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könne als Corneille und Racine, sondern dies ward für unmöglich angenommen, und alle Beeiferung der nachfolgenden Dichter mußte fich darauf einschränken, dem einen oder dem andern so ähnlich zu werden als möglich. Hundert Jahre haben sie fich selbst, und zum Theil ihre Nachbarn mit, hintergangen, und nun komme einer und sage ihnen das und höre, was sie antworten. Von beiden aber ist es Corneille, welcher den meisten Schaden gestiftet und auf ihre tragischen Dichter den verderblichsten Einfluß geübt hat. Denn Nacine hat nur durch seine Muster verführt;: Corneille. akers durch seine Musters und Lehren zugleich. Diese lepteren besonders, von der ganzen Nation, einen Hedelin, einen Dacier abgerechnet, als Drakelsprüche angenommen, vön allen nachherigen Dichtern befolgt, haben getraut es sich, Stück für Stück zu beweisen → nichts anderes, als das kahlste, wässrigste, untragischste Zeug hervorbringen können. Und nun vergleicht er die Regeln, die Corneille aus dem Aristoteles gezogen, mit denen des Griechen selbst, diese Milderungen, diese günstigen Deutungen, Entkräftungen und Verstümmlungen, alle nur deshalb gemacht, um nicht viele Stücke, die auf der französischen Bühne Beifall gefunden, verwerfen zu müssen. Wenn Aristowcles Mitleid und Furcht durch die Tragödie erregt wissen will, so stimmt ihm Corneille bei, nur daß er nicht beide zugleich, sondern einmal Furcht und ein andermal Mitleid für genügend hält. Aristoteles verlangt die Erregung der Furcht und des Mitleids durch eine und dieselbe Person, Corneille ist schon zufrieden, wenn verschiedene Perfonen jene Empfindungen hervorbringen. Ariftoteles will, daß durch Mitleid und Furcht, welche die Tragödie erweckt, unser Mitleid und unsere Furcht, und was diefen anhängig, gereinigt werden; Corneille weiß davon nichts, und "bildet sich ein, Aristoteles habe sagen wollen, die Tragödie erwede unser Mitleid, um unsre Furcht zu erweden, um durch diese Furcht die Leidenschaften in uns zu reinigen, durch die sich der bemitleidete Gegenstand sein Unglück zugezogen. Und da die Franzosen dem Corneille diese Ariftotelischen Säge nach seiner Verdrehung nachsprachen und danach dichteten, find nicht allein seine, sondern alle französischen Tragödien solche geworden, die keine wahre Tragödien sind. Denn die Ariftotelische Theorie stand für Leffing felsenfest als richtig da, und um desto fester, da er im Studium derselben Aufschlüsse für ihre Erklärung und innre Harmonie gefunden, die allen Erklärern fremd geblieben waren.

Benn Lessing auf der einen Seite die Autorität der Franzosen durch Zurückgehen auf die wahren Regeln des Alterthums und durch die feinste Bergliederung einer Semiramis, einer Zaire, eines Effex und besonders der Merope und der Robogune völlig zerstörte, obgleich das Publikum in Hamburg, wie aus dem Schlusse der Dramaturgie gefolgert werden muß, wenig damit übereinstimmte, so suchte er auch auf der andern Seite durch eine comparative. Analyse, z. B. des Effer bei den Franzosen, Engländern und Spaniern, die historische Auffaffung der

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dramatischen Literatur anzubahnen, wobei ihn jedoch, immer wieder die aus dem Alterthum: entnommenen Geseţe leiteten. Selbst bei der Erwähnung Shakespeares konnte er den Ariftoteles nicht vergessen. Er nennt ihn neben Sophokles und Euripides, die, wie er, selten mit den wesentlichsten Forderungen des Aristoteles im Widerspruche seien. Aber eine genauere Kunde Shakespeares, wie sie durch hingebendes Studium des Driginales allein erworben werden kann, scheint er nicht gehabt zu haben. Er bemerkt im Allgemeinen, daß auf die geringsten von Shakespeares Schönheiten ein Stempels gebrüdt sei, der sie gleich, der ganzen Welt bemerkbar mache; er nennt den Othello ein Lehrbuch der Leidenschaft der Eifersucht; er kennt nur eine Tragödie, an der die Liebe selbst arbeiten helfen: Romeo und Julie von Shakespeare; er lobt ihn mit Wielands Worten im Agathon (Stück 69); er kennt den Hamlet, deffen Schauspielerregon er erwähnt, und aus dem er den Geist der schauderhaften Mitternacht mit dem am. hellen Tage spukenden Gespenst ins þer. Semiramis vergleicht, aber das ist auch Alles, was er in der Dramaturgie, und so ziemlich Alles, was, er überhaupt von ihm sagt. Shakespeare war jedenfalls erst ein beginnendes Studium für ihn, obwohl er ihn schon im Jahre 1749 in den Beiträgen zur Geschichte des Theaters nennt, aber auch nur nennt. Die wenigen Winke in der Dramaturgie hatten ohnehin nicht viel zu bedeuten, da die Wielandsche Uebersetung des Shakespeare damals schon in acht: Bänden › vorlag. Der Schwerpunkt der Dramaturgie ruht in der auf der positiven Grundlage des Alterthums geführten Polemik gegen die Franzosen. Um so merkwürdiger ist, daß die von einem Freunde Leffings, dem Franzosen Cacault, verfertigte Uebersehung von Mercier mit Anmerkungen in Paris herausgegeben wurde, um mit deutschen Waffen gegen Corneille und Genossen zu kämpfen.

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Ankündigung.

Es wird sich leicht errathen lassen, daß die neue Verwaltung des hiesigen Theaters die Veranlassung des gegenwärtigen Blattes ist.

Der Endzweck desselben soll den guten Absichten entsprechen, welche man den Männern, die sich dieser Verwaltung unterziehen wollen, nicht anders als beimessen kann. Sie haben sich selbst hinlänglich darüber erklärt, und ihre Aeußerungen sind, sowohl hier, als auswärts, von dem feinern Theile des Publicums mit dem Beis falle aufgenommen worden, den jede freiwillige Beförderung des allgemeinen Besten verdient, und zu unsern Zeiten sich versprechen darf.

Freilich gibt es immer und überall Leute, die, weil sie sich selbst am besten kennen, bei jedem guten Unternehmen`nichts als Neben. absichten erblicken. Man könnte ihnen diese Beruhigung ihrer selbst gern gönnen; aber, wenn die vermeinten Nebenabsichten sie wider die Sache selbst aufbringen, wenn ihr hämischer Neid, um jene zu vereiteln, auch diese scheitern zu lassen bemüht ist: so müssen sie wissen, daß sie die verachtungswürdigsten Glieder der menschlichen Gesellschaft sind.

Glüdlich der Ort, wo diese Elenden den Ton nicht angeben; wo die größere Anzahl wohlgesinnter Bürger sie in den Schranken der Ehrerbietung hält, und nicht verstattet, daß das Bessere des Ganzen ein Raub ihrer Kabalen, und patriotische Absichten ein Vors, wurf ihres spöttischen Aberwißes werden!

So glücklich sey Hamburg in allem, woran seinem Wohlstande und seiner Freiheit gelegen: denn es verdient, fo glüdlich zu seyn! Als Schlegel, zur Aufnahme des dänischen Theaters... (ein deutscher Dichter des dänischen Theaters!) Vorschläge that, von welchen es Deutschland noch lange zum Vorwurfe gereichen wird,

daß ihm keine Gelegenheit gemacht worden, sie zur Aufnahme des unsrigen zu thun: war dieses der erste und vornehmste, „daß man „den Schauspielern selbst die Sorge nicht überlassen müffe, für ihren ,,Verlust und Gewinnst zu arbeiten." 1 Die Principalschaft unter ihnen hat eine freie Kunst zu einem Handwerke herabgeseßt, welches der Meister mehrentheils desto nachlässiger und eigennütiger treiben läßt, je gewissere Kunden, je mehrere Abnehmer ihm Nothdurft oder Lurus versprechen.

Wenn hier also bis jezt auch weiter noch nichts geschehen wäre, als daß eine Gesellschaft von Freunden der Bühne Hand an das Werk gelegt, und nach einem gemeinnügigen Plane arbeiten zu lassen, sich verbunden hätte: so wäre dennoch, bloß dadurch, schon viel gewonnen. Denn aus dieser erster Veränderung können, auch bei deiner nur mäßigen Begünstigung des Publicums, leicht und geschwind alle andere Verbesserungen erwachsen, deren unser Theater bedarf.

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An Fleiß und Kosten wird sicherlich nichts gespart werden: "ob es an Geschmack und Einsicht fehlen dürfte, muß die Zeit lehren Und hat es nicht das Publicum in seiner Gewalt, was es hierin mangelhaft finden sollte; abstellen und verbessern zu lassen ? Es komme nur, und sehe und höre, und prüfe und richte. Seine Stimme soll nie geringschäßig verhört, sein Urtheil soll nie ohne Unterwerfung vernommen werden! d w mollati gla

Nur daß sich nicht jeder kleine Kritikaster für das Publicum halte, und derjenige, dessen Erwartungen getäuscht werden, auch ein wenig mit sich selbst zu Rathe gehe, von welcher Art seine Erwartungen gewesen. Nicht jeder Liebhaber ist Kenner; nicht jeder, der die Schönheiten Eines Stücks, das richtige Spiel Eines Acteurs empfindet, kann darum auch den Werth aller andern schäßen.” Man hat keinen Geschmack, wenn man nur einen einseitigen Geschmack hat; aber oft ist man desto parteiischer. Der wahre Geschmack ist der allgemeine, der sich über Schönheiten von jeder Art verbreitet, aber von keiner mehr Vergnügen und Entzücken erwartet, als sie nach ihrer Art gewähren kann. at a

Werke, dritter Theil, S. 262.

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Der Stufen sind viel, die eine werbende Bühne bis zum Gipfel der Vollkommenheit zu durchsteigen hat; aber eine verderbte Bühne ist von dieser Höhe, natürlicher Weise, noch weiter entfernt; und ich fürchte sehr, daß die deutsche mehr dieses als jenes ist.

Alles kann folglich nicht auf einmal geschehen. Doch was man nicht wachsen sieht, findet, man nach einiger Zeit gewachsen. Der Langsamste, der sein Ziel nur nicht aus den Augen verliert, geht noch immer geschwinder, als der ohne Ziel berum irrt.

Diese Dramaturgie soll ein, kritisches Register von allen aufzuführenden Stücken halten, und jeden Schritt begleiten, den die Kunst, sowohl des Dichters, als des Schauspielers, hier thun wird. Die Wahl der Stüde ist keine Kleinigkeit: aber Wahl fest Menge vor aus; und wenn nicht immer Meisterstücke aufgeführt werden sollten, so sieht man wohl, woran die Schuld liegt. Indeß ist es gut, wenn das Mittelmäßige für nichts mehr ausgegeben wird, als es ist; und der unbefriedigte Zuschauer wenigstens daran urtheilen lernt. Einem Menschen von gesündem Verstande, wenn man ihm Geschmack beibringen will, braucht man es nur auseinander zu seßen,; warum ihm etwas nicht gefallen hat. Gewisse mittelmäßige Stücke: müssen auch schon darum beibehalten werden, weil sie gewisse vorzügliche Rollen haben, in welchen der oder jener Acteur seine ganze Stärke zeigen kann. So verwirft man nicht gleich eine musikalische Kompoz sition, weil der Text dazu elend ist... a gh, lying,

Die größte Feinheit eines dramatischen Richters zeigt sich darin, wenn er in jedem Falle des Vergnügens und Mißvergnügens unfehlbar zu unterscheiden weiß, was und wie viel davon auf die Rechnung des Dichters, oder des Schauspielers zu seßen sey. Den eineu um etwas tadeln, was der andere versehen hat, heißt beide verderben. Jenem wird der Muth) benommen, und dieser wird sicher gemacht. an

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Besonders darf es der Schauspielet verlangen, daß man hierin die größte Strenge und Unparteilichkeit beobachte. Die Rechtfertigung des Dichters kann jederzeit angetreten werden; sein Werk bleibt day und kann uns immer wieder vor die Augen gelegt werden. Aber die Kunst des Schauspielers ist in ihren Werken transitorisch. Sein

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