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Questenberg zu Octavio.

Und zwischen beiden der erfahrne Rat.

Octavio Questenbergen an jene vorstellend.
Den Kammerherrn und Kriegsrat Questenberg,
Den Überbringer kaiserlicher Befehle,

Der Soldaten großen Gönner und Patron,
Verehren wir in diesem würdigen Gaste.
Allgemeines Stillschweigen.

Jllo nähert sich Questenbergen.

Es ist das erste Mal nicht, Herr Minister,
Daß Sie im Lager uns die Ehr' erweisen.
Questenberg.

Schon einmal sah ich mich vor diesen Fahnen.
Jllo.

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Zu Znaim war's, in Mähren, wo Sie sich
Von Kaisers wegen eingestellt, den Herzog
Um Übernahm' des Regiments zu flehen.

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Questenberg.

Zu flehn, Herr General? So weit ging weder
Mein Auftrag, daß ich wüßte, noch mein Eifer.

Jllo.

Nun, ihn zu zwingen, wenn Sie wollen. Ich
Erinnre mich's recht gut — Graf Tilly war
Am Lech aufs Haupt geschlagen — offen stand
Das Bayerland dem Feind — nichts hielt ihn auf,
Bis in das Herz von Östreich vorzudringen.
Damals erschienen Sie und Werdenberg
Vor unserm Herrn, mit Bitten in ihn stürmend
Und mit der kaiserlichen Ungnad' drohend,

Wenn sich der Fürst des Jammers nicht erbarme.
Isolani tritt dazu.

Ja, ja! 's ist zu begreifen, Herr Minister,
Warum Sie sich bei Ihrem heut'gen Auftrag
An jenen alten just nicht gern erinnern.

Questenberg.

Wie sollt' ich nicht! Ist zwischen beiden doch Kein Widerspruch! Damalen galt es, Böhmen 125 Aus Feindes Hand zu reißen; heute soll ich's Befrei'n von seinen Freunden und Beschüßern.

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Jllo.

Ein schönes Amt! Nachdem wir dieses Böhmen
Mit unserm Blut dem Sachsen abgefochten,

Will man zum Dank uns aus den Lande werfen.

Questenberg.

Wenn es nicht bloß ein Elend mit dem andern
Vertauscht soll haben, muß das arme Land
Von Freund und Feindes Geißel gleich befreit sein.
Illo.

Ei was! Es war ein gutes Jahr, der Bauer kann
Schon wieder geben.

Questenberg.

Ja, wenn Sie von Herden Und Weidepläßen reden, Herr Feldmarschall –

Isolani.

Der Krieg ernährt den Krieg. Gehn Bauern drauf,
Ei, so gewinnt der Kaiser mehr Soldaten.

Questenberg.

Und wird um so viel Unterthanen ärmer!

Isolani.

Pah! Seine Unterthanen sind wir alle!

Questenberg.

Mit Unterschied, Herr Graf! Die einen füllen
Mit nüglicher Geschäftigkeit den Beutel,
Und andre wissen nur, ihn brav zu leeren.
Der Degen hat den Kaiser arm gemacht;
Der Pflug ist's, der ihn wieder stärken muß.
Buttler.
Der Kaiser wär' nicht arm, wenn nicht so viel'
Blutigel saugten an dem Mark des Landes.
Isolani.

So arg kann's auch nicht sein. Ich sehe ja,

indem er sich vor ihn hinstellt und seinen Anzug mustert.
Es ist noch lang' nicht alles Gold gemünzt.

Questenberg.
Gottlob! Noch etwas weniges hat man
Geflüchtet vor den Fingern der Kroaten.

Jllo.

Da! der Slawata und der Martinig,

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Auf die der Kaiser, allen guten Böhmen

Zum Ärgernisse, Gnadengaben häuft

Die sich vom Raube der vertriebnen Bürger mästen -
Die von der allgemeinen Fäulnis wachsen,

Allein im öffentlichen Unglück ernten

Mit königlichem Prunk dem Schmerz des Landes
Hohn sprechen - die und ihresgleichen laßt
Den Krieg bezahlen, den verderblichen,

Den sie allein doch angezündet haben.

Buttler.

Und diese Landschmarußer, die die Füße
Beständig unterm Tisch des Kaisers haben,
Nach allen Benefizen hungrig schnappen,

Die wollen dem Soldaten, der vorm Feind liegt,
Das Brot vorschneiden und die Rechnung streichen.
Isolani.

Mein Lebtag denk' ich dran, wie ich nach Wien
Vor sieben Jahren kam, um die Remonte
Für unsre Regimenter zu betreiben,

Wie sie von einer Antecamera

Zur andern mich herumgeschleppt, mich unter
Den Schranzen stehen lassen stundenlang,
Als wär' ich da, ums Gnadenbrot zu betteln.
Zulegt da schickten sie mir einen Kapuziner,
Ich dacht', es wär' um meiner Sünden willen!
Nein doch, das war der Mann, mit dem
Ich um die Reiterpferde sollte handeln.

Ich mußt' auch abziehn unverrichteter Ding'.

Der Fürst nachher verschaffte mir in drei Tagen,
Was ich zu Wien in dreißig nicht erlangte.

Questenberg.

180 Ja, ja! Der Posten fand sich in der Rechnung; Ich weiß, wir haben noch daran zu zahlen.

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Jllo.

Es ist der Krieg ein roh, gewaltsam Handwerk.
Man kommt nicht aus mit sanften Mitteln, alles
Läßt sich nicht schonen. Wollte man's erpassen,
Bis sie zu Wien aus vierundzwanzig übeln
Das kleinste ausgewählt, man paßte lange!

Frisch mitten durchgegriffen, das ist besser!
Reiß' dann, was mag! Die Menschen, in der Regel,

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Verstehen sich aufs Flicken und aufs Stückeln
Und finden sich in ein verhaßtes Müssen
Weit besser als in eine bittre Wahl.

Questenberg.

Ja, das ist wahr! Die Wahl spart uns der Fürst.

Jllo.

Der Fürst trägt Vatersorge für die Truppen;
Wir sehen, wie's der Kaiser mit uns meint.

Questenberg.

Für jeden Stand hat er ein gleiches Herz
Und kann den einen nicht dem andern opfern.

Isolani.

Drum stößt er uns zum Raubtier in die Wüste,
Um seine teuren Schafe zu behüten.

Questenberg mit Hohn.

Herr Graf! dies Gleichnis machen Sie

Jllo.

nicht ich.

Doch, wären wir, wofür der Hof uns nimmt,
Gefährlich war's, die Freiheit uns zu geben.
Questenberg mit Ernst.

Genommen ist die Freiheit, nicht gegeben;
Drum thut es not, den Zaum ihr anzulegen.

Jllo.

Ein wildes Pferd erwarte man zu finden.

Questenberg.

Ein beßrer Reiter wird's besänftigen.

Illo.

Es trägt den einen nur, der es gezähmt.

Questenberg.

Ist es gezähmt, so folgt es einem Kinde.

Jllo.

Das Kind, ich weiß, hat man ihm schon gefunden.

Questenberg.

Sie fümmre nur die Pflicht und nicht der Name.

Buttler

der sich bisher mit Piccolomini seitwärts gehalten, doch mit sichtbarem Anteil an dem Gespräch, tritt näher.

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Herr Präsident! Dem Kaiser steht in Deutschland

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Ein stattlich Kriegsvolk da, es kantonieren
In diesem Königreich wohl dreißigtausend,
Wohl sechzehntausend Mann in Schlesien;
Zehn Regimenter stehn am Weserstrom,

Am Rhein und Main; in Schwaben bieten sechs,
In Bayern zwölf den Schwedischen die Spiße.
Nicht zu gedenken der Besaßungen,

Die an der Grenz' die festen Pläße schirmen.
All dieses Volk gehorcht Friedländischen
Hauptleuten. Die's befehligen, sind alle
In eine Schul' gegangen, eine Milch
Hat sie ernährt, ein Herz belebt sie alle.
Fremdlinge stehn sie da auf diesem Boden,
Der Dienst allein ist ihnen Haus und Heimat.
Sie treibt der Eifer nicht fürs Vaterland,
Denn Tausende wie mich gebar die Fremde;
Nicht für den Kaiser, wohl die Hälfte kam
Aus fremdem Dienst feldflüchtig uns herüber,
Gleichgültig, unterm Doppeladler fechtend,
Wie unterm Löwen und den Lilien.

Doch alle führt an gleich gewalt'gem Zügel
Ein einziger, durch gleiche Lieb' und Furcht
Zu einem Volke sie zusammenbindend.
Und wie des Blizes Funke sicher, schnell,
Geleitet an der Wetterstange, läuft,
Herrscht sein Befehl vom lezten fernen Posten,
Der an die Dünen branden hört den Belt,
Der in der Etsch fruchtbare Thäler sieht,
Bis zu der Wache, die ihr Schilderhaus
Hat aufgerichtet an der Kaiserburg.

Questenberg.

Was ist der langen Rede kurzer Sinn?

Buttler.

Daß der Respekt, die Neigung, das Vertraun,
Das uns dem Friedland unterwürfig_macht,
Nicht auf den ersten besten sich verpflanzt,
Den uns der Hof aus Wien herübersendet.
Uns ist in treuem Angedenken noch,

Wie das Kommando kam in Friedlands Hände.
War's etwa kaiserliche Majestät,

Die ein gemachtes Heer ihm übergab,
Den Führer nur gesucht zu ihren Truppen?

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