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N 70.

für die

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Literatur des Auslandes.

Frankreich.

Die Herzogin von Orleans.

Berlin, Sonnabend den 12. Juni.

Das Londoner Athenaeum widmet_der Herzogin von Orleans einen Nachruf, der in einfachen, aber geiftvollen und tiefgefühlten Worten dem Charakter der hohen Verstorbenen den ihm gebührenden Tribut der Ehrfurcht und Bewunderung darbringt. Er ist mit den Anfangsbuchstaben,,S. A." unterzeichnet, in welchen wir die durch ihre trefflichen Ueberseßungen aus dem Deutschen bekannte englische Schriftstellerin Sarah Austin erkennen. Unsere Leser werden diese dem Andenken einer hochherzigen und unglücklichen deutschen Fürstin erwiesene Huldigung gewiß nicht ohne Intereffe lesen.

,,Eine Tragödie, von der wir lange Zeugen gewesen eine Tragödie, von der weder Geschichte noch Dichtung ein denkwürdigeres oder ergreifenderes Beispiel darbietet hat jeßt ihren Schluß erreicht. Die Herzogin von Orleans ist todt. Die Herzogin von Orleans war, wie man sich erinnern wird, eine Prinzessin von MecklenburgSchwerin. Ihre Mutter, welche starb, als sie noch in der Wiege lag, war die Tochter eines der aufgeklärtesten, bravsten und edelmüthigsten Fürsten, die je einen Thron geziert haben — Karl August's von Sachsen-Weimar, des Freundes von Goethe und Schiller. Bedarf eine literarische Zeitschrift der Entschuldigung, wenn sie einige Augenblicke bei den merkwürdigen Schicksalen der Enkelin eines Fürsten verweilt, der der Literatur so theuer war? Wir glauben nicht. Die Erbgroßherzogin von Mecklenburg war eine Tochter jener unerschrockenen und hochherzigen Fürstin, Louise von Sachsen-Weimar, welche alle Kanonen Napoleon's, wie er selbst äußerte, nicht einschüchtern konnten, als sie, allein und schußlos, sich ihm vorstellte, um für ihren Gatten und ihr Volk zu bitten. Es möchte Lobes genug erscheinen, wenn wir sagten, daß die Prinzessin Helene von Mecklenburg des heroischen Blutes würdig war, das in ihren Adern floß. Aber in ihren geistigen Eigenschaften übertraf diese edle Fürstin ihre Ahnfrau ebenso sehr, wie in ihrem Unglück. Die Herzogin Louise erlebte es, ihren Feind gestürzt, ihr Land von dem Tyrannen befreit, ihren Gatten `seinen Staaten und seinen Unterthanen zurückgegeben, geliebt, geehrt und zufrieden zu sehen. Sie starb an ihrem eigenen Heerde, unter dem Volke, das zu schüßen und dem zu dienen sie Alles gewagt hatte. Ihr Gegner war ein auswärtiger Feind. Sie wurde nicht von dem Volke aus seiner Mitte getrieben, unter welchem fie gehofft hatte, ihr Leben zu verbringen, und welchem alle ihre Sympathieen gewidmet

waren.

So grausame Prüfungen (und die grausamste von allen - der plößlichè und tragische Tod eines jugendlichen und leidenschaftlich geliebten Gatten) wurden der Herzogin Louise erspart, aber sie vereinigten sich über dem Haupte ihrer sanften und zarten Enkelin. Niemand, der sie sah, hätte auf den ersten Blick glauben können, daß sie dieselbe Frau war, die in der Deputirtenkammer, mit ihrem kleinen Sohne neben ihr, saß und, während geladene Musketen sich auf sie richteten, nicht durch einen einzigen Zug ihres schönen, bleichen Antliges die geringste Furcht verrieth. Wir haben von verschiedenen Augenzeugen eine Beschreibung dieser stets denkwürdigen und verhängnißvollen Scene gehört. Einige von diesen waren Leute, deren Theorieen jeder Form der Monarchie feindselig sind, aber sie ge= ftanden, daß sich nichts Erhabneres und Rührenderes denken ließ, als die Haltung der jungen Witwe der schußlosen Mutter, welche dem der schußlosen Mutter, welche dem fürchterlichsten Tode - der Niedermeßelung durch den Pöbel ruhig ins Auge sah, um die Rechte des vaterlosen Knaben an ihrer Seite zu vindiziren.

Kein Urtheilsfähiger konnte sich der Herzogin von Orleans nähern, ohne daß ihm die seltene Vereinigung der zartesten weiblichen Anmuth und Grazie mit männlichem Muthe, Verstand und Seelenadel aufgefallen, wäre, die ihren Charakter bildete. Ihre Ansichten und Gesinnungen waren alle erhaben und groß. Niemals machte sich. in ihren vertraulichsten Gesprächen auch nur ein Schatten von Groll

1858.

bemerkbar gegen diejenigen, die sie so grausam mißhandelt hatten. Sie sprach stets mit der tiefsten Anhänglichkeit von dem französischen Volke, äußerte die innigsten Wünsche für dessen Glück und duldete nie, daß man es hart tadelte. Kurz nach der Heirat Louis Napoleon's nahm Jemand Veranlassung, eine von den zahlreichen Anekdoten zu wiederholen, die zum Nachtheil der gegenwärtigen Kaiserin von Frankreich erzählt wurden. Die Herzogin unterbrach augenblicklich diese Unterhaltung, mit der Bitte, daß man in ihrer Gegenwart nie etwas sagen möge, das für jene Dame beleidigend sei. Wir haben in einem Tageblatte die Behauptung gelesen, daß die Prinzessin Helene von Mecklenburg nur ungern die Braut des Herzogs von Orleans wurde. Dies beruht auf einem vollständigen Irrthum. Daß der Halbbruder der Herzogin, der damals regierende Großherzog von Mecklenburg, sich der Verbindung energisch widerseßte, ist bekannt. Nichts vermochte ihn mit einer französischen Heirat auszusöhnen. Seine Schwester aber, ohne im mindesten blind gegen die Gefahren der hohen Stellung zu sein, zu der sie berufen wurde, hatte eine Seele von zu heroischem Gepräge, als daß sie nicht wünschen mußte, diese Gefahren mit einem solchen Gemahl und um eines solchen Landes willen zu theilen. Es war der Traum ihres Lebens — ein Traum, von dem sie nie erwachte sich jenem Lande zu widmen. Wer von der angestrengten Sorgfalt Zeuge war, mit der sie die Erziehung und den Charakter der jungen Prinzen überwachte, konnte nicht umhin, zu fühlen, daß es nicht die bloße Fürsorge einer Mutter war. So entschieden fie die Idee von sich wies, den Grafen von Paris als einen Prätendenten auftreten zu lassen, war es doch unmöglich zu verkennen, daß es ihr innigster Wunsch sei und ein Ziel, das sie niemals aus den Augen verlor, ihn zu einem Manne heranzubilden, der, wenn Frankreich, in einer Stunde der Noth, in einer jener krampfhaften Zuckungen, die es so oft erschüttern, ihn rufen sollte, bereit sein würde, dem Rufe zu gehorchen und die Geschicke des Landes mit weiser, fester und makelloser Hand zu leiten. Dieses Verlangen ist nicht mit gemeinem Ehrgeiz oder mit der thörichten Sehnsucht eines mütterlichen Herzens zu verwechseln. Sie wußte, daß die Krone von Frankreich kein Ding sei, das eine Mutter für ihren Sohn wünschen könnte. Allein sie war der Meinung, daß an gewisse Stellungen gewisse Pflichten geknüpft sind, daß eine Nation Ansprüche hat, welche nichts aufheben kann, und daß diese Ansprüche um so größer und gebieterischer sind, je höher die Stellung.

Der Großherzog von Mecklenburg war übrigens nicht der einzige unter den Verwandten der Prinzessin, der ihre Heirat entschieden mißbilligte. Ihr ehrwürdiger Oheim, der verewigte Großherzog von SachsenWeimar, sprach mit der Verfasserin dieser Zeilen, während die Thrä nen über seine Wangen rollten, von seinen Befürchtungen für die Zukunft seiner Nichte, die er auf das zärtlichste liebte, wie er ihre Mutter geliebt hatte. Die Ahnungen und die Thränen des Großherzogs waren prophetisch. Die Wolken, die sich nachher so schwarz um fie lagerten, hatten damals noch nicht begonnen, ihre glänzenden Aussichten zu verfinstern. Wenn das Unglück der Herzogin hehr, feierlich und schrecklich war, wie eine griechische Tragödie, so war ihr Herz groß, fest und stark genug, es zu tragen. In ihrer sanften Nähe konnte man es vergessen, daß sie eines anderen Schußes bedurfte, als chriftliche und weibliche Geduld; aber erinnerte man sich an das, was sie erlitten, und mit welcher Stirn sie allen Streichen des Schicksals getrost hatte, so war man geneigt, sich vor ihr zu beugen, als vor Einer, die geprüft und gestärkt worden über das gewöhnliche Maß unserer schwachen Natur. Ihr Geist war früh und sorgsam gebildet, unter der Aufsicht ihrer vortrefflichen Stiefmutter, der sie mit warmer Liebe anhing. Sie hatte viel gelesen, und ihr Verstand war scharf und klar. Der hervorragendfte Zug in ihrem Charakter aber war seine moralische Größe. In ihrer Gegenwart gedachte man stets der Zeilen Milton's:

Greatness of mind and nobleness their seat,
Build in her loveliest, and create an awe
About her, as of guard angelic placed."

Italien.

Der Buchhandel in Italien.

III.

Mit welchen Mitteln könnte man die Künstler gegen betrügerisches Kopiren, gegen Nachmachung ihrer Gemälde, Statuen u. f. w. schüßen?

Welche Vorkehrungen müßte man treffen, um im Besonderen zu verhindern, daß die Kunstwerke unter erdichtetem Namen gehen? Schließt das Eigenthumsrecht auf Produkte der zeichnenden

Der Kongreß zur Erörterung des geistigen Eigenthums- Künste auch die Anwendungen in sich, die von diesen Productionen

rechtes in Brüssel. (Schluß.)

Diesem Ausschreiben ist ein Programm beigefügt, welches die in Betracht kommenden und nach vorläufiger Berathung festgestellten Fragen formulirt und dem Nachdenken derer empfiehlt, welche mittel bar oder unmittelbar an der Sache theilzunehmen sich berufen fühlen. Da hierin alles Wissenswerthe und Materielle enthalten ist, so können wir uns umständlicher Betrachtungen und Reflexionen überheben, wenn wir das Wesentlichste daraus mittheilen:

1.

Glaubt der Kongreß, daß das internationale Eigenthumsrecht Literarischer und künstlerischer Werke zu Gunsten der betreffenden Urheber in die Gesezgebung aller civilisirten Völker aufgenommen werden müsse?

Glaubt er, daß ein solches Recht in allen Ländern anerkannt werden müsse, auch wenn die Gegenseitigkeit in einem oder dem anderen nicht gewährleistet wird?

Sollen die fremden Autoren ganz und völlig mit den einheimischen gleichgestellt werden?

Sollen sich die fremden Autoren besonderen Förmlichkeiten unter werfen, um ihr Eigenthumsrecht anrufen und geltend machen zu können, oder genügt es, ihnen dieses Recht zu geben, ohne daß sie den Formalitäten genügt, welche das Gesetz ihres Vaterlandes verlangt? Ist es wünschenswerth, daß alle Länder eine gleichmäßige Gesetzgebung in Bezug auf diesen Punkt eingehen?

2.

Welche Dauer soll dem Eigenthumsrechte literarischer und künft Jerischer Werke zugestanden werden?

Ist es thunlich, die verschiedenen Kategorieen dieser Werke, als da find: literarische Werke, musikalische Compositionen, Produkte der zeichnenden Künste, zu unterscheiden?

Wenn diese Dauer sich über das Leben des Autors hinaus verLängern soll, ist es thunlich, Unterscheidungen zu machen für die Dauer des Rechtes während des neuen Termins, mit Berücksichtigung der Ume stände der Betheiligten, z. B. der hinterlassenen Frau, der Kinder, anderer Erben, Cessionaire u. f. w.?

Welche Dauer soll man dem Eigenthumsrechte eines nachgelaffenen Werkes zugestehen?

Dasselbe gilt von einem anonymen oder pseudonymen Werke. Können Vorlesungen, Abhandlungen, von Stenographen auf gefaßte Reden ein Eigenthumsrecht beanspruchen?

Bedingt das Eigenthumsrecht auf den Originaltext zugleich in derselben Ausdehnung und auf eine gleiche Dauer das Privilegium der Uebersehung?

Müßte sich nicht in jedem Falle die Erhaltung eines solchen Privilegiums gewissen Bedingungen unterwerfen, wie z. B. der Verpflichtung, innerhalb einer gewissen Frist eine Uebersehung des Driginalwerkes erscheinen zu lassen?

Ist es nöthig, die Urheber literarischer und artistischer Werke zur Erfüllung gewisser Formalitäten anzuhalten, und zwar im Verhältnisse zu ihrer Berechtigung? Kann ferner die Nichtbeachtung der selben das Recht aufheben?

3.

Ist das Recht zu Darstellung dramatischer oder musikalischer Werke von selbst unabhängig vom ausschließlichen Rechte der Reproduction?

Ist es statthaft, zwischen beiden Rechten zu unterscheiden rücksicht lich der Dauer des Genusses, den sie gewähren?

Ist das Eigenthumsrecht musikalischer Compositionen unverträglich mit der öffentlichen Aufführung irgend eines Theiles des musikalischen Werkes ohne Erlaubniß des Autors, welches auch immer die Wichtig keit und die Art und Weise der Aufführung sein mag?

Begreift das Eigenthumsrecht musikalischer Compositionen auch das ausschließliche Recht in sich, Auszüge und Variationen mit Motiven aus dem Originalwerke zu machen?

4.

Soll der Urheber einer Zeichnung, eines Gemäldes, einer Bildhauer-Arbeit, eines Bauplanes oder irgend eines anderen künstlerischen Werkes allein das Recht befizen, es zu reproduziren oder die Reproduction vertragemäßig abzutreten, wenn sie durch dieselbe oder eine verwandte Kunst (z. B. Kupferstich nach Gemälden) in gleichen oder

durch die Industrie gemacht werden können?

Ist es nöthig, bestimmte Förmlichkeiten festzuseßen, um das Eigenthumsrecht von Kunstwerken zu wahren, die nicht vermittelst Druck und Stich hervorgebracht sind?

.-5.

Der Kongreß ist der Ansicht, daß sich die Annahme der folgenden Vorschläge empfehle als förderlich zum Ziele, welches er im Auge hat, mit Wahrung der Polizei- und inneren Administrations Gefeße jedes einzelnen Staates:

a. die Abschaffung der Zollsteuer auf Bücher und Kunstwerke, oder wenigstens ihre größtmögliche Herabseßung;

b. ihre Vereinfachung dort, wo der Tarif Unterschiede macht nach gewissen Kategorieen der literarischen Erzeugnisse;

--

c. Herabsehung der Posttare auf Gedrucktes u. s. w. Das sind also die Fragen, die der internationale Kongreß wo möglich zu beantworten und zu lösen hat eine Sache, die bei der großen Verschiedenheit der Ausgangspunkte nicht gerade leicht ist denn wenn man auch über einzelne Fragen schnell hinwegkommen, vielleicht mehrere ohne Diskussion annehmen wird, so giebt es doch einige darunter, über welche die Ansichten ungemein weit auseinandergehen können, manche, die vielleicht zur Zeit noch unlösbar sind. Jedenfalls steht das fest, daß man diese Gefeßgebung, wenn sie ins Leben treten sollte, nicht allzu eng und formell wird abschließen können, ohne Gefahr zu laufen, größere Uebelstände hervorzurufen, als diejenigen, die bisher bestanden. Wie gesagt, es ist recht gut, löblich und verständig, wenn Buch- und Kunsthändler und vielleicht einigebedeutendere Autoren einen gefeßlichen Schuß ihres Gewerbes auch über die staatlichen Gränzen hinaus erlangen, um ihre Unternehmungen von vorn herein mit genügender Sicherheit beginnen zu können und nicht Gefahr zu laufen, Mühe und Kapital zu verlieren; es ist gut, wenn der Schriftsteller, der Künstler, der Musiker wenigstens indirekt einen Schuß gegen die literarische und künstlerische Freibeuteret hat; aber es giebt auch hier gefährliche Folgerungen. Wer schreit denn am lautesten, am eindringlichsten nach diesem geistigen Eigenthumsrechte? Etwa die wahren großen Gelehrten, die wahren Künstler? Nein, wahrhaftig nicht — denn diese wissen, daß ihr eigentlichstes geistiges Eigenthumsrecht vollständig gewahrt ist, daß geistige Schäße sich nicht einkassiren und kontroliren lassen, wie Geldstücke; fie sind hochherzig genug, um zu geben, was sie haben, und zu stolz, um ihre geistige Befähigung zum Gewerbe zu machen. - Der allgemeine Schrei nach Schuß des geistigen Eigenthums, das bisweilen auf sehr verfängliche Weise erworben ist, beweist nichts mehr und nichts minder, als die von den Dächern gepredigte Thatsache, daß heutzutage für die Allermeisten Wissenschaft, Poesie, bildende Kunst, Musik ein ehrliches, rechtschaffenes Gewerbe, eine geldbringende Industrie ist. Ich habe natürlich nichts dagegen und wünschte nur, daß man den Muth haben möchte, dies frei herauszusagen. Wissenschaft und Kunst will Zunft werden und Zunftschuß genießen - und damit wird man sich in letter Instanz begnügen müssen. Denn das sogenannte geistige Eigenthum hat seine sehr kennbaren, aber juristisch schwer zu bestimmenden Gränzen. Will man alle Entlehnung verbieten und von geseßlichen Formalitäten abhängig machen, so kommt man zu dem abschreckendsten Widersinn, dann hört aller Humor, alle Unbefangenheit auf; dann kann kein Bierfiedler mehr einen Walzer kopiren oder nach dem Gehör spielen, kein Stubenmaler mehr eine Schablone schneiden, kein Dichter mehr eine Anzahl Verse schreiben, ohne Furcht vor gerichtlicher Verfolgung.

Es ist also sehr zu wünschen, daß man des Guten nicht zuviel thue, daß man dem geistigen Eigenthumsrechte nicht einen allzugroßen Wirkungskreis einräume und namentlich die Wichtigkeit und den Kosten-Aufwand in Anschlag bringe, den eine Veröffentlichung gemacht. Man wird nicht jeder Bagatelle ein Eigenthumsrecht gewähren. Was das Verbot betrifft, die Kunstwerke Anderer in dieser oder jener Weise zu reproduziren, so müßte dasselbe ganz eingehend spezifizirt werden und eine große Menge Paragraphen enthalten, wenn es der Sache gerecht werden sollte: denn die ganze bildende Kunst lebt von Entlehnung und Umbildung.

Auch der italiänische Publizist, dem wir oben gefolgt waren, kommt zu ähnlichen Ansichten über den Charakter des betreffenden Gegenstandes, und er giebt sein Urtheil recht gut mit dem Sage, daß es sich nach Feststellung des juridischen Begriffes von geistigem Eigenthum zunächst darum handele, zu bestimmen, wo das Recht des Autors

Denn darin liegt eben die Hauptfrage. Das Objekt des Eigenthums muß also bestimmt werden, damit der Mißbrauch desselben das ganze Prinzip nicht lächerlich und unbequem mache, damit keine allgemeine Bevormundung des nicht Geld. habenden Publikums daraus entstehe, wenn jedesmal jedes winzige Rechtchen abgekauft werden müßte.

Manuskripte zum Druck zu befördern". Allein dies Alles, sowie etwa was sonst noch in dieser Beziehung geschah und begonnen worden war, blieben nur schwache Anfänge eines griechischen Buchhandels. Nach dem Jahre 1832 ist dies allerdings anders geworden, und es find seitdem im Königreich Griechenland Buchdruckereien und Buchhandlungen von Griechen sowie von Ausländern errichtet worden, die griechische Bücher zu Tage fördern.

Als im Jahre 1841 der Minister Villemain feinen Gefeßes Vorschlag über das literarische Eigenthum den Kammern vorlegte, und Einer der thätigsten Buchdruckereibesißer in Griechenland ist Anzwar durch den Mund Lamartine's, wurde die Idee des Eigenthums dreas Koromilas in Athen. Er errichtete seine Buchdruckerei bereits von fast allen Juristen, die in der Kammer saßen, auf das heftigste im Jahre 1834 auf der Insel Aegina. Damals ließ der gelehrte bestritten, indem sie meinten, es sei kein wahres Eigenthum, sondern Neophytos Dukas eine große Anzahl der Werke altgriechischer Dichter nur eine besondere Form des Rechtes; das Eigenthum sei seiner Na- und Schriftsteller in Paraphrasen und mit seinen Kommentaren auf tur nach dauernd und das Recht eines Autors nur zeitweise, und da feine Kosten dort drucken, die im Ganzen vielleicht 85,000 Bände ausdie Gesellschaft ihm nur immer eine Geltung innerhalb einer bestimm- machten und auf den Wunsch des Dukas an die einzelnen Schulten Frist gestatten könne, so entbehre es des juristischen Charakters -Bibliotheken, an die Lehrer und an bedürftige Schüler unentgeltlich des wahren Eigenthums. Unser italiänischer Gewährsmann nennt vertheilt wurden. Im Jahre 1837 verlegte Koromilas seine Anstalt dies ein Sophisma, und sucht es zu widerlegen indessen glaube nach Athen und begann daselbst den Druck von Unterrichtsbüchern für ich, ohne auf juristischen Scharfsinn Anspruch zu machen, nicht mit die Elementar- und hellenischen Schulen des Orients, wozu auch späbesonderem Glück. Man muß sich den Begriff des geistigen Eigen- ter der Druck vieler Werke für die Gymnasien und für die im Jahre thumsrechtes nur etwas zergliedern, um einzusehen, daß es sich hier 1837 errichtete Universität in Athen sich gefellte. Diese Ausgaben nicht um geistiges Eigenthum, sondern um materielle Benußung eines waren stereotypirt, und dadurch ward Koromilas in den Stand geseßt, unveräußerlichen Eigenthums handelt. Dieses lettere behält der die Bücher zur Hälfte und sogar zum Drittheil des früheren Preises Künstler, der Gelehrte vollständig, auch wenn er sein Werk bereits den Schülern zu liefern. Außerdem hat er auch den Druck verschieveräußert hat: denn das Gemälde, das z. B. ein Maler angefertigt, dener griechischer und französisch-griechischer Wörterbücher, zum Theil ift nur eine Kopie deffen, welches er in seinem Geiste erzeugt hat ebenfalls in stereotypirten Ausgaben, in geschmackvoller Weise ausund welches darin bleibt, insofern seine geistige Arbeit eine innere geführt. Nachdem er im Jahre 1840, auf erhaltene Aufforderung von Entwickelung und mit Vortheilen für sein geistiges Dasein verbunden Seiten des Patriarchats in Konstantinopel, daselbst den Druck der ist. Ebenso ist es mit dem Dichter, dem Komponisten. Es ist Kirchenbücher, zum Theil mit rothen Lettern, zu besorgen, sich entledigt also sein Recht an das Kunstwerk nur so lange ein Eigenthumsrecht, hatte und sodann wieder nach Athen zurückgekehrt war, unternahm er als er es nicht veräußert hat, denn dann begiebt er sich dieses Rech- hier im Jahre 1847 die Anfertigung von Formen zum Druck von tes an den nächsten Käufer — und wenn er z. B. mit einem Buch- ABC-Büchern für den Gebrauch der Schüler in den Elementarhändler u. f. w. kontrahirt, wenn er dem Publikum gegenüber feinen Schulen, woran damals in Griechenland noch großer Mangel war. In Vortheil wahrt, so geschieht das dadurch, daß er sein Benußungsrecht dem kurzen Zeitraum von 1848-1854 druckte Koromilas für die Elein bedingter Weise verlängert, daß er sein ursprüngliches Eigenthums- mentar- oder Gemeinde-Schulen mehr als fünfunddreißig Bücher in recht nicht unbedingt abtritt. Ein Buchhändler, der ihm dieses 16., im Ganzen zu 90 Druckbogen, für die hellenischen Schulen zehn vollständig abkauft, hat jedenfalls nur das Benußungsrecht eines frem- Bücher in 8., im Ganzen zu 200 Druckbogen, und außerdem noch das den geistigen Eigenthums, weil dieses, das geistige, schlechterdings im___„Ae§ixòv tõs €22ŋvixñs rhwoons”, von Skarlatos Byzantios (1852), Geiste zurückbleibt. Eben dasselbe ist mit den Erben eines solchen in zweiter stereotypirter Ausgabe und zu 113 Druckbogen. Im Jahre Benutzungsrechtes der Fall. Es fragt sich nun einfach, wie weit 1856 erschien bei ihm das „Aɛğıxòv é22ŋvızòv xai yahλixòr” desselben Λεξικὸν ἑλληνικὸν καὶ γαλλικὸν” ist dieses Recht mit anderen Interessen des Gemeinwohls verträglich? Skarlatos Byzantios, gleichfalls in zweiter stereotypirter Ausgabe und Wir unsererseits müssen die Behauptung hinstellen, daß alle geistige zu 80 Druckbogen. Die Anzahl der einzelnen Bücher, welche Koromilas Errungenschaft das Bestreben hat, der freien Benußung anheimgestell in jedem einzelnen Jahre für die Schulen, Gymnasien und für die tes Gemeingut zu werden, daß das sogenannte geistige Eigenthums Universität herausgegeben hat, sind zu 600,000 Exemplaren veranrecht nur den Zweck haben kann, die materiellen Kosten und Auslagen, schlagt worden, und dieselben geben, verbunden mit den übrigen Werwelche die Vermittelung fordert, sicher zu stellen gegen Beeinträchti- ken seiner Druckerei, zum mindesten für seinen aufgeklärten Eifer, für gung, nicht aber, einem schrankenlosen Industrialismus mit geistigen seine Thätigkeit und seine Ausdauer ein rühmliches Zeugniß ab. Erzeugnissen Vorschub zu leisten, wie er uns leider bereits bedroht.

Daß der Italiäner sich von dem Kongreffe viele Vortheile für sein Vaterland verspricht und zur Beschickung desselben dringend ermahnt, braucht nicht besonders erwähnt zu werden — in seine weiteren Vorschläge, in seine Aussichten, Hoffnungen und Befürchtungen einzugehen, scheint hier nicht mehr der Ort zu sein, da sie wenig eigentlich maffenhaftes Material zur Beurtheilung bieten.

Griechenland.

Der Buchhandel in Griechenland.

Das diesjährige,,Magazin“, Nr. 46, enthielt einen interessanten Auffaß über den „Buchhandel in Italien“. Vieles von dem, was dort über die traurigen Zustände des italiänischen Buchhandels und Vers lagswesens, sowie über deffen Plan- und Ordnungslosigkeit gesagt ward, paßt auch auf die Verhältnisse des griechischen Buchhandels und Verlagswesens, namentlich auf die diesfallsigen Zustände im Königreich Griechenland. Die Klagen hierüber sind nicht neu, aber freis lich ist die ganze Einrichtung selbst, die hierbei in Frage steht, noch eine gar zu neue, da begreiflicher Weise von einem selbständigen griechischen Buchhandel und von griechischem Verlagswesen vor der Errichtung eines Königreichs Griechenland kaum die Rede sein konnte. Die Sache ist also dort im Wesentlichen noch ziemlich neu. Zwar gab es auch früher schon in den griechischen Provinzen der europäischen und asiatischen Türkei Buchdruckereien, z. B. in Chios und in Ky vonia, in Kleinasien, sowie es auch griechische Buchdruckereien in Venedig, Wien, Odessa u. f. w. gab, in denen Vieles gedruckt ward, was der beginnenden neugriechischen Literatur wenigstens zum Theil zur Ehre gereicht, und aus gedruckten Mittheilungen Anderer ist uns bekannt, daß z. B. im Jahre 1811 ein griechischer Buchhändler in Konstantinopel, Georgios Zisis, existirte, sowie daß um das Jahr 1820 in Odessa ein griechischer Buchhändler, Nikolaos Gustis, sich nieder ließ, der unter der Leitung eines anderen Griechen, Georgios Galatis, eine Verlagshandlung und Buchdruckerei errichtete,,,um neugriechische

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دو

Schon nach dem eben Bemerkten läßt sich die buchhändlerische Thätigkeit in Griechenland in gewisser Hinsicht beurtheilen. Uebrigens beschränkt sich dieselbe, was zunächst den Druck der Bücher selbst anlangt, keinesweges auf Athen allein. Nach einer statistischen Neberficht aus dem Jahre 1851, die wir vor uns liegen haben, die jedoch sich selbst keinesweges als erschöpfend und vollkommen genau bezeichnet, waren in dem angegebenen Jahre im Königreich Griechenland, auf den Jonischen Inseln, in der Türkei u. f. w., 151 Bücher, Flugfchriften, Reden, Kalender und dergleichen im Druck erschienen, wovon 103 auf Griechenland (in Athen 85, in Hermupolis auf der Insel Syra 11, in Patras 3, in Chalkis auf Eüböa 2, in Tripolizza und in Nauplia je eines), ferner 32 auf die Jonischen Inseln und 13 auf die Türkei (in Smyrna 9 und in Konstantinopel 4) kamen. Unter den in Griechenland erschienenen Büchern zc. gehörten, außer den politischen Zeitschriften (45), periodischen Schriften (4), theils zur Unterhaltung, theils zur Belehrung, und wissenschaftlichen Zeitschriften (2), acht der griechischen Literatur und Archäologie, zwei der lateinischen Literatur, zwei der italiänischen, je eines der französischen, englischen und indischen Literatur; ferner der Theologie 10, der Philosophie 4, der Geschichte und Biographie 4, der Geographie und Reise-Literatur 2, der Politik 5, der Dekonomie und dem Handel 2, der Kriegswissenschaft 1, der Pädagogik und Volksbildung 5, der Poesie 17 an. Dagegen waren im Jahre 1850 im Königreiche Griechenland allein 142 Bücher 2. gedruckt worden, unter denen namentlich die Rechtswissenschaft, die Medizin und die Mathematik mit je zwei Büchern vertreten waren.

Aus der späteren Zeit fehlen uns ähnliche bestimmte statistische Nachrichten, aber so viel ist gewiß, daß namentlich in Griechenland, vorzugsweise in Athen, die dort befindlichen Buchdruckerpressen. hinreichend beschäftigt sind und sie mehr griechische Bücher zu Tage fördern, als Mancher meinen mag. Leider fehlt es an einer entsprechenden Verbindung zwischen Griechenland und dem Auslande, durch welche zunächst die Kenntniß von dem Erscheinen der einzelnen Bücher, sowie deren Vertrieb nach Außen, vermittelt und erleichtert würde. Zwar helfen einem solchen Mangel einzelne wissenschaftliche Zeitschrif

ten in Athen, z. B. die feit dem Jahre 1851 erscheinende,, Néα Hardwga" sowie die mit dem Jahre 1853 begonnene,,Egnuɛois tav gilouadar", insoweit ab, als sie, wie z. B. die,,Hardwoa", welche zwei Mal monatlich erscheint, auf ihren Umschlägen, die andere Zeit schrift dagegen von Zeit zu Zeit die neuerschienenen Bücher, oft auch unter Angabe des Preises, aufführen. Allein dies ist und bleibt unter allen Umständen ungenügend und mangelhaft, und wer liest denn im Auslande jene Zeitschriften? Auch das Bücher-Verzeichniß, welches im Jahre 1856 der thätige und unternehmende Buchhändler Nikolaïdis Thiladelpheus in then herausgab (,, Κατάλογος βιβλίων τοῦ καταστή ματος Χ. Νικολαΐδου Φιλαδελφέως”) unb δαβ 32 Seiten in Sttay füllt, übrigens in Ansehung der einzelnen griechischen Bücher, die in dem Buchladen des genannten Griechen zu haben sind, bis in das vorige Jahrhundert zurückgeht und in gewisser Beziehung in die Klaffe der jest in Deutschland so gewöhnlichen antiquarischen Bücher-Verzeichnisse, Anzeige-Hefte u. s. w. gehört, ist ungenügend und mangelhaft. Dies ist schon in Betreff der inneren Anordnung der Fall, indem es nur alphabetisch, jedoch ohne alle und jede Rücksicht auf den Gegenstand der Bücher, geordnet ist und auf einer gewissen Willkür beruht, die bei der alphabetischen Anordnung nur nach den Anfangsworten der Lücher, nicht nach den Namen der Verfaffer sich richtet. Ueberhaupt scheint es, wenn man vorzüglich die so trefflich geordneten Behältnisse des deutschen Buchhandels ins Auge faßt, als fehle es den Griechen an einem gewissen formalen Takt und Geschick, um in ihren Buchhandel und in ihr Verlagswesen eine bestimmte Ordnung und Regelmäßigkeit zu bringen. Von einem Verlag und von Verlags-Buchhändlern kann in Griechenland und in Bezug auf grie chische Buchhändler wohl noch kaum die Rede sein, mindestens nicht in dem Sinne, wie in Deutschland. Der griechische Buchhändler ist noch zu wenig selbständig und selbstthätig; er ist nicht Kaufmann genug, es fehlt ihm zu sehr an unternehmendem Speculationsgeist, an innerer Productionskraft und innerem Productionstriebe zum Verlegen auf seine Rechnung, zum käuflichen Erwerbe der Manuskripte; er ist zu wenig der berechnende Vermittler zwischen dem Produzenten und dem Publikum, und er müßte gleichsam mehr den Accoucheur bei dem produzirenden Schriftsteller, in deffen Intereffe und in seinem eigenen, sowie im Intereffe des kaufenden Publikums und vornehmlich auch in dem der Literatur, nicht aber darf er den bloßen Handlanger machen, ohne alle eigene geistige Thätigkeit und Speculation, ohne eigenes moralisches und materielles Interesse an der geistigen Production in ihrer äußeren Erscheinung als Buch und an dem Vertriebe desselben. Sehr häufig, wenn nicht durchgängig, wird in Griechenland oder überhaupt, wenn ein griechischer Gelehrter, Dichter oder Literator ein im Manuskript vorhandenes Buch im Druck erscheinen lassen will, das Verfahren beobachtet, daß Jener selbst oder ein Freund desselben Subskribenten (ovvdgounins) auf das Buch zu gewinnen sucht, um auf diese Weise die Kosten des Druckes zu decken, und erst dann, wenn die nöthige Anzahl Subskribenten gewonnen worden ist, wird das Buch gedruckt. Das Nämliche geschieht wohl auch auf Pränumeration (πоояληQwμń). Ob dann noch das Buch in den Buchhandel kommt, oder ob nur eine bestimmte Anzahl Exemplare für die Subskribenten und Pränumeranten gedruckt wird, ist uns nicht bekannt, und ebenso wenig wissen wir, wenn das Leßtere nicht der Fall ist, ob der Autor die übrigen Exemplare an sich nimmt, um sie gelegentlich zu verwerthen, oder ob er sie, und unter welchen Bedingungen etwa, einem Buchhändler übergiebt.

Aus jener Gewohnheit des Subskribenten-Sammelns erklärt sich übrigens die ziemlich allgemeine Sitte, das Verzeichniß der Subskri benten oder Pränumeranten dem Buche selbst beizufügen. Mag nun auch anerkannt werden, daß dieser Gewohnheit, namentlich, wenn es sich um irgend ein Werk von nationaler Tendenz oder um einen Schriftsteller von nationalem Ruf handelt, ein nationales Moment zum Grunde liegt, und daß die Subskribenten-Verzeichnisse in dieser Hinsicht einen Gradmeffer für das nationale Interesse an einzelnen Büchern und an einzelnen Schriftstellern darbieten und einen Maßstab für den Patriotismus und das Nationalgefühl des griechischen Volkes gewähren, so kann man doch auch ebenso wenig in Abrede stellen, daß das ganze diesfallsige Verfahren, vornehmlich insofern es die Regel ist, der Würde und Selbständigkeit der Literatur, beziehentlich der Schriftsteller, gerade nicht entspricht. Auch scheint es damit zusammenzuhängen, daß auf den Büchertiteln kein Buchhändler und keine Buchhandlung genannt ist, wo das Buch etwa zu haben wäre, sondern der Drucker des Buches aufgeführt wird, als ob es nur darauf anfäme, daß und bei wem ein Buch gedruckt ist, und als ob mit dem Drucke des Buches und mit der erfolgten Ablieferung der. Exemplare desselben an die Subskribenten und Pränumeranten der Verfasser sein Werk selbst wahrhaft vollbracht hätte und das Geschäft zu Ende wäre.

Es ist nicht weiter nöthig, dagegen im Einzelnen auf die Verhältniffe des deutschen Buchhandels hinzuweisen und die ganz ver schiedene Grundlage, sowie die ganz anderen Grundsäße auseinander zusehen, auf denen das Verlagswesen in Deutschland beruht. Was sich an dem gegenwärtigen ungeordneten und abhängigen Zustande des Buchhandels in Griechenland ändern läßt, mag nun die Schuld dieses Zustandes an den Schriftstellern oder mag fie an den Buchhändlern liegen, das möge man je eher je lieber ändern, und zwar, soweit dies angeht, nach dem Beispiele des deutschen Buchhandels und des Verlagswesens in Deutschland; denn ohne dies kann auch eine neugriechische Literatur mit wahrhaft selbständigem Leben sich faum entwickeln. Daß Lesteres geschehe, daran hat auch das Ausland, hat besonders Deutschland einiges Intereffe. Bereits hat sich ein solches Interesse, wennschon in sehr untergeordnetem Maße, in neuester Zeit zu erkennen gegeben, und nicht ohne Genugthuung mag zu dessen Urkund darauf hingewiesen werden, daß die Anfänge, welche in Ansehung des Vertriebes griechischer Bücher und einer geordneten buchhändlerischen Verbindung mit Griechenland die Buchhandlung von F. A. Brockhaus in Leipzig seit einigen Jahren gemacht hat, indem dieselbe in ihrer Allgemeinen Bibliographie", sowie auf ihrem ausländischen Bücherlager, auch die neugriechische Literatur mit berücksichtigt, nicht ohne erfreuliche Erfolge geblieben sind, wie wir aus bester Duelle wissen. Einem solchen Interesse muß man nun auch in Griechenland selbst und von Seiten der Vertreter der Literatur, namentlich von Seiten der Buchhändler, auf geeignetem Wege ent gegenkommen. Daß es dazu, sowie zur festen Regelung des dortigen Buchhandels und eines fruchtbaren Verlagswesens in Griechenland au Muth, an industriellem Verftande und Gemeingeift, sowie an geiftiger Befähigung fehlen sollte, ist nicht zu glauben.

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Mannigfaltiges.

- Monod's leßte Worte. Den Freunden des ehrwürdigen Pastors Adolphe Monod, des Verfassers der in deutscher wie in französischer Sprache viel gelesenen beiden Schriften über den Beruf des Weibes) und Lucile"), der vor jeßt zwei Jahren zum himm lischen Vater heimgegangen, welchem sein ganzes irdisches Dasein ge widmet war, wird es erwünscht sein, die leßten Worte dieses Predigers der Liebe zu vernehmen, und wir machen sie daher auf das soeben im Verlage der Agentur des Rauhen Hauses in Hamburg erschienene Büchlein aufmerksam, das diese legten Worte enthält***). An seinem Schmerzens- und Sterbelager sah der Kranke an jedem Sonntag in dem leßten halben Jahre seines Lebens eine Anzahl von Verwandten und Freunden versammelt, mit welchen gemeinschaftlich er das heilige Abendmahl nahm und denen er jedesmal einen Vortrag hielt, der sorgsam von einem der Zuhörer nachgeschrieben ward. Fünfundzwanzig solcher Vorträge, von welchen der erste: „Alles in der Schrift ift ideal", und der leßte:,,Gott ist die Liebe", heißt, liegen uns in diesem lesten Monod-Büchlein vor, das vielen religiösen Gemüthern, auch wenn sie nicht alle dogmatischen Auffafsungen des Verewigten theilen, Trost im Leiden und neue Zuversicht zu der göttlichen Waltung des Lebens verleihen wird.

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Mythoterpe. So nennt sich eine Gedichtsammlung von Amara George, Georg Friedrich Daumer und Alexander Kaufmann, herausgegeben von Amara George. †) Die Gedichte sind in Abtheilung I-VI nach Völkerschaften geordnet: Griechisches, Persisches, Muhammedanisches, Rabbinisches, Amerikanisches, Kamtschadalisches, Japanesisches, Finnisches, Estnisches u. s. w. Chriftlich-Germanisches, Keltisches, Romanisches. Abtheilung VII giebt christliche Legenden, VIII freie Phantasieen und Erfindungen, IX Thiersagen und Fabeln, X Phantasieen, Blumen und Bäume betreffend. Die Sammlung ents hält viel Schönes und Ansprechendes; wenn aber die Herausgeberin meint, die,,Mythoterpe" - beiläufig ein fehr unglücklich gewählter Titel habe einen kultur- oder literarhistorischen Werth, so ist sie sehr im Irrthum. Eine Sammlung von Volkspoesieen, die auf eine wissenschaftliche Bedeutung Anspruch macht, darf erstens nicht schon längst Bekanntes und nichts von freier Phantafie und eigener Erfin dnng enthalten; dann ist die genaue Angabe der Quellen, woraus die Dichtungen geschöpft sind, unerläßlich, und endlich muß in der Uebers tragung Ton und Rhythmus des Originals so treu als möglich. wiedergegeben sein. Dichtern und Dichterinnen, die Blüthenlesen der Volksdichtung veranstalten, können Herder's,,Stimmen der Völker“ immer noch Muster sein.

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Das Weib“. Zwei Vorträge von Monod. 1850.

,,Lucile". Ein Buch für Leser der heiligen Schrift, von Moned. 1854. ,,Adolph Monod's lezte Worte an seine Freunde und an die Kirche. Oftober 1855 bis März 1856." Autorifirte Ausgabe. Mit Monod's Bildniß. Hamburg, Agentur des Rauhen Hauses. 1858. (Preis 224 Sgr.) †) Leipzig, F. A. Breckhaus, 1858.

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Türkei.

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Berlin, Dienstag den 15. Juni.

Die orientalische Frage der Gegenwart und Zukunft. Ueber den Verlauf der orientalischen Krisis von 1853–1856 ift in Leipzig und Brüffel, in deutscher und in französischer Sprache, eine kleine Schrift erschienen, die ebenso die diplomatische Geschichte der leßten fünf Jahre mit Klarheit erzählt und erläutert, als sie die Ge sichtspunkte feststellt, von welchen aus die Beziehungen des Decidents zum Orient in der Gegenwart, wie in der nächsten Zukunft, betrach tet werden müssen.) Bei dem Wiederbeginn der orientalischen Konferenzen in Paris werden diese augenscheinlich aus der Feder eines mit den Angelegenheiten des Drients wohl vertrauten Mannes her rührenden Schriften dem Publikum als ein sicherer Leitfaden dienen können. Daß sich der Blick des politischen und des sozialen Europa nicht mehr vorzugsweise, wie seit dem legten Viertel des achtzehnten Jahrhunderts, dem sich neugestaltenden, in feiner Bildung jedoch weit hinter den Erwartungen zurückgebliebenen jungen Amerika, sondern vielmehr wieder dem alten Orient zuwendet, das haben die Ereignisse von 1853-1856, das hat die Aufmerksamkeit bewiesen, mit welcher man dem Kampfe in Oftindien folgt, und das beweist endlich der Zug der europäischen Auswanderung, die den Often wieder aufzu suchen beginnt, seitdem ihr der Westen durch den Knownothingismus etwas verleidet worden ist.

Wer nur irgend einen durch die Kenntniß der Geschichte der Menschheit geschärften Blick besißt, der ist auch längst schon zu der Ueberzeugung gelangt, daß das Verhältniß des Occidents zu dem Orient unmöglich noch lange so in der Schwebe gehalten werden könne, wie es seit den. Tagen geschieht, wo die europäische Diplomatie zu der Ansicht gelangt ist, daß die Herrschaft der Türken in Europa ein nothwendiges Uebel sei, welches um des lieben Friedens und des sogenannten europäischen Gleichgewichts wegen ertragen werden müsse. Die Rücksichten, die, wie Hamlet sagt, das Elend zu hohen Jahren kommen lassen, scheinen zwar noch lange nicht ihre Geltung verloren zu haben, aber daß man das Elend allgemein als solches anerkennt, ist doch immerhin auch schon ein Fortschritt.

... Man wird sich erinnern, daß die Frage in Betreff der Zurisdiction der heiligen Orte in Palästina, worüber die römisch- und die griechisch-katholische Kirche im Widerspruch mit einander waren, zu» nächst scheinbar den Bruch zwischen Rußland und der Pforte im Jahre 1853 herbeigeführt hat. Der Verfasser der beiden vorliegenden Schriften, der sich ebenso gewandt in französischer wie in deutscher Sprache auszudrücken versteht, jebenfalls aber ein Deutscher von Geburt und Gesinnung ist, theilt als Anhang zu seiner (später als die deutsche Ausgabe erschienenen) französischen Schrift eine geschichtliche Darstellung der Frage über die heiligen Orte, von den Zeiten der Kreuzzüge bis zur Gegenwart, mit, welche außerordentlich viel Belehrendes über diesen Gegenstand enthält. Außerdem stellt sie aber auch viele neue Gefichtspunkte auf, namentlich über das Verhältniß zwischen Frank reich und Rußland zur Zeit der Errichtung des zweiten französischen Kaiserthums; über die noch nicht in dem Maße, wie hier, beleuchtete Politik des Kaisers Nikolaus bei Gelegenheit seiner Unterhaltungen mit dem englischen Gesandten Sir; G. H. Seymour; über die wichtige Thatsache, daß Frankreich die orientalische Frage als willkommene Gelegenheit benußt hat, die Staatenverbindung, welche Kaiser Niko lans gegen dasselbe anstiften wollte, zu verhindern und selbst der Mittelpunkt einer neuen Staaten-Gruppirung zu werden; endlich über die gewandte Politik Englands, als man es zum Friedens-Abschluß

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**),, Türkische Rede nach besonderen Quellen. Ueber den Ablauf der orientalischen Angelegenheit um die Mitte des neunzehnten Jahrhunderts". Mit einem Anhange, enthaltend den Friedensvertrag vom 30. März 1856, nebst Erläuterungen. Leipzig, Otto Wigand, 1857.

Histoire diplomatique de la crise orientale de 1853 à 1856, d'aprés des documents inédits, suivie d'un mémoire sur la question des lieux saints". Bruxelles, Emile Flatau, 1858. (Von dieser französischen Schrift wird bereits die zweite Auflage angekündigt.)/29ni

...1858.

nöthigte, und über die wahre Bedeutung des Vertrages vom 15. April, deffen Tert, namentlich was die wichtigen §§ 46 und 53 betrifft, hier auf eine gewiß für jeden Politiker interessante Weise erklärt wird. Der Tendenz unseres Blattes gemäß, halten wir uns weniger an den politischen als an den kulturhistorischen Inhalt der beiden vorliegenden Schriften, und deshalb theilen wir, gleichzeitig als Proben seiner Auffassung, wie seines Stiles, von den sechzig Thesen, die er aufstellt, die ersten acht, wie die leßten vier, nachstehend unseren Lesern mit:

1) Der allgemeinste und sichtbarste Zug, durch welchen sich die neue Zeit von der alten unterscheidet, besteht darin, daß die Bildung, anstatt sich, wie früher, von Osten nach Westen zu bewegen, sich seit einigen Jahrhunderten immer mächtiger von Westen nach Often ausbreitet. Der Geist der abendländischen Hälfte Europa's ist der befruch tende Strom der ganzen Erde geworden, und er würde bereits viek weiter gegen Asien hin vorgedrungen sejn, wenn er in den flavischen Völkerstämmen, welche sich im Often von den südlichen bis zu den nördlichen Gegenden unseres Welttheiles ausdehnen, nicht auf einen Damm gestoßen wäre, der ihn um so mehr aufgehalten hat, als die politischen Mächte, welche diese Völkerstämme heherrschen, das westliche Element nur durch eine unzureichende Anzahl von Köpfen vertreten, und überdies die natürlichen Unterschiede zwischen der germanischen und der slavischen Art theils in inneren, theils in äußeren Beziehungen zu Herrschaftsmitteln benußt haben.

2) Am meisten hatte bei einer solchen Politik Desterreich gegen seine Sendung verstoßen; denn da es das reichhaltigste Gemenge von deutschen und romanischen Bestandtheilen in sich aufgenommen hatte und von der Hand der Vorsehung bis zu den Ländern vorgeschoben worden war, wo Europa mit halber Bildung nach Aften und Asien mit halber Barbarei ́nach Europa hineingeragt, so schien es zum Vorposten des westlichen Aufklärungszuges bestimmt zu sein. Lange Zeit haben Reste mittelalterlicher Grundsäge Desterreich an einer moralischen Nacheroberung des europäischen Südostens verhindert, bis schließlich der, bezeichnend genug, von Westen herkommende Anstoß im Jahre 1848 es dazu nöthigte, seine deutsche Krone breiter um feine slavischen Stämme zu ziehen. Die günstigen Folgen, welche dieser Fortschritt für die Bildung in den Gränzländern der Levante haben wird, sind unberechenbar.

3) Ganz anders haben sich die Verhältnisse im nördlichen und mittleren Often Europa's gestaltet. Dort lebt eine Masse von fünfundfunfzig. Millionen Slaven, also mehr als die doppelte Anzahl, welche Desterreich und die Türkei zusammen beherrschen, unter dem mächtigen Scepter Rußlands. Diese slavischen Völker würden sich vielleicht nie zu einer geordneten Macht und noch viel weniger zu einer Macht ersten Ranges aufgeschwungen haben, wenn das germanische Element feine bildende Kraft nicht unter ihnen bewährt hätte.

Bekanntlich war es das Geschlecht des Normannen Rurik, das die Slaven, nachdem sie sich lange durch Kriege unter einander gea schwächt hatten, allmählich einer großen Weltstellung zuführte. Der. Geist der Normannen hat sich selbst durch den der Rurikschen Familie „Ruß“ entlehnten Namen in seinem Bildungswerke verewigt, und als ob die Kraft, die über den größten Staat der Erde zu regieren be=: rufen war, sich immer mehr an einem reichen Quell geistigen Lebens stärken sollte, wurde das russische Fürstenhaus mit der Zeit, und charakteristischer Weise besonders in Folge slavischer Zerrüttungen, vollkommen deutschen Geblütes.

4) Die Grundverhältnisse des Westens, das heißt diejenigen, welche sich auf seine Erdlage und auf die Eigenschaften seiner Völker beziehen, find von denen des Ostens so verschieden, daß auch die Ente wicklung in jeber dieser Hälften anders ausfallen mußte. Das weste liche Stück hat nach drei Himmelsrichtungen hin, das Meer zur Schranke und konnte sich nur an der einen und selben Seite ver= größern, die es mit den Fluthen seines Geistes bereits durchbrochen" hatte. Die Menge natürlicher Gränzen, die als Meere und Berge den Westen durchzacken, haben seinen Leib zur Geburt einer Welt

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