im Jahre 1842. *)

Als wir vor einiger Zeit unserem Publikum einen Bericht über die Reise des Prinzen Waldemar von Preußen erstatteten, fügten wir am Schlusse die Bemerkung bei, daß auch die Reise feines hohen Bruders, des Prinzen Adalbert, in einem ähnlichen Auszuge erschienen und somit dem größeren Publikum zugänglich geworden sei. Das Buch liegt uns nun vor, was damals noch nicht der Fall war, und wir sehen uns demnach in den Stand gesezt, eine ausführlichere Mittheilung darüber zu machen, die gewiß den meisten unserer Leser nicht unwillkommen sein dürfte.

Dem vorliegenden ziemlich starken Werke (749 S. in Oktav) liegt das Tagebuch zu Grunde, welches der Prinz auf seiner im Jahre 1842 nach Brasilien unternommenen Seereise geführt hatte, und das, 1847 zu Berlin als Manuskript gedruckt, mit Beigabe von landschaftlichen Darstellungen, Karten und Plänen erschienen war unter dem Titel: ,,Aus meinem Tagebuche 1842-1843. Von Adalbert Prinz von Preußen". Da dieses prachtvolle Werk nur in einer kleinen Zahl von Exemplaren gedruckt wurde und nur als ein Geschenk Sr. königl. Hoheit in den Besig von Privatpersonen gelangte, so würde es der Kenntnißnahme des größeren Publikums so gut als entgangen sein; durch vorliegende Arbeit, zu welcher der hohe Prinz dem Verfasser die Erlaubniß ertheilte, wird auch weiteren Kreisen die Gelegenheit, jene interessante Reise im Geiste mitmachen zu können. Wir haben nicht nöthig, hinzuzufügen, daß die Arbeit mit Geschmack unternommen und mit Geschicklichkeit durchgeführt ist, und daß wir jedenfalls mehr als einen bloßen Auszug vor uns haben.

Wie man aus dem einleitenden Wort des Tagebuches erfährt, gehörte eine größere Seereise fast von Kindheit an zu den Lieblingswünschen des Prinzen, während seine rege Phantasie, von den Wundern der Tropenwelt angezogen, diefem Streben eine bestimmtere Richtung gab. Se. Majestät der König, der auf das huldvollste auf diese Wünsche einging, gestattete dem Prinzen, seinen Vater, den verewigten Prinzen Wilhelm, auf dessen Tour durch Italien zu begleiten und sodann eine Reise nach Rio Janeiro anzutreten.

Von einer Fahrt auf dem neapolitanischen Dampfboote,,Palermo" rings um Sicilien und nach Malta, bei welcher Gelegenheit der Prinz in Gesellschaft seines verewigten Bruders, des Prinzen Waldemar, den Aetna bestieg, zurückgekehrt, trennte er sich in Neapel von seinem Vater und seinem Bruder und ging mit seinen beiden Begleitern und treuen Reisegefährten, dem Hauptmann, jeßt Oberst, Grafen Oriolla (späteren Reisegefährten des Prinzen Waldemar), und dem Seconde-Lieutenant, jest Major und Flügel-Adjutanten Sr. Majestät des Königs, Grafen Bismark, an Bord des „Francesco 1." nach Genua, um dem Könige von Sardinien, der ihm eine seiner Fregatten für die Hin- und Herreise nach Brasilien zur Verfügung angeboten hatte, persönlich seinen Dank abzustatten.

Am 22. Juni 1842 lichtete der „San Michele“, von 60 Kanonen, geführt vom Capitain d'Arcollière, die Anker, fteuerte durch den Golf von Lyon im Angesichte der See- Alpen und Korsika's hindurch, segelte am fernen Monferrat und nahe an dem schroffen Felsen von Formen tera vorüber, paffirte das Kap de Gata und lief in Malaga ein, von wo eine Exkursion nach Granada gemacht wurde. Demnächst segelte die Fregatte nach Gibraltar und nach Kadir, von hier an den Ilhas Desertas (wüften Inseln) vorüber nach Madeira, berührte dann Teneriffa, hielt sich darauf dicht an den Inseln des grünen Vorgebirges, die jedoch des schweren Gewölfes wegen nicht sichtbar waren, und langte in den ersten Tagen des September 1842 in Rio Janeiro an.

*Reife Seiner Königlichen Hoheit des Prinzen Adalbert von Preußen nach Brafilien". Nach dem Tagebuche Seiner Königlichen Hoheit mit Höchster Genehmigung auszüglich bearbeitet und herausgegeben von H. Klette. Berlin, Hasselbergsche Verlagshandlung, 1857.

1858.

Höchst interessant war uns die Schilderung der Besteigung des Pie von Teneriffa, da wir vor nicht langer Zeit erft Gelegenheit hatten, eine andere Befteigung deffelben, neueren Datums, die des englischen Astronomen Piazzi Smyth, ausführlicher beschrieben zu lesen. Englische Journale haben bei dieser Gelegenheit bemerkt, daß Herr Piazzi Smyth, der auf dem Pic astronomische Beobachtungen anstellte, auch auf eine von Alexander v. Humboldt bemerkte Erscheinung, das sogenannte Sternschwanken oder die laterale Strahlenbrechung, Acht hatte, jedoch nichts dergleichen gewahrte und deshalb nicht ungeneigt schien, eine Sinnentäuschung von Seiten des großen Gelehrten anzunehmen. Es war uns also höchft anziehend, zu erfahren, daß Prinz Adalbert dieselbe Erscheinung beobachtet hat, wonach jene Vermuthung Smyth's als unbegründet hinwegfällt. Wir können uns nicht enthalten, die betreffende Stelle aus dem Buche anzuführen:

„Ein großes Stück des riesigen Kegels war bereits erklommen, da schimmerte, während die Sterne noch am hellblauen Himmel ftanden, hoch über dem kolossalen Cirkus der rosige Streifen der Morgenröthe. Dicht über diesem rosenfarbenen Saume zog ein Stern die besondere Aufmerksamkeit des Prinzen auf sich. Statt nämlich, etwa wie eine Sternschnuppe, senkrecht herunter zu fallen, blieb er in einer ruckweisen, schnellen Bewegung in horizontaler Richtung. Als der Prinz seine Gefährten darauf aufmerksam machte, sahen diese das sonderbare Phänomen jezt ebenso, wie es ihm erschien. Man blieb stehen. Durch das Fernrohr betrachtet, wurden aus dem einen zwei durch einen geschlungenen Schweif verbundene Sterne, deren Bewegung ganz dieselbe war, wie sie sich dem bloßen Auge darstellte. Auch an anderen Sternen entdeckte man durch dasselbe Fernrohr eine ähnliche, aber schwächere Schwankung, die jedoch dem bloßen Auge nicht sichtbar war. Außerdem sah man in dieser Nacht eine Anzahl Sternschnuppen fallen, an denen jedoch kein solcher Schweif bemerkt wurde, wie er oft in diesen Breiten sichtbar sein soll. Uebrigens war das Hin- und Herfliegen jenes Sternes in der Nähe des Horizontes durchaus nicht mit den Bewegungen einer Sternschnuppe zu vergleichen."

"

Alerander v. Humboldt kommt in seinem ,,Kosmos" (Bb. 3, S. 73) auf die von ihm bereits in seiner Reise mitgetheilte Beobachtung, auf die Herr Piazzi Smyth sich bezog, zurück und führt dabei die Bestätigung derselben durch Prinz Adalbert zum Schluffe an. Im Malpays (heißt es a. a. D.), ungefähr in einer Höhe von 10,700 Fuß über dem Meere, sah ich (am 22. Juni 1799) mit unbewaffnetem Auge tief stehende Sterne in einer wunderbar schwankenden Bewegung. Leuchtende Punkte stiegen aufwärts, bewegten sich seitwärts und fielen an die vorige Stelle zurück. Das Phänomen dauerte nur sieben bis acht Minuten und hörte auf lange vor dem Erscheinen der Sonnens scheibe am Meer-Horizont. Dieselbe Bewegung war in einem Fernrohre sichtbar, und es war kein Zweifel, daß es die Sterne selbst waren, die sich bewegten. Gehörte diese Ortsveränderung zu der soviel bestrittenen lateralen Strahlenbrechung? Bietet die wellenförmige Undulation der Sonnenscheibe, so gering sie auch durch Messung ge funden wird, in der lateralen Veränderung des bewegten Sonnenrades einige Analogie dar? Nahe dem Horizont wird ohnedies jene Bewegung scheinbar vergrößert. Fast nach einem halben Jahrhundert ist dieselbe Erscheinung des Sternenschwankens, und genau an demselben Orte in Malpays, wieder vor Sonnen-Aufgang, von einem unterrichteten und sehr aufmerksamen Beobachter, dem Prinzen Adalbert von Preußen, zugleich mit bloßen Augen und im Fernrohr beobachtet worden."

Daß Herr Piazzi Smyth, ein so ausgezeichneter Aftronom, der Monate lang in derselben und noch größerer Höhe seine Beobachtungen anstellte und sein Augenmerk von vorn herein auf die erwähnte Erscheinung gerichtet hatte, nichts Derartiges wahrnehmen konnte, ift allerdings auffallend genug; nach der vorliegenden Bestätigung aber wird es doch wohl ungerechtfertigt sein, eine Sinnentäuschung von Seiten Alexander v. Humboldt's glaublich zu finden. Möglich, daß die Erscheinung nur unter ganz ausnahmsweisen und besonderen Be

dingungen stattfindet, denen man natürlich bei der schweren Zugänglichkeit des Ortes nicht leicht beikommen wird. Ohne Zweifel wird man fernerhin die Aufmerksamkeit auf ein feiner Art einziges Phänomen richten, das allem Anschein nach optischer Natur ist.

Wir begleiten den Prinzen auf seiner Seefahrt bis zu seiner Landung in Brasilien die ersten Eindrücke des fremden Landes, des tropischen Klima's und jener sonderbaren Mischbevölkerung des portu giesischen Kolonieenreiches treten uns in den gegebenen Schilderungen lebhaft vor die Seele. Prinz Adalbert stieg unweit des kaiserlichen Schloffes bei der Rua Fresca, hart am Largo do Paço, dem Hotel Pharour gegenüber, ans Land. Schon früher, vor neun Uhr Morgens, hatte die auf der Rhede liegende brasilianische Kriegsbrigg die preußische Flagge aufgehißt und dieselbe mit dem üblichen königlichen Gruße von 21 Kanonenschüssen salutirt, und das Boot war abgegangen, das den Prinzen ans Land bringen sollte. Die vor Anker liegenden Schiffe, vornehmlich britische, hatten ihre Raaen bemannt, und so fuhr denn der Prinz unter Hurrah und Viva-Rufen und Kanonendonner dem Lande zu, auf dem die Wagen bereit ftanden, umgeben von einigen Neugierigen. Unterweges waren fast nichts als Neger und Mulatten zu sehen, welche augenscheinlich die Mehrzahl der Einwohner bilden.

Der Prinz wurde in ein hübsches und elegantes Gartenhaus Logirt und nach gemeinschaftlichem zweiten Frühstücke von dem Minister der auswärtigen Angelegenheiten, Aurelio de Souza e Oliveira Cotinho, und dem Major Domo des Kaisers, Paulo Barboza da Silva, die sich unterdeffen eingestellt, im Namen des Kaisers für den kommen den Tag um zehn Uhr zur Audienz und gleichzeitig zu der an demselben Lage stattfindenden Feier des Jahresfestes der Unabhängigkeit Brasiliens eingeladen. Die Zeit nach diesem benußte der Prinz zu Ausflügen, um die vielen Wunderdinge, namentlich die fremdartige Vegetation, die ihm schon auf der Herfahrt aufgefallen, näher Augenschein zu nehmen. Es thut uns leid, daß wir die malerischen Schilderungen der ersten Eindrücke, die sich boten, bei der Knappheit des uns zugemessenen Raumes unseren Lesern nicht ausführlich mittheilen können und sie auf das Buch selbst verweisen müssen.

Am 7. September früh nach neun Uhr wurde der Prinz zur Audienz abgeholt; ein vierfißiger kaiserlicher Staatswagen, mit vier Maulthieren bespannt und mit reich galonirter Dienerschaft, hielt vor dem Landhause. Die kaiserliche Livree ist grün mit Gold, die Vorreiter tragen steife Stiefel und dreieckige Hüte. Ein Zug Linienkavallerie in dunkelblauen Kollets mit rothen Kragen stellte sich auf, um die Eskorte zu bilden, und der Kammerherr da Verna Magelhaeñs kam, Se. königl. Hoheit zur Audienz zum Kaiser zu begleiten. Schnell wollte der Prinz auf demselben Wege, auf welchem er gestern gekommen war, zur Stadt. Das Gewühl auf den Straßen zeigte den großen Festtag an, den Tag, an dem sich zwanzig Jahre früher Brafilien frei gemacht hatte. Die Kavallerie der Nationalgarde, grün mit gelben Kragen, formirte sich schon in den Straßen, während einzelne Reiter aber erst mit Hülfe ihres Negers aufsaßen. Jezt gelangte man an den weiten, etwas wüsten Play Sta. Anna, auch Campo da Honra oder Campo da Acclamaçaõ genannt, auf dem Dom Pedro 1. zum Kaiser ausgerufen worden war. Allmählich kam Allmählich kam man aus der Stadt, die man durchschnitten, wieder heraus auf eine schöne Chauffee, die über einen weiten Sumpf und durch Schilffelder führte, beide von bewaldeten Hügeln umfaßt. Große schwarze Urubus umkreisten die Sümpfe. Bald befand man sich wieder zwischen Häufern und Gärten, in denen allerhand fonderbare Tropengewächse die Aufmerksamkeit fesselten. Endlich lag ein mit Flaggen gezierter grüner Plaß links am Wege, auf dem ein großes Zelt stand und zahlreiche Menschen sich versammelt hatten, um der bevorstehenden Feierlich keit beizuwohnen. Der Grundstein zu einer kaiserlichen Stiftung für die verwaisten Töchter treuer Staatsdiener sollte in Anwesenheit des Kaisers selbst gelegt werden. Der Prinz fuhr vorbei und auf das kaiserliche Schloß von St. Cristovaõ zu, wo sämmtliche Minister und der Hof ihm entgegenkamen. Sie geleiteten ihn durch einige Zimmer zum Kaiser, der, in der Mitte stehend, den hohen Gaft sehr huldreich empfing. (Fortseßung folgt.)

Spanien.

Das moderne Drama der Spanier.

V. D. Tomas Rodriguez Rubí.
(Schluß.)

Der stolze, rauhe, aber im Grunde edle Charakter Esperanza's, der kühne, beharrliche Felix, sowie die geschwäßige Dueña und der komische Hofmeister, find gut gezeichnet. Der Marques dagegen macht durch seine aberwißige Rachgier und die niedrige Gesinnung, die sein Racheplan verräth, einen sehr unangenehmen Eindruck, und Ines ist ganz unbedeutend. Das Stück hat große Längen und weder etwas besonders Ergreifendes, noch etwas Driginelles; allein die Mittel

mäßigkeit gefällt ja überall der Maffe, und so ist auch dieses Stück populärer als manches, das es weit mehr verdiente. Das,,Rad der Fortuna" besteht aus zwei Theilen. Der erste hebt den Helden auf die höchste Höhe des Glückes, der zweite läßt ihn wieder sinken.

Wir sehen uns auf dem Lande, zu Rioja, im Hause eines wohlhabenden Landmannes, Maurizio, deffen kostbarer Charakter, ein Gemisch von Derbheit, Offenheit, Herzlichkeit, Humor, Kühnheit und adeliger Gesinnung, das Stück allein schon halten würde. Er hat einen vom Hofe verbannten Edelmann gastfreundlich in sein Haus aufgenommen und für alle Bedürfnisse desselben gesorgt. Dennoch brütet D. Diego fortwährend über feinem Unglück und unterhält Verbindungen, durch die er seine alte Stellung wieder zu gewinnen hofft. Maurizio redet ihm zu, sich nicht zu grämen, er sei ja reich und wolle Alles mit ihm theilen, wenn er seinem Sohne Zenon, den er als Doktor von der Universität erwarte, seine, Diego's, Tochter Clara gebe. D. Diego geräth in Verlegenheit über diesen, wie ihm scheint, lächerlichen Antrag des Bauern, der allerdings sein Wohlthäter ist. Er hat Clara seinem Neffen, dem Grafen della Valle, bestimmt, durch den er wieder an den Hof zu kommen hofft. Clara selbst liebt indessen Zenon, sieht aber bei dem stolzen, strengen Charakter ihres Vaters keine Aussicht, ihre Wünsche zu verwirklichen. Inzwischen erscheint der Graf sowohl als Zenon. D. Diego ist in der That zurückberufen; triumphirend theilt er Maurizio mit, daß er in seine Güter wieder eingesezt und Clara die Erbin des Grafen von Santello sei. Mit den höhnenden Worten: das war also der Bräutigam! ziehen der Neffe, D. Diego und Clara fort, doch findet diese noch Ge legenheit, Zenon ihr Tuch zu lassen. Maurizio besänftigt den über den Spott des hochmüthigen Edelmannes aufgebrachten Zenon. Er zieht aus einer alten Truhe einen Adelsbrief, so gut wie der des Cid, hervor und fordert Zenon auf, nach Madrid zu gehen und dort durch sein Talent und sein Wissen seinen Nebenbuhler aus dem Felde zu schlagen; denn Clara liebe ihn ja, und das sei die Hauptsache.

Am Hofe von Madrid intriguiren eben die Gesandten von England und Frankreich, um einen ihren Interessen geneigten Mann an das Ruder zu bringen. Eine gewisse Marquesa, die als Oberhofmeisterin großen Einfluß hat, steht beiden Gesandten bei. Sie, eine echte Spanierin, will aber im Grunde von Beiden nichts und treibt nur ihr Spiel mit ihnen, um sie auszuholen. Der Graf della Valle hat ihr bisher gleichfalls den Hof gemacht; allein sie zürnt ihm über Santello's Rückberufung, dessen Ränke im englischen Interesse fie kennt. Der Graf glaubt sie eifersüchtig wegen seiner Bewerbung um Clara und will den Kontrakt nur mit ihrer Zustimmung unterzeichnen. Doch sie hat gar nichts gegen seine Verheiratung, was ihn auf den Gedanken bringt, daß ein anderes Interesse sie beschäftige. Sie verkehrt nämlich seit neuerer Zeit mit einem Unbekannten, den sie unmäßig rühmt. Der Besuch D. Diego's und Clara's unterbricht jenes Gespräch. Diego ladet sie zu einem Balle ein, was sie für fich und ihren Vetter, den Grafen von Somodevilla, annimmt. Dieser aber erscheint eben; es ist zur großen Freude Clara's, zu Diego's Verlegenheit und des Grafen Aerger Niemand Anderes als Zenon. Aber das scharfe Auge der Marquesa bemerkt das Einverständniß zwischen Zenon und Clara bald, und obgleich dieser erklärt, er verfolge nur den einzigen Zweck, jene zwei Hochmuthsnarren zu demüthigen, nimmt sie sich doch vor, ihn von Clara zu trennen und für sich zu behalten. Sie verschafft ihm daher die Stelle eines Geheim-Secretairs beim Infanten D. Felipe, mit welchem er nach Italien geht. Inzwischen versucht D. Diego, unter Beihülfe des englischen Gesandten, Minister zu werden, um dann den König zu einer Allianz mit England zu bestimmen, während auch der französische Gesandte bei der Königin zu Gunsten Frankreichs intriguirt. Allein die Marquėsa arbeitet dem Einfluß Beider entgegen und hat Somodevilla aus Italien kommen lassen, um durch ihn jeden fremden Einfluß zu verdrängen. Seine Bedeutung wird den Höflingen in augenfälliger Weise dadurch zu Gemüthe geführt, daß er allein bei den Majeftäten Zutritt erhält, während Gesandte und Granden das Nachfehen haben. Doch Doña Clara ist mit dieser Wendung der Dinge durchaus nicht einverstanden; sie macht Somodevilla Vorwürfe, daß er sie vergessen, nur seinem Ehrgeize folge, in den Reßen einer Anderen liege. Allein Somodevilla versichert, daß er dies Alles nur gethan, um ihr att Rang und Stand gleich zu werden, und die Marquesa zum Besten habe. Als thatsächlichen Beweis feiner Aufrichtigkeit schlägt er ihr eine heimliche Heirat vor, in weiche jene endlich einwilligt. Inzwischen hat die Marquesa seine Denkschrift über Finanzen und Flotte dem Könige vorgelegt und diese dem Leßteren so gut gefallen, daß er Somodevilla zum Marquesen von Ensenada ernennt. Den Dank Somodevilla's weist die Marquesa mit der Erklärung zurück, daß er dies Alles nur seinem Talent, nicht ihrem Einfluß, verdanke. - Jest ist Somodevilla am Ziel; er ergreift die Gelegenheit, um den Grafen an seine spöttischen Redensarten von ehedem zu erinnern, und ver

höhnt nun seinerseits ihn, der dem Bauern habe weichen müssen und auch bei der Marquesa von ihm ausgestochen worden sei. Zur Feier feiner Standeserhöhung giebt der Marques dem Hofe einen glänzenden Ball, bei welchem die Hofleute sein Lob fingen. Auch Maurizio, Ensenada's Vater, ist angelangt und hat einige prächtige Scenen mit dem hochmüthigen D. Diego und einem Lakaien, den er um ein solides Nachteffen bittet, da er nicht warten kann, bis das Souper aufgetragen wird. Während die englische Partei auch jezt noch hofft und der franzöfifche Gesandte Ensenada vergeblich zu gewinnen sucht, erscheint die Marquesa und bittet um die hohe Protection des Leßteren, da der König ihn foeben zu seinem Premier Minister ernannt habe. Indeffen droht ihm noch ein Mißgeschick. Doña Clara þat erfahren, daß ihr Vater wegen Umtriebe verhaftet werden soll; außer sich, eilt sie verschleiert auf Ensenada's Ball, um ihren Gemahl um Hülfe anzuflehen. Aber die eifersüchtige Marquesa hat fie belauscht, und Ensenada muß nun fürchten, daß sie den König und die Königin von der heimlichen, ohne deren Wissen geschloffenen Verbindung in Kenntniß seßen werde. Er stellt nun seinen Gästen Clara als seine Gemahlin vor, worüber D. Diego in die äußerste Wuth geräth; denn er wähnt, Ensenada wiffe bereits, daß er, D. Diego, Minister geworden, und habe Clara nur deshalb geheiratet, um sich vor seiner Rache zu schüßen. Da kömmt die Nachricht, daß Ensenada Minister, Diego und der Graf aber verbannt seien. D. Diego will fich we nigstens noch dadurch rächen, daß er den König von der heimlichen Ehe in Kenntniß seßt. Aber auch dies wird vereitelt, denn die groß, müthige Marquesa war schon bei den Majeftäten und bringt nun die königliche Erlaubniß. So bleibt D. Diego nichts übrig, als Mau rizio's Antrag: wieder bei ihm zu wohnen, anzunehmen.

Hat dieser erste Theil des Rades der Fortuna dadurch einen guten Eindruck gemacht, daß wir Talent und Redlichkeit über Hochmuth und Intrigue triumphiren sahen, so ist der zweite weniger geeignet, zu befriedigen. Ensenada ist Witwer und scheint mit der Gattin seinen Schußengel verloren zu haben. Zwar ist ihm in Beziehung auf seine Verwaltung nichts vorzuwerfen, aber sein gränzenloser Stolz, sein Pochen auf seine Macht haben ihm zahlreiche Feinde zugezogen. Dazu kommt, daß ihm auch die Marquesa gram ist, weil er sich in neue Liebesneße mit einer Doña Jnes geworfen hat. Bald kommt es zu gegenseitigen Vorwürfen, zu Drohungen, kurz, zu einem Bruche, über den der englische Gesandte umsomehr triumphirt, als die Rückkehr D. Ricardo's (des Grafen della Valle) ihm einen neuen Bundesgenossen verspricht. Inzwischen hat auch Maurizio Ursache zu Klagen wegen schlechter Behandlung seines Heimatortes und begiebt sich deshalb an den Hof, um durch seinen Sohn Abhülfe zu schaffen. Ueberall vernimmt er hier Stimmen gegen Ensenada, und er beschließt, diesem tüchtig den Kopf zu waschen, wundert sich aber doch, daß keiner seiner Freunde ihm bis jeßt die Augen geöffnet habe.

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Die Marquesa, welche nach ihrem leßten Auftritt mit Ensenada dessen Rache fürchtet, sucht derselben zuvorzukommen, indem sie seinen Haushofmeister besticht, um sie in Ensenada's Arbeitszimmer zu lassen, wo sie sich irgend eines ihn kompromittirenden Papiers zu bemächtigen beabsichtigt. Zum Unglück hat Ensenada dem französischen Gesandten ein Rendez-vous gegeben und in diesem die Unvorsichtigkeit begangen, einen Vertrag, den ihm dieser vorlegte, zu unterzeichnen, freilich nur in der Absicht, diesen irre zu führen und hinzuhalten, und fest entfchloffen, ihn niemals vorzulegen. Diesen Vertrag erwischt die Marquesa. Gleich darauf findet die Zusammenkunft Ensenada's mit Maurizio statt, bei welcher der Lestere anfangs als Supplikant steht, später aber, als Vater, Ensenada vor ihm aufstehen heißt und ihm seinen nahen und unehrenhaften Fall voraussagt. Ensenada erwiedert, daß er ein gutes Gewissen habe und überdies zu fest stehe, als daß er so leicht fallen werde. Da entdeckt er plöglich den Verlust des Papiers und schließt aus Maurizio's Angabe: er sei einer armen Witwe hier begegnet, die er beschenkt habe, - daß niemand Anderes als die Marquesa da gewesen sei.

Ines soll dieser nun den Vertrag wieder ablocken, was sie dadurch zu bewerkstelligen hofft, daß sie die Aufopfernde spielt, welche, um Ensenada nicht mit Jener zu entzweien, sich selbst nach der Schweiz verbannen werde. Allein die Marquesa geht ebensowenig darauf ein, als auf die Pläne des englischen Gesandten zum Sturze Ensenada's; namentlich sagt ihr die vorgeschobene Persönlichkeit D. Ricardo's nicht zu, der ihr neben Ensenada doch gar zu unbedeutend erscheint. Nun macht dieser Lestere selbst einen Versuch, den Vertrag wieder zu erhalten, und verkündet der Marquefa, als diese durchaus nicht darauf eingeht, daß sie binnen 24 Stunden Madrid zu verlassen habe, was fie jedoch nicht außer Fafsung bringt. Auf einem Balle bei Doña Jnes giebt sich die Gewitterschwüle kund, die auf der Residenz ruht. Man weiß, daß der Minister bereits Postpferde bestellt hat. Plößlich erscheint er dennoch auf dem Balle; doch gegen Ines spricht er seinen Unmuth über den allgemeinen Undank, die Treulosigkeit, die er er fahren müffe, aus. Mittlerweile entsteht ein von Ensenada's Feinden

angezettelter Straßentumult; er will energisch gegen die Nuheftörer vorgehen; allein ein Handbillet des Königs segt ihn ab. Seine auf dem Balle befindlichen Feinde haben dies erfahren; sie sind überzeugt, D. Ricardo sei Minister und schicken sich an, Ensenada zu verhaften. Da zieht sich auch Ines zurück und seine Verachtung folgt ihr. Nur Maurizio bleibt ihm zur Seite und fordert ihn auf, mit ihm nach Rioja zu gehen und den Trost seines Alters zu bilden. Doch D. Ní cardo will sie nicht laffen. Da tritt die Marquesa abermals ins Mittel und erklärt die Pläne der englischen Partei für gescheitert, der König habe sich selbst als Nachfolger Ensenada's bestimmt, der keinesweges in Ungnade sei. Nur Jnes erhält Pässe in die Schweiz. Maurizio rühmt seine Verwandtin, die Marquesa, als die einzige brave Spanierin, will aber doch nichts mehr vom Hofe wissen, da sich das Rad der Fortuna hier gar zu oft drehe.

Auch an diesem Doppelstück müssen wir eine gewiffe Breite, eine ans Prosaische streifende Deutlichkeit, Nüchternheit und Verständigkeit hervorheben. Auch hier läßt sich der ganze Gang des Stückes zu früh errathen, um das Interesse gehörig zu spannen. Auch hier fehlt es vollständig an originellen Wendungen, an poetischen Bildern, an jenem Neuen, Ueberraschenden, nie Dagewesenen, was die Werke des Genies kennzeichnet. Dagegen ist das Treiben bei Hofe, jene eigenthümliche spanische Sitte der Aemterbewerbung auf Empfehlung (los pretendientes) gut gezeichnet. Nicht minder gelungen sind die Charakterschilderungen der Marquesa, Ensenada's, Maurizio's und D. Diego's; und schließlich dürfen wir nicht vergessen, daß das Stück durchweg von einem echt nationalen Geiste, der das Fremde fürchtet und haßt, durchweht ist und ohne Zweifel diesem Umstande vorzugsweise seine Beliebtheit in Spanien verdankt. A. S.

Frankreich.

Der Feldzug von 1815, nach Charras.

Die demüthigendste Niederlage erlitt Frankreich im Jahre 1815 bei Waterloo. Die Ereignisse, welche dieselbe herbeiführten und welche deren unmittelbare Folge waren, hat der französische Oberst-Lieutenant Charras einer kritischen Untersuchung unterworfen und in einfacher, anspruchsloser Form dargestellt.") Der Verfasser hat drei Jahre lang den belgischen Kriegsschauplaß an Ort und Stelle studirt und gefunden, daß Napoleon's Berichte mit den Thatsachen nicht übereinstimmten. Diese Berichte enthalten eine sich überftürzende, myftische Darstellung derselben, ungenau in Bezug auf die Angaben der Zeit und der Entfernungen, unzuverlässig in Bezug auf die Thatsachen felbst. Diese werden theils in falscher Reihenfolge vorgeführt, theils entstellt, theils verheimlicht, theils erfunden, da Napoleon nichts Anderes beabsichtigte, als sich auf schlaue Weise zu vertheidigen, was er nur dadurch erlangen konnte, daß er die Welt zu täuschen versuchte. Seit mehr als dreißig Jahren sind diese Napoleonischen Berichte die Quelle der französischen Geschichtschreiber gewesen. Da nun Charras die Unlauterkeit dieser Quelle erkannte, so wandte er sich an die Korrespondenzen, Befehle und Berichte der Heerführer und ihrer Untergebenen, an die Erzählungen, Erläuterungen und Memoiren derjenigen, welche, bei den Ereignissen mehr oder minder betheiligt, dem einen øder dem anderen Heerlager angehörten, an die politischen und militärischen Werke, welche jene denkwürdigen Tage behandeln und in verschiedenen Ländern erschienen sind. Benußt wurden endlich die allerdings nur unvollständigen Aktenstücke des Kriegs-Archivs zu Paris und die mündlichen, äußerst wichtigen Berichte von Zeitgenoffen, die, theils Fremde, theils Franzosen, aus unmittelbarer Anschauung erzählen konnten.

Diese Hülfsmittel hat Charras genau geprüft und unter einander verglichen, sowie er auch die Streitigkeiten berücksichtigte, welche unter den Siegern später über ihre widersprechenden Angaben entstanden, ohne für den einen oder den anderen Partei zu nehmen oder irgend eine vorgefaßte Meinung zu hegen.

# Wenn man“, sagt Charras, „seinen Feind verkennt oder herabwürdigt, so schmälert man den Ruhm, den man durch den Sieg erlangt, oder man vermehrt den Schimpf und die Schande, die den Befiegten treffen."

"

Der Verfasser hat sich nicht auf eine rein militärische Berichterstattung beschränkt. Wenn sich Heere Schlachten liefern, wie die von Ligny, von Quatre-Bras, von Waterloo, wenn sie mit der Tapferkeit kämpfen, die in Wuth übergeht und an die Bürgerkriege erinnert, wenn ein Volk, wie das französische, ein Volk von achtundzwanzig Millionen, ein Volk von Soldaten nicht einen Schuß thut, um sein Gebiet zu vertheidigen, wenn es sich in einem Zeitraum von

lonel Charras. Tom. I et II. Beigegeben: Atlas spécial composé de *) Histoire de la campagne de 1815. Waterloo. Par le Lieut. - Cocinq plans et cartes dessinés expressément pour cet ouvrage par Vandermaelen. Bruxelles, 1858.

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