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Larven eingesponnen und warten mit der Seelenruhe eines Fatirs, bis die Sonnenstrahlen sie zur Auferstehung rufen.

Raupen mit den buntesten Pelzen, einige tigerartig fich ziehend und windend und mit gestreiftem Oberzeug spielend, find immerwährend sehr nach der Nahrung, bis ihnen endlich doch der Appetit vergeht und sie, alle Freßgedanken aufgebend, sich irgendwo still ansiedeln und absterben, um ihr neues, geflügeltes Leben abzuwarten. Manche dieser Raupen find wunderschön, z. B. eine, die den dicksten, feinsten Pelz trägt, aus dessen elastischen Falten oft ein goldenes Unterkleid hervorschimmert. Manches gräuliche Gewürm im Wasser fiedelt sich plöglich in der Oberwelt an und wird bald zur ätherisch ften, beschwingten Psyche. Ja, und diese befittigten, verklärten Rau pen, wie luftig und luftig, wie bunt und farbenpoetisch fäuseln sie umher vor unseren Augen. Man hat sie früher in ganz anderer Geftalt gekannt, ihre Metamorphose beobachtet und kennt nun ihre abenteuerlichen Antecedentien. Es sind nun keine Schmetterlinge mehr, die als Fremde vor unseren Augen vorüberflattern: es sind bekannte, anerkannte, liebe Bekannte und Freunde, für deren Leben und Trei ben, für deren individuelle Liebhabereien und Sitten man sich ganz genau und jeden Tag aufs neue interessirt. Jede Sorte hat ihre ganz eigenthümlichen Instinkte, Gewohnheiten und charakteristischen Tugenden oder Fehler, die wir in dem Buche ganz gründlich und im Detail kennen lernen, um sie in dem grünen, goldenen Baume des Lebens vor uns beobachten zu können. Welche Arten von Insekten sich am besten für das Insektarium eignen, wo man diese findet, wie man sie zu behandeln, zu beobachten und zu halten habe, darüber giebt das mit ohnehin deutlich machenden mancherlei kolorirten Zeichnungen versehene Buch Jedem die genaueste Auskunft. Auch wer noch nichts von der Entomologie verstand, findet in einer Geschichte der Entstehung, des Fortschrittes und des jeßigen Zustandes dieser Wissenschaft ein kurzes, hinreichendes Kompendium. Die Meisten wissen wohl, daß aus Eiern Raupen auskriechen, die mit der Zeit sich zu Chrysoliden umwandeln, aus denen dann ein Schmetterling sich durchbeißt. Das ist allerdings ein Fortschritt seit Swammerdam, bis zu dessen Enthüllungen auch die gebildete Menschheit durchschnittlich annahm, daß Larven, Maden, Raupen, Gewürm irgendwelcher Art irgendwie von selbst aus verwesenden Stoffen entstehen und davon leben, daß deren spätere Wandlungen absolute Metamorphosen, nicht aber ganz natürliche Entwickelungen eines und deffelben Körpers seien.

(Schluß folgt.) Nord-Amerika.

und 3000 Fuß in die Breite. An dem Menschenbilde, bas in der Mitte der kürzeren Linie angebracht ist, messen die ausgestreckten Arme je 138 Fuß, und von den Spißen der ausgesperrten Füße bis zum Scheiter beträgt die Länge 126 Fuß. Der Kopf, erhabener als der übrige Körper, ift gegen Weften gewendet. Die sechs Vierfüßer haben Aehnlichkeit mit Bären. Die größeren sind 120, die kleineren 90 Fuß lang.

Auf demselben Gebiete von Wisconsin, einige deutsche Meilen von Madison, befinden sich zwei in voll-erhabener Arbeit geformte, nach Norden gekehrte, an einander gereihte, 112 Fuß lange Thiergestalten, zwischen welchen jezt eine Landstraße geht. Der Ausbruck der Behendigkeit und Geschmeidigkeit in ihren Verhältnissen giebt ihnen Aehnlichkeit mit der amerikanischen Tigerart, die sich in diesen Gegenden noch erhalten hat. Nachgrabungen in diesen Erdaufwürfen haben erwiesen, daß sie Menschengebeine aus entlegenster Zeit einschließen, und man vermuthet daher, daß sie als Grabftätten gedient, daß die Urbewohner dieser Gegenden, wie die heutigen Indianer, sich in Stämme getheilt haben, daß jeder Stamm als Symbol eine Thier gestalt gewählt und seinem Todtenacker die Form dieses Wappenschildes gegeben habe. Noch heute begraben die Indianer ihre Verstorbenen an diesen Plägen. Diese Beerdigungen, die seit Jahrhunderten fortdauern, ohne daß einer daran denkt, die ursprünglichen Formen der alten Bauten zu erhalten oder wiederherzustellen, haben eine große Zahl derselben verunstaltet. Die noch unverlegt übrig gebliebenen sind nicht minder vonseiten der Ansiedler, welche rasch das Land urbar machen, der Gefahr zu verschwinden ausgeseßt; mehr auf eine reiche Aerndte als auf die Erhaltung der Alterthümer bedacht, führen fie unbekümmert den Pflug darüber. Nicht ohne Grund hat sich demnach das Smithsonsche Institut beeilt, diese Denkmäler abzuzeichnen und zu beschreiben; noch wenige Jahre, und es wäre zu spät gewesen. Beim Anblick dieser großen Bauten von Stein und Erde fragt man sich: Mit welchen Werkzeugen sind sie hergestellt worden? Denn bloße Menschenhände, wie zahlreich auch, konnten sie nimmermehr ausführen. Man sollte meinen, die Anwendung des Eisens sei bei den verschiedenen Verrichtungen unerläßlich nothwenig gewesen. Indeß ist es erwiesen, daß die Mexikaner und Peruaner die meisten mechanischen Arbeiten mit Werkzeugen von Holz, Stein, Silber und hauptsächlich von Kupfer verrichtet haben. Das leztere Metall verstanden sie vorzüglich zu formen, zu schärfen und zu allerlei Geräthschaften zu verarbeiten. Bei den Nachgrabungen in den nordamerikanischen Ruinen entdeckte man denn auch zahlreiche Sachen von Kupfer: Beile, Scheeren, Pfriemen, Bohrer, Grabscheite, Schaufeln. Auch die Ver

Symbolische Denkmäler, geheime Brüderschaften und Alterthümer fertigung von Schmucksachen aus Kupfer war ihnen nicht unbekannt;

der Indianerstämme.
(Schluß.)

Noch einer anderen Art Monumente begegnet man besonders häufig im Ohiogebiet auf Ebenen oder am Fuß der Anhöhen, die offenbar eine andere Bestimmung als zur Schußwehr hatten. Die Dimensionen sind kleiner und die Mauern nicht mit solcher Vorsicht angelegt, wie bei den verschanzten Lagern. Ueberraschend aber ist die Regelmäßigkeit der Formen. Sie bestehen aus zwei Haupträumen, beide mit ununterbrochenen Gräben und Mauern umgeben, meist von gleichem Flächeninhalt, nur daß der eine rund, der andere vier- oder achteckig ift. Der runde hat nur eine, fast stets nach Osten gekehrte Deffnung, die ihn mit dem Vier- oder Achteck verbindet. Dieser, deffen Seiten und Winkel einander mit geometrischer Genauigkeit entsprechen, hat mehrere Deffnungen. Alles weist auf die Vermuthung hin, daß diese Bauwerke dem Kultus geweiht waren. Die amerikanischen Gelehrten halten den großen kreisförmigen Raum, zu dem man nur mittelft des Achtecks gelangen konnte, für das Sanktuarium, wo sich die Altäre, die Götterbilder, sowie andere heilige Gegenstände befanden, und zu dem nur die Priesterkaste Zutritt hatte; dagegen stand das Achteck mit seinen vielen Eingängen dem Volke offen. Auch in Mexiko und Peru waren die heiligen Räume mit den Götterbildern dem gemeinen Volke verschlossen: eine Erscheinung, die sich bei alten wie bei neueren Völkern wiederholt. Man denke an die Pagoden der Hindu, an den Tempel zu Jerusalem. In der Nähe dieser Ruinen finden sich kleinere Einfriedigungen, die vielleicht zu Wohnungen der Kultusdiener oder zu Schlächtereien der Opferthiere, dienten.

Eine noch merkwürdigere Art religiöser Denkmäler sind die Erdaufwürfe, die in ihren höchft sauber gezeichneten Umriffen deutlich die Gestalten von Reptilien, Vögeln, Vierfüßern und mitunter von Menschen nachahmen. Einige haben eine Länge von mehr denn 500 Fuß und erheben sich bisweilen 15 Fuß über den benachbarten Boden. In Wisconsin, etwa drei deutsche Meilen von den sogenannten „Vier Seen" entfernt, sieht man eine Gruppe von 16 Figuren: ein Menschenbild, sechs Thierbilder, und noch neun Erdaufwürfe, sieben als Parallelepipeda, zwei als Pyramiden gestaltet. Sie sind in zwei Linien gereiht und bedecken eine Fläche von 4500 Fuß in die Länge

denn man findet unter den aufgegrabenen Gegenständen Armbänder, mit zwei Löchern durchbohrte Bleche, die, um den Hals gehängt, au der Brust getragen wurden, endlich eine Art Denkmünzen. Einige dieser Schmucksachen waren mit Silber eingelegt; doch scheint diese eingelegte Arbeit ohne Hülfe des Feuers bewerkstelligt worden zu sein. Man mochte vielmehr die silbernen Platten, nachdem sie mit dem Hammer geschmeidigt worden, auf den kupfernen Schmuck so anbringen, daß fie genau die ganze Oberfläche deckten. Die Geschicklichkeit, die eine so zarte Arbeit fordert, und der Sinn für Lurus, der den Gedanken dazu eingegeben, zeugen unwiderleglich von einer ziemlich vorgerückten Civilisation.

Nicht weniger Geschicklichkeit bedingen die anderen Sachen von Holz, Knochen, Horn, Thon und Muscheln, die man in jenen Ruinen ausgräbt. Da find Pfeil- und Lanzenspißen verschiedener Gestalt und Größe, Mefferklingen, Dolche, Schwerter, Zimmerbeile, Streitärte, Mörser und Keulen zum Maisstampfen, mit mathematischer Genauigkeit gehöhlte Röhren, die Toninftrumente gewesen zu sein scheinen, Menschenköpfe in Stein gehauen, die vielleicht als Joole gedient haben, Bilder, in denen der Menschenkörper mit Thierleibern gepaart ist, was an Aegypten mahnt; ausgehöhlte Thierbilder, die man, wie es scheint, als Friedenspfeifen gebrauchte. Sind auch nicht alle diese plastischen Gebilde von derselben Vollkommenheit, so giebt es doch welche darunter, die den physiognomischen Ausdruck, die Körperhaltung, die Richtigkeit der Verhältnisse mit großer Kunst wiedergeben. Im Ganzen genommen, beweisen fie einen beträchtlichen Fortschritt in den Künsten und eine Civilisation, welche diejenige der indianischen Stämme des sechzehnten Jahrhunderts weit überragt.

Das Mississippi-Thal hatte demnach andere Bewohner. (Aus den angeführten Monumenten zu schließen, hatten sie viel Aehnlichkeit mit denen, welche die Spanier in Mexiko vorfanden. Freilich erheben sich gegen die Hypothese der Identität neue Zweifel. Was ist aus ihnen geworden? Sind sie in die Barbarei zurückgefunken, und haben wir in den jezt hier herumschweifenden Indianern ihre Abkömmlinge anzuerkennen? Oder vielmehr wären sie von wilderen nördlichen Horden: verdrängt worden und hätten sich gezwungen gesehen, die südlicheren Gegenden deffelben Festlandes aufzusuchen? Die leßtere Vermuthung hat viel Wahrscheinliches für sich. Wir wissen nämlich, daß die

Stämme in der Union gegen das elfte Jahrhundert aus den EisSteppen Sibiriens eingewandert sind. Läßt es sich nun nicht denken, baß in den diesem Ereigniß vorangegangenen Jahrhunderten andere Völlerschaften sich denselben Weg gebahnt, sich in dem reichen Mississippi - Thal niedergelaffen, die oben erwähnten Bauten aufgeführt haben und späterhin nach dem Süden gedrängt worden sind? Amerika wimmelt von so verschiedenen Stämmen, daß, selbst zugegeben, fie gehörten Einer Wurzel, es immer noch nicht ausgemacht ist, daß ihre Vorfahren zu gleicher Zeit eingewandert sind. Hoffen wir, daß fort gefeßte Forschungen uns über diesen Punkt völlig in das Klare bringen werden.....

Von den Indianern, die ihnen gefolgt sind, hat sich die leider in Amerika allgemein verbreitete Ansicht festgestellt, sie seien von Natur ber Civilisation unfähig; es liege in ihrem Blute der unwider Kehliche Trieb zur Jagd und zum herumstreichenden Leben; daß daher alle Versuche, sie zu dem mühsamen und fürsorglichen Geschäft des Ackerbaues anzuhalten, scheitern müssen. Ja, ein hoher Beamter sprach im Kongreß zu Washington, ohne auf Widerrede zu stoßen, das Wort aus:,,Diese Race ist ohne Appellation verurtheilt!" Ein um so beklagenswertheres Anathema, als es darauf absieht, alle bisher gemachten Anstrengungen befferer Erziehung dieser verwahrloften Kinder eines verachteten Stammes zu lähmen; es benimmt Lehrern und Misfionaren den Muth und klagt selbst die Regierung der Union an, ein unmögliches Werk unternommen und die Gelder des Staates auf die Straße hinausgeworfen zu haben.

Und doch ist die rothe Race weder ohne Appellation, noch ohne Ausnahme verurtheilt. Der Beweis dafür ist, daß schon mehrere Stämme, namentlich die Irokesen, ihren uralten Gewohnheiten entsagend, nicht mehr die wilden Thiere verfolgen, sondern sich der ruhigen Beschäftigung des Landbaues ergeben. Einer ihrer Stämme hat bereits etwa 50,500 Morgen Acker urbar gemacht und verwendet dazu 2080 Ochsen und 1902 Pferde. Von den 6000 Seelen, die dieser Stamm zählt, besuchen 841 die Schulen. Fünf oder sechs andere benachbarte Stämme haben denselben Weg der Sittenmilderung eingeschlagen. Die Zeit ist vielleicht nicht mehr fern, wo wir sie in der angemessenen Verfassung sehen, eine Stelle unter den Staaten der Union einzunehmen, um alle die politischen Rechte und Vorzüge zu genießen, die mit dieser Stellung verbunden sind.

Die Apallachen und die Stämme, die nächst den Mississippi-Mündungen wohnen, geben in dieser Beziehung noch nicht so große Hoffnungen, indessen haben sie doch schon den gewaltsamen Einfällen bei ihren Nachbarn und dem herumschweifenden Jägerleben entfagt und sich auf die Pferde- und Rinderzucht gelegt. Man dürfte von ihnen also die günstige Erwartung hegen, daß sie in diesem UebergangsStadium des Hirtenlebens sich zu den geregelteren und fruchtbringenderen Gewohnheiten des Landbaues vorbereiten. Leider ist den Bewohnern der Felsen-Gebirge nicht dieselbe Prognose zu stellen. Sie sind so unbändig, daß selbst bewaffnete Mannschaft sie nicht einschüchtert. Im Januar 1856 wurde Oberft-Lieutenant Kelly, der an der Spiße einiger Compagnieen seines Regiments die Quellen des Walla-Walla untersuchte, von 600 dieser wilden Indianer angefallen. Zwei Tage wiederholten sie ihre hißigen Angriffe und tödteten ihm viele Leute. Wie rasend stürzten sie geduckt auf die formirten Carré's und sanken von den Bajonetten durchbohrt oder von den Kugeln in unmittel barer Nähe getroffen. Selbst die Gefangenen wehrten sich mit solcher Bath, daß man sie niederhauen mußte. Am dritten Tage begann der Kampf von neuem, und erhielt Oberst Kelly nicht Hülfe aus dem Fort Henriette, so war er mit seiner ganzen Mannschaft verloren.

Aus diesen Thatsachen ergiebt sich Eines von Beiden: entweder ift es unmöglich, die Oregon-Indianer zu civilisiren, oder man hat es damit bis jest schlecht angefangen. Nun aber läßt sich das Leztere gar nicht bezweifeln; woher käm' es denn sonst, daß sie ein solches Berlangen nach dem Verderblichen und einen solchen Widerwillen gegen das Nügliche und Sittenveredelnde unserer Civilisation zeigen? Unsere Künfte stoßen sie zurück, aber unsere Lafter saugen sie gierig ein. Dieses Verderbniß ist ihnen auf mancherlei Art eingeimpft worden: zuvörderft unmittelbar durch Menschen, die nach dem Verluft ihres Vermögens und ihrer Ehre in unserer Gesellschaft hingegangen waren, um ihre Schande unter diesen Stämmen zu verbergen. Die Zahl dieser Ueberläufer ist größer, als man glaubt. Mehrere Mitglieder der Untersuchungs-Kommission haben die Aufmerksamkeit des Kongresses auf diese Quelle des Verderbens hingelenkt. Sie sprachen fich ferner lebhaft gegen die Spekulanten aus, die aus Eigennuß diese Stämme zugrunde richten. Bekannt mit der unbändigen Leidenschaft der Indianer für berauschende Getränke, bieten sie ihnen das heillose Gift zu Kauf und nehmen ihnen in Einem Augenblick die kleinen Ersparnisse ab, die auf mehrere Jahreszeiten zu ihrem Unterhalt ausgereicht hätten. Um den Rausch weniger Tage erkaufen diese Unglücklichen dauerndes Elend an Leib und Seele.

Nach einer 1886 angefertigen Statistik hatten 51,317 Rothhäute ihren Uebergang nach dem Westen des Mississippi bewerkstelligt; 36,950 hatten sich vertragsmäßig verpflichtet; in kurzer Frist dieser Bewegung zu folgen; es blieben nur noch 12,415, die diesen förmlichen Ver trag nicht eingegangen waren. Bei einer solchen Ueberfiedelung von 100,000 Halbwilden find freilich Verwirrungen und Leiden einerseits, Mißbräuche und Regelwidrigkeiten andererseits unvermeidlich; allein, daß die Unionsregierung sich so ehrenhaft und großmüthig, wie es nur die Umstände irgend zuließen, benommen hat das kann man schon jest versichern und wird sich noch klarer herausstellen, wenn erst die gesammten Verwaltungsaften der Deffentlichkeit vorliegen werden.

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Die Kaufsumme der von den Indianern an die Vereinigten Staaten abgetretenen Ländereien beträgt etwa 143,968,000 Thaler, die theils baar, theils in Waaren bezahlt wurden; der Rest steht als Schuld auf dem großen Buche der Union, wovon die Zinsen jährlich abgetragen werden.

Diese gegenseitigen Verträge zwischen so ungleichen Kontrahentengeben sie nicht Zeugniß von dem Rechtssinn, der den stärkeren leitet? Muß es der schwächere dem großmüthigen Schuldner nicht Dank wissen, daß er überdies die Verwaltung des Kapitals übernimmt? Die schüßende Regierung treibt aber ihre Fürsorge noch weiter. Sie überwacht und leitet die Verwendung der Jahresrenten. Anstatt den Indianern baares Geld in die Hände zu geben, die nicht säumen würden, die klingende Münze gegen Spirituosen und eiteln Tand loszuschlagen, liefert sie ihnen dafür Gegenstände des nothwendigsten Bedürfnisses: Getraide, Salz, Kleider. Sie vertheilt Vieh und Ackergeräthe unter fie; sie unterhält unter ihnen Arbeiter, die sie in den Handgriffen unterweisen; sie eröffnet Schulen und belohnt die fleißigen Besucher; sie ermuntert die Missionare in ihrem Bekehrungswerk mit Einem Worte, fie unterläßt kein Mittel, die Indianer aus ihrem sorglosen Indentaghineinleben zu reißen. Die Regierung behandelt sie allerdings als Unmündige, aber in deren eigenem Intereffe, und verfährt wie ein redlicher und pflichtgetreuer Vormund gegen die ihm anvertrauten Minorennen.

Wenn sie nun troß all dieser Fürsorge bei ihren angeerbten Gewohnheiten steif beharren; wenn bis jezt kein Mittel anschlug, in ihnen Neigung für die Arbeit und wirthschaftlichen Sinn zu wecken; wenn der Verkehr mit den civilisirten Völkern seit drei Jahrhunderten sich ihnen mehr verderblich als nüglich erwiesen: wessen ist die Schuld? Hat man vielleicht ihren naturgemäßen Gang zur Civilisation dadurch gestört, daß man sie nöthigen wollte, aus dem herumstreifenden Treiben der Jagd zu den an die Scholle gebundenen Arbeiten des Ackerbaues einen Sprung zu machen? Muß man den amerikanischen Denkern Recht geben, daß der Hirtenstand ein unerläßlicher Durchgangspunkt in dem Leben der Völker sei, und daß das Ueberspringen dieser Sproffe der Entwickelung der indianischen Raçe geschadet habe? Vielleicht. Gewiß ist, daß nichts so sehr sich eignet, eine, so zu sagen, in der Kindheit begriffene Race an Ordnung und Arbeit zu gewöhnen, als das Hirtenleben, und mindestens ist die Viehzucht eine treffliche Vorschule zur Bodenkultur. Uebrigens haben diese Betrachtungen neue Auskunftsmittel zur Civilisation der indianischen Race hervorgerufen. Mehrere Stämme wurden mit Hausthieren versorgt, die auf den unermeßlichen Weiden grafen und gedeihen. Und die schon gewonnenen Ergebnisse ftrafen diejenigen aufs schlagendfte Lügen, welche die Behauptung aufgestellt haben, daß sich die Indianer nimmer der Stätigkeit und Umsicht der Landwirthschaft unterwerfen werden.

Ein reicher Grundbesißer in Ohio, John Johnston, der die Indianer mit wohlwollender Aufmerksamkeit beobachtet, möchte, daß die Reformen ihnen nicht aufgelegt, sondern geschickt an die Hand gegeben werden. Nach dem Plan, den er dem Senat zu Washington vorgelegt hat, und der nichts Geringeres, als ein vollständiges politisches System ist, müßte man sie, ohne ihrem sehr kißlichen Unabhängigkeits sinn zunahezukommen, dahin bringen, sich selbst aus ihrer Mitte ein Oberhaupt, das die Civil- und Militärgewalt in sich vereint, nach Stimmenmehrheit, für mehrere Jahre unabseßbar zu wählen. Dieses Haupt müßte die Unionsregierung durch Gefälligkeiten und Unterstügungen zu gewinnen suchen, um sich allmählich in ihm ein Organ der. nüßlichen Verbesserungen zu sichern. Durch die Hände dieses indianischen Machthabers müßten die Vertheilungen an Geld, Lebensmitteln und Kleidern gehen; er müßte der Kanal fein, der ihnen alle Gunstbeweise zuführt. So würde mitten unter diesen Stämmen eine Art Polizei gegründet, die sich allgemach zu einer regelmäßigen Regierung gestalten dürfte. Besonders wichtig sei es, die Wahrheiten des Christenthums zu verbreiten. Die Indianer haben, wie wir eben gesehen, ziemlich richtige Begriffe über die göttlichen Attribute und einen faft überfeinerten Spiritualismus in ihrer Mythologie bewahrt. Nahezu alle ihre Dogmen können auf christliche zurückgeführt werden, und es bedarf, wie es scheint, zu ihrer Bekehrung nur, ihre religiösen Traditionen zu vervollständigen und sie auf die praktische Anwendung der selben hinzuleiten. Als Kanada, vor noch nicht hundert Jahren, den

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Franzosen entriffen wurde, hatten die ersten Miffionare schon eine reiche Aerndte gehalten. Fast alle Stämme hörten mit Lust das Wort der Predigt. Sie hatten sogar wohlbegriffent, daß die Sittenlehre des Christenthums nicht minder richtig sei, als die Feierlichkeiten des Gottesdienstes. Wenn sie nun in der Folge zurückgegangen find, so liegt die Schuld offenbar in den Umständen mehr, als in ihrer Natur. Nein, nicht in dieser, sondern in den Irrthümern und Mißgriffen, deren man sich in Bezug auf sie schuldig gemacht, find die Hinder niffe ihrer Civilisirung zu suchen. Davon giebt diese Denkschrift Zeugniß. Die Sorge der Unionsregierung ist erwacht, ihr Gewiffen erregt; gewaltige Mittel stehen ihr zu Gebote. Möchte sie dieselben mit Umsicht gebrauchen, und vielleicht gelingt es ihr, in den Schooß der Menschheitsfamilie die Kinder zurückzuführen, die durch verhängnisvolle Umstände ihr nur zu lange entfremdet worden. (R. d. d. M.)

Litauen.

Litauische Sprache und Literatur.

Aus einem Schreiben an den Herausgeber-des „Magazin“. Hochgeehrter Herr Redacteur!

Soeben las ich in Nr. 35 des Magazin für die Literatur des Auslandes" den Auffaß über litauische Literatur. Geftatten Sie mir darüber einige Zeilen. Zunächst wollen Sie mir die Bemerkung er lauben, daß die Schreibart „litthauisch“ oder „lithauisch“ unrichtig ist. Der Litauer hat kein h. Er kann den Buchstaben h Deutsch lernend wohl aussprechen, wendet ihn aber oft verkehrt an, indem er den Haasen zum Aasen, die Here zur Ere, die Art aber plattdeutsch zur Har umwandelt. Die Schreibart mit h ist wohl nur durch Beamte entstanden, die, mit seltenen Ausnahmen, von der litauischen Sprache keine Kenntniß, größtentheils eine unbesiegbare Abneigung gegen sie haben. Die Verfaffer litauischer Wörterbücher und Sprachlehren, soweit diese in Preußen erschienen sind, haben stets „littauisch", aber nicht ,,litthauisch" geschrieben. Die älteste Grammatik ist von Daniel Klein, litauischem Pfarrer in Tilfit. Die lateinische Ausgabe erschien 1653, die deutsche 1654. Später folgten Sappun, Haack, Ruhig, Ostermeyer, Mielce. In neuester Zeit hat Profeffor A. Schleicher, bisher in Prag, jezt in Jena, eine litauische Grammatik geliefert.

Das Wörterbuch von Szyrwid (Dictionarium trium linguarum), lateinisch, polnisch, litauisch, gehört dem Dialekte von Russisch-Litauen (Žemaiten, Samogitien) an. Neffelmann hat seine Schäße auch aufgenommen. Die Wörterbücher von Ruhig und Mielcke umfassen nur bas Litauische in Preußen. Für das von Nesselmann (uur litauischdeutsch) habe ich, wie der mir befreundete Verfasser in der Vorrede angezeigt, auch eine Reihe von Beiträgen geliefert. Ein Wörterbuch von Brodowski ist nicht zum Druck gekommen.

Die Männer Donaleitis, Ruhig, Mielcke gingen nicht aus dem Seminar zu Königsberg hervor, wie Herr Nowakowski, laut des Auszuges in Ihrem Blatte, glaubt. Sie hatten die Sprache aus dem Volksmunde. Bei Donaleitis war sie Muttersprache.

Angenehm war mir in Jhrem Blatte die Nachricht Nowakowski's, daß Staniewicz an einem Wörterbuche arbeite. Wahrscheinlich wird es entweder nur oder größtentheils den žemaitischen Dialekt umfassen. Vor einiger Zeit hörte oder las ich, daß die kaiserliche Akademie in Petersburg die Herausgabe eines litauischen Wörterbuches veranstalten wolle. Weitere Kunde konnte ich darüber nicht erhalten.

Sehr zu bedauern ist es, daß die Verbindung fehlt zwischen Männern, die in Russisch-Litauen, und denen, die in Preußen an den Angelegenheiten der Sprache sich betheiligen. Profeffor Schleicher, der vor einigen Jahren in unserer Gegend war, um hier die litauische Sprache zu erforschen, wünschte sehnlichst, noch eine zweite Reise bis Žemaiten ausdehnen zu können. Sein Wunsch ist ihm bis jezt unausführbar geblieben.

Im Jahre 1690 schrieb ein Pfarrer Lepner zu Budweten ein Büchelchen: „Der preußische Littauer". Es wurde 1740 gedruckt und enthält wichtige Sittenschilderungen, wenn auch der Verfasser zu sehr geneigt war, Schattenseiten darzustellen. Im Jahre 1848 veranlaßte ich einen neuen Abdruck mit einem Vorworte von mir in Tilsit. Leider gab der Verleger das Büchelchen in drei Lieferungen aus und versandte die erste, ohne genau zu vermerken, an wen. So blieben dem Buchdrucker die zweite und dritte Lieferung liegen. Wenige erhielten vollständige Exemplare, und der Zweck des Abdrucks wurde nicht erreicht.

Ein gutes deutsch-litauisches Wörterbuch ist dringendes Bedürf niß, obgleich das Sprachgebiet sich durch Vorschreiten des Deutschen

verengt. Ob es noch zu Stande kommen werde, steht dahin. Im vorigen Jahre sachte ich die Sache in Anregung zu bringen. Ragnit in Ostpreußen. K. A. Jordan.

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Mannigfaltiges.

Die französischen Straf-kolonieen in Cayenne. Die in den neueren Publicationen des Jesuiten-Ordens enthaltenen Angaben über die Thätigkeit der Mission in Cayenne®) haben der Zeitschrift für allgemeine Erdkunde" (Jahrgang 1853, Heft 3) das Material zu einer Darstellung der dortigen franzöfifchen Straf-Kolonieen geliefert, die einen eben so interessanten als traurigen Blick auf die Lage derselben eröffnet. Nur zu sehr mochte man geneigt sein", heißt es darín, die entseglichen Angaben, welche über diesen Punkt von Zeit zu Zeit in Europa verlauteten, als gehässige Uebertreibungen den Feinden des gegenwärtigen französischen Gouvernements zur Last zu legen, und bei einer so ernsten Sache mit lebhaftem Bedauern den Mangel an zuverlässigen Nachrichten von unparteiischer Seite empfinden. Den vorliegenden Briefen der frommen Brüder, welche sich um den schweren Dienst in jenem mörderischen Klima freiwillig beworben haben und jezt im Auftrage des Gouvernements dort wirken, wird man eine feindselige Parteinahme nicht vorwerfen können, zumal da jede Uebertreibung der dortigen Lebenszustände ihrem Hauptzweck, eine Vermehrung der ganz unzulänglichen Zahl von Seelsorgern in der Kolonie herbeizuführen, entgegenwirken müßte. Es klingt nun schon sehr melancholisch, wenn in der Einleitung zu den erwähnten Briefen mit schmerzlicher Resignation bemerkt wird, das Amt des Missionars in Cayenne beschränke sich ausschließlich auf Werke der christlichen und apostolischen Liebe, dem Sterbenden mit Trost und geistlichem Zuspruch zur Seite zu stehen, sich der Pflege der Kranken zu widmen, mit ihnen und für sie zu sterben", aber man überzeugt sich leider bald, daß dieses nicht eine gewöhnliche salbungsvolle Phrase, sondern eine bittere, buchstäblich zu verstehende Wahrheit ist. Selbft die Missionsberichte aus dem mörderischen Kharthum können in dem Leser kaum einen schmerzlicheren Eindruck zurücklassen, als diese Briefe aus Cayenne. Es ergiebt sich aus ihnen zunächst, daß sich die Regierung bei der Wahl der Deportations-Orte lediglich durch die Rückficht auf polizeiliche Sicherheit leiten ließ, um ein Entrinnen der Deportirten absolut unmöglich zu machen, und daß um dieses Zweckes willen die Rücksicht auf Leben und Gesundheit der Gefangenen auf eine wahrhaft unverantwortliche Weise außer Acht gelassen wurde. Man wählte ganz kleine Inseln in der Nähe des ungesunden Küstenftrichs oder auf dem Festlande solche Punkte, die von pestilenzialischen und unwegsamen Sümpfen umgeben waren. Da fast alle diese Orte außerdem nichts produzirten, mußten ihnen alle Lebensmittel von der Hauptstadt zugeführt werden; ein Dampfer und eine Goelette vers mittelten zweimal monatlich den Verkehr zwischen Cayenne und der einzelnen Detentions - Orten. Unter den letteren befinden sich die Inseln, auf denen die fieberschwangere Luft durch Seewinde von Zeit zu Zeit gereinigt wird, noch in einer beneidenswerthen Lage, wenn man sie mit den festländischen Straf-Kolonieen vergleicht; doch ist auch hier die Situation der Gefangenen eine wahrhaft troft= lose“. Die weiteren Details müffen in dem Auffage selbst nachgelesen werden; wir bemerken nur, daß in einer der festländischen Kolonieen, die verhältnißmäßig noch zu den gesunderen zählt, die Mortalität durchschnittlich im Jahr vierzig Prozent beträgt, während in einer anderen, Saint Georges, von 160 europäischen Deportirten innerhalb eines Jahres nicht weniger als 120 umkamen. In letterer Kolonie war der Missionar Bigot, der die Zustände derselben schildert und der fein Amt im Dezember 1854 als ein kräftiger Mann von 47 Jahren angetreten hatte, schon eine Woche nach Absendung seines Berichts, nach viermonatlichem Aufenthalt in Saint Georges, ebenfalls nicht mehr unter den Lebenden. Sein Nachfolger, Pater Dabbadie, mußte bereits nach wenigen Wochen auf die Insel La Mère gebracht werden, um dort wieder Kräfte zu sammeln; mit untergrabener Gesundheit fristete er sein Leben noch zwei Jahre und erlag dann einem neuen FieberAnfalle. Auch in Sainte Marie starben die dorthin gesandten MissionsPrediger rasch nach einander: Pater Raulin am 28. Juli 1855, Jules Mouton am 14. September 1855 und Pater Alet schon neun Tage später. Im Ganzen hat die Mission in Cayenne innerhalb dreier Jahre 11 Geistliche, fast alle im kräftigsten Mannesalter, durch den Tod verloren.

*) Voyages et travaux des missionnaires de la Compagnie de complément aux Lettres édifiantes. T. I. Mission de Cayenne et de la Jésus, publiés par les Pères de la même Compagnie, pour servir de Guyane française. Paris, 1857.

Wöchentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thir. 10 gr., halbjährlich 1 Tblr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

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Literatur des Auslandes.

West: Polynesien.

Mikronesia.

Berlin, Dienstag den 25. Mai.

Unter diesem Namen haben die Amerikaner Missionen auf vier kleinen Inseln von West-Polynesien errichtet, welche zunächst mit geistlichen Instituten der Sandwichs-Inseln zusammenhängen. Die amerikanische Mission auf legteren hat neuerdings einen Schooner, den,,Morning Star“, erworben, der unter Capitain Moore kürzlich seine erste Fahrt nach den weiter westlich liegenden Inseln machte, in der ersten Hälfte des Februar nach Honolulu zurückkehrte und einige Nachrichten von jenen entlegenen, wenig gekannten Gegenden mit brachte. Ich theile hier dieselben in freier Bearbeitung nach dem Honolulu Advertiser vom 11. Februar mit.

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Der Morning Star" verließ Waimea Kauai am 11. August vorigen Jahres mit einem leichten Passatwinde, der 18 Tage anhielt, bis man die unter 11 Grad nördlicher Breite und 167 Grad 20 Minuten östlicher Länge gelegene Mentschikov-Gruppe erreichte. Von da bis Nalan oder Strongs-Island hatte man eine Folge von Windstillen, Windstößen und widrigen Winden mit einer östlichen Strömung zu bestehen. In die Nähe von Strongs-Island, wo die erste der Miffionen liegt, zu deren Besuch das Schiff bestimmt war, gelangte es am 8. September, war aber nicht vor dem 11ten im Stande, in den Hafen einzulaufen, und konnte dies auch nur mit Hülfe des Capitain Lawrence vom Wallfischfänger „Commodore Morris" bewerkstelligen, welcher behufs Ausbesserung eines Lecks vor Anker lag. Capitain Lawrence ließ den „Morning Star“ durch drei seiner Boote in den Hafen schleppen.

Die Ankunft des Schooners erregte unter den Familien der Mission unbeschreibliche Freude, denn sie hatten fast in zwei Jahren keine Briefe oder Zeitungen erhalten. Indeß waren sie wohlauf und noch mit Vorräthen versehen, freilich nur, weil sie sich dergleichen von einigen Schiffen zu verschaffen im Stande waren.

Aber auch in anderer Hinsicht kam der,,Morning Star" zu sehr gelegener Zeit, um nämlich eine Gefahr abzuwenden, wodurch die Herrschaft des Königs von Ualan und wahrscheinlich auch der Bestand der dortigen Mission ernstlich bedroht ward. — Es giebt Leute, die mit jener krankhaften Sehnsucht der neueren Zeiten so gern der Civilisation entfliehen möchten und jene fernen Inseln mit Kokospalmen und Brodfruchtbäumen vielleicht für ein Leben paradiesischer Ruhe geeignet finden; allein der Mensch kann den Leidenschaften sowie dem Thun und Treiben seiner Art nirgends entfliehen. So haben auch diese entlegenen Gegenden ihre politischen Verwickelungen, Gefahren, Aufstände u. dgl., welche freilich hin und wieder ein Schiff aus der civilifirten Welt als deus ex machina und entscheidende Großmacht, je nach Umständen und Neigung der Mannschaft, schlichtet, vermehrt oder gar veranlaßt.

Auf Ualan war aber bei Ankunft des,,Morning Star" eine gefährliche Insurrection ausgebrochen, weshalb die Missionare seit zwei Monaten in großer Besorgniß schwebten. Dort wohnten nämlich seit längerer Zeit mehrere Leute von der ziemlich entfernten Insel Rotuma (noch nicht ganz 13 Grad füdlicher Breite) und einige nicht zu der Mission gehörige Weiße, meist Amerikaner. Die Rotumasen find aber eine den Kusaians (wie sich die Eingebornen von Ualan nennen) an Energie und kriegerischem Geiste überlegene Menschenart und sollen schon seit längerer Zeit den Plan gehabt haben, sich die benachbarten Inseln zu unterwerfen. Damals hatten aber die Rotumasen auf Ualan im Verein mit einem Amerikaner, Namens Covert, der Steuermann auf einem an der Küste gestrandeten Schiffe gewesen, sowie mit deffen Partner, dem Engländer Johnson, den Anschlag gemacht, sich durch einen Handstreich der Insel zu bemächtigen. Zu diesem Zwecke hatten die Rotumasen Waffen und Munition zusammengebracht, auch zu verstehen gegeben, ihre Landsleute würden ihnen nöthigenfalls zu Hülfe kommen. Andererseits hielten die Missionare zum König und zu den eingebornen Häuptlingen. Am 8. Juli v. J.

1858.

beabsichtigten die Rotumasen im Hause Covert's ein großes Fest zu feiern, und dieser Tag schien zum Ausbruch der Insurrection bestimmt zu sein. Kurz vor dem beabsichtigten Feste erfuhr der König von Ualan durch die Geschwäßigkeit einiger Weiber der Rotumasen, daß Leßtere sich damit beschäftigt hatten, ihre Gewehre in Stand zu sehen, und daß sie den Plan bätten, am Tage des Festes oder in der darauf folgenden Nacht die Häuptlinge und deren Anhänger, sowie die Missionare, zu ermorden und sich der Insel zu bemächtigen. Der König fandte daher zu früher Stunde an dem zum Feste bestimmten Tage Bewaffnete nach den Häusern eines Theiles jener Rotumasen; man fand aber, daß sie mit ihren Gewehren bereits aufgebrochen waren, indeß wurden in ihren Wohnungen siebzehn Musketen, verschiedene Fäßchen Pulver und eine beträchtliche Anzahl Patronen in Beschlag genommen, auch verfolgten und tödteten des Königs Leute fünf Rotumasen. Die Uebrigen der Lesteren nahmen ihre Zuflucht im Hause Covert's, der nebst Johnson sie vorgeblich als seine Gäste vertheidigte, obgleich Beide in der That sich an den Plänen der Notumasen betheiligt hatten. Auch einige andere Amerikaner hatten sich verleiten lassen, sich den Insurgenten anzuschließen und das zum Feste bestimmte Haus zu betreten; da sie aber am Gefechte sich nicht betheiligen wollten, wurden fie fortgejagt. Die Kusaians umgaben Covert's Wohnung und standen Tag und Nacht auf der Lauer, um Jeden zu fangen und zu tödten, der es wagen sollte, herauszukommen; auch versuchten sie das Haus anzuzünden, die Insurgenten aber tödteten drei oder vier Kusaians.

Die Fremden waren zwar von des Königs Leuten eng eingeschlossen und nur knapp mit Lebensmitteln versehen, hofften aber, sich bis zur Ankunft eines Schiffes zu halten, dessen Mannschaft ihre Sache unterstügen würde, worauf sie gedachten, die Häuptlinge und Missionare zu beseitigen; allein Capitain Lawrence, welcher damals ankam, machte ihnen, als er sich vom Stande der Sache unterrichtet hatte, bemerklich, daß sie von seinem Schiffe keinen Beistand erwarten könnten. Da sie nun in ihren Hoffnungen sich getäuscht fahen, waren sie auf ihre Rettung bedacht, und Covert hatte kurz nach Ankunft des Morning Star" an dessen Bord in Gegenwart von Capitain Moore und Capitain Lawrence, sowie der Missionare, eine Unterredung mit dem Könige. Da der König sah, daß die Insurgenten auf keine Hülfe rechnen konnten, erklärte er, daß Keiner von ihnen Covert's Haus verlassen solle, wenn sie nicht vorher sich verbindlich machten, so bald als möglich die Jusel zu verlassen. Es blieb ihnen nichts übrig, als diese Bedingung anzunehmen, obgleich sie vorher sich vermessen hatten, daß nur des Königs Kopf fie befriedigen könne; indeß erlaubte man ihnen, Verfügungen über ihr Eigenthum zu treffen.

Als die Ruhe wieder hergestellt war, wurden die für die Missionare bestimmten Vorräthe gelandet, und Erstere machten sich fertig, mit dem Schiffe abzureisen und überließen inzwischen Kanoa und dessen Familie die Aufsicht über die Station. Kanoa scheint ein bekehrter Eingeborner zu sein, der als Assistent der Missionare fungirt. - Auf ihr inständiges Bitten wurden vier Rädelsführer der Notumasen mit nach Ascension genommen, und einige Wochen später nahm Capitain Lawrence zwei Weiße und alle Anderen mit, welche der König für gefährlich hielt.

Der Schooner,,Morning Star" verließ Ualan am 15. September und langte am 23sten in Shalong auf Afcenfion an. Sobald er im Hafen eingelaufen war, kam Dr. Gulick an Bord. Die Familien in der Mission waren im Ganzen gesund, wenn sich auch einige Personen schwach fühlten. Obgleich ihre Vorräthe zu Ende waren, hatten sie doch nicht ernstlich Mangel gelitten. Die Ankunft des zum Gebrauche der Mission bestimmten Fahrzeuges mit reichlichen Vorräthen und einer Verstärkung verursachte nicht geringe Freude.

Alle Stationen von Mikronesia sind augenscheinlich im Fortschritte begriffen. Vielleicht hundert Eingeborne auf jeder Station lernen lesen und schreiben. Als der Schooner das für die Station Bestimmte ausgeladen hatte, segelte er am 16. Oktober wieder nach Ualan ab und nahm den Rev. Mr. Doane nebst Familie, sowie Mrs. Gulick und ihre

drei Töchter und den Assistenten Kamakahiki und dessen Frau mit.
Da der Wind ungünstig war, langten sie nicht vor dem 29sten an.
Sie nahmen Dr. Pierson's Sachen und Baumaterial für die anderen
Stationen ein, bis das Schiff ganz voll war. Am 3. November
segelte der,,Morning Star" nach Apian oder Charlotte's Jeland in
der Kingsmill-Gruppe ab und nahm Kanoa und dessen Familie mit.
Diese Insel erreichten sie am 17. November. Capitain Randall, ein
dort wohnender Engländer, welcher Handel mit Kokusnußöl treibt,
vermittelte als Dolmetscher sehr gefällig den Verkehr mit den Häupt-
lingen. In 14 Tagen ward Mr. Bingham's Haus errichtet, wozu er
das Material von Honolulu mitbrachte, so daß er ziemlich bequem
eingerichtet war. Auch der Bau von Kanoa's Wohnung war im
Fortschreiten begriffen. Kanoa war schon früher mit Dr. Pierson auf
dieser Insel gewesen, hatte eine ziemliche Kenntniß der Sprache er-
worben und wünschte dahin verseht zu werden. Die Eingebornen
scheinen denen von Hawaii sehr ähnlich zu sein. Am 2. Dezember
segelte der Schooner nach Covell's Island — eine der Nalick - Inseln -
- eine der Ralick-Inseln
ab, wo sie am 5ten vor Anker gingen. Da Dr. Pierson schon früher
den Verkehr mit den Häuptlingen vorbereitet hatte, wurden sie sehr
freundlich aufgenommen. Es wurden ihnen sofort Baupläge inmitten
herrlicher Brodfrucht- und anderer Bäume angewiesen und in zwan-
zig Tagen wurden die nöthigen Häuser errichtet und bezogen. Am
Abend des Weihnachtsfestes nahm die Mannschaft des Schiffes von
den Missionaren Abschied, worauf der „Morning Star" seinen Rück-
weg antrat.

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Als das Schiff Honolulu verließ, um nach den Inseln von Mikronesia zu segeln, hatten Herren und Damen reichliche Geschenke an Kleidern und Lebensmitteln für die Missionare und deren Familien mitgesendet. Auch Königin Emma (eine geborne Amerikanerin) hatte freigebig dazu beigetragen. Diese Gaben erregten große Freude und der ,,Morning Star" brachte den wärmsten Dank der Beschenkten zurück. Von den Inseln, auf denen die Miffionen von Mikronesia statio. nirt sind, wird Ascension als die weftlichste (von den Sandwich-Infeln) bezeichnet, Länge und Breite aber nicht angegeben. Die dortigen Missionare find Mr. Sturges und Dr. Gulick. Am nächsten östlich von dieser Insel liegt Ualan oder Strongs-Jsland, wo der Geistliche Snow ftationirt ist. Länge und Breite werden nicht angegeben, indeß sollen beide Inseln schon früher anderwärts als vulkanisch und gebirgig beschrieben und längs der Küsten und in den Thälern bewohnt sein.

Dagegen werden Länge und Breite zweier anderer Inseln der Mission bezeichnet und zwar die von Covells-Island mit 4 Grad 34 Minuten nördlicher Breite und 168 Grad 45 Minuten östlicher Länge. Die Insel foll ungefähr 200 Meilen östlich von Ualan liegen und etwa 1200 Einwohner enthalten. Dr. Pierson und Mr. Doane sind bort stationirt.

Die Lage der Insel Apian, wo der Missionar Bingham und ein eingeborner Affiftent stationirt sind, wird ungefähr 200 Meilen südöstl. von Covells-Island, 1 Grad 52 Minuten nördlicher Breite, sowie 173 Grad östlicher Länge angegeben. Sie soll eine niedrige KorallInsel mit einer großen Lagune sein, in welcher der Morning Star" vor Anker lag, einen Durchmesser von etwa 16 Meilen und eine Bevölkerung von ungefähr 2500 Einwohnern haben. Sie ist mit Hainen' von Kokuspalmen und Brodfruchtbäumen bedeckt und wird als ein angenehmer Aufenthaltsort beschrieben. Beide leztgenannten Inseln solTen sich nur funfzehn Fuß über dem Meere erheben. Uebrigens liegen die vier Inseln, aus denen Mikronesia besteht, in nordöstlicher und südwestlicher Richtung von einander und das Meer zwischen ihnen kann mit dem gewöhnlichen Paffatwinde ohne Schwierigkeit befahren werden.

Die Amerikaner berechnen zwar die Länge von Washington, ein Blick auf die Karte wird aber zeigen, daß hier die Länge von Greenwich angegeben ist. Auf den Sandwichs-Inseln dürfte auch die amerikanische Berechnung unhaltbar fein, da troß ihres dortigen Einfluffes die Amerikaner doch diese Insel nicht beherrschen. Ich habe die Karte von West-Polynesien eingesehen, welche die vollständige Ausgabe von Stieler's Hand-Atlas von 1857 - Nr. 51 enthält. Man findet dort nicht alle, aber einige der hier genannten Inseln, Ualan unter 5 Grad einige Minuten nördl. Br. zwischen 160 und 165 Grad öftl. Länge, Apian unter dem Namen Apia, sowie die Insel Rotuma. New-York. A. Böhme.

England.

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"lich schon die Chrysallide steckt, und in dieser der vollständige SchmetterLing wundervoll verpackt und eingepreßt wartet, bis er sich schwellen, ausdehnen und die Hülle sprengen kann. Das ist jest ziemlich verbreitetes Gemeingut aus der Entomologie; aber es kommt auch darauf an und ist erst eigentlich interessant, auch praktisch zu wissen, welche Chrysalliden, Raupen und Schmetterlinge zusammengehören, wie und wo sie entstehen, wovon sie leben und wo sie schaden. Dies lernt man nun auf eine angenehme und sichere Weise durch Beobachtung der insektarischen Entwickelungs-Prozesse in einem Insektarium, das denn auch am Ende zu sicheren Mitteln gegen Raupenfraß führen mag. Humphreys hat sein Schmetterlings-Vivarium so behandelt, daß es nicht nur eine Quelle des amüsantesten Studiums, sondern auch eine anmuthige Decoration des glänzendsten Prachtzimmers wird. Insofern dieser Zimmerschmuck uns das intimste Leben mit den in der Natur zerstreuten, versteckten und verhüllten Insekten - WandelungsProzessen und vielfacher Wasser- und Sumpf-Pflanzenwelt zugleich erlaubt, ohne daß wir den Schlafrock auszuziehen und einen Fuß naß zu machen brauchen, empfiehlt er sich gewiß Jedem, der irgendwie theoretisches oder praktisches Interesse an dieser schönen, bunten, wimmelnden, kriechenden und fliegenden und in anderer Beziehung oft schädlichen Kreaturensphäre nimmt. Ich werde deshalb das Meinige auch in illustrirten Blättern dazu beitragen, um diese Bereicherung der Heimat mit Naturschönheiten in Deutschland anzuregen. Für das Marine-Aquarium, das ich mehrfach in deutschen Blättern zur Sprache und Illustration brachte, fanden sich eine große Menge Interessenten, die sich Alle Marine-Aquarien anschaffen wollten. Als sie aber von den Kosten hörten, zog sich Jeder in seine Resignation zurück. Altes, liebes, idealifirend für England schwärmendes Deutschland, sollen Dir die Schönheiten Englands wie reife Pflaumen in den Hals hineinwachsen, daß Du nur zu schlucken brauchst? Für Alles, was Du in England schön findest, hat England ungeheuer viel gearbeitet, und Dir soll es als Almosen fix und fertig franko in die Schlafftube geschickt werden? That won't do, Sir!

Warum haben sich nicht wenigstens in Seestädten Deutschlands Marine-Aquarien-Geschäfte gebildet, die leicht und wohlfeil nach allen Theilen fertige, lebendige Waare schicken und dabei reich werden könnten? Von England aus wird dieser Artikel sehr theuer, da nur kostbare Gefäße von Spiegelglas fabrizirt werden und die ZoophytenFischer und Händler ungeheure Profite nehmen. Die Aristokratie und die höhere Sozialität, auf welche sich die Marine- Aquariums- Manie beschränkt, machen sich nichts aus hohen Preisen und verlangen sie sogar, da sie in der Regel annehmen, es könne nicht viel werth sein, was nicht viele goldene Pfunde koste, oder vielmehr, das Wohlfeile sei der Anschaffung für sie nicht werth, weil es sich ja auch jeder gemeine Kerl kaufen könne.

Das englische Insekten- Vivarium wird sich leicht aus deutschen Mitteln in Deutschland herstellen und einbürgern laffen, da es in Deutschland auch Raupen giebt und was sonst dazu gehört. Wer aber zu englisch-patriotisch ist und deutsches Gewürm für zu gemein hält, dem können wir freilich die demüthigende Thatsache nicht verschweigen, daß, meines Wissens, auch alle englischen Insekten auf dem deutschen Boden gedeihen und England gar nicht zu vermissen scheinen.

Ich mache bei dieser Gelegenheit noch auf einige andere englische Bücher, welche die Natur in Haus und Zimmer einführen, und ohne Rücksicht auf Temperatur draußen kultiviren, aufmerksam. Die Pflanzen- und Blumenwelt aller Zonen wird durch Shirley Hibberd in der Stube und im Treibhause ästhetisch kultivirt. Alle seine Bücher haben den Zweck, den Leuten Jahr aus Jahr ein tagtäglich frische Blumen und anmuthige Pflanzen zu halten und sie in Farren-Palästen und kleinen Spiegelglas-Treibhäusern zu immergrünen, immerblühenden, anmuthigsten Zimmer-Decorationen zu machen. Wenn ich nicht irre, habe ich früher auf einige seiner Werke speziell aufmerksam gemacht. Die Zwerg-Farren sind eine ganz spezielle Liebhaberei der englischen Gentry und Aristokratie und bilden in kleinen ZimmerKrystall-Palästen und besonderen Treibhäusern einen sehr beliebten Lurus-Artikel. Literarisch wird dieser Farrenkultus am populärsten von dem botanischen Schriftsteller Sowerby vertreten. Sowerby's Ferns of Great Britain" mit 49 folorirten Zeichnungen und .,,Sowerby's Fern Allies" (31 kolorirte Zeichnungen) find, wie ich höre, das Beste, was in dieser Sphäre produzirt ward. Auch die Gräfer werden nicht verachtet. Im Osten Londons, Bishopsgatestreet, sah ich einmal eine lebendige Sammlung von mehr als 1500 Grasarten, darunter viele von zauberischer Schönheit.,,The Grasses of Great Britain" sind jeßt im sechsten Bande, illustrirt von Sowerby und beschrieben von C. Johnson, erschienen. Das Ganze soll in 30 Heften mit 140 kolorirten Zeichnungen vollendet werden. Die ganze englische Botanik ist als Sowerby's English Botany" in zweiter Auflage und zwölf Bänden mit 2754 Jllustrationen (Preis 20 Pfund) erschienen. Andere Theile der Naturwissenschaft sind zum Theil ebenso glänzend und

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