Billeder på siden
PDF
ePub

Vorrede

des englischen Herausgebers.

§. 1.

Die Nachrichten, welche wir über Nennius, den angeblichen Verfasser des Historia Britonum betitelten Werkes haben, sind so dürftig, und die äussere und innere Literargeschichte dieses Erzeugnisses ist so dunkel und voll von Widersprüchen, dass wir an der Möglichkeit verzweifeln möchten, auch nur mit einiger Gewissheit sowohl über das Alter und die historische Glaubwürdigkeit dieser Schrift, als auch über ihren Verfasser ein Urtheil zu fällen.

§. 2.

Es muss vornweg bemerkt werden, dass das Werk dem Nennius hauptsächlich auf Grund des Prologs oder der Prologe zugeschrieben wird, welche einigen Handschriften desselben vorgesetzt sind. Zwei von einander unabhängige Prologe sind vorhanden, die in vielen Punkten übereinstimmen; beide schreiben das Werk dem Nennius, dem Schüler des Elvodugus zu; aber nur einer enthält die Angabe der Zeit, in welcher das Werk verfasst sein soll, und bezeichnet sie als das Jahr 858. Dieser Prolog mit der Zeitangabe findet sich nur in einer Pergamenthandschrift des zwölften Jahrhunderts, und in einer neuern Abschrift aus dem siebzehnten Jahrhundert, welche aber mit der ersteren so genau übereinstimmt, dass man sie augenscheinlich für eine Kopie derselben erkennen muss 1). Der zweite und kürzere Prolog findet sich sowohl in den beiden schon erwähnten Manuscripten, als auch in mehreren anderen Handschriften, von denen jedoch keine älter, als aus dem zwölften

1) S. die Beschreibung des Ms. M. unten, §. 20.

Jahrhundert ist, und von denen auch nur wenige so alt sind. Grösstentheils stimmen sie mit den obengedachten überein, jedoch mit Hinweglassung der Zeitangabe, wann das Werk geschrieben sein soll. Hiernach scheint also die Behauptung, dass Nennius das Werk im Jahre 858 verfasst habe, auf der einen einzigen alten Handschrift, die ihn als Autor bezeichnet, zu beruhen; und auf den Grund der Prologe ist es ihm zugeschrieben, von denen jedoch keine über das zwölfte Jahrhundert hinausreichende Handschriften gefunden werden.

§. 3.

Ueber den Prolog muss ferner bemerkt werden, dass er das Jahr 858 als das vierundzwanzigste Jahr der Regierung Mervins, Königs der Britten [Prol. §. 2, i. f.] bezeichnet, eine Versicherung, über deren Richtigkeit ein gleichzeitiger Schriftsteller schwerlich in Irrthum gerathen konnte. Im Text des Werkes finden wir dennoch aber eine dem widersprechende Angabe. Denn dort ist gesagt, dass die Sachsen im Jahre 447 [§. 31, i. f.] nach England kamen; rechnet man hierzu 429, und sollen beide Zeitbestimmungen mit dem vierten Regierungsjahre Mervins [§. 16] übereinstimmen, so kommt man auf das Jahr 876. So differirt der Prolog und der Text um nicht weniger als vierundzwanzig Jahre mit der Angabe unsers Verfassers, welcher nach dem Regierungsjahr des Königs die Abfassung des Werkes bestimmte; und es erhellt ferner, wenn beides richtig sein soll, dass der Text des Werkes vierundzwanzig Jahre vor dem Prolog geschrieben sein muss.

§. 4.

Es ist nicht leicht, die Gewähr zu finden, auf deren Grund wir die Zeit sicher bestimmen könnten, wann Mervin seine Regierung antrat. Die Annales Cambrenses setzen den Tod eines Merhin in das Jahr 843; und zum Jahre 904 wird gesagt, dass Mervin, Sohn des Rodri, von den Sachsen erschlagen ward. Die erste dieser Personen ist nothwendig von der gegenwärtigen Untersuchung ausgeschlossen. Aber auch zugegeben, dass es die letztere sei, auf welche in dem Prolog Bezug genommen ist, so folgt daraus, dass Mervin siebenzig Jahre müsste regiert haben, indem er nach dem Prolog a. 834 den Thron bestiegen hat. Nehmen wir aber dass die Autorität des Prologs hier zurückzuweisen, und der Text entscheidend sei, welcher be

an,

sagt, dass Mervin i. J. 876 auf den Thron gekommen sei, so führen wir die Rechnung in die Grenzen der Wahrscheinlichkeit zurück, nemlich auf eine Regierungszeit von achtundzwanzig Jahren, und zwar vom Jahre 876 bis 904.

§. 5.

Eine Vergleichung dieser beiden Prologe lässt schwer begreifen, warum beide, jeder in anderer Gestalt geschrieben worden sind. In jedem ist derselbe Gedankengang, die Ausdrücke sind sich sehr ähnlich, die citirten Autoritäten sind fast dieselben, und ebenso die Gründe, die der Verfasser für seine Schrift anführt. Es ist klar, dass der eine nicht als eine Ergänzung des andern angesehen werden kann. Wenn beide authentisch sind, so müssen wir annehmen, dass Nennius, unzufrieden mit einem dieser Prologe, beabsichtigt habe, den andern an dessen Stelle zu setzen, dass aber durch einen besonderen Zufall beide auf uns gelangt sind, wenngleich wir uns nicht anmaassen können, darzulegen, wie einer von diesen in der einzigen Handschrift sich erhalten hat, und wie diese erst gegen das Ende des zwölften Jahrhunderts gefertigt worden ist.

§. 6.

Sollen wir über die Authenticität dieser beiden Prologe entscheiden, und erwägen wir die ungemeine Uebereinstimmung beider in Sprache, Hauptinhalt und Anordnung unter einander, so muss es natürlich unsere Aufmerksamkeit besonders auf sich ziehen, dass, wie schon oben bemerkt ward, jener längere, welcher die Abfassung des Werkes in das Jahr 858 setzt, nur in dem einen älteren Manuscripte gefunden ward, während der kürzere Prolog in wenigstens fünf Handschriften enthalten ist. Die Schreibart von beiden ist merkwürdig; von den beiden ist der kürzere Prolog vielleicht mit mehr Zierlichkeit verfasst, der. andere dagegen zum Theil dunkel und verwickelt; beide aber erheben sich so hoch über die barbarische Sprache des Werkes selbst, dass wir kaum glauben können, es habe der Verfasser der Historia Britonum die Prologe, welche ihr jetzt beigefügt sind, schreiben können.

§. 7.

Doch kehren wir zu dem angeblichen Verfasser zurück. Nennius, wie wir schon anführten, nennt sich selbst den Schü

ler des Elbodus oder Elvodugus. Der Anspruch zweier Personen auf diesen Namen, jede ausgezeichnet durch Gelehrsamkeit und Frömmigkeit, erfordert Erörterung. Von dem älteren, welcher Erzbischof von Llandaff war 1), ist wenig mehr bekannt, als dass er nach der Annahme dem Dubricius im Jahre 612 gefolgt sein soll 2). Der andere Elbodus, Erzbischof von Nordwales, starb nach der Chronik des Caradoc von Llancarvan 3) und den Annales Cambrenses 4) im Jahre 809. Wir haben daher einerseits einen Beweisgrund, der die Glaubwürdigkeit des Prologs unterstützt, welcher die Historia Britonum in das Jahr 858 setzt: aber andrerseits werden wir in noch grössere Schwierigkeiten bei Erwägung der Angaben über den Verfasser durch die Handschriften verwickelt, welche wir endlich zu betrachten haben.

§. 8.

Die nächste Bemerkung, welche sich von selbst aufdrängt, ist, dass die noch grössere Zahl der Handschriften, die wirklich über das zwölfte Jahrhundert hinausreichen, keinen der beiden von uns erwähnten Prologe enthält, und dass folglich diese durch sich selbst keinen Beweis dafür liefern, dass sie mit Recht dem Nennius zuzuschreiben sind. Diese namenlosen Handschriften beginnen mit einigen chronologischen Angaben, die nur bezwecken, die Zahl der Jahre aufzuführen, welche zwi

1) Usher, Primord. p. 87.

2) CLXVIII. „, Annus (612) Conthigirni obitus, et Dibric episcopi." Annales Cambrenses.

3) Citirt von Usher, Primord. p. 87.

[ocr errors]

war,

4) 1172. Cadelh, rex Povisiae, moritur; anno proximo Elbodu, episcopus Venedociae, obiit." Leland, und nach ihm Humphrey, Lhuyd und Usher versichern, dass er es welcher unter seinen halsstarrigen Landsleuten die römische Berechnung von Ostern einführte, eine Angabe, welche durch die noch ungedruckten Annales Cambrenses unterstützt wird. Bale fügt hinzu, dass er auch eine Historia sui temporis geschrieben habe, und im Jahre 610 gestorben sei. S. Tanner, Biblioth. Brit. p. 257, 262, bei den Worten: Elbodus und Elvodugus Probus. Es schien zweckmässig, diese widersprechenden Angaben zur Vermeidung noch grösserer Verwirrung aus dem Text in die Note zu verweisen, indem nur bei ihrer mangelhaften Glaubwürdigkeit übrig blieb, sie wenigstens anzuführen.

schen gewissen grossen Ereignissen verflossen sind. Wir werden hier belehrt, dass, als das Werk geschrieben ward, 796 Jahre seit dem Leiden unsers Herrn verflossen gewesen (§. 5), eine Angabe, die in den verschiedenen Handschriften abweichend vorkommt, indem einige die Zahl 800, andere 879 enthalten. Eine andere Klasse von Handschriften verbindet das Jahr 796 mit dem dreissigsten Jahre der Regierung Anaraught's, Königs von Nord-Wales, über dessen Richtigkeit wir jedoch nicht das geringste Zeugniss haben; aber unmittelbar darauf wirft es wieder dadurch einen Zweifel auf diese Angabe, dass dieses Jahr auch das Jahr 6108 der Welt gewesen sein soll, indem nach der eignen Bemerkung daselbst (§. 5.) dies uns auf das Jahr 980 führt.

§. 9.

Ferner sind anderswo einige wichtige chronologische Punkte zu beachten. Es wird versichert, dass seit der Geburt unsers Herrn bis zur Ankunft des H. Patrik bei den Schotten 405 Jahre verflossen sind, und dass 421 Jahre seit diesem Ereigniss verstrichen, wonach sich das Jahr 826 herausstellt. Diese Angabe weicht wesentlich von der in den verschiednen Handschriften, die wir zu Rathe gezogen haben, (16, Note) ab. Sodann wird die Ankunft der Sachsen in Britanien zum Jahre 447 berichtet (§.31.), zu welchem der Schreiber 429 hinzugefügt, um das Jahr anzugeben, in welchem er schrieb, was uns auf 876 bringt (§. 16.). Eine andere Handschrift aber von ansehnlichem Alter bemerkt, dass er im Jahre 946 oder 947 geschrieben habe. Die erstere Angabe ist festgestellt und das unzweifelhaft, dass es im fünften Jahre der Regierung des Königs Edmund gewesen 1). Endlich kommt zu dem Allen die Pariser Handschrift aus dem dreizehnten Jahrhundert, welche die Ankunft der Sachsen in das Jahr 347 setzt, zu welchem sie 647 Jahre hinzufügt, um die Zeit der Abfassung zu bestimmen, was auf das Jahr 994 führt. Die älteren Handschriften erwähnen nicht nur nicht des Nennius als Autors, sondern bezeichnen sogar die Historia Britonum als

1) Die Vatikanische Handschrift hat diese Lesart §. 4, Note 5, §. 31, Note 14. Edmunds Regierung beginnt mit dem 26. Mai 946, võr welchem Tage die Ausgabe der Historia Britonum (man erlaube uns diesen Ausdruck), auf welcher die Vatikanische Handschrift sich gründet, also verfasst sein muss.

« ForrigeFortsæt »