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daß sie einst ihre Schwiegermutter ebenso grausam behandelt hat, und daß diese vor lauter Kummer gestorben ist.

Dort ist eine Person, die sich nicht trösten kann, daß sie so verläumdet worden ist. Aber was sie jest duldet, hat sie schon längst verdient. Auch fie hatte einst eine böse verläumderische Zunge und konnte Niemanden seine Wege gehen lassen, ohne ihre hämischen Bemerkungen über ihn zu machen.

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Mit dem Maaß ihr ausmeßt, wird euch wieder eingemessen," sagt Jesus. Gott ist gerecht und vergilt das Gute und das Böse früh oder spät, entweder noch hier in diesem Leben oder einst in der Ewigkeit! Amen.

Frühlehre auf den dreiundzwanzigsten Sonntag nach Pfingsten.

Die Erweckung vom geistigen Tod.

„Herr, gerade ist meine Tochter gestorben, aber komm und lege ihr die Hand auf, so wird sie wieder

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Das Evangelium ist wie ein Spiegel, der uns sagt, wie wir aussehen, ob wir gute oder schlechte Christen sind. In diesen Spiegel sollen wir doch

wenigstens alle Sonn- und Feiertage hineinschauen, um zu wissen, wie unser Lebenswandel beschaffen ist und wie er beschaffen sein soll. So habe ich euch nun, meine Christen! das heutige Evangelium vorgelesen, und ihr habt es aufmerksam angehört. Um aber aus dem heutigen Evangelium auch einen Nugen zu schöpfen, ist es noch nicht genug, dasselbe nur zu lesen oder anzuhören, sondern man muß auch den Inhalt desselben verstehen. Deßwegen werde ich nun das heutige Evangelium kurz erklären und auf uns anwenden. Merkt fleißig auf!

Jesus Christus, der Sohn Gottes, hat, da er noch als Mensch auf Erden herumging, viele Tausende von Kranken geheilt. Auch im heutigen Evangelium heilte er ein Weib von einer zwölfjährigen Krankheit. Aber er hat nur drei Todte zum Leben erweckt, nämlich: den Lazarus, den Jüngling von Naim und die Tochter des Obersten Jairus im heutigen Evangelium. Durch diese drei Todten stellt uns der h. Kirchenvater Augustin drei Gattungen Menschen vor, die durch die Sünde geistlicher Weise sterben, aber von Jesus Christus wieder zum Leben der Gnade auferweckt werden.

Lazarus war schon vier Tage todt; er lag im Grab und fing schon zu faulen an. Jesus, der

Sohn Gottes, hätte ihn mit einem einzigen Wort seiner Almacht wieder lebendig machen können; aber er betete zuvor; er seufzte; er weinte; er rief laut; er gab allen Anwesenden zu verstehen, wie hart und schwer es wäre, den Lazarus vom Tode wieder zum Leben zu erwecken.

Durch den Lazarus, meine Christen! werden hier diejenigen verstanden, welche schon längst die Gnade Gottes verloren haben, welche durch ihr sündhaftes, ärgerliches Leben gleichsam einen Gestank von sich geben. Um solche Sünder, um solche Gewohnheitssünder zu bekehren, dazu gehört viel Beten, Seufzen, Weinen und Rufen, da braucht es was! Es ist hart, es ist schwer; aber bei Gott ist es nicht unmöglich. Mit der Gnade Gottes tann man die Bande der bösen Gewohnheit auflösen und zerbrechen; aber es braucht was, es gehört Ueberwindung und Anstrengung dazu.

Der Jüngling von Naim wurde eben zu Grabe getragen, als der Heiland dazu kam. Da war es schon etwas leichter; aber doch nicht ohne Mühe. Jesus sagte, die Träger sollten stehen bleiben; er ging dann zu dem Todten hin, berührte den Sarg und sagte zur Mutter: „Hör auf zu weinen,“ und zu dem Sohn: „Jüngling, ich befehle dir, steh auf!" Und er stand auf.

Durch diesen Jüngling werden hier jene Seelen

verstanden, die zwar durch die Sünde das geistliche Leben, die Gnade Gottes verloren, aber noch nicht lang im Stande der Sünde gelebt haben. Da geht es freilich ein wenig leichter her; sie können sich mit der Gnade Gottes wieder aus ihrem Elend erheben; in's Grab sind sie noch nicht gekommen; fie haben noch immer die Stimme ihres Gewissens und Gottes Stimme gehört, welche sie zur Buße und Besserung ihres Leben gerufen haben.

Endlich ist die Tochter des Obersten Jairus im heutigen Evangelium ganz leicht vom Tod, wie aus einem Schlaf, erweckt worden, weil ihr Vater gleich zu Jesus ging, sobald sie verschieden war.

Durch diese verstorbne Tochter werden jene Seelen verstanden, welche zur Zeit einer heftigen Versuchung, aus Uebereilung, aus Schwachheit ge= sündiget haben, oder unverantwortlicher Weise, mit List oder Gewalt, zur Sünde verführt worden sind, aber gleich darauf ihr Elend erkennen und sich daraus zu befreien suchen. Aber sie selbst können fich nicht befreien; da muß Jesus kommen; die Gnade Gottes muß den Sünder erleuchten, rühren und umkehren. Da vermag der beste Prediger Nichts, da ist alles Zusprechen eines eifrigen Beichtvaters umsonst, alle Ermahnungen und Drohungen nugen nichts. Wenn Gott mit seiner Gnade nicht dazukommt, so wird eine Seele

zum geistlichen Leben oder zum Leben der Gnade nicht erweckt.

Viele unschuldige oder bekehrte Seelen wundern sich, wie es doch möglich sei, daß es Menschen gebe, die immer die Alten bleiben, die in ihren Sünden, und in solchen Sünden, wovon fie fast alle Tage reden hören, ungestört fortfahren. Man soll sich aber nicht wundern; denn Gott macht das Herz derjenigen, die öfters seine Gnade ausschlagen, verstockt und hart wie einen Ambos. Die Gnade Gottes kann aber am wenigsten bei jenen Seelen wirken, die ganz in's Zeitliche vertieft, unter dem Getöse der zeitlichen Sorgen zerstreut und von der Lustbarkeit der Welt ganz eingenommen find.

Als Jesus in das Haus kam, wo die todte Tochter lag, und die Spielleute sah, welche nach damaligem Gebrauch mit Pfeifen und Schalmeien eine Leichenmusik machen mußten, damit man das Weinen der Verwandten und der Hausgenossen und den Lärm des Volkes nicht so stark hörte, jagte er Alle davon: Geht weg da, geht hinaus," sagte er, „laßt mich und die Todte allein!" Und fie lachten ihn aus. Lache nicht, o Sünder! wenn man dir sagt: „Hinweg mit dem Lärm, hinweg mit der Musik, hinweg mit den Pfeifern!" So lang du voll zeitlicher Sorgen, so lang du von den Lustbarkeiten ganz eingenommen bist, so lang du lieber das

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