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. Christ. Götkscheds
Sterbender

ein Trauerspiel,

Nebst des

Sn. Eenelons Gedanken

von Trauerspielen,

Und

Einem Critischen Anhange,

darinnen

die Einrichtung desselben
vertheidiget wird.

Dritte Auflage.

Leipzig,

Bu finden in Teubners Buchladen.

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738 9693.f 1741

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Vorrede

zur ersten Ausgabe 1732.

Ch unterstehe mich eine Tragödie in Vers sen drucken zu lassen, und zwar zu einer solchen Zeit, da diese Art von Gedichten in Deutschland seit dreyßig und mehr Jahren gans ins Vergessen gerathen; und nur seit kurzen auf unserer Schaubühne sich wieder zu zeigen angefangen hat. Diese Verwegenheit ist in der That so groß, daß ich mich deswegen ausführlich entschuldigen muß. Ich weis zwar, daß ein einzi ges herrliches Muster, dieser in Verfall gerathenen Art der Gedichte, wohl eher ganze Nationen rege gemacht, und ihnen einen Geschmack davon beygebracht hat. Der berühmte Cid des Corneille hat dieses in Frankreich, die Merope des Hrn. Maffei in Italien, undHn. AddissonsCato in Engelland zur Gnüge erwiesen. Allein ich bin auch im Gegen theil versichert, daß Leute, die einer Sache nicht recht gewachsen sind, durch übelgerathene Proben alles verderben; und oftmals eine Art von Pocsien in folche Berachtung bringen können, daß sich nies

:wand

nd mehr die Mühe nimmt sie zu übertreffen, oder dasjenige, was sie schlimm gemacht haben, wieder zu verbessern.

Eben deswegen habe ich mich seit drey Jahren, da ich in meiner Critischen Dichtkunst unsre Nation zu Hervorsuchung dieser Art grosser Gedichte aufgemuntert, und einige Anleitung dazu gegeben, nicht gewaget, selbst ans Licht zu treten, oder andern mit meinem Exempel vorzugehen. Ich habe gewartet, ob sich nicht etwa ein geschickterer Poet unfres Vaterlandes hervorthun, und ein Werk unternehmen würde, welches ihm und Deutschland Ehre machen könnte. Es fehlt uns in der That an grofsen und erhabenen Geistern nicht, die zur tragischen Poesie gleichsam gebohren zu seyn scheinen. Es kommt nur auf die Wissenschaft der Regeln an; die aber nicht ohne alle Bemühung und Geduld gefafset werden können. Es gehöret auch Gelegenheit dazu, die Deutsche Schaubühne nach ihren hisherigen Fehlern und erforderlichen Tugenden kennen zu lernen: Wie denn auch die Kenntniß des französis schen, englischen und italianischen Theaters einiger massen hierzu nöthig ist. Und ohngeachtet ich Ursache habe zu glauben, daß es verschiedene unter unfern Dichtern giebt, die mit allen diesen Vortheis len reichlich versehen sind; wie ich denn selbst einige davon nennen könnte: So habe ich doch bisher vers geblich auf die Erfüllung meines Wunsches gehoffet.

Ehe ich mich aber erkläre, aus was vor Ursachen

ich mich endlich entschlossen habe, dieses Trauerspiel ans Licht zu stellen, muß ich mit wenigen melden, wie ich zuerst auf die theatralische Poesie gelenket worden, und was mich endlich bewogen, selbst Hand anzulegen, und einen Versuch darinnen zu thun. Es find nunmehro 15 oder 16 Jahre, als ich zuerst Lohensteins Trauerspiele lase, und mir daraus einen fehr wunderlichen Begriff von der Tragödie machte. Ob ich gleich diesen Poeten von vielen himmelhoch erheben hörte, so konnte ich doch die Schönheit seiner Werke selber nicht finden, oder gewahr wers den. Ich ließ also diese Art der Poesie in ihren Würden und Unwürden beruhen: Weil ich mich nicht getrauete mein Urtheil davon zu sagen. Ich las auch um eben die Zeit Opigens Antigone, die er aus dem Sophocles verdeutschet hat. Allein gb mir wohl die andern Gedichte dieses Vaters uns frer Dichtkunst ungemein gefielen: So konnte ich doch die rauhen Verse dieser etwas gezwungenen Ubersehung nicht leiden; und daher kam es, daß ich auch an dem Inhalt dieser Tragödie keinen Ges schmack fand. Ich blieb also im Absehen auf die theatralische Poesie in vollkommener Gleichgültigkeit oder Unwissenheit, bis ich etliche Jahre hernach den Boileau kennen lernte. Damals ward ich denn, theils durch die an den Moliere gerichtete Satire, thells durch den hin und her eingestreuten Ruhm und Tadel theatralischer Stücke begierig gemacht, selbige nåher kennen zu lernen.

Obwohl ich nun den Moliere leicht genug zu lesen bekam

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