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wenn wir bedenken, wie viel Schweiß, Blut und Thränen an der Steinkohle kleben, die man mit vollem Recht das tägliche Brod der Industrie genannt hat.

Japan.

Etwas über die japanefische Sprache.*)

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Obgleich Japan nur durch eine Art La Manche" von China getrennt ist, hat die Sprache dieses Inselreiches des äußersten Oftens einen Charakter, der sie vom Chinesischen so wesentlich unterscheidet, als wären beide Nationen durch den breitesten Ocean getrennt. Da die Japaner gleichwohl ihre Gesittung zum großen Theile aus China haben und ihre Schriftstellerei immer ein treues Abbild der Chinesischen geblieben ist, so sind eine Menge chinesischer Wörter selbst in die Volkssprache eingedrungen, und Schriftsteller, die für höher gebildete Leserkreise schreiben, mengen beide Sprachen mit großer Willkür durch einander. Sogar für die Eigennamen von Menschen, Städten, Provinzen, Distrikten existirt je ein japanesisches und ein chinesisches Wort, und nicht selten hat der Zufall das leßtere volksthümlicher gemacht als das erstere. Es giebt aber in Japan eine eigenthümliche Aussprache des Chinesischen, welche von den Chinesen ebenso wenig verstanden wird, als die Landessprache, übrigens den Dialekten Süd-China's am nächsten kommt.

Die einheimische Sprache Japans in viele Dialekte zerfallend hat einen dem Mongolischen, Mandschuischen, Ost-Türkischen verwandten Charakter, ohne darum mit diesen Sprachen des inneren Hoch-Asiens erweislich stammverwandt zu sein. Sie gehört an sich (wenn man von gewiffen fast unaussprechbaren Lauten abfieht) nicht gerade zu den schwierigsten Sprachen; desto schwieriger ist das Lesen einer der beiden Silbenschriften, mit denen sie geschrieben wird wir meinen das Firakanna, dessen wahrhaft gefrigelte, verworrenen Pflanzenfasern ähnliche Lautzeichen schon vereinzelt schwer zu unter scheiden sind und außerdem die Untugend haben, sich gern an einander zu hängen, wobei nicht einmal die Trennung der Wörter, sofern fie zu einem und demselben Saße gehören, als nothwendig erachtet wird. Lerte in Firakanna-Schrift find für minder geübte Personen die ärgste Geduldprobe, die man sich denken kann.

Bis in unser Jahrhundert waren hauptsächlich zwei, ziemlich reichhaltige, aber sehr mangelhaft eingerichtete Lehrbücher des Japanesischen in Europa zugänglich, von denen eines den spanischen (genauer bastischen) Pater Oyanguren, das andere den Portugiesen Rodriguez zum Verfasser hatte. Nicht Abel-Remusat hat das leztere heraus gegeben, sondern einer seiner Schüler, Namens Landresse, aber nur auszugsweise, ohne dabei an der unbeholfenen Methode etwas zu ändern. Beide Herren besaßen nur sehr unvollkommene Kenntniß, und was Klaproth betrifft, so erwarb sich dieser den vorübergehenden Ruf, Japanesisch zu verstehen, durch schmähliche Plagiate, die er an holländischen Dolmetschern beging. Dagegen können wir zweier deut schen Zeitgenossen uns rühmen, welche tiefere Kenntniß des Japanesi schen besigen, als vielleicht irgend ein Europäer vor ihnen, auch die jenigen mit einbegriffen, die in Japan selbst sich ausgebildet haben: wir meinen den Nord-Bayer Hoffmann, Professor in Leyden, und den Deutsch-Böhmen Pfigmayer, Professor in Wien. Die Stimme der Marktschreierei kann auch auf diesem Gebiete nicht mehr Gehör finden.

Das russisch-japanesische Wörterbuch des Herrn Goschkewitsch ist uns noch nicht zugekommen. Da der Bildungsgang des Verfassers rein praktisch gewesen und das russische Wort bei ihm dem japanesi schen vorangeht, so ist uns ein etwaniger wissenschaftlicher Gewinn, den man aus seinem Werke ziehen könnte, vorläufig zweifelhaft. Herr Goschkewitsch hat sich bei der Abfassung der Beihülfe eines mitgebrachten Japaners bedient, welcher in Rußland den Namen Jamatov angenommen. Rechnet man hier das attributive russische v ab, so bleibt Jamato, der gewöhnliche einheimische Name des Landes Japan, zunächst der vornehmsten Insel, auf welcher Jedo und Mijako liegen. Dieser Name ist durch Verschweißung der Wörter jama, Berg, und ato, Rückseite, entstanden, bedeutet also:,,was hinter Bergen liegt". Das ebenso gebräuchliche Nippon (für Nits-pon) ist nicht japanesisch, sondern gehört dem obgedachten chinesischen Dialekte an und kommt der Canton-chinesischen Form Jippun oder Jäppun (für Jit-pun, Jät-pun, d. i. der Sonne Ursprung) zunächst, aus welcher, wie man sieht, unser Japon oder Japan entstanden. Da I hier wie im Deutschen lautet, so sollten die Engländer, Franzosen und TransPyrenäer eigentlich Yapon schreiben, um richtig zu sprechen.") Σχ. *) Vergleiche den Artikel,,Nuffisch-japanesisches Wörterbuch" in Nr. 37 bee,,Magazin".

*) Die Aussprache des j nach französischer Weise hätte zwar auch ihre Berechtigung, da man im gebildeten Nordchinesischen Si-poen sagt; dann müßte aber a mit i vertauscht werden.

Mannigfaltiges.

Literarische Berühmtheiten des jeßigen englischen Ministeriums. In Lord Derby's Kabinet ist, wie die Literary Gazette bemerklich macht, die Literatur in sehr ehrenvoller Weise ver treten. Der Premierminister selbst schrieb als Lord Stanley ein Buch unter dem Titel: ,,Conversations on the Parables". Herr Disraeli, der Schazkanzler, ist als Schriftsteller weit und breit bekannt und geschäßt. Lord John Manners ist der Poet des jezigen Kabinettes, wie es Lord Carlisle der des vorigen war. Sir Bulwer Lytton, der ausgezeichnete Novellist, hat zwar noch keinen Siß im Kabinet, weil sich Zweifel erhoben, ob er wohl in der Grafschaft Hertford wieder zum Parlamentsmitglied erwählt werden würde, doch ist es sehr wahrscheinlich, daß er nächstens auch in das Minifterium eintreten wird. Ebenso gehört Herr Samuel Warren, der Verfaffer des „Diary of a Physician", zu den Unterstüßern des Kabinettes, die eine Anwartschaft auf eine Stelle in demselben haben. Lord Stanley und Sir John Pakington haben freilich unter ihrem Namen nichts weiter als einige Adreffen in der Eigenschaft als Präsidenten der Gesellschaft zur Beförderung der Sozialwissenschaften in Birmingham publizirt; in anonymer Form soll jedoch der neue Kolonial-Secretair, außer einer Schrift:,,Claims and Resources of the West India Colonies", sehr viel schon haben drucken lassen. Herr Adderley, VicePräsident des Unterrichtsrathes, ist ein sehr geschäßter Schriftsteller, und Herr Sotheron-Estcourt, Präsident der Armen-Kommission, hat viele Artikel für die großen politischen Zeitungen geschrieben. Lord Naas, der Secretair für Jrland, ist Verfasser einer Reisebeschreibung nach Rußland, unter dem Titel:,,St. Petersburgh and Moscow". Lord Malmesbury ist der Sohn des Diplomaten, deffen Tagebücher und Briefe von ihm in vier Bänden publizirt und viel gelesen wurden, und Lord Colchester, der neue General-Postmeister, war eine Zeit lang Präsident der Londoner Geographischen Gesellschaft.

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Englisches Magazin für ausländische Literatur. In der Literary Gazette lesen wir:,,Das in England täglich zunehmende Interesse an der Literatur des Auslandes ist eines der erfreulichsten Zeichen unserer Zeit. Wir dürfen hoffen, daß wir in Folge dessen manches unserer insularischen Vorurtheile abstreifen und daß unsere Ideen etwas weniger national abstoßend sich gestalten werden. Wir begrüßen daher auch mit Vergnügen das angekündigte Magazin für ausländische Literatur unter dem Titel:,,The Continental Review", in welchem sowohl die Politik als die Literatur des Auslandes besprochen werden soll. Frankreich ist uns in dieser Beziehung bereits mit einer „, Revue Germanique" vorangegangen, und wir hoffen, daß auch in der neuen,, Continental Review" die deutsche Literatur eine Hauptrolle spielen werde“.

Brasilien und Deutschland. Herr Dr. E. Ferreira França, aus Rio de Janeiro, deffen wir in diesen Blättern, bei Gelegenheit seines Aufenthaltes in Dresden, wo er Vorträge über staatliche und geographische Verhältnisse seines Vaterlandes hielt, bereits gedachten, hat soeben zur Widerlegung eines von dem Herrn Geheimen Regierungsrath Kerst ausgegangenen Angriffes auf die inneren Einrichtungen Brafiliens, namentlich in Bezug auf die Einwanderung und die Rechtsverhältnisse, eine kleine Gegenschrift erlassen, die nicht unbeachtet zu bleiben verdient.) Herr França (der sich gegenwärtig in Jena aufhält) bespricht insbesondere folgende, von seinem Gegner angeregte Gegenstände: 1) den Erwerb des Bürgerrechts in Brasilien, woraus hervorgeht, daß es dort nicht schwieriger ist, als in den Vereinigten Staaten, das volle Bürgerrecht mit allen damit verbundenen Ansprüchen auf Aemter, die durch kaiserliche Ernennung oder durch Volkswahl (ohne Rücksicht auf die Religion) verliehen werden, zu erwerben. Nur um das Amt eines Staatsministers oder Abgeordneten zur temporairen, gefeßgebenden Kammer zu bekleiden, verlangt die Verfaffung die Eigenschaft eines eingeborenen brasilianischen Bürgers; 2) handelt Herr França vom Civilrechte Brasiliens, welches das portugiesische Recht zur unmittelbaren Grundlage hat, aber seit 1822 durch die Gefeßgebung des Kaiserthums wesentlich verbessert und namentlich mit der belgischen Modification des französischen Civilrechtes in Einklang gebracht ist; 3) endlich wird das brasilianische Eherecht sehr ausführlich besprochen, und zwar a) was die Ehen von Inländern betrifft, die Ehe zwischen Katholiken und die gemischte Ehe, und b) hinsichtlich der Ehen von Ausländern die Ehe, wo beide Theile Ausländer sind, und die Ehe, wo nur einer der beiden Theile ein Ausländer ist. Die ganze Schrift ist mit Ernst und Würde abgefaßt und kann wesentlich dazu beitragen, die in Deutschland verbreiteten irrigen Ansichten über Brasilien zu berichtigen.

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*) Brasilien und Deutschland. Ein offener Brief an die Nedactionen der deutschen Tagespreffe“, von Dr. E. Ferreira França. Leipzig, Brockhaus, 1858.

Böchentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 gr., halbjährlich 1 Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür bas Blat im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 44.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bei Beit u. Comp., Jägerstraße Nr. 25, und beim Spebiteur Reumann, Niederwalißir. Nr. 21), sowie von allen fönigl. Post-Aemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

Ueber das magische Geistesleben.

Berlin, Dienstag den 13. April.

Allen denen, welche ein wissenschaftliches Interesse an denjenigen Erscheinungen im Menschenleben nehmen, die man in neuerer Zeit als die „Nachtseite des menschlichen Seelenlebens“ zu bezeichnen sich gewöhnt hat, wollen wir hier zwei neuere Werke über diesen Gegenstand empfehlen, welche, beide durch Gründlichkeit, durch Vollständig. feit der darin zusammengestellten Thatsachen und durch eine echt wissenschaftliche, ebenso sehr dem Unglauben wie dem Aberglauben entgegenwirkende Tendenz ausgezeichnet, sich einander insofern ergänzen und vervollständigen, als das eine mehr eine Darstellung der Geschichte dieser Erscheinungen und der darauf sich beziehenden praktischen und theoretischen Bestrebungen und Ansichten bei allen Völkern durch alle Zeiten hindurch, das andere mehr ein Versuch ist, diese Erscheinungen - die als Thatsachen nur von solchen in Abrede gestellt werden können, welche in selbstischer Beschränktheit in Bezug auf die Erfahrungen, die sie nicht selbst gemacht, oder die zu ihren fertigen Theorieen und Ansichten nicht passen, blind sein wollen vom Standpunkte einer vernünftigen Psychologie zu begreifen und diesem Theile der Wissenschaft als einen integrirenden Bestandtheil einzuverleiben. Das erste°) dieser beiden Werke ist eine deutsche Bearbeitung eines im Jahre 1852 zu London und zu Edinburg unter dem Titel: ,,An History of Magic, Witchcraft and Animal Magnetism", erschienenen Werkes, welchem gleich nach seinem Erscheinen in seinem Vaterlande seitens aller Unbefangenen großer und wohlverdienter Beifall zu Theil ward. Der deutsche Bearbeiter versichert uns, daß dieses Buch die Ergebnisse fast funfzigjähriger Studien enthält. Ein Ueberblick über das in der deutschen Bearbeitung zwölf Seiten einnehmende Inhalts-Verzeichniß überzeugt uns, daß der Verfasser eine ungeheure Masse von Thatsachen aus dem Gebiete des magischen Geisteslebens zusammengehäuft und vom Standpunkt einer ebenso sehr dem einseitigen Materialismus, wie dem einseitigen Spiritualismus, entgegen tretenden vernünftigen Weltanschauung auf eine vorurtheilsfreie Weise bespricht.

Die Darstellungsweise ist den Anforderungen, die wir Deutsche an ein wissenschaftliches Werk machen, nicht entsprechend; troß der Mühe, die der deutsche Bearbeiter angewendet zu haben versichert, die Breite und Weitschweifigkeit des englischen Stils zu vermeiden, ist die Darstellung auch in der deutschen Bearbeitung immer noch sehr breit und weitschweifig, und dies darum, weil ihr alle logische Systematik, ja sogar alle zweckmäßige übersichtliche Eintheilung und Gruppirung der Massen von Materialien, die darin zusammengehäuft sind, abgeht.

Der Zweck, den der Verfasser im Auge gehabt, ist kein anderer, als der, seine in Bezug auf den durch Mesmer wiederentdeckten animalen Magnetismus immer noch zweifelnden Landsleute, besonders die Aerzte, die Naturforscher und die Philosophen, zu überzeugen, daß der animale Magnetismus mit allen den durch die Magnetiseure in neuerer Zeit hervorgerufenen wunderbaren, zum Theil Staunen erregenden Erscheinungen, wie z. B. das Fernsehen und das Fernwirken, das Erkennen der Gedanken anderer Personen, das Sprechen von nicht erlernten Sprachen, die Angabe von Heilmitteln gegen die eigenen und die Krankheiten Anderer u. dergl. m., in der Geschichte der Religionen aller Völker zu allen Zeiten eine so große Rolle gespielt habe, daß die Vorstellungen, die Symbolik, das Ceremonien-, Tempel- und Priesterwesen aller Religionen, auch Vieles in den Schriften der Philosophen der alten Welt und des Mittelalters sein richtiges Verständniß erst dann gewinnt, wenn man weiß, daß der animale Magnetismus sowohl als Heilmittel, wie auch als ein Mittel zur Hervorrufung jener Erscheinungen, die von jeher als Wunder, als Wirkungen über

*) J. C. Gelquhoun's, Esq., Historische Enthüllungen über die geheimen Wissenschaften aller Zeiten und aller Völker, oder vollständige Geschichte der Magie, Zauberei, des thierischen Magnetismus, des Glaubens an Hererei, an Dämonen und Teufel, sowie des Aberglaubens überhaupt, bearbeitet von Dr. Hugo Hartmann. Weimar, 1853. Verlag und Druck von V. F. Voigt.

1858.

natürlicher bald göttlicher, bald teuflischer geistiger Mächte angestaunt worden sind, bei allen Völkern bekannt und als etwas Thatsächliches anerkannt gewesen sei.

Der Verfaffer zeigt, daß dem Aberglauben, der in Bezug auf diese Erscheinungen zu allen Zeiten in der Menschheit herrschend gewesen, nur durch ein gründliches Studium dieser Erscheinungen ein Ende gemacht werden könne, insofern nur durch eine vernunftgemäße Erkenntniß der natürlichen Ursachen dieser Phänomene und Thatsachen alle irrthümlichen und abergläubischen Vorstellungen über dieselben vernichtet werden können.

Unter den Völkern, welche als die ersten Begründer der Civilifation und der Wissenschaft in der Menschheit angesehen werden, unter den Affyrern, Baktriern, Chaldäern, Babyloniern, Aegyptern, Hindu's, Medern und Persern wurde der Ausdruck,,Magie“ sowohl zur Bezeichnung physikalischer als auch übernatürlicher Wissenschaft ge= braucht; die Magie war Philosophie und Religion zugleich und umfaßte hauptsächlich Theologie, Astronomie und Medizin. Die Magier waren zugleich Philosophen, Priester und Aerzte. Der Umstand, daß sie auch Aerzte waren, trug dazu bei, daß die Magie von dem Volke, und wohl auch von den Magiern selbst, weil sie vermöge ihrer Wiffenschaft Dinge verrichteten, die ftets als übernatürlich gegolten haben, auch als eine Kunst, Uebernatürliches zu wirken und zu leisten, angesehen wurde. Der Verfasser zeigt, wie die Magie, als eine solche Kunst angesehen und ausgeübt, in späteren Zeiten ausartete, in Verfall gerieth und in Mißkredit kam; man unterschied zulegt eine doppelte Magie: die theurgische und die goëtische, die weiße und die schwarze Kunst.

,,Die endliche Einführung des chaldäischen Teufels und seiner infernalischen Agenten und Emissarien auf das Theater der übernatürlichen Welt, bald nach der Verbreitung des Christenthums unter den halbbarbarischen Völkern Europa's, veranlaßte eine Uebertragung mancher Natur-Erscheinungen auf den vermeintlichen Einfluß seiner Satanischen Majestät, und diese verderblichen Begriffe erzeugten zulest eine Reihe der außergewöhnlichsten, absurdesten, rohesten und schädlichsten Hallucinationen, welche die Menschheit je heimsuchten, welche der Entwickelung der Wissenschaft und der Civilisation ein gewaltiges Hinderniß entgegenseßten und mehr barbarische und widrige Abscheulichkeiten hervorbrachten, als die, durch welche jemals der dunkelste Aberglaube der heidnischen Welt bezeichnet und verunstaltet wurde."

Zum Beweise, daß der natürliche Somnambulismus den Alten wohl bekannt war, werden aus den Schriften der berühmtesten Schriftsteller des Alterthums, aus den Schriften Plato's, Aristoteles', Plutarch's, Cicero's, Hippokrates', Galen's u. A. m. Stellen beigebracht, in denen physische Erscheinungen in einer Wetse beschrieben sind, daß an ihrer Identität mit den in neuerer Zeit durch den Mesmerismus hervorgerufenen Phänomenen des Somnambulismus nicht gezweifelt werden kann. Aber auch der künstlich hervorgerufene magnetische Schlaf mit dem Zweck, Krankheiten zu heilen, ist den Griechen bekannt gewesen. Aus allen Nachrichten, die wir über die dem Aeskulap geweihten Tempel haben, geht hervor, daß diese Tempel zugleich HeilAnstalten gewesen, in denen die Kranken in einen künstlich bewirkten tiefen Schlaf versegt wurden, in welchem sie fähig waren, die Krankheit, an der sie litten, zu bestimmen, die geeigneten Heilmittel zu verordnen und außerdem prophetische Aufschlüsse über andere Gegenstände zu geben. In oder bei den Tempeln befanden sich Schlafgemächer für die oft in großer Menge herbeiftrömenden Kranken. Die von den Patienten gemachten Enthüllungen gingen, nach dem religiösen Glauben jener Zeit, von der Schuhgottheit des Tempels aus und wurden folglich als Orakel aufgenommen. Die Wände der Vorräume dieser Tempel waren mit Votivtafeln bedeckt, welche Beschreibungen von Krankheiten und von wirksamen Heilmitteln gegen dieselben enthielten; auch an den Säulen des Tempels waren derartige Berichte eingemeißelt. Hippokrates selbst soll die auf den Votivtafeln des Tempels zu Kos gegebenen Vorschriften befolgt und eine Sammlung derselben veranstaltet haben.

Ueber das weltberühmte Orakel zu Delphi fagt der Verfaffer unter Anderem:,,Eigenthümlich war es, daß zu den Prophezeiungen meist weibliche Individuen, junge Mädchen, gewöhnlich aus den unteren Volksklassen, ausgewählt wurden. Man nannte sie Pythiae, nach dem Apollo Pythius, d. i. Wahrsager. Allgemein war der Glaube verbreitet, daß die prophetische Inspiration dieser Pythierinnen durch unterirdische Dämpfe hervorgerufen werde. Merkwürdig ist der Umstand, daß die Pythierin zuweilen auch die,,Prophetin aus Bruft oder Magen" (ventriloqua vates, ɣɣaorqíμavus) genannt wird. Es scheint hiernach den Griechen auch schon das Phänomen einer Ver sehung der Sensibilität in die Herzgrube bekannt gewesen zu sein, ein Phänomen, welches auch die alten Hindu's gekannt haben.“

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In Bezug auf die römischen Sibyllen wird eine Stelle des St. Juftinus beigebracht, in welcher der Zustand der prophezeienden Sibylle so beschrieben ist, daß man denselben für ganz identisch mit dem Zustand einer magnetisch Hellsehenden der Neuzeit halten muß.

Was die Pythierinnen bei den Griechen, die Sibylle bei den Römern, das waren die Druiden bei den alten Kelten, die Alrunen bei den alten Germanen.

Die Geschichte der Magie in der christlich gewordenen Welt leitet der Verfasser mit folgenden Worten ein:

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„Die Magie, ursprünglich die heilige Wissenschaft des Alterthums, ward von ihrem hohen Size herabgeworfen und den niedrigsten, verworfensten Zwecken dienstbar gemacht. Solche monströsen Verirrungen wurden später zur furchtbaren Quelle vieler ernsten Uebel. Fühlten wir uns berufen, ein Gemälde der brutalsten, barbarischsten Periode in der Geschichte der Menschheit zu entwerfen, so würden wir nicht anstehen, die ersten Jahrhunderte nach der allgemeinen Einführung des Christenthums in Europa als diese Periode zu bezeichnen. Die reinste, heiligste, geistigste aller Religionen ward zu einem Eysteme dunkler unverständlicher Doktrinen und nichtiger, alberner, abergläubischer Ceremonien und Gebräuche, welche größtentheils dem alten heidnischen Kultus entlehnt waren, aber ihre ursprüngliche tiefe Bedeutung gänzlich verloren hatten. Diese frühe Ausartung Diese frühe Ausartung der christlichen Religion hatte die Wirkung, daß alles rationale Wissen verschrieen und verbannt ward, daß die Moral des Volkes durch Verbreitung eines erniedrigenden Aberglaubens vergiftet und die Menschheit in einen Strudel von Thorheit, Gottlosigkeit und Brutalität hinabgeriffen wurde. Der Gott der Natur und der Offenbarung hatte die Herrschaft über das Weltall nicht mehr. Die Mächte der Hölle und der Finsterniß regierten auf Erden und unterhielten den vertrautesten Umgang mit den Bewohnern der sublunaren Welt; denn eine züggellose Einbildungskraft schuf sich eine eigene Welt und bes völkerte sie mit Dämonen und anderen übernatürlichen Wesen, deren Einfluß auf die Gesinnungen und Handlungen der Menschen ein unaufhörlicher war. Und dieser unnatürliche Glaube unterjochte die ganze Vernunft der Menschheit und gab zulezt zur Entstehung aller jener seltsamen psychischen Hallucinationen Anlaß, die wir in den Geschichtsbüchern über das Herenwesen aufgezeichnet finden, und führte zu einer langen Reihe der wildesten und grausamsten Verfolgungen, welche in der Geschichte der Menschheit ihresgleichen nicht haben."

Aus den auf uns gekommenen Akten der Herenprozesse geht hervor, daß die Zustände und die Phänomene, die man als Kennzeichen der Heren, als Beweise diabolischer oder dämonischer Beseffenheit ansah, nichts Anderes waren, als Erscheinungen des mit Hysterie, Katalepsie, Epilepsie und anderen Krankheiten der Art verbundenen Somnambulismus und elastischen Hellsehens.

Sehr interessante Episoden in dem durch die wenig geordnete Maffe von immer gleichen Thatsachen mitunter sehr ermüdenden Buche sind die ausführlicheren Mittheilungen über Jeanne d'Arc, Muhammed, Savonarola, Cardanus, über die beseffenen Nonnen von Loudun, die Trembleurs in den Cevennen, die Konvulsionärs von St. Medard, über Theophraft von Hohenheim, Swedenborg und über viele andere Individuen und Sekten, die in der Geschichte des magischen GeistesLebens eine bedeutende Stellung einnehmen.

Nachdem wir unseren Lesern nur noch gemeldet, daß sie in dem Buche auch über die Rhabdomantie, über die Hydroskopie und Metallo. skopie, wie auch über die durch den Freiherrn von Reichenbach ge= machte Entdeckung der durch das ganze Universum verbreiteten Odkraft sehr interessante Mittheilungen und Aufschlüsse, in Betreff der Odkraft eine vollständige Uebersicht über alle von dem Entdecker gemachten Versuche und Beobachtungen finden, wollen wir unsere Mittheilungen über das Werk des Herrn Colquhoun mit der Antwort beschließen, welche der Verfasser auf die Frage giebt: Welchen Nuhen hat der animale Magnetismus?"-Seine Antwort lautet:

,,Dieser Nugen ist zweifach. Zunächst giebt er die Mittel zu einer raschen und erfolgreichen Behandlung verschiedener für unheilbar gehaltener oder durch die gewöhnlichen Mittel nur sehr schwer heilbarer Krankheiten. Dann aber führt er uns zu neuen höchst wichtigen

werthvolle, früher ungekannte oder Unbeachtet gebliebene Wahrheiten; kurz, er befähigt uns zu einer genaueren Würdigung der zweifachen, aus Leib und Seele bestehenden Natur des Menschen und der gegenseitigen Beziehungen dieser beiden Seiten zu einander." (Fortsehung folgt.)

Nord: Amerika.

Julius Fröbel's „Amerika“. Zweiter Band.*)

Seitdem wir in Nr. 84 des,,Magazin" vom Jahre 1857 den ersten Band des Fröbelschen Buches angezeigt, ist dasselbe ein Gegenstand vielfacher Kritiken gewesen, die das Buch zum Theil von einem strengeren Gesichtspunkte, als wir, betrachtet haben. Man hat dem Verfasser hier und da vorgeworfen, er sei von seiner vormaligen urdeutschen Gesinnung in Amerika so weit zurückgekommen, daß er jezt in das umgekehrte Extrem einer undeutschen Gesinnung verfallen sei und alles Deutsche, in der Heimat wie in der Fremde, verachte. Wir gestehen, daß wir dies in seiner Darstellung nicht haben herausfinden können; allerdings deckt er zuweilen die unliebenswürdige Dent, Sprech und Trinkweise deutscher Brüder in Amerika schonungslos auf; auch im zweiten Bande spricht er z. B. von der im SchwabenViertel von Cincinnati herrschenden Rohheit mit einer Rückhaltslosigkeit, die man vielleicht von einem (wenn auch norddeutschen) Landsmann nicht erwartet, aber etwas Undeutsches haben wir darum in seiner Darstellungsweise nicht finden können. Deutet er doch nicht im entferntesten an, daß die Deutschen im Durchschnitt ungebildet oder überhaupt unzivilisirter als die Anglo-Amerikaner seien Daß aber unter den deutschen Ausgewanderten in Amerika verhältnißmäßig eine viel größere Anzahl ungebildeter und roher Menschen sich befindet, als unter den Deutschen in Deutschland, ist leider eine Thatsache, die nicht zuerst von Herrn Fröbel konstatirt wird. Man braucht nur die erste beste deutsch-amerikanische Zeitung in die Hand zu nehmen, um inne zu werden, daß durch die Fahrt über das Atlantische Meer das Deutschthum nicht eben an Würde und Selbstachtung gewonnen hat.

Gegenwärtig hat Herr Fröbel übrigens Gelegenheit, seine deutsche Gesinnung aufs neue die Feuerprobe bestehen zu lassen, indem er angefangen hat, in der zu Rudolstadt erscheinenden,,Allgemeinen Auswanderer-Zeitung" eine Reihe von Briefen über die KulturBedingungen der von deutschen Auswanderern gegründeten Kolonieen zu veröffentlichen. Seine in Amerika im Laufe von acht Jahren gesammelten Erfahrungen könnten allerdings viel dazu beitragen, die Probleme der Auswanderer-Frage zu lösen.

Die beiden Bücher des vorliegenden zweiten Bandes seines Werkes über Amerika umfassen wiederum die Schilderungen zweier großen Reisen, die Herr Fröbel im Innern der Vereinigten Staaten, das einemal nach dem nördlichen Mexiko und das anderemal nach San Francisco, von New-York aus unternommen, wohin er immer wieder zurückkehrte. Das erstemal ließ er sich als Kassirer und Buchhalter eines Handlungshauses in New-York engagiren, deffen Chefs, die Herren H. Mayer und Samuel Kaufmann, Deutsche von jüdischer Abkunft, alljährlich eine große Waaren - Sendung nach Chihuahua (sprich: Tschiwawa) in Nord-Meriko machten, und zwar zu Lande über Ohio und Missouri auf Dampfbooten und Eisenbahnen, aber vom Missouri ab, durch die Prairieen und Indianer-Gebiete, in der Form von Karavanen, die ihrer ganzen naturwüchsigen Einrichtung nach, sowie durch die Abenteuer und Kämpfe, die in der Regel damit verbunden sind, an die patriarchalische Zeit des Karavanenhandels im Orient erinnern. Herr H. Mayer, der das Unternehmen leitete, bewies sich dabei als ein ebenso praktischer, wie unterrichteter Mann, fand jedoch auch in Herrn Fröbel einen muthigen und geschickten Reisegefährten, der ihn in jeder Weise unterstüßte. Die Schilderung dieser sich auch auf einige von Chihuahua aus unternommene Ausflüge erstreckenden Reise, aus der wir hierunter einzelne kleine Episoden mittheilen, ist ebenso interessant als belehrend und liefert namentlich wieder manchen Beitrag zur Kenntniß der spanisch-indianischen Mischlingsraçe, sowie der noch unvermischten Indianerstämme im Norden von Meriko.

Die zweite Reise ward von New-York über Neu-Orleans nach San Antonio in Teras und von da durch die Gila- und ColoradoGegenden nach San Francisco unternommen, wo der Verfasser eine Zeitlang das schmerzliche Vergnügen hatte, Redacteur einer deutschen Zeitung Kaliforniens zu sein, als welcher Herr Fröbel Gelegenheit hatte, die in Amerika weilenden deutschen Desperados vollständig und von ihrer liebenswürdigsten Seite kennen zu lernen. Aber auch an deutschen Freunden der achtungswertheften Art fehlt es ihm dort nicht; so rühmt er namentlich einige junge deutsche Kaufleute aus Hamburg und Bremen, deren Einer ihm recht gediegene chinesische Korrespon*),,Aus Amerika". Erfahrungen, Reifen und Studien, von Julius Frö

denzen aus Hongkong zugehen ließ. Auch auf dieser Reise sind es namentlich die den Merikanern abgenommenen Gebiete der Vereinig ten Staaten, die Herr Fröbel kennen lernt und darstellt. Im fünften Kapitel des fünften Buches stellt der Verfasser ein neues System der Drographie des nordamerikanischen Kontinents, und namentlich der Rocky Mountains auf, auf das wir jedoch hier nur verweisen können. Dagegen wollen wir aus dem reichhaltigen, von der Verlagshandlung auch wieder mit trefflichen, in den Text eingedruckten Illustrationen ausgestatteten Buche hier einige Episoden als Proben liefern:

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Anglo-Amerikaner und Merikaner.

In einer aus Anglo-Amerikanern und Merikanern gemischten Mannschaft wird es nicht an Reibungen fehlen, und die Lesteren werden selten einer schlechten Behandlung von Seiten der Ersteren entgehen, bei welchen nun einmal die Ansicht, daß ein Mensch von dunklerer Hautfarbe nicht mit ihnen gleichen Rechtes sein könne, schwer

über den Kopf, und unmerklich legte er ihm das Gebiß in's Maul, was das Thier ohne allen Widerstand geschehen ließ. Ich erinnere mich eines anderen Maulthieres, dem sein mexikanischer Fuhrmann den klassischen Namen Laïs gegeben hatte. La Laïs stand bei Freund Leandro in ebenso großer Gunst wie La Niña bei Freund Pedro. Einmal indessen sah ich ihn in unbeschreiblicher Wuth auf das Thier. Vor Zorn bebend erhob er das dicke Ende des Peitschenstieles gegen dasselbe. „O si fueras mejicana!" o daß du ein mexikanisches Thier wärest! - brummte er halblaut zwischen den Zähnen durch, indem er den Arm wieder sinken ließ. An der angelsächsischen Bestie wagte sich der Merikaner nicht zu vergreifen. Wie in der Geduld, der Genügsamkeit und der guten Laune bei Anstrengungen und Entbehrungen, so zeichnen sich die merikanischen Fuhrleute und Maulthierknechte vor den anglo-amerikanischen in einer bestimmten Beziehung auch durch bessere Sitten aus: sie fluchen nicht denn die zuweilen vorkommende Wiederholung eines bekannten unanständigen Wortes der spanischen Sprache kommt gegen die in's Unglaubliche gehende Schießt ihn todt! hängt ihn!find Variation anglo-amerikanischer Fuhrmannsflüche gar nicht in Betracht. gebt ihm die Peitsche! sind Ausrufe, welche bei jedem kleinen Vergehen eines Merikaners aus dem Munde seiner anglo-amerikanischen Kameraden zu hören sind, und ,, I never killed a white man" ich habe niemals einen weißen Mann umgebracht — gilt bei diesen Lehteren in der Regel für eine vollständige Reinigung des Charakters von einem unangenehmen Verdachte. Bei Anglo-Amerikanern indessen, welche länger in Meriko gelebt haben, findet man oftmals dieses Raçenvorurtheil verwischt und ein humaneres Gefühl an deffen Stelle getreten, wozu in der Regel der Umgang mit mexikanischen Weibern den Uebergang bildet. Auch die schlechten Sitten der merikanischen Gränzpläge haben also ihren humanisirenden Einfluß, und es zeigt sich auch hierin, wie die Kultur des Menschengeschlechtes ihre wunderlichen Wege geht.

auszurotten ist. „Shoot him!" „, hang him!" „, whip him!”

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Für das Fuhrwesen muß man unbedingt den Anglo-Amerikanern den Vorzug geben, während als Maulthierknechte — muleros die die Mexikaner die einzigen ganz brauchbaren Menschen sind. Die Geschäfte der Leßteren bestehen darin, die zum Relais bestimmten Thiere nachzutreiben, bei dem Anspannen die Zugthiere mit dem Laso (der Wurfschlinge) zu fangen und dieselben dem Fuhrmanne zum Anspannen zu übergeben, bei dem Ausspannen die Heerde zusammenzuhalten u. s. w. Irländer, zuweilen auch Schottländer und Engländer, gehen mit als Anglo-Amerikaner, und selbst die Deutschen spielen den Merikanern gegenüber gewöhnlich die Rolle der Americanos", obschon sich zwischen ihnen und den Merikanern meist ein vertraulicheres Verhältniß zu bilden pflegt. Als Fuhrleute haben die Deutschen den Fehler, nicht kaltblütig genug zu sein, in Beschwerden und Entbehrungen ärgerlich und mürrisch zu werden und dann ihren Unmuth nicht selten an dem Zugvieh auszulassen. Diese Schwach heiten kommen bei dem Anglo-Amerikaner selten vor, welcher in seinen Anfällen von Gewaltthätigkeit in der Regel doppelt ruhig ist und das Klagen, das Schreien, und die gereizte Stimmung des Deutschen verachtet. Der Merikaner zeigt in Gefahren in der Regel nur den passiven Muth des Fatalismus, obschon es in diesem Volke auch nicht an Beispielen untadelhaften Heldenmuthes fehlt; Beschwerden und Entbehrungen aber erduldet er in einem unglaublichen Grade mit Gleichmuth und oft mit Heiterkeit. Nicht selten bin ich Zeuge gewesen, wie unsere Merikaner, hungrig und naß unter dem Frachtwagen im Kothe liegend, sich mit Gesang und scherzhaften Unterhaltungen die Zeit vertrieben. Gegen die Zug- und Sattelthiere sind sie graufam, indem sie ihnen oft das Unmögliche zumuthen. Sie verstehen aber ihr Naturell, besonders das der Maulthiere, durch und durch, und wissen durch List und Schmeichelei zu erreichen, was ein AngloAmerikaner vergebens auf dem Wege der Gewalt zu bewirken sucht. Wenn der Lettere sich vergebens mit einem störrischen Maulthiere abquält und es nicht dahin bringen kann, ihm das Gebiß einzulegen, fieht der Merikaner ihm mitleidig und geringschäßig zu. „Estos hombres son bárbaros, no saben nada!" Diese Menschen sind Barbaren, die nichts zu machen verstehen sagte zu mir einer dieser Leute bei einer solchen Gelegenheit. Ein kleines, feuriges Maulthier, welches später der Liebling der ganzen Mannschaft wurde, den Schmeichelnamen la niña - das Kind — erhielt und lange Zeit zur Zierde ein rothes Bändchen im Schwanze führte, widerstand allen Bändigungsversuchen eines großen vierschrötigen Kentuckyers, als Pedro die Sache nicht länger mit ansehen konnte. „Laß mich!" fagte er zu jenem indem er ihm das Ende des Strickes, dessen Schlinge das Thier um den Hals hatte, aus der Hand nahm. aus der Hand nahm. Nun gab er dem vor Erregung zitternden Geschöpfe einige Sekunden Ruhe. Dann näherte er sich demselben langsam und fanftmüthig, fing an es über den Rücken zu streicheln, am Halse zu kragen, hinter den Ohren zu krabbeln und mit süßen Schmeichelworten zu besänftigen. o mein Kind o mein Maulthierchen - mein niedliches Maulthierchen - sprach er ihm mit zärtlicher Stimme zu. Langsam zog er ihm während dessen den Zügel

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o mulita - mulita bonita"

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Die Maulthiere der amerikanischen Karavanen. Eine der auffallendsten Erscheinungen im Charakter des Maulthieres ist seine Abneigung gegen den Efel und fein Stolz auf jede Konnexion mit dem Pferde, welche Gefühle von dem Esel mit Zudringlichkeit, von dem Pferde mit Gleichgültigkeit erwiedert werden. Geräth ein Esel, von der Eitelkeit getrieben, die seiner Race in dem berührten verwandtschaftlichen Verhältnisse eigen ist, unter eine Maulthierheerde, so ist die Wahrscheinlichkeit dafür, daß er von den hochmüthigen Vettern lahm, wenn nicht gar todt geschlagen wird. Ein Pferd unter einer Maulthierheerde nimmt dagegen eine hohe und bevorzugte Stellung ein. Die Maulthiere drängen sich um dasselbe, folgen seinen Bewegungen und äußern unter einander eine heftige Eifersucht, welches von ihnen dem hohen Anverwandten am nächsten sein darf. Man benußt diesen Charakterzug, um Maulthierheerden auf dem Marsche oder auf der Weide zusammenzuhalten, indem man der Heerde eine Pferdestute beigefellt, die, weil sie eine Glocke führt, die Glockenstute — the bell mare von den Merikanern die Mutterstutela yegua madre — genannt wird. Indem dieses Thier Tag und Nacht von einem Menschen am Stricke geführt wird, hat man gleichsam die ganze Heerde in der Hand, die sich nicht von dieser Königin entfernt. Es ist daher sehr schwer, die Heerde zu theilen, oder einzelne Thiere von derselben abzutreiben. Der Mann, welcher die Stute führt, hat den Auftrag, im Falle eines Angriffes von Seiten der Indianer, sich sogleich auf den Rücken des Thieres zu schwingen und in die Wagenburg zu flüchten, wohin ihm die Heerde unfehlbar folgen wird. Und selbst wenn es den Indianern gelingen sollte, eine gewisse Zahl von Thieren abzusondern, wird es ihnen schwer werden, dieselben fortzubringen. Sie werden jeden Augenblick versuchen, umzukehren, und man wird dadurch eine Möglichkeit erhalten, die Räuber einzuholen und ihnen die geraubten Thiere wieder abzujagen. Die Indianer freilich suchen sich aus eben diesem Grunde wo möglich der Stute zu bemächtigen, und wenn ihnen dieses gelingt, kann man annehmen, daß die ganze Heerde verloren ist. Gehen in einer Maulthierheerde mehrere Pferde, so ist Gefahr, daß die Heerde sich theilt. Man gestattet daher auf diesen Zügen den Reitpferden nicht, ledig zu gehen, sondern hält sie an der Leine. Pferde, wenn sie auch in einer Heerde von ihres gleichen zusammenhalten mögen, bewahren den Maulthieren gegenüber ihre Superiorität und Selbständigkeit zu sehr, um sich an die Gesellschaft derselben zu binden.

Eine größere Maulthierheerde wird indessen in der Regel auch ein oder das andere ultrademokratische Individuum enthalten, welches zum Bewußtsein natürlicher Thierwürde und angeborner Viehrechte gelangt ist und demnach aus einem gewiffen Individualismus Prinzip macht. Solche im Bewußtsein fortgeschrittene Halb-Esel verlieren durch die sittliche Erhebung ihre Brauchbarkeit, wie denn die Kultur immer eine Eigenschaft auf Kosten der anderen zu entwickeln pflegt. Wir hatten bei unserer Heerde ein weißes Maulthier, welches sich regelmäßig zur Zeit des Anspannens von der Heerde absonderte. Wurde diese von der Weide in die Wagenburg getrieben, wo das Einfangen mit dem Laso geschieht, so ging das weiße Maulthier mit bis hart, vor den Eingang. Hier aber that es plöglich einen Sprung zur Seite, jagte bis auf die Entfernung einer halben Meile davon und beobachtete von seinem Standpunkte mit gespannter Aufmerksamkeit das Lager, bis der Zug sich in Bewegung seßte. Dann kam es ganz unbefangen herbei und schloß sich den Relaisthieren an. Zuweilen wurden, ihm den Meister zu zeigen, zwei Merikaner auf schnellen Pferden ausgeschickt, den Flüchtling zu fangen, und dann mußte derselbe allerdings auf einen Tag in's Geschirr. Der Zeitverlust und die Ermüdung der Reitpferde veranlaßten indessen, daß man am näch. sten Morgen die Strenge wieder aufgab. Das Thier behielt im Wesentlichen seinen Willen, und während seine Brüder harte Arbeit

zu verrichten hatten, machte es eine Vergnügungsreise vom Missouri- erstatten über ein deutsches Werk (von Köppen), den Buddhismus befluffe nach Chihuahua.

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reicher Leute.

Ein Profeffor in Lyon, Herr Amédée Bonnet, hat über diesen Gegenstand in der öffentlichen Sißung der Akademie von Lyon, am 26. Januar d. J., einen Vortrag gehalten, der jeßt auch im Druck erschienen ist.") Es wird darin eine Erscheinung besprochen, die sich leider nicht blos auf Frankreich beschränkt. Auch in Deutschland machen erfahrene Schulmänner die Beobachtung, daß besonders in den lezten zehn Jahren die Lernluft und der Thätigkeitstrieb der den wohlhabenderen Volksklassen angehörenden Jugend in auffallender Weise einer gewiffen Blafirtheit und dünkelhaften Fadheit gewichen ift. Wäre dies eine natürliche Folge des Bewußtseins, eine gesicherte Zukunft zu haben, so müßte man diejenigen jungen Leute glücklich preisen, die, in Armuth geboren, von der Nothwendigkeit durch drungen sind, das Talent, welches ihnen die Natur verliehen, auszubilden und sich dadurch zu nüzlichen Gliedern der Gesellschaft zu machen.

Herr Amédée Bonnet schildert in nachstehender Weise eine jezt häufig in Frankreich vorkommende, charakteristische Erscheinung:

"Der Sohn des reich gewordenen Bürgerlichen kauft sich ein ehemaliges Rittergut, deffen Namen er seinem eigenen plebejischen Namen anhängt, scheinbar als ein bloßes Mittel, diesen von vielen anderen, gleichlautenden Namen zu unterscheiden. Nach und nach schrumpft sein Familienname zu einem bloßen Anfangsbuchstaben zufammen, mit dem der des ehemaligen Rittergutes durch das aristokratische,,de" verbunden ist. Endlich wird auch sogar jener Anfangsbuchstabe weggeworfen, und der Nachfolger der Jourdain's des fieb zehnten Jahrhunderts glaubt nun, er sei in einen vollkommenen Edelmann verwandelt. Ich könnte das Lächerliche dieser Umwandlungen hervorheben, über die man sich seit einigen Jahren zwar vielfach lustig macht, die aber gleichwohl von der Gesellschaft mit nachsichtiger Gefälligkeit hingenommen und geduldet werden. Aber die Frage hat auch eine sehr ernste Seite: und dies ist die Verschmähung des väterlichen Namens und Andenkens. Wie! Dein Vater hat dir, durch ein Leben voller Arbeit, Sorgen und Mühen um dich, ein Vermögen hinterlassen, das dich sorgenfrei macht, während es mit Ehren erworben ward, und du haft nichts Eiligeres zu thun, als seinen Namen, den du in deiner Unwissenheit wie einen Schandfleck behandelst, zu verwischen?! Er, der, vermöge seiner musterhaften Thätigkeit, Anspruch hatte, das Haupt einer angesehenen, nüglichen Familie zu sein, hat nicht einmal die Genugthuung, die jedem armen, ehrenwerthen Familienvater von seinen in Kummer und Elend aufgewachsenen, aber guten Kindern zu Theil wird, nämlich seinen Namen von ihnen geachtet zu sehen! Nur wenn er für seine Kinder nicht so gesorgt hätte, wie er es gethan, würden diese heute noch seinen Namen führen!"

Der Verfaffer weist mit Recht darauf hin, daß gerade durch diese Sucht des vermögenden Bürgerstandes, fich einer anderen gesellschaft. lichen Ordnung anzuschließen, in Frankreich die bereits vorhandene Kluft zwischen dem Menschen, der arbeitet, und demjenigen, welcher müßig geht, immer mehr erweitert werde. Er warnt vor dem Hasse, den die Reichen dadurch täglich unter den besiglosen, arbeitenden Klassen ausfäen. Er findet das einzige Heilmittel dieser Krankheit in dem Bestreben der Reichen, Gutes zu thun und selbst an der Arbeit, sei es des Gedankens oder der Hand, der Nation Theil zu nehmen. Er fordert auf, sich, nach dem Vorgange der wohlhabenden Klaffen Englands, vorzugsweise am Handel und am Landbau zu betheiligen und dadurch, wie es die berühmtesten Vertreter der engli schen Aristokratie thun, gleichzeitig den Glanz des eigenen Namens zu fördern und das Loos der ärmeren Volksklaffen zu verbessern. Allerdings müßte aber auch in dieser Beziehung schon früh der Grund gelegt und in den Schulen auch unter den Kindern der Wohlhabenden das Bewußtsein geweckt werden, daß sie nur dann gegen Gott und fich selbst ihre Pflicht erfüllen, wenn sie mit Luft arbeiten und mit unverrücktem Blicke einem bestimmten, ehrenhaften Ziele zustreben.

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treffend; nun ist auch in Frankreich eine Arbeit erschienen, die eine
wichtige Streitfrage auf diesem Gebiete behandelt. Es ist eine afa
demische Denkschrift, eine Monographie,*) deren Verfasser, Herr Obry,
fich die Aufgabe gestellt hat, die eigentliche Natur jenes berühmten
,,Nirvana" zu ermitteln, das im Buddhismus eine so bedeutende Rolle
spielt. Obry behauptet, daß Barthélemy Saint-Hilaire, der in seinen
Vorträgen über den Buddhismus dieses Nirvâna als reines, absolutes
Nichts gefaßt hatte, zu weit gegangen und dem Buddha-Glauben einen
zu großen Widersinn angedichtet habe. Demgemäß sucht er das
Abenteuerliche einer solchen Lehre zu mildern und unserem Begriffs-
vermögen anschaulicher zu machen; zu diesem Endzwecke behandelt er
nicht blos den Buddhismus, sondern geht auf die früheren brahmani-
fchen Systeme (Nyaya, Sankhya u. s. w.) zurück (was, nebenbei ge
sagt, auch in Deutschland geschehen ist), um die Grundvorstellungen
auszumitteln, die von Seelenwanderung, Reinigung, Uebergang in's
unendliche Brahma u. f. w. galten; indeffen kommt das Endresultat
doch wieder ziemlich (man könnte sagen,,ganz") auf das Nämliche
heraus. Wie nach den Brahmanen die einzelne Seele nach Verlust
aller Individualität in's Brahma zurückfinkt und in dem allgemeinen
Sein aufgeht, so gelangt sie nach den Buddhisten zulegt an einen
ganz leeren, öden Ort, in ein Nichts, wo, bei dem Mangel aller äußeren
Objekte, das Denken, Fühlen und Wollen völlig aufhört und die Seele
gewissermaßen in einen tiefen Schlaf versinkt ausgehend wie ein
Licht. Das Richtigste ist wohl, anzunehmen, daß die Buddhisten selber
nicht wissen, wie sie sich dieses Ding vorstellen sollen - Thatsache
ist, daß sie nicht gleichförmig darüber denken das wäre in der
That höchst wunderbar
That höchst wunderbar der Buddhaismus bleibt, was er bleibt, ein
fchlaffüchtiger, schlaftrunkener Atheismus, dem das Leben ein Opium-
rausch ist. Nach unserer Gemüthsconstitution dürften wir schwerlich
im Stande sein, uns in einen solchen indischen, fiamesischen, burăti-
fchen oder kalmückischen Atheosophen sympathetisch hineinzuempfinden. –
Die spizigste spekulative Frage liegt darin, zu begreifen, wie ein
etwas (x „ein Ichts“, würde Daniel Kaspar v. Lohenstein fagen) in's
Nichts übergehen könne; denn wenn das Jchts ein wirkliches Jchts
ist, wie kann es dann sein eigenes Gegentheil, ein Nichts, werden?
Die Seele muß also auch noch in Nirvâna etwas bleiben
das mögen die Doktoren und Gelehrten der Kalmücken entscheiden. -

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Was?

Kane, der Nordpolfahrer, in der Ausgabe von Otto Spamer. Die durch geschmackvolle Ausstattung der in ihrem Verlage erscheinenden belehrenden Jugendschriften sich auszeichnende Bus handlung des Herrn Otto Spamer in Leipzig hat kürzlich auch e Ausgabe der Kaneschen Nordpol-Expedition veranstaltet, welche a sechs Heften, die auch eine Abtheilung der,, Malerischen Feierstunder" bilden, vor uns liegt. *) Herr Herman Wagner, der die deutsche Einleitung zu diesem Buche der Reifen und Entdeckungen geschrieben, w findet sich zwar noch in dem Stadium einer wahrhaft paradiesischen Naivetät hinsichtlich der hochherzigen Freiheits- und Kulturbestrebungen der Bewohner der Vereinigten Staaten; was er hier jedoch im Ver eine mit den Zeichnern der dem Buche beigehefteten zehn Tordrucktafeln und der 120 in den Text gedruckten Abbildungen geleistet, dient die ungetheiltefte Anerkennung. Besonders giebt das Titelbild: Kane und seine Gefährten", einen recht anschaulichen Begriff von den Annehmlichkeiten des Aufenthaltes in der Höhlung eines Eis berges, der selbst eine schwimmende Insel in einem rings durch Eis maffen eingeschloffenen Meere bildet. Man wird frieren, auch wen man dieses Bild am warmen Ofen oder während unserer Hundstage betrachtet.

,,Guizot's Memoiren." Von diesem seit längerer Zeit mit Spannung erwarteten Werke wird gleichzeitig in Paris das Original und in Leipzig (bei Fr. Widmer) eine vom Verfasser autorisirte deutsche Uebersehung erscheinen. Der Preis der deutschen Ausgabe ist für den Band von circa 30 Bogen auf anderthalb Tha ler angesezt, während das Original 7 Frcs. der Band kosten wird

*) „,, Du Nirvâna indien, ou de l'Affranchissement de l'âme après la mort selon les Brahmanes et les Bouddhistes", par J. B. F. Obry 130 pages. Paris, Durand, 1856.

**),,Kane, der Nordpolfahrer". Arktische Fahrten und Entdeckungen * zweiten Grinnell-Erpedition zur Aufsuchung Sir John Franklin's in Jahren 1853, 1854 und 1855 unter Dr. Elisa (soll heißen: Elisha) Kat Kane. Beschrieben von ihm selbst. Leipzig, Otto Spamer, 1858.

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