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VORWORT

zur dritten Auflage.

Auch diese Auflage zeigt eine gründliche Revision der früheren, ja eine gründlichere, nicht blofs in der Einleitung, bei der ich mehr als früher an die jetzigen Anforderungen im Abiturientenexamen dachte, sondern auch im Kommentar, wo ich bei den am meisten gelesenen Gedichten die Hilfen vermehrte. Denn ich überzeugte mich mehr und mehr, dafs die Kenntnisse der Schüler immer lückenhafter werden. Mehr aber noch, als ich selbst, haben andere an dieser Auflage gearbeitet. Ich glaube alle Schriften über Horaz gelesen und, wo ich dazu eine Veranlassung sah, sie auch benutzt zu haben. Namentlich aber konnten die neuen Ausgaben des Horaz: die zuverlässige von G. Müller, die an unendlich vielen Stellen völlig selbständige und an Anregungen reiche von Küster, die neue Auflage des Nauckschen Horaz von Weifsenfels, die neuesten Ausgaben von Röhl und Schimmelpfeng nicht ohne Nutzen für diese Auflage bleiben. Die Realien" von Gemoll sind nicht minder eine Fundgrube schöner Bemerkungen. Köpkes,,Lyrische Versmafse des H." habe ich gewissenhaft benutzt. Schaunsland, Höhn, Henke, Gebhardt, Leuchtenberger, Schneidewin, Cauer, Hertz, Frigell, Veit, Menge, Duncker, Teuber, Hirchfelder, Wartenberg, K. P. Schulze, Friedrich, Fritsch, Altenburg, L. Müller, Simon, Sellin, Raiz, Aly, Christ, Crusius, Charisius und besonders Häufsner u. a. sind berücksichtigt worden.

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Hirschberg, September 1897.

Dr. Emil Rosenberg.

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1. Q. Horatius Flaccus ist zu Venusia am Aufidus, einer römischen Kolonie in Apulien (an der Grenze Lukaniens), im J. 65 v. Chr. (am 8. Dezember) als Sohn eines Freigelassenen, der das Geschäft eines coactor (eines Auktionsboten oder Zollerhebers der Generalpächter) besorgte, geboren. Die Elemente des Wissens lernte er in seiner Heimatstadt bei Flavius und besuchte dann zu Rom die Schule des plagosus Orbilius, wo er Homers Ilias und die lateinische Odyssee des Livius Andronicus las. Als er darauf in Athen seine Ausbildung durch philosophische Studien beendigen wollte, brachen nach Ermordung Cäsars im J. 44 die Wirren zwischen Brutus und Cassius auf der einen und den Triumvirn Octavianus, Antonius und Lepidus auf der anderen Seite aus. Horaz schlofs sich der Sache der republikanischen Freiheit an. Er lernte als Kriegsmann unter Brutus Kleinasien und Thrakien kennen, Länder, die infolge dessen oft und bezeichnend in seinen Werken erwähnt werden. Die Schlacht von Philippi im J. 42 v. Chr. machte seiner militärischen Laufbahn, in welcher er es bis zur Würde eines Militärtribunen gebracht hatte, ein schnelles Ende. Nachdem er aus dem Gemetzel glücklich entkommen war und die angebotene Verzeihung des Octavian angenommen hatte, kehrte er nach Rom zurück, wo er das Amt eines scriba quaestorius (Sekretär beim Schatzamt) - ein unbedeutendes, aber ehrenhaftes Amt kaufte. Seine gedrückte Lage Epist. II, 2, 51: ,,inopemque paterni et Laris et fundi paupertas impulit audax, ut uersus facerem" liefs ihn die dichterische Ader, durch die er früher nur sich selbst und seine Freunde hatte erfreuen wollen, zum Erwerbe benutzen und Gedichte veröffentlichen, und zwar zunächst von 42-30 v. Chr. Satiren (saturae) und Epoden (epodi). In ersteren folgte er den Spuren des römischen Dichters C. Lucilius

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aus Campanien, eines Freundes des Scipio Africanus minor und des Laelius, nur dafs er alle politischen Anspielungen unterliefs und nur gesellschaftliche und litterarische Fragen teils erzählend teils spottend behandelte. Diese Gedichte erregten die Aufmerksamkeit Virgils und des Dichters Varius Rufus, später auch die des C. Cilnius Maecenas, des einflussreichen und mächtigen Beraters Octavians. Im J. 38 v. Chr. trat er in den engsten Freundeskreis des Maecenas und blieb dessen bester Freund. Erst der Tod Mäcens (im J. 8 v. Chr.) löste die Freundschaft. Im J. 33 hatte Maecenas dem Freunde ein Landgut im Sabinerlande (Sabini zu ergänzen: fundi) nördlich von Tibur (zwischen Varia und Mandela am Bache Digentia [Licenza], welcher sich oberhalb Varia in den Anio [Aniene oder Teverone] ergiefst; es liegt an dem Hang, der unter dem felsgetragenen Dorfe Licenza bis zum Thalboden absteigt, nicht auf der Höhe hinter dem Dorfe Rocca Giovane) geschenkt, um ihn von äufseren Sorgen zu befreien und ihm mehr Mufse zum Dichten zu verschaffen. Bald darauf entstanden denn auch die Oden und schliefslich die Episteln (Plaudereien über die verschiedenartigsten namentlich philosophischen und ästhetischen Stoffe). Auch suchte Maecenas zwischen dem Dichter und dem Kaiser Augustus ein engeres Verhältnis zu begründen. Doch hielt sich Horaz, wie sehr er auch im Laufe der Zeit die Verdienste des Kaisers um den Frieden der Welt schätzen gelernt hatte, vom Hofe und vom Staatsleben fern, um seine Freiheit nicht aufgeben oder beschränken zu müssen. Darum lehnte er auch eine Geheimsekretärstelle, welche Augustus ihm anbieten liefs, so einträglich und ehrenvoll sie war, ab. Als ihn aber der Kaiser 17 v. Chr. auffordern liefs, das Festgedicht zu den Säkularspielen als Dolmetsch des ganzen Volkes zu verfassen, willfahrte er ihm hierin gern. - Horaz lebte ehelos, aber in engem Verkehr mit Freunden, abwechselnd zu Rom, Tibur (wo er aber ein eigenes Haus nicht besessen, sondern nur eine Wohnung gehabt zu haben scheint, von der noch Reste im Garten des Klosters St. Antonio, das auf dem rechten Ufer des Aniene jenen Überbleibseln gerade gegenüber liegt, vorhanden sind), auf seinem Sabinum, und zuweilen auch in süditalischen Seebädern, in welchen er seine Nerven zu kräftigen suchte. Er starb am 27. November im J. 8 v. Chr. Seine Asche wurde auf dem mons Esquilinus neben dem Grabhügel des Maecenas beigesetzt. Für seine Lebensgeschichte kommen

besonders folgende Äufserungen von ihm selbst in Betracht: Epist. II, 2, 41-57. Sat. I, 4, 105-108; I, 6, 76–89; I, 6, 45—64. Od. II, 7, 9-12; III, 1, 47; II, 18, 9-14; II, 16, 37-40; I, 16, 22. Seine äufsere Erscheinung hat er selbst Epist. I, 20 beschrieben (Augustus in einem Briefe:,,sed tibi statura deest, corpusculum non deest").

2. Was Horaz seit seiner Amnestierung gedichtet, ist sämtlich erhalten. Es sind dies

a) die zwei Bücher Satiren,

b) ein Buch Epoden,

c) vier Bücher Oden mit dem Carmen saeculare (und zwar die drei ersten Bücher von 30-23, das vierte Buch auf Wunsch des Kaisers zur Verherrlichung der Siege des Tiberius und Drusus 13, und dazwischen das Carmen saeculare 17 v. Chr. verfafst),

d) zwei Bücher Episteln (30 bis zum Tode).

Alle diese Werke hatten einen aufserordentlichen Erfolg, besonders die Oden. Wenn er auch zuerst mit Neid und litterarischer Gegnerschaft zu kämpfen hatte, so fand er doch noch während seines Lebens volle Anerkennung. Fast alle Schriftsteller der Folgezeit zeigen Kenntnis seiner Werke. Ja, schon bald nach seinem Tode wurden seine Werke in den Schulen gelesen. Von gröfster Bedeutung war sein Einfluss auf die moderne Litteratur. Bei den Franzosen war es Boileau (unter Ludwig XIV.), welcher die Satiren und Episteln nachahmte. Die Dichter der ersten Schlesischen Dichterschule, vor allem Opitz, verehrten Horaz so, dafs ,,Venusinischer Schwan" zu heifsen oder überhaupt der deutsche Horaz genannt zu werden das höchste, ihres Strebens würdige Ziel war. Lessing,,rettete" den Horaz vor dem Vorwurf der Feigheit und vor schlechten Übersetzungen, Herder besprach ihn in seinen „, Kritischen Wäldern", Wieland übersetzte mit horazischem Geiste seine Satiren und Episteln, die Mitglieder der Hallischen Dichterschule, Hagedorn, Uz, Ramler, lebten von Motiven aus Horaz, Klopstock sah Horaz die Formen der lyrischen Poesie ab, um sie dann weiter zu bilden, der Göttinger Hainbund, Bürger, Hölty, Vofs, dann Hölderlin und Platen zeigen das fleifsigste Studium des Horaz in Entlehnungen von Bildern, Übersetzungen und Nachbildungen. Von modernen Dichtern hat besonders Geibel in seinem

,, klassischen Liederbuch" den Manen unseres Dichters geopfert. Schiller (,,Über naive und sentimentale Dichtung") sagt über Horaz:,,H., der Dichter eines kultivierten und verdorbenen Weltalters, preist die ruhige Glückseligkeit in seinem Tibur, und ihn könnte man als den wahren Stifter dieser sentimentalischen Dichtungsart nennen, sowie er auch in derselben ein noch nicht übertroffenes Muster ist."

3. Unter dem Namen „,Epoden" werden gewöhnlich Gedichte verstanden, in denen ein kleiner Vers, der έπædós, einem grösseren folgt. Aber nicht alle Epoden zeigen diese epodische Form. Horaz selbst nannte sie ,,iambi". Sie haben die Tendenz, einzelne verruchte Menschen in der Weise des Archilochos aus Paros (7. Jahrh.) und des Hipponax aus Ephesus (6. Jahrh.) zu verspotten; doch ist ein Teil derselben ohne solche Absicht und nichts weiter als Ausdruck dichterischer Gefühle bei den verschiedensten Anlässen. Sie sind zum gröfsten Teil früheren Ursprungs und darum lebhafter, jugendlicher, aber auch mafsloser als die darauf folgenden Oden, von denen einige (I, 4, 7. 28; II, 18; IV, 7) metrisch zu den Epoden gerechnet werden dürfen.

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4. Die ,,Oden" des Horaz sind nicht alle das, was wir unter ,Oden" verstehen, entsprechen auch nicht durchgängig unserem ,, Lieder". Nur der allgemeine Begriff,,Gedichte" würde die Verschiedenheit derselben in Form, Inhalt und Behandlung am besten ausdrücken. Ein „Lied“ ist z. B. I, 5. 23; eine Ode I, 3; ein Hymnus I, 2, 12; III, 3. 4; IV, 4. 14; eine Elegie I, 1 u. a. Seine Vorbilder und Muster in der Dichtkunst sind Alkäus und Sappho, während Homer für die Einkleidung der Gedanken und Anakreon nur für kleine Liedchen (I, 38), zuweilen auch der gröfste Lyriker der Griechen, Pindar (I, 12; IV, 4), benutzt wird. Alkäus und Sappho sind die Häupter der äolischen (lesbischen) Poesie, welche um das Ende des 7. und die 1. Hälfte des 6. Jahrh. v. Chr. blühte und einer politisch durch Kämpfe mit Tyrannen aufgeregten Zeit entströmt. Sie bedienten sich dabei eines wechselvolleren, bewegteren Metrums, als es der Hexameter war, nämlich der von einem Saiteninstrument begleiteten Strophe. Die Lieder des Alkäus (ἐρωτικά, συμποτικά, στασιωτικά) spiegeln sein unruhiges, um die Freiheit seiner Vaterstadt Mitylene auf Lesbos kämpfendes Leben, das er meistens in der Verbannung, einmal auch in der Gefangenschaft des grofsmütigen Tyrannen Pittakus,

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