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́er ist mit dieser bis auf die kleinsten Umstände bekannt gewesen; wir sehen in seinen Idyllen mehr als Rosen und Lilien. Seine Gemälde kommen nicht aus einer Einbildungskraft, die nur die bekanntesten und auch dem Unachtsas men in die Augen fallenden Gegenstände häuft; sie haben die angenehme Einfalt der Flatur, nach der sie allemal gezeichnet zu seyn` fcheinen. Seinen Hirten har er den höchsten Grad der Naivität gegeben; sie reden Empfins dungen, so wie sie ihnen ihr unverdorbenes Herz in den Mund legt, und aller Schmuck der Poesie ist aus ihren Geschäften und aus der ungekünstelten Klatur hergenommen. Sie find weit von dem epigrammatischen Witz ents fernt, und von der schulgerechten Ordnung. Er hat die schwere Kunst gewußt, die anges nehme Nachläßigkeit in ihre Gesänge zu bringen, welche die Poesie in ihrer ersten Kinds heit muß gehabt haben. Er wußte ihren Lies dern die sanfte Mine der Unschuld zu geben, die sie haben müssen, wenn die einfältigen Empfindungen eines unverdorbenen Herzens eine Phantasie befeuern, die nur mit den ange: nehmsten Bildern aus der Liatur angefüllt ist. Zwar ist gewiß, daß die noch weniger vers dorbene Einfalt der Sitten zu seiner Zeit, und die Achtung, die man damals noch für den Feldbau hatte, die Kunst ihm erleichtert hat, Der zugespizte Witz war noch nicht Modez sie hatten mehr Verstand und Empfindung für das wahre Schöne, als Wig.

Mir dåucht, das ist die Probe darüber, daß Theokrit in seiner Art vortreflich sey, weil er

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nur wenigen gefällt; denen kann er nie gefals len, die nicht für jede Schönheit der Vlatur, bis auf die kleinsten Gegenstånde, empfindlich find; denen, deren Empfindungen einen fal fchen Schwung genommen haben; und einer Menge von Leuten, die ihre Bestimmung in einer falsch, ekeln Galanterie finden. Denen ekelt vor dem Ländlichen; ihnen gefallen nur Hirten, die so geziert denken wie ein wiŋzis ger Dichter, und die aus ihren Empfinduns gen eine schlaue Kunst zu machen wiffen. Ich weiß nicht, ob die meisten neuern entwe der zu bequem gewesen sind, mit der Natur und den Empfindungen der Unschuld sich ges nauer bekannt zu machen; oder, ob es Ges fälligkeit für unsre ausgearteten Sitten ist, in der Absicht sich allgemeinern Beyfall zu erwers ben, daß sie so weit sich von dem Theokrit entfernen. Ich habe meine Regeln in diesem Muster gesucht; und es wird mir eine Vers ficherung der glücklichen Nachahmung seyn, wenn ich diesen Leuten auch mißfalle. Zwar weiß ich wohl, daß einige wenige Ausdrücke und Bilder im Theokrit bey so`sehr abgeåns derten Sitten uns verächtlich worden sind; dergleichen Umståndgen hab ich zu vermeiden getrachtet. Ich meyne aber hier nicht ders gleichen, die ein französischer Uebersetzer in dem Virgil nicht ausstehen konnte, diejenigen die ich meyne, hat Virgil, der Klachahmer des Theokrits, selbst schon weggelassen.

Geßner.

An Daphne n.

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Nicht den blutbespristen kähnen Helden, nicht das dde Schlachtfeld singt die frohe Muse; sanft und schüchtern flieht sie das Gewühl, die leichte Flot in ihrer Hand.

Gelockt durch kühler Bäche rieselndes Geschwäs, ze, und durch der heiligen Wälder dunkeln Schatz ten, irrt sie an dem beschilften Ufer, oder geht auf Blumen, in grün gewölbten Gången hoher Bäume, und ruht im weichen Gras, und sinnt auf Lieder, für dich, für dich nur, schönste Daphne! denn dein Gemüth, voll Tugend und voll Unschuld, ist heiter, wie der schönste Früh lingsmorgen. So flattert muntrer Scherz und frohes Lächeln stets um die kleinen Lippen, um die rothen Wangen, und sanfte Freude redet ftets aus deinen Augen. Ja feit du Freund mich nennst, geliebte Daphne! seitdem seh ich die Zukunft hell und glänzend, und jeden Tag begleiten Freud und Wonne.

Owenn die frohen Lieder dir gefielen, die meis ne Muse oft den Hirten abhorcht! Auch oft belaus schet sie in dichten Hainen der Bäume Nymphen und den ziegenfüß'gen Wald-Gott und schilfbe: kränzte Nymphen in den Grotten; und oft bes suchet sie bemoste Hütten, um die der Landmann stille Schatten pflanzet, und bringt Geschichten her, von Großmuth und von Tugend, und von der immer frohen Unschuld. Auch oft beschleichet fie der Gott der Liebe, in grünen Grotten dicht verwebter Sträuche, und oft im Weidenbusch an

kleinen Bächen. Er horchet dann ihr Lied, und frånzt ihr fliegend Haar, wenn sie von Liebe fingt und frohem Scherz.

Dieß, Daphne! dieß allein, belohnte meine Lieder; dieß sey mein Ruhm, daß mir, an deis ner Seite, aus deinem holden Auge Beyfall lächle. Den, der nicht glücklich ist wie ich, begeistre der Gedanke, den Ruhm der spåten Enkel zu ersingen; sie mögen Blumen auf sein Grabmal streun, und grünen Schatten über den vers westen Pflanzen!

N

Milon.

du! die du lieblicher bist, als der thauende Morgen, du mit den großen schwarzen Augen, schön wallet dein dunkles Haar unter dem Blumenkranz weg, und spielt mit den Winden. Liebe lich-ists, wenn deine rothen Lippen zum Lachen fich öffnen; lieblicher noch, wenn sie zum Singen sich öffnen. Ich habe dich behorcht, Chloe! dich hab ich behörcht! da du an jenem Morgen beym Brunnen fangest, den die zwo Eichen beschatten ; böse, daß die Vögel nicht schwiegen; böse, daß die Quelle rauschte, hab ich dich behorcht. Itt hab ich neunzehn Erndten gesehen, und ich bin schön und braun von Gesicht; oft hab ichs bemerkt, daß die Hirten aufhörten zu singen, und horchten, wenn mein Gesang durchs Thal hintönte, und deinen Gesang würde keine Flöte beffer begleiten, als meine. O schöne Chloe! liebe mich! Siche, wie lieblich es ist, auf diesem Hügel in meinem Felsen zu wohnen! sich wie das kriechende Epheu ein grånes Netz anmuthig um den Felsen herwebt,

und wie sein Haupt der Dornstrauch beschattet. Meine Höhle ist bequem, und ihre Wände sind mit weichen Fellen behangen, und vor den Eins gang hab' ich Kürbisse gepflanzet, sie kriechen hoch emper und werden zum dâmmernden Dach. Sich, wie lieblich die Quell' aus meinem Felsen schäumt, und hell über die Wasserkreffe hin durch hohes Gras und Blumen quillt! Unten am Hügel sam melt sie sich zur kleinen See, mit Schilfrohr und Weiden umkränzt, wo die Nymphen bey stillem Mondschein oft nach meiner Flöte tanzen, wenn die hüpfenden Faunen mit ihren Crotalen mir nachklappen. Sich, wie auf dem Hügel die Hasels klaude zu grünen Grotten sich wölbt, und wie die Brombeerstaude mit schwarzer Frucht um mich herkriecht, und wie der Hambutterstrauch die ros then Beeren emporträgt, und wie die Aepfelbaus me voll Früchte stehn, von der kriechenden Weins reb' umschlungen. O Chloe! dieß alles ist mein! wer wünschet sich mehr? Aber ach! wenn du mich nicht liebest, dann umhüllt ein dichter Nebel die ganze Gegend. O Chloe! liebe mich! Hier wollen wir dann ins weiche Gras uns lagern, wenn Ziegen an der felsichten Seite klettern, und die Schafe und die Rinder um uns her im hohen Grafe waten; dann wollen wir über das weit ausgebreitete Thal hinfehn, ins glänzende Meer hin, wo die Tritonen hüpfen, und wo Phdbus von seinem Wagen steigt, und wollen fingen, daß es weit umher in den Felsen wiedertönt, daß Nymphen still stehn und horchen, und die siegenfüßigen Waldgötter.

So fang Milon der Hirt auf dem Felsen, als Chloe in dem Gebüsch ihn behorchte; lächelnd

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