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III.

In Fricks Wegweiser durch die klassischen Schuldramen') ist jetzt auch Schillers Wallenstein zum Abschluss gelangt. Die Bedeutung des Verfassers und dieses Werkes veranlasst mich zu einigen methodischen Bemerkungen.

Der Wegweiser ist für jüngere Lehrer bestimmt, er soll kein erschöpfender Kommentar sein, sondern nur ein Führer, der zu zeigen wünscht, wie man den Schüler zum Genuss der klassischen Dramen bringen kann. Der leitende Gesichtspunkt ist der, den passenden Bildungsgehalt grade für die obersten Klassen der Schule auszuwählen. Fricks eigentümlicher Gang beschränkt aber den Nutzen des Wegweisers erheblich. Um denselben im richtigen Geiste zu gebrauchen, muss der Lehrer sich zunächst tiefer mit der Methode des Verfassers bekannt machen, wie er sie in verschiedenen Schriften niedergelegt hat. Ich erwähne nur den Bericht über die Frage: In wieweit sind die Herbart-ZillerStoyschen didaktischen Grundsätze für den Unterricht an den höhern Schulen zu benutzen?2) Andere Aufsätze finden sich in Fricks Lehrproben und Lehrgängen.3)

Eine zweite Schwierigkeit für den Gebrauch liegt in der besondern Stoffverteilung für die Prima, welche nach Halbjahren so geordnet ist:

1. Parzival, Klopstocks Messias und Oden.

2. Lessings Philotas, Emilia Galotti, Minna von Barnhelm und Nathan.

3. Goethes Götz, Egmont, Iphigenie, Tasso.

4. Schillers Jugenddramen, Don Carlos, Wallenstein.

Ein ausserordentlich

Begründet ist die Teilung in den genannten Heften der Lehrproben. reiches Material ist in dem Wegweiser niedergelegt. Aber der Verfasser setzt voraus, dass man ihm auf dem ganzen Wege durch alle die genannten Werke folge. So kommt es ihm besonders darauf an, dass der Schüler eine allgemeine Vorstellung von dem innern Entwicklungsgange der einzelnen Dramatiker erhalte, und dass ihm gezeigt werde, wie diese Dichter selbst wieder unter sich eine Art Entwicklungsreihe darstellen, und wie das sie verbindende Element der Anteil an der immer vollkommneren Herausarbeitung des Begriffs des Tragischen ist. Darum betrachtet er auch Lessings Philotas eingehender, weil jenes kleine Drama in knappster und durchsichtigster Form alle wesentlichen Elemente der dramatischen Handlung und auch die Keime des Begriffs des Tragischen aufzeige, und weil deshalb die Betrachtung für die folgenden Behandlungen grundlegend werden könne.

Hermann Schiller in seinem Handbuch der Pädagogik hat bei Besprechung der Klassenlektüre in Prima Fricks Auswahl zu Grunde gelegt. Er zeigt aber auch, welche grossen Ansprüche an einen Lehrer gestellt werden müssten, der im Sinne von Frick den Parzival und den Messias richtig behandeln wollte. Wer möchte aber, um Fricks Weg zu gehn, auch den Philotas so eingehend in der Klasse besprechen wollen? Auch H. Schiller übergeht den Philotas stillschweigend, will die Lektüre von Emilia Galotti grösstenteils der Privatarbeit zuweisen und äussert richtige Bedenken gegen die Lektüre von Nathan nach Fricks Anleitung. Ich habe hier absichtlich das Urteil eines Mannes angeführt, der sich möglichst auf Fricks Standpunkt stellen will; ich unterlasse es daher meine eigene Anschauung auszuführen.

Frick erklärt weiter, er verlange von häuslicher Vorbereitung der Schüler nur:

1) Gera und Leipzig bei Th. Hoffmann. 1889-1891. 2) In den Verhandlungen der 4. Direktorenversammlung in der Provinz Sachsen 1883. 3, Man vergl. besonders Heft 5 und 12.

1.) Vor Beginn der ganzen Behandlung eine sorgfältige, wiederholte Lektüre des betreffenden ganzen Dramas und 2.) in der Folge die jedesmal erneute Lesung der einzelnen Akte vor ihrer Betrachtung.

Ich stimme durchaus bei, auch darin, dass in diesem Unterrichtsgebiet eine recht ernste geistige Arbeit verlangt werde und nicht einem hohlen Ästhetisieren oder leichtem Darüberhingleiten das Wort geredet werde, ebenso darin, dass diese Arbeit in die Lehrstunde zu verlegen sei.

Dann aber wendet sich Frick gegen die Unsitte des Lesens mit verteilten Rollen, wogegen er ein solches Lesen nach abgeschlossener Behandlung, wofern man nur die Zeit dazu finde, nicht nur nicht verwirft, sondern als Abschluss des ästhetischen Genusses für empfehlenswert hält.

Wer jedoch das umfangreiche Material durchmustert, das Frick der Prima bietet, der wird zugeben, dass bei dieser Anschauung über das Lesen für dasselbe sicher keine Zeit bleiben wird. Da bin ich doch anderer Ansicht. Zeit zum Lesen muss unter allen Umständen bleiben. Auch mit dem Lesen als Abschluss bin ich nicht einverstanden. Nicht grade dem Lesen mit verteilten Rollen will ich das Wort reden; es soll auch nicht alles gelesen werden. Scenen mit vielen Personen und kurzer Wechselrede bespreche man bloss. In der Prima braucht weniger gelesen zu werden als in Sekunda. Aber anderseits je schöner die Sprache eines Dramas ist, desto mehr soll sie mit ihrem Wohlklang auf Gemüt und Phantasie wirken. Von unten auf sollen die Schüler zum stets vollkommneren Lesen angehalten werden, kann man da auf den obersten Stufe ganz aufhören? Soll die herrliche Sprache der Iphigenie, des Tasso, das Beste von Schiller nicht an das Ohr der Schüler tönen?

Aber auch schon deshalb soll laut gelesen werden, damit die deutsche Stunde eine Abwechselung zwischen Lesen und Besprechen biete. Der Lehrer, der seine Sache versteht, hat in der Verbesserung des Lesens auch ein vorzügliches Bildungsmittel. Man soll hier nicht allgemeine Vorschriften geben. Die Klassenstufe, die Sprache des Stücks, die Art der Schüler und des Lehrers sind zu berücksichtigen. Wenn ich jetzt noch Fricks Wallenstein kurz berühren soll, so finde ich für einen Wegweiser eine zu grosse Fülle des Stoffs. Der Wegweiser soll ja kein Kommentar sein, und in der Beschränkung zeigt sich der Meister.

Wozu hier die Menge von Geschichte, besonders nach Ranke, und diese grosse Reihe von Lebensbeschreibungen aus der allgemeinen deutschen Biographie? Das wird ja grade den jungen Lehrer verwirren. Ist hier der Gesichtspunkt der Konzentration richtig benutzt? Frick äussert sich über diese Zusätze also:

,,Es dürfen die geschichtlichen Gestalten dem Schüler von vornherein nicht als unlebendige Schemen entgegentreten. Und wenn Schillers Dramen unserm Volke fort und fort einen Teil seiner geschichtlichen Bildung vermitteln, so hat der Unterricht auch schon unter dem Gesichtspunkte der Konzentration desselben die Behandlung dieses historischen Dramas zugleich dazu zu benutzen, um von einer der bedeutsamsten Perioden der neuern deutschen Geschichte dem Schüler ein lebensvolles Bild vorzuführen". Frick betont dann wiederholt), dass Schiller durch eine dichterische Intuition gleichsam vorausnehmend das nach den neuesten Forschungen historisch Richtige gesehn hat. Dass dies dem Schüler durch Vergleichung mit den neuesten Forschungen vom Lehrer gezeigt werde, dagegen lässt sich nichts einwenden. Aber es sollte nicht geschehn, so lange das Stück aus sich noch nicht völlig erfasst ist. Sonst verwirren sich die Bilder in den Köpfen der Schüler, das Gegenteil von Konzentration wird erreicht. Je weniger der Lehrer das Ganze beherrscht, desto mehr ist zu fürchten, dass er den Schülern bei jeder Gelegenheit dergleichen Notizen darbietet.

') Wallenstein S. 215. Anm. 2. 2) S. 191 und 215 Anm. 2 u, a.

Es genügt, wenn der Schüler vor der Erklärung eine allgemeine Kenntnis des dreissigjährigen Krieges hat, wie die Handbücher sie bieten. Erst wenn die Dichtung von den Schülern rein aufgenommen ist, die Bilder der Personen des Dramas ihnen klar vor Augen stehn, soll zum Schluss hingewiesen werden auf den „,Wallenstein in Schillers dreissigjährigem Kriege", wofür Düntzer eine Zusammenstellung bietet. Dann erst ziehe man Ranke und andere neuere Forschungen heran. Auch hier hat Düntzer eine Auswahl. Ist der Lehrer des Deutschen zugleich Geschichtslehrer, so kann er diese Vergleichungen leicht fruchtbar machen. In dem Wegweiser finde ich die fortwährenden Vergleichungen mit Ranke ebenso störend wie die grosse Reihe von Geschichtsbildern von Oktavio und Illo bis hinab auf Leslie und Pestalutz. Hat sich denn Schiller bemüht, diesen Personen geschichtlich gerecht zu werden? Schaltet er nicht mit ihnen mit künstlerischer Freiheit? Oktavio in der Geschichte ist 35 Jahre alt und Max nicht sein Sohn; was im Drama von Buttlers Grafentitel erzählt wird, das berichtet Schillers Geschichte über Illo. Man denke auch nur an Schillers Elisabeth in Maria Stuart und wie dem Rudolf von Habsburg der Böhme des perlenden Weins schenkt. Verwundert bin ich auch, wenn Frick zu den Lebensbeschreibungen von Oktavio und Questenberg zum Schluss die Bemerkung macht'):

,,So wird man die Abneigung des Schülers, die er unwillkürlich gegen Oktavio fasst, auf den geschichtlichen Oktavio als einen durchaus zweideutigen Charakter ableiten können, damit es ihm um so leichter werde, den Oktavio des Dramas gerechter zu würdigen, als er nach seinen vorwiegend stoffartigen Interessen zu thun pflegt".

Es stört ferner, wenn das Motiv des Heldentums im Wallenstein in solchem Masse betont wird. ,,Das Lager", sagt Frick2) „hat sich verwandelt in einen Heldenkreis von ruhmgekrönten Häuptern; die Wallenstein-Dichtung wird auch ein hohes Lied von Heldentum werden in mannigfachen Tonarten."

So wird das Werden der Heldenjungfrau häufig betrachtet), das Heldentum des Leids, das passive Heldentum Wallensteins, der Heldenvater u. s. w. Wie wichtig auch der Begriff des Heldentums für die Bildung des Willens ist, man muss gerade für obere Klassen fürchten, dass wenige Lehrer hier mit vollem Nutzen wirken können. Besser betont man mit Boxberger, dass wir das Hohelied von der Treue haben, und vergleicht mit dem Nibelungenliede und erinnert an Schillers Bürgschaft.

Auch nach der Schuld wird in dem Wegweiser zu viel geforscht. So wird Theklas Schuld auch darin gesucht, dass sie sich mit ihrer Liebe der Base Terzky 4) anvertraut. Die tausend Kürassiere sollen mitschuldig sein 5), weil sie gegen Wallenstein gemeutert und Max mit Gewalt fortgerissen haben. So wird häufig eine tragische Ironie an Stellen hervorgehoben, wo es gesucht erscheint, während eine so reiche Anzahl von packenden Beispielen sich leicht ergiebt.

Die in dem Drama vorkommenden zehn Schriftstücke werden nicht allein an den einzelnen Stellen besprochen, sondern schliesslich noch zusammengestellt.

Zu viel beschäftigt sich der Wegweiser auch mit dem Hinblick auf die Gliederung und die Verteilung der einzelnen Scenen. Der Schüler soll auch einen Eindruck von der Unerschöpflichkeit der Motive dieser Dichtung erhalten, wie Frick sagt. Daher sieht er davon ab), das Skelett des einheitlichen Aufbaus der Gesamthandlung durch graphische Konstruktionen aufzudecken, wie G. Freitag in der „Technik des Dramas" und Unbescheid im „Beitrag zur Behandlung der dramatischen Lektüre“. Aber Unbescheid warnt in der Schlussbemerkung) seiner Schrift mit Recht vor dem bedauerlichen Irrtum, etwa zu glauben, dass eine so eingehende Analyse der einzelnen Teilstücke, wie sie die Erörterungen geben, nun auch bei der Lektüre in der Schule vorgenommen werden müsse.

Anm. 1.

↳ S. 221. Anm. 2. 2) S. 221. 3) 247-249, 308, 326, 349. 4) S. 245. *) S. 311. °) 8. 352. 3. 173,

*) 2. Auf, 1891.

Man vergesse auch nicht, dass Freytag für jüngere,,Kunstgenossen" und nicht für die Schule geschrieben hat. Die künstliche Gliederung Wallensteins nach Freytag lasse man bei Seite. Man benutze lieber die lebhafte Darstellung Werders') über die Einheit des grossen Stücks, verfolge das Aufsteigen der Handlung bis zum Höhepunkt, bis zu den Worten: „Ruft mir den Wrangel!" und zeige, wie Wallenstein gleich darauf den Rächer ruft: ,,Schickt nach Oktavio!" So folgt dem Verrat die Nemesis auf dem Fusse nach. „Er glaubt den goldenen Zirkel schon zu fassen; er fasst sein bös geheimnisvolles Schicksal".

B. Nach diesen Erörterungen über den Gebrauch von Fricks Wegweiser will ich noch einige Bemerkungen über die Behandlung des „Wallenstein" auf der obersten Klassenstufe machen2). Mit Frick verlange ich von der häuslichen Vorbereitung: a) vor Beginn der ganzen Behandlung eine sorgfältige, wiederholte Lektüre des ganzen Dramas; b) die jedesmal erneute Lesung der einzelnen Akte vor ihrer Betrachtung.

Bei der Bedeutung, welche der Sternenglaube im Wallenstein hat, wird der Lehrer auf den Glauben der damaligen Zeit, wie er von Ranke im Anfange seiner Geschichte Wallensteins angedeutet ist, hinweisen müssen 3). Dass wir es nicht mit dem antiken Schicksal zu thun haben, hat Fielitz4) nachgewiesen. Für Wallenstein gilt das Wort:,,In deiner Brust sind deines Schicksals Sterne". Zum tiefern Verständnis dient es aber, wenn man neben Schillers Braut von Messina und Jungfrau von Orleans auch Sophokles' König Ödipus und Shakespeares Macbeth zum Vergleich heranziehn kann. Aus König Ödipus vergleichen wir auch die schauerliche Blindheit des klugen Ödipus, der einst das berühmte Rätsel lösete, sowie den häufigen Gebrauch der tragischen Ironie. Schiller hat diese ausserordentlich wirksam benutzt; ich erinnere nur daran, wie Wallenstein sich auf Buttlers treue Schulter stützt, wie er über Treulosigkeit klagt, der selbst die Treue gebrochen, wie er gedenkt, einen langen Schlaf zu thun, und wie das Stück endet mit den Worten: „Dem Fürsten Piccolomini!"

Aus dem Vergleich mit dem Stücke des Sophokles lernen wir auch, in Bezug auf den Bau des Dramas, was eine tragische Analysis ist3). Durch Vergleichung mit den Alten ist der Begriff' Trilogie zu erläutern. Die Hauptsache aber bleibt die Vorführung der Charaktere. Es ist hinzuweisen auf die Gegensätze von Wallenstein und Oktavio, Wallenstein und Buttler, auf die Gegensätze von Vater und Sohn, von Vater und Tochter, von Schwester und Schwester.

Wichtig ist die Benutzung der Begriffe des Idealisten und Realisten, wie sie Schiller am Schlusse seiner Abhandlung über naive und sentimentalische Dichtung gezeichnet hat. In seinem Briefe vom 21. März 1796 an Humboldt sagt Schiller: „Wallenstein ist ein Charakter, der echt realistisch nur im ganzen, aber nie im einzelnen interessieren kann. Was ich in meinem letzten Aufsatze über den Realismus gesagt, ist von Wallenstein im höchsten Grade wahr. Er hat nichts Edles, er erscheint in keinem einzelnen Lebensakt gross, er hat wenig Würde. . .")

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Man vergleiche die Realisten Wallenstein, Gräfin Terzky, Oktavio, Illo in ihrer Verschiedenheit, ebenso die Idealisten Max und Thekla. Man betrachte Oktavio in seinem Verhältnis zum Kaiser, zu Wallenstein, zu Max.

Die Hauptsache und die schwerste Aufgabe bleibt, Wallenstein selbst richtig zu erfassen.

1) S. 1-18. 2) In den neuen Lehrplänen wird Schillers Tell und die Glocke der Obertertia zugewiesen; sie gehören doch nach Sekunda. 3) Man vergleiche auch Keplers Leben in der allgem, deutschen Biographie. 4) a. Q. 5) Schillers Brief an Goethe vom 2. Oktober 1797 und Kühnemann a. O II. 16. 6) Man vergleiche Jul. Schmidt, Schiller und seine Zeitgenossen 1859 S. 313 flgd. Scherers Geschichte der deutschen Litteratur S. 596 figd. Kühnemann a, O. 1, 75 8gd. II, 4 figd.

Wie dringt man am besten in diesen Charakter ein? Der Charakter Wallensteins enthüllt sich erst nach und nach durch sein Verhältnis zu den andern Personen, die leichter verständlich sind. Der Dichter lässt erst sehr spät1) durch Gordon ein Licht auf seine Jugend fallen, welches den ganzen Charakter beleuchtet. Zunächst hat der Schüler schon aus dem Lager ein Bild des Gewaltigen gewonnen.

In den Piccolomini dient besonders der Gegensatz zwischen Max und Oktavio dazu, uns die verschiedenen Charakterseiten Wallensteins vorzuführen. Man vergleiche die Art, wie Schiller in dem Prolog der Jungfrau von Orleans durch den Gegensatz zwischen Johannas Vater und ihrem Bewerber Raimond den Charakter der Jungfrau enthüllt, bis sie selbst ihr Stillschweigen bricht, oder wie der Dichter uns den Charakter von Maria Stuart vorführt durch die Beurteilung ihrer Verehrer Kennedy und Mortimer sowie durch ihre Gegner Paulet und Burleigh.

Das aus dem Lager gewonnene Bild wird ergänzt durch Buttler und Questenberg), Oktavio und Questenberg3), sowie später durch die Verhandlung zwischen Wallenstein und Questenberg). Hauptsächlich aber dringen wir durch den Gegensatz zwischen Max und Oktavio tiefer in Wallensteins Charakter ein.

Der edle Max, welcher der Jugend so nahe steht, hat sich ein Idealbild von Wallenstein gemacht. Gegen Oktavio sind die Schüler naturgemäss eingenommen. Der gewaltige Wallenstein wirkt auf sie ein, und die Begeisterung von Max verstärkt diese Wirkung. Man zeige die Lebensweisheit, die in Oktavios Worten liegt, und seine Besorgnis um Max und erkläre dann die eigentümliche Lage, in der Oktavio sich befindet. Man fragt dann, wer hat Recht, Max oder Oktavio? Oktavio thut seine Pflicht, die ihm der Kaiser vorschreibt, das Herz mag dazu sprechen, was es will. Max folgt seinem Herzen, aber er kommt an einen Punkt, wo er dem eignen Herzen nicht mehr traut. Wie sollte Oktavio handeln, als Wallenstein ihm seine hochverräterischen Pläne mitteilt, von denen er schon früher wusste? Er hat ihm dringend abgeraten, aber seinen ganzen Abscheu hat er ihm nicht gezeigt. Konnte er das? Wie konnte Wallenstein glauben, in Oktavio ein Werkzeug des Verrats zu haben? Oktavio ist Aristokrat, streng kaiserlich und katholisch gesinnt, die Ehre seines Hauses geht ihm über alles. In Wallenstein sieht er jetzt erst recht den Emporkömmling. Welche Charakterzüge treten an Wallenstein hervor? Sein Sternenglaube ist hervorzuheben, der im tiefsten Grunde aus seinem übermässigen Selbstgefühl entspringt, infolge dessen er alle andern als seine Werkzeuge betrachtet. Auf Gordons Schilderung ist hinzuweisen. Oktavio kennt ihn genau. ,,Wann hätte Friedland unseres Rats bedurft?" Er weiss, dass Wallenstein sich von seinem Plan nicht abbringen lässt. Kann er Wallenstein seinen vollen Abscheu zeigen? Er hat sich innerlich von ihm gelöst, sobald er Wallensteins Pläne merkte. Als Wallenstein ihm seine Absichten mitteilt, kann er nicht überrascht sein. Er zeigt dem Kaiser alles an. Dieser verlangt schon aus Gründen der Selbsterhaltung, dass Oktavio bei dem gefährlichen Wallenstein bleibe und ihn beobachte. Ist Wallenstein in Wahrheit Oktavios Freund? Hat er Aufopferungsfähigkeit in sich? Oktavio weiss, durch welche Mittel Wallenstein Isolani und Buttler an sich kettete, die Fälschung beim Bankett setzt er auf Wallensteins Rechnung. Er glaubt auch, dass Wallenstein Max durch Thekla an sich fesseln will. Auch Gräfin Terzky meint dies. Wie er später daran verzweifelt, Max von Wallenstein abziebn zu köunen, gerät er in die furchtbarste Erregung. Fragt man ferner, ob Oktavio offen gegen Wallenstein hätte auftreten können, so muss dies verneint werden. Wie hätte er den Beweis liefern sollen für das, was er wusste. Sein eigner Sohn würde ihm nicht geglaubt haben. Wallensteins Schuld erzengt Böses. Das ist der Fluch der bösen That, dass sie fortzeugend Böses muss gebären.

, W. Tod. IV, 2. 2) Picc. I. 2. 3) Picc. I 3. 4) Picc, II. 7.

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