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Erfter Auftritt.

Die Scene ist ein einfamer, mit Bäumen und Gesträuch umgebener Plak, vor Erafts Hütte.

Erast. (Mit einer Jågerflinte; er stellt sie uns

muthig an die Seite.) Da komm ich', unvers richteter Sache, wieder! Weil wir kein Brod mehr hatten, gieng ich aus, einige unschuldige Thiere zu fållen; umsonst hab ich den ganzen Nacha mittag in der Sonnenhige das heisse Gebürge durchgelaufen; so wird der Hunger unserm Elend bald ein Ende machen. Ich will hineingehn; doch nein, ich muß mich erst von meinem Unmuth era holen, ich muß ihn vor Lucinden verbergen. Ach Gott! Die Tugendhafte, wie willig sie Armuth, aufferste Armuth, dieses hülflose Leben duldet, um es mir erträglich zu machen. Und wenn sie über unser gemeinschaftliches Elend einsam weint und sie hört, daß ich komme; dann trocknet sie die Thränen von den Augen, und lächelt freudig mir zu, um mich nicht zu krånken. Ach Gott! Ja du wirst diese Tugend noch belohnen. Wie sehr verdient sie, glücklich zu feyn! Ich wäre noch ruhig; aber das peinigt mich, der Gedanke, daß ich die Schuld ihres Unglücks bin, und des Elends unsrer bedauernswürdigen Kinder; das martert mein Herz, daß ich ihre Großmuth auf keine Art belohnen kann. Indeß wird uns fre Armuth immer größer, und unser Leben ima mer hålfloser. Das wenige, was ich hatte, ist weg; an wen soll ich mich wenden? und über das hat das leßte Gewitter unsre reifende Nahs rung verderbt; zu wem soll ich mich wenden, da (II. Band.)

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J

mein eigener Vater mich hülflos läßt, und meine wehmüthigsten Briefe, diese rührenden Gemåhlde meines Elendes, ihn niemals gerührt haben? Es ist nun fünf Jahre, seit meinem legten Briefe, keinen hat er seiner Antwort gewürdigt. O wie kann ein Vater so grausam seyn, und ein Kind hůlflos dem Elend übers laffen! Und mein ganzes Verbrechen ist, daß ich, gegen seinen Willen, einer Perfon meine feyerlichsten Versprechungen- hielt, und sie nicht in hålf und ehrlose Umstände stürzen wollte nachdem sie meinen heiligsten Gelübden nachges geben; eine Person, die jede Vollkommenheit, nur kein Vermögen besitzt. Hått ich dem zu ftrengen Willen meines Vaters nachgegeben; hått ich sie, die die Achtung der ganzen Welt verdiente der Verachtung der unbilligen Welt ausgeseßt; Himmel! wåren da nicht alle Ehren und Reichthümer der Welt mir unerträglich gewesen? Håtte nicht mein Gewissen mir jede frohe Aussicht mit höllischen Qualen verduns? kelt? Dieß freundschaftliche Mitleiden in uns ferm Elend hat etwas füffes mitten in der Schwermuth; dieß sorgfältige Bemühen, eins dem andern solches zu erleichtern; und diese Thränen, die wir eins für das andre weinen, werden nicht immer fliessen! Vielleicht daß mein Vater endlich zum Mitleiden bewogen kommt mein fleinrer Sohn; ach Gott! was wird endlich meiner Kinder Schicksal seyn? ich will meine Thränen wegwischen, und mein Gesicht aufheitern, damit das gute Kind sich nicht quale.

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Da

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3 weyter Auftritt.

(Sein jüngster Sohn läuft auf ihn zu, und
umarmt seine Knie.).

Sohn. Mein lieber Vater!

Erast. Mein liebstes Kind! Woher kömmt du so munter?

Sohn. Ich komme dort vom Hågel, und verweilte mich bey dem kleinen Ziegenhirten, Wie hatt' ich Mitleiden mit ihm!

Erast. Warum, mein Kind?

Sohn. Er saß da bey den Ziegen und weinte; ich habe, sprach er, heut den ganzen Tag nichts gegessen, und mich Armen hungert so sehr. Da hast du, was ich habe, sprach ich, iß da: und gab ihm mein Mittagsbrod, das ich mir behals ten hatte. Mich hat zwar auch gehungert, aber wie hat es mich gefreut, da ich ihn so begierig effen und sich freuen sah!

Erast. O du gutes Kind! Sey mir gesegnet i Sohn. Das hätte ja der kleine Ziegenhirt auch gethan, wenn er was gehabt, und ich vor Hunger geweint hätte.

Erast. Du wußtest doch, daß wir kein Brodt mehr in der Hütte haben?

Sohn. Ich hatte ja das, und es hat mich recht gefreut, daß ichs ihm geben konnte. Ihr sagt ja: Gott im Himmel beschehre denen ims. mer, die andern Gutes thun.

Eraft. Küsse mich, mein Sohn! O Gott! diese Unschuld wirst du nicht immer im Elend Lassen (Er wischt Thränen von den Augen.) Sohn. Aber ihr weinet, mein Vater! Ach weint nicht, mein Vater!

Eraft. Ich weine nicht, mein Kind! Geh ist dort an den Hügel, und sieh, ob dein Bruder noch nicht aus dem Gebürge zurücke kimmt, oder ob du den Simon nicht sehest von der Stadt herkommen.

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Sohn. Ich gehe, mein Vater! (Er geht.)

Dritter Auftritt. Erast. (Allein.) O wie schmelzt mir das mein Herz! So hülflos bin ich noch niemals gewesen! (Er geht tiefsinnig umher.) O Gott! Gott! —— Das beste Weib und diese unschuldigen King der!! Stehe du mir bey, der du mein Schicksal leitest; steh du mir bey, daß ich nies mals gegen deine weise Leitung murre, und nie mals an deiner Vorsicht zweifle. Ich darf nicht in die Hätte gehen, ohne eine muntre Mine ers künftelt zu haben; doch die gütige Natur kömmt mir zu Hülfe; dieser kühle Wind trocknet sanft meine Thrånen.

Vierter Auftritt.

Lucinde, Eraft.

Lucinde. Sen mir gegrüßt, mein Geliebter! · (Sie drückt ihm die Hand.) Sey_mir auf das zärtliche gegrüßt!

Eraft. (Umarmt fie.) Sey mir gesegnet, meine Geliebte! Wie hast du deine Stunden durch gebracht?

Lucinde. Recht vergnügt; so vergnügt, als ich sie ohne dich zubringen kann. Ich habe bey meiner Arbeit gesungen.

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