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vention bewilligten, bis zu dem Zeitpunkte, wo die Einnahme dem verauslagten Kapital 6 Prozent sichern würde, und ihr die nöthigen Fahrzeuge großmüthig zur Verfügung stellten. Der Tarif für die Depeschen wurde noch nicht entschieden festgestellt; man will aber den Preis einer zwanzigzeiligen Depesche vofk London nach New-York auf 100 France, von Irland nach Neufundland auf 60 Francs ansehen, so daß man auf einen wahrscheinlichen Ertrag von 10 bis 15 Prozent rechnet. Dieser muthmaßliche Gewinn steht allerdings in gar keinem Verhältniß zu dem Risiko eines so verwegenen Unternehmens; allein es ist außer allem Zweifel, daß die meisten Unterzeichner weniger von der Aussicht auf reichen Gewinn, als von dem Verlangen geleitet wurden, zu einem nüßlichen und ruhmvollen Werke das Ihrige beizusteuern.

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Ende Dezembers 1856 bestellte die Gesellschaft das Tau bei zwei englischen Häusern: Newall in Birkenhead und Glaß & Elliot zu Greenwich; jedes übernahm 2000′Kil. Tau für 62,000 Pfd. Sterl. zu liefern. Die Fabrication der unterseeischen Taue ist in England in den Rang einer besonderen Industrie getreten, und man konnte daher binnen einigen Monaten einer so wichtigen Bestellung genügen. Mehr als 2000 Arbeiter waren bei dem Riesenwerke beschäftigt. Nach vielen Vorversuchen entschied man sich, dem Tau das Gewicht von einer Tonne auf die Meile und die Dicke von 15 Millimeter (ungefähr 71 Linien) zu geben. (Schluß folgt.)

Ein Wort über die Hamburger Katastrophe von 1857. Die Handelskrisis, welche das reiche Hamburg in den legten Monaten des Jahres 1857 heimgesucht, war so überraschend und weitgreifend, daß auch in Kreisen, die sich sonst um kaufmännische Zustände und Börsen-Ereignisse wenig zu kümmern pflegen, die beforglichste Aufmersamkeit dadurch erregt wurde. Mit Recht fragte man fich, wie es möglich sei, daß der sonst wegen seiner Solidität gepriefene Hamburger Handelsstand, anstatt, wie die Vorfahren zu thun pflegten, in der Gegenwart für die Zukunft zu sorgen, vielmehr, nach Art der Männer, deren Wahlspruch:,,Nach uns die Sündfluth!" ist, die Zukunft ausbeutete, um für die Gegenwart zu sorgen? Denn was heißt es anders, als die Zukunft auf Kosten der Nachkommen ausbeuten, wenn man durch immer neue Wechsel die alten Schulden deckt, wenn man, anstatt in der Gegenwart mit einem mäßigen Gewinn auf die aus allen Welttheilen bezogenen Waaren sich zu begnü. gen, diese vielmehr auffpeichert, um sie dem Markte zu entziehen und dadurch in der Zukunft Wuchergewinne zu realisiren? Es mag hart klingen, aber es ist wahr, daß der große Hamburger Handelsstand im Jahre 1857 weder seiner Solidität, noch seiner Einsicht in die Dekonomie des Welthandels und der Umlaufsmittel (Currency) ein glän zendes Zeugniß ausgestellt.

Hören wir, was namentlich die Umlaufsmittel-Frage betrifft, die Stimme eines augenscheinlich fachkundigen Hamburgers, der sich über die Ursachen und den Verlauf der Krisis folgendermaßen im Bremer Handelsblatt" vernehmen ließ:

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Unser Waarenhandel war seit 1848 in beständiger Zunahme, ohne daß, wie es sich jest zeigt, eine gleiche Zunahme des für denselben bestimmten Kapitals stattfand. Der große Kredit, welcher den Wechseln unserer Kaufleute und Banquiers in und außerhalb Hamburgs gewährt wurde, diente als Mittel der Fortbewegung der immer großartiger werdenden Geschäfte. Im Jahre 1847, dem legten Jahre vor den verkehrsstörenden Ereignissen der Volks - Revolutionen von 1848, war der Betrag des hiesigen Gesammtverkehrs im Einund Ausfuhrhandel, nach den Angaben des handelsstatistischen Bureau's, 598,117,420 Mark Banko, fank dagegen 1848 auf 460,721,920 Mark Banko, um sich 1849 bereits wieder auf 563,259,670 Mark Banko zu heben. Jest folgte ein sehr rascher Aufschwung des Handels mit dem Auslande von Jahr zu Jahr, so daß Ein- und Ausfuhr, worunter sowohl Eigenhandel wie Kommissions- und Speditions-Geschäfte zu verstehen sind, im leztverfloffenen Jahre den Gesammtbetrag von 1,268,305,810 Mark Banko erreichten. Es wird von glaubwürdiger Quelle versichert, daß im gegenwärtigen Jahre wieder eine Zunahme von einigen hundert Millionen stattfand. Jeder Hamburger, welcher den hiesigen Verhältnissen seine Aufmerksamkeit schenkte, sah ein, daß weder der Waarenhandel. noch das Banquier-Geschäft hier eine der Zunahme des Verkehrs entsprechende Vermehrung an flüffigem Kapital, das Hamburger Börsenmännern gehört, erhalten hätte. Wie überall, griff man zu dem Mittel, eine Masse schwebender Schulden zu Freiren, um den Mangel an wirklichem Kapital zu erseßen. Der Börsen-Effekten-Handel gewann zwar hier nie die Ausdehnung, wie

an vielen anderen Börsen, jedoch wurde auch durch ihn gar manch e Summe dem Waarengeschäft entzogen, da nicht nur Werthpapiere deponirt und belehnt, sondern auch manche früher dem Handel dienstbare Gelder in Staatspapieren und Actien fest angelegt wurden. Das Geschäft nahm zu, und Zahlungs-Versprechen in Wechseln wurden immer mehr zu unentbehrlichen Circulationsmitteln, als Surrogate eines im Verhältniß zur raschen Geschäfts-Ausdehnung mangelnden eigenen Baar-Kapitals. Der seit einigen Jahren in Hamburg stets höher als an anderen Börsenplägen gehaltene Diskontofag deutet die Schwierigkeiten an, welche die Wechsel-Inhaber hatten, um die große Masse der Wechsel zu placiren....

,,Bedacht war man nur, den immer fühlbarer werdenden Zahlungs Verlegenheiten durch eine Erleichterung des Geldumlaufs und eine Vermehrung der Mittel zum Wechsel-Diskontiren abzuhelfen. Die Einführung von Banknoten, als allgemeines Zahlungsmittel in Hamburg, wurde in dieser Hinsicht im vorigen Jahre von der Verwaltung der norddeutschen Bank, die sich mit der hiesigen Kommerz-Deputation eng verbunden hatte, befürwortet, wie auch die Umwandlung der für den Orient in England als Waare gesuchten Silbervaluta der Hamburger Bank in eine Goldvaluta von der Kommerz-Deputation selbst in einer Denkschrift empfohlen wurde. Beide Vorschläge wurden mit Erfolg bekämpft und vom Senate schließlich zurückgewiesen. Die nunmehr nicht durch die Ausgabe von Banknoten zu vermehrenden Circulationsmittel wurden jedoch, zum Verderben unseres Handels, durch einen immer mehr anschwellenden Wechsel-Austausch erseßt. Neue Einrichtungen in der Hamburger Girobank, wodurch, im Gegensage zu früheren Bestimmungen, die an einem Tage einem Konto gut geschrie benen Beträge noch an dem nämlichen Tage von solchem Konto wieder abgeschrieben werden können, wie auch viele Circulations-Erleich terungen bei den beiden neuen Banken, dienten zeitweilig, um bei erschwertem Unterbringen von Wechseln, welches in einem anhaltend hohen Diskontosaße seinen Ausdruck fand, die Kreditanspannung in Hamburg zu erhalten und theilweise noch zu vermehren."

Wird nun die im Jahre 1857 erhaltene Lehre dem Handelsftande Hamburgs von Nugen sein? Wird er die günstige Lage, welche die alte Hansestadt zum Vorort unter den Stapelplägen Deutschlands, zur Vermittlerin zwischen dem reichen England und den armen skandinavischen Ländern und zur Handelsbeherrscherin selbst des OstseeGebietes macht, fortan wieder, wie die Vorfahren gethan, zu einer weisen Benutzung der Gegenwart, d. h. zur Erlangung eines mäßigen Gewinnes, nicht aber zur Ausbeutung der Zukunft, und zwar seiner eigenen, wie der seiner Handelsfreunde, benußen? Männer, wie Wurm, Asher, Rießer, an denen es in Hamburg nicht fehlt, follten, wie man im übrigen Deutschland meint, mehr Einfluß dort auf die maaßgebenden Autoritäten erlangen; dann werden Mißgriffe, wie die vore jährigen, nicht mehr wieder vorkommen, wenn auch der zeitweise Eintritt stürmischer Handelskonjunkturen unvermeidlich ist.

Mannigfaltiges.

Wanderungen durch Teras. Als am 14. September 1847 die Nordamerikaner in das Gebiet der Republik Mexiko einrückten, um die vollständige Unabhängigkeit von Texas zu erkämpfen, hatte das leßtgenannte Gebiet eine Bevölkerung von 143,205 Seelen. Im Jahre 1856 zählte Teras bereits 425,000 Einwohner. Beide Angaben entlehnen wir einem Buche des geschäßten amerikanischen Reisenden Frederick Law Olmsted, das jezt auch in's Deutsche überfeßt ist.*) Für Teras ist seit länger, als einem Jahrzehend, das Intereffe besonders rege, weil die deutsche Auswanderung nach diesem Laude ununterbrochen fortdauert. Es mögen nun bereits 50,000 unserer Landsleute dort eine neue Heimat gefunden haben. Die ersten Anfänge der deutschen Ansiedler in Teras waren schwer, und Lausende gingen dabei zugrunde. Jest find indessen alle Widerwärtigkeiten längst überwunden, und die bei weitem überwiegende Mehrzahl der Deutfchen befindet sich in so günstiger Lage, daß die englisch redenden Nordamerikaner auf dieselben mit einem gewissen Neide blicken. Herr Olmsted erkennt die Tüchtigkeit und die Verdienste der Deutschen in Teras mit großer Bereitwilligkeit an. Was er, als eifriger Abolitionist, für die völlige Abschaffung der Regersklaven-Arbeit auch in den füdlichen Staaten sagt, wird dagegen von dem deutschen Herausgeber, Herrn Karl Andree, in der Einleitung, sowie in vielfachen Anmerkungen, zu widerlegen gesucht.

*) Wanderungen durch Teras und im merikanischen Gränzlande (bildet. auch einen Band der von Karl Andree herausgegebenen Hausbibliothek für Länder- und Völkerkunde") Leipzig, Borck, 1857.

Wöchentlich erscheinen 3 Nummern. Preis jährlich 3 Thlr. 10 gr., halbjährlich i Thlr. 20 Sgr. und vierteljährlich 25 Sgr., wofür das Blatt in Inlande. portefrei und in Berlin frei ins Haus geliefert wird.

NNo 4.

für die

Bestellungen werden in jeder deutschen Buchhandlung (in Berlin bei Beit u. Comp., Jägerstraße Nr. 25, und beim Spetiteur Neumann, Niederwallflr. Nr. 21), sowie von allen königl. Post-Aemtern, angenommen.

Literatur des Auslandes.

Japan.

Japan und die Japanesen.

Berlin, Sonnabend den 9. Januar.

1. Beamte und Volk im Verkehr mit den Fremden. Seitdem die Nordamerikaner durch den von Commodore Perry abgeschlossenen Vertrag von Kanagawa ihren Schiffen den Zugang zu einigen japanesischen Häfen erwirkt und bald darauf nicht blos die Engländer, sondern auch die Nuffen und Franzosen, jenem Vorgange folgend, für die Fahrzeuge ihrer Flaggen dasselbe Recht stipulirt haben, werden wir zahlreicheren Berichten über das merkwürdige Volk entgegensehen dürfen, das durch eine mehr als zweihundertjährige Isolirung der civilisirten Welt fast wieder ganz fremd geworden war. Den werthvollen Werken, welche sich unmittelbar an Perry's Expedition knüpfen, hat sich neuerdings ein jüngeres aus der Feder des Lieutenant Habersham angereiht,*) der auf einem Schiffe des nord. amerikanischen, anfangs von Ringgold, dann von Rodgers befehligten Geschwaders, welches mit hydrographischen Arbeiten im nördlichen Theile des Stillen Oceans beauftragt war, die japanesischen Häfen zu besuchen Gelegenheit hatte. Der Verfasser verweilt mit Vorliebe bei dem Bericht über seinen Aufenthalt in diesen Hafenplägen und liefert ein ziemlich vollständiges Gemälde des Volkes, feiner Sitten und Fähigkeiten, aus dem wir einige Züge hervorheben wollen.

In Uebereinstimmung mit den früheren Reisenden unterscheidet auch Habersham bei seinem Urtheil über die Japanesen sehr scharf zwischen den Beamten und der Masse des Volkes. Bei den Ersteren fand man wiederum jede Art des Uebelwollens und der Abneigung gegen den Verkehr mit Fremden und ein hartnäckiges Bestreben, die vertragsmäßigen Rechte der Lehteren durch eine künstliche Inter pretation auf ein Minimum zu reduziren. Man kann wirklich sagen, daß sie es für ihre Pflicht zu halten scheinen, den Fremden den Aufenthalt in den Hafenplähen möglichst zu erschweren, und daß sie nie um Mittel und Wege verlegen sind, um zu diesem Ziele zu gelangen. Vertragsmäßig dürfen fremde Schiffe in den Häfen Simoda und Hakodadi jede Art von Proviant einnehmen; aber dem Geschwader des Commander Rodgers war es nicht möglich, außer Reis, Soya (einer Fischsauce) und Saki (Reisbranntwein), andere Lebensmittel zu erhalten; Geflügel und Vieh war nach der Versicherung der Beamten nie vorhanden. Als die Amerikaner einmal mitten in Simoda hinter einer Bambushecke einen reichbevölkerten Hühnerhof entdeckt hatten und sich eben nach dem Besiger umsahen, um einen Handel abzuschließen, waren die Hühner plößlich verschwunden: „sie wären schon verkauft", lautete die Ausrede der Beamten; aber man werde den Fremden ohne Frage bald anderes Geflügel verschaffen können. Dieses ,,bald" trat nie ein; wie es denn überhaupt, nach Habersham's Ausdruck, gefährlich ist, einem japanesischen Beamten ein Sterbenswörtchen zu glauben. Eine Rinderheerde, deren Anblick in den Seeleuten angenehme Hoffnungen erregt hatte, bestand, den Beamten zufolge, nur aus Laftvich und könne deshalb nicht verkauft werden. Kurz bald ein Zufall den Fremden bewies, daß von einem Mangel an Lebensmitteln, von einer Armuth der Gegend hier gar nicht die Rede fein könne, waren die Mandarinen auch stets mit elenden Ausflüchten bei der Hand, die sie mit der gleichgültigsten Naivetät vorbrachten, wenn ihre Unrichtigkeit auch offenkundig war. Denn diese Gentlemen find weit davon entfernt, dadurch, daß man ihnen ihre handgreiflichen Lügen nachweist, in Verlegenheit gebracht zu werden; sie nehmen im Gegentheil einen solchen Nachweis mit einem ruhigen, schlauen, selbstgefälligen Lächeln hin; die Lüge erscheint ihnen als List und die Ent

*The North Pacific Surveying and Exploring Expedition; or, My

Last Cruise. Where We Went and What We Saw: being an Account of Visits to the Malay and Loo-Choo Islands, the Coasts of China, Formosa, Japan, Kantchatka, Siberia, and the Mouth of the Amoor Ri ver. By A. W. Habersham, Lieut. U. S. N. Philadelphia, 1857. 8. Berlin, Asher & Comp.

1858.

hüllung derselben als ein angenehmer Beweis, daß der Fremde auf dem Wege sei, die Klugheit und den feinen Geist der japanesischen Bureaukraten gehörig zu würdigen.

Mit derselben Unverdroffenheit suchen diese Menschen jeden Schritt der Fremden zu überwachen. Gleich nach Ankunft des Geschwaders im Hafen lassen sie an einem geeigneten Punkte der Küste ein Wachthaus errichten, von dem einige Spione genau übersehen können, wie viel Fremde landen und wie viele zu den Schiffen zurückkehren. Stimmen die Zahlen nicht und erhebt sich der Verdacht, daß Jemand am Lande geblieben sei, so wird ein Heer von Polizeidienern losgelassen, die Umgegend zu durchstöbern, und die Ausgebliebenen, sagt Habersham, werden immer gefunden. Begiebt sich ein Ausländer in die Stadt oder in die Nachbarschaft, so bemerkt er bald, daß einige, an ihren beiden Schwertern kenntliche Würdenträger ihm in geringer Entfernung auf Tritt und Schritt folgen. Es fruchtet nichts, diese lästige Ueberwachung zum Gegenstande einer Beschwerde bei dem japanesischen Gouverneur zu machen; denn dieser ertheilt eine höfliche, aber in der Praxis wirkungslose Antwort: die Mandarinen hätten durchaus nicht die Absicht, die Fremden zu überwachen; fie folgten ihnen nur, um ihnen für den Fall, daß sie sich in der unbekannten Gegend verirrten, Auskunft geben zu können, oder um zu verhindern, daß sie von dem ordirären Volk belästigt würden; sie würden sich auch sofort entfernen, wenn man ihnen zu verstehen gebe, daß man ihrer nicht bedürfe u. s. f. Wenn man aber in Wirklichkeit diesen Polizeibeamten zu verstehen gab, daß man ihrer nicht bedürfe, so stellten sie sich, als verständen sie nicht, was man meine, und seßten mit unerschütterlicher Beharrlichkeit ihr Ueberwachungswerk fort. Die Mannschaft des russischen Kriegsschiffes,, Diana", das nicht weit von Simoda Schiffbruch gelitten hatte, lebte in einem ihr von den Japanesen angewiesenen Gebäude in einer Art ehrenvoller Haft; neben ihrem Aufenthaltsorte befanden sich in einem besonderen Lokal einige höhere japanesische Würdenträger, die, Tag für Tag ihre Miniatur-Pfeifchen rauchend und den ungezuckerten Thee schlürfend, die Aufsicht über die Russen führten; eine Anzahl untergeordneter Beamten schlenderte vor den Gebäuden umher, brachte es sofort zu Papier, wenn ein Russe das Haus verließ oder wieder zurückkehrte, und überreichte den Rapport sogleich knicend den hohen Mandarinen. Um diesem polizeilichen Treiben ein Ende zu machen, beschlossen die Ruffen einmal, fortwährend zwecklos ein- und auszugehen; aber die Beamten wurden dadurch nicht ermüdet, der Strom des Napportirens rauschte nur um so lebhafter fort, und auch als sie sich überzeugt hatten, daß sie schifanirt würden, schränkten sie ihre Thätigkeit nur soweit ein, daß sie alle zehn Minuten einen summarischen Bericht über den Stand der Volksbewegung abstatteten.

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Wenn das Beamtenthum mit so erstaunlicher Zähigkeit an solchen Gesichtspunkten fest hält, so ist es nicht zu verwundern, daß sich auch unter dem Volke, namentlich aber unter diesem Volke, welches mehr als jedes andere unter das bureaukratische Joch gebeugt ist, die nachtheilige Einwirkung eines solchen Gebahrens bemerkbar macht. In Simoda selbst hatte die Bevölkerung allerdings schon durch die längere Anwesenheit des von Commodore Perry befehligten Geschwaders Gelegenheit gehabt, sich ein eigenes Urtheil über die Fremden und ihren Charakter zu bilden; sie zeigte daher hier, namentlich wenn sie sich nicht von Beamten beobachtet glaubte, viel mehr Vertrauen zu den Fremden und bewies, daß die Mannschaft des genannten Geschwaders durch ihr Benehmen einen sehr vortheilhaften Eindruck zurückgelassen hatte. Aber in den Ortschaften der Umgegend, die von dem totalen Umschwung der Verhältnisse hinsichtlich des Fremdenverkehrs weniger berührt waren, verursachte die Ankunft einiger umherstreifender Amerikaner noch immer die lebhaftesten Scenen eines unglaublichen Entfehens, als ob ein unheilbares Unglück hereingebrochen wäre. Schreiend und jammernd flüchteten die Kinder zu den Müttern; die Weiber rangen die Hände und waren mit ihrem Munde natürlich auch nicht müßig, oder warfen Körbe und Bündel fort und retteten sich in die Wohnungen; mit finsteren, mißtrauischen Blicken musterten die Männer

die gefürchteten Ankömmlinge. Aber nichtsbestoweniger, oder vielleicht gerade in Folge dieser übertriebenen Angst, äußerte das freundliche Benehmen der Fremden sehr bald die Wirkung, ein herzliches Vertrauen herzustellen. Die Männer gewann man zuerst; bei der Wißbegierde, dem aufgeweckten Sinne des Volkes ist es Fremden leicht, ihr Interesse zu erregen; ein paar Zündhölzchen, eine Feuerwaffe, eine Uhr oder sonst ein Gegenstand von einer überraschenden, den Eingebornen nicht sogleich begreiflichen Wirkung, versammeln bald einen Kreis aufmerksamer Bewunderer, dessen Vertrauen und Dank barkeit durch eine Erklärung der vorgezeigten Herrlichkeiten oder durch einige kleine Geschenke ohne Mühe erworben wird. Die Neugier des Volkes, das ihm angeborene und überall hervortretende Streben, die ihm unbekannten Erzeugnisse europäischer Manufaktur so gründlich kennen zu lernen, um sie womöglich selbst anfertigen zu können, tragen dann wesentlich dazu bei, in das Verhältniß zu den Fremden schnell eine Vertraulichkeit hineinzutragen, die diesen zuweilen lästig wird. In der äußeren Erscheinung eines Repräsentanten unserer westlichen Kultur hat ein Japanese tausend Dinge zu ergründen: die Stiefel, die Näthe der Kleidung, die Taschen, die Knöpfe find für ihn Gegenstände ungeheuchelter Bewunderung, nicht des stupiden Anstarrens, wie man es bei Wilden gewohnt ist, sondern der einem industriösen und in manchen Industriezweigen weit vorgeschrittenen Volke eigenen Bewunderung, die mit der Absicht, zu lernen, um nachzuahmen, gepaart ist. Da muß natürlich alles Neue gründlichst untersucht, womöglich gleich an Ort und Stelle mit Pinsel und Dinte nachgezeichnet werden. Ueberall haben Habersham und seine Kameraden die Erfahrung gemacht, daß sie auch an den Orten, wo ihre Ankunft den wildesten panischen Schrecken hervorgerufen hatte, schon nach Verlauf einer halben Stunde von einem Schwarm lebhafter, neugieriger und redseliger Männer, Weiber und Kinder umgeben waren, denen es Freude machte, die wunderbaren Fremden, wenn sie weiter marschiren wollten, noch eine Strecke begleiten zu dürfen. Oft genug haben diese Japanesen gelacht, wenn der Einzug der Fremden in ein anderes Dorf unter ihren Landsleuten dieselben Scenen der Angst und Verwirrung hervorrief, von deren Banne sie selbst sich eben erst frei gemacht hatten; man konnte sich der Ueberzeugung nicht verschließen, daß durchaus nicht eine durch die lange Abgeschlossenheit hervorgerufene Schüchternheit, oder gar eine tiefgewurzelte Abneigung gegen Fremde, das Landvolk bestimmte, bei der Ankunft der unerwarteten Gäste schleunigst die Flucht zu ergreifen, sondern daß die Beamten es für ihre Pflicht gehalten hatten, die Ausländer als eine Art Unholde zu schildern, denen gegenüber das sauve qui peut die einzige praktische Maxime sei. Desto angenehmer und wirkungsvoller war die Enttäuschung, wenn fich die gefürchteten Ungeheuer als umgängliche freundliche Menschen auswiesen.

Besonders auffallend war unserem Berichterstatter bei seinen ersten Ausflügen das sichtliche Bemühen der Japanesen entgegengetreten, sich von der fremden Sprache soviel als möglich anzueignen. Die englischen Namen der von ihnen bewunderten Gegenstände zu wissen, war ihnen von besonderem Werth. Selbst die Buben in Simoda, die schon bei früherer Gelegenheit diese oder jene Phrase oder Begrüßungsformel aufgegriffen hatten, benußten jede Veranlassung, durch Begrüßung oder Ansprache der Amerikaner, ihr Licht leuchten zu lassen, um dann, beglückt durch Antwort und Gegengruß, mit stolzem Schritt zu ihren ängstlicheren Spielgenossen zurückzukehren. Einem Jungen von besonders klugem Aussehen hatte Habersham in ein paar Minuten die Ziffern und Zahlworte bis Zehn beigebracht; am folgenden Tage fand er ihn, mit einem Stabe die Ziffernjim Sande aufzeichnend und die japanesischen Aequivalente daneben segend, und wurde von ihm sogleich gebeten, ihm nun auch die folgenden Zahlen zu zeigen und zu nennen; dies geschah denn auch mit bestem Erfolge. Ich sah in sein Kindergesicht und in seine hellen, funkelnden Augen", sagt Habersham,,,und bekam eine hohe Idee von den Fähigkeiten dieses Volkes“.

Frankreich.

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Die elektrische Telegraphie zwischen beiden Hemisphären. (Schluß.)

Ein Wort über Einrichtung und Verfahren bei der Verfertigung: der Kern des Taues besteht aus sieben Kupferdräthen, um den einen winden sich schraubenförmig die sechs anderen, so daß, wenn auch einer und der andere bricht, die unversehrten immer noch die Zeichen übertragen können. Die Kupferschnur wird dann zu drei wiederholten Malen in eine Guttapercha-Auflösung getaucht und so mit einer dreifachen isolirenden Schicht bedeckt, alsdann mit getheertem Werg umhüllt und zuleht mit einer schüßenden Decke von Eisendrath umgeben. Die lehte Operation wird durch ein von Dampf getriebenes Räderwerk mit solcher Schnelligkeit verrichtet, daß täglich 48 Kilom. Lau umwickelt werden. Da das Reiben an den Felsen, die Wogenbrandung und der Stoß der Anker

leicht einen Riß bewirken könnten, so hat man den Kabel-Enden nahe an den Küsten, außer einer größeren Steifheit, auch ein größeres Gewicht gegeben, und zwar dem Ende der Küste von Neufundland zu in einer Länge von 10 engl. Meilen und dem an der Küste von Jrland für 15 engl. Meilen sieben Tonnen auf die Meile.

Wie oft glaubt man bei den wichtigsten Unternehmungen Alles erwogen, geprüft, vorgesehen zu haben, um, wenn man alle Hülfsquellen der Wissenschaft erschöpft hat und in die kleinsten Einzelheiten eingegangen ist, am Ende, und oft zu spät, einen begangenen groben Fehler wahrzunehmen, den der Unwissendste hätte vermeiden können. Als nämlich die beiden Hälften des Taues jede besonders fertig wa ren, fand sich, daß die schraubenförmigen Umwickelungen von Kupferund Eisendräthen in entgegengeseßter Richtung gingen, an der einen Hälfte von der Linken zur Rechten, an der andern umgekehrt von der Rechten zur Linken; lagen sie nun zusammengelöthet einmal im Meeresgrunde, so mußten sie einander aufdrehen. Man glaubte, dem Fehler dadurch abzuhelfen, daß man an den Verbindungspunkt ein mächtiges Gewicht befestigte ein gefährliches Mittel! Denn dadurch wurde die Spannung des Kabels, ohnehin bei der Einsenkung stark genug, noch um ein Bedeutendes erhöht.

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Zur Aufnahme der beiden Hälften des Kabels wurde der Gesellschaft von der englischen Regierung der Agamemnon" hatte beim Ausbruch des Krieges in der Krim die Flagge des Admirals Sir E. Lyons geführt rals Sir E. Lyons geführt von den Vereinigten Staaten die neue und prachtvolle Fregatte,,Niagara" zur Verfügung gestellt. Die beiden Fahrzeuge entluden sich ihres furchtbaren Kriegsmateriales; ursprünglich zum schrecklichen Kampf auf der See gerüstet, sollten sie nun vereint das Werk des Friedens fördern. Mittelst Kloben auf einer schnurgeraden Reihe von Kähnen in die vorbereiteten entsprechenden Räume gewunden, wurden die beiden Kabelhälften mit großer Sorgfalt um eine senkrechte Achse aufgerollt, so daß die Windungen einander ganz genau deckten, damit sie beim Abrollen keinem Hinderniß begegnen. Es bedurfte eines vollen Monats, um die Hälfte auf den,,Agamemnon" zu bringen; die Form dieses Schiffes gestattete es, den Kabel zu einer einzigen Rolle zu winden, deren obere Fläche einen kreisförmigen Boden von 45 Fuß Durchmesser bildet. Auf dem ,,Niagara" dagegen war man genöthigt, ihn auf drei Rollen zu vertheilen; ja, das Innere der neuen prachtvollen Fregatte zum Theil einzureißen, um Raum zu gewinnen.

Während man mit so staunenswerther Raschheit die Verfertigung und Einrichtung des Kabels förderte, war man auch nicht müßig, die gewöhnlichen Einsenkungsapparate zu vervollkommnen. Die Hauptschwierigkeit bei dieser Operation besteht darin, einerseits zu verhindern, daß der Kabel sich zu rasch abwickele und auf dem Grunde in Windungen krümme, andererseits der Beschädigung des Taues durch zu starke Reibung beim Abrollen vorzubeugen. Beiden Schwierigkeiten suchte man durch umsichtige Vorkehrungen und sinnreiche Einrichtungen zu begegnen. Die beiden Schiffe wurden mit Allem versehen, was nur die ängstlichste Vorsicht für nöthig erachtete; es fehlte nicht an einer Fülle von Material zu Bau und Ausbesserung, an elektrischen Apparaten aller Art. Für den möglichen Fall, daß ein Theil des Kabels die Leitungsfähigkeit verlieren sollte, zeigte der Stillstand einer durch den elektrischen Strom in fortwährender Bewegung erhaltenen Klingel den Vorgang an, die Bremsen griffen sofort ein, um das Abrollen des Kabels zu hemmen und das Schiff wurde dann an dem bereits auf den Grund gelegten Theil, wie vor Anker liegend, festgehalten. Mit Hülfe einer Dampfmaschine würde man allmählich den eingesenkten Theil heraufwinden, bis man das fehlerhafte Stück, das die Leitung versagt hat, entwickelt, abgeschnitten und die beiden gesunden Enden wieder zusammengelöthet hätte. Sollten plögliche Stürme, die leider in dieser Gegend des Atlantischen Meeres so gewöhnlich sind, die Operation gefährlich machen, so war man darauf gefaßt, den Telegraphenkabel zu durchschneiden, an das Ende ein mächtiges Tau mit daran befestigten Bogen zu knüpfen und in das Meer zu werfen. Die Schiffe würden dann frei unterm Winde laufen, bis ruhiges Wetter eintritt, um die Bogen aufzusuchen und die unterbrochene Operation wieder aufzunehmen und fortzusehen.

Die zur Einsenkung gewählte Jahreszeit machte indeß die lehtgenannten Vorsichtsmaßregeln fast unnöthig. Lieutenant Maury, der über die Meteorologie des Oceans gründliche Studien gemacht hat, hatte als die günstigste Zeit für den Erfolg des Unternehmens das Ende Juni's und den Anfang Augusts bezeichnet, weil man dann die Stürme, die Nebel und das Treibeis, die sonst die Fahrt von Irland nach Neufundland so gefährlich machen, am wenigsteu zu fürchten habe. Leider hat man in diesen nördlichen Breitengraden, selbst während der günstigsten Jahreszeit kaum auf mehr als zehn bis zwölf Tage anhaltend schönen Wetters mit Sicherheit zu rechnen; es lag mithin sehr viel daran, die Operation möglichst zu beschleunigen. Zu diesem Zwecke wollte man anfangs mit beiden Schiffen nach der Mitte des Oceans steuern, hier die beiden Hälften zusammen

löthen und die Einsenkung dann fast gleichzeitig bewerkstelligen, indem das eine Schiff die Richtung auf Irland, das andere die nach Neufundland nähme. Außer mancherlei Schwierigkeiten, denen man auf diese Weise entging, konnte die Operation um das Zwiefache schneller beendigt werden. Man ging aber in der Folge von diesem Entschluß ab und zog es vor, die Schiffe in Gesellschaft segeln zu lassen, um, zu gegenseitiger Unterstüßung, ihr Kräfte und Hülfsmittel zu vereinigen.

Am 29. Juli 1857 lief der,,Niagara", begleitet von dem,,Susquehanna", dem schnellsten Dampfer der Unions-Marine, in den Hafen Queenstown ein; der,,Agamemnon" mit,, Leopard" und,,Cyclops", auf denen die neulichen Sondirungen im Ocean vorgenommen worden, waren schon früher eingetroffen. Bright, der Ober-Ingenieur der Gesellschaft, Whitehouse, Morse, Cyrus Field, einer der eifrigsten Beförderer des Unternehmens, der gelehrte Profeffor Thom son, der zur Lösung der nöthigen wissenschaftlichen Aufgaben so viel beigetragen, fanden sich bald ein.

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Am 3. August ward in Gegenwart einer unzähligen Volksmenge in der stillen Bucht von Valentia man hatte sie zu einem der AusLäufer der Linie gewählt, weil hier nur sehr wenige Schiffe Anker werfen die Legung des unterseeischen Taues von dem Lord-Lieutenant von Irland feierlich eingeweiht. Das Tau-Ende ward von den Schiffen an das Ufer gebracht, und Lord Carlisle band es an einen starken Pfeiler. Im Falle des Gelingens sollten die ersten Depeschen zwischen der Königin Victoria und dem Präsidenten Buchanan gewechselt werden.

Am folgenden Tage sezte sich der Zug in Bewegung. Nach einer kurzen Entfernung vom Ufer verwickelte sich der Kabel in der Maschine und brach, und es ging einige Zeit verloren, um den schon eingesenkten Theil heraufzuziehen und wieder anzulöthen. Den Tag darauf ging man wieder unter Segel, und vier Tage hinter einander erhielt man von Stunde zu Stunde Depeschen vom „Niagara“. Am 11. August wurden die Signale plöglich unterbrochen: der Kabel war auf offenem Meere gerissen. Das Geschwader, das unter so hellem Freudenjubel abgesegelt war, kehrte unter tiefer Bestürzung zurück. In dem Bericht, den er sofort an die Direktoren der Gesellschaft ab- ́ fertigte, meldet der Haupt-Ingenieur: „Das Legen des dicken Kabels an der Küste sei ohne Schwierigkeit von Statten gegangan; man habe den Hauptkabel angelöthet, und die Abwickelung verlief anfangs mit großer Regelmäßigkeit. Einige Zeit fank der Kabel mit einer Schnelligkeit, die der des Schiffes ziemlich gleich war; sowie aber die Tiefe des Meeres zunahm, ging die Abwickelung rascher und man mußte die Widerstandsgewalt der Bremsen immer höher spannen. Auf offenem Meere wickelte sich der Kabel mit der Schnelligkeit von fünf Knoten auf die Stunde ab, während das Schiff nur drei Knoten in der Stunde machte. Bald kamen neue Umstände hinzu, welche die Operation noch mehr erschwerten. Während das Schiff seinen Kurs von Ost nach West hielt, faßte eine südliche unterseeische Strömung den Kabel, riß ihn aus der Fahrlinie und steigerte dadurch seine Spannung. Die See fing an, hoch zu gehen; jedesmal, wenn eine Welle das Hinterdeck hob, über welches der Kabel hinabrollte, bekam dieser einen jähen und heftigen Ruck. Um diesen zu schwächen, ließ Um diesen zu schwächen, ließ Bright die Bremse nach, so daß der Kabel rascher fank, um dadurch der Wirkung des aufschnellenden Schiffes die Wage zu halten. Die ganze Zeit hatte er die Operation der Abwickelung persönlich geleitet; jezt war er genöthigt, die Maschine auf einen Augenblick zu verlassen und nach dem Vorderdeck zu gehen. Kaum hatte er sich entfernt, als er das Knarren des Abrollens nicht mehr vernahm: der Kabel war auf dem Meeresgrunde zerrissen. Es ist außer allem Zweifel, daß dieser beklagenswerthe Unfall nur der unverständigen Handhabung der Bremse zuzuschreiben ist, und man darf sich mit Recht verwundern, daß man es bei einem so großartigen Unternehmen gerade an einem zahlreichen und wohlgeübten Personal fehlen ließ und so hochwichtige Interessen gewissermaßen der Willkür eines einzigen Menschen preisgab. Diese Unvorsichtigkeit ist um so be dauernswerther, als bereits 540 Kilometer des Kabels eingesenkt was ren und er in der erschrecklichen Tiefe von 2000 Klafter zerriß. Die Uebertragung der Signale ging mit einer Vollkommenheit vor sich, die alle Hoffnungen übertraf, und sogar mit größerer Leichtigkeit, als in der Nähe der irländischen Küsten; der ungeheure Druck auf dem Kabel in der Meerestiefe, anstatt das Leitungsvermögen zu schwächen, schien dasselbe gewissermaßen zu erhöhen, als wenn die stark zusammengepreßte Guttapercha die eingehüllten Kupferdräthe besser isolirte.

Ein erster Mißerfolg darf jedoch die Beförderer des atlantischen Telegraphen nicht entmuthigen, da er im Ganzen bei einer so unermeßlichen Ausdehnung durch den weiten Ocean um so weniger unerwartet kam, als fast alle derartige Unternehmungen in einem viel kleineren Maßstabe beim ersten Anlauf gescheitert sind. So brachen die unterseeischen Taue im Schwarzen Meere, zwischen Neufundland und Prinz-Edward-Insel, und zweimal im Mittelmeer. Das

Stück des Kabels, das man im Atlantischen Meere unangefochten eingesenkt, ist länger, als der ganze Kabel von Varna nach Balaklava, der längste, der bis jest zwei entgegengeseßte Ufer verband. Die Tiefe des Schwarzen Meeres ist übrigens im Vergleich mit dem Atlantischen Ocean so unbedeutend, daß es Niemanden einfallen kann, die Schwierigkeiten der beiden Operationen neben einander zu stellen.

Was können wir aus diesem ersten Versuch zu Nuß und Frommen für die Zukunft lernen? Der Ober-Ingenieur Bright versichert, es sei an der Einsenkungsmaschine fast nichts zu ändern, und sie habe die ganze Zeit mit vollendeter Regelrichtigkeit ihre Dienste gethan. Doch dürfte es vielleicht vorzuziehen sein, die Trommeln, um die der Kabel sich windet, unabhängig von einander zu lassen und die Bremsen getrennt anzubringen, deren Widerstand stufenweis gesteigert werden könnte. Unumgänglich nothwendig erscheint aber, die Spannung des Kabels möglichst unabhängig von der Bewegung des Schiffes zu machen.

Nachdem der Berichterstatter einen Mechanismus in Vorschlag ge= bracht, durch welchen künftig die nachtheiligen Einwirkungen der Stöße und Erschütterungen des Schiffes auf den Kabel zu paralyfiren wären, fährt er fort: An einen neuen Versuch, dieses Jahr noch den Atlantischen Telegraphen herzustellen, ist nicht zu denken. Die Nothwendigkeit, einen längeren Kabel von 5000 statt 4000 Kilom. - anzuwenden, um die Abwickelung zu beschleunigen und das gefährliche, zu starke Bremsen zu vermeiden, ist nun anerkannt. Aus dem Gesichtspunkte der Sparsamkeit und der schnelleren Förderung der Telegramme erscheint es allerdings als Uebelstand, dem Kabel eine größere Länge zu geben; allein das wunderbare Leitungsvermögen der unterseeischen Dräthe gestattet schon, der Sicherheit des Unternehmens dieses Opfer zu bringen. Dem noch übriggebliebenen Rest des atlantischen Kabels ist vielleicht eine andere als seine ursprüngliche Bestimmung vorbehalten. Eine Gesellschaft, die sich zur Herstellung einer elektrischen Verbindung zwischen England und Indien gebildet hat, will ihn im Verein mit der Ostindischen Compagnie ankaufen. In drei Monaten könnte man einen Landtelegraphen längs der arabischen Küste zwischen Suez und Aden herstellen. Von leßterer Stadt würde das unterseeische Tau seinen Anfang nehmen und bei Kuratschi, dem Haupthafen von Scinde, in der Nähe der Indusmündung, nur 120 Kilom. von Hyderabad, auslaufen. Der Abstand zwischen Aden und Kuratschi beträgt 2500 Kilom., eine Länge, welche den Ueberrest des atlantischen Kabels reichlich deckt. Legte man dann, wie es im Plane ist, einen elektris schen Kabel zwischen Malta und Alexandrien, so würde eine ununterbrochene telegraphische Linie England mit Indien verbinden, und nach 24 Stunden wüßte man in London, was an den Mündungen des Indus und Ganges vorgeht. Nach einem Ueberschlag würde der Landtelegraph zwischen Suez und Aden 7,500,000 Francs, der unterseeische zwischen Aden und Kuratschi 16,000,000 Francs kosten: was wollen diese schwachen Summen, in Betracht der unberechenbaren Vortheile für England, sagen? Bedenkt man, daß man von dem Aufstande, der in Indien am 10. Mai ausbrach, erst im Juli in England Kunde erhielt - wie beklagenswerth erscheint da der Verlust einer so kostbaren Zeit! Wie rasch hätten nicht Maßregeln ergriffen werden können, ein Feuer zu dämpfen, das, wie nun die Sachen stehen, mis der Nothwendigkeit droht, eine Besizung, die für Englands Größe wie für die Zukunft der Civilisation so wichtig ist, von neuem zu erobern und das blutige Werk Clive's und Warren Hastings' von vorn anzufangen!

Die ausgedehnte unterseeische Telegraphie würde demnach zur Folge haben, dem Uebergewicht der civilisirten Nationen in der Welt eine feste Grundlage zu geben. Das wäre der politische Vortheil. Vom kommerziellen Gesichtspunkte aus erscheint es kaum nöthig, die glücklichen Ergebnisse dieses neuen Verbindungsweges zu beleuchten, Wenn man in jedem Moment den Stand der entferntesten Märkte, die Bedürfnisse aller Völker und der entlegensten Kolonieen kennen wird, dann wird der Handel seine wohlthätige Mission methodischer und zuverlässiger vollbringen können. Eine Telegraphenlinie zwischen England und Amerika würde, abgesehen von den vervielfältigten Beziehungen zwischen der alten und neuen Welt, dem Speculationsfieber, das nirgends so schreckliche Verwüstungen anrichtet, als in den großen Handelsstädten der Union, ohne Zweifel den Gnadenstoß geben. Um das zu begreifen, erinnere man sich, daß englische und amerikanische Kapitalien überall bei einer Menge Gemein-Unternehmungen betheiligt sind, und daß mithin der Gegenschlag der Krisen, die auf die englischen Märkte wirken, an der anderen Seite des Oceans sich lebhaft verspüren läßt. Die langen Zwischenzeiten, ehe neue Nachrichten von hüben und drüben anlangen, weiß nun die Sepeculation durch falsche Gerüchte und schlaue Auslegungen zu ihrem Nußen auszubeuten. Die Dampfer, die an die Stelle der Segelschiffe gekommen sind, haben schon zum Theil diesen Schwindeleien einen Strich durch die Nechnung gemacht, und sie werden immer mehr Boden verlieren, wenn man jeden Tag in New-York wissen wird, wie, es in London und Europa steht.

Eine ähnliche Kollekte wird voraussichtlich nächster Zeit in den polnifchen Provinzen eröffnet werden für die Nachgelassenen des am 23. November v. J. zu Łopatyn, zwei Meilen von dem Orte, wo er seinen lezten Lorbeer pflückte, im Greifenalter verstorbenen DivisionsGeneral Dwernicki, des leßten Vertheidigers von Paris 1814 und des Siegers über den General Geismar in dem kühnen Reiterüberfalle von Sieroczyn am 15. Februar 1831. Die Polen sind begierig, aus dem siebzehnten und legten Bande von Thiers berühmtem Geschichtswerke zu erfahren, ob dem General Dwernicki, der seine Korrespondenz mit dem Marschall Marmont, Herzog von Ragusa, und anderen hervorragenden Franzosen jener Zeit Herrn Thiers mitgetheilt hat, mehr Gerechtigkeit zu Theil werden wird, als den übrigen Polen in diesem Geschichtswerke bisher geworden sein soll. Seinen Dichter Mickiewicz lohnt Polen ferner durch eine neue Ausgabe seiner Werke, von welcher der erste Band vor kurzem in Warschau erschienen. Der Nachfolger vom Verfaffer der Vorlesungen über die slavische Literatur“ im Lehramte der slavischen Sprachen zu Paris ist Alexander Chodźko geworden, ein Mann von bedeutendem Rufe.

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Solche Ergebnisse machen es leicht begreiflich, welche Zukunft der fubmarinen Telegraphie vorbehalten ist. Es ist außer Zweifel, daß binnen kurzem mehrere Linien im Mittelmeere Europa mit Afrika und Afien verbinden werden. Newall und Bonelli haben einen neuen Versuch gemacht, Afrika mit Sardinien zu verbinden, der aber daran scheiterte, daß Newall den Kabel hatte zu kurz anfertigen lassen, so daß er 10 Kilom. vom Kap Teleuda erschöpft war. Er versah nun das abgelaufene Ende des Kabels mit eisernen Ringen, um ihn später mit Haken wieder aufzufischen, wie das schon früher, und namentlich im Schwarzen Meere, geschehen ist. Man hofft, die Operation bald wieder aufzunehmen, und zweifelt nicht, der geschickte englische Ingenieur werde diesmal sein momentan unterbrochenes Werk zur Ausführung bringen. In sehr naher Frist wird Malta mit Sicilien und bald darauf mit dem Hafen von Alexandrien vereint sein; später wird das leztere ohne Zweifel sich mit Konstantinopel telegraphisch verbinden. Der griechische Archipel scheint ganz vorbereitet, Smyrna mit Griechenland zu verbinden, und es liegt im Interesse des lezteren, direkt mit den Jonischen Inseln und Italien zu verkehren. Auf dem Boden des Atlantischen Meeres werden sich die telegraphischen Dräthe niemals so zahlreich kreuzen, wie in dem Baffin des Mittelmeeres, mit feinen tiefeingeschnittenen Küften, mit seiner Menge umhergestreuter Inseln. Dort wird man wohl auf die einmal erwählte Linie zwischen Frland und Neufundland beschränkt bleiben. Mehr nach Norden, an der Küste von Grönland, sind die Eismaffen zu fürchten, und das Meer erreicht dort eine zu große Tiefe; mehr nach Süden hat man vorgeschlagen, durch die Azoren die Verbindung mit Amerika zu vermitteln; allein dieser Plan hat keine Aussicht auf Gelingen. Es wäre vielleicht möglich, die Azoren mit Neufundland zu verbinden; allein an den Küsten dieser Insel hat die anglo-amerikanische Gesellschaft des atlantischen Telegraphen das ausschließliche Privilegium. Man würde also genöthigt sein, von den Azoren die Richtung auf Neu-England,,Die griechische Schloßkirche in Kodin und das darin befindliche zu nehmen und das unermeßliche Seethal zu durchschneiden, in das sich die Gewässer des Golfstromes stürzen, die unter diesen Breiten eine unglaubliche Tiefe haben. Die geringste Tiefe hat das Atlantische Meer im Golf von Mexiko und im Antillenmeer. Wenn die Amerikaner jemals Cuba annektiren, werden sie gewiß nicht ermangeln, diese Insel mit einem Arm an Florida, mit dem anderen an Panama zu knüpfen. Größere Schwierigkeiten würden sich einer Verbindungs linie zwischen Süd-Amerika und Europa mittelst der Inseln Fernando Noroña, St. Paul, Kap-Verde und der Kanarien in den Weg werfen. Und doch liegt die rüftige Ausführung dieser Riesenarbeit nicht außer dem Bereiche des Möglichen; auf dieser langen Fahrt wird die Meerestiefe von 3000 Klaftern nur auf der Strecke zwischen St. Roch und den Kapverdischen Inseln überstiegen; dagegen bleibt sie auf zwei Drittel dieser Strecke unter 2000 Klafter.

Sobald es gelungen ist, England mit Indien durch eine Telegraphenlinie zu verbinden, so spricht man schon davon, sie bis in die holländischen Besißungen, ja bis nach Australien und Neu-Seeland zu verlängern. Und wenn all diese Wunder in's Leben getreten sind, wenn der elektrische Drath über die Felsengebirge Amerika's weg an Kalifornien reicht, so wird der Bewohner von San Francisco mit dem von Sydney oder Melbourne Zwiesprache pflegen können. An dem Tage, wo der menschliche Wille mit zauberhafter Raschheit die Reise um die Welt wird machen können, wird er da nicht ein Recht haben, stolz zu sein und lebhafter seine eigene Größe zu empfinden? Wird er aber dann nicht zu gleicher Zeit seine Kleinheit desto tiefer empfinden, wenn ihm auf eine so neue und anschauliche Weise zum Bewußtsein kommt, wie eng das ihm beschiedene Gebiet sei, das ihm in wenigen Minuten das Spiegelbild seiner Gedanken zurückwirft?

Polen.

Die polnische Literatur der Gegenwart.

Im verflossenen Jahre hat auch die polnische Literatur einen Schritt weiter gethan, vorwärts hofft man, und rückwärts fürchtet man. So viel ist gewiß, daß die schöne Literatur allmählich der wissenschaftlichen immer mehr Boden überläßt, und daß im Felde der ersteren wahrhaft schöne Blumen sehr sparsam hervorsprießen, weshalb man die alten in neuen Auflagen frisch wieder aufkommen läßt. Mickiewicz ist todt, und es scheint in der That, daß er die Seele einer ganzen Dichterwelt gewesen, die jezt, nach dem Verluste ihres Meisters, über die einzuschlagende Bahn noch unentschlossen ist. Polen erweist sich dankbar dem größten seiner neueren Dichter, dem Begründer eines neuen Abschnittes in seiner Literaturgeschichte, und Frankreich dem Flüchtigen, der in seiner Mitte Meisterwerke schuf; ein Kapital von mehr als 140,000 Francs, das sich jezt am Schlusse einer zweijährigen Sammlung in Paris vorfand, ist eine Summe, die ein deutscher Dichter noch lange nicht für seine verwaiseten Kinder erwarten darf.

Warschau seßt seine literarische Hegemonie über alle polnische Länder fort. Aus seinen zahlreichen Zeitschriften möge nur eine erwähnt werden: Biblioteka Warszawska (Warschauer Bibliothek), deren Reichhaltigkeit der Leser aus folgenden Inhaltsverzeichnisse des zwölften diesjährigen Monatsheftes ersehen wird: „Die Bewegungen des Hauses Rakoczy im sechzehnten Jahrhundert um die polnische Krone", von Julian Bartoszewicz; „Einige historisch-statistische Angaben über das Gouvernement Augustów", von B. Tykiel;,,Memoiren Franz Kowalski's (1823)";,,Von der italienischen Poesie im Mittelalter, als Quelle zu Dante's göttlicher Komödie", von A. F. Dzanam (überseht);,,Ueber die Bischöfe von Kruszwica", von Siegmund Komarnicki;,,Pariser, literarisch-wissenschaftliche, Kunst-Chronik";

Grab Johann Sapieha's, Wojewoden von Podlachien", von 3. Łosti (mit zwei Kupfern). „Gedichte“; „Literarische Chronik"; " Neue Kopernikanische Briefe“, von Dominik Schulz; Korrespondenzen: „An die Redaction der Warschauer Bibliothek";,,Briefe aus den Goldbergwerken Sibiriens", von Peter Barowski; „Bibliographische Chronik"; "Literarische Neuigkeiten"; ,,Meteorologische Beobachtungen im Oktober vorigen Jahres."

Auch Wilna und Posen nehmen noch immer lebhaften Antheil an der Erweiterung der polnischen Literatur, lezteres aber sichtlich unter deutschem Einfluß. Aus Wilna verdient das Werk: Obraz bibliograficzno-historyczny literatury i nauk w Polsce (Bibliographischhistorisches Bild der Literatur und Wissenschaft in Polen), von Adam Jocher (Verlag und Druck von J. Zawadski), wovon drei Bände erschienen sind, besondere Aufmerksamkeit. Galizien dagegen klagt, und mit Recht, über die Zunahme des Lurus in seinen Städten, insbesondere in Lemberg, und das Daniederliegen des geistigen Lebens und Verkehrs. Die literarischen Schäße Galiziens find antiquarisch geworden, und neue Erzeugnisse muß es von auswärts beziehen, bedarf deren gegenwärtig aber nicht viele. F. Kr.

Mannigfaltiges.

Boutigny über den „sphäroidalen Zustand“. Des bekannten französischen Physikers Boutigny Studien über den „sphäroidalen Zustand der Körper“ ist soeben in einer trefflichen, deutschen Uebersehung von R. Arendt erschienen.®) Der „sphäroidale Zustand“, in welchem sich unser Erdkörper ebenso, wie jeder Wassertropfen, befindet, birgt ein großes, geheimnißvolles Naturgesez in sich, das sich an Bedeutung dem Gefeße der Schwere an die Seite stellt. Zu den geheimnisvollen Erscheinungen des sphäroidalen Zustandes gehört unter Anderem, daß er die Kohäsion der ihm unterliegenden Körper aufhebt und daß demnach ein Wassertropfen, der auf weißglühendes Eisen fällt, nicht allein nicht siedet und verdampft, sondern sogar zu Eis gefriert. Schon im vorigen Jahrhundert kannte man diese Erscheinung, die man nach dem deutschen Physiker Leidenfrost, der darüber eine lateinische Abhandlung hatte drucken lassen, das „Leidenfrostsche Experiment" nannte. Boutigny ist es jedoch, der zuerst den sphäroidalen Zustand als die Ursache dieser Erscheinung und ihren Zusammenhang mit vielen anderen, ebenso überraschenden Phänomenen, z. B. den Experimenten der sogenannten,, Unverbrennlichen“, welche glühendes Eisen mit der Zunge, oder mit den Fingern berühren und mit nackten Füßen auf demfelden laufen, nachwies. Das Boutignysche Buch, welches über zahlreiche, höchst merkwürdige Beobachtungen in ebenso klarer als anschaulicher Weise berichtet, wird gewiß auch in Deutschland eine sehr günstige Aufnahme finden.

*) Studien über die Körper im sphårcidalen Zustande. Neuer Zweig der Physik. Von M. G. H. Bontigny. Nach der dritten Auflage überset von R. Arendt. Mit 27 Holzschuitten. Leipzig, Brockhaus, 1858.

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