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Man wird aus dem untenstehenden französischen Titel ersehen, welches der Zweck des Buches ist; wenigstens ist dem vorliegenden Bande keine Vorrede beigegeben. — Es scheint auf eine alljährliche Rechenschaftsablegung, auf eine laufende Chronik der Naturwiffenschaften abgesehen zu sein gewiß ein verdienstliches und sicher praktisches Unternehmen, vorausgeseßt, daß es mit gehörigem Geschick und hinreichender Umsicht ausgeführt wird denn das Feld ist groß und schwer übersehbar. Auch dürfte es zunächst nur für Frankreich größeren Werth haben, da natürlich einem Franzosen bei nicht ganz befonderer Stellung und Fähigkeit nur das zunächst Liegende zu Gebot steht, dasjenige aber, was in anderen Ländern zu Tage tritt, nur spät und auf Umwegen, auch vielleicht nicht ohne Mißverständniß, zur Kenntnis kommt. Ich will fagen, die Entdeckungen und Erfindungen, die in Deutschland, England (doch dies wohl weniger) und sonst gemacht werden, dürften in diesen Annalen öfters um ein oder zwei Jahre nachhinken.

Zuerst wird in dem vorliegenden Buche die Aftronomie abgehandelt und jener gefürchtete Welt-Untergangs-Komet vom 13. Juni 1857 besprochen, der von sich soviel Redens gemacht hat. Da er nicht erschienen ist, da ferner in unserem früheren Artikel davon hinreichend die Rede war, so enthalten wir uns, auf diese abgeschmackte Sache zurückzukommen; dagegen können wir uns nicht enthalten, die Liste der 50 kleinen Planeten mitzutheilen, die einem Auffage über diesen Gegenstand beigegeben ist; wir glauben damit einem oder dem anderen Leser unserer Zeitschrift einen Gefallen zu erweisen, da denjenigen Freunden der Wissenschaft, die nicht strenge Fachmänner find, nicht immer Gelegenheit geboten wird, dergleichen zweckmäßige Zusammenstellungen zu Gesicht zu bekommen. Ein geschickter aftronomischer Rechner, Herr Ch. Bulard, hat sie gemacht, und zwar sind diese Sternchen (deren man einige in der Zwischenzeit schon wieder entdeckt hat) nach der Zeitfolge geordnet, in der sie entdeckt wurden. Der Name des Finders ist beigefügt, ebenso das Land, in welchem die Entdeckung geschah.

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im Jahre we? 1850 Italien

13. Egeria.... 14. Irene.... 1851 England

15. Eunomia... 1851 Italien 16. Psyche..... 1852

....

...

....

Entdecker

de Gasparis Hind

de Gasparis

de Gasparis

17. Thetis..... 1852 Deutschland. Luther 18. Melpomene. 1852 England ... Hind 19. Fortuna.... 1852 Hind

...

Hind

20. Maffilia 1852 Italien .... de Gasparis 21. Lutetia..... 1852 Frankreich.. Goldschmidt 22. Kalliope.... 1852 England Hind 23. Thalia.... 1852 24. 06ocia 1853 Frankreich .. Thacornac 25. Themis.... 1853 Italien .... de Gasparis 26. Proserpina 1853 Deutschland. Luther 27. Euterpe.... 1853 England ... Hind 28. Bellona.... 1854 Deutschland. Luther 29. Amphitrite.. 1854 England... Marth 30. Urania..... 1854 Hind

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50. Virginia ... 1857 Amerika.... Fergusson

In der Sigung der Akademie der Wissenschaften zu Paris vom 12. Oktober 1857 las Herr Struve, der berühmte rüffische Astro=' nom, Direktor der Sternwarte zu Pulkowa, eine Mittheilung von hohem Werthe, bezüglich der Arbeiten, die man zu verschiedenen Zeis ten und in verschiedenen Ländern unternommen, um die Gestalt unserer Erdkugel näher zu bestimmen. Der Augenblick ist gekommen, wo man diese unermeßlichen Vorarbeiten verwerthen und ihre Ergebnisse ausgleichen kann, um die Maßverhältnisse unserer kugelähnlichen Erde bestimmt festzusehen. Natürlich ist dies nur eine Wiederaufnahme früherer wissenschaftlicher Forschungen, hervorgerufen durch den Fortschritt der Wissenschaft im Allgemeinen, welche frühere Resultate als nicht ganz befriedigend befunden und eine genauere Lösung verlangt, zu welcher er die reichsten Erfahrungen und Mittel bietet. Bereits Newton war (zweite Hälfte des siebzehnten Jahrhunderts) durch Schlußfolgerungen aus seiner Lehre von der Anziehungskraft und die darauf gegründeten Rechnungen zu dem Schluffe gelangt, die Erde könne keine vollkommene Kngel bilden, sondern müsse an den Polen abgeplattet und um den Aequator höher sein; eine Behauptung, welche die lebhaftefte Opposition in der gelehrten Welt hervorrief und namentlich von Cassini hartnäckig verworfen wurde. Um die Wahrheit oder Unwahrheit derselben auf rein erfahrungsmäßigem Wege darzuthun, gingen 1736 zwei Gesellschaften von Gelehrten der Pariser Akademie der Wissenschaften nach verschiedenen Theilen der Erde ab, um jede für sich einen Grab des Meridians sowohl nach dem Aequator, als dem Pole hin, zu messen. Aus der Vergleichung der zwei so gemessenen Bogen wollte man dann die wahre Gestalt der Erdkugel

erkennen. Bouger und La Condamine gingen also nach Peru, unter den Aequator, um die Meffung anzustellen, während Maupertuis, Clairault und Celsius daffelbe in Lappland bewerkstelligten. Es ergab sich aus der Vergleichung ihrer Rechnungen, daß die von Newton vermuthete Abplattung an den Polen der Erde in der That vorhanden sei und selbst die von dem großen Denker bestimmten Maße übersteige. Später folgten auch andere Völker dem von Frankreich gegebenen Anstoße: mehrere Regierungen ließen Meridianbogen ausmessen; doch war die Größe dieser Bogen oft zu unbedeutend in Folge der gerin gen Ausdehnung der Länder, wo man diese Arbeiten unternommen, um der Wissenschaft von erheblichem Nußen zu sein. Im Anfange dieses Jahrhunderts ließ Napoleon die große Mittagslinie zwischen Dünkirchen und der Insel Formentera im Mittelländischen Meere, nicht weit von der spanischen Küste, berechnen. Der Ruhm dieser äußerst genauen und umsichtigen Arbeiten knüpft sich an die Namen Delambre, Méchain, Biot und Arago.

In den Jahren 1837 und 1840 unternahm Bessel eine neue Berechnung der Dimensionen der Erdkugel, indem er die Resultate der verschiedenen Meridianmaaße, die man bis dahin hatte, zusammen ftellte. Seit dieser Zeit sind natürlich weitere und bedeutende Arbeiten auf diesem Felde unternommen worden, namentlich in Bezug auf den großen Kreisbogen von Indien, von England und Rußland, welcher leßtere, mit dem von Skandinavien vereint, bis zum Eismeer verlängert wurde. Die Meffung dieses großen Bogens, der an der Donaumündung beginnt, ist zum größten Theil das Werk der ruffischen Aftronomen und Stabsoffiziere unter Mitwirkung der Regierung und der Geometer von Norwegen und Schweden, was seinen nördlich ften Theil betrifft. Die betreffenden Arbeiten haben beinahe vierzig Jahre gedauert, von 1816 bis 1855, wo sie beendet worden. Sie umfaffen 258 Dreiecke, 10 Basen in ihrer Verbindung mit den Dreiecken, mit den Bestimmungen der Azimutwinkel und der Breiten von 13 Beobachtungsorten u..s. w. Als Schlußergebniß dieser Vornahmen kommt heraus, daß die Länge dieses Bogens von 25° 20′, in Toisen ausgedrückt, 1,447,787 Toisen beträgt mit einem möglichen Fehler, deffen Größe 6 Toisen 2 Zehntel nicht überschreiten würde. (Fortsegung folgt.)

England.

Motley's, Geschichte des Abfalls der Niederlande“. (Schluß.)

Der uns vorliegende erste Band beginnt mit der höchst dramatischen Schilderung der feierlichen, wohlüberlegten Ceremonie, durch welche Karl V. feine Abdication zu einem eindrucksvollen Schauspiel zu machen wußte, und schließt mit dem Ausbruch des Bildersturmes. Die Darstellung dieses Zeitraumes giebt dem Verfaffer Gelegenheit, die Ursachen, aus denen der niederländische Aufstand emporwuchs, in ihrem ganzen Umfange zu entwickeln und uns mit den bedeutendsten Persönlichkeiten bekannt zu machen, die dabei eine Rolle spielten. In ersterer Beziehung legt er die entschiedene Tendenz an den Tag, in's Detail zu malen, durch Anführung von Spezialitäten Eindruck zu machen, und er entschuldigt sich deswegen zuweilen, unserer Ueberzeu gung nach, ganz unnöthiger Weise. Denn abgesehen davon, daß die eigentliche Aufgabe der Geschichtschreibung eben darin besteht, einfach die charakteristischen Thatsachen zu erzählen, um sie auf den Leser wirken lassen, und die Kunft der Geschichtschreibung in nichts Ane derem zu suchen ist, als eben in einer solchen Erzählung der Thatfachen, daß sie auf den Leser wirken und in ihm das richtige Urtheil das jezt zur erzeugen, bringen auch allgemeine Raisonnements Mode gewordene Schreiben über Geschichte statt der echten Geschicht schreibung auf gesunde Raturen selten den nachhaltigen Eindruck hervor, den die lebhafte Veranschaulichung der Thatsachen hinterläßt. Allgemeine Betrachtungen über Glaubenszwang und Verfolgungen um des Glaubens willen sind uns so geläufig geworden, daß wir leicht über sie hinwegzugeben geneigt sind und durch sie höchstens zu einer, so zu sagen, philosophischen Bewegung gestimmt werden; um den Grad der Erbitterung zu begreifen, der ein kleines Volk in den Kampf gegen das mächtigste Reich trieb, muß uns die harte Wirklichkeit ver gegenwärtigt werden; die konkreten Chatfachen, die damals mit In grimm von Mund zu Mund getragen wurden, müssen an uns der Reihe nach vorüberziehen und in uns selbst eine Stimmung erzeugen, welche, uns den Eindruck begreiflich macht, den diese Schreckensscenen, als sie frische Wirklichkeit waren, auf die Zeitgenossen hervorbringen mußten. Dann erst wachsen die Ereignisse vor unserem Auge organisch aus einander hervor, und diese wirkliche Geschichtschreibung überhebt uns der Nothwendigkeit, über die Geschichte zu schreiben. So glauben wir auch, daß Motley's Kapitel über die Inquifition mit seiner Fülle detaillirter Angaben mehr zum Verständniß jener Zeit beitragen wird, als die geschicktefte Abhandlung, welche die allgemeinen Gefichtspunkte auseinanderseßt und die Anführung einzelner Thatsachen

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verschmäht. Die detaillirie Schilderung der Umstände, von denen die Zerstörung der Kathedrale von Antwerpen durch die Bilderstürmer begleitet war, verschafft uns mehr Einsicht in die Natur dieser religiösen Bewegung, als wir von einer allgemeinen, nicht an einen konkreten Fall sich anlehnenden Schilderung erwarten könnten, wenn sie auch noch so ausführlich wäre. Wir dürfen kaum hervorheben, daß die Art der Behandlung, zu welcher sich Motley entschloffen hat, wesentlich dazu beiträgt, die Lebendigkeit seines historischen Gemäldes zu erhöhen und unsere innerste Theilnahme in Anspruch zu nehmen. Am glänzendßten zeigt sich aber Motley's Talent in der Charakteristik der hervorragenden Persönlichkeiten. Die bisher veröffentlichten Korrespondenzen, die einen tiefen Einblick in die innersten Motive der handelnden Personen eröffnen und bei ihrer Vielseitigkeit auch den doppelzüngigen, hinterhaltigen Charakter entlarven, gewähren seinem Urtheil eine zuverlässige Grundlage, und die Ansichten und Mittheilungen so aufmerksamer und außerhalb des Parteigetriebes stehender Beobachter und erfahrener Menschenkenner, wie der venetianischen Gesandten, sind auf diesem schwierigen Gebiet höchft erwünschte Wegweiser. Motley hat diese reichhaltigen Quellen mit großem Eifer, mit großer Gewissenhaftigkeit und - bis auf eine Ausnahme— mit großer Unbefangenheit benußt. Denn wir müssen dem Ueberseßer unbedingt darin beipflichten, daß der Verfaffer sich durch die Bewunderung, die er Wilhelm dem Schweigsamen zollt, zuweilen aus der Rolle des strengen Geschichtschreibers in die eines Advokaten hat hinüberdrängen laffen. Er mißt diesen Charakter nicht mit demselben Maßstabe unbestechlicher Gerechtigkeit, den er an die anderen historischen Persönlichkeiten jener Zeit anlegt; er will ihn überall vertheidigen, auch da, wo Dranien's Benehmen nach den allgemeinen moralischen Grundsägen durchaus verwerflich ist und nur durch die Schwierigkeit der Situation entschuldigt zu werden verdient. Ein unbefangener Beurtheiler wird nicht erwarten, daß es dem Prinzen, bei seiner eigenthümlichen Doppelstellung, dem Volke und dem spanischen Gouvernement gegenüber, bei der Kollision von Pflichten, die daraus hervorgehen mußte, überall möglich gewesen wäre, ein Abweichen von der ftrengen Linie der Moral zu vermeiden; er wird nicht erwarten, daß in einer Zeit, in welcher die Politik zu einem höchft verworrenen, im Dunkeln schleichenden Intriguenspiel geworden war, die Handlungen des Prinzen überall so geartet sein sollten, um das Licht der Oeffentlichkeit nicht scheuen zu dürfen, daß ihnen nirgends durch die Natur der gegnerischen Maßregeln eine trübere Färbung aufgedrängt sein sollte. Gerade bei der Darstellung solcher Konflikte hat der Historiker seine schwierigste und ebelfte Aufgabe zu lösen, indem er auseinanderseßt, wie selbst große und eble Naturen durch den Druck widerstrebender Verhältnisse genöthigt wurden, von der geraden Bahn abzubiegen, nicht mit der Frivolität oder Bosheit, die sich freut, auch an großen Charakteren Fehler aufgefunden zu haben, sondern mit dem Ernst der Milde, den die Ueberzeugung von der Unzulänglichkeit der Menschennatur eingiebt. Motley scheint zu meinen, daß es der Bewunderung, die Wilhelm's Charakter verdient, einen bedenklichen Abbruch thun müsse, wenn wir erfahren, daß er von manHen Zusammenkünften und Conspirationen gewußt habe, ohne sie zu verrathen, daß er im Stillen manche Volksbewegung begünstigt habe, der er öffentlich entgegenzutreten schien, daß er in Religionssachen eigentlich lau war und die Politik ihm jedenfalls höher stand als die Religion. In Wahrheit handelt es sich hier überall um einen Konflikt von Pflichten, der nicht ausgeglichen werden konnte, sondern eine scharfe Alternative stellte, und es ist von Wichtigkeit, zu sehen, welche Pflicht in den Augen eines so hervorragenden Mannes schwerer wog, ob die gegen das Volk oder die gegen den Fürften. Eine Entscheidung bei einer solchen Alternative mußte jedenfalls manches ungünstige Urtheil über den Prinzen hervorrufen; aber sie war nur dann zu umgehen, wenn Wilhelm fich in das Privatleben zurückzog, wo so herbe Konflikte fich weniger häufig darbieten, d. h. wenn er die Hauptpflicht seines Lebens, zu deren Lösung er durch Geburt und Talent mehr als irgend einer feiner Zeitgenossen berufen war, die Pflicht, seinem unglücklichen Vaterlande zur Zeit der schwersten Bedrängniß zuerst wo möglich ein Schirm und dann ein Führer zu sein, ganz hätte verabsäumen wollen. Wir billigen es daher nicht, wenn Motley in Bezug auf Wilhelm manche Punkte stillschweigend übergeht, die wohl eine Erwähnung verdient hätten, und halten die apologetische Auseinanderseßung über die Verhandlungen, die der Vermählung des Prinzen mit Anna von Sachsen hinsichtlich des religiösen Bekenntnisses der Lestern vorausgingen, für eine verfehlte und nicht überzeugende.

Mit dieser einen Ausnahme treten alle anderen bedeutenden Personen in Motley's Werk uns mit voller Lebensfrische, mit plastischer Bestimmtheit, als echte und ganze Menschen entgegen. Nicht blos die einfacheren Naturen, wie Egmont, Horn, Brederode, die ihr Herz auf der Zunge trugen, hat er mit sicherer Hand lebenswahr gezeichnet, er ist auch in die Tiefen eines so komplizirten Charakters wie Granvella eingedrungen und enthüllt uns mit gleicher Meisterschaft

das hinterhaltige Wesen König Philipp's, deffen innere Dürftigkeit nur zu oft verdeckt wurde durch die Schlauheit seiner Räthe, die ihm ihre Ideen so einzuflößen wußten, daß er selbst sie für ein Produkt feiner eigenen geistigen Thätigkeit hielt. Natürlich konzentrirt sich das Hauptintereffe in der Charakteristik Granvella's, dessen Verwaltung vollständig der in diesem Lande dargestellten Periode angehört, und gerade fie bildet ohne Frage den Glanzpunkt des Werkes. Durch den Eifer, mit welchem Motley hier die Wahrheit zu ergründen sucht, durch die Schärfe und Klarheit seines Urtheils, durch die glückliche Gruppirung der Thatsachen, welche auf Granvella's Wefen Licht wer. fen, ist hier ein psychologisches Gemälde zu Stande gebracht worden, welches als Meisterstück bezeichnet zu werden verdient.

Wir verzichten darauf, dem Leser Proben und Auszüge aus einem Werke vorzulegen, von dem wir wünschen, daß es in seiner Totalität gekannt und dadurch seinem vollen Werthe nach gewürdigt werden möge, und bitten ihn nur, sich durch etwaige üble Erfahrungen in Bezug auf die Uebersetzungen englischer Hiftoriker und Geographen nicht abhalten zu laffen, diese Ueberseßung zur Hand zu nehmen. Weit davon entfernt, in die Kategorie der Fabrikübersehungen zu gehören, rührt diese vielmehr aus der Feder eines Mannes her, der mit großer Herrschaft über die Sprache einen gebildeten Geschmack vereint und außerdem mit der Geschichte jener Zeit wohl vertraut ist. Die Ueberfeßung ist in einer fließenden und edlen Sprache gehalten und wird ohne Frage den Beifall jedes gebildeten Lefers erhalten. Wir unsererfeits fühlen uns dem Ueberseher zu dem wärmsten Dank dafür verpflichtet, daß er sich des schönen Werkes angenommen und es dadurch vor der Verunglimpfung durch jene Fabrikthätigkeit bewahrt hat, der es sonst schwerlich entronnen wäre.

Brasilien.

Rio Janeiro in unserer Zeit.

Nach amerikanischer Darstellung.*)

Drei Jahrhunderte und etwas darüber sind verflossen, seitdem die ersten Entdecker und Abenteurer in die fast landumschlungene Bucht von Rio einliefen. Und da, wo sonst die Tomoya-Indianer bei loderndem Feuer ihren Kriegestanz aufführten, ftrömen jezt Gasröhren ihre Flammen aus und rollen Omnibus in allen Richtungen. Rio sieht in der That auf die älteste Stadt in der Union wie auf eine Art Parvenu herab; denn sie ist älter als die ältesten anglo-amerikanischen Städte. Wohl deutet eine Bevölkerung von 300,000 Seelen auf etwas, was einem Fortschritt gleicht; sie warnt aber vor dem übereilten Schluß, daß da, wo eine solche Menge und unter so günftiger Lage, wie sie Rio bietet, beisammen wohnt, Industrie und Wohlftand blühen müßten. In Rio, wie allgemein in civilifirten Gegen den, ist eine Mischung von Gut und Uebel; dahin zu rechnen ist: bürgerliche Freiheit, religiöse Duldung und abscheulicher Geftank. So viel die Brasilianer gethan haben, die ersteren beiden zu sichern, so wenig oder nichts thun sie, dem lezteren abzuhelfen. Sie sind aber in der That die Holländer Süd-Amerika's, langsam in manchen Dingen. So kriecht ein brasilianischer Postwagen seine richtigen zwanzig englische Meilen in vierundzwanzig Stunden. Andererseits sind fie dem Puß sehr ergeben, und ein brasilianischer Stußer mit seinem in Gold gefaßten Leuchtkäfer als Brustnadel nimmt sich gar seltsam glänzend aus. Die Regierung hat von den ihr gebotenen Mitteln keinen Vortheil gezogen. Die Stadt könnte die größte in der Welt fein; auch jeßt nimmt sie, im Verhältniß zu der Bevölkerung, eine ausgedehntere Fläche ein, als irgend welche Stadt auf der Erde, und doch sind einige Straßen so eng, daß nur Ein Wagen zu gleicher Zeit durchkommen kann.

Von hier aus brachte Americus Vespucius nach Europa das berühmte Färbeholz (Brasilienholz), das die Portugiesen, wegen der Aehnlichkeit mit den bei ihnen gebrauchten Feuerkohlen, brazas, und das Land, woher es tam, Paiz de Brazas nannten; daher der Name Brasilien.

Ein merkwürdiger Umstand knüpft sich an die Colonisation dieser Gegend.,,Coligny's Emigranten", wie die hugenottischen Flücht. linge, die sich hier niederließen, genannt wurden, wuchsen bald so sehr an Zahl und Macht, daß sie unfehlbar das Land für die französische Krone gewonnen hätten, der sie noch immer mit Treue anhingen, wenn sie nicht von dem verfolgungssüchtigen Fanatismus der französischen Katholiken aus dem Lande verdrängt worden wären. So ging hier eine glänzende Gelegenheit durch eine schwachsinnige Politik verloren. Dann wirkte die Entdeckung von Goldlagern zerstörend auf den Wohlstand des Landes. Die Menschen kümmerten sich nur um das Metall, nicht um den Boden, in dem es wuchs. Gold, und nur Gold, war ihr Stolz, und bis auf die neueste Zeit herab war es nichts Un

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gewöhnliches, daß man bei einem brasilianischen Herrn von Gold af, während sich die Gäste vergeblich nach einem stählernen Meffer umsahen, um die vorgelegten Speisen zu zerschneiden; die gemeinsten Geräthschaften waren von dem vielbegehrten Gold, aber vielleicht fand sich kein Trinkglas im ganzen Haushalt.

In der That hatte man hier Ueberfluß an dem kostbaren Erz und verhältnißmäßige Armuth bei einander. Es konnte auch kaum anders sein, denn bis zur Ankunft des Regenten aus Portugal, 1808, lag der Handel von Brasilien wie der von China und Japan, in Fesseln. Da erst wurden die Häfen frei, und der Fortschritt begann, der aber von den 23,000 Portugiesen, die im Gefolge des flüchtigen Hofes aus Europa den Weg nach Brafilen gefunden, gehemmt wurde. Sie machten sich durch ihren Uebermuth, womit sie die Eingebornen behandelten, so verhaßt, daß der Unwille endlich in eine Revolution ausbrach, die erst dann ihren glücklichen Ausgang fand, als eine zweite und freie Verfaffung unter dem jezigen helldenkenden und volkbeliebten Kaiser gegründet ward.

"Vorwärts!" scheint jezt die Losung aller Parteien, nur die der alten Kirche will nicht vom Fleck. Hier weilt noch die unwissende, lässige, barbarische Zeit. In der Kirche Nossa Senhora da Gloria hängen Gemälde von Aktäon und seinen Hunden, wohlgenährte Liebesgötter, welche die jungen Mädchen der Verehrung würdiger halten mögen, als die geistig zarten Cherubim, die mit ihrem Kinn auf dem Wolkensaume ruhen dem Wolkensaume ruhen lauter Kopf und kein Herz. Unter dem alten Regime mochte ein guter rechtgläubiger Wohlthäter seiner Mitmenschen in Brasilien schwerlich ahnen, wohin ihn seine Menschenfreundlichkeit bringen wird. Er konnte aber ziemlich sicher darauf rechnen, wie im heidnischen Alterthum, einft unter die Götter aufgenommen zu werden. So wird Anchieta, ein trefflicher Bürger alter Zeiten, von Vasconcellos ein wenig über den lieben Herrgott selbst gesezt! Vasconcellos versichert uns allen Ernstes, daß einige Wunder, die Anchieta nach dem Tode verrichtet,,,von eleganterem Geschmack gewesen, als manche in der Schrift!" Armer, alter Anchieta! Wie manches dauernde Gute hätte er im sechzehnten Jahrhundert wirken können, wenn man ihn seinen eigenen Weg hätte gehen laffen. Der ehrliche Mann erklärte, er sei nichts als ein ftaubgeborner, fterblicher Mensch, von dem Wunsche beseelt, seinen Mitgeschöpfen wohlzuthun umsonst; die Pfaffen machten ihn durchaus zum Gott.

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An Wissenschaft, wenn auch nicht an Gemeinnüßigkeit, ward Ancheita von Juan Almeida übertroffen. Ursprünglich hieß er Jack Martin, ein ehrliches Londoner Kind und ein glaubensfefter Proteftant in den Tagen der jungfräulichen Königin Beß. Er ging nach Brafilien, nahm hier die Lokalfarbe an und kehrte in den Schoß der Alleinseligmachenden zurück. Jack ist ein von der brasilianischen Kirche verehrter Heiliger; nicht als Protestant Jack natürlich, sondern als Katholik Juan. Eine zur Erinnerung an Almeida, alias Martin, gefchlagene Denkmünze zeigt auf der einen Seite England mit der Legende: hinc Anglus; auf der anderen Brasilien mit der Inschrift: hinc Angelus ein Wortspiel, das nicht einmal das Verdienst der Originalität hat, denn es hatte es schon früher einmal ein wißiger Würdenträger zu Rom gemacht.

Diese Traditionen leben noch heute unter einem Volke, das in der herrlichsten Luft lebt, die jemals vom Himmel herabwehte, um von den scheußlichsten Dünften, die jemals von der Erde, oder von dem Volke in den Häusern auf ihrer Oberfläche, aufsteigen, verpestet zu werden. zu werden. Die Elephantiasis ist eine gemeine Krankheit unter dem Volke. Ein gescheidter Kopf glaubte ein Mittel gegen das Uebel gefunden zu haben: er legte eine Klapperschlange auf den anschwellenden Theil. Das Ergebniß war in der That probat, die Anschwellung hörte auf - mit dem Leben des Kranken. Eine merkwürdige Thatsache ist, daß troß dieser Pestgerüche das gelbe Fieber selten ist; dagegen blühen darin Unsittlichkeit und Quacksalberei oder Gleichgültigkeit gegen Menschenleben. Im Jahre 1853 wurden in Rio nicht weniger denn 630 Findlinge in die Geburtsliste verzeichnet, von denen rasch 515 in ein anderes Register, in die Todtenlifte, übergingen. Ein solches Findelhaus ist wohl mit Recht eine Schlachtbank zu nennen. Jn Bezug auf Sklaverei bemerken die Reisenden: „Die Brasilaner sind nicht die einzigen Sklavenbefißer im Reiche; ja, manche Engländer stehen ihnen darin nicht nach. Nach der durchgegangenen Lord Broughams-Akte 1843 wird zwar jeder Engländer, der Sklaven kauft oder verkauft, in England strafrechtlich verfolgt; nichtsdeftoweniger aber befißt die Bergwerks-Gesellschaft, deren Actionaire in Großbritannien wohnen, den Schauplaß ihrer Thätigkeit aber zu S. João del Rey in Brasilien haben, als Eigenthum 800 Sklaven und miethet alljährlich 1000 dazu". Wir geben aus dem reichhaltigen Buche noch einige interessante Bilder des brasilianischen Lebens.

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"Eines Abends ging ich lustwandelnd auf bas,,glückliche Thal" zu, verlor aber bald die Richtung und trat in einen Wald. Hier verfolgte ich meinen Weg bis an den Rand eines Absturzes oder vielmehr eines trichterförmigen Loches, deffen Spiße etwa tausend Fuß

unter meinen Füßen lag, und dessen Wände mit Bäumen bewachsen waren. Die Nacht war nach dem kurzen Zwielicht jählings hereinge brochen. Bevor ich den Rückweg antrat, stand ich noch einige Augen blicke und starrte hinab in die schwarze Finsterniß des Schlundes unter mir, da schien sich auf einmal etwas Leuchtendes aus dem Abgrund zu erheben. Ich beobachtete es, wie es bei dem allmählichen langsamen Aufschwung die langen Blätter der Euterpe edulis und das kleine Laub der anderen Bäume erhellte. Es schwebte stracks auf mich zu, und ich konnte nun die drei Leuchtpunkte, womit es die Dunkelheit rings umher erleuchtete, deutlich unterscheiden. Es war der Leuchttäfer (Pyrophorus noctilucus), einem Reifenden auf den Antillen in dem tropischen Amerika so wohlbekannt. Er ist dunkelbraun, überall mit kurzen, lichtbraunen, wimperartigen Härchen bedeckt. Wenn er geht oder ruht, entströmt das Licht nur aus zwei gelben Warzen auf feinem Körper; wenn er aber die Schwingen zum Fluge entfaltet, dann öffnet sich am hinteren Theil des Brustschildes noch ein dritter leuchtender Fleck. Die ausströmende für phosphorartig geltende Lichtmasse ist so beträchtlich, daß der Käfer in den Gegenden, wo er heimisch ist, zur künftlichen Beleuchtung benugt wird. In den Gebirgen von Tijuca las ich die kleinste Druckschrift und unterschied die feinsten Sekundenzeichen auf meiner Taschenuhr beim Lichte einer dieser natürlichen Lampen, die unter ein gewöhnliches Bierglas geseht wurde. Die Indianer gebrauchten ihn vorzeiten als Fackel bei ihren nächtlichen Jagden und Fischfängen; auf ihren nächtlichen Reisen befestigen sie diese Laternen an ihre Hände und Füße. In manchen Tropen-Gegenden schmücken die Senhorita's Locken und Gewänder mit diesen in ein Neßwerk eingeschloffenen Käfern und werden so fast buchstäblich zu sonderlich glänzenden Sternen". Dieser Leuchtkäfer war es, der wie Prescott in seiner ,,Eroberung Merito's" erzählt den Spaniern im Jahre 1520 keinen kleinen Schrecken eingejagt hat. Ein Augenzeuge, der alte Bernal Diaz, berichtet:,,Die Luft war mit Cocuyos (Johanniswürmchen), einer Art großer Käfer, angefüllt, die ein so intensives phosphorisches Licht aus ihrem Körper ausströmen, daß man dabei recht gut lesen kann. Diese wandernden Flammen, im Dunkel der Nacht erblickt, erschienen den Belagerten wie ein mit Luntengewehren bewaffnetes Heer."!!!

Schließlich mag hier noch die Nachricht über eine eigenthümliche krankhafte Erscheinung eine Stelle finden.

„In Limeira wurde ich auf ein Uebel aufmerksam, das wie der ,,Kropf" an gewisse Dertlichkeiten gebunden scheint. Ich saß in dem Studirzimmer des Dr. N. und unterhielt mich mit ihm über brasi lianische Zustände, als ein Portugiese, der etwa sechzig Jahre alt sein mochte, hereintrat und sehr ernsthaft fragte, ob der Doktor dafürhalte, daß er beim Leben bleiben könnte? Dieselbe Frage that ein bald darauf eintretender Brasilianer von mittlerem Alter. Beide lauschten auf die Worte des Arztes, wie auf ein Drakel. Man sah ihnen so wenig ein Uebelbefinden an, daß, wenn ich sie nicht über Schmerzen beim Schlingen klagen gehört, ich sie für vollkommen gesund gehalten hätte. Der Doktor versicherte mir jedoch, daß diese Männer an einem in Brasilien weitverbreiteten Uebel leiden, deffen aber, seines Wissens, kein medizinisches Werk Erwähnung thut. Die Brasilianer nennen es Mal de engasgo. Das erste Anzeichen seines Vorhandenseins ist die Schwierigkeit des Schlingens. Der Patient kann trockene Subfranzen leichter als flüssige, und unter diesen wiederum Wein oder Milch leichter, doch auch nicht ohne Schmerzen, dünne Brühe aber unmöglich, herunterbringen. Die von dem Uebel befallenen Personen sehen übrigens gesund und frisch aus; allein nach fünf oder sechs Jahren sterben sie den Hungertod. Die Leiden dieser Unglücklichen wurden mir als entseßlich geschildert. Einige Aerzte in der Provinz San Paulo halten es für eine Lähmung der Speiseröhre; Dr. N. aber, der viele Fälle des Mal de engasgo beobachtet hat, ist geneigt, es einer Verdickung der Schleimhaut zuzuschreiben. Da nämlich die Speiseröhre unter allen Körpertheilen am seltensten krankhaft affizirt wird, so kann er sich nicht zu der Ansicht verstehen, daß ein so weit verbreitetes und so oft vorkommendes Uebel von einer Lähmung des Desophagus herrühre. Bei der Schwierigkeit, am Orte des Binnenlandes, wo er lebt, einen Leichnam zur Sezirung zu erlangen, hatte fich ihm keine Gelegenheit geboten, eine durchgreifende wissenschaft liche Theorie über diese Krankheit aufzustellen. Zu einem solchen Kranken, achtzig Meilen von Limeira, geholt, fand er, wie er mir ferner erzählte, zu seinem Erstaunen in demselben Zimmer nicht weniger als noch neun andere Personen an demselben Uebel leidend, Noch ist kein Mittel dagegen entdeckt. Die Ausdehnung des Gebie, tes, wo die Krankheit herrscht, ist nicht bekannt; so viel ist, nach der Behauptung des erwähnten Arztes, gewiß, daß sie sich von Limeira bis Goyaz erstreckt; jenes ift 200, dieses aber 400 Meilen von

der Seeküste entfernt; an dieser unmittelbar kommen keine Fälle vor, ja, eine Reise dahin verursacht den Leidenden stets Linderung. Im Jahre 1855 theilte ich die obige Thatsache, das Mal de engasgo be treffend, dem Journal of Commerce in New-York mit. Bald darauf sprach ein Arzt aus Brooklyn in den Spalten desselben Journals die Vermuthung aus, es dürfte bei der fraglichen Krankheit Erysipelas (die Rose) zum Grunde liegen. Als Beleg führte er an, daß bei einem seiner Patienten sich dieselben oben beschriebenen Symptome gezeigt haben und die Krankheit sei zuleht entschieden in eine Erysi pelas ausgelaufen. Wohl weiß ich, daß Ein Aehnlichkeitsfall in einer Krankheit zu keiner allgemeinen Regel berechtigt; indeß ist die Sache der Untersuchung werth."

Mannigfaltiges.

Ein anglo-französischer Mezzofanti. Das Britische Museum, welches, neben seinen anderen Schäßen, eine der reichhaltigsten chinesischen Büchersammlungen in Europa besißt, hat kürzlich einen empfindlichen Verluft durch den Tod des Gelehrten erlitten, dem man die Katalogisirung derselben anvertraut hatte. Louis Augustin Prévost wurde am 6. Juni 1796 zu Troyes in der Champagne geboren und starb am 25. April 1858 in London, wo er den größten Theil seines Lebens zugebracht. Er war im Jahre 1823 als Hauslehrer in der Familie des Herrn Ottley, nachherigen Kustos im Britischen Museum, nach England gekommen, welches er seitdem nicht wieder verlassen hat. Er heiratete im Jahre 1825 eine Engländerin und verlor im Oktober 1854 feinen einzigen Sohn, Frederick Prévost, der, unter dem angenommenen Namen Melrose, in den vordersten Reihen der englischen Kavallerie fechtend, bei Balaklava seinen Tod fand. Viele Jahre hindurch gewann Prévost seinen Unterhalt als Sprachlehrer, und zu seinen Schülern gehörte Charles Dickens. Einen großen Theil seiner Zeit verbrachte er jedoch im Lesezimmer des Britischen Museums, ein Studium verfolgend, das für ihn einen unüberwindlichen Reiz hatte die Erlernung von Sprachen nämlich, die er in größtem Maßstab und nach einer etwas eigenthümlichen Methode betrieb. Er fing gewöhnlich damit an, einen Theil der heiligen Schrift in dem Jdiom zu lesen, welches er sich anzueignen wünschte, wobei sich ihm das Verständniß des Textes und des grammatikalischen Baues der noch unbekannten Sprache durch den schon bekannten Inhalt der Lektüre eröffnete. Mit besonderer Vorliebe widmete er sich dem Chinesischen, indeffen machte er auch die meisten europäischen Sprachen, viele asiatische und sogar einige polynesische nach und nach zum Gegenstande seiner Studien. Am geläufigsten waren ihm Französisch, Englisch, Italiänisch, Deutsch und Lateinisch, sowie mehrere von den keltischen und slavischen Spra chen. Gleich manchem seiner Landsleute, war er ein großer Freund der Offianischen Gedichte, und er hatte es sich viele Jahre lang zur Regel gemacht, sie jährlich einmal im gaelischen Original durchzulesen; im Allgemeinen interessirte er sich jedoch mehr für den Organismus einer Sprache, als für die in ihr enthaltene Literatur. Durch den ununterbrochenen Fleiß eines ganzen Lebens gelangte er endlich dahin, über vierzig Sprachen mehr oder weniger vollkommen verstehen und sprechen zu können. Seine ausgezeichneten linguistischen Talente führten gegen Ende des Jahres 1843 zu seiner Anstellung beim British Museum, und während der folgenden vierzehn Jahre war er hauptsächlich mit Katalogisiren der chinesischen Bücher beschäftigt, aber auch außerdem wurden seine Dienste oft in Anspruch genommen, wo es sich um die weniger bekannten Sprachen Europa's und Asiens handelte. Er starb an einem Magenübel, an dem er bereits seit einem Jahre gekränkelt und das ihn vor einigen Monaten gezwungen hatte, seinen amtlichen Pflichten zu entsagen.

-Skandinavische Alterthümer. Ein schwedischer Künstler, Herr Mandelgren, hat der Kunst-Akademie von Paris eine Sammlung von kolorirten Zeichnungen skandinavischer Alterthümer vorgelegt, die er veranstaltet und angefangen hat, durch den Druck: herauszugeben. Es befinden sich darunter zahlreiche Grundriffe und Pläne von Kirchen, die in Schweden und Norwegen zerstreut sind und deren Einige bis in das elfte Jahrhundert hinaufreichen. Auch Malereien in diesen Gotteshäusern und alte, mit Kunstarbeiten geschmückte Grabs steine, von deren Vorhandensein bisher im übrigen Europa wenig oder nichts bekannt war, sind von dem Künstler treu wiedergegeben, der zwölf Jahre auf seine Arbeit verwandt hat. Die französische Kunst-Akademie nahm ein lebhaftes Interesse an diesem Werke, von welchem die erste Lieferung in Kopenhagen erschienen ist, die übrigen Lieferungen aber in Paris erscheinen werden.

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Böchentlich erscheinen 3 Rummern. Breis jährlich s Eşir. 10 gr. balbjährlich 1 Thir. 20 Sgr, unb vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

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Literatur des des Auslandes.

Frankreich.

Berlin, Donnerstag den 3. Juni.

Die menschliche Seele und die Naturphilosophen. Ein Schreiben Voltaire's an den Prinzen von Preußen, nachmaligen König Friedrich Wilhelm 11.

Wir haben in diesen Blättern bereits oft Gelegenheit gehabt, nachzuweisen, daß die Theorieen, welche die heutigen Philofophen der Natur als Resultate ihrer Beobachtungen und Entdeckungen ausgeben, nichts weiter als Wiederholungen der Irrlehren sind, die schon griechis sche Sophisten, die englischen Sensualisten des siebzehnten und die französischen Naturphilosophen des achtzehnten Jahrhunderts aufgestellt haben Irrlehren, die ebenso von Plato, wie von Leibniz, Hegel und Schelling widerlegt worden sind. Wiederholen sich aber die Irr lehren, so ist es auch vollkommen gerechtfertigt, auf ihre Widerlegun gen zurückzukommen. Kürzlich schrieb uns mit Bezug auf den in Nr. 44-46 enthaltenen Auffag:,, Ueber das magische Geistesleben", ein solcher naturphilosophischer Leser unseres, Magazin", der mit unserer und mit Dr. Bruno Schindler's Annahme, daß auf die menschliche Seele eine Menge dunkler Kräfte vermöge vieler dunkeler, innerer Sinne einwirken, nicht einverstanden ist:,,Der Glaube an die Möglichkeit überfinnlicher Erscheinungen ist ebensð sehr Aberglaube, wie der an die Möglichkeit der Wahrnehmung überirdischer". So möge es uns denn verstattet sein, diesen Naturphilosophen gegenüber an eine Korrespondenz zu erinnern, die im Jahre 1770, um welche Zeit ganz ähnliche Ideen im Schwunge, wenn auch nicht so weit verbreitet waren, wie jest, der Neffe und Erbe Friedrich's des Großen, Prinz Friedrich Wilhelm von Preußen, mit Voltaire geführt hat.

Voltaire hatte im Jahre 1770 eine Schrift zur Widerlegung von Holbach's, Système de la nature" herausgegeben und der Prinz von Preußen fand sich veranlaßt, ihm in einem Schreiben aus Pots dam, vom 12. November 1770, für diese Schrift zu danken,,,in welcher", wie er schrieb,,,dieselbe Feder, die seit langer Zeit bemüht war, den Aberglauben zu bekämpfen und allgemeine Toleranz herbeizuführen, sich damit beschäftigt, das unselige Prinzip des Materialis mus zu widerlegen." Gleichzeitig bat der Prinz den berühmten Schriftsteller, ihm doch seine Meinung über die Natur der Seele mitzutheis len,,,denn“, fügte der Prinz hinzu,,,wenn ich mich auch nicht gern in metaphysische Grübeleien einlasffe, so möchte ich doch nicht, daß ich einft ganz und gar eine Beute des Todes werde, oder daß ein Genius, wie der Ihrige, sich in Nichts auflöse." Voltaire beant. wortete diese Aufforderung durch folgendes Schreiben:

,,Ferney, 28. November 1770.

,,Die königliche Familie von Preußen hat großes Recht, nicht zu wollen, daß ihre Seele sich in Nichts auflöse. Sie hat mehr, als irgend Jemand, Anspruch auf die Unsterblichkeit.

"Es ist wahr, daß man nicht allzuviel von dem weiß, was die menschliche Seele ist; man hat sie niemals mit Augen gesehen. Alles, was wir wissen, ist, daß der ewige Werkmeister der Natur uns die Fähigkeit verliehen hat, zu denken und die Tugend zu erkennen. Es ist nicht erwiesen, daß diese Fähigkeit nach unserem Tode fortlebe, aber das Gegentheil ist ebensowenig erwiesen. Es ist wohl möglich, daß Gott die Denkkraft einer Monade verliehen hat, welche er nach unserem Hirscheiden wird weiter denken lassen; in dieser Idee liegt nichts Widersprechlades.

,,Mitten unter allen Zweifeln, die seit viertausend Jahren auf viertausend Arten wiederkehren, ist es das Sicherste, niemals etwas gegen sein Gewissen zu thun. Im Besiße dieses Geheimnisses genießt man das Leben und fürchtet nichts vom Tode.

Nur für den Charlatan ist Alles Gewißheit. Wir wissen nichts von den ersten Ursachen. Es ist sehr thöricht, Gott, die Engel, die Geister zu definiren und genau zu wissen, warum Gott die Welt geschaffen hat, wenn man nicht einmal weiß, warum man seinen Arm nach seinem Willen bewegt.

1858.

,,Der Zweifel ist kein angenehmer, aber die Zuversichtlichkeit (der Naturphilosophen) ist ein lächerlicher Zustand.

,,Was in dem „,Système de la nature" am meisten empört nach dem Kunststücke, aus Mehl Aale zu fabriziren ist die Kühn heit, mit welcher es entscheidet, daß es keinen Gott giebt, während es doch nicht einmal den Versuch eines Beweises von der Unmöglichkeit des Daseins Gottes gemacht hat. Es findet sich in diesem Buche manches Schöngesagte, aber noch weit mehr Declamation und gar kein Beweis. Das Werk ist ebenso den Fürsten, wie den Völ kern, gefährlich.

Gäb's nicht schon einen Gott, man müßte ihn erfinden.
(Si Dieu n'existait pas, il faudrait l'inventer).

,,Aber die ganze Natur ruft uns zu, daß er existirt, daß es eine höhere Intelligenz, eine unendliche Allmacht, eine wunderbare Ordnung giebt, und Alles lehrt uns, daß wir abhängig sind.

,,Bei unserer außerordentlichen Unwiffenheit wollen wir wenig stens das Beste thun, was in unseren Kräften steht: so denke ich, und so habe ich immer gedacht unter allen den Armseligkeiten und Thor heiten, die mit einem fiebenundsiebzigjährigen Leben verbunden sind. ,,Ew. königliche Hoheit haben die schönste Laufbahn vor sich. Ich wünsche Ihnen und wage, Ihnen vorherzusagen: ein Ihrer und Ihrer Gesinnungen würdiges Geschick. Ich habe Sie, mein Prinz, als Kind gefehen; ich kam in Ihr Zimmer, als Sie die Pocken hatten; ich zitterte für Ihr Leben. Der Prinz, Ihr Herr Vater, beehrte mich mit seinem Wohlwollen; Sie haben geruht, mich mit derselben Huld zu beglücken: es ist dies eine ehrende Auszeichnung meines Alters und ein Trost in den Leiden, unter welchen es fast erliegen möchte. "Ich verharre mit der tiefsten Verehrung, Ew. fönigl. Hoheit ze.

L. Figuier's

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Voltaire."

Elektrische Tele

wissenschaftliche und gewerbliche Jahres-Uebersicht. Astronomie. Physik. Technik. graphie. Linguistik. (Forthegung.)

Im Jahre 1853 beauftragte eine zu Stockholm zusammengetretene internationale Kommission Herrn Struve, in einem ausführlichen Werke alle Rechnungen und auf den gesammten Meridian bezüglichen Arbeiten zu veröffentlichen, was denn auch geschehen ist. — Hierauf bezieht sich denn auch die obenerwähnte Mittheilung, die Herr Struve der französischen Akademie gemacht hat. Nach dem, was geleistet worden ist, besißt man jeßt eine ununterbrochene Kette von Dreiecken, die vom Atlantischen Meere bis an die Ufer des Kaspischen See's, von Brest bis Astrachan reichen und Frankreich, Belgien, Preußen und Rußland umfassen. Es handelt sich darum, diese Kette von Dreiecken zur Berechnung eines Parallelbogens zu verwerthen, der nicht weniger als 55 Längegrade umfaffen würde. Durch Ver. gleichung der irdischen Längen der verschiedenen Theile dieses Bogens mit ihren astronomischen Weiten (amplitudes) würde man sich auf dem sichersten Wege in Stand feßen, zu bestimmen, ob die Erde ein unregelmäßiges Sphäroid sei, oder in welcher Weise sie von der Kugelform abweicht, die wir ihr zuschreiben. Die Ruffen wollten die Messung des Meridianbogens nach Süden hin erweitern, durch die Türkei bis zur Insel Kreta - aber der Krieg kam dazwischen, und man mußte dem Unternehmen entsagen, das man durch russische Stabsoffiziere hatte ausführen wollen. Jedenfalls würden diese zweierlei Augen gehabt haben, wissenschaftliche und nichtwiffenschaftlich-politische.

In Folge der politischen Hindernisse ist also Herr Struve, begünstigt durch die unterdeß eingetretene Freundschaft zwischen beiden Ländern, nach Paris gekommen, um der französischen Regierung den Vorschlag zu machen, sich der Ausführung der übrig gebliebenen Aufgabe zu unterziehen oder wenigstens zur Ausführung beizutragen eine Aufforderung, welche mit Wohlgefallen aufgenommen worden

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