1515 Nun ja! Wie ich unmittelbar nach Ihnen Ins Zimmer trat, wie ich die Nichte fand, Was sie in diesem ersten Augenblick
Die Mutter weinte wieder so. Ich seh' sie leiden Und kann's nicht ändern, daß ich glücklich bin.
May in ihren Anblick verloren.
Jezt hab' ich wieder Mut, Sie anzusehn.
Heut' konnt' ich's nicht. Der Glanz der Edelsteine, Der Sie umgab, verbarg mir die Geliebte.
So sah mich nur Jhr Auge, nicht Ihr Herz.
O, diesen Morgen, als ich Sie im Kreise Der Jhrigen, in Vaters Armen fand, Mich einen Fremdling sah in diesem Kreise Wie drängte mich's in diesem Augenblick,
Ihm um den Hals zu fallen, Vater ihn Zu nennen! Doch sein strenges Auge hieß Die heftig wallende Empfindung schweigen, Und jene Diamanten schreckten mich,
Die wie ein Kranz von Sternen Sie umgaben. Warum auch mußt' er beim Empfange gleich Den Bann um Sie verbreiten, gleich zum Opfer Den Engel schmücken, auf das heitre Herz Die traur'ge Bürde seines Standes werfen! Wohl darf die Liebe werben um die Liebe, Doch solchem Glanz darf nur ein König nahn. Thekla.
O, still von dieser Mummerei! Sie sehn, Wie schnell die Bürde abgeworfen ward. Zur Gräfin. Er ist nicht heiter. Warum ist er's nicht? Jhr, Tante, habt ihn mir so schwer gemacht! War er doch ein ganz andrer auf der Reise! So ruhig hell! So froh beredt! Ich wünschte, Sie immer so zu sehn und niemals anders.
Sie fanden sich, in Ihres Vaters Armen, In einer neuen Welt, die Ihnen huldigt, Wär's auch durch Neuheit nur, Jhr Auge reizt.
1555 Ja! Vieles reizt mich hier, ich will's nicht leugnen, Mich reizt die bunte, kriegerische Bühne,
Die vielfach mir ein liebes Bild erneuert, Mir an das Leben, an die Wahrheit knüpft, Was mir ein schöner Traum nur hat geschienen.
Mir machte sie mein wirklich Glück zum Traum. Auf einer Insel in des Äthers Höhn
Hab' ich gelebt in diesen lezten Tagen; Sie hat sich auf die Erd' herabgelassen, Und diese Brücke, die zum alten Leben
Zurück mich bringt, trennt mich von meinem Himmel.
Das Spiel des Lebens sieht sich heiter an,
Wenn man den sichern Schatz im Herzen trägt,
Und froher kehr' ich, wenn ich es gemustert,
Zu meinem schönern Eigentum zurück
Abbrechend und in einem scherzhaften Ton.
Was hab' ich Neues nicht und Unerhörtes In dieser kurzen Gegenwart gesehn!
Und doch muß alles dies dem Wunder weichen, Das dieses Schloß geheimnisvoll verwahrt. Gräfin nachfinnend.
Was wäre das? Ich bin doch auch bekannt In allen dunkeln Ecken dieses Hauses. Thekla lächelnd.
Von Geistern wird der Weg dazu beschüßt, Zwei Greife halten Wache an der Pforte.
Ach so! der astrologische Turm! Wie hat sich Dies Heiligtum, das sonst so streng verwahrt wird, Gleich in den ersten Stunden Euch geöffnet?
Ein kleiner alter Mann mit weißen Haaren Und freundlichem Gesicht, der seine Gunst Mir gleich geschenkt, schloß mir die Pforten auf. Mar.
Das ist des Herzogs Astrolog, der Seni.
Er fragte mich nach vielen Dingen, wann ich Geboren sei, in welchem Tag und Monat, Ob eine Tages- oder Nachtgeburt ·
Weil er das Horoskop Euch stellen wollte.
Auch meine Hand besah er, schüttelte Das Haupt bedenklich, und es schienen ihm Die Linien nicht eben zu gefallen.
Wie fandet Ihr es denn in diesem Saal? Ich hab' mich stets nur flüchtig umgesehn. Thekla.
Es ward mir wunderbar zu Mut, als ich Aus vollem Tageslichte schnell hineintrat;
Denn eine düstre Nacht umgab mich plöglich, Von seltsamer Beleuchtung schwach erhellt. In einem Halbkreis standen um mich her Sechs oder sieben große Königsbilder,
Den Scepter in der Hand, und auf dem Haupt Trug jedes einen Stern, und alles Licht
Im Turm schien von den Sternen nur zu kommen. Das wären die Planeten, sagte mir
Mein Führer, sie regierten das Geschick, Drum seien sie als Könige gebildet.
Der äußerste, ein grämlich finstrer Greis
Mit dem trübgelben Stern, sei der Saturnus; Der mit dem roten Schein, grad' von ihm über, In kriegerischer Rüstung, sei der Mars, Und beide bringen wenig Glück den Menschen. Doch eine schöne Frau stand ihm zur Seite, Sanft schimmerte der Stern auf ihrem Haupt, Das sei die Venus, das Gestirn der Freude. Zur linken Hand erschien Merkur geflügelt. Ganz in der Mitte glänzte silberhell
Ein heitrer Mann, mit einer Königsstirn, Das sei der Jupiter, des Vaters Stern, Und Mond und Sonne standen ihm zur Seite.
O, nimmer will ich seinen Glauben schelten
An der Gestirne, an der Geister Macht.
Nicht bloß der Stolz des Menschen füllt den Raum
Mit Geistern, mit geheimnisvollen Kräften, Auch für ein liebend Herz ist die gemeine Natur zu eng, und tiefere Bedeutung Liegt in dem Märchen meiner Kinderjahre Als in der Wahrheit, die das Leben lehrt. Die heitre Welt der Wunder ist's allein, Die dem entzückten Herzen Antwort giebt, Die ihre ew'gen Räume mir eröffnet, Mir tausend Zweige reich entgegenstreckt, Worauf der trunkne Geist sich selig wiegt. Die Fabel ist der Liebe Heimatwelt; Gern wohnt sie unter Feen, Talismanen, Glaubt gern an Götter, weil sie göttlich ist. Die alten Fabelwesen sind nicht mehr, Das reizende Geschlecht ist ausgewandert;
Doch eine Sprache braucht das Herz; es bringt Der alte Trieb die alten Namen wieder, Und an dem Sternenhimmel gehn sie jeßt, Die sonst im Leben freundlich mit gewandelt; Dort winken sie dem Liebenden herab, Und jedes Große bringt uns Jupiter Noch diesen Tag und Venus jedes Schöne. Thekla.
Wenn das die Sternenkunst ist, will ich froh Zu diesem heitern Glauben mich bekennen. Es ist ein holder, freundlicher Gedanke, Daß über uns, in unermeßnen Höhn, Der Liebe Kranz aus funkelnden Gestirnen, Da wir erst wurden, schon geflochten ward.
Nicht Rosen bloß, auch Dornen hat der Himmel; Wohl dir, wenn sie den Kranz dir nicht verlegen! Was Venus band, die Bringerin des Glücks,
Kann Mars, der Stern des Unglücks, schnell zerreißen.
Bald wird sein düstres Reich zu Ende sein! Gesegnet sei des Fürsten ernster Eifer, Er wird den Ölzweig in den Lorbeer flechten Und der erfreuten Welt den Frieden schenken.
Dann hat sein großes Herz nichts mehr zu wünschen, Er hat genug für seinen Ruhm gethan,
Kann jezt sich selber leben und den Seinen. Auf seine Güter wird er sich zurückziehn,
Er hat zu Gitschin einen schönen Siß,
Auch Reichenberg, Schloß Friedland liegen heiter; Bis an den Fuß der Riesenberge hin Streckt sich das Jagdgehege seiner Wälder. Dem großen Trieb, dem prächtig schaffenden, Kann er dann ungebunden, frei willfahren. Da kann er fürstlich jede Kunst ermuntern Und alles würdig Herrliche beschüßen —
1670 Kann bauen, pflanzen, nach den Sternen sehn – Ja, wenn die kühne Kraft nicht ruhen kann, So mag er kämpfen mit dem Element, Den Fluß ableiten und den Felsen sprengen Und dem Gewerb' die leichte Straße bahnen.
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