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sich aus seiner Vorrede zur ersten Ausgabe der Räu- |selbst wurde aufgeheitert, und verlebte einige Monate ber, aus dem Aufsaße über das gegenwärtige deutsche des Sommers zu Gohlis, einem Dorfe bei Leipzig, Theater in dem württemb. Repertorium und aus in einem fröhlichen Zirkel. Das Lied an die einer im ersten Hefte der Thalia eingerückten Vor- Freude wurde damals gedichtet. lesung über die Frage: Was kann eine gute Mit dem Ende des Sommers 1785 begann stehende Schaubühne wirken? In Mannheim Schillers Aufenthalt in Dresden und dauerte bis hoffte er viel für das höhere Interesse der Kunst. zum Julius 1787. Don Carlos wurde hier nicht Er war Mitglied der damaligen kurpfälzischen deut- | bloß geendigt, sondern erhielt auch eine ganz neue schen Gesellschaft geworden, sah sich von Männern Gestalt. Schiller bereuete oft, einzelne Scenen in umgeben, von denen er eine kräftige Mitwirkung der Thalia bekannt gemacht zu haben, ehe das Ganze erwartete, und entwarf einen Plan, dem Theater in Mannheim durch eine dramaturgische Gesellschaft eine größere Vollkommenheit zu geben. Dieser Gedanke kam nicht zur Ausführung; aber Schiller versuchte wenigstens allein für diesen Zwed etwas zu leisten und bestimmte dazu einen Theil der periodischen Schrift, die er im Jahre 1784 unter dem Titel: Rheinische Thalia, unternahm. In der Ankündigung dieser Zeitschrift wirft er sich mit jugendlichem Vertrauen dem Publicum in die Arme. Seine Worte sind folgende:

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vollendet war. Er selbst hatte während dieser Arbeit beträchtliche Fortschritte gemacht, seine Forderungen waren strenger geworden, und der anfängliche Plan befriedigte ihn eben so wenig, als die Manier der Ausführung in den ersten gedruckten Scenen.

Der Entwurf zu einem Schauspiel : der Menschenfeind, und einige davon vorhandene Scenen gehören auch in diese Periode. Von kleinern Gedichten erschienen damals nur wenige. Schiller war theils zu sehr mit der Fortsetzung seiner Zeitschrift beschäftigt, theils war in ihm der Wunsch rege geworden, durch irgend eine Thätigkeit außerhalb des Gebietes der Dichtkunst sich eine unabhängige Existenz zu gründen. Er schwankte einige Zeit zwischen Medicin und Geschichte, und wählte endlich die lezte. Die historischen Vorarbeiten zum Don Carlos hatten ihn auf einen reichhaltigen Stoff aufmerksam gemacht, den Abfall der Niederlande unter Philipp dem Zweiten. Zur Behandlung dieses Stoffes fing er daher an, Materialien zu sammeln. Auch beschloß er damals, Geschichten der merkwürdigsten Revolutionen und Verschwörungen herausz geben, wovon aber nur ein Theil erschien, der von Schiller selbst etwas mit enthält.

„Alle meine Verbindungen sind nunmehr auf „gelöst. Das Publicum ist mir jezt alles, mein „Studium, mein Souverain, mein Vertrauter. Ihm allein gehöre ich jetzt an. Vor diesem und „keinem andern Tribunal werde ich mich stellen. „Dieses nur fürcht' ich und verehr' ich. Etwas „Großes wandelt mich an bei der Vorstellung, „keine andere Fessel zu tragen, als den Ausspruch ,,der Welt an keinen andern Thron mehr zu ,,appellieren, als an die menschliche Seele. Den „Schriftsteller überhüpfe die Nachwelt, der nicht „mehr war, als seine Werke und gern gestehe „ich, daß bei Herausgabe dieser Thalia meine vor- Cagliostro spielte damals eine Rolle in Frank„zügliche Absicht war, zwischen dem Publicum und reich, die viel Aufsehen erregte; unter dem, was von „mir ein Band der Freundschaft zu knüpfen.“ diesem sonderbaren Mann erzählt wurde, fand Schiller Unter die dramatischen Stoffe, mit denen sich Manches brauchbar für einen Roman, und es entstand Schiller während seines Aufenthaltes in Franken und die Idee zum Geisterseher. Es lag durchaus keine Mannheim abwechselnd beschäftigte, gehörte die Ge- wahre Geschichte dabei zum Grunde, sondern Schiller, schichte Konradins von Schwaben und ein zweiter der nie einer geheimen Gesellschaft angehörte, wollte Theil der Räuber, der eine Auflösung der Diffonan-bloß in dieser Gattung seine Kräfte versuchen. Das zen dieses Trauerspiels enthalten sollte. Auch ent- Werk wurde ihm verleidet und blieb unbeendigt, als stand damals bei ihm die Idee, Shakespeares aus den Anfragen, die er von mehrern Seiten erhielt, Macbeth und Timon für die deutsche Bühne zu be- hervorzugehen schien, daß er bloß die Neugierde des arbeiten. Aber Don Carlos war es endlich, wofür Publicums auf die Begebenheit gereizt hätte. Sein er sich bestimmte, und einige Scenen davon erschienen Zweck war eine höhere Wirkung gewesen. im ersten Hefte der Thalia.

Das Jahr 1787 führte ihn nach Weimar. Goethe Die Vorlesung dieser Scenen an dem landgräf-war damals in Italien, aber von Wieland und lich hefsen-darmstädtischen Hofe gab Gelegenheit, daß Schiller dem dabei gegenwärtigen regierenden Herzoge von Sachsen-Weimar bekannt und von ihm zum Rath ernannt wurde. Diese Auszeichnung von einem Fürsten, der mit den Musen vertraut und nur an das Vortreffliche gewöhnt war, mußte Schillern zur großen Aufmunterung gereichen und hatte späterhin für ihn die wichtigsten Folgen.

Herder wurde Schiller mit Wohlwollen aufgenommen. Herder war für ihn äußerst anziehend, aber die väterliche Zuneigung, mit der ihm Wieland zuvorkam, wirkte noch in einem höheren Grade auf Schillers Empfänglichkeit. Er schrieb damals an einen Freund:

„Wir werden schöne Stunden haben. Wieland ,,ist jung, wenn er liebt.“

Im März des Jahres 1785 kam er nach Leipzig. Ein solches genaueres Verhältniß gab Anlaß, Hier erwarteten ihn Freunde, die er durch seine frü- daß Schiller zu einer fortgeseßten Theilnahme am beren Producte gewonnen hatte, und die er in einer deutschen Mercur aufgefordert wurde. Die Idee, glücklichen Stimmung fand. Unter diesen Freunden dieser Zeitschrift durch ihn eine frischere und jugendwar auch der zu früh verstorbene Huber. Schillerlichere Gestalt zu geben, war für Wieland sehr er

freulich. Schiller ließ es nicht an Thätigkeit fehlen | friedigten Strebens ihm gegenüber saß, damals etwas und lieferte die Götter Griechenlands, die Unbehagliches. Künstler, ein Fragment der niederländischen Geschichte, die Briefe über Don Carlos und einige andere prosaische Auffäße für die Jahrgänge des Mercur von 1788 und 1789, die überhaupt zu den reichhaltigsten gehörten und zugleich durch Beiträge von Goethe, Kant, Herder und Reinhold sich auszeichneten.

Noch im Jahre 1787 wurde Schiller von der Dame in Meiningen, die ihn, nach seiner Entfernung von Stuttgart, mit so vieler Güte aufgenommen hatte, zu einein Besuche eingeladen. Auf dieser Reise, die er aus inniger Dankbarkeit und Hochschätzung unternahm, verweilte er auch mit vieler Annehmlichkeit in Rudolstadt, machte dort interessante Bekanntschaften und sah zuerst seine nachherige Gattin, Fräulein von Lengefeld.

Einige Wochen waren nach seiner Zurückkunft von dieser Reise vergangen, als er an einen Freund schrieb:

Im Ganzen genommen,“ schrieb er über diese Zusammenkunft, ist meine in der That große Idee von Goethe nach dieser persönlichen Be„kanntschaft nicht vermindert worden; aber ich „zweifle, ob wir einander je sehr nahe rücken wer„den. Vieles, was mir jetzt noch interessant ist, ,,was ich noch zu wünschen und zu hoffen ,,habe, hat seine Epoche bei ihm durchlebt. „Sein ganzes Wesen ist schon von Anfang her ,,anders angelegt, als das meinige, seine Welt ,,ist nicht die meinige, unsere Vorstellungsarten „scheinen wesentlich verschieden. Indessen schließt „sich aus einer solchen Zusammenkunft nicht sicher „und gründlich. Die Zeit wird das Weitere ,,lehren."

Und die Zeit lehrte schon nach einigen Monaten, daß Goethe wenigstens keine Gelegenheit versäumte, sich für Schillern, den er zu schäßen wußte, thätig zu verwenden. Als der Profeffor Eichhorn damals „Ich bedarf eines Mediums, durch das ich die Jena verließ, war eben Schillers Werk über den andern Freuden genieße. Freundschaft, Geschmack, Abfall der Niederlande erschienen und versprach viel „Wahrheit und Schönheit werden mehr auf mich von ihm für den Vortrag der Geschichte. Goethe „wirken, wenn eine ununterbrochene Reihe feiner und der Geheime-Rath von Voigt bewirkten daher „wohlthätiger häuslicher Empfindungen mich für seine Anstellung als Profeffor in Jena. Schillern „die Freude stimmt und mein erstarrtes Wesen war dies allerdings erwünscht, aber zugleich über„wieder durchwärmt. Ich bin bis jezt, ein isolier- | raschend, da er zu einem solchen Lehramte noch eine „ter fremder Mensch, in der Natur herumgeirrt Vorbereitung von einigen Jahren für nöthig gehal„und habe nichts als Eigenthum beseffen. Jchten hatte. sehne mich nach einer bürgerlichen und häuslichen Seit seiner Abreise von Dresden bis zum Früh„Existenz. Ich habe seit vielen Jahren kein jahr 1789, als der Zeit, da er seine Professur in „ganzes Glück gefühlt, und nicht sowohl, weil mir Jena antrat, beschäftigte ihn hauptsächlich sein histo„die Gegenstände dazu fehlten, sondern darum, risches Werk. Er schrieb darüber einem Freunde: weil ich die Freuden mehr naschte, als genoß, „weil es mir an immer gleicher und sanfter Em„pfänglichkeit mangelte, die nur die Ruhe des „Familienlebens gibt.“

Die Gegend bei Rudolstadt hatte Schillern so sehr angezogen, daß er sich entschloß, den Sommer des Jahres 1788 dort zu verleben. Er wohnte vom Mai bis zum November theils in Volkstädt, nicht weit von Rudolstadt, um das Landleben zu genießen, theils später in Rudolstadt selbst, und die Familie der Frau von Lengefeld war fast täglich sein Umgang. Im November schrieb er:

„Mein Abzug aus Rudolstadt ist mir in der That schwer geworden. Ich habe dort viele schöne „Tage gelebt und ein sehr werthes Band der Freundschaft gestiftet."

Während dieses Aufenthaltes in Rudolstadt traf fich's, daß Schiller zum erstenmale Goethen sah. Seine Erwartung war aufs höchste gespannt, theils durch die frühern Eindrücke von Goethes Werten, theils durch alles, was er über sein Persönliches in Weimar gehört hatte. Goethe er schien in einer zahlreichen Gesellschaft, heiter und mittheilend, besonders über seine italienische - Reise, von der er eben zurückgekommen war; aber diese Ruhe und Unbefangenheit hatte für Schillern, der in dem Bewußtsein eines raftlosen und unbe

„Du glaubst kaum, wie zufrieden ich mit meinem „neuen Fache bin. Ahnung großer unbebauter Felder hat für mich so viel Reizendes. Mit je,,dem Schritte gewinne ich an Ideen, und meine „Seele wird weiter mit ihrer Welt."

Eine spätere Aeußerung über den historischen Styl war folgende:

„Das Interesse, welches die Geschichte des pelo„ponnesischen Krieges für die Griechen hatte, muß „man jeder neuern Geschichte, die man für die „Neuern schreibt, zu geben suchen. Das eben ist „die Aufgabe, daß man seine Materialien so „wählt und stellt, daß sie des Schmucks nicht „brauchen, um zu interessieren. Wir Neuern haben ,,ein Interesse in unserer Gewalt, das kein Grieche „und kein Römer gekannt hat, und dem das va„terländische Interesse bei weitem nicht bei„kommt. Das leßte ist überhaupt nur für unreife ,,Nationen wichtig, für die Jugend der Welt. Ein „ganz anderes Interesse ist es, jede merkwürdige „Begebenheit, die mit Menschen vorging, dem „Menschen wichtig darzustellen. Es ist ein arm,,seliges, kleinliches Ideal, für eine Nation zu „schreiben; einem philosophischen Geist ist diese „Grenze durchaus unerträglich. Dieser kann bei „einer so wandelbaren, zufälligen und willkürlichen Form der Menschheit, bei einem Fragmente

(und was ist die wichtigste Nation anders?) „nicht stille stehen. Er kann sich nicht weiter da„für erwärmen, als soweit ihm diese Nation oder ,,Nationalbegebenheit als Bedingung für den Fortschritt der Gattung wichtig ist."

Eine so begeisternde Ansicht der Geschichte machte gleichwohl Schillern der Dichtkunst nicht untreu. Seine poetischen Producte in diesem Zeitraume waren nicht zahlreich, aber bedeutend, und Fortschritte, sowohl in Ansehung der Form als des Inhalts, zeig ten sich deutlich in den Göttern Griechenlands und in den Künstlern. Auch beschäftigten ihn Plane zu künftigen poetischen Arbeiten. Die Idee, einige Situationen aus Wielands Oberon als Oper zu behandeln, kam nicht zur Ausführung. Länger verweilte Schiller bei dem Gedanken, zu einem epischen Gedicht den Stoff aus dem Leben des Königs Friedrich des Zweiten zu wählen. Es finden sich hierüber in Schillers Briefen folgende Stellen:

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„Die Idee, ein episches Gedicht, aus einer merk,,würdigen Action Friedrichs des Zweiten zu machen, „ist gar nicht zu verwerfen, nur kommt sie für | „sechs bis acht Jahre für mich zu früh. Alle „Schwierigkeiten, die von der so nahen Moder „nität dieses Sujets entstehen, und die anscheinende Unverträglichkeit des epischen Tons mit einem gleichzeitigen Gegenstande würden mich so sehr „nicht schrecken. Ein episches Gedicht im acht„zehnten Jahrhundert muß ein ganz anderes Ding „sein, als eines in der Kindheit der Welt. Und ,,eben das ist's, was mich an diese Idee so anzieht. Unsere Sitten, der feinste Duft unserer Philoso „phieen, unsere Verfassungen, Häuslichkeit, Künste, „kurz, alles muß auf eine ungezwungene Art darin „niedergelegt werden, und in einer schönen har„monischen Freiheit leben, so wie in der Iliade alle Zweige der griechischen Cultur u. s. w. an„schaulich leben. Ich bin auch gar nicht abge,,neigt, mir eine Maschinerie dazu zu erfinden, „denn ich möchte auch alle Forderungen, die man „an den epischen Dichter von Seiten der Form „macht, haarscharf erfüllen. Diese Maschinerie aber, „die bei einem so modernen Stoffe, in einem so prosaischen Zeitalter, die größte Schwierigkeit zu „haben scheint, kann das Interesse in einem hohen „Grade erhöhen, wenn sie eben diesem modernen „Geiste angepaßt wird. Es rollen allerlei Jdeen „darüber in meinem Kopfe trüb durcheinander, | „aber es wird sich noch etwas Helles daraus bil„den. Aber welches Metrum ich dazu wählen: ,,würde, erräthst Du wohl schwerlich. Kein ,,anderes, als ottave rime. Alle anderen, das ,,jambische ausgenommen, sind mir in den Tod „zuwider, und wie angenehm müßte der Ernst, „das Erhabene in so leichten Fesseln spielen! wie „sehr der epische Gehalt durch die weiche sanfte „Form schöner Reime gewinnen! Singen muß „man es können, wie die griechischen Bauern die „Iliade, wie die Gondoliere in Venedig die Stan= | zen aus dem befreiten Jerusalem. Auch über „die Epoche aus Friedrichs Leben, die ich wählen

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„würde, habe ich nachgedacht. Ich hätte gerir „eine unglückliche Situation, welche seinen Geift „unendlich poetischer entwickeln läßt. Die Haupt,,handlung müßte, wo möglich, sehr einfach und ,,wenig verwickelt sein, daß das Ganze immer leicht „zu übersehen bliebe, wenn auch die Episoden noch so reichhaltig wären. Ich würde darum immer „sein ganzes Leben und sein Jahrhundert darin „anschauen lassen. Es gibt hier kein besseres „Muster, als die Iliade."

Das Studium der Griechen war überhaupt damals für Schillern sehr anziehend. Von Rudolstadt aus schrieb er:

„Ich lese jezt fast nichts, als Homer; die ,,Alten geben mir wahre Genüsse. Zugleich bedarf „ich ihrer im höchsten Grade, um meinen eigenen „Geschmaď zu reinigen, der sich durch Spiyfindig„keit, Künstlichkeit und Wißelei sehr von der wahren „Simplicität zu entfernen anfing."

In dieser Zeit übersetzte er auch die Iphigenie in Aulis und einen Theil der Phönicierinnen des Euripides. Der Agamemnon des Aeschylus, auf den er sich sehr freute, sollte nachher an die Reihe kommen. Die Uebersetzungen aus Virgils Aeneis entstanden später und wurden großentheils durch Schillers da malige Vorliebe für die Stanzen veranlaßt. Bürger war im Jahr 1789 nach Weimar gekommen, und Schiller ging einen Wettstreit mit ihm ein. Beide wollten dasselbe Stück aus dem Virgil, jeder in einem selbstgewählten Versmaße, überseßen.

Wie sehr Schiller in dieser Periode seines Lebens die echte Kritik ehrte, und mit welcher Strenge er sich selbst behandelte, ergibt sich aus folgenden Stel len seiner Briefe:

„Mein nächstes Stück," schreibt er, „das schwer„lich in den nächsten zwei Jahren erscheinen dürfte, „muß meinen dramatischen Beruf entscheiden. Ich „traue mir im Drama dennoch am allermeisten „zu, und ich weiß, worauf sich diese Zuversicht „gründet. Bis jetzt haben mich die Plane, die „mich ein blinder Zufall wählen ließ, aufs äußerste „embarrassiert, weil die Composition zu weitläufig „und zu fühn war. Laß mich einmal einen sim„peln Plan behandeln und darüber brüten." Wieland hatte ihm den Mangel an Leichtigkeit vorgeworfen.

"Ich fühle," schreibt er darüber, „während „meiner Arbeiten nur zu sehr, daß er Recht „hat, aber ich fühle auch, woran der Fehler liegt, ,,und dies läßt mich hoffen, daß ich mich ..sehr darin verbessern kann. Die Ideen ftrö„men mir nicht reich genug zu, so üppig meine „Arbeiten auch ausfallen, und meine Ideen find „nicht klar, ehe ich schreibe. Fülle des Geistes „und Herzens von seinem Gegenstande, eine lichte „Dämmerung der Ideen, ehe man sich hinseßt, sie „aufs Papier zu werfen, und leichter Humor find „nothwendige Requisiten zu dieser Eigenschaft; und „wenn ich es einmal mit mir selbst dahin bringe, „daß ich jene drei Erfordernisse besige, so soll es „mit der Leichtigkeit auch werden.“

Ein solches Streben, jede höhere Forderung zu sichten. Für die Gründung seines häuslichen Glücks befriedigen, artete jedoch nie in kleinliche Aengstlich-schien er nichts weiter zu bedürfen; sein Herz hatte

feit aus. Ueber die Freiheit des Dichters in der Wahl seines Stoffs schrieb er damals Folgendes:

„Ich bin überzeugt, daß jedes Kunstwerk nur „sich selbst, das heißt, seiner eigenen Schönheits„regel Rechenschaft geben darf, und keiner andern Forderung unterworfen ist. Hingegen glaube ich „auch feftiglich, daß es gerade auf diesem Wege „auch alle übrigen Forderungen mittelbar be„friedigen muß, weil sich jede Schönheit doch end„lich in allgemeine Wahrheit auflösen läßt. Der „Dichter, der sich nur Schönheit zum Zwecke sett, ...aber dieser heilig folgt, wird am Ende alle andern „Rücksichten, die er zu vernachlässigen schien, ohne „daß er es will oder weiß, gleichsam zur Zugabe „mit erreicht haben, da im Gegentheile der, der „zwischen Schönheit und Moralität, oder was es „sonst sei, unftät flattert, oder um beide buhlt, „leicht es mit jeder verdirbt."

In einem andern damaligen Brief findet sich folgende
Aeußerung:

Ihr Herren Kritiker, und wie ihr euch sonst „nennt, schämt oder fürchtet euch vor dem augen „blicklichen vorübergehenden Wahnwiße, der sich „bei allen eignen Schöpfern findet, und deffen „längere oder kürzere Dauer den denkenden Künst„ler von dem Träumer unterscheidet. Daher eure „Klagen über Unfruchtbarkeit, weil ihr zu frühe „verwerft und zu strenge sondert."

Die glückliche Stimmung, die in der damaligen Zeit aus Schillers Briefen hervorging, wurde in den beiden ersten Jahren seines Aufenthalts in Jena noch erhöht, als mehrere günstige Umstände ihn von der ängstlichen Sorge für die Gegenwart und Zukunft befreiten, und als der Besiß einer geliebten Gattin einen längst gewünschten Lebensgenuß ihm darbot. Sein Lehramt begann er auf eine sehr glänzende Art; über vierhundert Zuhörer strömten zu seinen Vorlesungen. Die Unternehmung einer Herausgabe von Memoiren, wozu er einleitende Abhandlungen schrieb, und die Fortseßung der Thalia sicherten ihm für seine Bedürfnisse eine hinlängliche Einnahme. Es blieb ihm dabei noch Zeit zu Recensionen für die allgemeine Literaturzeitung übrig, zu der er schon seit 1787 Beiträge lieferte. Für die Zukunft hatte ihn der Buchhändler Göschen zu einer Geschichte des dreißigjährigen Kriegs für einen historischen Almanach aufgefordert, und ein deutscher Plutarch war die Arbeit, die den folgenden Jahren vorbehalten wurde. Bon dem Herzoge von Sachsen-Weimar war mit großer Bereitwilligkeit, so viel es die Verhältnisse er laubten, beigetragen worden, um Schillern ein gewiffes Einkommen zu verschaffen. Das ausgezeichnete Wohl wollen, womit ihn der damalige Coadjutor von Nainz und Statthalter von Erfurt, der verstorbene Fürst Pimas und Großherzog von Frankfurt, behandelte, eröffnete Schillern die günstigsten Aus 1 Eben dieser Fürst erfreute Schillern in der Folge durch fortgesezte schriftliche Beweise des wärmsten Antheils an seinen

Schichalen.

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gewählt, und im Februar 1790 erhielt er die Hand des Fräuleins von Lengefeld. Seine Briefe aus den nachherigen Monaten enthalten folgende Stellen:

„Es lebt sich doch ganz anders an der Seite „einer lieben Frau, als so verlassen und allein — „auch im Sommer. Jetzt erst genieße ich die schöne „Natur ganz und lebe in ihr. Es fleidet sich „wieder um mich herum in dichterische Gestalten, ,,und oft regt sich's wieder in meiner Brust. „Was für ein schönes Leben führe ich jetzt! Ich sehe mit fröhlichem Geiste um mich her, und ,,mein Herz findet eine immerwährende sanfte Be„friedigung außer sich, mein Geist eine so schöne „Nahrung und Erholung. Mein Dasein ist in eine „harmonische Gleichheit gerückt; nicht leidenschaft,,lich gespannt, aber ruhig und hell gehen mir diese „Tage dahin. Meinem künftigen Schicksale sehe „ich mit heiterem Muthe entgegen; jezt, da ich ,,am erreichten Ziel stehe, erstaune ich selbst, wie „alles doch über meine Erwartungen gegangen ist. „Das Schicksal hat die Schwierigkeiten für mich ,,besiegt, es hat mich zum Ziele gleichsam getragen. „Von der Zukunft hoffe ich alles. Wenige Jahre, „und ich werde im vollen Genusse meines Geistes ,,leben, ja, ich hoffe, ich werde wieder zu meiner „Jugend zurückkehren; ein inneres Dichterleben „gibt mir sie zurück.“

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Aber eine so glückliche Lage wurde bald durch einen harten Schlag gestört. Eine heftige Brustkrankheit ergriff Schillern im Anfange des Jahres 1791, und zerrüttete seinen körperlichen Zustand für seine ganze übrige Lebenszeit. Mehrere Rückfälle ließen das Schlimmste fürchten, er bedurfte der größten Schonung, öffentliche Vorlesungen wären ihm äußerst schädlich gewesen, und alle andern anstrengenden Arbeiten mußten ausgesetzt bleiben. Es kam alles darauf an, ihn wenigstens auf einige Jahre in eine sorgenfreie Lage zu verseßen, und hierzu fehlte es in Deutschland weder an Willen noch an Kräften; aber, ehe für diesen Zweck eine Vereinigung zu Stande kam, erschien unerwartet eine Hülfe aus Dänemark. Von dem damaligen Erbprinzen, jetzt regierenden Herzoge von Holstein - Augustenburg, und von dem Grafen von Schimmelmann wurde Schillern ein Jahrgehalt von tausend Thalern auf drei Jahre ohne alle Bedingungen und bloß zu seiner Wiederherstellung angeboten, und dies geschah mit einer Feinheit und Delicatesse, die den Empfänger, wie er schreibt, noch mehr rührte, als das Anerbieten selbst. Dänemark war es, woher einft auch Klopstoc die Mittel einer unabhängigen Eristenz erhielt, um seinen Messias zu endigen. Gesegnet sei eine so edelmüthige Denkart, die auch bei Schillern durch die glücklichsten Folgen belohnt wurde!

Völlige Wiederherstellung seiner Gesundheit war nicht zu erwarten, aber die Kraft seines Geistes, der sich vom Drucke der äußern Verhältnisse frei fühlte, siegte über die Schwäche des Körpers. Kleinere Uebel vergaß er, wenn ihn eine begeisternde Arbeit oder

ein ernftes Studium beschäftigte, und von heftigen zu poetischer Thätigkeit. Einige Zeit beschäftigte

Anfällen blieb er oft Jahre lang befreit. Er hatte noch schöne Tage zu erleben, genoß sie mit heiterer Seele, und von dieser Stimmung erntete seine Nation die Früchte in seinen trefflichsten Werken.

Während der ersten Jahre seines Aufenthaltes in Jena war Schiller mit den meisten dortigen Gelehrten im besten Vernehmen, mit Paulus, Schüß und Hufeland in freundschaftlichen Verhältnissen, aber in der genauesten Verbindung mit Reinhold. Es konnte nicht fehlen, daß er dadurch auf die Kantische Philosophie aufmerksam gemacht wurde, und daß sie ihn anzog. Was er vorzüglich studierte, war die Kritik der Urtheilskraft, und dies führte ihn zu philosophischen Untersuchungen, deren Resultat er in der Abhandlung über Anmuth und Würde, in verschiedenen Auffäßen der Thalia, und hauptsächlich später in den Briefen über die ästhetische Erziehung des Menschen bekannt machte.

Aus der Periode dieser theoretischen Studien findet sich von ihm folgende schriftliche Aeußerung:

"Ich habe vor einiger Zeit Aristoteles Poetik „gelesen, und sie hat mich nicht nur nicht nieder„geschlagen und eingeengt, sondern wahrhaft gestärkt „und erleichtert. Nach der peinlichen Art, wie „die Franzosen den Aristoteles nehmen und an seinen Forderungen vorbeizukommen suchen, er„wartet man einen kalten, illiberalen und steifen „Gesetzgeber in ihm, und gerade das Gegentheil „findet man. Er dringt mit Festigkeit und Bestimmt„heit auf das Wesen, und über die äußern Dinge ,,ist er so lax, als man sein kann. Was er vom ,,Dichter fordert, muß dieser von sich selbst fordern, „wenn er irgend weiß, was er will; es fließt aus ,,der Natur der Sache. Die Poetik handelt beinahe aus„schließend von der Tragödie, die er mehr als irgend „eine andere poetische Gattung begünstigt. Man ,,merkt ihm an, daß er aus einer sehr reichen Er„fahrung und Anschauung herausspricht und eine ,,ungeheure Menge tragischer Vorstellungen vor ich hatte. Auch ist in seinem Buche absolut · ,,nichts Speculatives, keine Spur von irgend einer „Theorie; es ist alles empirisch, aber die große Anzahl der Fälle und die glückliche Wahl der „Muster, die er vor Augen hat, gibt seinen em„pirischen Aussprüchen einen allgemeinen Gehalt „und die völlige Qualität von Geseßen.“

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In den Jahren von 1790 bis mit 1794 wurde! fein einziges Originalgedicht fertig, und bloß die Uebersetzungen aus dem Virgil fallen in diese Zeit. Es fehlte indessen nicht an Planen zu künftigen poe= tij ben Arbeiten. Besonders waren es Ideen zu einer Hymne an das Licht und zu einer Theodicee, was Schillern damals beschäftigte.

„Auf diese Theodicee,“ schreibt er, „freue ich mich „sehr, denn die neue Philosophie ist gegen die Leib„niz’sche viel poetischer und hat einen größern ,,Charakter."

Vorzüglich gab ihm die Geschichte des dreißigjährigen Krieges, die er für Göschens historische Almanache vom Jahre 1791 an bearbeitete, Stoff

ihn der Gedanke, Gustav Adolph zum Helden eines epischen Gedichts zu wählen, wie aus folgender Stelle seiner Briefe zu ersehen ist:

„Unter allen historischen Stoffen, wo sich poetisches Interesse mit nationellem und politischem „noch am meisten gattet, steht Gustav Adolph oben an. Die Geschichte der Menschheit gehört „als unentbehrliche Episode in die Geschichte der „Reformation, und diese ist mit dem dreißigjähri,,gen Kriege unzertrennlich verbunden. Es kommt „also bloß auf den ordnenden Geist des Dichters „an, in einem Heldengedicht, das von der Schlacht ,,bei Leipzig bis zur Schlacht bei Lüzen geht, die ganze Geschichte der Menschheit ungezwungen, ,,und zwar mit weit mehr Interesse zu behandeln, „als wenn dies der Hauptstoff gewesen wäre.“

Aus eben dieser Zeit ist auch die erste Idee zum Wallenstein. Als schon im Jahre 1792 diese Idee zur Ausführung kommen sollte, schrieb Schiller darüber Folgendes:

„Eigentlich ist es doch nur die Kunst selbst, wo „ich meine Kräfte fühle; in der Theorie muß ich „mich immer mit Principien plagen; da bin ich „bloß Dilettant. Aber um der Ausübung selbst „willen philosophiere ich gern über die Theorie. „Die Kritik muß mir jetzt selbst den Schaden er„seßen, den sie mir zugefügt hat. Und geschadet ,,hat sie mir in der That; denn die Kühnheit, ,,die lebendige Gluth, die ich hatte, ehe mir noch „eine Regel bekannt war, vermisse ich schon seit „mehreren Jahren. Ich sehe mich jezt erschaf„fen und bilden, ich beobachte das Spiel der „Begeisterung, und meine Einbildungskraft beträgt „sich mit minder Freiheit, seitdem sie sich nicht ,,mehr ohne Zeugen weiß. Bin ich aber erst so ,,weit, daß mir Kunstmäßigkeit zur Natur ,,wird, wie einem wohlgefitteten Menschen die Er„ziehung, so erhält auch die Phantasie ihre vorige „Freiheit wieder zurück und seht sich keine andern „als freiwillige Schranken.“

Aber es sollten noch sieben Jahre vergehen, ehe der Wallenstein fertig wurde, und es gab einen Zeitpunkt der Muthlosigkeit, da Schiller dieses Werk beinahe ganz aufgegeben hätte. In seinen Briefen vom Jahre 1794 findet sich folgende Stelle:

„Vor dieser Arbeit (dem Wallenstein) ist mir ,,ordentlich angst und bang, denn ich glaube mit ,,jedem Tage mehr zu finden, daß ich eigentlich „nichts weniger vorstellen kann, als einen Dichter, „und daß höchstens da, wo ich philosophieren will, „der poetische Geist mich überrascht. Was soll ich ,,thun? Ich wage an diese Unternehmung sieben ,,bis acht Monate von meinem Leben, das ich Ursache habe sehr zu Rathe zu halten, und setze mich „der Gefahr aus, ein verunglücktes Product zu ,,erzeugen. Was ich im Dramatischen zur Welt „gebracht, ist nicht sehr geschickt mir Vuth zu machen. Im eigentlichsten Sinne des Worts be= trete ich eine mir ganz unbekannte, wenigstens ,,unversuchte Bahn; denn im Poetischen habe ich

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