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Gutes und Schlimmes rauscht gleich schnell vorbei; und nicht selten ist die heutige Laune des Zuschauers mehr Ursache, als er selbst, warum das eine oder das andere einen lebhaftern Eindruck auf jenen gemacht hat. vani cub

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Eine schöne Figur, eine bezaubernde Miene, ein sprechendes Auge, ein reizender Tritt, ein lieblicher Ton, eine melodische Stimme find Dinge, die sich nicht wohl mit Worten ausdrücken lassen. Doch sind es auch weder die einzigen noch größten Vollkommenheiten des Schauspielers. › Schäßbare Gaben der Natur sind zu seinem Berufe sehr nöthig, aber noch lange nicht seinen Beruf erfüllend! Er muß überall mit dem Dichter denken: er muß da, wo dem Dichter etwas Menschliches widerfahren ist, für ihn denken.

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**! Man hat allen Grund, häufige Beispiele hiervon sich von unsern Schauspielern zu versprechen. Doch ich will die Erwartung des Publicums nicht höher stimmen. Beide schaden sich selbst der zu viel verspricht ; und der zu viel erwartet.

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Heute geschieht die Eröffnung der Bühne. Sie wird viel ents scheiben; sier muß aber nicht alles entscheiden sollen. In den ersten Tagen werden sich die Urtheile ziemlich durchkreuzen. Es würde Mühe kosten, ein ruhiges Gehör zu erlangen. Das erste Blatt dieser Schrift soll daher nicht eher als mit dem Anfange des künftigen Monats erscheinen. plat

Hamburg, den 22. April 1767.

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Das Theater ist den 22sten vorigen Monats mit den Trauers spiele: Olint und Sophronia, glücklich eröffnet worden., Jones Ohne Zweifel wollte man gern mit einem deutschen Originale anfangen, welches hier noch den Reiz der Neuheit habe. Der innere Werth dieses Stüdes fonnte auf eine solche Ehre keinen Anspruch machen. Die Wahl wäre zu tadeln, wenn sich zeigen ließe, daß man eine viel bessere hätte treffen können.

Olint und Sophronia ist das Werk eines jungen Dichters, und

sein unvollendet hinterlassenes Wert. Cronegt starb allerdings für unsere Bühne zu früh; aber eigentlich gründet sich sein Ruhm mehr auf das, was er, nach dem Urtheile seiner Freunde, für dieselbe noch hätte leisten können, als was er wirklich geleistet hat. Und welcher dramatische Dichter, aus allen Zeiten und Nationen, hätte in seinem sechsundzwanzigsten Jahre sterben können, ohne die Kritit über seine wahren Talente nicht eben so zweifelhaft zu lassen?

Der Stoff ist die bekannte Episode beim Taffo. Eine kleine rüh rende Erzählung in ein rührendes Drama umzuschaffen, ist so leicht nicht. Zwar kostet es wenig Mühe, neue Verwickelungen zu erdenken, und einzelne Empfindungen in Scenen auszudehnen. Aber zu verhüten wissen, daß diese neue Verwickelungen weder das Interesse schwächen, noch der Wahrscheinlichkeit Eintrag thun; sich aus dem Gesichtspunkte des Erzählers in den wahren Standort einer jeden Person verseßen können; die Leidenschaften nicht beschreiben, sondern vor den Augen des Zuschauers entstehen, und ohne Sprung, in einer so illusorischen Stetigkeit wachsen zu lassen, daß dieser sympathisiren muß, er mag wollen oder nicht: das ist es, was dazu nöthig ist; was das Genie, ohne es zu wissen, ohne es sich langweilig zu erklären, thut, und was der bloß wißige Kopf nachzumachen, vergebens sich martert. ›

Lasso scheint, in seinem Olint und Sophronia, den Virgil in seinem Nisus und Euryalus vor Augen gehabt zu haben. So wie Virgil in diefen die Stärke der Freundschaft geschildert hatte, wollte Tasso in jenen die Stärke der Liebe schildern. Dort war es heldenmüthiger Diensteifer, der die Probe der Freundschaft veranlaßte: hier ist es die Religion, welche der Liebe Gelegenheit giebt, sich in aller ihrer Kraft zu zeigen. Aber die Religion, welche bei dem Tasso nur das Mittel ist, wodurch er die Liebe so wirksam zeigt, ist in Cronegts Bearbeitung das Hauptwerk geworden. Er wollte ben Triumph diefer in den Triumph jener veredeln. Gewiß, eine fromme Verbesserung weiter aber auch nichts, als fromm! Denn sie hat ihn verleitet, was bei dem Tasso so simpel und natürlich, so wahr und menschlich ist, so verwickelt und romanenhaft, so wunderbar und himmlisch zu machen, daß nichts darüber!

Beim Tasso ist es ein Zauberer, ein Kerl, der weber Christ noch

Mahomedaner ist, sondern sich aus beiden Religionen einen eigenen Aberglauben zusammengesponnen hat, welcher dem Aladin den Rath giebt, das wunderthätige Marienbild aus dem Tempel in die Moschee zu bringen. Warum machte. Cronegt aus diesem Zauberer einen mahomedanischen Priester? Wenn dieser Priester in seiner Religion nicht eben so unwissend war, als es der Dichter zu seyn ›scheint, so konnte er einen solchen Rath unmöglich geben. Sie duldet durchaus keine Bilder in ihren. Moscheen. Cronegt verräth sich in mehreren Stücken, daß ihm eine sehr unrichtige Vorstellung von dem mahomedanischen Glauben beigewohnt. Der gröbste Fehler aber ist, daß er eine Religion überall des Polytheismus schuldig macht, die fast mehr als jede andere auf die Einheit Gottes dringt. Die Moschee heißt ihm,,,ein Siz der falschen Götter," und den Priester selbst läßt er ausrufen: tr

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So wollt ihr euch noch nicht mit Rach' und Strafe rüsten,
Jhr Götter? Bligt, vertilgt das freche Volk der Christen!"

Der sorgsame Schauspieler hat in seiner Tracht das Costume prvom
Scheitel bis zur Zebe, genau zu beobachten gesucht; und er muß
solche Ungereimtheiten fagen!
gold wo fow

... -Beim Tasso kömmt das Marienbild aus der Moschee weg, ohne daß man eigentlich weiß, ob es von Menschenhänden entwendet wors den, oder ob eine höhere Macht dabei im Spiele gewesen. Cronegk macht den Olint:zum Thäter. Zwar verwandelt er das Marienbild in „ein Bild des Herrn am Kreuz;" aber Bild ist Bild, und dieser armselige Aberglaube giebt dem Dlint eine sehr verächtliche Seite. Man kann ihm unmöglich wieder gut werden, daß er es wagen können, durch eine so kleine That sein Volk an den Rand des Verderbens zu stellen. Wenn er sich hernach freiwillig dazu bekennt: fo ist es nichts mehr als Schuldigkeit, und keine Großmuth. Beim Lasso läßt ihn bloß die Liebe diesen Schritt thun; er will Sophronien retten, oder mit ihr sterben; mit ihr sterben, bloß um mit ihr zu sterbenz, kann er mit ihr nicht Ein Bette besteigen, so sey es Ein Scheiterhaufen; an ihrer Seite, an den nämlichen Pfahl gebunden, bestimmt, von dem nämlichen Feuer verzehrt zu werden, empfindet

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er bloß das Glück einer so füßen Nachbarschaft, denkt än nichts, was er jenseit dem Grabe zu hoffen habe, und wünscht nichts, als daß diese Nachbarschaft noch enger und vertrauter seyn möge, daß er Brust gegen Brust drücken, und auf ihren Lippen seinen Geist verhauchen dürfe.

Dieser vortreffliche Contrast zwischen einer lieben, ruhigen, ganz geistigen Schwärmerin, und einem hißigen, begierigen Jünglinge, ist beim Cronegt völlig verloren. Sie sind beide von der kältesten Einförmigkeit; beide haben nichts als das Märterthum im Kopfe; und nicht genug, daß Er, daß Sie für die Religion sterben wollen; auch Evander wollte, auch Serena hätte nicht übel Lust dazu. de 5

Ich will hier eine doppelte Anmerkung machen; welche, wohl behalten, einen angehenden tragischen Dichter vor großen Fehltritten bewahren kann. Die eine betrifft das Trauerspiel überhaupt. Wenn heldenmüthige Gesinnungen Bewunderung erregen sollen: so muß der Dichter nicht zu verschwenderisch damit umgehen; denn was man öfters, was man' an mehrern sieht, hört man auf zu bewundern. Hierwider hatte sich Cronegt schon in seinem Codrus sehr versündigt. Die Liebe des Vaterlandes, bis zum freiwilligen Lode für dasselbe, hätte den Codrus allein auszeichnen sollen: er hätte als ein einzelnes Wesen einer ganz besondern Art dastehen müssen, um den Eindruc zu machen, welchen der Dichter mit ihm im Sinne hatte. Aber Elesinde, und Philaide, und Medon, und iver nicht? sind alle gleich bereit, ihr Leben dem Vaterlande aufzuopfern; unsere Bewunderung wird getheilt, und. Codrus verliert sich unter der Menge. So auch hier. Was in Olint und Sophronia Christ ist, das alles hält gemartert werden und sterben für ein Glas Wasser trinken. Wir hören diese frommen Bravaden so oft, aus so verschiedenem Munde, daß sie alle Wirkung verlieren.

Die zweite Anmerkung betrifft das christliche Trauerspiel insbesondere. Die Helden desselben sind mehrentheils Märtyrer. Nun leben wir zu einer Zeit, in welcher die Stimme der gesunden Vernunft zu laut erschallt, als daß jeder Rasender, der sich muthwillig, ohne alle Noth, niit Verachtung aller seiner bürgerlichen Obliegens heiten, in den Tod stürzt, den Titel eines Märtyrers sich anmaßen

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dürfte. Wir wissen jezt zu wohl die falschen, Märtyrer von den wahren zu unterscheiden; wir verachten jene eben so sehr, als wir diese verehren, und höchstens können sie uns eine melancholische Thräne über die Blindheit und den Unsinn auspressen, deren wir die Menschheit überhaupt in ihnen fähig erblicken. Doch diese Thräne ists teine von den angenehmen, die das Trauerspiel erregen will. Wenn daher der Dichter einen Märtyrer zu seinem Helden wählt: daß er ihm ja die lautersten und triftigsten Bewegungsgründe gebe! daß er ihn ja in die unumgängliche Nothwendigkeit seze, den Schritt zu thun, durch den er sich der Gefahr bloß stellt! daß er ihn ja den Lod nicht freventlich suchen, nicht höhnisch ertroßen lasse! Sonst wird uns sein frommer Held zum Abschen, und die Religion selbst, die er ehren wollte, kann darunter leiden. Ich habe schon berührt, daß es nur ein eben so nichtswürdiger Aberglaube seyn konnte, als wir in dem Zauberer Jsmen verachten, welcher den Olint antrieb, das: Bild aus der Moschee wieder zu entwenden. Es entschuldigt den Dichter nicht, daß es Zeiten gegeben, wo ein solcher Aberglaube allgemein war, und bei vielen guten Eigenschaften bestehen konnte; daß es noch Länder giebt, wo er der frommen Einfalt nichts befremdendes haben würde. Denn er schrieb sein Trauerspiel eben so wenig für jene Zeiten, als er es bestimmte, in Böhnen oder Spanien gespielt zu werden. Der gute Schriftsteller, er sey, von welcher Gattung er wolle, wenn er nicht bloß schreibt, seinen Wiß, seine Gelehrs famkeit zu zeigen, hat immer die Erleuchtetsten und Besten seiner Zeit und feines Landes in Augen, und nur was diesen gefallen, was diese rühren kann, würdigt er zu schreiben. Selbst der dramatische, wenn er sich zu dem Pöbel herabläßt, läßt sich nur darum zu ihm herab, um ihn zu erleuchten und zu bessern; nicht aber ihn in seinen Vorurtheilen, ihn in seiner unedeln Denkungsart zu bestärken.n

Bweites Stück, AZER

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Noch eine Anmerkung;› gleichfalls bds› christliche, Trátierspiel: bes weffend würde über bie Betehtung der. Clorinde zu machen seynd

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