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Ja, sie kehrten heim, und alles Schöne,
Alles Hohe nahmen sie mit fort,
Alle Farben, alle Lebenstöne,

Und uns blieb nur das entseelte Wort.
Aus der Zeitfluth weggerissen, schweben
Sie gerettet auf des Pindus Höhn;
Was unsterblich im Gesang soll leben,
Muß im Leben untergehn.

Die Götter Griechenlands.

Für die Freunde der ersten Ausgabe abgedruckt.

Da ihr noch die schöne Welt regiertet,
An der Freude leichtem Gängelband
Glücklichere Menschenalter führtet,
Schöne Wesen aus dem Fabelland!
Ach! da euer Wonnedienst noch glänzte,
Wie ganz anders, anders war es da!
Da man deine Tempel noch bekränzte,
Venus Amathusia!

Da der Dichtkunst malerische Hülle

Sich noch lieblich um die Wahrheit wand,
Durch die Schöpfung floß da Lebensfülle,
Und was nie empfinden wird, empfand.
An der Liebe Busen sie zu drücken,
Gab man höhern Adel der Natur,
Alles wies den eingeweihten Blicken,
Alles eines Gottes Spur.

Wo jetzt nur, wie unsre Weisen sagen,
Seelenlos ein Feuerball sich dreht,
Lenkte damals seinen goldnen Wagen
Helios in stiller Majestät.
Diese Höhen füllten Oreaden,
Eine Dryas starb mit jenem Baum,
Aus den Urnen lieblicher Najaden
Sprang der Ströme Silberschaum.

Jener Lorbeer wand sich einst um Hilfe,
Tantals Tochter schweigt in diesem Stein,
Syring' Klage tönt aus jenem Schilfe,
Philomelens Schmerz in diesem Hain.
Jener Bach empfing Demeters Zähre,
Die sie um Persephonen geweint,
Und von diesem Hügel rief Cythere
Ach vergebens! ihrem schönen Freund.

Zu Deukalions Geschlechte stiegen
Damals noch die Himmlischen herab!
Pyrrhas schöne Töchter zu besiegen,
Nahm Hyperion den Hirtenstab.
Zwischen Menschen, Göttern und Heroen
Knüpfte Amor einen schönen Bund,
Sterbliche mit Göttern und Heroen
Huldigten in Amathunt.

Betend an der Grazien Altären
Kniete da die holde Priesterin,
Sandte stille Wünsche an Cytheren
Und Gelübde an die Charitin.

Hoher Stolz, auch droben zu gebieten,
Lehrte sie den göttergleichen Rang
Und des Reizes heil'gen Gürtel hüten,
Der den Donnrer selbst bezwang.

Himmlisch und unsterblich war das Feuer,
Das in Pindars stolzen Hymnen floß,
Niederströmte in Arions Leier,
In den Stein des Phidias sich goß.
Bessre Wesen, edlere Gestalten
Kündigten die hohe Abkunft an,
Götter, die vom Himmel niederwallten,
Sahen hier ihn wieder aufgethan.

Werther war von eines Gottes Güte,
Theurer jede Gabe der Natur.
Unter Fris' schönem Bogen blühte
Reizender die perlenvolle Flur.
Prangender erschien die Morgenröthe
In Himerens rosigtem Gewand,
Schmelzender erklang die Flöte
In des Hirtengottes Hand.

Liebenswerther malte sich die Jugend,
Blühender in Ganymedas Bild,
Heldenkühner, göttlicher die Tugend
Mit Tritoniens Medusenschild.

Sanfter war, da Hymen es noch knipste,
Heiliger der Herzen ew'ges Band,
Selbst des Lebens zarter Faden schlüpfte
Weicher durch der Parzen Hand.

Das Evoe muntrer Thyrsusschwinger
Und der Panther prächtiges Gespann
Meldeten den großen Freudebringer,
Faun und Satyr taumeln ihm voran;
Um ihn springen rasende Mänaden,
Ihre Tänze loben seinen Wein,
Und die Wangen des Bewirthers laden
Lustig zu dem Becher ein.

Höher war der Gabe Werth gestiegen,
Die der Geber freundlich mit genoß,
Näher war der Schöpfer dem Vergnügen,
Das im Busen des Geschöpfes floß.
Nennt der meinige sich dem Verstande?
Birgt ihn etwa der Gewölke Zelt?
Mühsam späh' ich im Ideenlande,
Fruchtlos in der Sinnenwelt.

Eure Tempel lachten gleich Palästen,
Euch verherrlichte das Heldenspiel
An des Isthmus kronenreichen Festen,
Und die Wagen donnerten zum Ziel.
Schön geschlungne, seelenvolle Tänze
Kreisten um den prangenden Altar,
Eure Schläfe schmückten Siegeskränze,
Kronen euer duftend Haar.

Seiner Güter schenkte man das beste,
Seiner Lämmer liebstes gab der Hirt,
Und der Freudetaumel seiner Gäste
Lohnte dem erhabnen Wirth.

Wohin tret' ich? Diese traur'ge Stille,
Kündigt sie mir meinen Schöpfer an?
Finster, wie er selbst, ist seine Hülle,
Mein Entsagen was ihn feiern kann.

Damals trat kein gräßliches Gerippe
Vor das Bett des Sterbenden. Ein Kuß
Nahm das letzte Leben von der Lippe,
Etill und traurig senkt' ein Genius
Eeine Fackel. Echöne, lichte Bilder
Echerzten auch um die Nothwendigkeit,
Und das ernste Schicksal blickte milder
Durch den Schleier sanfter Menschlichkeit.

Nach der Geister schrecklichen Geseßen
Richtete kein heiliger Barbar,
Deffen Augen Thränen nie beneßen,
Zarte Wesen, die ein Weib gebar.
Selbst des Orkus strenge Richterwage
Hielt der Enkel einer Sterblichen,
Und des Thrakers seelenvolle Klage
Rührte die Erinyen.

Seine Freuden traf der frohe Schatten
In Elysiens Hainen wieder an,
Treue Liebe fand den treuen Gatten,
Und der Wagenlenker seine Bahn;
Orpheus' Spiel tönt die gewohnten Lieder,
In Alcestens Arme sinkt Admet,
Seinen Freund erkennt Orestes wieder,
Eeine Waffen Philoftet.

Aber ohne Wiederkehr verloren
Bleibt, was ich auf dieser Welt verließ,
Jede Wonne hab' ich abgeschworen,
Alle Bande, die ich selig pries.
Fremde, nie verstandene Entzücken,
Echaudern mich aus jenen Welten an,
Und für Freuden, die mich jetzt beglücken,
Tausch' ich neue, die ich missen kann.
Höh're Preise stärkten da den Ringer
Auf der Tugend arbeitvoller Bahn;
Großer Thaten herrliche Vollbringer
Klimmten zu den Seligen hinan.
Vor dem Wiederforderer der Todten
Neigte sich der Götter stille Schaar;
Durch die Fluthen leuchtet dem Piloten
Bom Olymp das Zwillingspaar.

Echöne Welt, wo bist du? Kehre wieder,
Holdes Blüthenalter der Natur!
Ach nur in dem Feenland der Lieder
Lebt noch deine goldne Spur.
Ausgestorben trauert das Gefilde,
Keine Gottheit zeigt sich meinem Blick,
Ach! von jenem lebenwarmen Bilde
Blieb nur das Gerippe mir zurück.

Alle jene Blüthen find gefallen
Bon des Nordes winterlichem Wehn,
Einen zu bereichern, unter allen,
Mußte diese Götterwelt vergehn.

Traurig such' ich an dem Sternenbogen,
Dich, Selene, find' ich dort nicht mehr;
Durch die Wälder ruf' ich, durch die Wogen,
Ach! sie wiederhallen leer!

Unbewußt der Freuden, die sie schenket,
Nie entzückt von ihrer Trefflichkeit,
Nie gewahr des Armes, der sie lenket,
Reicher nie durch meine Dankbarkeit,
Fühllos selbst für ihres Künstlers Ehre,
Gleich dem todten Schlag der Pendeluhr,
Dient sie knechtisch dem Gesetz der Schwere,
Die entgötterte Natur!

Morgen wieder neu sich zu entbinden,
Wühlt sie heute sich ihr eignes Grab,
Und an ewig gleicher Spindel winden
Sich von selbst die Monde auf und ab.
Müßig kehrten zu dem Dichterlande
Heim die Götter, unnüß einer Welt,
Die, entwachsen ihrem Gängelbande,
Sie durch eignes Schweben hält.
Freundlos, ohne Bruder, ohne Gleichen,
Keiner Göttin, keiner Jrd'schen Sohn,
Herrscht ein Andrer in der Aethers Reichen,
Auf Saturnus' umgestürztem Thron.
Selig, eh sich Wesen um ihn freuten,
Selig im entvölkerten Gefild,

Sieht er in dem langen Strom der Zeiten
Ewig nur sein eignes Bild.

Bürger des Olymps konnt' ich erreichen,
Jenem Gotte, den sein Marmor preist,
Konnte einst der hohe Bildner gleichen;
Was ist neben dir der höchste Geist
Derer, welche Sterbliche gebaren?
Nur der Würmer erster, edelster.
Da die Götter menschlicher noch waren,
Waren Menschen göttlicher.

Dessen Strahlen mich darnieder schlagen,
Werk und Schöpfer des Verstandes, dir
Nachzuringen gib mir Flügel, Wagen
Dich zu wägen - oder nimm von mir,
Nimm die ernste strenge Göttin wieder,
Die den Spiegel blendend vor mir hält,
Ihre sanftre Schwester sende nieder,
Epare jene für die andre Welt.

Die berühmte Fran.

Epistel eines Ehemanns an einen andern.

Beklagen soll ich dich? Mit Thränen bittrer Reue Wird Hymens Band von dir verflucht? Warum? weil deine Ungetreue In eines Andern Armen sucht, Was ihr die deinigen versagen? Freund, höre fremde Leiden an, Und lerne deine leichter tragen.

Dich schmerzt, daß sich in deine Rechte

Ein Zweiter theilt? Beneidenswerther Mann!

Mein Weib gehört dem ganzen menschlichen Geschlechte. Į Und darf's vor meinem Angesicht!

Bom Belt bis an der Mosel Strand,

Bis an die Apenninenwand,
Bis in die Vaterstadt der Moden,
Wird sie in allen Buden feil geboten,
Muß sie auf Diligencen, Paketbooten
Von jedem Schulfuchs, jedem Hasen
Kunstrichterlich sich mustern lassen,
Muß sie der Brille des Philisters stehn,
Und wie's ein schmutz'ger Aristarch befohlen,
Auf Blumen oder heißen Kohlen
Zum Ehrentempel oder Pranger gehn.
Ein Leipziger

daß Gott ihn strafen wollte! Nimmt topographisch sie wie eine Festung auf, Und bietet Gegenden dem Publicum zu Kauf, Wovon ich billig doch allein nur sprechen sollte.

Dein Weib Dank den kanonischen Gesetzen! Weiß deiner Gattin Titel doch zu schätzen. Sie weiß warum? und thut sehr wohl daran. Mich kennt man nur als Ninons Mann. Du klagst, daß im Parterr' und an den Pharotischen, Erscheinst du, alle Zungen zischen?

Mann des Glücks! Wer einmal das von sich
Zu rühmen hätte! Mich, Herr Bruder, mich,
Beschert mir endlich eine Molkenkur

Das rare Glück den Play an ihrer Linken,
Mich merkt kein Aug', und alle Blicke winken
Auf meine stolze Hälfte nur.

Kaum ist der Morgen grau,

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Ich steh' dabei, und will ich artig heißen,
Muß ich ihn bitten, mitzuspeisen.

Bei Tafel, Freund, beginnt erst meine Noth,

Da geht es über meine Flaschen!

Mit Weinen von Burgund, die mir der Arzt verbot,
Muß ich die Kehlen ihrer Lober waschen.
Mein schwer verdienter Bissen Brod
Wird hungriger Schmaroßer Beute;
Odiese leidige, vermaledeite

Unsterblichkeit ist meines Nierensteiners Tod!
Den Wurm an alle Finger, welche drucken!
Was, meinst du, sei mein Dank? Ein Achselzucken,
Ein Mienenspiel, ein ungeschliffenes Beklagen
Erräthst du's nicht? O ich versteh's genau!
Daß diesen Brillant von einer Frau
Ein solcher Pavian davon getragen.

Der Frühling kommt. Auf Wiesen und auf Feldern
Streut die Natur den bunten Teppich hin,
Die Blumen kleiden sich in angenehmes Grün,
Die Lerche singt, es lebt in allen Wäldern.

Ihr ist der Frühling wonneleer.

Die Sängerin der süßesten Gefühle,

Der schöne Hain, der Zeuge unsrer Spiele,
Sagt ihrem Herzen jezt nichts mehr.
Die Nachtigallen haben nicht gelesen,
Die Lilien bewundern nicht.
Der allgemeine Jubelruf der Wesen
Begeistert sie

zu einem Sinngedicht.

So kracht die Treppe schon von blau und gelben Röcken, Doch nein! Die Jahrszeit ist so schön — zum Reisen.

Mit Briefen, Ballen, unfrankirten Päcken,
Signirt: An die berühmte Frau.

Sie schläft so süß! Doch darf ich sie nicht schonen.
„Die Zeitungen, Madam, aus Jena und Berlin!“
Rasch öffnet sich das Aug' der holden Schläferin,
Jhr erster Blick fällt auf Recensionen.
Das schöne blaue Auge - mir

Nicht einen Blick! durchirrt ein elendes Papier, (Laut hört man in der Kinderstube weinen)

Sie legt es endlich weg, und fragt nach ihren Kleinen.

Die Toilette wartet schon,

Doch halbe Blicke nur beglücken ihren Spiegel.
Ein mürrisch ungeduldig Trohn

Gibt der erschrocknen Zofe Flügel.

Von ihrem Puztisch sind die Grazien entflohn,
Und an der Stelle holder Amorinen
Sieht man Erinyen den Lockenbau bedienen.

Carrossen rasseln jezt heran,

Und Miethlakaien springen von den Tritten,
Dem düftenden Abbé, dem Reichsbaron, dem Britten,
Der nur nichts Deutsches lesen kann,
Großing und Compagnie, dem 3** Wundermann
Gehör bei der Berühmten zu erbitten.

Ein Ding, das demuthsvoll sich in die Ecke drückt
Und Ehmann heißt, wird vornehm angeblickt.
Hier darf ihr wird dein Hausfreund so viel wagen?
Der dümmste Fat, der ärmste Wicht,
Wie sehr er sie bewundre, sagen;

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Wie drängend voll mag's jetzt in Pyrmont sein!
Auch hört man überall das Karlsbad preisen.
Husch ist sie dort — in jenem bunten Reihn,
Wo Ordensbänder und Doktorenkragen
Celebritäten aller Art,

Vertraulich, wie in Charons Kahn, gepaart,
Zur Schau sich geben und zu Markte tragen,
Wo, eingeschicht von fernen Meilen,
Zerrissne Tugenden von ihren Wunden heilen,
o lerne dein Verhängniß preisen!
Dort, Freund
Dort wandelt meine Frau und läßt mir sieben Waisen.

O meiner Liebe erstes Flitterjahr!

Wie schnell - ach, wie so schnell bist du entflogen!
Ein Weib, wie keines ist, und keines war,
Mir von des Reizes Göttinnen erzogen,
Mit hellem Geist, mit aufgethanem Sinn
| Und weichen, leicht beweglichen Gefühlen
So sah ich sie, die Herzenfeßlerin,
Gleich einem Maitag mir zur Seite spielen;
Das süße Wort: Ich liebe dich!
Sprach aus dem holden Augenpaare
So führt' ich sie zum Traualtare,

wer war glücklicher, als ich!
Ein Blüthenfeld beneidenswerther Jahre
Sah lachend mich aus diesem Spiegel an;
Mein Himmel war mir aufgethan.

| Schon sah ich schöne Kinder um mich scherzen,
In ihrem Kreis die Schönste sie,
Die Glücklichste von allen sie,

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Einer jungen Frenndin ins Stammbuch.

Ein blühend Kind, von Grazien und Scherzen
Umhüpft, so, Freundin, spielt um dich die Welt;
Doch so, wie sie sich malt in deinem Herzen,
In deiner Seele schönen Spiegel fällt,
So ist sie nicht. Die stillen Huldigungen,
Die deines Herzens Adel dir errungen,
Die Wunder, die du selbst gethan,
Die Reize, die dein Dasein ihm gegeben,
Die rechnest du für Reize diesem Leben,
Für schöne Menschlichkeit uns an.
Dem holden Zauber nie entweihter Jugend,
Dem Talisman der Unschuld und der Tugend,
Den will ich sehn, der diesem troßen kann.
Froh taumelst du im süßen Ueberzählen
Der Blumen, die um deine Pfade blühn,
Der Glücklichen, die du gemacht, der Seelen,
Die du gewonnen hast, dahin.

Sei glücklich in dem lieblichen Betruge,
Nie stürze von des Traumes stolzem Fluge
Ein trauriges Erwachen dich herab.

Den Blumen gleich, die deine Beete schmücken,
So pflanze fie nur den entfernten Blicken!
Betrachte sie, doch pflücke sie nicht ab.
Geschaffen, nur die Augen zu vergnügen,
Welk werden sie zu deinen Füßen liegen.
Je näher dir, je näher ihrem Grab!

3m Oktober 1788.

Daß du mein Auge wecktest zu diesem goldenen Lichte, Daß mich dein Aether umfließt;

Daß ich zu deinem Aether hinauf einen Menschenblick richte Der ihn edler genießt;

• Goldnes Buch; so wird in einigen italienischen Res publiken das Verzeichniß genannt, in welchem die adeligen Familien eingeschrieben stehen.

| Daß du einen unsterblichen Geist, der dich, Göttliche, denket,

Und in die schlagende Brust,

Gütige, mir des Schmerzens wohlthätige Warnung geschenket

Und die belohnende Lust;

Daß du des Geistes Gedanken, des Herzens Gefühle zu tönen

Mir ein Saitenspiel gabst,

Kränze des Ruhms und das buhlende Glück deinen stolzeren Söhnen,

Mir ein Saitenspiel gabst;

Daß dem trunkenen Sinn, von hoher Begeistrung beflügelt,

Schöner das Leben sich malt,

Schöner in der Dichtung Krystall die Wahrheit sich spiegelt,

Heller die dämmernde sirahlt:

Große Göttin, dafür soll, bis die Parzen mich fodern, Dieses Herzens Gefühl,

Zarter Kindlichkeit voll, in dankbarem Strahle dir lodern, Soll aus dem goldenen Spiel

Unerschöpflich dein Preis, erhabne Bildnerin, fließen, Soll dieser denkende Geist

An dein mütterlich Herz mit reiner Umarmung sich schließen,

Bis der Tod sie zerreißt.

Die Künstler.

Wie schön, o Mensch, mit deinem Palmenzweige Stehst du an des Jahrhunderts Neige

In edler stolzer Männlichkeit,

Mit aufgeschlossnem Sinn, mit Geistesfülle,
Voll milden Ernsts, in thatenreicher Stille,
Der reifste Sohn der Zeit,

Frei durch Vernunft, stark durch Gesetze,
Durch Sanftmuth groß und reich durch Schätze,
Die lange Zeit dein Busen dir verschwieg,
Herr der Natur, die deine Fesseln liebet,
Die deine Kraft in tausend Kämpfen übet,
Und prangend unter dir aus der Verwildrung stieg!

Berauscht von dem errungnen Sieg,
Verlerne nicht, die Hand zu preisen,
Die an des Lebens ödem Strand
Den weinenden verlassnen Waisen,
Des wilden Zufalls Beute, fand,

Die frühe schon der künft'gen Geisterwürde
Dein junges Herz im Stillen zugekehrt,
Und die befleckende Begierde
Bon deinem zarten Busen abgewehrt,
Die Gütige, die deine Jugend
In hohen Pflichten spielend unterwies
Und das Geheimniß der erhabnen Tugend
In leichten Räthseln dich errathen ließ,
Die, reifer nur ihn wieder zu empfangen,
In fremde Arme ihren Liebling gab;

falle nicht mit ausgeartetem Verlangen Zu ihren niedern Dienerinnen ab!

Im Fleiß kann dich die Biene meistern,

In der Geschicklichkeit ein Wurm dein Lehrer sein,
Dein Wissen theilest du mit vorgezognen Geistern,
Die Kunst, o Mensch, hast du allein.

Nur durch das Morgenthor des Schönen
Drangst du in der Erkenntniß Land.
An höhern Glanz sich zu gewöhnen,
Uebt sich am Reize der Verstand.
Was bei dem Saitenklang der Musen
Mit füßem Beben dich durchdrang,
Erzog die Kraft in deinem Busen,
Die sich dereinst zum Weltgeist schwang.

Was erst, nachdem Jahrtausende verflossen,
Die alternde Vernunft erfand,

Lag im Symbol des Schönen und des Großen,
Boraus geoffenbart dem kindischen Verstand.
Ihr holdes Bild hieß uns die Tugend lieben,
Ein zarter Sinn hat vor dem Laster sich gesträubt,
Eh noch ein Solon das Gesetz geschrieben,
Das matte Blüthen langsam treibt.
Eh vor des Denkers Geist der kühne
Begriff des ew'gen Raumes stand,
Wer sah hinauf zur Sternenbühne,
Der ihn nicht ahnend schon empfand?

Die, eine Glorie von Orionen
Ums Angesicht, in hehrer Majestät,
Nur angeschaut von reineren Dämonen,
Verzehrend über Sternen geht,
Geflohn auf ihrem Sonnenthrone,
Die furchtbar herrliche Urania,

Mit abgelegter Feuerkrone

Steht sie als Schönheit vor uns da.
Der Anmuth Gürtel umgewunden,
Wird sie zum Kind, daß Kinder sie verstehn.
Was wir als Schönheit hier empfunden,
Wird einst als Wahrheit uns entgegen gehn.

Als der Erschaffende von seinem Angesichte
Den Menschen in die Sterblichkeit verwies,
Und eine späte Wiederkehr zum Lichte
Auf schwerem Sinnenpfad ihn finden hieß,

Als alle Himmlischen ihr Antlitz von ihm wandten,
Schloß sie, die Menschliche, allein

Mit dem verlassenen Verbannten
Großmüthig in die Sterblichkeit sich ein.
Hier schwebt sie, mit gesenktem Fluge,
Um ihren Liebling, nah am Sinnenland,
Und malt mit lieblichem Betruge
Elysium auf seine Kerkerwand.

Als in den weichen Armen dieser Amme
Die zarte Menschheit noch geruht,
Da schürte heil'ge Mordsucht keine Flamme,
Da rauchte kein unschuldig Blut.
Das Herz, das sie an sanften Banden lenket,
Verschmäht der Pflichten knechtisches Geleit;
Jhr Lichtpfad, schöner nur geschlungen, senket
Sich in die Sonnenbahn der Sittlichkeit.
Die ihrem teuschen Dienste leben,

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Und wie sie fliehend jetzt vorüber fuhr,
Ergriffet ihr die nachbarlichen Schatten
Mit zartem Sinn, mit stiller Hand,
Und lerntet in harmon'schem Band
Gesellig sie zusammen gatten.
Leichtschwebend fühlte sich der Blick
Vom schlanken Wuchs der Ceder aufgezogen,
Gefällig strahlte der Krystall der Wogen
Die hüpfende Gestalt zurück.

Wie konntet ihr des schönen Winks verfchlen,
Womit euch die Natur hilfreich entgegen kam?
Die Kunst, den Schatten ihr nachahmend abzustehlen,
Wies euch das Bild, das auf der Woge schwamm,
Von ihrem Wesen abgeschieden,
Ihr eignes liebliches Phantom,
Warf sie sich in den Silberstrom,
Sich ihrem Räuber anzubieten.

Die schöne Bildkraft ward in eurem Busen wach.
Zu edel schon, nicht müßig zu empfangen,
Schuft ihr im Sand― im Thon den holdenSchatten nach,
Im Umriß war sein Dasein aufgefangen.
Lebendig regte sich des Wirkens süße Lust,
Die erste Schöpfung trat aus eurer Brust.

Von der Betrachtung angehalten,
Von eurem Späheraug' umstrict,
Verriethen die vertraulichen Gestalten
Den Talisman, wodurch sie euch entzückt.
Die wunderwirkenden Gesetze,

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