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als mit ihrem Reichthum prunkt. Das ist Alles sehr schön, aber nicht genug. Die Speculation ohne die sie rechtfertigende Industrie ist verwerflich; die bloße Industrie, v. h. das Streben nach materiel len Interessen, ohne das höhere Ziel eines geistigen und sittlichen Ideals zu verfolgen, darf die Thätigkeit eines großen Volles nimmer ausfüllen, und wie hervorragend auch das Verdienst der modernen Industrie erscheine, Frankreich kann nicht ausschließlich industriell sein und bleiben; ihm ist ein anderes Ziel gesteckt, es muß nach einem anderen Ideal ringen. Glücklicher als das Cäsarenreich, das aus der höchsten materiellen Blüthe in den schmählichsten Verfall sank, hat die moderne Civilisation das Christenthum und die Unabhängigkeit der Vernunft, die Autorität und Freiheit als Schuhwehr. Die Gemüther allmählich geschmeidiger machen für das Joch des Glaubens, zugleich allen menschlichen Kräften, und vor Allem den Rechten des Gedankens, freien und heilsamen Spielraum sichern das ist das Ideal, das wir nimmer aus den Augen verlieren dürfen. Verhüllt es sich auch augenblicklich, so wird es bald wieder entwölkt und strahlt im früheren Licht; selbst die materiellen Vorurtheile führen zu ihm zurück. Bedarf die Industrie der Sicherheit, so bedarf sie nicht weniger als Lebensbedingung der Unabhängigkeit, und man könnte als Sag auf stellen: Die Länder, in welchen die Industrie am weitesten vorgerückt ist, sind zugleich diejenigen, wo die bürgerliche und die politische Freiheit am meisten in Ehren gehalten werden."

Haben auf der Erde auch schon vor der lezten geologischen Epoche Menschen gelebt?

(Schluß.)

Zu einer Zeit, wo Elephanten und Mastodonten auf den Ebenen der Picardie umherstreiften, wo Flußpferde und ähnliche Thiere auf der Somme und Dise umberschwammen, muß das Klima ein von dem heutigen verschiedenes gewesen sein. Die Wälder, die von diesen antediluvischen Thieren bewohnt waren, können nicht unsere Eichen und Buchen-Wälder gewesen sein. Die Temperatur war eine wärmere; die Pflanzen- und Thierwelt war eine andere, als diejenige, die wir heutzutage in den Gegenden nördlich von Paris haben. Die Menschenraçe, die damals auf diesem Boden mit diesen Pflanzen und Thieren lebte, wird natürlich auch eine andere gewesen sein, als die, welche heutzutage hier wohnt. Virgil hat nicht Unrecht gehabt, indem er von einer vergangenen Zeit gesprochen, in der ein ewiger Frühling auf der ganzen Erde geherrscht. Aber erst später, als die Temperatur aufgehört hatte, eine so hohe und eine überall so gleichförmige zu sein, traten vollkommnere Thiergattungen ins Leben. Muß man nicht glauben, daß auch ein Menschengeschlecht in der Zeit vor unserer geologischen Periode auf der Erde gelebt hat, welches, in Bezug auf feine Entwickelung, sich zu dem gegenwärtigen so verhält, wie die antediluvische Thierwelt zu der gegenwärtig eristirenden Thierwelt? Es stehen in Bezug auf die Frage, ob in der antediluvischen Zeit auf der Erde schon Menschen gelebt haben, die Sachen folgendermaßen: Es werden hier und da Menschenknochen gefunden, welche tiefen Erdschichten anzugehören scheinen; aber sie sind bis jezt noch zu selten gefunden und es ist noch zu wenig sicher, ob sie, wenn sie in antediluvischen Schichten gefunden worden sind, diesen Schichten ursprünglich angehören. Ferner werden Waffen und Geräthschaften, aus denen sicher auf dagewesene Menschen zu schließen ist, in diluvischen Erdschichten neben wirklich fosfilen Thierknochen gefunden. Sind diese Waffen und Geräthschaften vielleicht nur von außen, etwa durch Spalten, in die tiefen Erdschichten hineingerathen? Ist diese Annahme nicht durch die auffallend große Anzahl dieser Geräthschaften auf einer und derselben Stelle widerlegt? Oder, wenn es ausgemacht ist, daß die Erdschicht, in der sie gefunden sind, einer früheren geologischen Zeit angehört, täuscht man sich nicht in Betreff der Beschaffenheit dieser Kieselsteine? Sind die Formen, die man meint als Menschenwerk ansehen zu müssen, nicht vielleicht ein bloßes Naturspiel? Wir dürfen hoffen, daß die Wissenschaft in Bezug auf diese Fragen in nicht gar langer Zeit zur Gewißheit gekommen sein wird. Wie die verschiedenen organischen Wesen in jeder geologischen Periode entstanden sind, das ist eine Frage, auf welche die Wissenschaft wohl nie eine Antwort wird geben können. Ihre Aufgabe kann zunächst nur die sein, das Terrain zu bestimmen, auf dem organische Wesen hervorgegangen sind, und die Gränze an zugeben, über welche hinaus jeder Schritt des Bodens der Erfahrung entbehrt. In dieser Beziehung wird die Paläontologie noch Bedeutendes leisten.

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Es ist gewiß, daß alle Thiergattungen, die man im fosfilen Zustande findet, eine begränzte geologische Dauer gehabt. Die zuerst entstandenen Gattungen, die den ältesten Schichten der Erdrinde angehören, find gegenwärtig nicht mehr vorhanden. Alle diejenigen, die heutzutage leben, sind jüngeren Ursprungs. Manche freilich haben sich

durch mehrere geologische Perioden erhalten. Wenn eine Gattung oder Species untergegangen und in der nächsten Periode nicht wieder erzeugt worden ist, so ist sie nie wieder zum Vorschein gekommen. Der Elephant, der in der diluvischen Periode so häufig vorkommt, hat sich bis in unsere Periode erhalten; aber, wenn er, was nicht der Fall ist, der tertiären Periode angehört hätte und dann in der diluvischen Periode nicht mehr vorkäme, so würde er auch heutzutage nicht mehr existiren. Eine Gattung überlebt wohl den Uebergang aus einer in die nächstfolgende Periode, indem sie sich den neuen Bedingungen ihrer Existenz, wenn diese nicht gar zu verschiedene sind, akkommodirt; wenn sie untergeht, so ist die neue Welt eine von der eben untergegangenen sehr verschiedene und unfähig, daffelbe, was früher da war, hervorzubringen. Ebenso verhält es sich mit den Arten. Auch fie kommen nicht wieder zum Vorschein, wenn sie einmal untergegangen sind.

Gegenwärtig hängt die Temperatur auf der Erdoberfläche nur von den Sonnenstrahlen und von der Dichtigkeit der Atmosphäre ab; der Einfluß der inneren Gluth der Erde reicht nicht mehr bis auf die Oberfläche. die Oberfläche. Ob es in den früheren geologischen Perioden, in denen Pflanzen und Thiere auf der Erdoberfläche entstanden sind, auch schon ebenso gewesen, weiß man nicht. Das aber hat die Paläontologie festgestellt, daß im Allgemeinen in den früheren Perioden die Temperatur überall eine höhere und gleichmäßigere auf der Erde gewesen; ferner dies, daß die Mannigfaltigkeit in den Formen des Lebens in demselben Maße, wie die Mannigfaltigkeit der klimatischen Verhältnisse, zugenommen hat.

Die Aufeinanderfolge der Erdschichten, die ersten Anfänge des Lebens in den ältesten Schichten, die verschiedenen organischen Wesen in den verschiedenen Schichten haben mehrere Zoologen veranlaßt, es als ein Geseß der Paläontologie hinzustellen, daß die organischen Wesen einer Entwickelung vom Unvollkommneren zum Vollkommneren unterworfen gewesen sind. Sie wollen damit sagen, daß, je höher man in der Reihe der Schichten hinaufsteigt, desto höher organisirte Gattungen und Arten angetroffen werden. Aber dieser Annahme scheinen mehrere Thatsachen zu widersprechen. Die Affen, welche vollkommner organifirt sind, als die übrigen Thiere, und unvollkommner, als der Mensch, müßten, jener Annahme zufolge, in der Reihe der Erdschichten eine mittlere Stellung einnehmen, und doch findet man sie schon in den tertiären Schichten. Die Rückgratthiere müßten erst später vorkommen, und doch findet man Rückgratthiere (Fische) schon neben den ersten wirbellosen Thieren. Aber troß dieser Abweichungen behält jenes Gesez seine allgemeine Wahrheit: die Pflanzenwelt, die Thierwelt, die Menschenwelt sind eine nach der anderen ins Leben getreten.

Weiter hat die Paläontologie zu der Ueberzeugung geführt, daß in allen geologischen Perioden, troß der Verschiedenheit der in denselben vorkommenden Wesen, immer dieselben biologischen Geseße gewaltet haben. Was sich nicht mit einander verträgt, hat sich in allen Perioden ebenso, wie heute, ausgeschlossen; was zusammengehört, hat sich früher verbunden, sowie heutzutage. Die Farrnkräuter können hohe Bäume werden; aber sie bleiben Farrnkräuter. Die Eidechsen können Flügel bekommen und fliegen; aber sie bleiben Eidechsen. Die Faulthiere und die Panzerthiere können groß werden, wie Elephanten, aber sie bleiben Faulthiere und Panzerthiere. Etwas Anderes als Monokotyledonen oder Dikotyledonen bieten auch die früheren Pflanzenwelten nicht dar, und in den Thierwelten hat man nichts Höheres, als Rückgratthiere, nichts Niedrigeres als wirbellose Thiere aufgefunden. Die Wissenschaft hat sich nie beffer bewährt, als indem fie Anwendung gefunden auf Fälle, an welche sie nie gedacht.

China.

zur näheren Kenntniß von China.

Das uns in so mancher Beziehung immer noch räthselhafte China zicht gegenwärtig die Blicke der Europäer wieder mehr auf sich; Canton befindet sich in der Gewalt verbündeter europäischer Mächte, und es ist nicht abzusehen, welche Gestalt der Verkehr mit dem Reich der Mitte erhalten wird. Wir begrüßen daher jeden Aufschluß, der uns über dasselbe gegeben wird, mit erhöhterem Interesse, welches wir denn auch durch die folgenden Mittheilungen bekunden wollen.

Im siebzehnten Jahrhundert brachten die Mandschuren zu wiederholten Malen russische Gefangene von den Ufern des Amur nach Pefing, wo man sie in das Corps der gelben Fahne, d. h. in die kaiserliche Garde, einreihte. Unter diesen Gefangenen war auch ein Priester, Maxim Leontjev, der, mit Einwilligung des Metropoliten von Lobolsk, zu Peking eine griechische Kirche gründete. Gegenwärtig befinden sich in der Hauptstadt von China ein Kloster zu Mariä Reinigung und eine Pfarrkirche zu Mariä Himmelfahrt, beide unter einer russischen geistlichen Mission, deren Mitglieder auf sechs Jahre dorthin entfendet werden, den Gottesdienst für die griechisch-katholisch gebliebenen Nachkommen iener Gefangenen verfchen und sich außerdem

mit dem Studium der Landessprachen und Eigenthümlichkeiten China's beschäftigten. Der Verkehr der in Peking angeseffenen Ruffen mit den Eingebornen unterliegt keinen Beschränkungen; vor dem Absteigehaufe der russischen Kaufleute, welche alljährlich mit den HandelsKaravanen daselbst anlangen, schildert eine chinesische Ehrenwache, und danken die Ruffen diese Begünstigungen dem Umftande, daß sie es nie versuchten, als Bekehrer aufzutreten, weshalb sie auch nie von den Christenverfolgungen in jenem Lande betroffen wurden.

Von den Mitgliedern der russischen Mission zu Peking erscheinen von Zeit zu Zeit Berichte, welche uns in folgendem Werke vorliegen: ,,Arbeiten der Kaiserlich Nuffischen Gesandtschaft zu Peking über China, sein Volk, seine Religion, seine Institutionen, sozialen Verhältnisse 2c. Aus dem Russischen nach dem in St. Petersburg von 1852-1857 veröffentlichten Original, von Dr. Carl Abel und F. A. Mecklen burg, K. R. Oberlehrer."")

Der bis jeßt herausgegebene erste Band enthält folgende Auf fäge: 1) Ueber das Grundeigenthum in China, mit einem Anhang, über das Flächenmaß in China. 2) Bericht des Affignaten-Comité's, aus dem Chinesischen überseßt. 3) Ueber das Christenthum in China. 4) Ereignisse in Peking beim Falle der Min-Dynastie. 5) Häusliche Gebräuche der Chinesen. 6) Die See-Verbindung zwischen Thian fin und Schang-hai. 7) Hong-kong. 8) Denkwürdigkeiten eines Chinesen über Nangasaki. 9) Ueber die Sekte der Da-ofz. 10) Ueber das chinesische Rechnenbrett. 11) Die Beziehungen China's zu Tibet. 12) Ueber die Herkunft des Stammvaters der jest in China herrschenden Dynastie Zin und vom Ursprunge des Namen Mandschu. Wir wollen hier Einiges über die Grundeigenthums-Verhältnisse in China mittheilen.

Bereits in den ältesten Zeiten waren die Chinesen Ackerbauer; fie kannten den Pflug und die fünf Körnerfrüchte, welche die Hauptnahrung des Volkes ausmachen. An der Spiße des Landes stand ein Wahlkaiser, der mit der Regierung über die einzelnen Thäler Amt leute bekleidete; diese ernannten alsdann die Vorsteher der kleineren Bezirke. Alle Beamten erhielten Ländereien zugewiesen, deren Ertrag ihren Gehalt ausmachte. Das Volk besaß das übrige Land als ge= meinschaftliches Eigenthum, welches jedoch nur diejenigen bebauen durften, die dazu körperlich befähigt und zugleich im Stande waren, dem Staate im Frieden zu steuern, im Kriege zu dienen.

Im Jahre 2205 vor Chr. wurde Jui der Große zum Kaiser gewählt, sein Sohn 2197 vor Chr. zu seinem Nachfolger ernannt; so gelangte die Dynastie Sia zum Thron. Seit dieser Zeit entwickelte sich die Ansicht, daß alles Land dem Kaiser gehöre, der daffelbe weiter zu verleihen berechtigt wäre; auch Afterverleihungen wurden gestattet. Die Ländereien, welche den Staatsdienern verliehen wurden, waren Zubehör des Amtes und gingen daher auf den Amtsnachfolger über.

Die Besißverhältnisse der steigenden Bevölkerung gestalteten sich in folgender Weise. Man theilte das Land in Flächen von ungefähr 212 Morgen, welche man in neun Abschnitte abgränzte; von diesen erhielten acht Familien acht gleiche Theile mit der Verpflichtung, den neunten für den Staat zu bebauen und den Ertrag an denselben als Steuer abzuliefern. War das Land minder ertragsfähig, so gab man den Familien größere, in der Nähe der Städte geringere Antheile. Noch heute bestehen in einigen Gegenden Korea's Spuren dieser alten Einrichtung, die sich jedoch in anderen Provinzen des Reiches theils wegen der geringen, theils wegen übergroßer Bevölkerung allmählich als mangelhaft erweisen mußte. Es beschloß daher im Jahre 350 vor Chr. ein Minister,,,sein Vaterland durch Urbarmachung des brachliegenden Landes zu bereichern und eine Auswanderung des ob Bodenmangels darbenden Volkes nach den benachbarten Lehnsdistrikten zu veranlassen".

Demgemäß erhielt ein Jeder das Recht, wo es ihm gutdünkte, Land zu okkupiren und daffelbe ohne Rücksicht auf frühere Vermesfungen abzugränzen. Bei zunehmender Bevölkerung fehlte es jedoch bald an zu okkupirendem Lande; bestanden einzelne Familien aus zahlreichen Mitgliedern, so wurde eine allzugroße Zersplitterung des Bodens nothwendig, der namentlich während langjähriger innerer Kriege die kleinen Besizer nicht zu ernähren vermochte. Um so übermächtiger wurden die Reichen, die die kleinen Liegenschaften während solcher Nothstände billig an sich brachten. In einem despotisch re= gierten Lande wird man aber kein Mittel scheuen, um ein Unrecht durch ein anderes zu beseitigen. Im Jahre 9 nach Chr. erschien folgendes Geset:

Aller Grundbesig im Lande wird kaiserlich; kein Unterthan darf mehr als ein Zin (ungefähr 25 bis 30 Morgen) Landes und acht Sklaven männlichen Geschlechts haben; der Verkauf des Landes ift

*) Berlin, F. Heinicke, 1858.

verboten, damit Jeder die Quelle seiner Nahrung behalte. Das Uebermaß von Land verfällt der Krone und wird nach Bedürfniß den Dörfern zugetheilt. Wer an der Weisheit dieser Anordnungen zweifelt, wird verbannt, wer sie verleßt, getödtet“.

Ein so wahnsinniges Gefeß, dem sich die Fürften wie der gemeine Mann unterwerfen mußten, hatte jedoch nur drei Jahre Be stand. Um das Jahr 280 nach Chr. theilte ein neues Gefeß die sämmtlichen Ackerbauer, je nach der Arbeitsfähigkeit, in verschiedene Klaffen und einer jeden derselben ein bestimmtes Areal zu. In der ersten Klasse von 16 bis 60 Jahren sollte jeder Mann ungefähr 18, jedes Weib ungefähr 8 Morgen, in der zweiten von 13 bis zu 15 und von 61 bis zu 63 Jahren die Hälfte erhalten. Auch diese Verordnung war nicht lange gültig. Wir übergehen ähnliche gesetzgeberische Versuche. In der Zeit von 619 bis 907 nach Chr. regierte die Tan-Dynastie, welche die Abgaben nicht mehr von der Arbeitskraft, von dent Alter oder von dem Grundbefiß, sondern überhaupt vom Eigenthum erhob und daher das Volk in neue Vermögensklassen theilte. Seitdem ist das Recht, Landbefiß zu erwerben, unbeschränkt. Um jedoch die Pächter vor der Willkür der Verpächter zu schüßen, hat man einen bestimmten Pachtzins, je nach der Beschaffenheit des Grundes und Bodens, festgesezt.

Es kann jeder Chinese über seinen Grundbesig durch Verkauf, Verpfändung und überhaupt unbeschränkt verfügen; es wird aber von der Regierung darauf gesehen, daß sich der Ackerbau im besten Zuftande befindet, weshalb diejenigen Beamten, in deren Bezirken derselbe untadelhaft ist, belohnt, im entgegengeseßten Falle aber bestraft werden. Wer brachliegendes herrenloses Land anbauen will, erhält dazu erst die Erlaubniß, wenn sich fünf Monate nach einer dieserhalb erlassenen amtlichen Bekanntmachung kein Eigenthümer meldet. Der neue Anbauer erhält in solchem Falle Steuerbefreiungen und Darlehne von der Regierung. Privatländereien könnnen von den Eigenthümern nur, wenn diese nicht selbst Bauern oder wenn sie arbeitsunfähig sind, an Andere zum Anbau ausgethan werden. Das unter dem Pfluge befindliche Land betrug im Jahre 1831 nicht weniger als 44 Millionen Morgen.

Ein Theil dieses Landes ist Apanagegut des Herrschers und der Mitglieder seiner Familie, ein anderer Kirchen-, Schul-, Gemeindegut, noch ein anderer ist zu Militair-Ansiedlungen bestimmt.

Wir glauben schon durch diese flüchtigen Auszüge auf den Werth des vorliegenden Werkes der russischen Mission zu Peking hingewiesen zu haben und empfehlen dasselbe zu genauerem Studium namentlich der mecklenburgischen und hinterpommerischen Ritterschaft, die in den älteren Zuständen China's zum Theil ihre sozialen Träume verwirklicht sehen dürfte.

Mannigfaltiges.

Die Schweiz, von der Gräfin Dora d'Istría. Von dem in Paris gedruckten Buche „La Suisse Allemande" ist jegt, gleichzeitig mit einer deutschen, eine englische Uebersehung unter dem Titel:,,Switzerland, the Pioneer of the Reformation", erschienen. Auf dem Titel der englischen Uebersehung ist gesagt, daß darin auch dasjenige Kapitel enthalten sei, welches auf Befehl der kaiserlichen Regierung in der französischen Ausgabe des Buches unterdrückt wor den.,,Gräfin Dora d'Istria" ist der Schriftstellername der Frau Fürstin Kolzov - Massalsky, geborenen Prinzessin Ghika, einer Nichte des gegenwärtigen Kaimakams der Walachei. Nach den Mittheilungen des Londoner Athenaeum ift die Fürstin eine Frau von hoher Bildung, eine Schülerin von Papadopulos, die namentlich auch mit deutscher Wissenschaft sehr vertraut sein soll. Es wird ferner erzählt, daß sie, als eine sehr geschickte Schwimmerin, ihre Schwester einst vor dem Ertrinken gerettet hat. Auch ist sie die erste Dame, die den 13,000 Fuß hohen,,Mönch" im Berner Oberland bestiegen. In Venedig, wo sie sich im Jahre 1849 in der Malerkunft unter Schiavoni vervollkommnete, lernte sie ihren jeßigen Gemahl, den ruffischen Fürsten Kolzov - Massalsky, kennen, mit dem sie nach St. Petersburg ging. Nach sechsjährigem Aufenthalte in Rußland, mit deffen damaliger Politik sie sich nicht befreunden konnte, fand sie sich, ihrer Gesundheit wegen", veranlaßt, eine Reise in das Ausland zu machen, wo sie seitdem, und zwar jest zu Aarau in der Schweiz, lebt. Nachdem ihr Buch über die deutsche Schweiz, das vornehmlich für die Franzosen bestimmt war, mit Beifall aufgenommen worden, ist die Gräfin Dora d'Istria jezt auch damit beschäftigt, über die französische und die italiänische Schweiz ähnliche Schriften herauszugeben. Demnächst wird auch ein vielversprechendes Buch von ihr unter dem Titel: Les femmes en Orient" erwartet.

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Wöchentlich erscheinen 3 Nummern. Breis jährlich 3 Thlr. 10 gr., halbjährlich 1 Thir. 20 Ggr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür bas Blatt im Inlande portofrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

No 43.

für die

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Literatur des Auslandes

Nord-Amerika.

Berlin, Sonnabend den 10. April.

Wiedereröffnung des afrikanischen Sklavenhandels. Die Einfuhr afrikanischer Negersklaven ist bekanntlich in den Vereinigten Staaten verboten, und im Sklavenhandel kamen gemeinhin bisher nur die im Gebiete der Union gezogenen Farbigen in den Verkehr. Indeß ist schon seit einigen Jahren die Rede davon gewefen, daß troß jenes Verbotes doch afrikanische Neger eingeführt würden, ohne daß etwas Eklatantes darüber wäre bekannt geworden. Neuerdings aber brachten öffentliche Blätter die Nachricht, daß afri kanische Neger an der Mündung des Pearl River, im Staate Mississippi ausgeschifft würden, und kurz darauf ward hiesigen Blättern aus New - Orleans unterm 3. März mitgetheilt, daß im Repräsentantenhause von Louisiana eine Bill durchgegangen, wodurch eine schon organisirte Compagnie autorifirt werde, zweitausendfünfhundert freie Schwarze von der Küste von Afrika einzuführen, welche aber nicht weniger als funfzehn Jahre unter Aufsicht stehen sollten. Es scheint Es scheint dies eine Nachahmung der neuen französischen Einfuhr von Negern nach den westindischen Kolonieen zu sein. Ungefähr gleichzeitig erfuhren wir nähere Einzelheiten über die thatsächliche Wiedereröffnung des afrikanischen Sklavenhandels durch einen Artikel des „NewOrleans Delta" vom 26. Februar, deffen Ueberseßung ich nachstehend mitzutheilen nicht versäumen will.

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,,Einige staunenerregende und bezeichnende Thatsachen sind zu unserer Kenntniß gekommen. Wir haben angestanden, sie zu veröffentlichen, aber nach Erkundigung, Prüfung und Berathung sind wir zu der Ueberzeugung gekommen, daß sowohl Pflicht als Politik deren Enthüllung erfordern.

,,Diese Thatsachen, sagen wir, sind auffallend, fie sind peinlich. Sie werden Manche in unseren Comtoirs und anderen Geschäftslokalen, sowie auf den Plantagen und in den Städten in Erstaunen sehen und ermuthigen, aber am meisten werden sie die westeuropäischen Kabinette überraschen und ausnehmend dazu beitragen, zwischen dem genialen französischen Volke und unserem normännischen und hugenottischen Süden ein ungeschriebenes, aber herzliches, edelmüthiges und unverwüftliches Bündniß gegen die Verbindung von Geiz und Neid, Gewinsel und Habgier Englands und der nördlichen Staaten zu befestigen. Wenn auch die besiegten und wüthenden Feinde unserer Institutionen die schäumenden Gefäße ihrer Wuth öffnen und über unsere gefurchten Stirnen ausgießen werden, wenn auch der Präsident dadurch betroffen werden und in Verlegenheit gerathen mag; wenn auch die großen Parteien des Landes bitter enttäuscht werden und in Verwirrung gerathen mögen, so soll doch hiermit unverhohlen gefagt sein, daß die Südmänner das Gefeß in eigene Hand genommen und den afrikanischen Sklavenhandel mit dem Süden wieder eröffnet haben, daß Afrikaner bereits nach Mississippi und anderen Küftenstaaten importirt werden, daß im Staate Mississippi ein Markt für afrikanische Reger ist und daß auf Plantagen dieses großen und unerschrockenen Staates kürzlich importirte Neger ihre tägliche Arbeit verrichten. Die Autorität, auf welche hin wir diese Veröffentlichung machen, ist unzweifelhaft. Ebenso find wir in Kenntniß gesezt, daß in Mississippi Henry Hughes und einige Männer seiner Partei jezt für die Einwanderung von Arbeitern agitiren, nicht um eine ergänzende Einfuhr von Afrikanern zu eröffnen, sondern um die bereits eröffnete und unmöglich abzuschneidende Einfuhr zu legitimiren und allgemeiner zu machen.

Wir haben noch einige Einzelheiten mitzutheilen. Manche NeManche Neger werden an der atlantischen Küfte ausgeschifft und über Land auf die Baumwollenfelder von Mississippi gebracht, aber die eigenthümlichen Vortheile der Küste des Staates Mississippi zur Landung und Verbergung der Ladung, sowie die gute Lage des Pearl River, als eines Kanals zu deren Vertheilung, sind nicht zu übersehen.

,,Der Gewinn an dem Sklavenhandel in Mississippi ist enorm. Wir waren so glücklich, uns aus zuverläffiger Quelle einige interessante

1858.

Details zu verschaffen, welche sich auf den Sklavenhandel von Missis sippi beziehen und von Betheiligten bestätigt sind. Es ist überflüssig, zu bemerken, daß die Barke, die zum Handel nach dem Süden gebraucht wird, ein schneller Segler sein muß, denn dies ist unerläßlich für die Sicherheit der Offiziere und der Mannschaft, die Gesundheit der Ladung und raschen Geldgewinn. Für eine Reise von der Küste des Staates Mississippi nach Afrika und von dort zurück braucht man einen Capitain, einen Supercargo, drei Steuermänner, drei Köche, einen Steward und zwischen zwanzig und dreißig Matrosen erster Klasse. Das Fahrzeug muß mit Takelage, sowie mit überzähligen Segelstangen, Tauen, Topmaften und einer Anzahl Segel, gut versehen sein. Ein Vorrath von Flaggen aller Nationen wird besonders erforderlich sein, indeß ist die nüßlichste jezt die französische Flagge, da englische Kreuzer Schiffe dieser Flagge nicht durchsuchen und sich gegen sie nicht dieselbe Freiheit herausnehmen werden, als gegen die Flagge der Vereinigten Staaten. Der Lohn des Schiffsvolkes muß sehr reichlich sein und dessen guter Wille sorgfältig erhalten werden, weil eine Meuterei während der Reise gefährlich und nach derselben eine Anzeige aus Verrath oder Rache im günstigsten Falle lästig oder kostspielig ist. Für den guten Willen der Leute hängt viel von den Steuermännern ab, über die der Capitain ein wachsames Auge haben muß. Zum Unterhalt der Neger muß das Schiff vollauf mit Zwieback, Maismehl, Reis und einem Ueberfluß von Weinessig, rothem Pfeffer, reinem Waffer und Droguén versehen sein. In Vertheilung der Nahrung muß die größte Regelmäßigkeit beobachtet und Krankheiten müssen bei ihren ersten Symptomen schnell in Behandlung genommen werden. Von den Fähigkeiten des kommandirenden Offiziers kann man sicher behaupten, daß auf einem Sklavenschiffe mehr Muth, Talent, Ehrenhaftigkeit, Treue, Geschick und Besonnenheit erfordert werden, als auf irgend einem anderen Schiffe oder bei einem anderen Handel. In der That müssen der Capitain und Supercargo die Functionen als Seefahrer und Schiffsoffiziere, als Kaufleute, Aerzte, Diplomaten und Obrigkeit übernehmen, nicht zu gedenken der eines Kaplans.

,,Ueber Kosten und Gewinn haben wir die neuesten Angaben von dem Capitain einer Barke, die aus einem der Häfen von Geor gia absegelte. Derselbe ist erst kürzlich zurückgekehrt und berichtet, daß vermöge der Wachsamkeit der Kreuzer die Neger an der Küste angehäuft und die Märkte überfüllt waren, in Folge deffen die Preise bis unter 30 Dollars das Stück gefallen find; indeß muß die Zahlung in Gold oder Silber geleistet werden, da die Häuptlinge nicht mehr wie früher Waaren in Tausch nehmen wollen.

,,Man kann eine Ladung auf 700 Neger schäßen, obgleich oft wohl mehr als diese Zahl eingeschifft werden; wie viele es aber auch sein mögen, so dürfte doch keiner gekauft werden, der über 25 Jahre alt ist. Siebenhundert, zu dem Preise von 30 Dollars das Stück, erfordern 21,000 Dollars, und hier oder in Cuba wird sich ihr Preis auf 450 bis 1200 Dollars belaufen. Wenn sie aber zu 500 Dollars das Stück verkauft werden, so wird man für die Ladung doch 350,000 Dollars bekommen. Rechnen wir auf alle Kosten der Reise und allen möglichen Verlust 150,000 Dollars, so bleiben als Reingewinn einer Reise immer noch 200,000 Dollars übrig. Da der Prosit so ungeheuer ist, so begreift man wohl, weshalb das Geschäft im Süden in Angriff genommen wurde. Ebenso begreifen wir die Unmöglichkeit, dem einmal begonnenen Handel wieder ein Ende zu machen. Vor allen Dingen leuchtet uns jeßt ein, daß die große Frage nicht die ist, ob der Süden eine Zufuhr afrikanischer Arbeitskräfte haben soll, denn diesen Punkt betrachten wir jezt als ausgemacht, sondern die große in den Vordergrund tretende Frage ist, ob diese Einfuhr von Negern nach dem von Hughes eingeschlagenen Wege so modifi=' zirt werden soll, um geseglich, offen, geregelt und gleichmäßig betrieben zu werden."

Der von Hughes beabsichtigte Plan ist nicht angeführt, indeß läuft er vielleicht auf die Maßregel hinaus, die, wie erwähnt, neulich im Repräsentantenhause des Staates Louisiana gut geheißen wurde.

Jedenfalls steht aber fest, daß die Wiederöffnung des afrikanischen Sklavenhandels im Süden der Union thatsächlich erfolgt ist. Das Gouvernement wird um so weniger dagegen einschreiten können, als, abgesehen von dessen Ohnmacht, der jeßige Präsident ebenso in den Händen der Sklavenhalterpartei ist, wie sein Vorgänger, und über haupt den ihm vorliegenden schwierigeren Fragen sich weniger gewachsen zeigt, als man bei seinem Amtsantritt behauptete.

Der mit der Küste von Afrika wieder eröffnete Sklavenhandel ist aber eine Thatsache von großer Tragweite und läßt nach den vorliegenden Verhältnissen nicht allein eine größere Verwickelung in der Sklavereifrage, sondern auch noch andere Folgen vermuthen. Er führt die Sklavenstaaten immer unvermeidlicher einem Sklavenkriege entgegen, dem alle Völker nicht entgangen sind, welche eine große Menge Sklaven hatten, und der bis jezt zum Theil durch den Umstand verschoben ward, daß die Sklaven im Lande aufgezogen und von Jugend auf an Gehorsam gegen die Weißen gewöhnt waren, nicht zu gedenken, daß die Staaten der Union keine hinreichende Militair. macht haben, wodurch, wie in Cuba, die Schwarzen können im Zaum gehalten werden. Die immer steigende Anfüllung der südlichen Staaten mit der niedrigen afrikanischen Race läßt aber auch Fortschritte der Entcivilifirung in denselben vermuthen, und zugleich wird die Kluft zwischen der amerikanischen Entwickelung und der europäischen Civilisation immer weiter. Dieser afrikanische Sklavenhandel gehört übrigens zu den Merkzeichen, wodurch man nachgerade in Europa inne werden wird, daß die amerikanische Entwickelung ihrem Wesen nach eine andere als die europäische ist, eine Entwickelung, nicht allein ärmer an Inhalt, sondern auch geringer an Qualität. Das läßt sich auch aus verschiedenen anderen Thatsachen nachweisen, von denen ich nur die Ausartung der weißen Raçe in Amerika andeuten will, die schon verschiedentlich und neuerdings wieder zur Sprache gekommen ist, ohne daß bisher gründliche Untersuchungen darüber wären angestellt worden. Doch etwas Weiteres über diesen Gegenstand muß ich anderer Gelegenheit vorbehalten. New-York.

Frankreich.

A. Böhme.

Die Arbeit in den Kohlen-Bergwerken.")

Das Gesetz von 1841 über Hüttenwerke und Fabriken, das über die Verwendung der Kinder in denselben genaue Vorschriften für die Dauer der Arbeits- und Ruhezeit enthält, und namentlich die nächtlichen Beschäftigungen derselben untersagt, hätte auf das Arbei ten in den Schachten schwer Anwendung finden können. Nach dem Wortlaut des kaiserlichen Dekrets vom 3. Januar 1813 dürfen Kinder unter zehn Jahren nicht in den Minen verwendet werden, denn in Eisenhütten und Fabriken nimmt man bekanntlich schon achtjährige Kinder auf. Dieselbe Beschränkung gilt natürlich auch in Belgien, wo die Vorschriften der französischen Bergwerkspolizei noch in Kraft bestehen; sie wurde sogar von England entlehnt, das mit der Grundakte von 1842 auf der Bahn der administrativen Ueberwachung der Kohlenwerke den ersten Schritt gethan hat. Bei diesem Anlaß war die englische Regierung von der öffentlichen Meinung buchstäblich gezwungen, die scheue Zurückhaltung, die sie gewöhnlich in ihren Beziehungen zur Industrie beobachtet, zu überwinden. Die in den Kohlen Bergwerken angestellten Untersuchungen hatten betrübende Einzelheiten an das Licht gebracht. Die Lüftungspforten, mittelst deren die künftliche Atmosphäre in den Schachten gefchaffen wird, dürfen nur für den Durchgang der Waggons geöffnet und müssen sofort geschlossen werden; dieses fortwährende Oeffnen und Schließen war das Geschäft der Kinder zartesten Alters. Diese armen kleinen Frohnknechte der Gruben-Industrie, abgeschloffen von Luft und Licht, den nothwendigen Bedingungen zur physischen und moralischen Entwickelung, verbrachten ihre jungen Jahre im Finstern zusammengekauert, unter einer so eintönigen verthierenden Arbeit, die häufig den Blödsinn herbeiführt. Die Bill von 1842 hat überdies in die Gewohnheiten dieses unterirdischen Lebens eine bedeutende Veränderung gebracht, indem sie die Verwendung von Frauen in den Kohlengruben schlechterdings untersagte. Frankreich, das muß man sagen, kannte diese Barbarei niemals; in einigen Gruben Belgiens aber arbeiten bis zur Stunde Mädchen und Knaben gemeinschaftlich, ohne daß irgend welcher Unterschied im Anzuge den Unterschied des Geschlechts auch nur andeutete. Zu welcher Sittenverderbniß das führen muß, bedarf keines Beweises. Vor der Bill von 1842 gab es in England Kohlengruben, worin Männer und Frauen in einem Zustande völliger Nacktheit zusammen arbeiteten.

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Der Grubenarbeiter ist im Allgemeinen kenntlich an seiner Magerkeit, seiner Blässe, an den stroßenden Muskeln des Rumpfes, dem gekrümmten Rücken, dem hinkenden Gang. Aus der schwierigen Lüftung der Gruben ist das krankhafte Aussehen des Bergmannes leicht zu erklären. Anämie und Asthma (Blutmangel und Engbrüftigkeit), die unmittelbaren Folgen der verdorbenen Luft in den Gruben, sind nicht die einzigen Krankheiten der Arbeiter: rheumatische Anfälle, skrophulöse Leiden, Lungenschwindsucht, Krankheiten des Rückenmarkes, die sie sich bei ihren anstrengenden Arbeiten zuziehen, sind ihr trauriges Loos. leberdies gehört die Bergwerks-Industrie zu denjenigen Industrieen, bei denen die Arbeit Tag und Nacht ununterbrochen fortgeht. Bisweilen wird der Arbeitstag von 24 Stunden in drei Posten zu acht Stunden getheilt; sonst theilt man ihn auch in zwei gleiche Hälften und läßt die Tagreihe mit der Nachtreihe in je acht oder vierzehn Tagen wechseln.

Die Bevölkerung, die zu diesem mühseligen Leben verurtheilt ist, zählt in drei Ländern, die hier in Betracht kommen (in Frankreich, England und Belgien) und in Bezug auf den Steinkohlenbau allein mehr denn 300,000 Seelen. Davon kommen auf England 220,000 (darunter 2642 weiblichen Geschlechts, die jedoch außer den Gruben beschäftigt sind), 48,000 auf Belgien, 40,000 auf Frankreich. In einer Denkschrift über die Krankheiten der Bergleute bemerkt Herbert Mackworth, ein Inspektor in den Kohlenwerken Englands, daß die Sterblichkeit bei den Grubenarbeitern in dem Alter zwischen 10 und 25 Jahren, die Normalzahl, welche die Statistiker für diese Altersstufe im Allgemeinen angeben, um das Dreifache übertreffe und daß dieses Mißverhältniß früher bei Kindern unter 10 Jahren sich noch trauriger gestaltet habe. Daß zu Merthyr (einer Bergwerksstadt in Wales) die Cholera, so heftig sie auch aufgetreten, dreimal weniger Verwüstungen angerichtet habe, als die Krankheiten, die den Kohlenwerks-Arbeitern eigenthümlich sind. Daß endlich in dem Alter zwischen 15 und 25 Jahren ein Drittel der Todesfälle den Krankheiten der Athmungsorgane zuzuschreiben seien. Doktor Tardieu in seinem,, Dictionnaire d'hygiène et de salubrité” versichert, daß die unterirdischen Arbeiter schon zwischen 30 und 40 Jahren dem Greifenalter verfallen find und felten das funfzigste Jahr überleben. Daraus erklärt es sich, daß unter den Arbeitern in den Kohlenwerken Englands die Zahl der unter 20 Jahren diejenigen, die zwanzigste Jahr zurückgelegt haben, um 15,000 übersteigen.

Die Arbeit in den Kohlen-Bergwerken ist nicht nur mühsam und ungesund, sie ist auch in Betracht der Schwierigkeiten, die mit der Ausbeutung nothwendig verbunden sind, überaus gefährlich. Im Jahre 1856 starben in den 2600 Steinkohlengruben Großbritanniens 956 Arbeiter eines gewaltsamen Todes, so daß jede Million Tonnen Steinkohlen funfzehn Menschenleben gekostet hat. Im Jahre 1854 fielen 892 Opfer, und zwar:

321 durch Einstürze,

231 durch Zufälle in den Schachten (Reißen des Taues u. s. w.), 192 durch Erplosionen des sogenannten Grisou (des bösen Wetters), 148 durch allerlei andere Ursachen;

nur wenige bleiben von diesen Unglücksfällen verschont, und in dem Leben der meisten bilden sie die Haupt-Epochen.

Aus amtlichen statistischen Berichten gehen für das Jahr 1850 folgende Data hervor: die Steinkohlenwerke in England allein beschäftigten unter der Erde 36,430 Arbeiter; darunter 3495 Frauenzimmer, und zwar 1221 unter 16 Jahren. Durch 156 Unfälle verschiedener Art kamen 270 theils ums Leben, theils um ihre gesunden Glieder. Die Ziffer der Getödteten ist dort größer, als in Frankreich; dagegen sind die Verwundeten hier zahlreicher. Doch steht Großbritannien auf der statistischen Todtenliste in erster Reihe: schnell und viel produziren ist dort bei dieser, wie bei jeder anderen Industrie, das Losungswort, und die Arbeiten in der Erde Eingeweiden werden daher mit geringer Behutsamkeit geleitet.

Ein Bericht des Ministers der öffentlichen Arbeiten an den Kaiser der Franzosen giebt für das Jahr 1856 folgende statistische Uebersicht: Bergwerke für

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Zufolge deren wurden verwundet. 395 Danach läßt sich also der Grad der Gefahr in den verschiedenen Brennmineral-Gruben genau ermessen und ersehen, daß in diesem Betrachte die Steinkohle in erster, die Braunkohle in legter Reihe steht...

So selten die Einstürze von einiger Ausdehnung vorkommen, so häufig richten die herabfallenden Kohlen- und Felsblöcke Unglück an, indem sie sich plöglich unter den Schlägen der Arbeiter ablösen und diese zermalmen oder doch mindestens verstümmeln. Gegen die Folgen, die das Reißen der Taue herbeiführt, schüßt jezt ein Fallschirm, die finnreiche und kühne Erfindung des Herrn Fontaine, Werkführers

der Compagnie von Auzin. Diesem Mechanismus, der sich ohne sinnliche Anschauung schwer beschreiben läßt, verdanken bereits Hunderte von Arbeitern ihr Leben.

Die Explosionen des kohlenhaltigen Wafferstoffgases, das außerdem, wie alle in den Gruben sich entwickelnden tödtlichen Gase, uneinathembar ist, haben die unheilbringende Wirkung, daß an der Stätte des Ausbruchs nicht nur die betroffenen Arbeiter verbrennen, sondern daß auch eine große Zahl derselben in dem nach der Entzündung des Grisou (des bösen Wetters) alle Räume anfüllenden Gase ersticken. Durch ihre Gewalt werden oft Tonnenlaften aus den Schachten, wie Bomben aus einem Mörser, geschleudert und ganze Gänge in einer Weise verwüstet, wie wenn eine furchtbare Wasserhose gewiffe Thäler überfluthet. Man höre die Schilderung eines Augenzeugen, der eine Kohlengrube bei Newcastle nach einer solchen Katastrophe besuchte:

,,Nichts vielleicht stimmt das Gemüth so düster, als der Anblick eines Kohlenwerkes, das vor kurzem der Schauplag einer Explosion gewesen ist. Eine Stunde zuvor, welche lebenvolle Thätigkeit! Wohin das Auge blickte, da traf es auf sprechende Zeugnisse eines blühenden Gedeihens. Da sah man die Kohlenkörbe ununterbrochen aufsteigen, ihren Inhalt in die großen, klingenden Siebe schütten, um dann in aller Haft von den brausenden Waggons aufgenommen zu werden. Der helle Ruf der Männer, der Gesang und das Lachen der Jugend, und die gewaltige Dampfmaschine seufzend, stöhnend, schwang raftlos ihre Riesenarme. Jezt Alles starr, stumm, schauervoll! Einige Bergleute, ernst und traurig, erwarten den Direktor an der Einfahrt der Grube. Die Dampfmaschine ruht lautlos; die Drehrollen über den Schachten rühren sich nicht; die Waggons, wirr durcheinander, stehen müßig. Die einzigen Töne, die man hört, sind das Weinen und Schluchzen der jungen Bursche und der Kinder; die Hütten der Bergleute sind verschlossen, wie an einem Sonntag.

,,Wir fahren nun mit dem Direktor in den Schacht. Welch eine Umwandlung! Hier, wo man sonst gewöhnlich auf Gruppen von rauchenden, scherzenden Bergleuten traf Grabesstille! Wir steigen aus dem Korb, ohne daß uns eine gefällige Hand Hülfe leistet. Schon nach wenigen Schritten in der Grube bemerken wir die Spuren der Explosion. Die Stollen, sonst so überfüllt, find leer, keine Bewegung, kein Laut. Ein ganzer Zug Kohlenwaggons steht ruhig auf den Schie nen. Kein Pferd, kein Führer zu sehen. Die Explosion ereignete sich an einem entlegenen Punkte der Grube. Hier und da schimmert ein schwaches Grubenlicht, bei dem ein Bergmann die Leichen seiner Gefährten sucht. Wir müssen über Haufen Steine und Kohlen wegsteigen. Weiterhin tragen die Stollenwände die Spuren des entzündeten Gases, das über sie hingefahren. Endlich stoßen wir zu den Leuten, welche die Leichen der Verunglückten aufsuchen. Ungeheure Blöcke lagen da, die der Grifou von der Decke losgerissen hatte; ein Theil der Trümmer war seit einigen Stunden aufgeschaufelt und beiseite geschafft. Der Schauplaß ist schwach erleuchtet von unseren Grubenlichtern, die wir von Zeit zu Zeit in die Höhe halten, um auf diesen greulichen Wust einen unruhigen Blick zu werfen. Nach einer halben Stunde machen wir eine Entdeckung, die Jeden tief ergreift, der an einen solchen Anblick nicht gewöhnt ist: da lag eine schwarze, träge Maffe, die völlig wie Kohle aussah es ist ein menschlicher Leichnam! er wird anständig eingehüllt und zu Tage gefördert. Auf uns macht der Auftritt einen erschütternden Eindruck; überdies ist der Ort nicht ohne Gefahr: die furchtbare Gewalt der Explosion hat die Firfte erschüttert und die Stempel (Stüßbalken) verrückt. Das plögliche Gepolter, das wir einige Minuten früher gehört, rührt von dem Herabfturz der Kohlenblöcke in dem gelben Stol len her, den wir soeben verlassen hatten."

Der Grisou, vielleicht durch die Gährung erzeugt, welche die Zersehung der Pflanzenstoffe in der Steinkohle begleitet, ist gewiffermaßen im Innern der Kohle gefangen, aus welcher er sich mit einem sehr vernehmlichen Geräusch und bisweilen in der Form weißlicher Strahlen befreit. Er findet sich besonders in den Stollen, wo das Geschicht verschoben ist, und gerade in den Steinkohlen erster Qualität. Die Spannung ist so beträchtlich, daß von ihrem alleinigen Impuls ein Kohlenblock von mehr als 11,000 Kilogramm in einer englischen Grube gewaltsam vorwärts getrieben wurde. Die Entbindung des Grisou ist veränderlich und scheint mit dem atmosphärischen Druck in Beziehung zu stehen; bei stürmischem Wetter strömt er reichlicher aus. Von großer spezifischer Leichtigkeit steigt er in den Stollen nach der Firfte und nistet sich in den Winkeln, aus denen er schwer zu vertreiben ist. Eine Kohlengrube, die diesen gefährlichen Gast beherbergt, heischt bei der Lüftung und Beleuchtung eine unausgesett sorgfältige Ueberwachung.

Eine merkwürdige Thatsache wird von dem unseligen Ueberfluß an Grisou in den Gruben von Newcastle einen Begriff geben. Ein seit neunzehn Jahren verlassener und isolirter Kur der Kohlengruben, wo jede Kohlenpore als Gasrohrmündung benußt werden kann, brachte

einen englischen Bergmann damals auf den Gedanken, eine Röhr von Meter im Durchmesser damit in Verbindung zu sehen, und man schäßt die jährliche Masse kohlenhaltigen Wasserstoffgases, das sich bis jeßt aus der Mündung entwickelt hat, auf eine Million Kubikmeter. Die Röhre wurde bis zu einer gewissen Höhe über den Boden geleitet, das ausströmende Gas an der Mündung angezündet, und so brennt diese Riesenflamme, vor den Winden hin und her wogend, seit neunzehn Jahren Tag und Nacht; 1846 stieg die Hiße zu einer folchen Intensität, daß sie über eine beträchtliche Fläche und in einer Dicke von einigen Linien die Stollenwände in Coke verwandelte. In den Kohlengruben Nord-Englands allein wird die Zahl der Opfer, die der Grisou in den Jahren zwischen 1799 und 1841 gefordert, auf 1480, in den Werken von Durham und Northumberland von 1756 bis 1843 auf 1491 geschäßt. In einer siebenjährigen Periode der neuesten Zeit haben die Haupt- Explosionen in den Kohlenminen 1099 Arbeiter getödtet.

In zweiter Reihe der Unglücksfälle in den Bergwerken stehen die Ueberschwemmungen. Nachdem am 10. Januar 1812 eine GasExplosion 78 Bergleute getödtet hatte, überfluthete am 28. Februar ein jäher Wasser-Einbruch einen Stollen, in welchem fich 93 Arbeiter befanden; 22 ertranken, 71 aber konnten nach sechstägigen angestrengten Arbeiten, unter der aufopfernden, kaltblütigen und geschickten Leitung des Bergmeisters Hubert Goffin, gerettet werden. Den wackeren Mann belohnte der begeisterte Beifall der Zeitgenossen und der Orden der Ehrenlegion, den ihm Napoleon sofort übersandte. Diese beiden so nahe auf einander folgenden Unglücksfälle mußten wohl die Sorge der französischen Regierung erwecken. Unter den Vorsichtsmaßregeln, die seitdem in Anwendung kamen, ist besonders die, daß es jedem Konzessionar einer Grube zur Pflicht gemacht wird, die tägliche Situation der Arbeiten in einem Grundriß zu verzeichnen und jeden Umstand, der für die Folge wichtig sein könnte, in einem Register zu vermerken. Vernachlässigt man diese Vorsicht, so kann die Rettung der verschütteten oder durch einen Waffer-Einbruch abgesperrten Arbeiter nur aufs Gerathewohl versucht werden, und das Leben dieser nüßlichen Menschen ist in jedem Augenblick allen Zufällen ihres gefahrvollen Berufs preisgegeben. Nur mit dem Grundriß in der Hand läßt sich eine der größten Gefahren vermeiden: auf alte, im Stich gelassene Gruben zu stoßen, die stets mit Wasser oder schädlichen Gasen angefüllt find. Der Riß ist aber nicht blos ein Mittel der Sicherheit Sicherheiter ist zur Lösung der mannigfaltigen Aufgaben, welche die Symptome des Terrains, die Formation der Kohlenlager im Besonderen dem Bergmann ftellen, und folglich für die Ausbeutung des Berggutes selbst von großem Nußen.....

Die Bevölkerung der Arbeiter in den Kohlenwerken Frankreichs wird auf 150,000 Seelen geschäßt. Mit gerechtem Stolz bemerkt das Comité der Kohlenbergwerke, daß, lange bevor die Februar-Revolution jene heikeln und aufreizenden Fragen in Bezug auf das Proletariat hervorgerufen, die Konzessionäre von Kohlengruben aus freien Stücken die Bahn der Wohlthätigkeit eingeschlagen haben. Sie gründeten für ihre Arbeiter Unterstüßungs- und Alterversorgungskassen, legten Verpflegungshäuser und Schulen an; bauten Arbeiterdörfer, wie namentlich zu Auzin; scheuten kein Opfer, das die Theurung der Cerealien gelegentlich forderte. In erster Reihe stehen die beiden großen Bergwerks-Gesellschaften von Auzin und der Loire. Die erstere hat zwar keine Versorgungskasse eingerichtet, sie bestreitet aber alle Kosten, welche die Unterstügungen, die ärztliche Pflege, die Pensionen der arbeitsunfähigen Bergleute und ihrer Familien nöthig machen. Die lettere hatte, mit anderen Konzessionären von kleineren oder größeren Kohlengruben, troß dem unverständigen, das eigene Interesse verkennenden Widerstreben der Arbeiter, eine Versorgungskasse aus folgenden Elementen organisirt: Aus den Löhnungsabzügen jedes Bergmannes, aus den Ordnungsstrafen, aus den Geschenken vonseiten des Staates, des Departements, der Gemeinden und der Privatleute, endlich aus einer freiwilligen Beisteuer der Gesellschaft felbft, die jahraus jahrein dem Betrag der Lohnabzüge gleichkommt. Die Verwaltung dieser Kaffe ist einem Rath anvertraut, der theils aus Mitgliedern der Gesellschaft, theils aus dazu erwählten Arbeitern gebildet wird. Die Gehaltsabzüge wechseln bei den verschiedenen derartigen Anstalten zwischen 2, 3 und 4 vom Hundert; ja, bei den Bergwerken der Sarthe und Mayenne steigt er auf 5 Prozent. Inzwischen hindern all diese Maßregeln das Elend nicht, den Weg in die Hütte des erkrankten Arbeiters zu finden, der für den Augenblick arbeitsunfähig ist und obendrein Frau und Kinder zu ernähren hat; was will dann eine tägliche Unterstüßung von 4, 4, 1 Franc sagen, wenn auch der Frau und den unerzogenen Kindern Franc bewilligt wird?...

Herr Léonce de Lavergne erinnerte neulich in einem Vortrage in der „, Académie des Sciences morales" an eine Stelle im „Dictionnaire philosophique" von Voltaire:,,Wenn die weichlichen Städter wüßten, was es kostet, um ihnen ihr Brod zu verschaffen, fie würden darüber erschrecken“. Es dürfte nicht minder unser Mitgefühl erregen,

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